BVergG 2018 §12 Abs1 Z4
BVergG 2018 §167
BVergG 2018 §172
BVergG 2018 §193 Abs1
BVergG 2018 §2 Z15
BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §249 Abs2
BVergG 2018 §249 Abs3
BVergG 2018 §250
BVergG 2018 §251
BVergG 2018 §253 Abs1
BVergG 2018 §254
BVergG 2018 §299
BVergG 2018 §302 Abs1
BVergG 2018 §302 Abs3
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334 Abs2
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §344
BVergG 2018 §347 Abs1
BVergG 2018 §4 Abs1 Z2
BVergG 2018 §5
BVergG 2018 §78
B-VG Art133 Abs4
KartG 2005 §1
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W187.2246496.2.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER als Vorsitzenden, Mag. Andreas MATHIS als fachkundigen Laienrichter der Auftraggeberseite und MMag. Dr. Günther FEUCHTINGER als fachkundigen Laienrichter der Auftragnehmerseite über den Nachprüfungsantrag der Bietergemeinschaft bestehend aus 1. AAAA und 2. BBBB vertreten durch die HULE|BACHMAYR-HEYDA|NORDBERG Rechtsanwälte GmbH, Franz-Josefs-Kai 47, 1010 Wien, betreffend das Vergabeverfahren „Koralmbahn Baulos 50.6, Errichtung Feste Fahrbahn Granitztaltunnel ID-Nr.: XXXX “ der Auftraggeberin ÖBB-Infrastruktur AG, Praterstern 3,1020 Wien, vertreten durch die Schramm Öhler Rechtsanwälte GmbH, Bartensteingasse 2, 1010 Wien, vom 17. September 2021 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2021 zu Recht erkannt:
A)
Das Bundesverwaltungsgericht weist den Antrag der Bietergemeinschaft bestehend aus 1. AAAA und 2. BBBB , „das Bundesverwaltungsgericht möge die Zuschlagsentscheidung der Antragsgegnerin vom 13.09.2021 für nichtig erklären“, ab.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Begründung
I. Verfahrensgang
1. Mit Schriftsatz vom 17. September 2021 beantragte die Bietergemeinschaft bestehend aus 1. AAAA und 2. BBBB vertreten durch die HULE|BACHMAYR-HEYDA|NORDBERG Rechtsanwälte GmbH, Franz-Josefs-Kai 47, 1010 Wien, in der Folge Antragstellerin, die Verpflichtung der Auftraggeberin zur Vorlage des gesamten Vergabeaktes, die Akteneinsicht, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 13. September 2021 und den Ersatz der Pauschalgebühr sowie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Die Anträge betreffen das Vergabeverfahren „Koralmbahn Baulos 50.6, Errichtung Feste Fahrbahn Granitztaltunnel ID-Nr.: XXXX “ der Auftraggeberin ÖBB-Infrastruktur AG, Praterstern 3, 1020 Wien, vertreten durch die Schramm Öhler Rechtsanwälte GmbH, Bartensteingasse 2, 1010 Wien.
1.1 Nach der Bezeichnung und Darstellung des Ablaufs des Vergabeverfahrens, der Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung, der Auftraggeberin und Ausführungen zur Zulässigkeit des Antrags bezeichnet die Antragstellerin ihr Interesse am Vertragsabschluss und nennt als drohenden Schaden den Entgang eines Auftrags und des zu lukrierenden Gewinns, entgangene zeitgebundene Baustellengemeinkosten durch fehlende anderweitige Einsatzmöglichkeiten für Geräte und Personal, den Verlust eines wichtigen Referenzprojektes für zukünftige Ausschreibungen im Tunnel- und Gleisbau/Feste Fahrbahn, Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung und frustrierte Kosten für die Angebotserstellung. Die Antragstellerin erachtet sich in ihrem Recht auf Durchführung eines gesetzmäßigen, den Bestimmungen des BVergG 2018 entsprechenden Vergabeverfahrens, im Recht auf Einhaltung der Grundsätze der Transparenz, des freien und lauteren Wettbewerbs, der Verhältnismäßigkeit sowie der Gleichbehandlung aller Bieter, im Recht auf vergabekonforme Prüfung der Angebote aller Bieter, im Recht auf Ausscheiden eines Angebots, das nicht der Ausschreibung entspricht, im Recht auf Ausscheiden eines Bieters, der einen Ausscheidensgrund verwirklicht, im Recht auf Erteilung des Zuschlags und im Gebot der Vergabe zu angemessenen, nicht-spekulativen Preisen verletzt. Zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Zuschlagsentscheidung führt sie im Wesentlichen wie folgt aus.
1.2 Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin habe eine wettbewerbswidrige Bietergemeinschaft gebildet. In der Ausschreibung sei festgelegt, dass sich der Bieter verpflichte, nicht gegen kartellrechtliche oder andere Vorschriften zu verstoßen und sich nicht an Absprachen über die Abgabe oder Nicht-Abgabe von Angeboten zu beteiligen. Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin habe durch die Bildung der Bietergemeinschaft dagegen und gegen § 1 KartG und §§ 193 und 249 Abs 2 Z 3 BVergG 2018 verstoßen. Es gebe keine sachliche Rechtfertigung für die Bildung der Bietergemeinschaft, weil es sich um einen kleineren Auftrag handle und jeder der beiden an der Bietergemeinschaft beteiligten Unternehmer diesen Auftrag mühelos alleine ausführen könne. Sie seien auch unmittelbare Wettbewerber. Im Gleisbau seien in Österreich nur wenige Unternehmen tätig. Die Auftraggeberin sei de facto der einzige Auftraggeber für relevante Gleisbauaufträge. Bietergemeinschaften, für die es keine sachliche Rechtfertigung gebe, beschränkten den Wettbewerb. Es sei zu vermuten, dass die Bildung der Bietergemeinschaft abhängig von der Größe des Unternehmens und dem relevanten Marktanteil gegen § 1 KartG und Art 101 Abs 1 AEUV verstoße. Abreden, die gegen den Grundsatz des Wettbewerbs verstießen, seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs per se für den Auftraggeber nachteilig. Die Kartellrechtswidrigkeit einer Bietergemeinschaft setze nicht voraus, dass die Bietergemeinschaft der einzige Anbieter im Vergabeverfahren sei. Die Auftraggeberin wäre verpflichtet gewesen, die verdichteten Indizien für die Wettbewerbswidrigkeit der Bietergemeinschaft zu prüfen und das Angebot der Bietergemeinschaft auszuscheiden.
1.3 Die Antragstellerin gehe davon aus, dass die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin in wesentlichen Positionen unangemessene oder spekulative Einheitspreise angeboten habe. Ein Beispiel sei die Position 0301310201 über insgesamt 677 Tonnen Betonstahl. Die Antragstellerin gehe davon aus, dass die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin in dieser Position einen spekulativen Unterpreis angeboten habe. Der Einkaufspreis für Stahl sei zum Zeitpunkt der Angebotslegung € 738 pro Tonne gewesen. Die Position sei relevant, weil sie rund 7,2 % des Angebotspreises ausmache. Das Angebot sei schon deshalb auszuscheiden. Die Antragstellerin gehe auch davon aus, dass die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin ihre Kalkulation nicht nach der ÖNORM B 2061 nachgewiesen habe, sodass ihr Angebot auch aus diesem Grund auszuscheiden sei. Die Auftraggeberin habe offenkundig die Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung unterlassen.
1.4 Die Bieter seien verpflichtet, die in Österreich geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften einzuhalten, wozu auch Kollektivverträge gehörten. Mit dem Angebot seien K3-Blätter vorzulegen gewesen. Für die Mitarbeiter, die bei dem ausgeschriebenen Bauvorhaben eingesetzt würden, gelte der Bau-Kollektivvertrag. Dieser lege in seinem § 8 Z 1c fest, dass auch die Zeiten des Ein- und Ausfahrens in einen Tunnel mit dem kollektivvertraglichen Stundenlohn vergütet würden. Diese Zeiten seien bei dem Anspruch auf Taggeld zu berücksichtigen. Dies sei auch im K3-Blatt auszuweisen. Bei einem Bauvorhaben mit zwei Tunnelröhren zu je 6 km Länge fielen diese Lohnkosten besonders in Gewicht. Die Antragstellerin gehe davon aus, dass die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin diese Wegzeiten nicht kalkuliert habe. Damit sei das Angebot der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin wegen eines Verstoßes gegen arbeits- und sozialrechtliche Vorschriften auszuscheiden.
2. Mit Schriftsatz vom 22. September 2021 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren und nahm zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung Stellung.
3. Mit Schriftsatz vom 27. September 2021 erhob die Bietergemeinschaft bestehend aus 1. CCCC , 2. DDDD , vertreten durch die WOLF THEISS Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, in der Folge in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin, begründete Einwendungen.
3.1 Darin führt sie nach Darstellung des Sachverhalts im Wesentlichen aus, dass die Bildung einer Bietergemeinschaft eine grundsätzlich zulässige Vorgangsweise sei. Dass die Mitglieder einer Bietergemeinschaft Konkurrenten seien, stünde der Bildung einer Bietergemeinschaft nicht entgegen. Es hätten sich gerade im gegenständlichen Vergabeverfahren auch andere Unternehmen, die miteinander in Konkurrenz stünden, zu Bietergemeinschaften zusammengeschlossen. Auch die Antragstellerin führe Projekte in Bietergemeinschaften auf ihrer Website als Referenzen an. Auch bei großen Unternehmen sei bei Angebotsabgabe auf die „freien“ Kapazitäten abzustellen. Die Darstellung des relevanten Bietermarkts durch die Antragstellerin sei verengt. Der Auftraggeberin stünden auch im gegenständlichen Vergabeverfahren drei Angebote zur Verfügung, sodass der Wettbewerb gewahrt sei. Bei der Bildung einer Bietergemeinschaft von nur zwei Unternehmen sei nicht von einer Wettbewerbsbeeinträchtigung auszugehen. Der Ausschlussgrund des § 249 Abs 2 Z 3 BVergG 2018 liege nicht vor. Die Auftraggeberin habe keinen Anlass gehabt, weitergehend zu prüfen. Es sei der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin auch kein Verstoß gegen § 1 KartG anzulasten. Die Mitglieder der Bietergemeinschaft seien alleine im Projekt Koralmtunnel in zwei unmittelbar an das gegenständliche Projekt angrenzenden Projekten mit mehreren hundert Millionen Euro Auftragsvolumen engagiert. Alleine deshalb seien einschlägige Ressourcen gebunden. Darüber hinaus gebe es weitere laufende Projekte im Ausland. Mit den tatsächlich vorhandenen Ressourcen sei es keinem der beiden Mitglieder möglich, den Auftrag auszuführen. Daher hätten sich die beiden Mitglieder zulässigerweise entschieden, eine Bietergemeinschaft zu bilden. Aus den angrenzenden Großprojekten mit gemeinsamer Infrastruktur ergäben sich Synergien. Eine gemeinsame Beteiligung sei aussichtsreicher, weil ein günstigeres Angebot abgegeben werden könne. Schon deshalb wäre die Bildung einer Bietergemeinschaft zulässig. Sie sei zulässig, weil sie ökonomisch günstiger sei.
3.2 Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin habe ausschreibungskonform 677 Tonnen Betonstahl ausgepreist und angeboten. Der Einheitspreis liege in der von der Antragstellerin angegebenen Größenordnung. Der Preis für Betonstahl sei derzeit wegen der Pandemie äußerst volatil. Der Preis sei daher plausibel kalkuliert und angeboten worden. Es liege aus diesem Grund kein Ausscheidensgrund vor. Die Auftraggeberin habe eine vertiefte Angebotsprüfung vorgenommen. Bei der genannten Position handle es sich um eine Bagatellposition. Der Positionspreis sei schon deshalb nicht geeignet, die Plausibilität des Gesamtpreises in Frage zu stellen.
3.3 Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin habe die geforderten Kalkulationsformblätter vorgelegt. Die von der mitbeteiligten Partei durchgeführte Kalkulation entspreche sämtlichen geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Rechtsvorschriften einschließlich aller aktuellen kollektivvertraglichen Bestimmungen. Die Antragstellerin vermöge auch keinerlei nachvollziehbare Anhaltspunkte gegen die Richtigkeit und Gesetzeskonformität der Kalkulation darzulegen. Die Zeiten für die Tunneleinfahrt und Tunnelausfahrt seien in diesem Sinn ebenfalls in der Kalkulation berücksichtigt worden, die insbesondere in den K3-Blättern abgebildet sei. Es liege kein Ausscheidenstatbestand vor. Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin beantragt, sämtliche Anträge zurück-, in eventu abzuweisen, sowie sämtliche Teile des Vergabeaktes (insbesondere ihr gesamtes Angebot) sowie sämtliche Teile und Beilagen der Schriftsätze im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der mitbeteiligten Partei betreffen, insbesondere Unterlagen, die sich auf das Angebot der mitbeteiligten Partei bezögen, von der Akteneinsicht auszunehmen.
4. Am 27. September 2021 erließ das Bundesverwaltungsgericht zur Zahl W187 2246496-1/2E eine einstweilige Verfügung und untersagte der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens die Zuschlagserteilung.
5. Am 29. September 2021 legte die Auftraggeberin dem Bundesverwaltungsgericht die Unterlagen des Vergabeverfahrens vor.
6. Mit Schriftsatz vom 29. September 2021 nahm die Auftraggeberin zum Nachprüfungsantrag und zum Umfang der Akteneinsicht Stellung.
6.1 Nach Ausführungen zur Rechtzeitigkeit ihrer Stellungnahme und nach Darstellung des maßgeblichen Sachverhalts verweist sie darauf, dass die Ausschreibungsunterlagen und sämtliche weiteren Festlegungen im Vergabeverfahren nicht rechtzeitig angefochten worden und daher bestandsfest seien. Diese Festlegungen seien daher für alle am Vergabeverfahren Beteiligten bindend. Gemäß § 194 Abs 1 BVergG 2018 könne der Sektorenauftraggeber in der Ausschreibung aus sachlichen Gründen eine allfällige Beschränkung der Mitgliederanzahl oder der Zusammensetzung von Arbeits- oder Bietergemeinschaften vorsehen. Im gegenständlichen Vergabeverfahren habe die Auftraggeberin die Teilnahme oder die Bildung von Bietergemeinschaften nicht ausdrücklich ausgeschlossen, weshalb diese zulässig gewesen sei. Die Anzahl der Mitglieder einer Bietergemeinschaft sei nach der Position 00A175 „Einschränkung Bietergemeinschaft“ mit der auf der Plattform ProVia angegebenen Anzahl an Mitgliedern beschränkt worden. Laut ProVia-Plattform habe es jedoch keine Einschränkung der Anzahl der Mitglieder einer Bietergemeinschaft gegeben. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin verstoße die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin durch die Bildung der Bietergemeinschaft weder gegen die Ausschreibungsunterlagen noch gegen § 1 KartG oder §§ 193 und 249 Abs 2 Z 3 BVergG 2018. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits ausgesprochen, dass der Auftraggeber ein wettbewerbswidriges Verhalten konkret nachzuweisen habe, um ein Angebot nach § 129 Abs 1 Z 8 BVergG 2006 ausscheiden zu können. Im Gegensatz zu Kartellbehörden sei der Auftraggeber nicht verpflichtet, ein Angebot in Hinblick auf seine Kartellrechtskonformität einer vollständigen und abschließenden Bewertung zu unterziehen, und könne bei der Durchführung der kartellrechtlichen Prüfung der Angebote einen gröberen Maßstab anlegen. Vor diesem Hintergrund müsse ein diesbezügliches Vorbringen eine vergaberechtlich aufzugreifende Wettbewerbswidrigkeit dartun, die ohne Feinprüfung (wie etwa eine umfassende Untersuchung der Marktwirkungen) feststellbar sei. Das Vorbringen der Antragstellerin, wonach die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin eine Bietergemeinschaft gebildet habe, um den Kreis der am Markt tätigen Unternehmen zu verringern, sei nicht nachvollziehbar und von den der Auftraggeberin bekannten Informationen nicht gedeckt. Dass die Mitglieder der Bietergemeinschaft der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin Konkurrenten seien, habe nicht die Wettbewerbs- und Kartellrechtswidrigkeit der Bietergemeinschaft zur Folge. Gerade bei komplexen Bauvorhaben sei es typisch, Bietergemeinschaften zu bilden, um Kapazitäten und Risiken zu teilen. Konkrete Anhaltspunkte für wettbewerbsbeschränkende Absprachen, die die Auftraggeberin zur Durchführung einer Grobprüfung verpflichten würden, seien nicht hervorgekommen. Zudem habe die Auftraggeberin im Gegensatz zu den Kartellbehörden weder die Kompetenz noch die Möglichkeiten zur Durchführung kartellrechtlicher Ermittlungsschritte. Aus den Materialien zum BVergG 2018 ergebe sich, dass der Auftraggeberin die Beurteilung obliege, ob hinreichend plausible Anhaltspunkte für ein wettbewerbsverzerrendes Verhalten bestünden. Die durchgeführte Zulässigkeitsprüfung habe keine Hinweise auf ein wettbewerbsverzerrendes Verhalten ergeben, weshalb die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin nicht auszuscheiden bzw. auszuschließen gewesen sei. Die Ausführungen der in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin zur sachlichen Rechtfertigung der Bildung einer Bietergemeinschaft seien für die Auftraggeberin nachvollziehbar. Im Übrigen komme der Antragstellerin nach ständiger Rechtsprechung kein subjektiv öffentliches Recht auf Ausscheiden des Angebots eines Mitbewerbers zu.
6.2 Das Vorbringen der Antragstellerin, wonach die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin in wesentlichen Positionen unangemessene oder spekulative Einheitspreise angeboten habe, sei unsubstantiiert und nicht schlüssig nachvollziehbar. Die Prüfung des Angebots der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin habe ergeben, dass die Lohn- und Materialkosten für die monierte Position 03.01.31.02.01A „Betonstahl B550B“ betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar seien. Die in der Kalkulation des Materialpreises im K4-Blatt von der Antragstellerin und der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin angesetzten Kosten würden in einer Schwankungsbreite von 4,6 % zu liegen kommen. Inklusive Gesamtzuschlag betrage die Schwankungsbreite zwischen den Kalkulationen nur 1,3 %. Der Preis für Betonstahl sei entgegen der Behauptung der Antragstellerin nicht relativ stabil, sondern unterliege aufgrund der Pandemie aktuell stärkeren Schwankungen. Die Auftraggeberin habe zudem eine vertiefte Angebotsprüfung durchgeführt. Die Prüfung der Angemessenheit der Preise des Angebots der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin habe eine plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises des Angebots ergeben. Eine spekulative Preisgestaltung liege damit nicht vor.
6.3 Zur Behauptung der Antragstellerin, die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin habe die Ein- und Ausfahrtszeiten in den Tunnel gemäß § 8 Z 1c des Kollektivvertrages für das Baugewerbe und die Bauindustrie in der Kalkulation des Mittellohnes nicht berücksichtigt und die gesetzlichen Bestimmungen zur Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorgaben als auch der Ausschreibung nicht eingehalten, führt die Auftraggeberin aus, diese Zeiten seien beim Anspruch auf Taggeld zu berücksichtigen. In den K3-Blättern sei das Taggeld im Ansatz der Zeilen für abgabepflichtige und nicht abgabepflichtige Lohnbestandteile abzubilden. Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin habe in den entsprechenden Zeilen einen Zuschlag für abgabepflichtige und nicht abgabepflichtige Lohnbestandteile auf den jeweiligen Mittellohn kalkuliert. Die Antragstellerin gehe offensichtlich davon aus, dass das Taggeld jeweils unter der gesetzlichen Höchstgrenze liege und daher nicht abgabepflichtig sei. Der von der in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin kalkulierte Zuschlag für nicht abgabepflichtige Lohnbestandteile liege über dem von der Antragstellerin kalkulierten Wert, wobei die kalkulierten Mittellohnkosten der Antragstellerin und der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin annähernd gleich seien. Es sei daher nicht ersichtlich, dass die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin die gesetzlichen Bestimmungen zur Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorgaben als auch der Ausschreibung nicht eingehalten habe.
6.4 Als Sektorenauftraggeberin sei die Auftraggeberin gemäß § 200 BVergG 2018 zur Geheimhaltung aller bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens ausgetauschten Informationen, die vertraulichen Charakter haben, verpflichtet. Um diesen gesetzlichen Geheimhaltungsverpflichten zu entsprechen, beantrage die Auftraggeberin, jene Teile des Verfahrensaktes, welche nicht die Antragstellerin betreffen, von der Akteneinsicht durch die Antragstellerin auszunehmen. Die Auftraggeberin habe nur solche Informationen von der Akteneinsicht ausgenommen, welche Angebotsinhalte sowie wettbewerbsbeschränkende Informationen betreffen. Die Gewährung der Einsicht in die ausgenommenen Dokumente und Schwärzungen sei für den Rechtschutz der Antragstellerin nicht relevant. Insbesondere beim von der Auftraggeberin intern ermittelten geschätzten Auftragswert handle es sich um ein schützenswertes handelsbezogenes Betriebsgeheimnis, dessen Offenlegung eine negative Beeinflussung des Wettbewerbes bewirke. Die Dokumente zur Angebotsprüfung seien von der Auftraggeberin von der Akteneinsicht ausgenommen worden, da diese wesentlichen Inhalte der Angebote aller Bieter beinhalten und ein Geheimheimhaltungsinteresse sowohl der in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin als auch der Antragstellerin bestehe. Die Auftraggeberin beantragt, den Nachprüfungsantrag zurück-, in eventu abzuweisen, sowie jene Teile des Vergabeaktes, welche nicht die Antragstellerin betreffen, von der Akteneinsicht durch die Antragstellerin auszunehmen, da diese Informationen vertraulichen Charakter haben und deren Preisgabe unter anderem eine Verletzung der Geheimhaltungsverpflichtung der Auftraggeberin darstelle.
7. Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2021 nahm die Antragstellerin Stellung.
7.1 Zur wettbewerbswidrigen Bildung einer Bietergemeinschaft führt sie im Wesentlichen aus, dass es beim ausgeschriebenen Auftrag keine sachliche Rechtfertigung für die Bildung einer Bietergemeinschaft gebe. Die fehlende sachliche Rechtfertigung genüge, um die Bietergemeinschaft als wettbewerbswidrige Abrede einzustufen, die zwingend zum Ausscheiden aus dem Vergabeverfahren führe. Die Beschränkung des Wettbewerbes müsse nicht der einzige Zweck oder die einzige Auswirkung sein. Es genüge, dass die Wettbewerbsbeschränkung auch nur einer von mehreren Zwecken oder eine von mehreren Auswirkungen sei, denn jede Bietergemeinschaft schaffe durch die Aufgaben- oder Arbeitsteilung per se Synergien. Die Bietergemeinschaft der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin diene einzig und alleine dem Zweck, den Bieterwettbewerb im gegenständlichen Vergabeverfahren einzuschränken bzw zwischen den Mitgliedern der Bietergemeinschaft auszuschließen. Die Bildung der Bietergemeinschaft diene des Weiteren dem Zweck, den in Österreich ohnedies schon extrem engen Markt für Bauaufträge im Bereich des Bahntunnel- und Gleisbaus abzuschotten und Konkurrenz, vor allem aus dem Ausland, fernzuhalten. Referenzen seien für den Nachweis der Eignung notwendig. Es gebe im Wesentlichen nur einen relevanten Auftraggeber für Aufträge im Bahntunnel- und Gleisbau, nämlich die Auftraggeberin. Zum anderen werde der Markt von einigen wenigen großen Baukonzernen beherrscht. Das bedeute, dass sowohl auf Angebots- als auch auf Nachfrageseite einige wenige Player den Markt dominierten. Bietergemeinschaften seien per se aus vergaberechtlicher Sicht nicht unzulässig. Das ändere nichts an dem fundamentalen Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbs. Auch für Bietergemeinschaften bestünden Beschränkungen. Jede Form der nachteiligen Abrede oder einer Abrede, die auf eine Verzerrung des Wettbewerbs abziele, stelle einen Ausschlussgrund dar. Dieser Ausschlussgrund treffe auch auf Bietergemeinschaften zu. Es sollte eine möglichst große Zahl von Bietern gegeneinander in Konkurrenz gebracht werden, um ein möglichst günstiges Angebot für den Auftraggeber zu erzielen. Das Zusammenwirken beschränke den Wettbewerb. Die Bildung einer Bietergemeinschaft werde nur dann als unbedenklich eingestuft, wenn die beteiligten Unternehmer überhaupt nicht oder zur Zeit der Bildung des Zusammenschlusses nicht über die erforderlichen Kapazitäten verfügten und daher nicht eigenständig anbieten könnten. Könnten die beteiligten Unternehmer den ausgeschriebenen Auftrag auch jeweils einzeln ausführen, dränge sich der Verdacht einer den Wettbewerb beeinträchtigenden Vorgehensweise auf. Die EU-Kommission lege einen strengen Maßstab an. Der BGH stelle bei der Beurteilung der vergaberechtlichen Zulässigkeit von Arbeitsgemeinschaften auf das rein objektive Kriterium der tatsächlichen oder wirtschaftlichen Unmöglichkeit der Einzelleistungserbringung der jeweiligen Konsorten ab. Unternehmen mit erheblicher Marktmacht bewirkten bei einer Zusammenarbeit eine Abschottung gegenüber Dritten. Diese Konstellation liege hier vor. Die für das gegenständliche Vergabeverfahren von der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin gebildete Bietergemeinschaft sei evident eine wettbewerbsbeschränkende Abrede. Das Verhalten der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin sei darauf ausgerichtet, Konkurrenz aus dem Ausland vom Heimatmarkt fernzuhalten. Schweizer Bauunternehmen wie die Antragstellerin drängten auf den österreichischen Markt. Aufgrund der ähnlichen Topographie der Schweiz gebe es in der Schweiz einige sehr erfahrene Gleis- und Tunnelbauunternehmen, die über Know-How, Geräte, Ausstattung und spezifisch qualifiziertes Personal verfügten. Derzeit stünden in Österreich gleichartige größere Ausschreibungen bevor, bei denen eine einschlägige Referenz wie die vorliegende Voraussetzung sei. Die Behauptung, dass keines der beiden Unternehmen in der Lage wäre, den gegenständlichen Auftrag alleine abzuwickeln, sei vollkommen unzutreffend. Der gegenständliche Auftrag sei nicht sonderlich komplex und vom Auftragsvolumen überschaubar. Die Bildung einer Bietergemeinschaft sei nicht zu rechtfertigen. Die Antragstellerin nennt größere Bauvorhaben, die die Mitglieder der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin in Europa durchwegs als Mitglieder anderer Bietergemeinschaften ausführten. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass nicht jedes der Mitglieder der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin den Auftrag auch alleine ausführen könnten. Die Antragstellerin habe auch Aufträge in Bietergemeinschaften ausgeführt, wobei sie jedoch immer den Tunnelbau alleine ausgeführt habe und die anderen Mitglieder der Bietergemeinschaft andere Arbeit wie Erdbau außerhalb des Tunnels ausgeführt hätten. Die sei jedoch für das gegenständliche Vergabeverfahren ohne Relevanz. Die Auftraggeberin habe es unterlassen, die Anhaltspunkte für eine wettbewerbswidrige Abrede zu prüfen.
7.2 Die Antragstellerin hält ihr Vorbringen zum Vorliegen eines spekulativen Angebots aufrecht.
7.3 Aus den Stellungnahmen der Auftraggeberin und der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin ergebe sich nicht, dass die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin das Weggeld korrekt kalkuliert und auch ausgewiesen habe. Die Tatsache, dass der Bruttomittellohn bei der Antragstellerin und der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin nahezu ident sei, habe keine Aussagekraft in Bezug auf die korrekte Berücksichtigung des Weggeldes als Bestandteil der Lohnkosten. Der Bruttomittellohn sei abhängig von der Zusammensetzung der der Kalkulation zugrunde gelegten Mannschaft, konkret wie viele Personen welcher Berufsgruppe und welcher Anzahl an Berufsjahren sowie Einstufung der Kalkulation zu Grunde gelegt seien. Es mache einen erheblichen Unterschied, wenn prozentuell mehr höher qualifizierte Beschäftigte eingesetzt würde, als niedriger qualifizierte Beschäftigte. Es werde dem Bundesverwaltungsgericht obliegen, die vorgetragenen Verdachtsmomente auf Grundlage des Vergabeaktes sowie Konkret des Angebotes der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin zu prüfen.
8. Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2021 erstattete die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin eine Stellungnahme. Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass die Antragstellerin zur Frage der Zulässigkeit einer Bietergemeinschaft außer Acht gelassen habe, dass die Bildung einer Bietergemeinschaft auch bei hinreichend vorhandenen Kapazitäten zulässig sei, wenn sie erst durch die Zusammenarbeit in die Lage versetzt werde, ein erfolgversprechendes Angebot abzugeben oder nur dieses Vorgehen kaufmännisch vernünftig sei. Für die kartellrechtliche Zulässigkeit einer Bietergemeinschaft komme es darauf an, ob es sich dabei um eine zweckmäßige und kaufmännisch vernünftige Entscheidung handle. Die Bildung einer Bietergemeinschaft sei aus Kapazitätsgründen notwendig, weil die Mitglieder der Bietergemeinschaft durch andere Projekte voll ausgelastet seien. Dies sei der Auftraggeberin bewusst, weil sie die einzige Auftraggeberin in diesem Bereich sei. Es bestünden keine ausreichenden Verdachtsmomente, die die Auftraggeberin zur kontradiktorischen Prüfung verpflichteten. Es bestünde ein ausreichender Wettbewerb, was an der Zahl der Angebote zu erkennen sei. Es sei widersprüchlich, wenn die Antragstellerin angebe, dass einerseits der Wettbewerb durch die Bildung einer Bietergemeinschaft beschränkt werde und andererseits dadurch Schweizer Unternehmen vom österreichischen Markt ferngehalten werden sollten. Dies wäre nur durch günstigere Angebote österreichischer Bietergemeinschaften zu erreichen. Tatsache sei, entgegen den Ausführungen der Antragstellerin, dass der Wettbewerb für die ausschreibungsgegenständlichen Leistungen ein zumindest europäischer sei, wie nicht zuletzt die Teilnahme der Antragstellerin beweise, zudem auch in Österreich selbst überproportional viele Unternehmen ansässig seien, die auf Leistungen im Tunnelbau spezialisiert seien und daher gerade in Österreich in diesem Zusammenhang eher von einem überdurchschnittlichen Wettbewerb auszugehen sei und schließlich, dass trotz Zusammenschlusses sämtlicher in der gegenständlichen Ausschreibung beteiligter Unternehmen zu Bietergemeinschaften drei offenbar ausschreibungskonforme Angebote abgegeben worden seien, was in der aktuellen Marktsituation eine vergleichsweise hohe und jedenfalls ausreichende Anzahl darstelle.
9. Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2021 erstattete die Auftraggeberin eine ergänzende Stellungnahme.
9.1 Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass keine hinreichend plausiblen Anhaltspunkte für eine wettbewerbswidrige Bildung einer Bietergemeinschaft bestünden. Die Antragstellerin habe die einschlägige jüngste Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts außer Acht gelassen, nach der weder der Umsatz noch die Behauptung, dass jedes Unternehmen auch alleine in jedem Los ein Angebot hätte abgeben können, konkrete Anhaltspunkte für eine nach dem BVergG 2018 aufzugreifende Wettbewerbswidrigkeit aufzeigten. Die Bildung einer Bietergemeinschaft von zwei Unternehmen könne angesichts der Zahl der am Markt tätigen Tiefbauunternehmen und der Zahl der abgegebenen Angebote nicht als Einschränkung des Wettbewerbs angesehen werden. Schon vor diesem Hintergrund habe die Auftraggeberin über keine „hinreichend plausiblen Anhaltspunkte“ verfügt. Die Antragstellerin habe die Literatur und Rechtsprechung verkürzt wiedergegeben. Es sei nicht nachvollziehbar und nicht richtig, dass der Markt so „eng“ sei, dass die Bildung einer Bietergemeinschaft zu relevanten Auswirkungen auf den Wettbewerb führe. Es festzuhalten, dass die beiden Unternehmen in Nachbarbaulosen beschäftigt und ihre Kapazitäten gebunden seien. Durch die gemeinsame Abwicklung des Auftrags ergäben sich Synergien, die denklogisch die Bildung einer Bietergemeinschaft zweckmäßig und kaufmännisch sinnvoll erscheinen ließen. Bei komplexen Bauvorhaben wie dem gegenständlichen sei es typisch, Bietergemeinschaften zu bilden, um so Kapazitäten und Risiken zu teilen. Die ausgeschriebene Leistung sei komplex, weshalb für die Leistungsabwicklung das nötige Know-How, Ressourcen und Erfahrung gefordert seien. Der Auftraggeberin sei nicht bekannt, dass die gegenständliche Bietergemeinschaft von der Bundeswettbewerbsbehörde als unzulässig qualifiziert worden sei. Die durchgeführte Zuverlässigkeitsprüfung habe auch keine Anhaltspunkte ergeben. Der gegenständliche Auftrag habe auch keinen besonders engen Markt, weil er europaweit ausgeschrieben worden sei. Es seien drei Angebote abgegeben worden, wodurch ein ausreichender Wettbewerb gewährleistet sei. Die kartellrechtliche Zulässigkeit einer Bietergemeinschaft könne auch darin bestehen, dass die Unternehmen objektiv und nachvollziehbar davon ausgehen könnten, dass sie durch die Abgabe eines gemeinsamen Angebots ihre Chancen, den Zuschlag zu erhalten, wesentlich erhöhen oder sie nur gemeinsam ein erfolgversprechendes Angebot abgeben könnten. Die Bildung der Bietergemeinschaft erscheine der Auftraggeberin als offensichtlich wirtschaftlich zweckmäßig und kaufmännisch vernünftig.
9.2 Das Taggeld für die Ein- und Ausfahrt in den Tunnel sei daher im Formblatt K3 in den Zeilen für andere abgabepflichtige, Zeile G, bzw nicht abgabepflichtige Lohnbestandteile, Zeile I, und nicht wie im Angebot der Antragstellerin in der Zeile C zu berücksichtigen.
10. Mit Schriftsatz vom 4. November 2021, beim Bundesverwaltungsgericht am 5. November 2021 eingelangt, erstattete die Antragstellerin eine Äußerung. Darin bestreite sie das Vorbringen der Auftraggeberin und der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin.
10.1 Sie führt sie im Wesentlichen aus, dass aus vergaberechtlicher Sicht das Element der „kaufmännischen Vernunft“ in Zusammenhang mit der Bildung einer Bietergemeinschaft nur unter dem Aspekt der wettbewerbswidrigen Absprache zu betrachten sei. Die Bildung einer Bietergemeinschaft sei nur dann vertretbar, wenn ein Unternehmen gar nicht in der Lage sei, den Auftrag auszuführen, oder das mit dem Auftrag verbundene Risiko kaufmännisch nicht vertretbar sei. Synergien genügten nicht. Dass die beiden Unternehmen der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin den Auftrag im Nachbarlos erhalten hätten, genüge nicht zur Rechtfertigung der Bietergemeinschaft. Es komme nur darauf an, ob die Mitglieder der Bietergemeinschaft auch alleine ein Angebot für den konkret ausgeschriebenen Auftrag stellen hätten können. Angesichts der Größe der beiden Unternehmen sei der gegenständliche Auftrag für jedes der Unternehmen ein kleiner Auftrag. Sie vermögen nicht darzulegen, welche Kapazitäten oder Ressourcen sie benötigten, um den ausgeschriebenen Auftrag abzuwickeln, und welche dieser Kapazitäten und Ressourcen welchem der beiden Unternehmen den tatsächlich fehlten. Nach der „Oberndorfer-Formel“ sollte das Verhältnis zwischen Auftragssumme und durchschnittlichem Jahresumsatz höchstens ein Fünftel betragen. Für die Frage der Zulässigkeit der Bildung einer Bietergemeinschaft sei nicht relevant, ob es auf der Nachfrageseite einen hinreichenden Wettbewerb gebe. Allein die nicht selbständige Abgabe eines Angebots beschränke bereits den Wettbewerb. Durch den Zusammenschluss zu einer Bietergemeinschaft werde es den Unternehmen möglich, ein Schweizer Unternehmen vom österreichischen Markt auszuschließen. Die beiden Unternehmen teilten die Unterdeckung bzw das Risiko. Es mache unter dem Aspekt der „kaufmännischen Vernunft“ durchaus Sinn, weil dadurch ein Schweizer Mitbewerber vom Markt gehalten werde. Voraussetzung für die Bildung einer Bietergemeinschaft sei weiters, dass kein Unternehmen in der Lage sei, alleine ein Angebot abzugeben. Die DDDD wäre jedenfalls in der Lage gewesen, alleine ein Angebot abzugeben. Bereits bei Vorliegen von Indizien hätte die Auftraggeberin prüfen müssen. Das Kartellrecht sei auch für das Vergaberecht maßgeblich. Es sei nicht Aufgabe der Antragstellerin, eine solche Prüfung durchzuführen. Woher die Auftraggeberin die Informationen habe, sei unklar, weil sie zur Frage der Bildung einer Bietergemeinschaft kein kontradiktorisches Verfahren durchgeführt habe. Das Nachbarlos binde keinesfalls den Großteil der Ressourcen der beiden Mitglieder der Bietergemeinschaft. Es fehle die Begründung, warum das Baulos besonders komplex sei. Jedes der beiden Unternehmen könne den Auftrag auch selbständig abwickeln. Die europaweite Ausschreibung bedeute keinen besonders großen Markt. Dass sich nur drei Unternehmen an der Ausschreibung beteiligt hätten, zeige, wie eng der Markt sei. Dass die DDDD wettbewerbswidrige Absprachen getroffen habe, sei mittlerweile aus den Medien bekannt. Die Bundeswettbewerbsbehörde habe eine Geldbuße verhängt.
10.2 Die kalkulatorische Berücksichtigung der Einfahrtszeiten in den Tunnel sei auf zwei Arten möglich, im K3-Blatt oder im K7-Blatt.
11. Am 8. November 2021 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Diese hatte folgenden Verlauf:
EEEE , Mitarbeiter der Auftraggeberin: In Österreich gibt es 5 Firmen, die derartige Arbeiten ausführen können. In Europa gibt es viele andere. Früher hat sich insbesondere eine XXXX , nunmehr XXXX , an österreichischen Ausschreibungen beteiligt. ProVia sieht zwar die Möglichkeit vor, Bietergemeinschaften zu beschränken. Diese Möglichkeiten wurden im gegenständlichen Vergabeverfahren jedoch nicht genutzt. In der Ausschreibung war der spartenspezifische Umsatz der Sparte Bahnbau gefragt. Die Bauarbeiten bei der Wiener U-Bahn sind mit den ausgeschriebenen Arbeiten nicht vergleichbar, weil die Geschwindigkeiten und Lasten bei der U-Bahn deutlich niedriger als im ausgeschriebenen Tunnel sind. Referenzen von U-Bahnen waren nicht zugelassen, weil die Herstellung einer festen Fahrbahn auf einer Hauptbahn verlangt war und die U-Bahn keine Hauptbahn ist.
Mag. Johann HWEZDA, Rechtsvertreter der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin: Die Mitglieder der für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bietergemeinschaft und auch der dritten Bieterin in diesem Vergabeverfahren beteiligen sich auch bei Ausschreibungen zum Bau der Wiener U-Bahn. Es gibt daher sehr wohl einen gemeinsamen Markt.
EEEE : Es ist üblich, dass Baufirmen bei derartigen Aufträgen Bietergemeinschaften bilden.
Mag. Johann HWEZDA: Die Zeiten für das Ein- und Ausfahren aus dem Tunnel wird man nicht in K3-Blatt, sondern im K7-Blatt sehen.
FFFF , Mitarbeiter der Auftraggeberin: Abzugelten sind der Weg zur Baustelle, der Weg in den Tunnel und das Taggeld. Nach den Festlegungen des Kollektivvertrags ist der Weg in den Tunnel mit dem Taggeld abzugelten und stellt einen abgabepflichtigen Lohnbestandteil dar. Der Großteil des Taggeldes ist ein Aufwandsersatz und von Abgaben befreit. Für den Preis von Stahl haben wir eine Preisanpassung vorgesehen, die nicht an Stufen oder Erheblichkeitsschwellen geknüpft ist.
Mag. Johann HWEZDA: Wie im Schriftsatz vorgebracht, hätte es nicht genug freie Kapazitäten der Romberg und der DDDD gegeben, um diesen Auftrag alleine auszuführen. Es gibt in diesem Bereich Spezialpersonal, ohne das der Auftrag nicht auszuführen wäre. Um dieses Personal besteht auch ein Wettbewerb. Ich werde innerhalb einer Woche eine Liste der aktuell laufenden Bauvorhaben der DDDD und der Romberg in diesem Bereich vorlegen, die auch die Ausführungszeiträume enthält, sowie eine Liste der für diese Arbeiten verfügbaren Kapazitäten. Die Projekte, die einer Bewerbung bei anderen Ausschreibungen angeblich entgegenstehen, sind zum Teil nicht vergleichbar und damit nicht zu berücksichtigen. Sie werden teilweise von Gesellschaften angeboten, die hier nicht involviert sind. Bei einem anderen Baulos hat die Bietergemeinschaft bereits eine Baustelleneinrichtung, die für das gegenständliche Bauvorhaben verwendet würde.
Dr. Christian NORDBERG, Rechtsvertreter der Antragstellerin: Die vorhandenen Ressourcen und Mittel lassen sich nur für eine Baustelle, nicht jedoch gleichzeitig für zwei Baulose einsetzen. Eine Synergie ist daher nicht nachvollziehbar. Das betrifft im Wesentlichen Personal und Baugeräte.
Mag. Johann HWEZDA: Es lässt sich die bereits vorhandene Infrastruktur der Baustelleneinrichtung für beide Baulose nutzen und gegebenenfalls leichter erweitern. Bereits eingearbeitetes Personal bringt ebenfalls Vorteile. Einkaufspreise können auch günstiger sein. Zur Frage der Spezialisierung verweise ich auf den Schriftsatz vom 27.9. insbesondere Punkt 2.2.2.
GGGG , Mitarbeiter der DDDD : Feste Fahrbahnen kommen teilweise zwischen Tunnel und in anderen Ländern auf längeren Strecken auch in der Ebene zum Einsatz, auch auf Brücken teilweise. Sie sind langlebiger und wartungsärmer als herkömmliche Schotterbetten und verursachen daher einen niedrigeren Erhaltungsaufwand.
EEEE : Es sind unterschiedliche Firmen involviert. Jene die eine feste Fahrbahn herstellen können, können auch ein Schotterbett herstellen. Das ist umgekehrt nicht gewährleistet.
Mag. Hannes PESENDORFER, Rechtsvertreter der Auftraggeberin: Der Zusammenschluss der beiden Mitglieder zur Bietergemeinschaft war nicht auffällig, weil sie bereits andere Bauvorhaben gemeinsam ausführen und Synergieeffekte zu erzielen waren. Wir hatten keine Auslastungszahlen betreffend die Mitglieder der Bietergemeinschaft.
Dr. Christian NORDBERG: Hat die Auftraggeberin Zweifel gehabt, dass die DDDD oder die CCCC den Auftrag alleine ausführen können?
FFFF : Diese Frage hat sich uns nicht gestellt. Wir haben erwartet, dass sie wegen des bereits beauftragten Bauloses gemeinsam anbieten würden.
Dr. Christian NORDBERG: Setzen Sie Mitarbeiter vom Nachbarbaulos ein?
GGGG : Diese Frage kann ich nicht beantworten, weil ich nicht weiß, wann die Baustelle beginnt.
Mag. Johann HWEZDA: Es sind keine Mitarbeiter des bereits laufenden Auftrags im vorliegenden Angebot zum gleichzeitigen Einsatz auf beiden Baulosen kalkuliert.
Dr. Christian NORDBERG: Gilt das auch für Baumaschinen?
Mag. Johann HWEZDA: So ist es.
Die Parteien bringen nichts mehr vor.
12. Mit Schriftsatz vom 12. November 2021 legte die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin Übersichten über die laufenden vergleichbaren Baustellen vor.
13. Mit Schriftsatz vom 12. November 2021 nahm die Antragstellerin erneut Stellung. Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass für den gegenständlichen Auftrag nicht mehr als 28 Mitarbeiter, 22 gewerbliche und sechs angestellte Dienstnehmer nötigen seien. Die Anzahl und Einstufung bzw Qualifikation der Mitarbeiter seien im K-3 Blatt kalkuliert und ausgewiesen. Für die Betonarbeiten, die den Hauptteil der Arbeiten ausmachten, seien weder spezielles Know-How noch eine spezielle Ausbildung nötig. Nur vier Mitarbeiter benötigten eine spezielle Ausbildung. Diese geringe Anzahl zeige, dass der Auftrag von jedem der beiden Mitglieder der Bietergemeinschaft angesichts des Mitarbeiterstandes alleine ausgeführt werden könne. Es seien auch keine speziellen Geräte nötig. Die Baustelle sei mit einem relativ niedrigen Personal- und Geräteaufwand zu bewerkstelligen. Es bestünden auch keine Synergieeffekte mit dem Nachbarbaulos. Weder Mitarbeiter noch Geräte könnten in beiden Baulosen gleichzeitig eingesetzt werden.
14. Mit Schriftsatz vom 19. November 2021 nahm die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin erneut Stellung. Bei der Herstellung einer festen Fahrbahn handle es sich um ein Spezialgewerk, für dessen Ausführung hochqualifiziertes und erfahrenes Personal sowie eine spezielle Ausrüstung erforderlich sei. Es seien auch spezielle Geräte notwendig. Ein gleichzeitiger Einsatz von Mitarbeitern und Geräte in beiden Baulosen sei nicht vorgesehen. Es könnten Spezialmaschinen, die nicht durchgängig im Einsatz sind, über die Projektlaufzeit verteilt zum Einsatz gelangen. Der Rückgriff auf eingearbeitetes Personal sowie die Möglichkeit der Mitbetreuung einer kleineren Baustelle im Bereich übergeordneter Administrativleistungen stelle Synergieeffekte dar. Es bestünden Infrastrukturen der mitbeteiligten Partei im Bereich der Baustelleneinrichtung, deren Mitnutzungs- bzw Erweiterungsmöglichkeit im Vergleich zu einer Neuetablierung einen Kostenvorteil für die Auftraggeberin ermöglichten.
15. Mit Schriftsatz vom 22. November 2021 nahm die Auftraggeberin erneut Stellung. Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass eine feste Fahrbahn mit dem System „elastisch gelagerte Gleistragplatte“ zum Einsatz komme. Dabei handle es sich um ein Plattensystem mit hohem Vorfertigungsgrund und einer Systemlänge von 5.2 m. Beim gegenständlichen Projekt mit einer Höchstgeschwindigkeit der Züge bis zu 250 km/h sei ein präzises Arbeiten in Millimetergenauigkeit erforderlich. Bei der Herstellung erfolge nach der Austeilung, Einrichtung der Platten durch einen Vermesser und seitlicher Abschaltung das Vergießen des Hohlraumes zwischen Tunnelsohle und Plattenunterkante mit einem selbstverdichtenden Beton. Schon beim Austeilen und Einrichten der Platten könnten bei mangelnder Erfahrung und falscher Vorgangsweise viele – im Schriftsatz beispielhaft aufgezählte – Fehler passieren. Das Herstellen des Vergussbetons sei eine weitere sehr große Herausforderung. Es handle sich um einen selbstverdichtenden Beton, der genau die richtige Konsistenz haben müsse, um den Raum zwischen Tunnelsohle und Plattensohle vollflächig auszufüllen. Es dürften dabei keine Hohlräume oder Luftansammlungen entstehen, die die Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit der gesamten Gleisanlagen beeinträchtigen würden. Bei der Herstellung des Systems „elastisch gelagerte Gleistragplatte“ sei sehr wohl Erfahrung notwendig, um eine qualitativ hochwertige Gleisanlage zu gewährleisten. Diese Firmenerfahrung ergebe sich nur aus bereits errichteten festen Fahrbahnen und dem eingespielten Personal, das sich diese Erfahrung angeeignet habe. Diese Tatsache habe sich in der Vergangenheit bei allen Baustellen der Auftraggeberin mit festen Fahrbahnen gezeigt. Die Auftraggeberin könne daher nur erfahrene Firmen beauftragen. Die Erfahrung des Bauleiters werde in den Zuschlagskriterien bewertet. Die Antragstellerin unterschätze die gegenständlichen Arbeiten maßgeblich. Die Auftraggeberin bestätige die Richtigkeit der Angaben der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin über für sie ausgeführte Projekte. Die Ansicht der Antragstellerin, dass bereits der Umstand, dass jedes Unternehmen für sich den Auftrag alleine ausführen könne, die Bietergemeinschaft rechtswidrig mache, sei unrichtig. Die Auftraggeberin beantragt die Zurück-, in eventu Abweisung des Nachprüfungsantrags.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
1. Feststellungen (Sachverhalt)
1.1 Der Kollektivvertrag Baugewerbe und Bauindustrie, Arbeiter/innen, gültig ab 1. Mai 2021 lautet auszugsweise wie folgt:
„…
§ 2. Arbeitszeit
1. Die Wochenarbeitszeit beträgt für alle Arbeitnehmer 39 Stunden.
2. …
§ 3. Überstunden-, Sonntags-, Feiertags-, Nacht- und Schichtarbeit
1. Als Überstunde gilt jene Arbeitszeit, durch welche die jeweilige festgesetzte tägliche oder wöchentliche Normalarbeitszeit nach § 2 bzw. 2A so wie eine Mehrarbeit nach § 2A Ziffer 6 überschritten wird.
Überstunde ist jedenfalls
a) jede Zeiteinheit, die eine tägliche Normalarbeitszeit von 9 Stunden überschreitet, aus genommen jene Fälle, in denen eine höhere tägliche Normalarbeitszeit gesetzlich zugelassen ist*),
*) z.B.: 10 Stunden durch Einarbeitung in Verbindung mit Feiertagen gem. § 2 E BauKV i. V. m. § 4 Abs. 3 und 10 AZG.
b) jede Zeiteinheit über 1 Stunde Mehrarbeit wöchentlich.
2. …
…
§ 4. Zuschläge für Überstunden-, Sonntags-, Feiertags-, Nacht- und Schichtarbeit
1. Grundlage für die Berechnung der Zuschläge ist der Stundenlohn*), bei Wochenlohnempfängern der 39. Teil des Wochenlohnes ohne Mehrstundenpauschale.
*) Zur Interpretation des Begriffes ‚Stundenlohn‘ wurde am 17. Juli 1975 zwischen den Vertragspartnern ein Kollektivvertrag abgeschlossen, der in Anhang III abgedruckt ist.
2. …
13. Die Abgeltung von Aufzahlungen (Zuschläge für Überstunden, Sonntags-, Feiertags-, Nacht- und Schichtarbeit) und von Zulagen sowie Taggeld, Übernachtungsgeld, Reiseaufwandsvergütungen, Fahrtkostenvergütungen und der gleichen durch erhöhten Lohn oder erhöhte Akkordsätze ist unzulässig.
…
§ 6. Erschwerniszulagen
I. Für nachstehende Arbeiten gebühren Zulagen auf den Kollektivvertragslohn für die Zeit, während welcher diese Arbeiten geleistet werden. Bei Zusammentreffen mehrerer Zulagen sind grundsätzlich bis zu zwei Arbeitszulagen nebeneinander zu bezahlen, und zwar die beiden höchsten Zulagen.
Ortsbedingte Höhenzulagen sowie Zulagen für Trockenbohrungen unter Tag fallen nicht unter diese Einschränkung.
…
c) Arbeiten unter Tag
Für Arbeiten in Tunnels, Stollen und oben geschlossenen Kanälen 25 %
…
§ 8. Lohnberechnung und Lohnzahlung
1. Bezahlt wird die Zeit:
a) in der gearbeitet wurde,
…
1c. Ein- und Ausfahrtszeiten in einen Tunnel werden mit dem kollektivvertraglichen Stundenlohn vergütet. Diese Zeiten sind beim Anspruch auf Taggeld zu berücksichtigen.
…“
(Kollektivvertrag Baugewerbe und Bauindustrie, Arbeiter/innen, gültig ab 1. Mai 2021, auf der Seite www.wko.at , letzte Abfrage am 20. Oktober 2021)
1.2 Die ÖNORM B 2061 Preisermittlung für Bauleistungen – Verfahrensnorm vom 1. Mai 2020 lautet auszugsweise wie folgt:
„…
1 Anwendungsbereich
Diese ÖNORM legt Verfahren der Preisermittlung von Bauleistungen fest. Sie gibt, ohne die unternehmerische Kalkulationsfreiheit im konkreten Anlassfall einzuschränken, Hinweise für den möglichen Aufbau der Kalkulation und regelt die Darstellung der Preisermittlung.
Die Regelungen dieser ÖNORM stellen eine Leitlinie für die Überprüfung der Angemessenheit von Preisen sowie zur Ermittlung und Prüfung von Mehr- oder Minderkostenforderungen bei Leistungsabweichungen dar.
…
3 Begriffe
Für die Anwendung dieser ÖNORM gelten die Begriffe nach ÖNORM A 2050 bzw. BVergG 2018 sowie der ÖNORM B 2110 oder ÖNORM B 2118 und die folgenden Begriffe:
…
3.5 Kosten
monetär bewerteter Einsatz oder Verbrauch von Produktionsfaktoren wie Güter und Dienstleistungen
3.5.1
Einzelkosten
Kosten, die einer bestimmten Bezugsgröße (z. B. Leistungsposition) direkt zugeordnet werden
Anmerkung 1 zum Begriff: Einzelkosten werden deswegen auch als direkte Kosten bezeichnet und setzen sich aus fixen und variablen Kosten zusammen.
3.5.2
Gemeinkosten
Kosten, die keiner bestimmten Bezugsgröße (z. B. Leistungsposition) direkt zugeordnet werden
Anmerkung 1 zum Begriff: Gemeinkosten werden deswegen auch als indirekte Kosten bezeichnet und setzen sich aus fixen und variablen Kosten zusammen.
3.6
Material
Werkstoff, der für die Errichtung eines Bauwerks eingesetzt oder bei der Errichtung verbraucht wird
3.6.1
Baumaterial
Material, das bleibender Bestandteil des Bauwerks wird
…
3.7
Zuschlagsträger
Kalkulationsobjekt, das als Grundlage für die Zurechnung von Zuschlägen (vor allem Gemeinkosten) dient
Anmerkung 1 zum Begriff: Kalkulationsobjekte sind z. B. Kostenart, Einzelkosten, Baustellengemeinkosten.
…
4 Ausschreibung und Preisermittlung
…
4.2 Kalkulation und Preisermittlung
Bei der Kalkulation finden die relevanten Kosteninformationen zum Zweck der Preisermittlung unter Beachtung der Rahmenbedingungen einer konkreten Leistungserbringung Anwendung.
Es ist das Kostenverursachungsprinzip zu beachten. Demnach sind jedem Kalkulationsobjekt (eine Kostenart, eine Leistungsposition u. dgl.) jene Kosten zuzurechnen, die durch das Kalkulationsobjekt verursacht werden. Allerdings dürfen, bezogen auf das Kalkulationsobjekt, geringfügige Kostenanteile auch in Form von allgemein bzw. aus der Erfahrung hergeleiteten Zuschlägen oder Umlagen berücksichtigt werden.
…
5 Kostenarten der Baukalkulation, ihre Grundlagen und Darstellung
5.1 Allgemeines
Für die Ermittlung von Kosten ist, unabhängig davon, ob sie auf der Baustelle oder im Gesamtbetrieb entstehen, die Gliederung in die folgenden Kostenarten vorgesehen:
— Personalkosten (siehe 5.2),
— Materialkosten (siehe 5.3),
— Gerätekosten (siehe 5.4),
— Kapitalkosten (siehe 5.5),
— Kosten für Fremdleistungen (siehe 5.6),
— andere Kosten (siehe 5.7).
5.2 Personalkosten (Lohn- oder Gehaltskosten)
5.2.1 Grundlagen
Grundlagen für die Ermittlung der Personalkosten sind die Entgelte (Löhne und Gehälter), deren Höhe von kollektivvertraglichen und betrieblichen Vereinbarungen sowie gesetzlichen Bestimmungen abhängig ist. Darüber hinausgehende verbindliche Festsetzungen auf kollektivvertraglicher oder gesetzlicher Basis sind sinngemäß einzuordnen. Auch weitere Personalnebenkosten (siehe 5.2.2.4) und Personalgemeinkosten (siehe 5.2.2.6) können den Personalkosten zugeordnet werden, sofern sie nicht anderen Kostenträgern zugeordnet werden.
5.2.2 Ermittlung
Personalkosten sind entsprechend den nachfolgenden Teilschritten gemäß 5.2.2.1 bis 5.2.2.7 zu ermitteln. So können die Personalkosten, ausgehend vom kollektivvertraglichen Entgelt, unmittelbar kalkuliert werden (progressive Kalkulation).
Einzelne Werte oder Zwischenergebnisse können auch der Kostenrechnung entnommen werden. Werden die Personalkosten der Kostenrechnung entnommen, sind die einzelnen Werte entsprechend dem Schema gemäß Formblatt K3 in Anhang A so genau wie möglich aufzuteilen (retrograde Kalkulation).
Die Personalkosten sind je Zeiteinheit zu ermitteln. In der Regel sind mittlere Kosten zu ermitteln.
Je anzuwendendem Kollektivvertrag ist jedenfalls eine gesonderte Ermittlung (siehe Anhang A, Formblatt K3) erforderlich.
Die Ergebnisse der gesonderten Ermittlungen können in einer Nebenrechnung (z. B. im Formblatt K5 gemäß Anhang A) zu einem gewichteten Wert zusammengefasst und für die weitere Preisermittlung herangezogen werden.
Falls in der Detailkalkulation mit unterschiedlichen Personalkosten kalkuliert wird, ist für jeden Personalkostensatz eine gesonderte Ermittlung (siehe Anhang A, Formblatt K3) erforderlich.
5.2.2.1 Kollektivvertragliches Entgelt inklusive unproduktiver Zeiten (siehe Anhang A, Formblatt K3, Zeile 5)
Das gewichtete kollektivvertragliche Entgelt ergibt sich aus dem gewichteten Mittel mehrerer Beschäftigtengruppen gemäß Kollektivvertrag, gegebenenfalls auch aus dem gewichteten Mittel nach den Verwendungsjahren und unter Heranziehung weiterer Durchschnittswerte. Unter Hinzurechnung allfälliger unproduktiver Zeiten (z. B. Zeiten für unproduktives Personal oder aus dem projektbezogenen Arbeitsablauf bedingte besondere nicht verrechenbare Zeiten des produktiven Personals) ergibt sich das kollektivvertragliche Entgelt inklusive der unproduktiven Zeiten.
5.2.2.2 Abgabepflichtige Personalkosten (siehe Anhang A, Formblatt K3, Zeile 10)
Die Kosten für die Vergütung an Beschäftigte setzen sich in der Regel aus den folgenden Komponenten zusammen:
a) kollektivvertragliche Entgelte (ohne Berücksichtigung von Sonderzahlungen) unter Berücksichtigung von Zusatzkollektivverträgen;
b) außerkollektivvertragliches Entgelt aufgrund von individuellen oder betrieblichen Vereinbarungen;
c) Zulagen, z. B. für Erschwernisse;
d) Arbeitszeitzuschläge, z. B. für Überstunden;
e) abgabepflichtige Aufwandsentschädigungen für Dienstreisen (Trennungsgelder, Taggelder, Entfernungszulagen, soweit diese über der gesetzlichen Höchstgrenze liegen und daher abgabepflichtig sind) sowie Vergütungen für Wegzeiten u. dgl.
Die Summe aus den Kostenkomponenten gemäß a) bis e) ergibt die abgabepflichtigen Personalkosten.
5.2.2.3 Nicht abgabepflichtige Personalkosten (siehe Anhang A, Formblatt K3, Zeile 11)
Die Kosten für Aufwandsentschädigungen für Dienstreisen (Trennungsgelder, Taggelder, Entfernungszulage, soweit diese unter der gesetzlichen Höchstgrenze liegen und daher nicht abgabepflichtig sind), Reisekosten u. dgl. ergeben die nicht abgabepflichtigen Personalkosten.
5.2.2.4 Personalnebenkosten (siehe Anhang A, Formblatt K3, Zeilen 12 bis 14)
Die Personalnebenkosten (Lohn- oder Gehaltsnebenkosten) sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Diese Darstellung ist nicht abschließend. Branchenspezifische gesetzliche und kollektivvertragliche Regeln können zu einer anderen Zuordnung führen.
Tabelle 1 — Personalnebenkosten
1 | 2 | 3 |
Direkte Personalnebenkosten (Dienstgeberbeiträge) | Umgelegte Personalnebenkosten | Weitere Personalnebenkosten |
Arbeitslosenversicherung, Familienlastenausgleichsfonds, Insolvenzentgeltsicherung, Krankenversicherung nach ASVG und EFZG, Mitarbeitervorsorge, Pensionsversicherung, Schlechtwetterentschädigung, Unfallversicherung, Wohnbauförderung | Bezahlte Nichtarbeitszeiten wie Urlaub, Feiertage oder Ausfalltage (z. B. wegen Krankheit), Sonderzahlungen: Urlaubszuschuss und Weihnachtsgeld (Weihnachtsremuneration), direkte Personalnebenkosten auf Sonderzahlungen, bezahlte Nichtarbeitszeiten u. dgl., Abfertigungen, Mehrkosten wegen Schlechtwetterentschädigung | Gesetzlich bedingte Nebenkosten wie z. B. Kommunalsteuer oder örtlich bedingte Abgaben und Steuern |
5.2.2.4.1 Direkte Personalnebenkosten (siehe Anhang A, Formblatt K3, Zeile 12)
Unter den direkten Personalnebenkosten ist die Summe aller Beiträge und Abgaben zu erfassen, die der Dienstgeber auf gesetzlicher Grundlage auf Basis der Lohn- oder Gehaltszahlung für Beschäftigte zu tragen hat (siehe Tabelle 1, Spalte 1).
5.2.2.4.2 Umgelegte Personalnebenkosten (siehe Anhang A, Formblatt K3, Zeile 13)
Unter den umgelegten Personalnebenkosten ist die Summe aller weiteren Kosten, die der Dienstgeber aufgrund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Grundlage oder aus betrieblichen Erfordernissen zu tragen hat, zu erfassen. Diese Summe kann erst durch eine Umrechnung (z. B. prozentuelle Umlage) in der Kalkulation verrechnet werden (siehe Tabelle 1, Spalte 2).
Nach Möglichkeit werden diese Kosten aus Werten der internen Kostenrechnung abgeleitet. Diese Kosten können aber auch allgemeinen Berechnungen, wie z. B. branchenüblichen Ansätzen, gegebenenfalls mit Anpassungen, entnommen werden.
5.2.2.4.3 Weitere Personalnebenkosten (siehe Anhang A, Formblatt K3, Zeile 14)
Unter weitere Personalnebenkosten fallen Kosten, die direkt aufgrund der Örtlichkeit des Beschäftigungsverhältnisses entstehen und deren Höhe durch Gesetze oder Verordnungen festgelegt ist (siehe Tabelle 1, Spalte 3).
Soweit sachlich begründet, dürfen solche Kosten auch den direkten Personalnebenkosten oder den umgelegten Personalnebenkosten zugeordnet werden.
5.2.2.5 Personalkosten vor Zurechnungen (siehe Anhang A, Formblatt K3, Zeile 15)
Nach Berücksichtigung der nicht abgabepflichtigen Personalkosten und der Personalnebenkosten ergeben sich die Personalkosten vor allfälligen Zurechnungen von Personalgemeinkosten oder anderen Kostenumlagen.
…
5.2.3 Darstellung
Die detaillierte Darstellung der Personalkosten hat im Formblatt K3 (siehe Anhang A) zu erfolgen.
In diesem Formblatt wird die Zusammensetzung der Personalkosten vor Zurechnung und die Hinzurechnung von weiteren Kosten (Personalgemeinkosten, Umlagen von Kosten) sowie des Gesamtzuschlags dargestellt.
In der Kopfzeile des Formblattes K3 ist der Darstellungsinhalt (Grundlage „Lohn“ bzw. „Gehalt“ sowie Kalkulationszweck „Montage“, „Vorfertigung“ bzw. „Regie“) anzugeben.
Das Ergebnis der Darstellung im Formblatt K3 ist der Mittellohn-, Mittelgehalt-, Regielohn- oder Regiegehalt-Preis. Das im Formblatt K3 dargestellte Ergebnis stellt eine Kalkulationsgrundlage für den Preisanteil „Lohn“ dar.
5.3 Materialkosten
5.3.1 Grundlagen
Die Grundlagen für die Ermittlung der Materialkosten sind die erwarteten Beschaffungskosten.
5.3.2 Ermittlung
Bei der Ermittlung der Materialkosten sind allfällige Kosten für Transport, Ladearbeit und Manipulation, Nebenmaterialien oder Materialverluste (z. B. für Schwund oder Bruch) zu berücksichtigen.
Soweit sachlich begründet, dürfen Kosten für Transport, Ladearbeit und Manipulation auch anderen Kostenarten (z. B. den Personalkosten) oder den Baustellengemeinkosten zugerechnet werden.
Die Kosten für die Lagerhaltung und Lagerverwaltung sowie für die Beschaffung und Finanzierung können als Materialgemeinkosten den Materialkosten oder auch anderen Kostenträgern (z. B. den Geschäftsgemeinkosten) zugerechnet werden.
Die Materialkosten sind in einem Betrag je Materialeinheit (z. B. Stk., kg, m) zu ermitteln.
Ein allfälliger Materialmehrverbrauch (z. B. aufgrund von Verschnitt oder Toleranzen) ist nicht Teil der Materialkosten, sondern des Materialverbrauchs. Die Berücksichtigung hat daher bei der Ermittlung der Einzelmaterialkosten zu erfolgen.
5.3.3 Darstellung
Die detaillierte Darstellung der Materialkosten hat im Formblatt K4, Formblatt K5 oder Formblatt K7 (siehe jeweils Anhang A) zu erfolgen.
Die im Formblatt K4 dargestellten Ergebnisse stellen eine Kalkulationsgrundlage für den Preisanteil „Sonstiges“ dar.
…
6 Preisermittlung
6.1 Allgemeines
Die Darstellung der Preisermittlung erfolgt in Form einer Zuschlagskalkulation.
Die Preisermittlung ist auf Basis der Kostenarten-Grundlagen nach Abschnitt 5 in der folgenden Gliederung darzustellen:
— Einzelkosten,
— Baustellengemeinkosten,
— Geschäftsgemeinkosten,
— Finanzierungskosten,
— Wagnis,
— Gewinn.
6.2 Grundlagen
6.2.1 Einzelkosten
Für jede Leistungsposition sind die Einzelkosten zu ermitteln, die in Einzelpersonalkosten, Einzelmaterialkosten und Einzelgerätekosten unterteilt werden. Dazu ist der für die Leistung sachlich und wirtschaftlich gerechtfertigte Einsatz von Produktionsfaktoren zugrunde zu legen.
Aus sachlichen Gründen, die sich aus der Art der internen Kostenrechnung ergeben, aber auch aus Gründen der Vereinfachung können mittlere Kalkulationsansätze (z. B. für Personalkosten) verwendet werden.
Auf Einzelkosten können projektspezifisch Gemeinkosten und andere Kosten umgelegt werden. Im Rahmen der internen Kostenrechnung gesondert erfasste Fertigungsgemeinkosten können den Kostenarten zugerechnet werden, sofern sie nicht über die Geschäftsgemeinkosten erfasst werden.
Die Einzelkosten sind Zuschlagsträger.
6.2.1.1 Einzelpersonalkosten
Die Einzelpersonalkosten je Leistungseinheit ergeben sich aus dem kalkulierten Zeitaufwand für Personal pro Leistungseinheit für die Erbringung der betreffenden Leistung und den zutreffenden Personalkosten.
Werden die zutreffenden Personalkosten aus mehreren Formblättern K3 gemäß Anhang A zusammengeführt, so ist der sich daraus ergebende Kalkulationsansatz nachvollziehbar darzustellen.
Zu den Einzelpersonalkosten zählen auch
— die Personalkosten für die Ladearbeit und Manipulation von Materialien, soweit nicht anderweitig berücksichtigt,
— die Personalkosten für die Gerätebedienung,
— die Personalkosten für Reparatur und Instandhaltung von Baugeräten, soweit nicht anderweitig berücksichtigt,
— die Personalkosten von Fremdleistungen.
6.2.1.2 Einzelmaterialkosten
Die Einzelmaterialkosten je Leistungseinheit ergeben sich aus dem kalkulierten Bedarf an Materialien für die Erbringung der betreffenden Leistung und den zutreffenden Materialkosten.
Zu den Einzelmaterialkosten zählen auch
— die Kosten für Betriebsstoffe und Verschleißteile für Baugeräte,
— die Materialkosten von Fremdleistungen.
Soweit Nebenmaterialien nicht bereits als Personalgemeinkosten bei der Ermittlung der Personalkosten (siehe Anhang A, Formblatt K3) oder bei der Ermittlung der Materialkosten (siehe Anhang A, Formblatt K4) erfasst wurden, können diese auch beispielsweise durch Zuschläge auf die Einzelmaterialkosten (siehe Anhang A, Formblatt K7) berücksichtigt werden.
…
6.3.3 Darstellung der Preisermittlung (siehe Anhang A, Formblatt K7)
6.3.3.1 Ermittlung
Die Preise sind zu ermitteln, indem die Einzelkosten gemäß 6.2.1 und die Baustellengemeinkosten gemäß 6.2.2 errechnet werden und der jeweils zutreffende Gesamtzuschlag zugerechnet wird. Daraus ergeben sich die Einheitspreise, Pauschalpreise und Regiepreise.
6.3.3.2 Kostenkalkulation – Preiskalkulation
Die Darstellung der Preisermittlung kann auf Basis der Kosten (Kostenkalkulation) oder auf Basis der Preise (Preiskalkulation) erfolgen.
Bei der Kostenkalkulation sind zunächst die Kosten der Einzelleistungen zu ermitteln. Anschließend ist durch Hinzurechnung des jeweils zutreffenden Gesamtzuschlags der Preis der Einzelleistung zu bilden.
Bei der Preiskalkulation sind zunächst aus den Kosten durch Hinzurechnung des jeweils zutreffenden Gesamtzuschlags die Preise zu bilden. Aus diesen ist dann der Preis der Einzelleistung zu ermitteln.
…
6.3.5 Zuordnung zu den Preisanteilen
Wenn Preise gemäß Ausschreibungsleistungsverzeichnis in die Preisanteile „Lohn“ und „Sonstiges“ zu gliedern sind, ist folgende Zuteilung zu beachten:
— Personalkosten sind dem Preisanteil „Lohn“ zuzuordnen.
— Materialkosten sind dem Preisanteil „Sonstiges“ zuzuordnen.
— Von den Gerätekosten sind die Kosten für Abschreibung und Verzinsung dem Preisanteil Sonstiges, die Kosten für Reparatur- und Instandhaltung den einzelnen Preisanteilen sachgerecht zuzuordnen. Aus Gründen der Vereinfachung darf auch ein genereller Verteilungsschlüssel für die Zuteilung der Gerätekosten zu den Preisanteilen angewendet werden.
— Fremdleistungskosten sind den einzelnen Preisanteilen sinngemäß zuzuordnen.
— Andere Kosten sind den einzelnen Preisanteilen plausibel zuzuordnen.
…“
(ÖNORM B 2061 vom 1. Mai 2020)
1.3 Im Vergabeverfahren ProVia ID XXXX wies die DDDD am 25. Februar 2021 Selbstreinigungsmaßnahmen durch ein Compliance-Management-System genannte Compliance-System nach. Dieses besteht aus Compliance Richtlinien, die für alle Organisationsmitglieder verbindlichen sind, eine Compliance-Risikobewertung, die einmal jährlich vom Chief Compliance Officer vorgenommen wird, die Einsetzung eines Chief Compliance-Officers und weiterer Compliance-Officers zur Gewährleistung der Wirksamkeit und Effizienz des Compliance-Management-Systems, eines Compliance Trainings für rund 4000 Mitarbeiter, die Kontrolle der Einhaltung der Compliance-Vorschriften, die Einrichtung eines anonymisierten und bei Bedarf individualisierten „Whistleblower“-Meldesystems, ein objektives und unparteiliches Untersuchungsregime, ein flexibles und angepasstes Maßnahmensystem bei Compliance-Verstößen und einen Compliance-Report. Dieses System ist seit 2017 durch Austrian Standard nach ISO 19600 Compliance Management Systems (Internationaler Standard), ISO 37001 Anti-Bribery Management Systems (neuer Internationaler Standard) und ONR 192050 Compliance Management Systems (Österreichischer Standard) zertifiziert. Zusätzlich gibt es das Compliance Management System Handbuch, die Compliance-Richtlinie Kartell- und Wettbewerbsrecht, die Checkliste für die kartellrechtliche Einschätzung von Arbeitsgemeinschaften und einen Ethik-Kodex. Anlassbezogene Compliance Maßnahmen bestehen in der Untersuchung der Vorwürfe durch eine Rechtsanwaltskanzlei, der Aktualisierung der Compliance-Risikobewertung und der Prüfung bzw anlassbezogene Evaluierung des bestehenden Compliance-Management-Systems auf Vollständigkeit und Effektivität durch eine Rechtsanwaltskanzlei. Die DDDD gab in der Erklärung zur beruflichen Zuverlässigkeit auf einem Formblatt der Auftraggeberin an, dass ein Verfahren eingeleitet wurde, das darauf hindeutet, dass zukünftig ein Ausschlussgrund vorliegen könnte, und gab den firmenmäßig gefertigten Maßnahmenkatalog zur Selbstreinigung auf einem Formblatt der Auftraggeberin ab.
Am 6. Mai 2021 fand ein Aufklärungsgespräch statt, in dem die DDDD angab, dass die getroffenen Maßnahmen ausreichend seien und keine Veränderung notwendig sei. Es werde zur Aufklärung beigetragen. Sollte sich aus dem Bußgeldantrag ergeben, dass weitere Maßnahmen notwendig seien, würden diese gesetzt.
Am 10. Mai 2021 übermittelte die DDDD der Auftraggeberin eine Kurzdarstellung des Bußgeldantrags und wies auf die Kooperation mit den Ermittlungsbehörden hin.
Mit Schreiben vom 11. Mai 2021 übermittelte die DDDD der Auftraggeberin eine Zusammenfassung des Antrags der Bundeswettbewerbsbehörde auf Verhängung einer Geldbuße, der sich auf Submissionsabsprachen beziehe.
Am 21. Mai 2021 legte die DDDD der Auftraggeberin die Prüfung der Compliance durch eine Rechtsanwaltskanzlei samt den Zertifizierungen nach ISO 19600:2014-12 Compliance Management Systeme – Richtlinien, ISO 37001:2016-10 Anti-Korruptions-Managementsysteme und ONR 192050:2013-02 Compliance Management Systeme (CMS) – Anforderungen und Anleitung zur Anwendung durch Austrian Standards vom 15. November 2017, gültig bis 15. November 2020, und die Verlängerungen der Zertifizierungen nach ISO 19600:2014-12 Compliance Management Systeme – Richtlinien und ISO 37001:2016-10 Anti-Korruptions-Managementsysteme jeweils vom 12. November 2020, gültig bis 15. November 2023, eine Zuständigkeitsmatrix und eine Aufstellung der Vergabeverfahren der Auftraggeberin, die von den Ermittlungen betroffen sind, vor.
Mit E-Mail von 25. Mai 2021 legte die DDDD dar, dass eine Zuordnung der Maßnahmen zu einzelnen Übertretungen mangels Konkretisierung der Vorwürfe durch die Bundeswettbewerbsbehörde nicht möglich sei.
Mit E-Mail vom 26. Mai 2021 gab die DDDD an, dass eine interne Untersuchung der am 21. Mai 2021 genannten Verfahren noch nicht begonnen habe. Die Reihenfolge der zu prüfenden Verfahren werde in Abstimmung mit den Strafverfolgungsbehörden festgelegt.
Mit Schreiben vom 2. Juni 2021 übermittelte die DDDD ua aktualisierte Erklärungen zur beruflichen Zuverlässigkeit und gab an, dass die Bußgeldanträge für die genannten Unternehmen keine Auswirkungen auf den Inhalt der „Erklärung der beruflichen Zuverlässigkeit“ hätten. Diejenigen Unternehmen, bei denen in der Erklärung der beruflichen Zuverlässigkeit der Punkt 1. angekreuzt worden seien, seien im Bußgeldantrag auch nicht als Antragsgegner angeführt. Im Übrigen werde ergänzend insbesondere auf die bereits in den Schreiben vom 21. Mai 2021, 12. Mai 2021 und 10. Mai 2021 zum Bußgeldantrag und zur Selbstreinigung erteilten Informationen verwiesen. Die DDDD habe daher in den Erklärungen nicht nochmals den bereits bekannt gegebenen Sachverhalt wiederholt.
(Unterlagen zur Selbstreinigung der DDDD im Vergabeverfahren ProVia ID XXXX )
1.4 Mit Pressemeldungen, ua der von der Antragstellerin vorgelegten Presseaussendung der Bundeswettbewerbsbehörde vom 30. September 2021, wurde öffentlich bekannt, dass die DDDD ein Anerkenntnis abgegeben habe, wodurch sie sich wegen Absprachen in der Bauwirtschaft zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von € 62,35 Mio verpflichtet habe. Die Bundeswettbewerbsbehörde kündigte einen Bußgeldantrag beim Kartellgericht an. (Beilage ./14 zu OZ 29)
Die Kartellstrafe ist noch nicht rechtskräftig.
1.5 Die DDDD und die CCCC sind als Arbeitsgemeinschaft mit einem wesentlich größeren gleichartigen Baulos im Zuge des Projekts Koralmbahn beauftragt. Daher können sie etwa die Baustelleneinrichtung, die Erfahrung von Mitarbeitern oder nicht ständig eingesetzte Geräte in beiden Baulosen nutzen. Der gleichzeitige Einsatz von Personal und Maschinen in beiden Baulosen ist nicht beabsichtigt und nicht kalkuliert. (Aussage von Mag. Johann HWEZDA in der mündlichen Verhandlung) Die beiden Mitglieder der Bietergemeinschaft sind derzeit mit Ausnahme des Koralmtunnels teilweise alleine, teilweise mit jeweils anderen Gesellschaften in anderen Bauvorhaben beschäftigt. Es handelt sich um – weltweit – 18 Vorhaben unterschiedlicher Größe mit Auftragswerten zwischen € 0,9 Mio und € 286 Mio netto. Ein Teil der Vorhaben verlangt englischsprachiges Personal, das für das gegenständliche Bauvorhaben nicht in Betracht käme. (Beilage zur Dokumentenvorlage OZ 34)
1.6 Die ÖBB-Infrastruktur AG schreibt unter der Bezeichnung „Koralmbahn Baulos 50.6, Errichtung Feste Fahrbahn Granitztaltunnel ID-Nr.: XXXX “ einen Bauauftrag mit dem CPV-Code 45220000-9 – Ingenieur- und Hochbauarbeiten in einem offenen Verfahren nach dem Bestangebotsprinzip aus. Der geschätzte Auftragswert liegt über dem Schwellenwert gemäß § 185 Abs 1 Z 3 BVergG 2018. Vergebende Stelle ist die ÖBB-Infrastruktur AG. Die Bekanntmachung der Ausschreibung erfolgte in Österreich am 5. Februar 2021 zur Zahl XXXX und unionsweit am 5. Februar 2021 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union zur Zahl 2021/S 025-062324. Die Verlängerung der Angebotsfrist wurde unionsweit am 20. April 2021 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union zur Zahl 2021/S 076-195482 veröffentlicht. Die Frist zur Abgabe von Angeboten endete am 17. Mai 2021, 12.00 Uhr. (Angaben der Auftraggeberin, Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.7 Die Ausschreibung in der Fassung Revision 01 vom 15. April 2021 lautet auszugsweise wie folgt:
„…
ÖBB INFRASTRUKTUR AG
KORALMBAHN
ABSCHNITT ST.PAUL-AICH
BL 50.6 FF GTT
Baulos 50.6 Einbau Feste Fahrbahn Granitztaltunnel
BAND 3
BEILAGE 2.1
Vorbemerkungen zum Leistungsverzeichnis
Stand: 27.01.2021
…
2 ALLGEMEINES
…
2.5 ABGRENZUNG ARBEITEN OBERTAGE UND UNTERTAGE
Im Zweifelsfall gilt folgende Regelung:
• Sämtliche Arbeiten im Bereich der Fahrtunnel, Arbeiten in den Notausgängen, zählen zu den Arbeiten untertage.
• Alle anderen Arbeiten zählen zu den Arbeiten obertage.
…
3 ALLGEMEINE VORBEMERKUNGEN
3.1 ARBEITSZEITEN
Die zulässigen Arbeitszeiten sind in der HG 01 geregelt und haben den behördlichen Auflagen bzw. den Festlegungen der Bewilligungsbescheide zu entsprechen. Alle Genehmigungen für die vom Bieter vorgesehenen Arbeitszeiten sind vom Bieter zu erwirken. Das Risiko der Nichterteilung von arbeitsrechtlichen Genehmigungen liegt in der Verantwortungssphäre des Bieters.
Sämtliche Kosten, die mit den vom Bieter gewählten Arbeitszeiten (Zuschläge etc.) verbunden sind, sind mit den Positionen des LV abgegolten.
…
5 HG 03 OBERBAU
5.1 ALLGEMEINES
Die Beschreibung der Leistungen erfolgt gemäß der standardisierten Leistungsbeschreibung Verkehr und Infrastruktur (LB-VI), FSV Wien, Version 5.
Mit den im Leistungsverzeichnis enthaltenen Angaben über die jeweiligen Leistungen (Bauteil, Ausführung, Bauart, Baustoff und Abmessungen) gelten auch der Herstellungsvorgang und -ablauf bis zur fertigen Leistung nach den anerkannten Regeln der Technik, den gesetzlichen und behördlichen Vorschriften und den Ausführungsbestimmungen der im ÖNORM-Verzeichnis enthaltenen Normen als beschrieben.
Sämtliche in den Normen enthaltenen Beschreibungen über Ausführung, Nebenleistungen, Bauhilfsstoffe, Ausmaßfeststellung, Abrechnung usw. werden in den Texten des Leistungsverzeichnisses in der Regel nicht mehr ausgeführt. Alle im Leistungsverzeichnis enthaltenen Angaben sind in die Einheitspreise einkalkuliert und mit den Positionen des LV abgegolten.
Schienenschweißarbeiten dürfen nur durch von der ÖBB freigegebenen Firmen durchgeführt werden.
5.2 TECHNISCHE VERTRAGSBESTIMMUNGEN OBERBAU
Die ergänzenden technischen Vertragsbestimmungen für den Oberbau sind in Teil 3.2.2 Anhang 1 geregelt.
…
AUSSCHREIBUNGS – LEISTUNGSVERZEICHNIS
…
00 Besondere Vergabe- und Vertragsbedingungen
...
Anti-Korruptionsbestimmungen:
Der Bieter/AN verpflichtet sich
(1) alle erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung von Korruption zu ergreifen und insbesondere alle hierzu notwendigen organisatorischen und personellen Vorkehrungen zu treffen, damit er und sämtliche für ihn tätigen Personen im geschäftlichen Verkehr mit dem Auftraggeber
a) alle strafrechtlichen Bestimmungen zur Bekämpfung von Korruption, insbesondere auch die Bestimmungen der §§ 168b, 153, 153a, 304 bis 307b, 308 und 146 bis 148a StGB sowie der §§ 10 bis 12 UWG striktest einhalten;
b) für den Auftraggeber tätigen Personen keine Zuwendungen oder andere Vorteile anbieten, versprechen oder gewähren, keine Zuwendungen oder andere Vorteile von solchen Personen fordern, sich versprechen lassen oder annehmen und nicht auf sonstige Weise danach trachten, solche Personen zu beeinflussen;
c) Dritte nicht zu in a) und b) umschriebenen Handlungen bestimmen bzw. sonst zu deren Ausführung beitragen;
(2) nicht gegen kartellrechtliche oder andere Vorschriften, die dem Schutz des unbeschränkten Wettbewerbs dienen, insbesondere durch Beteiligung an Absprachen über Preise oder Preisbestandteile, durch verbotene Preisempfehlungen oder durch Beteiligung an Empfehlungen oder Absprachen über die Abgabe oder die Nichtabgabe von Angeboten, über die Aufrechnung von Ausfallentschädigungen sowie über Gewinnbeteiligung und Abgabe an andere Bewerber, zu verstoßen;
(3) alle erforderlichen Maßnahmen zur Vermeidung von Lohn- und Sozialdumping zu ergreifen und insbesondere alle hierzu notwendigen organisatorischen und personellen Vorkehrungen zu treffen;
(4) allen seinen Subunternehmern die in (1), (2) und (3) umschriebenen Pflichten zu überbinden sowie vom Vertrag mit einem Subunternehmer mit sofortiger Wirkung zurückzutreten bzw. einen solchen Vertrag mit sofortiger Wirkung aufzukündigen, wenn erwiesen ist oder doch ein begründeter Verdacht besteht, dass der Subunternehmer eine im Vorangehenden umschriebene Handlung begangen hat.
…
00A1 Grundlagen Vergabeverfahren
Der Bieter hat sich bei der Erstellung und der Einreichung des Angebots an die Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes idgF zu halten.
…
Die Erstellung des Angebots für in Österreich zu erbringende Leistungen hat unter Berücksichtigung der in Österreich geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften zu erfolgen. Der Bieter verpflichtet sich, bei der Ausführung des Auftrags in Österreich diese Vorschriften einzuhalten, und leistet Gewähr dafür, dass auch alle seine Subunternehmer diese einhalten. Bei der Wirtschaftskammer Österreich und der Bundesarbeiterkammer werden diese Vorschriften zur Einsichtnahme durch interessierte Bieter und Bewerber bereitgehalten und sind die einschlägigen Auskünfte über die am Ort der Ausführung des Auftrags während dessen Durchführung maßgeblichen arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften zu erhalten.
Die Preise sind stets als Nettopreise im Sinne des § 11 des Umsatzsteuergesetzes 1994 und nach den Bestimmungen der ÖNORM B 2061, den einschlägigen ÖNORMEN oder sonstigen Normen zu ermitteln und dem Leistungsverzeichnis entsprechend aufgegliedert in dieses einzusetzen. Die Umsatzsteuer wird erst dem Gesamtpreis hinzugerechnet. Auf Verlangen der vergebenden Stelle sind die zu einer vertieften Angebotsprüfung erforderlichen Unterlagen (z.B. K-Blätter) vorzulegen und die notwendigen Auskünfte zu erteilen.
…
00A175 Einschränkung Bietergemeinschaften
Die Anzahl der Mitglieder einer Bietergemeinschaft ist mit der auf der Plattform ProVia angegebenen Anzahl an Mitgliedern beschränkt (siehe Registerkarte Verfahrensdaten des Verfahrens).
…
00A431 Bestangebotsprinzip
Der Zuschlag wird dem wirtschaftlich und technisch günstigsten Angebot erteilt (Bestangebotsprinzip).
Gemäß den nachfolgend angeführten Kriterien werden Zu- und Abschläge ermittelt. Diese werden saldiert und dem Gesamtpreis hinzugerechnet. Auf diese Weise wird ausschließlich zur Bestimmung des Bestangebots ein fiktiver, modifizierter Gesamtpreis errechnet. Die Ermittlung des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebots für den Zuschlag erfolgt anhand des niedrigsten modifizierten Gesamtpreis.
…
00A6 abzugebende Unterlagen
00A611 Mit dem Angebot sind folgende Unterlagen abzugeben. K-Blätter sind in keiner Weise dazu bestimmt Vertragsbestandteil zu werden, bilden jedoch die Basis für Mehr- und Minderkostenforderungen.
…
00A611C mit Angebot: K3-Blätter
Kalkulationsblätter K3
00A611D mit Angebot: K4, K6-Blätter
Kalkulationsblätter K4, K6
00A611E mit Angebot: K7-Blätter alle Positionen
Kalkulationsblätter K7 aller Positionen
…
00E1 Preise
Die Preise sind in allen Preisanteilen als veränderliche Preise anzubieten und gelten als solche vereinbart.
Fehlt im Angebot die geforderte Aufgliederung der Einheitspreise, so gelten alle Preisanteile als fest.
Sollte einer der vereinbarten Indizes nicht mehr verlautbart werden, gilt der dann an seine Stelle tretende Index.
Ein Preisnachlass unterliegt immer der Gleitung.
Mit den vereinbarten Indizes bzw. objektbezogenen Warenkörben sind alle relevanten Kostenarten repräsentiert. Pkt. 5.8.1 der ÖNORM B 2111: 2007-05-01 gilt daher nicht.
Mit den vereinbarten Indizes bzw. objektbezogenen Warenkörben sind weiters auch alle Veränderungen von Steuern, Abgaben und Gebühren abgegolten. Ausgenommen davon sind Änderungen betreffend die Umsatzsteuer (siehe dazu ÖNORM B 2118:2013-03-15, Pkt. 6.3.1.3) sowie nicht vorhersehbare Änderungen des Altlastenbeitrages.
Als Preisbasis für die Umrechnung veränderlicher Preise gilt das Ende der Angebotsfrist (bei Verhandlungsverfahren: Erstangebotsfrist); bei Fehlen einer Angebotsfrist gilt das Datum des Angebotes. Angaben zur Angebotsfrist auf dem Deckblatt des Leistungsverzeichnisses gelten nicht.
Der Punkt 5.2.2 der ÖNORM B 2111: 2007-05-01 gelangt für die Preisumrechnung nicht zur Anwendung. Abweichend zu 5.2.2 der ÖNORM B 2111: 2007-05-01 wird daher für die Preisumrechnung folgendes festgelegt: Die Preisumrechnung erfolgt unabhängig vom Erreichen des Schwellenwertes. Bei Veränderung der Preisumrechnungsgrundlage (Index) sind daher der Preis bzw. die Preisanteile entsprechend der Veränderung umzurechnen.
…
31 Beton-, Stahlbeton- und Mauerungsarbeiten
…
3102 Bewehrung
Ständige Vorbemerkungen
1. Technische Vertragsbedingungen
Die Technischen Vertragsbedingungen RVS 08.06.02 sind einzuhalten
310201 Betonstahl der Sorte x für schlaffe Bewehrung liefern, schneiden, biegen und verlegen. Der Einheitspreis gilt ohne Unterschied der Durchmesser bzw. Formate und für alle plangemäß erforderlichen Längen sowie erforderlichenfalls auch für Rundstahl der Stahlsorte S235.
Die Leistung beinhaltet auch:
das sachgemäße Lagern,
alle erforderlichen Zwischentransporte einschließlich Auf- und Abladen,
den Zutransport zur Einbaustelle,
das Liefern des Bindedrahtes und der Abstandhalter zur Schalung,
das Schweißen der Unterstellungen von Spanngliedern sowie die Aufwendungen für die erhöhte Genauigkeit dieser Unterstellungen.
Gesondert vergütet wird:
die Mehrkosten für Stäbe mit einer Länge größer 14 m.
Verrechnet wird:
das theoretische Gewicht der Bewehrung, der Unterstellung (Z-Eisen, Distanzstreifen udgl.) und Aussteifungen nach den genehmigten Plänen ohne Verschnitt.
310201A Betonstahl B550B
L: . . . . . . . . . . . . S: . . . . . . . . . . . . EP: . . . . . . . . . . . . 677,00 t PP: . . . . . . . . . . . .
…“
(Ausschreibung in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.8 Die Auftraggeberin beantwortete Bieterfragen wie folgt:
„…
lfd. Nr. | Frage | Antwort | verteilt am |
… |
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006 | Wir bitten zwecks Kalkulierbarkeit um Aufschlüsselung der Bewehrungsposition 0301310201A ‚Betonstahl B550B‘ auf die Kategorien Sondermatte, Lagermatte, Stabstahl, Einbauort | Eine derartige Aufschlüsselung ist durch den AG nicht vorgesehen. | 31.03.2021 |
… |
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027 | Uns erscheint die ausgeschriebene Menge der LV-Pos. 03.01.31.02.01A Betonstahl B550B mit 677t sehr hoch, da gemäß Fragebeantwortung Nr. 25 Sondermatten und Vergussöffnungsverbügelungen in die Positionen 03.01.83217x einzukalkulieren sind. Wir bitten um Kontrolle dieser Menge um einen Fehler auszuschließen, und um Angabe zumindest des Haupteinbauortes für diese Bewehrungsmenge. | Die Bewehrungsmengen wurden plausibilisiert. Die Haupteinbauorte der Bewehrung sind die MFS Abschnitte und die Lastverteilplatten im Südportal. | 05.05.2021 |
…“ |
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(Fragebeantwortung vom 5. Mai 2021 in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.9 Bei der Angebotsöffnung am 17. Mai 2021, 12.15 Uhr bis 12.30 Uhr, öffnete die Auftraggeberin durch eine Kommission bestehend aus zwei Personen folgende Angebote mit den genannten Angebotssummen ohne USt.
Bietergemeinschaft bestehend aus CCCC und DDDD € 10.957.791,10
Bietergemeinschaft bestehend aus AAAA und BBBB € 11.799.680,02
Bietergemeinschaft bestehend aus XXXX und XXXX € 12.303.573,62
Bei der Angebotsöffnung waren keine Vertreter von Bietern anwesend.
(Protokoll der Angebotsöffnung vom 17. Mai 2021 in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.10 Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin hat die ursprünglich mit ihrem Angebot vorgelegten K3-Blätter im Zuge der Aufklärung korrigiert vorgelegt. Aus der Kalkulation des Mittellohnpreises für Arbeiten unter Tage ergibt sich, dass sie den Lohn für mehr Mitarbeiter als die Antragstellerin mit jeweils weniger Wochenstunden kalkuliert hat. Der Durchschnittslohn ist nach dem Kollektivvertrag für die Bauindustrie und das Baugewerbe berechnet und setzt sich aus den nach dem vorgesehenen Einsatz von Mitarbeitern unterschiedlicher Beschäftigungsgruppen zu bezahlenden Mindestlohn zusammen. Die Mehrarbeit ist entsprechend den gesetzlichen Vorgaben kalkuliert. Die die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin hat insgesamt mehr Stunden Wochenarbeitszeit für alle unter Tage eingesetzten Mitarbeiter als die Antragstellerin kalkuliert. Sie hat neben dem kollektivvertraglichen Mittellohn überkollektivvertraglichen Mehrlohn, eine Aufzahlung für Mehrarbeit, eine Aufzahlung für Erschwernisse, andere abgabepflichtige Lohnbestandteile, andere nicht abgabepflichtige Lohnbestandteile, direkte Lohnnebenkosten, umgelegte Lohnnebenkosten und andere lohngebundene Kosten zur Herleitung des Mittellohns eingerechnet. In ihrem K7-Blatt ist keine Berücksichtigung der Ein- und Ausfahrzeiten in den Tunnel erkennbar. (Formblätter K3 und K7 im Angebot der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin setzt in dem Formblatt K4 den Preis für Betonstahl B550B ab Lieferer in vergleichbarer Höhe wie die Antragstellerin an. Der Materialpreis im Formblatt K4 ist entsprechend hergeleitet. Der Positionspreis setzt sich im Formblatt K7 aus Lohn und Sonstiges sowie dem Gesamtzuschlag zusammen, bei dem sämtliche Nebenleistungen berücksichtigt sind. (Formblätter K4 und K7 im Angebot der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.11 Die Antragstellerin hat mit ihrem Angebot nur ein gefordertes K3-Blatt vorgelegt. Aus der Kalkulation des Mittellohnpreises für Arbeiten unter Tage ergibt sich, dass sie den Lohn für weniger Mitarbeiter mit mehr Wochenstunden als die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin kalkuliert hat. Der Durchschnittslohn ist nach dem Kollektivvertrag für die Bauindustrie und das Baugewerbe berechnet und setzt sich aus den nach dem vorgesehenen Einsatz von Mitarbeitern unterschiedlicher Beschäftigungsgruppen zu bezahlenden Mindestlohn zusammen. Sie hat neben dem kollektivvertraglichen Mittellohn Zulagen aus Zusatzkollektivverträgen, überkollektivvertraglichen Mehrlohn, eine Aufzahlung für Mehrarbeit, eine Aufzahlung für Erschwernisse, andere nicht abgabepflichtige Lohnbestandteile, direkte Lohnnebenkosten, umgelegte Lohnnebenkosten und andere lohngebundene Kosten zur Herleitung des Mittellohns eingerechnet. In ihrem K7-Blatt ist keine Berücksichtigung der Ein- und Ausfahrzeiten in den Tunnel erkennbar. (Formblätter K3 und K7 im Angebot der Antragstellerin in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
Im Formblatt K4 setzte die Antragstellerin in dem Formblatt K4 den Preis für Betonstahl B550B ab Lieferer in vergleichbarer Höhe wie die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin an. Der Materialpreis im Formblatt K4 ist entsprechend hergeleitet. Der Positionspreis setzt sich im Formblatt K7 aus Lohn und Sonstiges sowie dem Gesamtzuschlag zusammen, bei dem sämtliche Nebenleistungen berücksichtigt sind. (Formblätter K4 und K7 im Angebot der Antragstellerin in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.12 Der Vergleich der Angebote der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin und der Antragstellerin ergibt, dass sich die kalkulierten Kosten für Betonstahl frei Lieferer in der Position 03.01.31.02.01A Betonstahl B550B nicht wesentlich unterscheiden, sie sich frei Baustelle in einer Schwankungsbreite von 4,62 %, der kalkulierte Materialpreis in einer Schwankungsbreite von 1,35 % bewegen. Es gibt auch keine auffällige Abweichung vom Schätzpreis der Auftraggeberin. Sowohl die Antragstellerin als auch die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin haben die genannte Position in der erforderlichen Menge von 677 Tonnen angeboten. (Kostenschätzung vom 17. Mai 2021 in den Unterlagen des Vergabeverfahrens; Berechnungen des Bundesverwaltungsgerichts)
1.13 Die Auftraggeberin führte eine vertiefte Angebotsprüfung durch. Da im Zuge der vertieften Angebotsprüfung Fragen auftauchten, übermittelte die Auftraggeberin dem bestgereihten Bieter, der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin, am 1. Juli 2021 einen Fragenkatalog zur Beantwortung. Am 6. Juli 2021 fand ein Aufklärungsgespräch statt, an welchem Vertreter der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin, der Ausschreibungskoordinatoren und der Auftraggeberin teilnahmen. Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin sagte zu, bis 14. Juli 2021 der Detailkalkulation entsprechende K3-Blätter nachzureichen. Zur Position 03.01.310201A Betonstahl B550B gab die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin an, in dieser Position den Stabstahl, dessen Manipulation und Verlegung kalkuliert zu haben. Auf Anfrage bestätigt der Bieter, dass Sondermatten wie ausgeschrieben in den Positionen des Vergussbetons berücksichtigt und kalkuliert wurden.
1.14 In dem Vermerk zur Prüfung der beruflichen Zuverlässigkeit der DDDD vom 31. August 2021 führt die Auftraggeberin aus:
„Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Preisabsprachen bzw. wettbewerbsbeschränkende Absprachen
Aufgrund von laufend im Rahmen von Vergabeverfahren vorgelegter Erklärungen zur beruflichen Zuverlässigkeit und Registerauskünften für Verbände ist die ÖBB-Infrastruktur AG in Kenntnis, dass gegen Unternehmen des DDDD Konzerns (wie auch gegen zahlreiche weitere Bauunternehmen) kartell- und strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Preisabsprachen bzw. wettbewerbsbeschränkende Absprachen laufen.
Da in Medienberichten gemutmaßt wurde, dass die Bundeswettbewerbsbehörde gegen Unternehmen des DDDD Konzerns im April 2021 einen Bußgeldantrag beim Kartellgericht eingebracht habe, wurde der DDDD Konzern durch die ÖBB-Infrastruktur AG mit diesen Medienberichten konfrontiert und zu einer Stellungnahme aufgefordert. Durch den DDDD Konzern wurde eingeräumt, vom Bußgeldantrag betroffen zu sein. Der DDDD Konzern nahm im Vergabeverfahren mit der ProVia ID XXXX (insbesondere mit der Nachreichung vom 02.06.2021) zum Bußgeldantrag bzw. zum Stand der kartell- und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren Stellung und übermittelte eine vertiefte Darstellung der getroffenen Selbstreinigungsmaßnahmen.
Im Vergabeverfahren mit der ProVia ID XXXX wurde die DDDD zur Stellungnahme aufgefordert, ob sich Veränderungen im bekanntgegebenen Sachverhalt oder den ergriffenen (Selbstreinigungs)maßnahmen eingestellt haben. Mit Nachreichung vom 19.08.2021 bestätigt die DDDD , dass der Sachverhalt und die mit Nachreichung vom 02.06.2021 dargestellten (Selbstreinigungs)maßnahmen unverändert sind.
Im Rahmen der Angebotsprüfung des gegenständlichen Vergabeverfahrens konnten keine Hinweise für nachteilige Absprachen oder Wettbewerbsverzerrungen festgestellt werden.
Zusammenfassend ist aus derzeitiger Sicht davon auszugehen, dass für einen Ausschluss der DDDD aufgrund von § 249 Abs. 2 Z 3 BVergG 2018 (nachteilige Abreden, Wettbewerbsverzerrung) oder § 249 Abs. 2 Z 4 BVergG 2018 (schwere berufliche Verfehlung) keine hinreichend plausiblen Anhaltspunkte oder geeigneten Nachweise vorliegen, welche darauf hindeuten, dass für ÖBB-Infra nachteilige Abreden getroffen, Wettbewerbsverzerrungen vorgenommen wurden oder eine schwere berufliche Verfehlungen begangen wurde. Der Wille des DDDD Konzerns seine berufliche Zuverlässigkeit durch eine breite Anzahl an Maßnahmen zu gewährleisten, ist hierbei zu unterstreichen.“
1.15 Die Auftraggeberin verfasste den Angebotsprüfbericht vom 1. September 2021, in dem sie vorschlug, den Zuschlag der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin zu erteilen. Zur Beurteilung der Zuverlässigkeit der DDDD verweist der Angebotsprüfungsbericht auf den Vergabeakt. Zur Kostenschätzung führt der Angebotsprüfungsbericht aus, dass das Angebot der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin 92 % des Kostenschlags, jenes der Antragstellerin 99 % des Kostenschlags beträgt. Es ist eine vertiefte Angebotsprüfung des Angebots der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin dokumentiert. In diesem Zusammenhang stellt die Auftraggeberin fest, dass es keine Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten hinsichtlich wettbewerbswidriger Absprachen gebe. Zu dem Bietergespräch am 6. Juli 2021 ist zusammenfassend festgehalten, dass die Antworten des Bieters als vollständig, plausibel und betriebswirtschaftlich nachvollziehbar angesehen werden können, und für die Detailbewertung auf die Beilage 1 verwiesen wird. Zusammenfassend führt der Angebotsprüfungsbericht aus, dass nach durchgeführter Angebotsprüfung, unter Berücksichtigung aller Umstände und Aspekte sowie der abgegebenen Erklärungen, der Angebotspreis des in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängers als angemessen und plausibel zusammengesetzt zu beurteilen ist. In der Beilage zum Angebotsprüfungsbericht führt die Auftraggeberin zur Aufklärung der Position Betonstahl aus, dass die Antwort des Bieters nachvollziehbar und ausreichend ist. (Mail der Auftraggeberin an die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin vom 1. Juli 2021, Protokoll des Aufklärungsgesprächs vom 6. Juli 2021, Prüfbericht der Auftraggeberin, Vergabeakt, alle in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.16 Am 13. September 2021 teilte die Auftraggeberin die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin im Wege der Vergabeplattform mit. Die an die Antragstellerin ergangene Zuschlagsentscheidung lautet wie folgt:
„…
Sehr geehrte Damen und Herren,
gem. Bundesvergabegesetz in der geltenden Fassung teilen wir Ihnen mit, dass wir beabsichtigen, den Zuschlag im Vergabeverfahren
ID-Nr.: XXXX
St. Andrä – Aich, 2. Stufe; Bau
BL50.6 Einbau FF GTT wie nachfolgend angeführt zu erteilen:
mit einem Gesamtpreis von 10.957.791,10 € (netto) an:
Bietergemeinschaft bestehend aus
CCCC , Bahnbau und Ausrüstung
DDDD ,
per Adresse XXXX Die Stillhaltefrist endet am 23.09.2021 um 24:00 Uhr.
Die Begründung zur Zuschlagsentscheidung finden Sie unterhalb.
Mit freundlichen Grüßen
ÖBB-Infrastruktur AG
…“
(Zuschlagsentscheidung in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.17 Das Vergabeverfahren befindet sich im Stadium nach Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung. Die Auftraggeberin hat weder das Vergabeverfahren widerrufen noch den Zuschlag erteilt. (Angaben der Auftraggeberin; Unterlagen des Vergabeverfahrens).
1.18 Die Antragstellerin bezahlte € 9.723 an Pauschalgebühren. (Verfahrensakt)
2. Beweiswürdigung
2.1 Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann. Die Echtheit und Richtigkeit von in den Schriftsätzen herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Aussagen in der mündlichen Verhandlung wurden nur so weit herangezogen, als sie unbestritten geblieben sind. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf. Der herangezogene Kollektivvertrag und die ÖNORM B 2061 können unter den Verfahrensparteien als bekannt vorausgesetzt werden, sodass dazu kein Parteiengehör notwendig war. Das ergibt sich nicht zuletzt daraus, dass der Kollektivvertrag von den Verfahrensparteien selbst argumentativ herangezogen und erörtert wurde und die ÖNORM in der Ausschreibung als verbindlich festgelegt wurde und auch in der Bauwirtschaft einen verbreiteten Standard darstellt.
2.2 Dass die Kartellstrafe noch nicht rechtskräftig sein kann, ergibt sich daraus, dass die Bundeswettbewerbsbehörde in der vorgelegten Pressemeldung vom 30. September 2021 erst das Einbringen eines Bußgeldantrags ankündigte und daher zu diesem Zeitpunkt das kartellgerichtliche Verfahren noch nicht eingeleitet sein konnte.
2.3 Feststellungen über den Inhalt der Angebote und kalkulatorische Details konnten nur sehr im Überblick wiedergegeben werden, weil es sich dabei um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handelt, in die zwar das Bundesverwaltungsgericht uneingeschränkt Einsicht nehmen kann, bei der Wiedergabe jedoch an den Maßstab des § 17 Abs 3 AVG iVm § 333 BVergG 2018 gebunden ist, der den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vorsieht. Auch wenn der Grundsatz des fairen Verfahrens gemäß Art 6 EMRK und Art 47 GRC grundsätzlich einen uneingeschränkten Zugang zu allen entscheidungsrelevanten Informationen für alle Verfahrensparteien gebietet, ist der doch im Sinne des Urteils Varec auszulegen, das in Abwägung zwischen dem Grundsatz des fairen Verfahrens und dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen als Ausprägung des Rechts auf Privat- und Familienleben nach Art 8 EMRK und Art 7 GRC eine Einschränkung dieses Zugangs erlaubt. Inhaltlich müssen zwar alle entscheidungsrelevanten Informationen der Entscheidung zu entnehmen sein, es muss aber nicht jede Einzelheit enthalten sein.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1 Anzuwendendes Recht
3.1.1 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes – BVwGG, BGBl I 2013/10 idF BGBl I 2021/87, lauten:
„Einzelrichter
§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.“
3.1.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2021/109, lauten:
„Anwendungsbereich
§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.
…
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) …“
3.1.3 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018), BGBl I 2018/65 idF BGBl II 2019/91, lauten:
„Öffentliche Auftraggeber als Sektorenauftraggeber
§ 167. Soweit ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 4 Abs. 1 eine Sektorentätigkeit (§§ 170 bis 175) ausübt, ist er Sektorenauftraggeber (öffentlicher Sektorenauftraggeber).
…
Verkehrsleistungen
§ 172. (1) Sektorentätigkeiten im Verkehrsbereich sind die Bereitstellung oder das Betreiben von Netzen zur Versorgung der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen per Eisenbahn, mit automatischen Systemen, Straßenbahn, Bus, Oberleitungsbus oder Seilbahn.
(2) Im Verkehrsbereich liegt ein Netz vor, wenn die Verkehrsleistung gemäß den von einer zuständigen Behörde festgelegten Bedingungen erbracht wird; dazu gehören die Festlegung der Strecken, der Transportkapazitäten und der Fahrpläne.
…
Grundsätze des Vergabeverfahrens
§ 193. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an geeignete Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.
(2) …
Allgemeine Bestimmungen über Bewerber und Bieter
§ 194. (1) …
(2) Arbeitsgemeinschaften und Bietergemeinschaften können Angebote oder Teilnahmeanträge einreichen, sofern nicht in der Ausschreibung aus sachlichen Gründen die Teilnahme oder die Bildung von Arbeits- oder Bietergemeinschaften für unzulässig erklärt wurde. Der Sektorenauftraggeber kann ferner in der Ausschreibung aus sachlichen Gründen eine allfällige Beschränkung der Mitgliederanzahl oder der Zusammensetzung von Arbeits- oder Bietergemeinschaften vorsehen. Der Sektorenauftraggeber darf Arbeits- oder Bietergemeinschaften nicht verpflichten, zwecks Einreichens eines Angebotes oder eines Teilnahmeantrages eine bestimmte Rechtsform anzunehmen. Der Sektorenauftraggeber kann jedoch von einer Arbeits- oder Bietergemeinschaft verlangen, dass sie eine bestimmte Rechtsform annimmt, wenn ihr der Zuschlag erteilt worden ist, sofern dies für die ordnungsgemäße Durchführung des Auftrages erforderlich ist. Arbeitsgemeinschaften und Bietergemeinschaften sind als solche parteifähig zur Geltendmachung der ihnen durch dieses Bundesgesetz eingeräumten Rechte. Im Auftragsfall schulden Bietergemeinschaften als Arbeitsgemeinschaften dem Sektorenauftraggeber die solidarische Leistungserbringung.
(3) …
Ausschlussgründe
§ 249. (1) …
(2) Der Sektorenauftraggeber kann – unbeschadet der Abs. 4 bis 6 – einen Unternehmer jederzeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließen, wenn1. …3. der Sektorenauftraggeber über hinreichend plausible Anhaltspunkte dafür verfügt, dass der Unternehmer mit anderen Unternehmern für den Sektorenauftraggeber nachteilige Abreden getroffen hat, die gegen die guten Sitten verstoßen, oder mit anderen Unternehmern Abreden getroffen hat, die auf eine Verzerrung des Wettbewerbes abzielen, oder4. der Unternehmer im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung, insbesondere gegen Bestimmungen des Arbeits-, Sozial- oder Umweltrechtes, begangen hat, die vom Sektorenauftraggeber auf geeignete Weise nachgewiesen wurde, oder5. …
Legt der Sektorenauftraggeber fest, dass der Unternehmer bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes gemäß den Z 3, 4, 6, 7, 9 oder 10 von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen ist, so hat er einen Unternehmer, der keine natürliche Person ist, von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließen, wenn diese Ausschlussgründe in Bezug auf eine Person erfüllt sind, die Mitglied im Leitungs- oder Aufsichtsorgan des Unternehmers ist.
(3) Der öffentliche Sektorenauftraggeber hat – unbeschadet der Abs. 4 bis 6 – einen Unternehmer jederzeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn dieser einen der in Abs. 2 angeführten Ausschlussgründe erfüllt.
(4) …
Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung
§ 250. Unbeschadet des § 194 Abs. 1 muss die Eignung spätestens1. beim offenen Verfahren zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung,2. …
Eigenerklärung, Verlangen der Nachweise durch den Sektorenauftraggeber
§ 251. (1) Der Sektorenauftraggeber hat festzulegen, mit welchen Nachweisen ein Unternehmer, der an einem Vergabeverfahren teilnimmt, seine1. berufliche Befugnis,2. berufliche Zuverlässigkeit,3. finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie4. technische Leistungsfähigkeit
zu belegen hat. Nachweise dürfen nur so weit festgelegt werden, wie es durch den Gegenstand des Auftrages sachlich gerechtfertigt ist. Falls erforderlich und sofern dies sachlich gerechtfertigt ist, kann der Sektorenauftraggeber besondere Festlegungen treffen, wie Arbeits- und Bietergemeinschaften die Anforderungen an die Eignung zu erfüllen haben.
(2) …
(6) Ein Unternehmer muss im Oberschwellenbereich jene Nachweise nicht vorlegen, die dem Sektorenauftraggeber bereits in einem früheren Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorgelegt wurden und geeignet sind, die Eignung nachzuweisen. Der Sektorenauftraggeber kann zum Zweck der Verwaltung und Wiederverwendung der solcherart vorgelegten Nachweise eine Datenbank einrichten.
(7) …
Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit
§ 253. (1) Der Sektorenauftraggeber hat Nachweise für die Darlegung der beruflichen Zuverlässigkeit gemäß § 251 Abs. 1 Z 2 festzulegen, die belegen, dass in Bezug auf den Unternehmer kein Ausschlussgrund vorliegt.
(2) …
Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit
§ 254. (1) Der Sektorenauftraggeber hat der Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit des Unternehmers insbesondere die gemäß § 253 Abs. 1 bzw. 2 verlangten Nachweise und die gemäß § 253 Abs. 3 eingeholten Auskünfte zugrunde zu legen. Ergibt sich aus diesen Bescheinigungen, dass eine rechtskräftige Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung im Sinne des § 249 Abs. 1 oder 2 Z 5 lit. a vorliegt oder erlangt der Sektorenauftraggeber auf andere Weise von einem solchen Urteil, einer solchen Verfehlung oder vom Vorliegen eines Ausschlussgrundes gemäß § 248 Abs. 1 oder § 249 Abs. 1 oder 2 nachweislich Kenntnis, so ist der Unternehmer mangels Zuverlässigkeit vom Vergabeverfahren auszuschließen, es sei denn, die Voraussetzungen des § 249 Abs. 4 bis 6 liegen vor oder der Unternehmer macht glaubhaft, dass er trotz des Vorliegens eines Ausschlussgrundes zuverlässig ist.
(2) Zur Glaubhaftmachung im Sinne des Abs. 1 letzter Satz hat der Unternehmer darzulegen, dass er konkrete technische, organisatorische, personelle oder sonstige Maßnahmen getroffen hat, die geeignet sind, das nochmalige Begehen der betreffenden strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen zu verhindern. Der Unternehmer hat nachzuweisen, dass er folgende Maßnahmen getroffen hat:1. er einen Ausgleich für jeglichen durch eine Straftat oder eine Verfehlung gegebenenfalls verursachten Schaden gezahlt oder sich zur Zahlung eines Ausgleiches verpflichtet hat,2. er umfassend durch eine aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden an der Klärung aller Tatsachen und Umstände betreffend die Straftat oder Verfehlung mitgewirkt hat, und3. er effektive Maßnahmen wiea) die Einführung eines qualitativ hochwertigen Berichts- und Kontrollwesens, oderb) die Einschaltung eines Organes der inneren Revision zur regelmäßigen Überprüfung der Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften, oderc) die Einführung von internen Haftungs- und Schadenersatzregelungen zur Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften
gesetzt hat.
(3) Der Sektorenauftraggeber hat die vom Unternehmer ergriffenen Maßnahmen zu prüfen und bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit insbesondere die vom Unternehmer gesetzten Maßnahmen in ein Verhältnis zur Anzahl und zur Schwere der begangenen strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen zu setzen. Bei der Beurteilung der Schwere der rechtskräftigen Bestrafung gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG ist insbesondere die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer und die Dauer der illegalen Beschäftigung und bei der Beurteilung der Schwere der rechtskräftigen Bestrafung gemäß den §§ 28 oder 29 LSD-BG ist insbesondere das Ausmaß der Unterentlohnung zu berücksichtigen. Liegen mehr als zwei rechtskräftige Bestrafungen gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG oder gemäß den §§ 28 oder 29 LSD-BG vor oder erfolgten zwei rechtskräftige Bestrafungen innerhalb der letzten zwölf Monate, ist ein strengerer Maßstab anzulegen. Erachtet der Sektorenauftraggeber die Maßnahmen des Unternehmers als unzureichend, so hat er diese Entscheidung gegenüber dem Unternehmer zu begründen.
(4) Ein Unternehmer, der durch eine rechtskräftige Entscheidung eines Gerichtes einer anderen Vertragspartei des EWR-Abkommens von der Teilnahme an Vergabeverfahren ausgeschlossen wurde, kann während des in dieser Entscheidung festgelegten Ausschlusszeitraumes seine Zuverlässigkeit nicht gemäß Abs. 2 und 3 glaubhaft machen.
(5) Hat ein Unternehmer, bei dem ein Ausschlussgrund gemäß den §§ 248 oder 249 vorliegt, keine oder nur unzureichende Maßnahmen gemäß Abs. 2 und 3 ergriffen, so darf er – unbeschadet des Abs. 4 –1. bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes gemäß § 249 Abs. 1 höchstens für den Zeitraum von fünf Jahren ab dem Tag der rechtskräftigen Verurteilung oder2. bei Vorliegen eines sonstigen vom Sektorenauftraggeber vorgesehenen Ausschlussgrundes höchstens für den Zeitraum von drei Jahren ab dem betreffenden Ereignis
von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.
…
Einhaltung arbeits-, sozial- und umweltrechtlicher Bestimmungen
§ 264. (1) Bei allen in Österreich durchzuführenden Vergabeverfahren sind die sich aus den Übereinkommen Nr. 29, 87, 94, 95, 98, 100, 105, 111, 138, 182 und 183 der Internationalen Arbeitsorganisation ergebenden Verpflichtungen einzuhalten.
(2) Der Sektorenauftraggeber hat in der Ausschreibung vorzusehen, dass die Erstellung des Angebotes für in Österreich zu erbringende Leistungen unter Berücksichtigung der in Österreich geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Rechtsvorschriften (insbesondere des ASchG, des AZG, des ARG, des AVRAG, des AÜG, des LSD-BG, des BGStG, des BEinstG und des GlBG), der einschlägigen Kollektivverträge sowie der in Österreich geltenden umweltrechtlichen Rechtsvorschriften zu erfolgen hat und dass sich der Bieter verpflichtet, bei der Durchführung des Auftrages in Österreich diese Vorschriften einzuhalten. Diese Vorschriften sind bei der für die Ausführung des Auftrages örtlich zuständigen Gliederung der gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zur Einsichtnahme durch interessierte Bieter und Bewerber bereitzuhalten. Hierauf ist in den Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich hinzuweisen.
…
Allgemeine Bestimmungen
§ 292. (1) Der Bieter hat sich bei der Erstellung des Angebotes an die Ausschreibungsunterlagen zu halten.
(2) …
Vorgehen bei der Prüfung der Angebote
§ 299. (1) Die Prüfung und Beurteilung eines Angebotes ist nur solchen Personen zu übertragen, welche die fachlichen Voraussetzungen hierfür erfüllen. Erforderlichenfalls sind unbefangene und von den Bietern unabhängige Sachverständige beizuziehen.
(2) Die Prüfung der Angebote erfolgt in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien.
(3) Bei Angeboten, die für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommen, ist im Einzelnen zu prüfen:1. ob den in § 193 Abs. 1 angeführten Grundsätzen entsprochen wurde;2. …4. die Angemessenheit der Preise;5. ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht, insbesondere ob es formrichtig und vollständig ist.
(4) Die Prüfung der Angebote ist so zu dokumentieren, dass alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände nachvollziehbar sind.
Prüfung der Angemessenheit der Preise und vertiefte Angebotsprüfung
§ 300. (1) Die Angemessenheit der Preise ist in Bezug auf die ausgeschriebene oder alternativ angebotene Leistung und unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sie zu erbringen sein wird, zu prüfen.
(2) Der Sektorenauftraggeber muss Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen, wenn1. Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen, oder2. begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen bestehen.
…
Ausscheiden von Angeboten
§ 302. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Sektorenauftraggeber aufgrund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:1. …2. Angebote von Bietern, deren Eignung nicht gegeben ist, oder3. Angebote, die eine – durch eine Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen, oder4. …5. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ-, Varianten- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, oder6. …
(2) …
(3) Der Sektorenauftraggeber hat den Bieter vom Ausscheiden seines Angebotes unter Angabe des Grundes zu verständigen.
…
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes
§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.
Senatszuständigkeit und -zusammensetzung
§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.
(2) …
Anzuwendendes Verfahrensrecht
§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.
Zuständigkeit
§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.
(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.
(3) …
Einleitung des Verfahrens
§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
(2) …
Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers
§ 347. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist und2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.
(2) …“
3.1.4 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes gegen Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz 2005 – KartG 2005), BGBl I 2005/61 idF BGBl I 2021/176, lauten:
„Kartellverbot
§ 1. (1) Verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmern, Beschlüsse von Unternehmervereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (Kartelle).
(2) Nach Abs. 1 sind insbesondere verboten1. die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;2. die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen;3. die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;4. …
(3) Die nach Abs. 1 verbotenen Vereinbarungen und Beschlüsse sind nichtig.
(4) Einem Kartell im Sinn des Abs. 1 stehen Empfehlungen zur Einhaltung bestimmter Preise, Preisgrenzen, Kalkulationsrichtlinien, Handelsspannen oder Rabatte gleich, durch die eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt wird (Empfehlungskartelle). Ausgenommen sind Empfehlungen, in denen ausdrücklich auf ihre Unverbindlichkeit hingewiesen wird und zu deren Durchsetzung wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Druck weder ausgeübt werden soll noch ausgeübt wird.
Ausnahmen
§ 2. (1) Vom Verbot nach § 1 sind Kartelle ausgenommen, die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne dass den beteiligten Unternehmerna) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind, oderb) Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.
Die Verbraucher sind auch dann angemessen beteiligt, wenn der Gewinn, der aus der Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder der Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts entsteht, zu einer ökologisch nachhaltigen oder klimaneutralen Wirtschaft wesentlich beiträgt.
(2) Jedenfalls vom Verbot nach § 1 ausgenommen sind die folgenden Kartelle:1. Kartelle, an denen Unternehmer beteiligt sind, die zueinander im Wettbewerb stehen und gemeinsam am relevanten Markt einen Anteil von nicht mehr als 10 % haben, oder Kartelle, an denen Unternehmer beteiligt sind, die nicht miteinander im Wettbewerb stehen und die jeweils am relevanten Markt einen Anteil von nicht mehr als 15 % haben, sofern sie in beiden Fällen weder die Festsetzung der Verkaufspreise, die Einschränkung der Erzeugung oder des Absatzes noch die Aufteilung der Märkte bezwecken (Bagatellkartelle);2. …
Wirtschaftliche Betrachtungsweise
§ 20. Für die Beurteilung eines Sachverhalts nach diesem Bundesgesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts maßgebend.“
3.1.5 Die maßgeblichen Bestimmungen des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union – AEUV, lauten:
„Artikel 101
(ex-Artikel 81 EGV)
(1) Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, insbesondere
a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;
b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen;
c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;
d) …
(2) Die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig.
(3) Die Bestimmungen des Absatzes 1 können für nicht anwendbar erklärt werden auf
— Vereinbarungen oder Gruppen von Vereinbarungen zwischen Unternehmen,
— Beschlüsse oder Gruppen von Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen,
— aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen oder Gruppen von solchen,
die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne dass den beteiligten Unternehmen
a) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind, oder
b) Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.“
3.2 Formale Voraussetzungen
3.2.1 Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
3.2.1.1 Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist die ÖBB-Infrastruktur AG. Es handelt es sich um eine öffentliche Auftraggeberin gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BVergG 2018. Da sie die Sektorentätigkeit der Bereitstellung eines Netzes zur Versorgung der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen per Eisenbahn gemäß § 172 Abs 1 BVergG 2018 ausübt, handelt es sich um eine öffentliche Sektorenauftraggeberin gemäß § 167 BVergG 2018. (zB BVwG 30. 5. 2016, W187 2121663-2/41E; 1. 7. 2020, W187 2231549-2/21E; 14. 10. 2020, W139 2233092-1/25E). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um einen Bauauftrag gemäß §§ 5 iVm 177 BVergG 2018. Der geschätzte Auftragswert des Gesamtvorhabens liegt über dem relevanten Schwellenwert des § 185 Abs 1 Z 3 BVergG 2018, sodass gemäß § 185 Abs 1 BVergG 2018 ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.
3.2.1.2 Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG 2018. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 327 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit c B-VG ist sohin gegeben.
3.2.1.3 Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs 2 Z 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen der Auftraggeberin zuständig.
3.2.2 Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages
3.2.2.1 Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen. Der Nachprüfungsantrag wurde rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 344 Abs 1 BVergG 2018 geforderten Inhalte.
3.2.2.2 Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass der Nachprüfungsantrag gemäß § 342 Abs 1 BVergG 2018 zulässig ist, wobei auch kein Grund für seine Unzulässigkeit gemäß § 344 Abs 2 BVergG 2018 hervorgekommen ist. Die Pauschalgebühr wurde bezahlt.
3.3 Zu Spruchpunkt A) –Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung
3.3.1 Vorbemerkungen
3.3.1.1 Die Antragstellerin beantragt die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung im Wesentlichen, weil die Bildung der Bietergemeinschaft der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin gegen § 1 KartG verstoße und damit eine für den Auftraggeber nachteilige Absprache darstelle, die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin die Zeit für das Ein- und Ausfahren in den Tunnel entgegen den Bestimmungen des Kollektivvertrags für die Bauindustrie und das Baugewerbe nicht in die Lohnkosten eingerechnet habe und sie den Betonstahl zu billig angeboten habe.
Die Auftraggeberin hält die Bildung der Bietergemeinschaft für vergaberechtlich zulässig und kann weder bei der Kalkulation der Lohnkosten noch bei dem Angebot über den Betonstahl Auffälligkeiten erkennen.
Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin hält die Bildung der Bietergemeinschaft nicht zuletzt wegen der Synergieeffekte mit anderen Baulosen des gegenständlichen Bauvorhabens für zulässig und gibt an, die Zeit für das Ein- und Ausfahren in den Tunnel kalkuliert zu haben, und den volatilen Preis für Betonstahl zu einem angemessenen Preis angeboten zu haben.
3.3.1.2 Festzuhalten ist, dass die Ausschreibungsunterlagen und alle anderen Festlegungen in diesem Vergabeverfahren nicht rechtzeitig angefochten wurden und daher bestandsfest sind (VwGH 17. 6. 2014, 2013/04/0029). Alle am Vergabeverfahren Beteiligten sind daran gebunden (st Rspr zB VwGH 22. 3. 2019, Ra 2017/04/0038; 14. 4. 2011, 2008/04/0065). Das Bundesverwaltungsgericht kann allfällige Rechtswidrigkeiten der bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen nicht mehr aufgreifen (VwGH 17. 6. 2014, 2013/04/0029). Das gilt auch für alle anderen Festlegungen der Auftraggeberin im Zuge des Vergabeverfahrens.
3.3.1.3 Die Ausschreibungsunterlagen und alle anderen Festlegungen und Erklärungen sind nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen (st Rspr zB VwGH 18. 3. 2015, Ra 2015/04/0017; 15. 3. 2017, Ra 2014/04/0052). Auf den vermuteten Sinn und Zweck der Ausschreibungsunterlagen kommt es nicht an (VwGH 1. 2. 2017, Ro 2016/04/0054). Im Zweifel sind Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen (st Rspr zB VwGH 9. 9. 2015, Ra 2014/04/0036). Gleiches gilt für die Willenserklärungen der Bieter (st Rspr zB VwGH 22. 11. 2011, 2006/04/0024; 27. 10. 2014, 2012/04/0066). Die Festlegungen sind für alle am Vergabeverfahren Beteiligten bindend (zB EuGH 22. 6. 1993, C-243/89, Kommission/Dänemark – Brücke über den „Storebælt“ Rn 39, Slg 1993, I-3353; 2. 6. 2016, C-27/15, Pippo Pizzo, Rn 39 mwN; VwGH 7. 9. 2009, 2007/04/0090). Allfällige Rechtswidrigkeiten können auch von der Vergabekontrollbehörde nicht mehr aufgegriffen werden (zB VwGH 7. 11. 2005, 2003/04/0135; 27. 6. 2007, 2005/04/0234). Die Ausschreibungsunterlagen sind der gegenständlichen Ausscheidensentscheidung zugrunde zu legen (zB VwGH 7. 9. 2009, 2007/04/0090 mwN; 14. 4. 2011, 2008/04/0065). Es ist von einer strengen Bindung an die Ausschreibungsunterlagen auszugehen (VwGH 20. 5. 2010, 2007/04/0072; BVwG 16. 4. 2014, W187 2003334-1/25E), andernfalls ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliegen würde (zB EuGH 22. 6. 1993, C-243/89, Kommission/Dänemark – Brücke über den „Storebælt“, Rn 37, Slg 1993, I-3353; BVA 28. 11. 2008, N/0131-BVA/12/2008-29).
3.3.1.4 Die Beurteilung der Angebote erfolgt in erster Linie anhand der bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen (zB EuGH 10. 10. 2013, C-336/12, Manova, Rn 42 mwN; 2. 6. 2016, C-27/15, Pippo Pizzo, Rn 36 mwN; 11. 5. 2017, C-131/16, Archus und Gama, Rn 33; VwGH 18. 9. 2019, Ra 2018/04/0007; 15. 3. 2017, Ra 2014/04/0052; BVwG 26. 3. 2014, W187 2001000-1/30E). Das über Ausschreibungsunterlagen Gesagte gilt ebenso für alle anderen Festlegungen des Auftraggebers im Zuge des Vergabeverfahrens (BVwG 1. 8 .2014, W187 2008946-1/23E). Damit ist der objektive Erklärungswert der Ausschreibungsunterlagen und aller anderen Erklärungen zu ermitteln.
3.3.1.5 Ein Bieter ist gemäß § 292 Abs 1 BVergG 2018 verpflichtet, sich bei der Erstellung des Angebots an die Vorgaben der Ausschreibungsunterlagen zu halten. Das betrifft sowohl den Inhalt des Angebots als auch seine Form. Das Angebot muss gemäß § 126 Abs 4 BVergG 2018 vollständig sein, dh insbesondere alle geforderten Angaben enthalten und insbesondere alle verlangten Angebotsbestandteile, Nachweise und Beilagen enthalten. Dabei ist auf die konkrete Ausschreibung abzustellen (BVwG 15. 2. 2021, W187 2237702-2/26E).
3.3.1.6 Der Auftraggeber hat gemäß § 192 Abs 1 BVergG 2018 Vergabeverfahren ua nach dem Grundsatz des freien und lauteren Wettbewerbs zu führen. Diese Verpflichtung richtet sich an den Auftraggeber (VwGH 18. 6. 2012, 2010/04/0011, VwSlg 18.434 A/2012). Der Auftraggeber hat gemäß § 302 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 ein Angebot auszuscheiden, wenn die Eignung des Bieters nicht gegeben ist. Der Auftraggeber kann den Ausscheidenstatbestand nicht nur heranziehen, wenn er selbst davon betroffen ist (C. Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann [Hrsg] BVergG 2018 [2020] § 78 Rz 92). Der Ausscheidenstatbestand richtet die entsprechende Pflicht an den Bieter (VwGH 18. 6. 2012, 2010/04/0011, VwSlg 18.434 A/2012). Die Eignung ist ua dann nicht gegeben, wenn der Bieter auszuschließen ist. Gemäß § 249 Abs 2 Z 3 BVergG 2018 kann der Sektorenauftraggeber einen Bieter ausschließen, wenn er über hinreichend plausible Anhaltspunkte dafür verfügt, dass der Unternehmer mit anderen Unternehmern für den Sektorenauftraggeber nachteilige Abreden getroffen hat, die gegen die guten Sitten verstoßen, oder mit anderen Unternehmern Abreden getroffen hat, die auf eine Verzerrung des Wettbewerbes abzielen. Gemäß § 249 Abs 3 BVergG 2018 muss ein öffentlicher Sektorenauftraggeber einen Bieter ausschließen, wenn einer der Ausschlussgründe des § 249 Abs 2 BVergG 2018 vorliegt. Der Auftraggeber muss die schwere Verfehlung objektivierbar nachweisen (VwGH 18. 3. 2009, 2007/04/0234), wovon nur abgesehen werden kann, wenn der Unternehmer diese zumindest implizit selbst zuerkannt hat (VwGH 8. 10. 2010, 2009/04/0214). Der Begriff der Abrede umfasst nicht nur ausdrückliche (und schlüssige) Vereinbarungen zwischen Unternehmern, sondern auch Beschlüsse von Unternehmervereinigungen und vor allem aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmern, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken. Es kommt für das Vorliegen des Ausschlusstatbestands nach § 249 Abs 2 Z 3 BVergG 2018 darauf an, ob das Wettbewerbsergebnis auf Grund der Abrede für den öffentlichen Auftraggeber tatsächlich oder möglicherweise ungünstiger ausfallen könnte, und die darauf aufbauende Argumentation, selbst eine vermeintliche Abrede hätte im Beschwerdefall keine Auswirkung, da das Angebot unbestritten günstiger gewesen sei als jenes der Mitbewerber, vermag daran nichts zu ändern (BVwG 19. 12. 2014, W187 2011321-2/32E). Das BVergG 2018 untersagt die Bildung von Bietergemeinschaften nicht grundsätzlich, sondern trifft spezielle Regelungen dafür, was den Schluss zulässt, dass sie bei Einhaltung der allgemeinen Grundsätze, insbesondere des freien und lauteren Wettbewerbs, vergaberechtlich zulässig sind. Die Bildung einer Bietergemeinschaft kann jedoch eine wettbewerbswidrige Abrede darstellen (BVA 2. 12. 2008, N/0134-BVA/06/2008-55, N/0146-BVA/06/2008-17), etwa bei gemeinsamer Abdeckung eines Marktanteils von 99 % (BVA 30. 11. 2010, N/0037-BVA/13/2010-108). Dass jedes Unternehmen auch alleine ein Angebot hätte abgeben können, zeigt noch keine nach dem BVergG 2018 aufzugreifende Wettbewerbswidrigkeit auf (BVwG 11. 8. 2020, W120 2232000-2/49E). Auch der Umstand, dass die beteiligten Unternehmer erst durch die Zusammenarbeit in die Lage versetzt werden, ein erfolgversprechendes Angebot abzugeben bzw nur dieses Vorgehen kaufmännisch vernünftig ist, kann die Bildung einer Bietergemeinschaft rechtfertigen (Fink/Hofer in Heid/Preslmayr [Hrsg], Handbuch Vergaberecht4 [2015] Rz 1573). Die Bildung einer Bietergemeinschaft kann auch durch Zweckmäßigkeit gerechtfertigt sein (Gölles in Gölles [Hrsg], BVergG 2018 [2019] § 78 Rz 22). Abreden, die gegen den Grundsatz des Wettbewerbes oder gegen die guten Sitten verstoßen, sind per se für den Auftraggeber nachteilig (VwGH 31. 1. 2013, 2010/04/0070). Der Bieter muss nicht verurteilt sein, es genügt, dass der Auftraggeber hinlänglich plausible Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Absprache hat (C. Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann [Hrsg] BVergG 2018 [2020] § 78 Rz 94). Ein Kartell iSd § 1 KartG 2005 stellt jedenfalls eine solche Abrede dar, wenn kein Ausnahmetatbestand des KartG 2005 vorliegt. Dass auch bei Ausschreibungen Bagatellkartelle vom Tatbestand des Kartellverbots ausgenommen sind, entspricht dem klaren Gesetzeswortlaut und der herrschenden Auffassung (OGH 2. 12. 2013, 16 Ok 6/12). Die Abgrenzung des betroffenen Markts ist eine Tatfrage (VwGH 31. 1. 2013, 2010/04/0070).
3.3.1.7 Ein Kartell gemäß § 1 Abs 1 KartG 2005 liegt vor, wenn Unternehmer Vereinbarungen treffen, die Beschlüsse von Unternehmervereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen darstellen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken. Beispielhaft nennt § 1 Abs 2 KartG 2005 die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen, die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen, die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen, die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden und die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen. Das entspricht der Definition des Art 101 Abs 1 AEUV (Gugerbauer, KartG und WettbG3 [2017] § 1 Rz 1), sodass die gleichen Auslegungsmaßstäbe anzuwenden sind (Rüffler, Kartellrechtswidrige Bietergemeinschaften im Vergabeverfahren, RPA 2009, 288). Verträge, die gegen dieses Verbot verstoßen, sind gemäß § 1 Abs 3 KartG 2005 und Art 101 Abs 2 AEUV ex lege nichtig. § 2 Abs 1 KartG 2005 und Art 101 Abs 4 AEUV nehmen Kartelle von diesem Verbot aus, die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne dass den beteiligten Unternehmern Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind, oder Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten. Das Kartellverbot verfolgt daher das Prinzip des grundsätzlichen Verbots und der gesetzlich geregelten Ausnahme von diesem Verbot (T. Gruber/Keznickl, Auswirkungen des KartG 2005 und des BVergG 2006 auf Arbeits- und Bietergemeinschaften, ZVB 2006/21).
Bei der Beurteilung des Verstoßes gegen § 1 Abs 1 KartG 2005 stellt sich vorerst die Frage nach der Abgrenzung des relevanten Marktes. In diesem Zusammenhang kommt in der Regel das Bedarfsmarktkonzept zur Anwendung, das im Wesentlichen auf die funktionelle Austauschbarkeit der Produkte oder Dienstleistungen aus Sicht der Marktgegenseite abstellt. Weiters ist wesentlich, ob die beteiligten Unternehmen aktuelle oder potentielle Wettbewerber sind. Dabei ist primär auf die in den Ausschreibungsunterlagen enthaltenen objektivierbaren Anforderungen abzustellen (Cavada/Ivanova, Arbeitsgemeinschaften und Kartellrecht, ecolex 2020, 996).
Zu prüfen ist daher zuerst, ob die Bildung der Bietergemeinschaft eine Beschränkung des Wettbewerbs bewirkt und ob Freistellungsvoraussetzungen erfüllt sind (Eilmannsberger/Holoubek, Der öffentliche Auftraggeber als Kartellbehörde? – Zur kartellrechtlichen Überprüfung von Angeboten einer Bietergemeinschaft im Vergabeverfahren, ÖZW 2008, 2). Ob eine Wettbewerbsbeschränkung etwa durch Verringerung der Zahl der Angebote oder Ausschalten des Geheimwettbewerbs zwischen Unternehmern eintritt, ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen. Eine entsprechende Absicht der Unternehmer ist nicht erforderlich (Artmann, Zur kartellrechtlichen Beurteilung von Arbeits- oder Bietergemeinschaft – eine Replik, ecolex 2021, 236).
Speziell in Vergabeverfahren bemisst sich der ausreichende Wettbewerb durch eine Mindestanzahl von Angeboten, die mit drei bzw fünf angenommen wird (Eilmannsberger/Holoubek, Der öffentliche Auftraggeber als Kartellbehörde? – Zur kartellrechtlichen Überprüfung von Angeboten einer Bietergemeinschaft im Vergabeverfahren, ÖZW 2008, 2). Als unzulässig wird jedenfalls eine Bietergemeinschaft angesehen, in der einzelne Mitglieder den gesamten Auftrag alleine ausführen könnten, wobei Rüffler bereits ein solches Mitglied einer Bietergemeinschaft genügen lässt, um die Bietergemeinschaft als marktbeschränkend anzusehen (Rüffler, Kartellrechtswidrige Bietergemeinschaften im Vergabeverfahren, RPA 2009, 288).
Bietergemeinschaften im Baubereich sind nicht von vornherein als bezweckte Wettbewerbsbeschränkungen zu qualifizieren (Artmann, Zur kartellrechtlichen Beurteilung von Arbeits- oder Bietergemeinschaft – eine Replik, ecolex 2021, 236). Dennoch ist das Vorliegen von Freistellungsvoraussetzungen zu prüfen. Diese sind, dass die Vereinbarung zur Verbesserung der Produktion bzw des Vertriebs oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beiträgt, dh, sie führt zu Effizienzgewinnen, dass die Beschränkungen sind unerlässlich, um diese Ziele, dh die Effizienzgewinne, zu erreichen, dass Verbraucher müssen in angemessener Weise an den erwachsenden Vorteilen beteiligt werden, und dass die Vereinbarung den Parteien nicht die Möglichkeit eröffnet, für einen wesentlichen Teil der betroffenen Produkte den Wettbewerb auszuschalten (Leitlinien zur Anwendbarkeit von Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Vereinbarungen über horizontale Zusammenarbeit, ABl C 11 vom 14. 1. 2011, S 1). In der Rechtsprechung und Literatur findet sich die Aussage, dass eine Bietergemeinschaft kartellrechtlich zulässig ist, wenn ihre Bildung aus Sicht der beteiligten Unternehmen eine zweckmäßige und vernünftige Entscheidung ist (B. Müller, Kartellrechtliche Aspekte von Bieter- und Arbeitsgemeinschaften im Vergaberecht, RPA 2004, 148). Zu suchen ist die Trennlinie zwischen einem Kartell und den – zulässigen Formen – der unternehmerischen Kooperation, deren vorrangiges Ziel darin besteht, die Leistungsfähigkeit der beteiligten Unternehmen zu steigern, also den Prozess der Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen effizienter zu machen (Wollmann in Jaeger/Stöger [Hrsg], EUV/AEUV [Stand 1.11.2019, rdb.at] Art 101 AEUV Rz 148).
Die Beweislast für das Vorliegen eines verbotenen Kartells gemäß § 1 Abs 1 KartG 2005 trägt derjenige, der diesen Vorwurf erhebt. Die Beweislast für das Vorliegen einer Freistellungsvoraussetzung trägt derjenige, der sich darauf beruft (Eilmannsberger/Holoubek, Der öffentliche Auftraggeber als Kartellbehörde? – Zur kartellrechtlichen Überprüfung von Angeboten einer Bietergemeinschaft im Vergabeverfahren, ÖZW 2008, 2).
Der Maßstab des Auftraggebers im Zuge der Angebotsprüfung unterscheidet sich von jenem der Gerichte und Behörden. Dem Auftraggeber ist eine abschließende Feinprüfung des betreffenden Sachverhalts erspart (Eilmannsberger/Holoubek, Der öffentliche Auftraggeber als Kartellbehörde? – Zur kartellrechtlichen Überprüfung von Angeboten einer Bietergemeinschaft im Vergabeverfahren, ÖZW 2008, 2). Gleiches gilt für das Bundesverwaltungsgericht, das ja nur die Entscheidung des Auftraggebers nachprüft und dabei auf den Prüfungsmaßstab des Auftraggebers beschränkt bleibt. Beiden fehlen die Möglichkeiten der Untersuchung, die etwa die Bundeswettbewerbsbehörde hat.
3.3.1.8 Der Auftraggeber kann einen Unternehmer gemäß § 249 Abs 2 Z 4 BVergG 2018 von Vergabeverfahren ausschließen, wenn der Unternehmer im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit eine schwere Verfehlung, insbesondere gegen Bestimmungen des Arbeits-, Sozial- oder Umweltrechtes, begangen hat, die vom Sektorenauftraggeber auf geeignete Weise nachgewiesen wurde. Gemäß § 249 Abs 3 BVergG 2018 muss ein öffentlicher Sektorenauftraggeber bei Vorliegen eines Ausschlussgrunds gemäß § 249 Abs 2 BVergG 2018 vom Vergabeverfahren ausschließen. Zu den schweren Verfehlungen zählen auch in der Vergangenheit gelegene für den Auftraggeber nachteilige Absprachen.
3.3.1.9 Die Prüfung der Zuverlässigkeit eines Unternehmers stellt eine Prognose dar, ob der Unternehmer eine ordnungsgemäße Ausführung des Auftrags erwarten lässt (EuGH 24. 10. 2018, C-124/17, Vossloh Laeis, ECLI:EU:C:2018:855, Rn 26). Der Auftraggeber muss die Zuverlässigkeit und damit das Vorliegen von Ausschlussgründen selbst prüfen und kann nicht auf die Beurteilung eines Sachverhalts durch eine andere Stelle abstellen (EuGH 3. 10. 2019, C-267/18, Delta Antrepriză de Construcţii şi Montaj 93, ECLI:EU:C:2019:826, Rn 27). Liegt ein Ausschlussgrund vor, muss der Auftraggeber gemäß § 254 Abs 1 BVergG 2018 bei der Prüfung der Zuverlässigkeit dem Unternehmer Gelegenheit geben glaubhaft zu machen, dass er trotz des Vorliegens eines Ausschlussgrundes zuverlässig ist. Dazu muss er gemäß § 254 Abs 2 BVergG 2018 darlegen, dass er konkrete technische, organisatorische, personelle oder sonstige Maßnahmen getroffen hat, die geeignet sind, das nochmalige Begehen der betreffenden strafbaren Handlungen bzw. Verfehlungen zu verhindern (EuGH 3. 6. 2021, C-210/20, Rad Service, ECLI:EU:C:2021:445, Rn 35). Der Unternehmer hat das Recht (EuGH 11. 6. 2020, C-472/19, Vert Marine, ECLI:EU:C:2020:468, Rn 17), Selbstreinigungsmaßnahmen nachzuweisen (EuGH 14. 1. 2021, C-387/19, RTS infra und Aannemingsbedrijf Norré-Behaegel, ECLI:EU:C:2021:13, Rn 26). Der Unternehmer muss dem Auftraggeber nachweisen, dass er einen Ausgleich für jeglichen durch eine Straftat oder eine Verfehlung gegebenenfalls verursachten Schaden gezahlt oder sich zur Zahlung eines Ausgleiches verpflichtet hat, er umfassend durch eine aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden an der Klärung aller Tatsachen und Umstände betreffend die Straftat oder Verfehlung mitgewirkt hat, und effektive Maßnahmen gesetzt hat. Diese Maßnahmen können die Einführung eines qualitativ hochwertigen Berichts- und Kontrollwesens, die Einschaltung eines Organs der inneren Revision zur regelmäßigen Überprüfung der Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften oder die Einführung von internen Haftungs- und Schadenersatzregelungen zur Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften sein.
3.3.1.10 Aufträge sind gemäß § 193 Abs 1 BVergG 2018 zu angemessenen Preisen zu vergeben. Gemäß § 303 Abs 1 Z 3 BVergG 2018 sind Angebote auszuscheiden, die eine – durch eine Angebotsprüfung festgestellte – nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises, zB spekulative Preisgestaltung, aufweisen. § 300 BVergG 2018 enthält die Regelungen für die Prüfung der Angemessenheit der Preise und eine vertiefte Angebotsprüfung. Auch wenn die Vorgaben für Sektorenauftraggeber in § 300 BVergG 2018 gegenüber den Vorgaben für öffentliche Auftraggeber in § 137 BVergG 2018 reduziert sind, kann die Rechtsprechung zur vertieften Angebotsprüfung durch öffentliche Auftraggeber übertragen werden (VwGH 25. 1. 2011, 2008/04/0082). Ebenso kann die vor Einführung der Verwaltungsgerichte ergangene Rechtsprechung zur vertieften Angebotsprüfung übertragen werden (VwGH 20. 1. 2016, Ra 2015/04/0091).
3.3.1.11 Gegenstand der Prüfung ist gemäß § 300 Abs 1 BVergG 2018 die Angemessenheit der Preise für die angebotene Leistung (zB EuGH 18. 12. 2014, C-568/13, Data Medical Service, Rn 50; VwGH 22. 11. 2011, 2007/04/0201). Dabei muss der Auftraggeber alle Umstände berücksichtigen, unter denen die Leistung zu erbringen sein wird (EuGH 29. 3. 2012, C-599/10, SAG ELV Slovensko, Rn 29 f).
3.3.1.12 Die Auftraggeberin muss Aufklärung über die Positionen des Angebots verlangen und unter den in § 300 Abs 2 BVergG 2018 eine vertiefte Angebotsprüfung genannten Voraussetzungen durchführen. Diese Voraussetzungen sind, dass entweder Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen oder begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen. Maßstab dafür können die Schätzungen des Auftraggebers, Erfahrungen des Auftraggebers mit vergleichbaren Ausschreibungen, der Vergleich der Angebotspreise (VwGH 22. 6. 2011, 2011/04/0011, VwSlg 18.160 A/2011) oder Auskünfte über die Marktsituation sein, da weder die Richtlinie (EuGH 18. 12. 2014, C-568/13, Data Medical Service, Rn 49) noch das Gesetz eine bestimmte Grenze dafür enthalten. Bis etwa 5 % handelt es sich um geringe Abweichungen, bis etwa 15 % um tolerierbare Abweichungen und ab etwa 15 % um grobe Abweichungen (VwGH 22. 6. 2011, 2011/04/0011, VwSlg 18.160 A/2011, unter Berufung auf Kropik in Schramm/Aicher/Fruhmann (Hrsg), Kommentar zum Bundesvergabegesetz 2006 [1. Lfg. 2009], § 268 Rz 13). Ein Preisunterschied zu dem nächstgereihten Angebot von 10,2 % (BVA 12. 9. 2008, N/0105-BVA/02/2008-24) ist nicht als auffallend anzusehen. Die Auftraggeberin muss zwar grundsätzlich die Angemessenheit der Preise prüfen, ist jedoch nur bei Vorliegen einer der Voraussetzungen des § 300 Abs 2 BVergG 2018 verpflichtet, eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen und eine Aufklärung der Preise zu verlangen (VwGH 22. 4. 2010, 2008/04/0077). Liegt der Gesamtpreis des für den Abschluss der Rahmenvereinbarung ausgewählten Angebots nicht auffallend unter jenen der übrigen Angebote, ist die Auftraggeberin nicht gemäß § 300 Abs 2 Z 1 BVergG 2018 zur Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung verpflichtet (VwGH 13. 6. 2005, 2004/04/0090). Hat die Auftraggeberin auch nicht Anlass, an der Plausibilität von Preisen zu zweifeln, ist sie nicht gemäß § 300 Abs 2 Z 2 BVergG 2018 zur Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung verpflichtet, auch wenn ihr die vertiefte Angebotsprüfung im Rahmen der privatwirtschaftlichen Durchführung des Vergabeverfahrens offen steht (VwGH 29. 3. 2006; 2003/04/0181).
3.3.1.13 Das Verwaltungsgericht hat nicht nur zu prüfen, ob die betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit von sachkundigen Personen auf Grund ausreichend detaillierter Unterlagen geprüft worden ist. Es hat vielmehr – ebenso wie der Auftraggeber bei der vertieften Angebotsprüfung – unter Berücksichtigung der auch dem Auftraggeber zur Verfügung gestandenen Unterlagen die Preisgestaltung auf ihre betriebswirtschaftliche Erklär- und Nachvollziehbarkeit zu prüfen (zB VwGH 22. 11. 2011, 2007/04/0201 mwN). Grundlage für die Prüfung durch das Bundesverwaltungsgericht sind jene Unterlagen, die der Auftraggeberin zur Verfügung gestanden sind (zB VwGH 20. 1. 2016, Ra 2015/04/0091). Gegenstand der Prüfung sind alle Teilpreise; auf ihre Kennzeichnung oder ihren Anteil am Gesamtpreis kommt es nicht an (zB BVwG 1. 7. 2014, W187 2008224-2/5E). Eine erstmals im Nachprüfungsverfahren vorgebrachte Erklärung der Preise ist dabei unbeachtlich (VwGH 28. 9. 2011, 2007/04/0102). Es ist Sache des nationalen Richters, anhand des gesamten Akteninhalts zu überprüfen, ob die betreffenden Bewerber aufgrund der Aufforderung zur Erläuterung ihres Angebots dessen Zusammensetzung ausreichend darlegen konnten (EuGH 29. 3. 2012, C-599/10, SAG ELV Slovensko, Rn 32). Der Bieter ist zur Erklärung der Preise aufzufordern, wobei jedoch eine Neukalkulation der Preise unzulässig ist (VwGH 28. 2. 2012, 2007/04/0218). Dabei sind die gesetzlichen Vorgaben zu beachten. So ist vorerst die Angemessenheit der Preise zu prüfen. Eine vertiefte Angebotsprüfung ist nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 300 Abs 2 BVergG 2018 vorzunehmen. Da es sich um eine Plausibilitätsprüfung handelt, muss zweifellos nicht die gesamte Kalkulation des Bieters minutiös nachvollzogen, sondern nur – grob – geprüft werden, ob ein seriöser Unternehmer die angebotenen Leistungen zu den angebotenen Preisen erbringen kann (zB VwGH 22. 11. 2011, 2007/04/0201, mwN). Dabei sind aufgrund der Bindung an die Ausschreibung aus Gründen der Gleichbehandlung aller Bieter die Vorgaben der Auftraggeberin für die Kalkulation beachtlich. Auch eine nicht plausible Zusammensetzung von Teilpreisen kann zu einer nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises führen (zB VwGH 28. 9. 2011, 2007/04/0102). Allerdings muss auch das Bundesverwaltungsgericht vorerst prüfen, ob die Voraussetzungen für eine vertiefte Angebotsprüfung vorliegen.
3.3.1.14 Nach § 264 Abs 2 BVergG 2018 muss der Sektorenauftraggeber in der Ausschreibung festlegen, dass das Angebot ua unter Berücksichtigung der einschlägigen Kollektivverträge zu erstellen ist. Einschlägig ist für die aufgrund der gegenständlichen Ausschreibung zu erbringenden Leistungen der Kollektivvertrag für das Baugewerbe und die Bauindustrie vom 1. Mai 2021. Daher müssen sich die Bieter bei der Erstellung ihrer Angebote an den Kollektivvertrag für das Baugewerbe und die Bauindustrie vom 1. Mai 2021 halten. Das betrifft insbesondere die Kalkulation der Lohnkosten und die dabei zu berücksichtigenden zu entlohnenden Zeiten. Kalkuliert ein Bieter die Lohnkosten nicht entsprechend den Vorgaben des einschlägigen Kollektivvertrags, sind die Lohnkosten in dem Angebot nicht betriebswirtschaftlich erklärbar und der Auftraggeber kann – allenfalls nach Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung – sein Angebot gemäß § 302 Abs 1 Z 3 BVergG 2018, bei entsprechenden Festlegungen in der Ausschreibung auch gemäß § 302 Abs 1 Z 5 BVergG 2018 ausscheiden.
3.3.1.15 Zu prüfen ist daher, ob die Bildung der Bietergemeinschaft der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin zulässig ist, die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin die Ein- und Ausfahrzeiten bei den Lohnkosten kalkuliert hat und sie den Betonstahl zu einem angemessenen Preis angeboten hat.
3.3.2 Zum Ausschlussgrund der verbotenen Absprachen
3.3.2.1 Die DDDD hat zugestanden, dass sie einen Ausschlussgrund nach § 249 Abs 2 Z 3 BVergG 2018 der verbotenen Absprache zum Nachteil der Auftraggeberin gesetzt hat. Da einerseits die DDDD diese Absprachen zugestanden hat und andererseits dieser Umstand durch Pressemeldungen öffentlich bekannt wurde, ist er von Amts wegen zu prüfen. Die Auftraggeberin kann angesichts des Eingeständnisses der DDDD mit hinlänglicher Sicherheit davon ausgehen, dass die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin diesen Ausschlusstatbestand zumindest in den genannten Bauvorhaben erfüllt.
3.3.2.2 Die DDDD hat gemäß § 254 Abs 1 BVergG 2018 das subjektive Recht, durch den Nachweis von Selbstreinigungsmaßnahmen ihre Zuverlässigkeit für das gegenständliche Vergabeverfahren nachzuweisen.
3.3.2.3 Die Auftraggeberin hat diesen Ausschlussgrund durch Rückgriff auf ein anderes Vergabeverfahren im heurigen Jahr geprüft, was sie gemäß § 251 Abs 6 BVergG 2018 kann.
3.3.2.4 Die DDDD hat die Voraussetzungen des § 254 Abs 2 BVergG 2018 nachgewiesen, dass sie interne Maßnahmen gesetzt hat, die die Begehung gleichartiger Übertretungen in Zukunft verhindern sollen. Sie hat bei der Aufklärung der Übertretungen mit den Ermittlungsbehörden und auch bei der Prüfung des Ausschlussgrundes mit der Auftraggeberin zusammengearbeitet. Die Zahlung von Schadenersatz kam noch nicht in Frage, weil die Untersuchungen noch nicht weit genug gediehen sind, um Schadenersatzansprüche zu konkretisieren. Jedenfalls hat sie der Auftraggeberin die betroffenen Vergabeverfahren mitgeteilt. Die DDDD hat dadurch glaubhaft gemacht, dass sie Maßnahmen gesetzt hat, die sicherstellen, dass gleichartige Übertretungen in Zukunft nicht mehr geschehen werden. Sie hat damit in diesem Punkt ihre berufliche Zuverlässigkeit nachgewiesen.
3.3.3 Zur Kartellrechtswidrigkeit der Bietergemeinschaft
3.3.3.1 Die Antragstellerin bringt vor, dass die Bildung der Bietergemeinschaft der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin nach § 1 KartG 2005 unzulässig sei, weil sie den Wettbewerb auf unzulässige Art beschränke. Jeder Unternehmer für sich könne den Auftrag ausführen. Es handle sich um einen Markt wenig sehr wenig Marktteilnehmern.
Die Auftraggeberin hält die Bildung von Bietergemeinschaften für grundsätzlich zulässig.
Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin hält die Bildung von Bietergemeinschaften für grundsätzlich vergaberechtlich zulässig. Wegen zweier größerer Bauvorhaben in dieser Bietergemeinschaft in der Nähe des gegenständlichen Bauvorhabens ließen sich Synergieeffekte erzielen. Es fehlten wegen laufender Bauvorhaben im In- und Ausland die Kapazitäten, den Auftrag jeweils alleine auszuführen.
3.3.3.2 Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin ist eine Bietergemeinschaft von zwei Unternehmen, die auf der gleichen Stufe anbieten, sodass eine horizontale Absprache in Frage kommt (zB J.P. Gruber, Kartellrecht3 § 1 KartG E 231).
3.3.3.3 Der relevante Markt ist im gegenständlichen Fall der Markt für die Herstellung von Eisenbahntrassen, insbesondere festen Fahrbahnen. Wie sich in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, ist dieser Markt spezieller als jeder für Schottertrassen für Eisenbahngeleise. Wie sich ebenfalls in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, deckt die Auftraggeberin den gesamten relevanten Markt auf Seiten des Nachfragers oder Konsumenten iSd KartG ab, da U-Bahnen nicht vergleichbar und bei dieser Betrachtung wegen der fehlenden Einstufung als Hauptbahn, der niedrigeren Fahrgeschwindigkeit und der geringeren Lasten nicht zu berücksichtigen sind. Diese Abgrenzung entspricht der Anforderung, dass die Leistungen austauschbar sein müssen. Für das Anbieten von Gleisbaumaßnahmen gibt es laut Verhandlung in Österreich fünf Firmen; ausländische Bieter beteiligen sich kaum an österreichischen Ausschreibungen, auch wenn sie europaweit ausgeschrieben werden. Der Markt besteht daher auf Anbieterseite nur aus fünf Marktteilnehmern, zu denen die Antragstellerin als sechster hinzukommt.
3.3.3.4 Nach der zitierten Literatur stellt eine Bietergemeinschaft an sich eine Wettbewerbsbeschränkung dar, weil der Kreis der potentiellen Bieter beschränkt wurde und daher der Auftraggeber weniger Angebote erwarten kann. Wie bereits ausgeführt sind Bietergemeinschaften nicht grundsätzlich verboten und können im Einzelfall gerechtfertigt werden, insbesondere wenn ein Ausnahmetatbestand zutrifft.
3.3.3.5 Eine mögliche Rechtfertigung ist jene des § 2 Abs 1 KartG 2005, wonach die Vereinbarung zur Verbesserung der Produktion bzw des Vertriebs oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beiträgt. In anderen Worten führt sie zu Effizienzgewinnen. Im gegenständlichen Verfahren beruft sich die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin auf Synergie durch Nutzung von Baustelleninfrastruktur bei dem bereits vergebenen, erheblich größeren Baulos, etwa der Baustellenrichtung, nicht ständig eingesetzten Spezialgeräten oder der Erfahrung von Mitarbeitern. die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin plant jedoch nicht Personal oder Geräte gleichzeitig in beiden Losen einzusetzen.
3.3.3.6 Da die beiden Mitglieder der Bietergemeinschaft das erheblich größere Baulos Koralmtunnel in dieser Zusammensetzung ausführen, wäre wohl keine andere Verwendung der gemeinsamen Infrastruktur möglich, als gemeinsam den Auftrag auszuführen. Ebenso ist die gemeinsame Nutzung von Erfahrungen und nicht gleichzeitig zu nutzenden Geräten nur in dieser Zusammensetzung möglich. Ebenso hat die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin dargestellt, dass insbesondere das Schlüsselpersonal, das höher qualifiziert sein muss, und Spezialbaumaschinen zu einem guten Teil bei anderen Bauvorhaben eingesetzt werden, sodass nur die beiden Mitglieder der Bietergemeinschaft gemeinsam das nötige Personal für den gegenständlichen Auftrag zusammenstellen können. Da es sich um sehr spezielle Arbeiten handelt, wofür neben den Ausführungen der Auftraggeberin über die Schwierigkeit und vor allem Genauigkeit der Arbeiten auch die geringe Anzahl österreichischer Bauunternehmen, die auf diesem Markt überhaupt anbieten, spricht, müssen die eingesetzten Mitarbeiter auch entsprechend qualifiziert sein, sodass etwa nicht jeder Baupolier bei der Herstellung einer festen Fahrbahn eingesetzt werden kann. Damit ist in diesem speziellen Einzelfall davon auszugehen, dass für den ausgeschriebenen Zeitraum und unter den vorgegebenen Umständen keines der beiden Mitglieder der Bietergemeinschaft den Auftrag alleine hätte ausführen können.
3.3.3.7 Verbraucher iSd § 2 KartG 2005 ist die Auftraggeberin. Die erwachsenden Vorteile gibt die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin an sie weiter, indem sie das billigste Angebot gelegt hat. Damit beteiligt die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin die Auftraggeberin an den Vorteilen der Zusammenarbeit.
3.3.3.8 Es wurden insgesamt drei Angebote abgegeben. Bei einem kleinen Markt von fünf Unternehmen aus Österreich und einem Unternehmen aus der Schweiz, das nunmehr durch die Angebotsabgabe und Anfechtung der Zuschlagsentscheidung ihr Interesse am österreichischen Markt teilzunehmen bekundet hat, reduziert die Bietergemeinschaft den Markt stark. Dennoch wurden mehrere Angebote abgegeben, sodass noch Wettbewerb vorhanden ist. Das zeigt, dass die Bildung der Bietergemeinschaft den Wettbewerb gerade noch nicht ausschaltet.
3.3.3.9 Daraus ergibt sich, dass – auch unter Berücksichtigung der vergaberechtlichen Wertung der grundsätzlichen Zulässigkeit von Bietergemeinschaften unter dem Vorbehalt des Verbots bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen wie der Kartellrechtswidrigkeit – die gegenständliche Bietergemeinschaft im Einzelfall zulässig ist.
3.3.4 Zur Kalkulation der Lohnkosten
3.3.4.1 Die Antragstellerin bringt vor, dass die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin die Zeiten für die Ein- und Ausfahrt entgegen dem Kollektivvertrag nicht in den Lohnkosten kalkuliert hat.
3.3.4.2 Nach § 8 Z 1c des Kollektivvertrags für das Baugewerbe und die Bauindustrie werden Ein- und Ausfahrtszeiten in einen Tunnel mit dem kollektivvertraglichen Stundenlohn vergütet. Diese Zeiten sind beim Anspruch auf Taggeld zu berücksichtigen.
3.3.4.3 Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin hat in ihrem K3-Blatt eine wöchentliche Mehrarbeit angegebenen und damit eine bestimmte wöchentliche Arbeitszeit kalkuliert. Weitere Angaben über die Aufteilung der Arbeitszeit lassen sich dem K3-Blatt nicht entnehmen.
3.3.4.4 Nach § 8 Z 1c des Kollektivvertrags für das Baugewerbe und die Bauindustrie ergibt sich, dass die Zeit für das Ein- und Ausfahren in Tunnels mit dem Taggeld zu abzugelten sind. In der Höhe ist der Stundenlohn laut Kollektivvertrag für diese Zeit zu bezahlen. Wie auch in der mündlichen Verhandlung erörtert deckt das Taggeld tatsächlichen Aufwand ab und ist daher sowohl abgabenpflichtig als auch nicht abgabepflichtig. Bezahlte Arbeitszeit wie die Zeit für das Ein- und Ausfahren in den Tunnel ist daher abgabenpflichtig.
3.3.4.5 Taggelder kennt die ÖNORM B 2061 nicht. Nach Punkt 5.2.2.2 lit e ÖNORM B 2061:2020 sind diese Zeiten als abgabepflichtige Personalkosten zu berücksichtigen. Auch wenn die Bieter die K3-Blätter nicht nach der ÖNORM B 2061:2020, sondern nach der ÖNORM B 2061:1999 verwendet haben, ergibt sich eine Zuordnung. Der Vergleich der K3-Blätter der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin und der Antragstellerin ergibt, dass die Kalkulationen ähnlich sind und die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin einen höheren Mittellohn als die Antragstellerin kalkuliert hat. Die Kosten sind genauso berücksichtigt.
3.3.4.6 Weder bei der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin noch bei der Antragstellerin ist die Kalkulation dieser Zeiten im K7-Blatt erkennbar.
3.3.5 Zur Kalkulation des Preises für Betonstahl
3.3.5.1 Die Antragstellerin bringt vor, dass die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin den Preis für Betonstahl zu niedrig angeboten habe.
3.3.5.2 Die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin verweist auf volatile Preise bei Stahl und gibt an, den Stahl zu einem zum Zeitpunkt der Erstellung des Angebots üblichen Preis kalkuliert zu haben.
3.3.5.3 Die Antragstellerin und die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin haben den Preis ab Lieferer bei Baustahl im K4-Blatt mit einer Schwankungsbreite von 4,6 % angeboten. Die Antragstellerin hat weitere Kosten kalkuliert, die die in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin in dieser Position nicht kalkuliert hat.
3.3.5.4 Aus dem Vergleich der Kalkulationen der Antragstellerin mit jener der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin und der gegebenen Aufklärung ergibt sich daher, dass die Preise für Betonstahl vergleichbar sind, sodass in dieser Position keine spekulative Preisgestaltung vorliegt.
3.3.6 Zusammenfassung
3.3.6.1 Aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass die DDDD nicht auszuschließen ist, weil sie sich vom – zugestandenen – Vorwurf der in der Vergangenheit liegenden Bieterabsprachen reingewaschen hat und andererseits die Bildung einer Bietergemeinschaft im Einzelfall gerechtfertigt ist.
3.3.6.2 Die von der Antragstellerin geltend gemachten Ausscheidensgründe, die beide auf eine fehlerhafte Kalkulation abzielen, treffen ebenfalls nicht zu. Die Ein- und Ausfahrzeiten sind im Angebot der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin ebenso wie bei der Antragstellerin berücksichtigt. Der Betonstahl ist in plausibler Höhe angesetzt und kalkuliert. Daher ist der Nachprüfungsantrag abzuweisen.
3.4 Zu Spruchpunkt B) – Nichtzulassung der Revision
3.3.1 Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
3.3.2 Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiter ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Dazu wird auf die unter 3.2 und 3.3 zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung verwiesen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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