BVergG 2018 §166
BVergG 2018 §167
BVergG 2018 §172
BVergG 2018 §193 Abs1
BVergG 2018 §2 Z15
BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §249 Abs2 Z1
BVergG 2018 §249 Abs2 Z9
BVergG 2018 §249 Abs3
BVergG 2018 §249 Abs4
BVergG 2018 §250 Z4
BVergG 2018 §251 Abs1
BVergG 2018 §251 Abs2
BVergG 2018 §253 Abs1
BVergG 2018 §254 Abs1
BVergG 2018 §254 Abs2
BVergG 2018 §254 Abs3
BVergG 2018 §254 Abs5
BVergG 2018 §255 Abs1
BVergG 2018 §255 Abs2
BVergG 2018 §255 Abs3
BVergG 2018 §299
BVergG 2018 §301 Abs1
BVergG 2018 §302 Abs1 Z2
BVergG 2018 §302 Abs3
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334 Abs2
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §342 Abs2
BVergG 2018 §344 Abs1
BVergG 2018 §347
BVergG 2018 §365
BVergG 2018 §4 Abs1 Z2
BVergG 2018 §5
BVergG 2018 §78
BVergG 2018 §82
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2020:W139.2233092.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Kristina HOFER als Vorsitzende sowie DI DR. Sabine RÖDLER als fachkundige Laienrichterin der Auftraggeberseite und Dr. Manfred MÜLLNER als fachkundigen Laienrichter der Auftragnehmerseite über den Antrag XXXX , vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Gauermanngasse 2, 1010 Wien, auf Nichtigerklärung betreffend das Vergabeverfahren „Kraftwerk Obervellach II/Hauptbaulos Bau inkl Druckrohrleitung (Verfahren ID: 38957)“ der Auftraggeberin ÖBB-Infrastruktur AG, Nordbahnstraße 50, 1020 Wien, vertreten durch XXXX , Jasomirgottstraße 6/5, 1010 Wien:
A)
Der Antrag, „das Bundesverwaltungsgericht möge die Ausscheidenentscheidung vom 07.07.2020 für nichtig erklären“, wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.
Begründung:
I. Vorbringen der Parteien/Verfahrensgang:
1. Am 16.07.2020 stellte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung vom 07.07.2020, verbunden mit einem Antrag auf Akteneinsicht, einem Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung sowie einem Antrag auf Gebührenersatz.
Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Auftraggeberin habe am 18.10.2019 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union (Zahl 2019/S 202-492784) eine Bekanntmachung betreffend einen Bauauftrag im Sektorenbereich „Kraftwerk Obervellach II/Hauptbaulos Bau inkl. Druckrohrleitung“ veröffentlicht. Das Vergabeverfahren werde als Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich durchgeführt. Die Antragstellerin habe nach erfolgreicher Bewerbung um die Teilnahme am Vergabeverfahren ein frist- und formgerechtes Erstangebot abgegeben. Am 03.06.2020 habe eine mündliche Verhandlung mit der Auftraggeberin stattgefunden. Die Frist zur Abgabe der Letztangebote habe am 10.06.2020 geendet. Die Antragstellerin habe ein frist- und formgerechtes Letztangebot vorgelegt.
Mit Beschluss des Landesgerichtes XXXX sei über die XXXX ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet worden XXXX Zum Sannierungsverwalter sei XXXX , bestellt worden. Der Sanierungsverwalter habe der Auftraggeberin mit Schreiben vom 23.06.2020 mitgeteilt, dass er in Kenntnis der Angebotslegung XXXX sei und die für die Fortführung des Unternehmens XXXX erforderliche Finanzierung gesichert sei. XXXX habe der Auftraggeberin mit Schreiben vom 26.06.2020 den von ihr mit XXXX am 28.10.2019 abgeschlossenen ARGE-Vorvertrag übermittelt und ihr mitgeteilt, dass ein Ausscheiden von XXXX bzw eine Auflösung des Vorvertrages aufgrund des eröffneten Sanierungsverfahrens nicht erfolgt sei, vielmehr habe XXXX die volle Einhaltung des Vorvertrages und eine unveränderte Durchführung des Auftrages im Auftragsfalle beschlossen. Darüber hinaus habe die Antragstellerin der Auftraggeberin mehrere Unterlagen zum Nachweis der unverminderten Eignung, insbesondere der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit von XXXX vorgelegt. Insbesondere die Plausibilisierung der Fortführungsrechnung durch XXXX sei vorgelegt worden und der Kreditvertrag der XXXX mit XXXX vom XXXX sei der Rechtsvertretung der Auftraggeberin zur Verfügung gestellt worden.
Gleichwohl habe die Auftraggeberin der Antragstellerin mit Schreiben vom 07.07.2020 mitgeteilt, dass ihr Angebot gemäß § 302 Abs 1 Z 2 und Abs 3 BVergG iVm § 249 Abs 2 Z 1 BVergG 2018 ausgeschieden würde. Die Antragsgegnerin habe ihre Entscheidung damit begründet, dass XXXX nicht die erforderliche Sicherheit für die Erfüllung der (gesamten) vertraglichen Pflichten bieten würde und daher - unter Berufung auf deutsche Rechtsprechung, allerdings ohne Angabe von Belegstellen - kein Ermessen bestünde, sondern sie zum Ausscheiden verpflichtet sei. Es bestünden zwar positive Signale, die Risiken/Unsicherheiten würden jedoch für das Ausscheiden bzw den Ausschluss sprechen.
Dazu habe die Auftraggeberin ausgeführt, dass zwar ein Sanierungsplan vorliege, dem der Gläubigerausschuss bereits zugestimmt habe, die Auftraggeberin habe aber keine Sicherheit, dass der Sanierungsplan endgültig angenommen und erfüllt würde. Weiters sei auch über XXXX ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet worden. Die Gesellschafterin XXXX und Solidarschuldnerin für den Kredit bei der XXXX hätte ein KSV-Rating von XXXX . Die von XXXX nachgewiesene Finanzierung sei unbeachtlich, da dieser Kreditvertrag außerordentliche Kündigungsrechte vorsehe und nur XXXX laufe. Außerdem würde die dieser Finanzierung zugrundeliegende „aufschlussreiche Analyse“ und „ausführliche Plausibilisierung“ der Fortführungsrechnung durch XXXX einen Disclaimer enthalten. Aus diesen Gründen sei das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden, darüber hinaus würde das Rating von XXXX ein Ausscheiden „ohne Ermessensspielraum“ begründen und zudem bestünde auch ein Rückstand bei der Sozialversicherung.
Der Zuschlag sei bislang nicht erteilt worden, das Vergabeverfahren sei bislang auch nicht widerrufen worden.
Die Antragstellerin habe durch die Abgabe ihres Teilnahmeantrages sowie der Angebote ihr Interesse am Erhalt des Auftrages bekundet, sie habe ihr fortgesetztes Interesse durch die Einbringung des gegenständlichen Nachprüfungsantrages bestätigt. Durch das rechtswidrige Ausscheiden ihres Angebotes sei ihr ein im frustrierten Aufwand für die Teilnahme am Vergabeverfahren, insbesondere für die Ausarbeitung des Angebots, sowie ein in externen notwendigen Rechtsberatungskosten liegender Schaden entstanden. Durch die Ausscheidensentscheidung entgehe der Antragstellerin die Möglichkeit zum Abschluss des Vertrages und Erzielung des aus dem gegenständlichen Vertrag zu lukrierenden Gewinns und Deckungsbeitrages zu den Fixkosten. Zudem seien die Mitglieder der antragstellenden Bietergemeinschaft seit Jahren führende Unternehmen in diesem Bereich, die weltweit tätig seien und vergleichbare Aufträge erbracht hätten. Sie hätten ein rechtliches und wirtschaftliches Interesse am Abschluss des gegenständlichen Auftrags, weil es sich hierbei um ein wichtiges Referenzprojekt für zukünftige Vergabeverfahren handle. All diese Nachteile und Schäden seien nur durch die Nichtigerklärung der rechtswidrigen Ausscheidensentscheidung 07.07.2020 zu verhindern. Die Antragstellerin bezeichnete die Rechte, in denen sie sich verletzt erachte.
Zur Rechtwidrigkeit der Ausscheidensentscheidung führte die Antragstellerin Folgendes aus:
Gemäß § 254 Abs 1 BVergG 2018 sei ein Unternehmen bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes grundsätzlich vom Vergabeverfahren auszuschließen. Diese Grundregel gelte jedoch nicht, wenn die Voraussetzungen des § 249 Abs 4-6 BVergG 2018 vorliegen würden, oder der Unternehmer glaubhaft mache, dass er trotz des Vorliegens eines Ausschlussgrundes zuverlässig sei. Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt:
Die Leistungsfähigkeit der Bietergemeinschaft für die Durchführung des Auftrages sei hinreichend. Trotz Eröffnung eines Insolvenzverfahrens könne der Auftraggeber gemäß § 249 Abs 4 BVergG 2018 vom Ausschluss absehen „wenn die Leistungsfähigkeit des Unternehmers für die Durchführung des Auftrages ausreicht“. Die Auftraggeberin habe den Ausschluss damit begründet, dass XXXX „nicht die notwendige Sicherheit für die Erfüllung der (gesamten) vertraglichen Pflichten biete“. Diese Beurteilung müsse jedoch - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - in Hinblick auf die Bietergemeinschaft insgesamt erfolgen und dürfe sich nicht isoliert auf ein Mitglied oder jedes Mitglied der Bietergemeinschaft beziehen.
Das ergebe sich bereits aus dem allgemeinen unionsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. So habe der EuGH in ständiger Rechtsprechung zu fakultativen Ausschlussgründen judiziert, dass „nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist, die von den Mitgliedsstaaten oder der öffentlichen Auftraggeberin im Rahmen der Umsetzung dieser Richtlinie aufgestellten Regeln, wie etwa die Regeln zur Festlegung der Bedingungen für die Anwendung von Art 57 der RL, nicht über das hinausgehen dürfen, was zur Erreichung der mit dieser RL verfolgten Ziele erforderlich ist.“
Diese Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall übertragbar, zumal in beiden Fällen dem Ausschluss eines Unternehmens eine Ermessensentscheidung zugrunde liege. Ziel des Vergaberechts sei die Sicherstellung des größtmöglichen Wettbewerbs. Diesem Ziel diene ua die Möglichkeit für Unternehmer, sich zu einer Bietergemeinschaft zusammen zu schließen, und damit ihre Ressourcen zu bündeln. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlange daher, dass sich die Beurteilung gem. § 249 Abs 4 BVergG 2018 auf die gesamte Bietergemeinschaft beziehe und nicht isoliert nur auf das sich in einem Sanierungsverfahren befindliche Mitglied einer Bietergemeinschaft. Dies lege im Übrigen auch bereits der Gesetzeswortlaut nahe, seien doch nach der Legaldefinition „Unternehmer“ unter diesem Begriff auch Bietergemeinschaften zu verstehen. Zudem würde die von der Auftraggeberin vertretene Auffassung § 249 Abs 4 BVergG 2018 jeglichen Anwendungsbereich nehmen, wenn die Leistungsfähigkeit isoliert für das sich in einem Sanierungsverfahren befindliche Mitglied der Bietergemeinschaft beurteilt würde und dabei insbesondere darauf gestützt werden könnte, dass die Annahme und tatsächliche Erfüllung des Sanierungsplanes nicht gesichert sei. Denn Wesen einer Bietergemeinschaft sei der Zusammenschluss mit solidarischer Verpflichtung zur gemeinsamen Erbringung eines Auftrags. Gerade bei Unternehmen, die sich in einem Sanierungsverfahren befinden würden, sei die Annahme bzw tatsächliche Erfüllung des Sanierungsplanes kein geeignetes Kriterium, zumal das Insolvenzverfahren bereits mit der gerichtlichen Bestätigung des Sanierungsplanes - und folglich stets vor vollständiger Zahlung durch den Unternehmer - ende. Da dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden könne, mit dem neu geschaffenen § 249 Abs 4 BVergG 2018 eine inhaltsleere Bestimmung normiert zu haben, könne der Auffassung der Antragsgegnerin auch aus diesem Grund nicht gefolgt werden.
Darüber hinaus ergebe sich eine wesentliche Einschränkung des Ermessensspielraumes des Auftraggebers durch die Insolvenzordnung und den darin normierten Gläubigerschutz. § 21 Abs 1 IO würde bestimmen, dass der Insolvenzverwalter bei zweiseitig verbindlichen Verträgen entweder anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und vom anderen Teil Erfüllung verlangen oder vom Vertrag zurücktreten könne. Dem entgegen stehende Vereinbarungen seien unwirksam. Gemäß § 25b Abs 1 IO könnten sich die Vertragsteile nicht auf Vereinbarungen berufen, durch die die Anwendung der §§ 21 bis 25a IO im Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner im Voraus ausgeschlossen oder beschränkt würde. Gemäß § 25b Abs 2 IO sei die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts oder der Vertragsauflösung für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, außer in den Fällen des § 20 Abs 4 IO unzulässig. In den Erläuterungen werde dazu präzisiert: „Wenn keine sonstigen Gründe für eine Vertragsauflösung vorliegen, soll das bloße Faktum der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens dafür nicht ausreichen.“
Damit würde der Gesetzgeber verhindern, dass sich Vertragspartner an der Insolvenz anderer Unternehmen zu Lasten der Gläubiger des insolventen Unternehmens bereichern, indem sie den insolventen Vertragspartner aus allen gewinnbringenden Verträgen hinauskündigen. Vielmehr könne der Insolvenzverwalter entscheiden, welche Verträge er erfülle und welche nicht. Mehr als die vollständige Vertragserfüllung könne daher auch ein öffentlicher Auftraggeber nicht verlangen. Daher müsse sich der Auftraggeber damit begnügen, dass die Leistungsfähigkeit zur Ausführung des gegenständlichen Verfahrens hinreiche. Darüberhinausgehende Bedingungen, etwa die Annahme eines Sanierungsplanes, dürfe der Sektorenauftraggeber bei sonstiger Unwirksamkeit weder festlegen noch fordern, sonst würde er den gesetzlichen Gläubigerschutz aushebeln bzw unterlaufen.
Würde einem Auftraggeber - wie von der Antragsgegnerin vertreten - über die Prüfung der Leistungsfähigkeit der Bietergemeinschaft gemäß § 249 Abs 4 BVergG 2018 hinausgehend ein Recht zum Ausschluss des Bieters zukommen, wäre dies ein im Sinne des § 25b Abs 2 IO unzulässiges Rücktrittsrecht zulasten der Gläubiger. Sofern die Voraussetzungen gem. § 249 Abs 4 BVergG 2018 gegeben seien, dürfe somit nach nationalem Recht ein Auftraggeber einen Unternehmer nicht ausschließen. Ein Ermessensspielraum des Auftraggebers bestehe daher insofern nicht. Die „Kann“-Bestimmung in § 249 Abs 4 BVergG 2018 sei in Zusammenschau mit § 25b IO iV § 21 IO daher insofern als „Muss“-Bestimmung auszulegen, als der Auftraggeber bei Vorliegen der Leistungsfähigkeit des Bieters bzw der Bietergemeinschaft zur Ausführung des Auftrages von einem Ausschuss gemäß § 249 Abs 2 Z 1 BVergG 2018 absehen müsse. Damit verbleibe zum Schutz der Gläubiger die Möglichkeit der Entscheidung des Insolvenzverwalters, den zweiseitig verbindlichen Auftrag auszuführen.
Sei die Bietergemeinschaft hinreichend leistungsfähig iSv § 249 Abs 4 BVergG 2018, dürfe ein Ausschluss daher aufgrund der Bestimmungen der Insolvenzordnung nicht erfolgen. Die hinreichende Leistungsfähigkeit der Bietergemeinschaft liege im vorliegenden Fall schon deshalb vor, weil das zweite Mitglied der Bietergemeinschaft, XXXX , solidarisch zur Leistungserbringung verpflichtet sei und gegenüber der Antragsgegnerin ausdrücklich erklärt habe, den Vorvertrag vollständig einzuhalten und im Auftragsfall den Auftrag unverändert durchzuführen.
Darüber hinaus sei der Auftraggeberin durch den Sanierungsverwalter von XXXX bestätigt worden, dass die Finanzierung für die Fortführung des Unternehmens gesichert sei. Dazu sei insbesondere die plausibilisierte Fortführungsprognose von XXXX vorgelegt worden, worin XXXX ein positives Betriebsergebnis errechnet werde. Die Insolvenzquote sei durch freie Altforderungen gedeckt. Das Finanzierungserfordernis sei auf ca EUR XXXX geschätzt worden, wobei zusätzliche Sicherheiten in der Höhe von EUR XXXX kurz- bis mittelfristig verfügbar seien.
Nicht zuletzt auf Basis dieser Plausibilisierung der Fortführungsrechnung sei XXXX von der XXXX ein Kredit in Höhe von XXXX gewährt worden, wobei dieser Kreditbetrag ausweislich der Fortführungsrechnung kaum benötigt werden würde. Es liege daher, ungeachtet des über XXXX eingeleiteten Insolvenzverfahrens, jedenfalls eine hinreichende Leistungsfähigkeit iSd § 249 Abs 4 BVergG 2018 vor.
Indem die Antragsgegnerin ihre Beurteilung isoliert auf XXXX bezogen und verkannt habe, dass die Vorgaben des Gläubigerschutzes aufgrund der Insolvenzordnung den Ermessensspielraum gemäß § 249 Abs 4 BVergG 2018 stark beschränken, sei die vorliegende Ausscheidensentscheidung rechtswidrig. Die Auftraggeberin habe folglich das Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes ausgeübt bzw den im Sinne des Gesetzes tatsächlich vorhandenen Ermessensspielraum überschritten. Denn hätte die Auftraggeberin die Beurteilung rechtskonform vorgenommen, wäre sie zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bietergemeinschaft für die Durchführung des Auftrages hinreichend leistungsfähg sei. Die Voraussetzungen des § 249 Abs 4 BVergG 2018 seien daher gegeben.
Bei Heranziehung der richtigen Beurteilungsgrundlagen und unter Berücksichtigung der insolvenzrechtlichen Vorgaben hätte die Antragsgegnerin die gegenständliche Ausscheidensentscheidung nicht getroffen bzw hätte diese nicht getroffen werden dürfen, sodass dies für den Ausgang des Verfahrens wesentlich sei.
Weiters führte die Antragstellerin aus, dass selbst wenn das Gericht zu dem Ergebnis gelangen würde, dass ein Ausschlussgrund vorgelegen sei, sei die gegenständliche Ausscheidensentscheidung mit Rechtswidrigkeit belastet, da die Antragsgegnerin entgegen § 254 Abs 1 letzter Satz BVergG 2018 keine Prüfung vorgenommen habe, ob die Antragstellerin dessen ungeachtet zuverlässig sei. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH komme dem Auftraggeber bei dieser Beurteilung kein Ermessen zu. „Diese RL führt nämlich insbesondere dadurch eine Neuerung ein, dass in ihrem Art 57 Abs 6 der Mechanismus der Abhilfemaßnahmen (self-cleaning) verankert sei. Dieser Mechanismus, der auf Wirtschaftsteilnehmer Anwendung finde, die nicht durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung ausgeschlossen sind, soll einen Wirtschaftsteilnehmer, der sich in einer der in Art 57 Abs 4 der RL 2014/24 genannten Situationen befindet, dazu veranlassen, Nachweise dafür zu erbringen, dass die von ihm ergriffenen Maßnahmen ausreichen, um trotz des Vorliegens eines einschlägigen Ausschlussgrundes seine Zuverlässigkeit nachzuweisen. Werden solche Nachweise für ausreichend befunden, so darf der betreffende Wirtschaftsteilnehmer nicht von dem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.“
Ein automatischer Ausschluss, der einem Bieter die Möglichkeit nehme, gemäß Art 57 Abs 6 der RL 2014/24 nachzuweisen, dass er zuverlässig sei, sei unzulässig. Indem die Antragsgegnerin diese Beurteilung unterlassen habe, sei die vorliegende Entscheidung rechtswidrig; die Angebotsprüfung der Antragsgegnerin sei in diesem Zusammenhang unvollständig, da der Antragstellerin die Einschätzung der Antragsgegnerin nicht vorgehalten worden sei und ihr keine Möglichkeit zur Stellungnahme bzw Darlegung, dass die Zuverlässigkeit sehr wohl gegeben sei, eingeräumt worden sei.
Bei richtiger Beurteilung hätte die Antragsgegnerin aufgrund der ihr vorliegenden Unterlagen zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass eine erfolgreiche Selbstreinigung erfolgt sei: XXXX habe einen defizitären Geschäftsbereich XXXX , aufgrund dessen das Insolvenzverfahren eingeleitet worden sei, gehabt. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe XXXX selbst beantragt; XXXX habe mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Sanierungsplan vorgelegt. Die Schließung des defizitären Geschäftsbereiches sei mit Beschluss des Insolvenzgerichtes vom XXXX bewilligt worden. XXXX habe daher die iSd § 254 BVergG 2018 erforderlichen Maßnahmen getroffen.
Ergänzend habe die Auftraggeberin ausgeführt, dass durch die Insolvenzeröffnung das XXXX von XXXX auf XXXX geändert worden sei und ein Rückstand bei der Sozialversicherung bestehe, sodass auch aus diesem Grund ein Ausscheiden zwingend sei. Gemäß Pkt.12.3.1.13. der Bewerbungsunterlagen müssten der Bewerber bzw Bieter bzw alle Mitglieder der Bewerber- bzw Bietergemeinschaft „für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eine entsprechende Bonität, welche kein erhöhtes Risiko ergibt (z.B. Rating an Hand des KSV max. 399), haben.“
In der Ausschreibung werde als Eignungsanforderung damit nach dem objektiven Erklärungswert festgelegt, dass eine Bonität verlangt werde, welche kein erhöhtes Risiko ergebe. Nur beispielhaft werde darin ein bestimmtes KSV-Rating genannt. Ein KSV-Rating werde von der Ausschreibung nicht zwingend gefordert. Die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit könne daher auch mittels anderer Nachweise belegt werden, sofern ein vergleichbares Niveau wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit zu einem Rating von zumindest 399 sichergestellt werde. Damit sei das Ausscheiden der Antragstellerin ausschließlich auf Grund des KSV-Ratings nicht zulässig.
Selbst wenn ein solches KSV-Rating vorgesehen worden sei, hätten gemäß § 255 Abs 2 BVergG 2018 geeignete alternative Nachweise vorgelegt werden können. Dies entspreche auch der höchstgerichtlichen Rechtsprechung. In diesem Sinn habe der VwGH entschieden, dass als mögliche alternative Unterlagen etwa eine Liste über die vergebenen öffentlichen Aufträge, Bestätigungen vom Finanzamt und Gebietskrankenkasse, Auskunft des KSV sowie der Hausbank in Betracht kommen würden, wenn diese Unterlagen hinsichtlich ihrer Aussagekraft einem nachgewiesenen KSV-Rating gleichwertig seien.
Wie die Auftraggeberin mit dem Wort „naturgemäß“ selbst in der Ausscheidensentscheidung indiziert habe, werde bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch - unabhängig von den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des betroffenen Unternehmers - das KSV Rating auf XXXX geändert. Es liege daher in diesem Fall ein berechtigter Grund vor, weshalb ein Unternehmer nicht den Nachweis eines KSV-Ratings erbringen könne.
Die Antragsgegnerin hätte daher prüfen müssen, ob ihr von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen geeignete alternative Nachweise für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit seien und dies bei richtiger Beurteilung bejahen müssen. Insbesondere der Kreditvertrag XXXX bescheinige das Vorliegen der Kreditwürdigkeit und ein aus Sicht der Bank nicht überdurchschnittliches Ausfallsrisiko von XXXX . Die tatsächliche Kreditgewährung habe daher, insbesondere in Zusammenschau mit der ihr zugrundeliegenden Fortführungsrechnung eine zumindest gleichwertige Aussagekraft zu einem Rating, das eine bloß theoretische Auskunft für die Beurteilung der Bonität und Kreditgewährung sei.
Hinsichtlich des in der Ausscheidensentscheidung angesprochenen Rückstands bei der Sozialversicherung sei darauf hinzuweisen, dass dieser Ausschlussgrund nur bei fälligen Forderungen erfüllt sei und selbst in diesem Fall bei Vorliegen einer verbindlichen Vereinbarung von einem Ausschluss Abstand zu nehmen sei. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin sei dieser Ausschlussgrund hinsichtlich XXXX nicht erfüllt: XXXX habe die Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum inklusive Jänner 2020 vollständig entrichtet, was aus der vorgelegten Bestätigung der Österreichischen Gesundheitskasse hervorgehe. Für die nachfolgenden Monate habe XXXX wie der Großteil aller Unternehmen in Österreich die gesetzliche Möglichkeit zur Stundung der Sozialversicherungsbeiträge aufgrund von COVID-19 in Anspruch genommen. Demnach seien die Beiträge für Februar, März und April 2020 automatisch gestundet worden und seien erst zum 15.01.2021 zu entrichten. Die Beiträge für Mai waren bis XXXX zu entrichten, sodass bis XXXX kein Verzug vorgelegen sei und daher mit dem Auszug vom 06.06.2020 keine fehlende Zuverlässigkeit dargetan werden könne.
Die allgemeine gesetzliche Stundung sei einer verbindlichen Vereinbarung gleichwertig, weshalb die Voraussetzungen des § 249 Abs 5 Z 1 BVergG 2018 erfüllt seien. Zudem sei festzuhalten, dass in praktisch jedem Insolvenzfall eines Unternehmens mit physischen Mitarbeitern ein Rückstand bei der Sozialversicherung vorliegen würde aus diesem Grunde habe der Gesetzgeber die Bestimmung des § 249 Abs 4 BVergG 2018 festgelegt. Daraus ergebe sich, dass ein Rückstand bei der Sozialversicherung kein Grund sein könne, dessen Anwendbarkeit auszuschließen. Ein aus diesem Grunde erfolgter Ausschluss eines Bieters bei hinreichender Leistungsfähigkeit des Unternehmers sei auch aus Gläubigerschutzerwägungen gemäß § 25b IO unzulässig.
Selbst wenn der Ausschlussgrund entgegen der Auffassung der Antragstellerin bejaht werden könne, hätte die Antragsgegnerin auch in diesem Zusammenhang bei rechtskonformer Vorgehensweise der Antragstellerin ihre Einschätzung vorhalten, ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen angemessener Frist gewähren müssen und anhand der eingelangten Stellungnahmen und Nachweise beurteilen müssen, ob die Eignung der Antragstellerin gem. § 249 Abs 5 BVergG 2018 sowie § 254 BVergG 2018 nachgewiesen worden sei.
2. Mit Stellungnahme vom 28.07.2020 führte die Auftraggeberin folgendes aus: Mit Bekanntmachung vom 18.10.2019 zu 2019/S 202-492784 habe die Auftraggeberin das Vergabeverfahren „Kraftwerk Obervellach II/Hauptbaulos inkl Druckrohrleitung“ eingeleitet. Es handele sich um einen Bauauftrag, der im Verhandlungsverfahren nach vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip durchgeführt werde. Nach dem Projektzeitplan seien die Fertigstellung aller Bauteile mit April 2023, das Gesamtbauende und die Übergabe mit dem 11.08.2023 festgelegt.
Im gegenständlichen Vergabeverfahren hätte sich unter anderen die Antragstellerin beteiligt. Für den Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit habe die XXXX ein Referenzprojekt eingebracht, der Anteil der Leistungen von XXXX in der Bietergemeinschaft für den Leistungsbereich XXXX betrage circa XXXX der Gesamtleistung. Dieser Leistungsbereich sei in der Ausschreibung als kritische Leistung definiert, die der Auftragnehmer selbst zu erbringen habe und nicht auf Subunternehmer übertragen dürfe.
XXXX Bewerber seien zur Angebotslegung in der zweiten Stufe aufgefordert worden, aufgrund des vorgenommenen Shortlistings auf Basis der in der Ausschreibung festgelegten Zuschlagskriterien seien in weiterer Folge nunmehr die Bieter mit den besten XXXX Angeboten zu den weiteren Verhandlungsgesprächen und zur Abgabe eines last and best Offers (LBO) eingeladen worden. Die LBO seien bis zum 10.06.2020 elektronisch abzugeben gewesen. Die Antragstellerin sei aufgrund ihres LBO unter Zugrundelegung der Zuschlagskriterien an XXXX Stelle gereiht worden.
Mit Bekanntmachung vom XXXX sei beim Landesgericht XXXX das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung über XXXX eröffnet worden. Mit Bekanntmachung vom XXXX sei zu XXXX über ein weiteres Unternehmen aus der XXXX , gleichfalls das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet worden.
Gemäß § 250 BVergG habe die Eignung im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung grundsätzlich zum Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmeantragsfrist vorzuliegen und dürfe in der Folge im weiteren Vergabeverfahren nicht mehr verloren gehen.
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stelle grundsätzlich einen Ausschlussgrund gemäß § 249 Abs 2 Z 1 BVergG 2018 und einen Ausscheidensgrund gem. § 302 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 wegen mangelnder Eignung dar. § 249 Abs 4 BVergG 2018 räume einen Ermessensspielraum ein; ein Sektorenauftraggeber könne von einem Ausschluss Abstand nehmen, wenn die Leistungsfähigkeit eines Unternehmers für die Durchführung des Auftrages ausreiche.
Der Vorstand der Auftraggeberin habe diese Ermessensentscheidung zum Wohle der Gesellschaft zu treffen um Chancen und Risiken auf Grundlage angemessener Informationen gegeneinander abzuwiegen, um nicht der Gesellschaft gegenüber schadensersatzpflichtig zu werden. Rund drei Wochen nach Insolvenzeröffnung mit Fremdverwaltung sei noch eine hohe Unsicherheit gegeben gewesen, die es zu berücksichtigen gegolten habe. Dabei müsse auch das wirtschaftliche und rechtliche Risiko der Neuausschreibungspflicht im Falle des Scheiterns der Sanierung berücksichtigt werden.
Die Auftraggeberin sei der Verpflichtung zur sorgfältigen Prüfung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände nachgekommen, dies zeige die ausführliche Dokumentation im vorgelegten Vergabeakt. Sie habe neben den allgemeinen zugänglichen Informationen auch alle ihr, von der Antragstellerin zur Verfügung gestellten Unterlagen, in ihrer Beurteilung berücksichtigt und sachgerecht abgewogen.
Die Auftraggeberin beziehungsweise ihre rechtliche Vertretung habe im Zeitraum vom 23.06.2020 bis zum 01.07.2020 ein kontradiktorisches Prüfungsverfahren mit dem Masseverwalter XXXX durchgeführt. Dabei sei ihnen die Möglichkeit eingeräumt worden, Aufklärungsfragen zu beantworten und alle relevanten Unterlagen zur Beurteilung der Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit vorzulegen. Wie der Vergabeakt zeige, seien unter anderem die Plausibilisierung der Fortführungsrechnung durch die XXXX sowie der Kreditvertrag der XXXX vorgelegt, sowie mündlich und telefonisch Aufklärungsfragen beantwortet worden. Insofern sei der Vorwurf im Nachprüfungsantrag, dass die Auftraggeberin der Antragstellerin keine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt habe, nicht richtig.
Zur Rechtmäßigkeit der Ausscheidensentscheidung führte die Auftraggeberin aus, dass nach Durchführung des kontradiktorischen Verfahrens und sorgfältiger Prüfung aller relevanten Umstände die Auftraggeberin die sachlich begründete Ermessensentscheidung getroffen habe, die Antragstellerin mangels Zuverlässigkeit und finanzieller sowie wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit vom gegenständlichen Vergabeverfahren auszuscheiden.
Da in Österreich zur Ermessensausübung im Falle der Insolvenz bislang noch keine Judikatur vorliege, habe sich die Auftraggeberin dabei an der deutschen Rechtsprechung orientiert, weil nach deutschem Vergaberecht der Ausschluss wegen Insolvenz schon seit längerem als fakultativer Ausschlussgrund normiert sei. Die Überprüfungskompetenz des Gerichts bei einer Ermessensentscheidung der Auftraggeberin sei darauf beschränkt, zu überprüfen, ob der Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt und berücksichtigt worden sei, oder ob sachfremde Erwägungen eingeflossen seien.
Zum Vorliegen der Zuverlässigkeit führte die Auftraggeberin aus, dass die Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag verkenne, dass es sich bei der Insolvenz und Ermessensentscheidung der Auftraggeberin nicht um eine Frage der finanziellen sowie wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sondern um die Frage der Zuverlässigkeit handle und vermische diese beiden Eignungsanforderungen. Nach ständiger Entscheidungspraxis des VwGH müsse die Zuverlässigkeit bei einer Bietergemeinschaft bei allen Mitgliedern gegeben sein. Dementsprechend habe die Auftraggeberin die Frage der Zuverlässigkeit für jedes einzelne Mitglied der Bietergemeinschaft zu beurteilen. Eine Addition der Zuverlässigkeit, wie sie von der Antragstellerin vorgenommen werde, sei auch nach aktueller Rechtslage nicht zulässig; darauf verweise auch der Gesetzgeber in den Erläuterungen zu § 82 BVergG 2018.
Zudem würden die bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen festlegen, dass der Bewerber oder die Bieter bzw alle Mitglieder der Bewerber- beziehungsweise Bietergemeinschaft die berufliche Zuverlässigkeit gemäß § 249 Abs 1 und 2 BVergG 2018 besitzen müssten.
Bei der Prüfung jedes einzelnen Mitgliedes der Bietergemeinschaft habe die Auftraggeberin gemäß § 254 BVergG 2018 so vorzugehen, dass sie die Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit des Unternehmers anhand der verlangten Nachweise und eingeholten Auskünfte vorzunehmen habe. Liege ein Ausschlussgrund vor, so sei der Unternehmer mangels Zuverlässigkeit vom Vergabeverfahren auszuschließen, es sei denn er erfülle die Voraussetzungen des § 249 Abs 4 bis 6 BVergG 2018 oder der Unternehmer mache glaubhaft, dass er trotz des Vorliegens eines Ausschlussgrundes zuverlässig sei.
Der einzige Unterschied zur Rechtslage nach dem Bundesvergabegesetz 2006 bestehe darin, dass der schon bisher anerkannte Konnex zwischen Insolvenz und finanzieller sowie wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nunmehr vom Gesetzgeber in Umsetzung des Art. 80 Sektorenrichtlinie iVm Art 57 Vergaberichtlinie intensiviert worden sei. Anders als im Bundesvergabegesetz 2006, wo die Eröffnung eines in Insolvenzverfahrens in jedem Fall zum Ausschluss geführt habe, habe ein Auftraggeber nunmehr im Fall einer Insolvenz zu prüfen und im Rahmen seines Ermessens zu beurteilen, ob nicht dennoch die Leistungsfähigkeit für die Durchführung des Auftrags ausreiche, wodurch die Zuverlässigkeit des fraglichen Unternehmers gegeben sei.
Ganz allgemein lasse sich aus der deutschen Judikatur ableiten, dass je stärker die verbleibenden Unsicherheiten der Erfüllung der künftigen vertraglichen Verpflichtungen, einschließlich der Mängelbehebung seien, desto mehr spreche dies für den Ausschluss. Ergebe die Prognose der Vergabestelle, dass der betroffene Unternehmer aufgrund seiner konkreten Situation nicht die notwendige Sicherheit für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten biete, sei die Auftraggeberin „im Sinn einer Ermessensentscheidung auf Null“ verpflichtet, das Angebot auszuschließen, weil das Vergaberecht den Grundsatz aufstelle, dass ein Auftrag nur an leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen vergeben werden dürfe. Ungeachtet dessen dürfe auch die Risikobereitschaft der Auftraggeberin eine Rolle spielen. Es sei nicht sachwidrig, dass die Risikobereitschaft zugunsten des insolventen Bieters eine höhere sei, je größer die Differenz zum nächsten günstigeren Bieter sei. Nach der deutschen Rechtsprechung sei eine Ausscheidensentscheidung selbst dann nicht zu beanstanden, wenn die Auftraggeberin trotz Verabschiedung des Insolvenzplans eine ermessensgetragene Entscheidung treffe, bei der alle relevanten Faktoren berücksichtigt werden. Trotz Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaften verstoße die Entscheidung der Auftraggeberin nicht gegen ihren Ermessensspielraum.
Ungeachtet dessen, dass jedes Mitglied der Bietergemeinschaft zuverlässig sein müsse, reiche die Solidarhaftung in der Bietergemeinschaft allein nicht aus, um das damit verbundene Risiko für die Auftraggeberin „abzufangen“. Die von XXXX erbrachten Leistungen seien „kritische“ Leistungen, die – auch im Fall, dass die Insolvenz scheitere – nicht von Dritten erbracht werden dürften und von XXXX nicht erbracht werden könnten. Für diesen Leistungsteil habe die XXXX auch die erforderliche Eignungsreferenz eingebracht. Aus heutiger Sicht sehe sich die Auftraggeberin bei Scheitern der Insolvenz der XXXX dann einer wesentlichen Vertragsänderung gegenüber, die durch XXXX nicht entsprechend abgesichert werden habe können. Die damit verbundenen wirtschaftlichen und rechtlichen Risiken mussten in die Ermessensentscheidung einfließen. Eine Neuausschreibungspflicht führe für die Auftraggeberin zu erheblichen Mehrkosten, Zeitverzug und (schwierigen) Abgrenzungsfragen der Gewährleistung sowie zur Frage der Wirtschaftlichkeit des Projekts, die damit in Frage gestellt werden würde. Auch insofern habe der Vorstand die Entscheidung zum Wohle der Gesellschaft nur für den Ausschluss des Angebots treffen können.
Zur Möglichkeit einer Selbstreinigung bei Insolvenz führte die Auftraggeberin aus, dass wenn ihr die Antragstellerin im Nachprüfungsantrag zur Last lege, sie habe ihr nicht die Möglichkeit eingeräumt, die erfolgreiche Selbstreinigung gemäß § 249 BVergG 2018 darzulegen, so übersehe die Antragstellerin, dass im Falle der Insolvenz diese gerade nicht zur Anwendung gelange. Schon der Wortlaut des § 254 Abs 1 Satz BvergG 2018 spreche davon, dass zum Nachweis der Zuverlässigkeit bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes gemäß § 249BVergG 2018 entweder die Prüfung der Leistungsfähigkeit oder die Selbstreinigung zum Tragen komme, was im systematischen Zusammenhang mit den einzelnen Ausschlussgründen anzuwenden sei.
Insofern würden auch die Gesetzesmaterialien zum inhaltsgleichen § 83 BVergG 2018 darauf verweisen, dass hinsichtlich § 78 Abs 1 Z 2 und 3 aufgrund der Möglichkeit der Abstandnahme vom Ausschluss gem. § 78 Abs 3 eine Selbstreinigung nicht notwendig und im Kontext des vorliegenden Paragraphen auch nicht vorstellbar sei.
Die in § 254 Abs 2 bis 5 BVergG 2018 genannten Maßnahmen zur Glaubhaftmachung der Selbstreinigung würden sich ausschließlich auf strafbare Handlungen und Verfehlungen beziehen. Die Meinung des österreichischen Gesetzgebers decke sich auch mit der deutschen Meinung zur vergleichbaren Bestimmung. Im Übrigen habe die Auftraggeberin in ihrer Ermessens Entscheidung sehr wohl inhaltlich berücksichtigt, dass sich das Unternehmen in Zukunft wieder auf seine Kernkompetenzen beschränken würde und dabei weiterhin in den Bereichen XXXX tätig sein werde. Weiters sei berücksichtigt worden, dass der für die Insolvenz verantwortliche Unternehmensbereich XXXX geschlossen worden sei.
Die Antragstellerin sehe eine wesentliche Einschränkung des Ermessensspielraums des Auftraggebers durch die Insolvenzordnung und den darin normierten Gläubigerschutz, insbesondere durch § 21 Abs 1 IO und § 25b IO. Dabei verkenne die Antragstellerin, dass die von ihr herangezogenen Bestimmungen auf den gegenständlichen Fall keine Anwendung finden würden. Die Antraggeberin habe sich aber auch mit diesem Thema eingehend in ihrer Prüfung auseinandergesetzt. Aus zivilrechtlicher Sicht seien Bieter- und Arbeitsgemeinschaften Gesellschaftlichen bürgerlichen Rechts (GesbR), denen gem. § 1175 Abs 2 ABGB keine eigene Rechtspersönlichkeit zukomme. Träger von Rechten und Pflichten seien daher die Gesellschafter, nicht jedoch die Arbeitsgemeinschaft selbst, sodass jedes Mitglied der Bietergemeinschaft das Angebot zu legen habe.
§ 21 IO regle im Allgemeinen die Erfüllung von zweiseitigen Rechtsgeschäfte und lege fest, dass ein zweiseitiger Vertrag von dem Schuldner und dem anderen Teil zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht oder nicht vollständig erfüllt werde, so könne der Insolvenzverwalter entweder anstelle des Schuldners den Vertrag erfüllen und vom anderen Teil Erfüllung verlangen oder vom Vertrag zurücktreten.
Gegenständlich sei aber bis lang noch kein Vertrag abgeschlossen worden, sodass § 21 IO auch nicht einschlägig sei. Vielmehr habe bis zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nur ein Angebot vorgelegen; in diesem Falle komme § 26 Abs 3 IO zur Anwendung, der laute: „An Anträge des Schuldners, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht angenommen worden sind, ist der Insolvenzverwalter nicht gebunden.“
In der insolvenzrechtlichen Literatur werde die Meinung vertreten, dass die Masse an frühere Angebote des Gemeinschuldners nicht gebunden sei. Vor Einleitung des Insolvenzverfahrens abgegebene Angebote würden erlöschen und könnten aber natürlich in der Insolvenz erneuert werden. Im Hinblick auf die vorgesehene Ermessensentscheidung des Auftraggebers sei diese zivilgerichtliche Einordnung bei der vergaberechtlichen Beurteilung außer Betracht gelassen worden. Dies deshalb, da bei einer anderen Betrachtung der Auftraggeber niemals eine positive Ermessensentscheidung zu Gunsten des insolventen Bieters treffen könnte und die gesetzliche Ermessensausübung de facto ohne Anwendungsbereich wäre.
Aufgrund dieser harmonisierten Auslegung des BVergG und der IO habe die Auftraggeberin den Masseverwalter auch um Stellungnahme zum Angebot gebeten, der iS des § 26 Abs 3 IO die Bindung an das Angebot erklärt habe. Dies bedeute jedoch nicht, dass auch die Auftraggeberin verpflichtet sei, den Vertrag abzuschließen. Vielmehr obliege der Abschluss des Vertrags der Ermessensentscheidung der Auftraggeberin. Die Ermessensentscheidung habe jedoch trotz positiver Aspekte nicht zu einer positiven Beurteilung der Zuverlässigkeit geführt, weshalb das Angebot auszuscheiden gewesen sei.
Wenn die Antragstellerin ins Treffen führe, das Ziel des Bundesvergabegesetzes der größtmögliche Wettbewerb sei, so sei das richtig. Gleichzeitig sei die Auftraggeberin in jeder Situation im Ausschreibungsverfahren an die Grundsätze des Vergaberechts gebunden, wonach sie nur an geeignete, nämlich zuverlässige, befugte und leistungsfähige Unternehmen vergeben dürfe.
Zu den Rückständen bei der Sozialversicherung brachte die Antragstellerin vor, die Auftraggeberin habe ihr zu Last gelegt, Sie habe ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme beziehungsweise zum Nachweis der Zuverlässigkeit im Hinblick auf die Rückstände bei der Sozialversicherung in Höhe von rund XXXX nicht eingeräumt. Davon habe Abstand genommen werden können, weil die Zuverlässigkeit bereits aus den bisher genannten Gründen nicht gegeben sei. Eine weitere Aufklärung zu diesem Thema hätte nur unnötigen Aufwand bei der Antragstellerin verursacht.
Zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit führte die Auftraggeberin aus, dass in den bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gefordert werde, dass Bewerber beziehungsweise Bieter beziehungsweise alle Mitglied der Bewerber- beziehungsweise Bietergemeinschaft die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an entsprechende Bonität, welche kein erhöhtes Risiko ergebe (z.B. Rating anhand des KSV max 399 habe). Auch hier komme eine Substitution durch die XXXX aufgrund der bestandsfesten Ausschreibungsunterlagen nicht in Betracht. Richtig sei, dass das KSV – Rating maximal 399 nur beispielhaft aufgezählt worden sei und der Bieter gemäß § 255 Abs 2 BVergG 2018 den Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auch durch Vorlage jedes anderen vom Sektorenauftraggeber für geeignet erachteten Nachweises erbringen könne. Richtig sei auch, dass der VwGH alternative Nachweismittel grundsätzlich zulasse.
Der von der Auftraggeberin vorliegend verlangte Nachweis eines bestimmten KSV-Ratings als Bonitätsauskunft diene der Information der Auftraggeberin über das haftende Eigenkapital des Bieters. Dies könne nach Ansicht der Auftraggeberin mit dem vorgelegten Kreditvertrag nicht nachgewiesen werden, weil sich daraus nicht das geforderte Eigenkapital der XXXX ergebe. Aus dem Kreditvertrag würden sich insbesondere die Besicherungen ergeben, die von der XXXX gestellt worden sei und deren Rating durch die Insolvenz der XXXX zum aktuellen Zeitpunkt XXXX betrage. Außerdem dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass sich die Bank durch außerordentliche Kündigungsrechte entsprechend abgesichert habe.
Ein internes Bankenrating für die XXXX habe die XXXX jedoch nicht vorlegen wollen. Insofern sei auch der Vorwurf, man habe die Antragstellerin auch damit nicht konfrontiert, unrichtig. Insofern sei das Angebot der Antragstellerin auch aus dem Grund der mangelhaften finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszuscheiden gewesen.
3. Mit Replik vom 11.08.2020 führte die Antragstellerin Folgendes aus: Die Auffassung der Antragsgegnerin, sie hätte ein „kontradiktorisches Prüfungsverfahren“ durchgeführt, sei unrichtig. Die Antragsgegnerin habe in den Bewerbungsgrundlagen bestandsfest die Modalitäten der Informationsübermittlung festgelegt und darin sowohl für Bieter als auch für den Auftraggeber den (einzigen) Weg für die rechtsgültige Übermittlung von Informationen normiert. Über diesen Weg habe weder ein Vorhalt noch eine Aufforderung zur Stellungnahme oder ein Austausch von Informationen im Vorfeld der angefochtenen Ausscheidensentscheidung stattgefunden. Eine ausschreibungskonforme Vorgehensweise, wie es die Vergabegrundsätze verlangen würden, sei hinsichtlich der herangezogenen Ausschlussgründe nicht erfolgt. Es sei ebenfalls nicht den gesetzlich vorgegebenen Modalitäten an die Verfahrenskommunikation entsprochen worden. Das Abweichen von der ausschreibungs- und gesetzeskonformen Vorgehensweise sei jedoch relevant, zumal nur bei rechtskonformem Vorgehen, Unternehmer Handlungen dem Auftraggeber eindeutig zuordnen sowie entsprechend ihr eigenes Handeln danach ausrichten könnten. Eine derartige Verletzung der gesetzlichen und selbst normierten Vorgehensweise führe zu einer Aushöhlung der Bieterrechte und des Wesens des Vergaberechts, zumal gegenständlich auch keine Personenidentität der beteiligten Personen bestanden habe.
Nicht zuletzt habe die von der Auftraggeberin gewählte Vorgangsweise zudem eine unzureichende Dokumentation des Vergabeverfahrens bewirkt. Das Stützen der Antragsgegnerin auf ,,mündliche und telefonische" Auskünfte zeige deutlich, dass es nicht möglich gewesen sei, nachzuvollziehen, ob eine ordnungsgemäße Prüfung stattgefunden und die Antragsgegnerin ihr Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt habe. Durch die bisherige korrekte Vorgehensweise der Antragsgegnerin in diesem Verfahren habe sie ein berechtigtes Vertrauen der Antragstellerin, dass diese Vorgehensweise beibehalten werde, erzeugt. Die Antragsgegnerin habe über die Vergabeplattform am 25.06.2020 mitgeteilt, dass bereits mit dem Sanierungsverwalter Kontakt aufgenommen worden sei und er um eine Stellungnahme zum gegenständlichen Angebot und zur Prognose der Leistungsfähigkeit sowie zur Glaubhaftmachung der Zuverlässigkeit der Gemeinschuldnerin gebeten worden sei. Weiters sei darin ausgeführt worden, dass diese Antworten bereits vorliegen würden. XXXX sei aufgefordert worden zum Fortbestand bzw zur Weiterführung der ARGE/BIEGE über die Vergabeplattform Stellung zu nehmen. Daher habe die Antragstellerin davon ausgehen können, dass Informationen hinsichtlich der Eignung der XXXX bereits ausreichend vorgelegt worden seien. Auch habe die Antragstellerin auf Basis der Beilage ./10 darauf vertrauen dürfen, dass verbindliche Auskünfte bzw Aufforderungen weiterhin über die Vergabeplattform (mit entsprechender Frist zur Beantwortung) erfolgen würden.
Auch in inhaltlicher Hinsicht sei kein (ausreichender) Vorhalt erfolgt. Ein ,,kontradiktorisches Prüfungsverfahren" habe nicht stattgefunden. Die Antragstellerin habe mit der Einreichung des Teilnahmeantrags die geforderten Eignungsnachweise ordnungsgemäß erbracht und sei dementsprechend zur zweiten Verfahrensstufe zugelassen worden. Sofern sich die Antragsgegnerin nunmehr darauf berufen sollte, dass die Eignung entgegen der von der Antragstellerin zur Verfügung gestellten ausreichenden Eignungsnachweise - zwischenzeitlich verloren gegangen sei und sie deshalb vom Vergabeverfahren auszuschließen sei, hätte sie diesen Umstand und die Gründe dafür der Antragstellerin inhaltlich ausreichend bestimmt vorhalten und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme sowie zur Glaubhaftmachung, dass sie nicht auszuschließen sei, geben müssen. Dies zähle zu den elementaren Anforderungen des Gleichbehandlungsgebots. Diese Gründe hätten in der Aufforderung „im Detail“ mitgeteilt werden müssen. Gegenständlich sei der Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt, weder von der Antragsgegnerin noch von deren Rechtsvertreterin, ein beabsichtigter Ausschluss aus dem Vergabeverfahren mitgeteilt worden. Auch sei die Antragstellerin nicht aufgefordert worden, ausreichende Unterlagen vorzulegen, mit der Konsequenz, sie werde andernfalls ausgeschlossen, noch sei ihr ausdrücklich die Gelegenheit zur Selbstreinigung gegeben worden. Mangels entsprechenden Vorhalts habe die Vorgehensweise der Antragsgegnerin die Vergabegrundsätze verletzt, sodass die gegenständliche Ausscheidensentscheidung daher bereits aus diesem Grund rechtswidrig sei.
Die Antragsgegnerin vertrete in ihrer Stellungnahme die Auffassung, die Antragstellerin hätte in ihrem Nachprüfungsantrag die Eignungsanforderungen der Zuverlässigkeit sowie der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vermischt. Dieser Vorwurf sei aus Sicht der Antragstellerin jedoch nicht nachvollziehbar, zumal in besagtem Kapitel des Nachprüfungsantrags die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit überhaupt nicht adressiert worden sei. Nach Ansicht der Antragsgegnerin in ihrer Stellungnahme sei bei hinreichender Leistungsfähigkeit für die Durchführung des Auftrags die Zuverlässigkeit des fraglichen Unternehmens gegeben. Damit verkenne die Antragsgegnerin jedoch den Begriff der „hinreichenden Leistungsfähigkeit“ und die Bedeutung von § 249 Abs 4 BVergG 2018, wonach „der Sektorenauftraggeber von einem Ausschluss gemäß Abs 2 Z 1 und 2 Abstand nehmen kann, wenn die Leistungsfähigkeit des Unternehmers für die Durchführung des Auftrages ausreicht.“ Diese Bestimmung sei in Umsetzung der Vergaberechtlinien normiert worden, darin stehe: „Ungeachtet des Unterabsatzes 1 Buchstabe b [„befindet sich in einem Insolvenzverfahren"] können die Mitgliedstaaten verlangen oder die Möglichkeit vorsehen, dass der öffentliche Auftraggeber einen Wirtschaftsteilnehmer, der sich in einer der in jenem Buchstaben genannten Situationen befindet, nicht ausschließt, wenn der öffentliche Auftraggeber unter Berücksichtigung der geltenden nationalen Vorschriften und Maßnahmen betreffend die Fortführung der Geschäftstätigkeit in den Situationen nach Buchstabe b festgestellt hat, dass der fragliche Wirtschaftsteilnehmer in der Lage sein wird, den Auftrag zu erfüllen." § 249 Abs 4 BVergG 2018 sei vor diesem unionsrechtlichen Hintergrund auszulegen. Ziel und Zweck dieser Bestimmung sei trotz Vorliegens eines Ausschlussgrundes (und damit trotz grundsätzlich fehlender Eignung (Zuverlässigkeit)) die Auftragsvergabe an einen Bieter zuzulassen, wenn dieser in der Lage wäre, den gegenständlichen Auftrag zu erfüllen. Damit werde sichergestellt, dass der bloße Umstand eines eingeleiteten Insolvenzverfahrens nicht zum Ausschluss führe, wenn die Erfüllung des Auftrags aufgrund der jeweiligen Gegebenheiten nicht in Frage stehe. Die Beurteilung von § 249 Abs 4 BVerG 2018 sei daher, entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin, von der Beurteilung der Zuverlässigkeit eines einzelnen Mitglieds der Bietergemeinschaft zu trennen.
Es sei folglich auch die hinreichende Leistungsfähigkeit für die Durchführung des Auftrags nicht isoliert für jedes einzelne Mitglied der Bietergemeinschaft, sondern für die Bietergemeinschaft insgesamt zu betrachten, zumal sich die Mitglieder der Bietergemeinschaft zur gemeinsamen Leistungserbringung verpflichten würden. Eine andere Ansicht würde den Sinn und Zweck von § 249 Abs 4 BVergG 2018 konterkarieren, zumal das Wesen einer Bietergemeinschaft in der Bündelung von Ressourcen bestehe und von einzelnen Mitgliedern einer Bietergemeinschaft, nicht verlangt werde, jeweils Sicherheit für die vollständige Erfüllung eines gesamten Auftrags zu bieten. Die von der Antragsgegnerin vertretene Auffassung, dass die hinreichende Leistungsfähigkeit iSd § 249 Abs 4 BVergG 2018 isoliert für das jeweilige Mitglied der Bietergemeinschaft vorliegen müsse, widerspreche auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Damit würde in ungerechtfertigter Weise derselbe Maßstab für Unternehmen, die sich als (Einzel-)Bieter an einer Ausschreibung beteiligen, zur Anwendung gelangen, wie für Mitglieder einer Bietergemeinschaft. Nach ständiger Rechtsprechung dürften jedoch insbesondere die ,,Regeln zur Festlegung der Bedingungen für die Anwendung von Art. 57 der Richtlinie, nicht über das hinausgehen […], was zur Erreichung der mit dieser Richtlinie verfolgten Ziele erforderlich ist.“ Es wäre daher gegenständlich zu prüfen gewesen, ob die antragstellende Bietergemeinschaft insgesamt für die Durchführung des Auftrags hinreichend leistungsfähig iSd § 249 Abs 4 BVergG 2018 sei. Die Antragsgegnerin habe lediglich XXXX isoliert betrachtet und die vorliegende Entscheidung daher mit Rechtswidrigkeit belastet.
Die Antragsgegnerin sei der Auffassung, dass es für die Entscheidung iSd § 249 Abs 4 BVerG 2018 maßgeblich sei, wie stark die Unsicherheiten der Erfüllung der künftigen vertraglichen Verpflichtungen seien. Neue Gründe habe sie in der Stellungnahme vom 28.07.2020 nicht vorgebracht. Die Antragsgegnerin habe mit der mangelnden Sicherheit der tatsächlichen Annahme und Erfüllung des Sanierungsplans ein untaugliches Kriterium für ihre Entscheidung herangezogen. Zum Vorhalt der Antragsgegnerin, dass auch nach formalem Abschluss des Insolvenzverfahrens ein Ausschluss auf Basis des Ausschlussgrunds der Insolvenz erfolgen könne, werde hingewiesen, dass ein solcher Ausschluss eine unzulässige Erweiterung der taxativ geregelten Ausschlussgründe und damit rechtswidrig wäre. Die Antragsgegnerin stütze ihre gegenteilige Ansicht auf die deutsche Rechtsprechung, welche deutlich mache, warum die deutsche Rechtslage nicht mit der Österreichischen vergleichbar sei, da anders als nach österreichischem Recht, die Verabschiedung und gerichtliche Bestätigung eines Sanierungsplans nicht zwingend ein Insolvenzverfahren beende.
Hinsichtlich der von der Antragsgegnerin ebenfalls als nachteilig gewerteten Laufzeit des Kreditvertrags XXXX Die Vertragslaufzeit sei daher vielmehr positiv zugunsten von XXXX zu werten.
Betreffend das Sanierungsverfahren der konzernverbundenen XXXX werde ergänzend darauf hingewiesen, dass dies keine Auswirkungen auf die Verfügbarkeit der Mitarbeiter von XXXX habe. Das erforderliche Personal stehe weiterhin uneingeschränkt zur Verfügung. Die plausibilisierte Fortführungsrechnung erwartete sinkende Fixkosten lediglich aufgrund der personalen Konsequenzen aus der Schließung des Unternehmensbereichs „ XXXX “. Die sonstigen, insbesondere für den gegenständlichen Auftrag relevanten Unternehmensbereiche seien davon unberührt. Dem Verweis der Antragsgegnerin, dass die Solidarhaftung in der Bietergemeinschaft nicht ausreichend wäre und die Antragsgegnerin bei Scheitern der Sanierung mit einer wesentlichen Vertragsänderung und folglich Neuausschreibungspflicht konfrontiert wäre, werde entgegengehalten, dass zulässige Vertragsänderungen gemäß § 365 Abs 3 Z 3 BVergG 2018 alle Arten von Unternehmensumstrukturierungen erfassen würden, insbesondere auch hinsichtlich der Mitglieder einer Arbeitsgemeinschaft. Ein Wechsel von Mitgliedern einer Arbeitsgemeinschaft müsse aus teleologischen Gründen im selben Umfang zulässig sein, wie ein Wechsel des (einzigen) Auftragnehmers. Selbst eine im Rahmen des Sanierungsverfahrens durchgeführte Abspaltung oder Übertragung des Unternehmensbereiches von XXXX bedeute nicht zwangsläufig eine wesentliche Vertragsänderung. Das Risiko einer Neuausschreibungspflicht bzw einer wesentlichen Vertragsänderung sei zudem kein für die vorliegende Konstellation spezifisches Risiko, sondern bestehe allgemein im Zusammenhang mit jedweder Form gesellschaftsrechtlicher Änderungen. Auch dieser Umstand stelle daher keinen Grund für die Nicht-Erfüllung von § 249 Abs 4 BVergG 2018 dar.
Darüber hinaus sei der erfolgreiche Abschluss des Sanierungsverfahrens anhand der vorgelegten detaillierten Prognoserechnung plausibilisiert worden. In der Prognoserechnung sei kein Zweifel an der Fortführbarkeit des Unternehmens geäußert worden.
Im Übrigen würde die Auffassung, dass bei einer Bietergemeinschaft, in welcher der mit Abstand überwiegende Leistungsteil von XXXX zu erbringen wäre, dieses Unternehmen solidarisch mit dem zweiten Mitglied der Bietergemeinschaft, das sich in einem positiv prognostizierten Sanierungsverfahren befinde, eine mögliche Neuausschreibung aufgrund des derzeitigen Sanierungsverfahrens die Anwendung von § 249 Abs 4 BVergG 2018 verhindere, dieser Bestimmung jeglichen Anwendungsbereich nehmen. Ein solcher Wille, eine gesetzliche Bestimmung ohne Anwendungsbereich zu schaffen, könne dem Gesetzgeber jedoch nicht unterstellt werden.
Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin sei aufgrund der solidarischen Pflicht von XXXX zur Leistungserbringung und der Erklärung dieses Mitglieds der Bietergemeinschaft gegenüber der Antragsgegnerin, den Vorvertrag vollständig einzuhalten und im Auftragsfall den Auftrag unverändert durchzuführen, die für die Durchführung des Auftrags hinreichende Leistungsfähigkeit iSd § 249 Abs 4 BVergG 2018 gegeben. Wie im Nachprüfungsantrag ausführlich dargelegt worden sei, werde das Ermessen eines Auftraggebers im Fall von § 249 Abs 4 BVergG 2018 durch die Insolvenzordnung und den Gläubigerschutz dahingehend eingeschränkt, dass bei Vorliegen einer hinreichenden Leistungsfähigkeit vom Ausschluss abzusehen wäre und insofern kein Spielraum verbleibe. Das BVwG sei daher in seiner vollumfänglichen Überprüfungskompetenz nicht beschränkt. Die von der Antragsgegnerin herangezogenen Gründe für die Verneinung von § 249 Abs 4 BVergG 2018 seien, wie zuvor sowie im Nachprüfungsantrag ausgeführt, nicht einschlägig; vielmehr sei die Bietergemeinschaft für die Durchführung des Auftrags hinreichend leistungsfähig, sodass die Durchführung des Auftrags somit ungeachtet des laufenden Sanierungsverfahrens von XXXX gesichert sei. Die Antragsgegnerin hätte daher bei ordnungsgemäßer Vorgehensweise vom Ausschluss abzusehen gehabt.
Die Antragsgegnerin habe die Prüfung isoliert auf XXXX bezogen und nicht geprüft, ob die Bietergemeinschaft insgesamt für die Durchführung des Auftrags hinreichend leistungsfähig sei. Sie habe untaugliche Kriterien für die Beurteilung herangezogen, das Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes ausgeübt und nicht den erforderlichen Sachverhalt ermittelt, welcher Informationen zur Bietergemeinschaft insgesamt und folglich auch zum zweiten Mitglied der Bietergemeinschaft gefordert hätte. Im Übrigen sei der Antragstellerin auch diese Einschätzung nicht vorgehalten worden. Sie sei nicht konkret zur Vorlage aller relevanten Unterlagen aufgefordert worden, damit die Antragsgegnerin über eine ausreichend fundierte Entscheidungsgrundlage verfüge.
Die Auffassung der Antragsgegnerin, dass die Möglichkeit der Selbstreinigung gemäß § 254 BVergG 2018 nicht zur Anwendung käme, sei unrichtig und widerspreche der ständigen Rechtsprechung des EuGH (EuGH 11.06.2020, C-472/19, Vert Marine): „Folglich ergibt sich aus dem Wortlaut von Art 38 Abs 9 der Richtlinie 2014/23 , dass ein Wirtschaftsteilnehmer, außer in dem in UnterAbs 3 dieser Bestimmung genannten Fall [Anm: rechtskräftige Festlegung eines bestimmten Ausschlusszeitraums], den Nachweis ergriffener Abhilfemaßnahmen erbringen kann, um trotz des Vorliegens eines der in Art. 38 Abs 4 und 7 der Richtlinie 2014/23 genannten Ausschlussgründe, [...] seine Zuverlässigkeit zu belegen.“
Unternehmer hätten somit ein Recht auf Glaubhaftmachung einer erfolgreichen Selbstreinigung, sodass die Anwendbarkeit von § 254 BVergG 2018 bereits aufgrund des Prinzips der unionsrechtskonformen Interpretation geboten sei. Darüber hinaus habe der Verwaltungsgerichtshof bereits vor innerstaatlicher Umsetzung der Vergaberichtlinien 2014 die unmittelbare Anwendbarkeit der Möglichkeit der Selbstreinigung im Falle eines Insolvenzverfahrens anerkannt (VwGH 26.06.2019, Ra 2018/04/0161): „Nach Art. 57 Abs 6 der Richtlinie 2014/24/EU kann jeder Wirtschaftsteilnehmer, der sich in einer der in den Absätzen 1 und 4 genannten Situationen (somit etwa nach Abs 4 Buchst. b in einem Insolvenzverfahren) befindet, Nachweise dafür, erbringen, dass die Maßnahmen des Wirtschaftsteilnehmers ausreichen, um trotz des Vorliegens eines einschlägigen Ausschlussgrundes seine Zuverlässigkeit nachzuweisen. [...] Die Regelung räumt dem Unternehmer einen Anspruch ein, der inhaltlich unbedingt ausgestaltet und auch hinreichend genau formuliert ist.“
Eine Selbstreinigung sei daher auch im Falle eines Insolvenzverfahrens möglich. In diesem Sinn sei auch § 254 Abs 1 BVergG 2018 so auszulegen, wonach ein Unternehmer bei Vorliegen „eines Ausschlussgrundes gemäß § 248 Abs 1 oder § 249 Abs 1 oder 2 [...] mangels Zuverlässigkeit vom Vergabeverfahren auszuschließen, es sei denn, die Voraussetzungen des § 249 Abs 4 bis 6 liegen vor oder der Unternehmer macht glaubhaft, dass er trotz des Vorliegens eines Ausschlussgrundes zuverlässig ist.“ Zu den zitierten Erläuterungen der Antragsgegnerin werde auf die ständige Rechtsprechung verwiesen, wonach diese unerheblich seien, sofern sie nicht im Gesetz Niederschlag gefunden hätten. Diese Interpretation sei gerade dann zwingend geboten, wenn der Ausschlussgrund der fehlenden Zuverlässigkeit auch nach rechtskräftiger Beendigung erfüllt sei. Andernfalls würde die Auffassung der Antragsgegnerin zu einem zeitlich unbegrenzten, automatischen Ausschluss dieses Unternehmers von Vergabeverfahren führen, was nach ständiger Rechtsprechung des EuGH unzulässig sei. Bei einem Insolvenzverfahren habe der Auftraggeber daher sowohl zu prüfen, ob § 249 Abs 4 BVergG 2018 erfüllt sei, als auch die Möglichkeit zur Glaubhaftmachung der erfolgreichen Selbstreinigung gemäß S 254 BVergG 2018 einzuräumen. Die Antragsgegnerin habe keine diesbezügliche Prüfung vorgenommen und der Antragstellerin auch nicht die Möglichkeit dazu eingeräumt.
In der Stellungnahme vom 28.07.2020 habe die Antragsgegnerin ausgeführt, dass sie die zukünftige Beschränkung von XXXX auf seine Kernkompetenzen, die Schließung des für die Insolvenz verantwortlichen Unternehmensbereiches XXXX und die XXXX , berücksichtigt habe. Ausgehend davon teile die Antragsgegnerin offensichtlich die Ansicht, dass diese Umstände zu einem positiven Ergebnis geführt hätten, wenn sie sie im Rahmen der Selbstreinigung gemäß § 254 BVergG 2018 beurteilt worden wären. Da § 254 BVergG 2018 zur Anwendung komme, wäre die Antragsgegnerin bei entsprechender Anwendung dieser Bestimmung zum Ergebnis gelangt, dass XXXX die erforderlichen Maßnahmen iSd § 254 BVergG 2018 getroffen habe. XXXX habe selbst einen Insolvenzantrag gestellt, einen Sanierungsplan vorgelegt, eine Fortführungsrechnung erstellt und diese von einer anerkannten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft überprüfen lassen und folglich die die Schließung des einzigen defizitären Unternehmensbereichs XXXX veranlasst, XXXX , einen Kredit für einen Überbrückungszeitraum aufgenommen, um die Fortführung und erfolgreiche Sanierung sicherzustellen, und zudem eine laufende Kontrolle und Evaluierung der wirtschaftlichen Entwicklung durch diese Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit wöchentlichen Berichten eingerichtet, um ein lückenloses Monitoring sicherzustellen. Die Antragsgegnerin hätte folglich die Antragstellerin bei rechtskonformer Vorgehensweise gemäß § 354 BVergG 2018 nicht ausscheiden dürfen. Ermessen der Antragsgegnerin habe in dieser Hinsicht nicht bestanden. Die vorliegende Ausscheidensentscheidung sei daher rechtswidrig und mangels sonstiger Ausscheidensgründe für nichtig zu erklären.
Die Antragsgegnerin bestreite in ihrer Stellungnahme nicht, dass ein KSV-Rating von max 399 in der Ausschreibung bloß beispielhaft als Eignungsnachweis genannt worden sei. Gemäß den Ausführungen der Antragsgegnerin hätte der Eignungsnachweis der Information der Auftraggeberin über das haftende Eigenkapital gedient. Da sich aus dem vorgelegten Kreditvertrag das Eigenkapital der XXXX nicht ergebe, sei dieser nicht geeignet. Der vermutete Sinn und Zweck sowie der subjektive Wille eines Auftraggebers seien bei der Auslegung der Ausschreibung irrelevant, selbst wenn die Antragsgegnerin mit der Festlegung hinsichtlich der Bonität die Eigenkapitalausstattung abfragen habe wollen. Die Ausschreibungsunterlagen seien nach ständiger Rechtsprechung nach ihrem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. In Punkt 12.3.1.3 der Bewerbungsgrundlagen, mit dem Titel „finanzielle und wirtschaftliche LF -Bonität (KSV)“, werde festgelegt, dass der Bewerber bzw die Bieter bzw alle Mitglieder der Bewerber- bzw Bietergemeinschaft für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eine entsprechende Bonität, welche kein erhöhtes Risiko ergebe (2.8. Rating an Hand des KSV max. 399), haben müssten. Bonität bedeute nach allgemeinem Sprachgebrauch Kreditwürdigkeit. Dass diese Eignungsanforderung tatsächlich die Eigenkapitalausstattung bezeichne, spiegle sich im objektiven Erklärungsgehalt der Ausschreibung nicht wider. Hätte die Antragsgegnerin die Eigenkapitalausstattung abfragen wollen, hätte sie ein entsprechendes Eignungskriterium festlegen müssen. Aufgrund der Vergabegrundsätze, insbesondere des Gleichbehandlungsgrundsatzes, bestehe nunmehr eine strenge Bindung an die bestandsfeste Ausschreibung. Eine Umdeutung des festgelegten Eignungskriteriums der Bonität in ein Eignungskriterium „Eigenkapitalausstattung“ widerspreche diesem Grundsatz. Aus der Ausschreibung ergebe sich weiters, dass diese Eignungsanforderung der Bonität durch jeden passenden Nachweis belegt werden könne. Die verbindliche Vorgabe eines bestimmten Eignungsnachweises, insbesondere die verpflichtende Vorlage eines KSV-Ratings, sei damit nicht erfolgt. Damit sei das Ausscheiden der Antragstellerin ausschließlich auf Grund des KSV-Ratings nicht zulässig, da ein solches im Fall der Insolvenzeröffnung automatisch auf XXXX gesetzt werde, unabhängig von den individuellen Gegebenheiten (tatsächliche Finanzausstattung des Unternehmens, Durchführung eines Sanierungsverfahrens etc).
Die Frage der Bonität werde insbesondere durch jede Bank im Vorfeld einer Kreditvergabe geprüft. Eine genauere Prüfung als in diesem Rahmen sei kaum vorstellbar, sodass ein Kreditvertrag mit entsprechender Kreditsumme einen geeigneten Nachweis der Bonität eines Unternehmens darstelle. Der von der Antragstellerin vorgelegte Kreditvertrag von XXXX belege, dass trotz eingeleiteten Insolvenzverfahrens, aus Sicht der Bank kein überdurchschnittliches Risiko von XXXX bestehe. Ein weiterer Fremdkapitalbedarf bestehe auf Basis der Fortführungsrechnung nicht. Der Kreditbedarf von XXXX sei daher deutlich geringer als mitunter jener von Unternehmern, welche sich nicht in dieser Situation befinden XXXX und ein KSV-Rating von max 399 erlangen könnten). Wie der Sanierungsverwalter der Antragsgegnerin in seiner Erklärung vom 23.06.2020 bestätigt habe, sei die erforderliche Finanzierung für die Fortführung von XXXX aufgrund dieses Kreditvertrags gesichert. Damit sei die entsprechende Bonität in geeigneter Form nachgewiesen worden. Die tatsächliche Kreditgewährung habe daher, insbesondere in Zusammenschau mit den weiteren vorgelegten Unterlagen, eine (zumindest) gleichwertige Aussagekraft zu einem KSV-Rating. Die vorgelegten Unterlagen würden sogar die tatsächliche Bonität von XXXX belegen, wonach kein erhöhtes Risiko vorliege.
Durch die Vorlage des Kreditvertrages sei die geforderte wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit ordnungsgemäß nachgewiesen worden. Selbst wenn das Bundesverwaltungsgericht zu der Ansicht gelange, dass bestandsfest ein KSV-Rating verlangt worden wäre, wären die vorgelegten Unterlagen im Sinn der Rechtsprechung ein geeigneter alternativer Nachweis iSd § 252 Abs 2 BVergG 2018, da damit die gleiche Aussagekraft hinsichtlich der Bonität zu belegen wäre. Für die Bonität von XXXX habe das Rating der XXXX , wenngleich diese die Sicherheiten für den Kreditvertrag bestellt habe, keine maßgebliche Aussagekraft, da diese von ihr bestellten Sicherheiten insbesondere in Form von XXXX erfolgt seien, wobei zu berücksichtigen sei, dass die eingeräumten dinglichen Sicherheiten die gesamte Kreditsumme abdecken würden. Auch die von der Antragsgegnerin angeführten außerordentlichen Kündigungsrechte würden an dieser Beurteilung nichts ändern, da es sich hierbei um durchwegs übliche Kündigungsrechte handle.
Im Lichte der höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu möglichen alternativen Nachweisen, habe die Antragstellerin mit den von ihr vorgelegten Unterlagen den Nachweis der entsprechenden Bonität von XXXX erbracht. Die Ansicht der Antragsgegnerin, dass für XXXX das Rating ihrer Kommanditistin eins zu eins heranzuziehen sei, widerspreche der bestandsfesten Ausschreibung, da damit für XXXX andere Maßstäbe angewendet werden würden als für sonstige Bieter. Auch dieser vermeintliche Ausschlussgrund sei der Antragstellerin nicht in rechtskonformer Weise vorgehalten worden bzw sei die Antragstellerin nicht (mit angedrohter Ausscheidenssanktion) entsprechend aufgefordert worden, einen gleichwertigen Nachweis vorzulegen, was unter anderem dadurch belegt werde, dass sich die gutachtliche Stellungnahme von XXXX ausschließlich mit einem Vergleich des derzeitigen KSV-Ratings von XXXX mit dem bloß als Beispiel für den Nachweis der Bonität genannten KSV-Rating begnüge. Auch die von der Antragsgegnerin vorgelegten E-Mails von XXXX würden einen solchen Nachweis nicht zeigen. Die erforderlich gewesene Prüfung bzw der entsprechende Vorhalt, ob die geforderte Bonität durch die sonstigen vorgelegten Unterlagen nachgewiesen oder allenfalls ein geeigneter, alterativer Nachweis iSd § 255 Abs 2 BVergG 2018 vorgelegt worden sei, sei daher in unzulässiger Weise unterblieben. Im Falle einer ordnungsgemäßen Prüfung wäre die Antragsgegnerin auf Basis der bisherigen Rechtsprechung zu der Auffassung gelangt, dass die geforderte Bonität von XXXX nachgewiesen worden sei.
Weiters werde angemerkt, dass die von der Antragsgegnerin in ihrer Stellungnahme angeführte Rückstandssumme iHv XXXX für die Antragstellerin nicht nachvollziehbar sei. Die Antragsgegnerin trete in ihrer Stellungnahme dem Vorbringen der Antragstellerin, es sei keine Möglichkeit zur Stellungnahme bzw zur Darlegung der Zuverlässigkeit eingeräumt worden, nicht entgegen. Auch inhaltlich bestreite die Antragsgegnerin die Ausführungen der Antragstellerin dazu nicht näher. Die Antragstellerin verweise daher, insbesondere zur detaillierten Darlegung der erfolgten Stundung der Beiträge, auf die Ausführungen im Nachprüfungsantrag. XXXX habe daher seine Verpflichtungen zur Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge nicht verletzt, sodass dieser Ausschlussgrund nicht vorliege bzw § 249 Abs 5 BVergG 2018 erfüllt sei. Bei rechtskonformer Vorgehensweise hätte die Antragsgegnerin der Antragstellerin die Möglichkeit zur Darlegung der Eignung gemäß § 249 Abs 5 BVergG 2018 sowie zur Selbstreinigung gemäß § 254 BVergG 2018 gewähren müssen. Zudem werde ergänzend festzuhalten, dass naturgemäß bei Einleitung eines Sanierungsverfahrens, auch ein Rückstand bei der Sozialversicherung bestehe, da die Befriedigung eines Gläubigers unmittelbar vor Einleitung eines Sanierungsverfahrens, eine rechtswidrige Bevorzugung dieses Gläubigers darstellen könnte. Ein Rückstand bei der Sozialversicherung könne kein Grund dafür sein, die Anwendbarkeit des § 249 Abs 4 BVergG 2018 auszuschließen.
Die von der Antragsgegnerin behaupteten Ausschlussgründe würden daher allesamt nicht vorliegen bzw sei eine erfolgreiche Selbstreinigung gemäß § 254 BVergG 2018 erfolgt, sodass die gegenständliche Ausscheidensentscheidung rechtswidrig und folglich für nichtig zu erklären sei.
4. Mit Stellungnahme vom 17.08.2020 führte die Auftraggeberin Folgendes aus: Die Antragstellerin kritisiere in ihrer Replik erstmals, dass die Auftraggeberin im Rahmen ihrer Prüfung nicht die in der Ausschreibung vorgesehenen bestandfesten Modalitäten der Informationsübermittlung eingehalten habe. Dabei übersehe die Antragstellerin, dass der Inhalt der Kommunikation über das von der Auftraggeberin verwendete elektronische System XXXX keineswegs ein anderer gewesen wäre sowie, dass § 217 Abs 7 BVergG 2018 sogar die mündliche Kommunikation zulasse, soweit diese keine wesentlichen Bestandteile des Vergabeverfahrens betreffen würden und ihr Inhalt ausreichend dokumentiert sei. Dabei stelle das Gesetz klar, dass die Ausschreibungs- bzw Wettbewerbsunterlagen, sowie der Teilnahmeantrag, die Interessenbestätigung, das Angebot und die Wettbewerbsarbeit jedenfalls als wesentliche Bestandteile anzusehen seien, sodass darüber keine mündliche Kommunikation zulässig sei. Gemäß den Gesetzesmaterialen zum BVergG 2018 sei auch die telefonische Kommunikation von der mündlichen Kommunikation umfasst. Aus Art. 40 Abs 2 Sek-RL ergebe sich, dass auch mündliche Verständigungen mit Bietern, die einen wesentlichen Einfluss auf die Bewertung hätten, zulässig seien. Erforderlich sei, dass dies z.B. durch Niederschrift oder Tonbandaufzeichnungen oder Zusammenfassung der wichtigsten Elemente hinreichend dokumentiert werde. Durch die Niederschrift im Vergabeakt sowie die entsprechenden E-Mails könne die erforderliche Dokumentation belegt werden. Daher sei die Antragstellerin diesbezüglich nicht in einem subjektiven Recht verletzt. Dieses Vorbringen sei auch nicht von den im Nachprüfungsantrag geltend gemachten Beschwerdepunkten umfasst. Im Übrigen sei der telefonische Kontakt vom Rechtsvertreter der Antragstellerin ausgegangen.
Der Vorhalt der Antragstellerin, dass die Auftraggeberin ihr zu keinem Zeitpunkt einen ausreichenden Vorhalt gemacht und kein „kontradiktorisches Prüfungsverfahren“ durchgeführt habe, sei nicht richtig und könne durch die ausführliche Dokumentation im Vergabeakt belegt werden. Insbesondere würden die Ausführungen der Antragstellerin überraschen, wonach ihr zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt worden wäre, dass beabsichtigt wäre, sie vom Vergabeverfahren auszuschließen sowie, dass sie nicht aufgefordert worden wäre, ausreichende Unterlagen vorzulegen, um ihr die Gelegenheit zur Selbstreinigung zu geben und, dass eine konkrete Aufforderung zur Beantwortung von Aufklärungsfragen und zur Vorlage aller relevanten Unterlagen nicht stattgefunden hätte. Bereits im ersten E-Mail der Rechtsvertreterin vom 22.06.2020 an den Masseverwalter seien der entsprechende Vorhalt und die Möglichkeit zur Stellungnahme erfolgt: „[…] zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit ersuchen wir Sie – wenn möglich bis zum 25. Juni 2020 – um Stellungnahme zum gegenständlichen Angebot und zur Prognose der Leistungsfähigkeit sowie zur Glaubhaftmachung der Zuverlässigkeit der Gemeinschuldnerin.“. Es sei vergaberechtlich immanent und dem Masseverwalter als auch dem Rechtsvertreter der Antragstellerin bekannt, dass eine allenfalls fehlende Leistungsfähigkeit vergaberechtlich den Ausschluss bzw das Ausscheiden nach sich ziehe. Wie sich aus dem E-Mail-Verkehr zwischen der Auftraggebervertreterin und dem Masseverwalter sowie dem Vertreter der Antragstellerin ergebe, seien sowohl ergänzende Fragen gestellt, als auch die Möglichkeit eingeräumt worden, die relevanten Unterlagen vorzulegen. Insofern sei die Antragstellerin weder in den Vergabegrundsätzen verletzt, noch sei das Ausscheiden aus diesem Grund rechtswidrig. Das gegenständliche Nachprüfungsverfahren bestätige vielmehr, dass die Auftraggeberin bereits vor ihrer Entscheidung alle für ihre Ermessensentscheidung ausschlaggebenden Sachverhaltsaspekte kontradiktorisch sorgfältig ermittelt habe. Es gehe de facto nicht um fehlende Nachweise zur Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit, die bei richtigem Vorgehen der Auftraggeberin noch vorgelegt worden wären, sondern ausschließlich um die, nach Ansicht der Antragstellerin, unrichtige rechtliche Beurteilung, insbesondere der Ermessensausübung der Auftraggeberin gemäß § 249 Abs 4 BVergG 2018. Diese Ermessensentscheidung obliege ausschließlich der Auftraggeberin und es bestehe keine Verpflichtung, vor Ausscheiden die Gründe für Ihre Ermessensentscheidung mit der Antragstellerin rechtlich zu diskutieren.
Dem Sektorenauftraggeber werde gemäß § 249 Abs 4 BVergG 2018 bei Vorliegen einer Insolvenz ein Ermessensspielraum aufgrund einer Prognoseentscheidung eingeräumt. Der Vorstand der Auftraggeberin habe diese Ermessensentscheidung gemäß BVergG gleichwohl iSd Business Judgement Rule des § 84 Abs 1a AktG zum Wohle der Gesellschaft zu treffen und Chancen und Risiken auf Grundlage angemessener Informationen gegeneinander abzuwiegen, um nicht der Gesellschaft gegenüber schadenersatzpflichtig zu werden. Dabei übersehe die Antragstellerin, dass hier der Vorstand der Auftraggeberin eine Risikobewertung vorzunehmen habe und auch die Risikobereitschaft der Auftraggeberin dabei eine Rolle spiele. Die Auffassung der Antragstellerin, dem Bundesverwaltungsgericht komme eine vollumfängliche Überprüfungskompetenz zu, sei unrichtig. Die Überprüfungskompetenz des Gerichts sei bei einer Ermessensentscheidung der Auftraggeberin generell auf die Überprüfung der Einhaltung der Verfahrensbestimmungen, die Zugrundelegung zutreffender Tatsachen sowie, dass keine sachwidrigen Erwägungen angestellt werden würden, beschränkt. Die ausführliche Stellungnahme sowie die Dokumentation der Risikobewertung und der Ermessensentscheidung würden dies bestätigen.
Betreffend die von der Antragstellerin vorgebrachte hinreichende Leistungsfähigkeit der Bietergemeinschaft für die Durchführung des Auftrags sowie den Vorwurf, die Antragstellerin hätte die XXXX isoliert betrachtet, werde festgehalten, dass die Insolvenz ein Aspekt der Zuverlässigkeit und nicht der Leistungsfähigkeit sei, die nach hA von jedem Mitglied einer Bietergemeinschaft erfüllt sein müsse. Der einzige Unterschied zum BVerG 2006 sei, dass im Gegensatz zum automatischen Ausscheiden im Falle einer Insolvenz der Auftraggeber nunmehr gemäß § 249 Abs 4 bis 6 BVergG 2018 zu prüfen und im Rahmen des Ermessens zu beurteilen habe, ob nicht dennoch die Leistungsfähigkeit für die Durchführung des Auftrags ausreiche, wodurch die Zuverlässigkeit des fraglichen Unternehmens für den konkreten Auftrag gegeben wäre. Selbst wenn die Richtlinie und das BVergG 2018 bei Insolvenz von „in der Lage sein, den Auftrag zu erfüllen“ bzw „Leistungsfähigkeit“ für die Durchführung des konkreten Auftrages sprechen würden, betreffe die Insolvenz immer noch ausschließlich die Frage der Zuverlässigkeit, die aufgrund der vom Auftraggeber zu treffenden Prognoseentscheidung für den konkreten Auftrag bejaht oder verneint werden müsse. Diese Prognose- und Ermessensentscheidung könne je nach Auftrag auch unterschiedlich ausfallen. Die Ansicht der Antragstellerin, die Beurteilung von § 249 Abs 4 BVergG 2018 wäre von der Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Mitglieds zu trennen, sei aufgrund der systematisch-logischen Interpretation des § 249 Abs 4 BVergG nicht zulässig. § 249 Abs 4 BVergG 2018 sei kein neuer „Leistungsfähigkeitstatbestand“ und stehe, genau wie Art 57 Abs 4 Sek-RL, im ausschließlichen und untrennbaren Zusammenhang mit den Ausschlussgründen der mangelnden Zuverlässigkeit gemäß § 249 Abs 1 und 2 BVergG 2018. Insofern habe die Prognoseentscheidung allein für XXXX getroffen und ihre Zuverlässigkeit in Bezug auf den konkreten Auftrag beurteilt werden müssen. Eine Substitution der Zuverlässigkeit durch den ARGE-Partner sei nach hA in Österreich nicht zulässig. Dies decke sich ebenfalls mit der deutschen Meinung, die davon ausgehe, dass der Ausschlusstatbestand bereits dann erfüllt sei, wenn ein Mitglied einer Bietergemeinschaft insolvent werde. Die Auftraggeberin habe sich bereits ausführlich mit sämtlichen Aspekten inhaltlich auseinandergesetzt und verwies auf ihre Stellungnahme vom 28.07.2020.
Selbst wenn man der Ansicht der Antragstellerin folge, wonach es gemäß § 249 Abs 4 BVergG 2018 um die Leistungsfähigkeit der Bietergemeinschaft gehe, was ausdrücklich abgelehnt werde, würde die Auftraggeberin zu keinem anderen Ergebnis gelangen, da auch bei gemeinsamer Betrachtung der Mitglieder der Bietergemeinschaft die Risiken der Nichterfüllung überwiegen würden. Die von XXXX erbrachten Leistungen seien bestandsfest als „kritische“ Leistungen in der Ausschreibung definiert, die nicht von Dritten oder Subunternehmern erbracht werden dürften und von XXXX nicht erbracht werden könnten. Daran ändere auch die Solidarhaftung in der ARGE nichts. Insofern drohe einem öffentlichen Auftraggeber nach der Entscheidung „Wall AG“ des EuGH die Neuausschreibungspflicht. Die Auftraggeberin würde sich bei Scheitern der Insolvenz der XXXX einer wesentlichen Vertragsänderung Gegenüberstehen sehen, die durch XXXX nicht abgesichert werden könnte. Die vom Rechtsvertreter der Antragstellerin angedachte Zusage der „Übernahme des Betriebsteils“ im Fall des Scheiterns des Insolvenzverfahrens der XXXX habe sich nicht realisieren lassen. Da Arbeitsgemeinschaften als Gesellschaften bürgerlichen Rechts keine Rechtspersönlichkeit eingeräumt werde, wäre eine Änderung der Zusammensetzung der Arbeitsgemeinschaft grundsätzlich unzulässig. Im Fall einer Zweier-ARGE führe die Insolvenz gemäß § 1208 Z 3 ABGB zur „ipso-iure“- Auflösung der Gesellschaft. Folglich bestehe in diesem Fall auch keine rechtliche Identität des Auftragnehmers mehr und es reduziere sich auch der Haftungsfonds, was gleichfalls eine wesentliche Vertragsänderung zugunsten des Auftragnehmers wäre. Die damit verbundenen wirtschaftlichen und rechtlichen Risiken seien in die Ermessensentscheidung eingeflossen, da die Insolvenz eines Mitglieds einer Bietergemeinschaft sehr wohl ein konkret zu bewertendes spezifisches Risiko darstelle. Für öffentliche Auftraggeber trete zusätzlich die vergaberechtliche Neuausschreibungspflicht hinzu, welche für die Auftraggeberin zu erheblichen Mehrkosten, Zeitverzug und neben den generellen Abgrenzungsfragen der Gewährleistung auch zur Frage der Wirtschaftlichkeit des Projekts führen würden. Insofern habe der Vorstand die Entscheidung zum Wohle der Gesellschaft nur für den Ausschluss des Angebots treffen können.
Wie bereits ausführlich dargelegt, sei die Insolvenz nach Ansicht des österreichischen Gesetzgebers und der hA in Deutschland keiner Selbstreinigung zugänglich. Der Fall der Insolvenz knüpfe nicht an ein konkretes vorangegangenes Fehlverhalten an, sondern an einen nicht ohne Weiteres zu behebenden Zustand, der von erheblicher Bedeutung für eine ordnungsgemäße Ausführung des zu vergebenden Auftrags sein könne. Die damit angesprochenen Zweifel an der Zuverlässigkeit des zahlungsunfähigen Unternehmens könnten nicht durch die in § 125 Abs 1 S. 1 GWB genannten Maßnahmen zur Selbstreinigung beseitigt werden. Sofern die Antragstellerin in der Entscheidung des EuGH vom 11.06.2020, RS C-472, Vert Marine SAS, einen Nachweis für die Möglichkeit der Erbringung eines Nachweises der getroffenen Abhilfemaßnahmen sehe, übersehe sie, dass der EuGH dieses Aussage zu rechtskräftigen strafrechtlichen (schweren) Verurteilungen getroffen habe. Auch der VwGH habe in der Entscheidung vom 26.06.2019, Ra 2018/04/0161 insbesondere die Frage der Selbstreinigung bei der Insolvenz nicht beantwortet. Vielmehr bringe der VwGH ebenfalls Zweifel an der Selbstreinigung bei der Insolvenz zum Ausdruck. Im Übrigen würde dem Auftraggeber bei der Bewertung der Selbstreinigungsmaßnahmen ein entsprechender Gestaltungsspielraum zukommen, der ebenfalls von den Nachprüfungsgerichten nur eingeschränkt überprüfbar sei. Entgegen der Unterstellung der Antragstellerin, komme es nicht zu einem zeitlich unbegrenzten Ausschluss. In Umsetzung des Art 57 Abs 7 RL 2014/24/EU sehe § 254 Abs 5 BVergG 2018 vor, dass ein Unternehmen bei Vorliegen des Ausschlussgrundes der Insolvenz höchstens für den Zeitraum von 3 Jahren ab dem betreffenden Ereignis ausgeschlossen werden könne. In diesem Zeitraum habe der Auftraggeber jeweils die Ermessensentscheidung gemäß § 249 Abs 4 BVergG 2018 zu treffen.
Hinsichtlich der von der Antragstellerin vorgebrachten Gleichsetzung der verwendeten Definition der „Bonität“ mit „Kreditwürdigkeit“ und nicht mit „Eigenkapitalnachweis“, ignoriere diese die diesbezügliche einschlägige vergaberechtliche Auslegung des Begriffs durch den VwGH und den Gesetzgeber. Der VwGH habe in seiner Entscheidung zur Alpine-Insolvenz den Begriff der Bonität in der vergaberechtlichen Verkehrssitte wie folgt klargestellt: „Der von der Auftraggeberin vorliegend verlangte Nachweis eines bestimmten KSV-Ratings diene als Bonitätsauskunft der Information der Auftraggeberin über das haftende Eigenkapital des Bieters (siehe dazu RV 1171 BlgNr 22.GP 64).“ Dies habe nach Ansicht der Auftraggeberin mit dem vorgelegten Kreditvertrag nicht nachgewiesen werden können, da sich daraus nicht das vom VwGH geforderte Eigenkapital der XXXX ergebe. Daher könne aus dem Kreditvertrag nicht auf ein dem KSV-Rating entsprechendes unterdurchschnittliches Ausfallsrisiko geschlossen werden. Ein internes Bankenrating habe die XXXX nicht vorlegen wollen. Die E-Mails von XXXX würden dokumentieren, dass die Antragstellerin aufgefordert worden sei, entsprechende andere Nachweise für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu liefern. Insofern sei der Vorwurf, die Auftraggeberin hätte die Antragstellerin damit nicht konfrontiert unrichtig. Die Rechtsansicht der Antragstellerin, dass der vorgelegte Kreditvertrag ein ausreichend gleichwertiger Nachweis der Bonität sei, lasse unberücksichtigt, dass der Auftraggeberin das der Bank zugrundeliegende Rating nicht zur Verfügung gestellt worden sei. Daher sei das Angebot der Antragstellerin auch aus dem Grund der mangelnden finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszuscheiden.
5. Mit Stellungnahme vom 19.08.2020 führte die Antragstellerin Folgendes aus: Zunächst sei ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Auftraggeberin an ihre bestandsfesten Festlegungen in der Ausschreibung gebunden sei. Darin habe sie als einzigen Weg für die rechtsgültige Übermittlung von Informationen die elektronische Vergabeplattform festgelegt. Die Nichteinhaltung dieser Vorgaben sei insbesondere aufgrund des Vertrauensschutzes der Bieter wesentlich. Auch in inhaltlicher Hinsicht sei kein konkreter Vorhalt durch die Auftraggeberin erfolgt: es sei der Antragstellerin, beziehungsweise dem nunmehrigen Rechtsvertreter insbesondere nicht konkret vorgehalten worden, dass die Auftraggeberin den Ausschluss aus konkret angegebenen Gründen beabsichtige und die Antragstellerin hiermit aufgefordert werde, sämtliche Unterlagen zum Nachweis der Eignung in dieser Hinsicht binnen einer angemessenen Frist vorzulegen, beziehungsweise zur Frage der Eignung Stellung zu nehmen. Zudem sei der Antragstellerin die Möglichkeit zur Darlegung der erfolgreichen Selbstreinigung nicht gewährt worden. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin würde das auch nicht dadurch obsolet werden, wenn § 249 Abs 4 BVergG 2018 als bloße Ermessensentscheidung angesehen würde. Denn auch diesfalls sei der Auftraggeber zur gesetzeskonformen Ausübung des Ermessens verpflichtet, was wiederum die ordnungsgemäße und umfassende Sachverhaltsermittlung erfordere. Im Übrigen sei aufgrund des Rechts eines Bieters, die erfolgreiche Selbstreinigung darzulegen, auch in dieser Hinsicht jedenfalls ein entsprechender Vorhalt notwendig.
Seitens der nunmehrigen Rechtsvertreterin der Antragsgegnerin sei außerdem weder gegenüber dem nunmehrigen Rechtsvertreter der Antragstellerin noch gegenüber dem Sanierungsverwalter der XXXX offengelegt worden, dass sie im Auftrag und Namen der Auftraggeberin Schritte zur Angebotsprüfung setze, sondern es sei lediglich dargelegt worden, dass sie im Auftrag der Antragsgegnerin ein Gutachten erstelle. Es sei für die Antragstellerin daher nicht erkennbar, dass die nunmehrige Rechtsvertreterin für die Antragsgegnerin die Angebotsprüfung durchführe und durch sie jeweilige Vorhalte von Ausscheidens – bzw - Ausschlussgründen erfolgen würden.
Auch gegenüber dem Sanierungsverwalter von XXXX sei kein entsprechender Vorhalt erfolgt und sei auch nicht dokumentiert, sondern die Fragen der nunmehrigen Rechtsvertreterin hätten sich darauf konzentriert, ob dieser weiterhin an das Angebot gebunden sei und ob die Fortführung des Unternehmens gesichert sei. Beide Fragen seien vom Sanierungsverwalter mit Schreiben am 23.06.2020 beantwortet worden. Dass diese Beantwortung aus Sicht der Auftraggeberin ausreichend gewesen sei, zeige ihr Schreiben vom 26.06.2020 an die Antragstellerin. Darin werde angeführt, dass der Sanierungsverwalter die erforderliche Finanzierung für die Fortführung des Unternehmens bestätigt habe und ihm drei weitere Fragen in Bezug auf die gegenständliche Bietergemeinschaft gestellt worden seien.
Es habe daher seitens der Antragstellerin auch nicht erwartet werden können, dass nach dem erfolgten Schreiben, stattgefundene Telefonkontakte zwischen den nunmehrigen Rechtsvertretern ein kontradiktorisches Prüfungsverfahren darstellen würden. Daneben habe zwischen der nunmehrigen Rechtsvertreterin der Antragsgegnerin und dem Sanierungsverwalter telefonisch eine allgemeine Erörterung der wirtschaftlichen Situation der Antragstellerin stattgefunden. Ein konkreter Vorhalt beziehungsweise eine Aufforderung zur Vorlage aller Unterlagen sei nicht erfolgt, insbesondere nicht unter Androhung der Ausscheidenssanktion. Darin habe das Sanierungsverwalter auch diverse positive wirtschaftliche Aspekte hinsichtlich XXXX dargelegt, wie etwa die exzellente Auftragslage von aktuell XXXX Dieses Sachverhaltselement sei in der Dokumentation jedoch nicht enthalten bzw sei dessen Würdigung unterlassen worden.
Es liege trotz Insolvenz von XXXX kein Ausschlussgrund vor. Zu § 249 Abs 4 BVergG 2018 sei ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung vor ihrem unionsrechtlichen Hintergrund auszulegen sei. Dieser stelle darauf ab, ob der Bieter in der Lage sei, den Auftrag auszuführen. Dem widerspreche eine isolierte Betrachtung eines einzelnen Mitglieds einer Bietergemeinschaft, noch dazu in Bezug auf den gesamten Auftrag, wie es offenbar die Antragsgegnerin vertrete.
Zur hinreichend Leistungsfähigkeit der Bietergemeinschaft für die Durchführung des Auftrages führte die Antragstellerin aus, das zum Risiko der nachträglichen Vertragsänderung erneut zu betonen sei, dass es sich hierbei um kein spezifisches oder erhöhtes Risiko der antragstellenden Bietergemeinschaft handle. Der Sanierungsverwalter habe erklärt, an das Angebot gebunden zu sein. Damit sei der Sanierungsverwalter verpflichtet, diesen Vertrag nach Zuschlag einzuhalten und er könne diese Erklärung nicht mehr zurückziehen. Der Sanierungsverwalter habe die als Verpflichtungen der Masse eingegangenen Verbindlichkeiten zu erfüllen, unabhängig davon, ob ein Sanierungsplan angenommen würde oder nicht. Sollte der Sanierungsplan nicht angenommen werden, erfolge keine Schließung des Unternehmens. Vielmehr habe die Masse alle von vom Sanierungsverwalter eingegangenen Verträge zu erfüllen. Möglich sei, dass das Unternehmen an einen Dritten veräußert werde oder vom Sanierungsverwalter bis zur Erfüllung aller Masseverpflichtungen weitergeführt werde. Die Forderungen der Antragsstellerinnen seien als Masseforderungen jedenfalls vorrangig zu befriedigen, weshalb ein Ausfall dieser Forderungen kaum denkbar sei. Selbst wenn es in diesem Zusammenhang zu einer Änderung der Struktur beziehungsweise Zusammensetzung der ARGE als Gesellschaft bürgerlichen Rechts kommen würde, bedeute dies keine wesentliche Vertragsänderung im Sinne des § 365 BVergG 2018. Eine Veränderung der Personenidentität sei in rechtlicher oder tatsächlicher Sicht zulässig, sofern es sich dabei um eine Unternehmensumstrukturierung handle, wozu auch Insolvenz oder der Erwerb zähle. In Art 72 Abs 1 lit d sublit ii RL 2014/24/EU sei ausdrücklich geregelt, dass Aufträge ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens geändert werden könnten, wenn ein neuer Auftragnehmer einen Auftragnehmer ersetze, im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung einschließlich Übernahme, Fusion, Erwerb oder Insolvenz. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin stehe die Antragsgegnerin daher auch bei Scheitern der Insolvenz nicht vor einer wesentlichen Vertragsänderung. XXXX sei daher in dieser Hinsicht wie jedes andere Unternehmen zu behandeln, ein spezifisches Risiko bestehe nicht. In Hinblick auf die von der Antragsgegnerin angeführte Verringerung des Haftungsfonds bei Ausscheiden eines Mitgliedes der ARGE sei darauf hingewiesen, dass der mit Abstand überwiegende Leistungsteil von XXXX zu erbringen sei, dass solidarisch mit dem Zweitmitglied der Bietergemeinschaft hafte. Die Ansicht der Antragsgegnerin würde der Bestimmung des § 249 Abs 4 BVergG 2018 jeglichen Anwendungsbereich nehmen und sei daher abzulehnen.
Auch die Ansicht der Antragsgegnerin, eine angedachte Zusage der Übernahme des Betriebsteils von XXXX durch XXXX habe sich nicht realisieren lassen, sei unrichtig. Die einzige Ausführung des nunmehrigen Rechtsvertreters der Antragstellerin in diese Richtung habe gelautet, dass eine von ihm im Telefonat mit der Rechtsvertreterin angedachte Übernahme eines ganzen Betriebsteils aufgrund der Vielzahl bestehender Aufträge schwerlich realisieren lassen würde. Die Übernahme beziehungsweise Verwendung der für die konkrete Auftragserfüllung erforderlichen Kapazitäten sei hingegen sehr wohl denkbar. Sollte es tatsächlich zu diesem höchst unwahrscheinlichen Fall kommen, könnte XXXX die für die XXXX zugeordnete Leistungen des XXXX zur Verfügung gestellt erhalten, und die betroffenen Mitarbeiter übernehmen. An dieser Stelle sei hervorzuheben, dass eine entsprechende Aufforderung beziehungsweise Vorhalt von der Antragsgegnerin an die Antragstellerin mit entsprechender Fristsetzung nicht erfolgt sei.
Zum Zeitpunkt der Insolvenzeinleitung habe weder eine Überschuldung noch eine aktuelle Zahlungsunfähigkeit bestanden. Die Einleitung des Sanierungsverfahrens sei von XXXX , da es sich um eine XXXX handle, nur wegen einer künftig drohenden Zahlungsunfähigkeit aufgrund einiger weniger verlustträchtiger Verträge eingeleitet worden. Von diesen verlustträchtigen Verträgen sei der Sanierungsverwalter zurückgetreten. Damit sei die Gefahr künftiger Zahlungsunfähigkeit beseitigt worden. Daher habe zu keinem Zeitpunkt eine Zahlungsunfähigkeit von XXXX bestanden. Vielmehr habe XXXX im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung über ein Bankguthaben in der Höhe von XXXX verfügt und habe abgesehen von XXXX keine Bankverbindlichkeiten gehabt. Die XXXX verfüge über ein Eigenkapital von XXXX , welches die Gesamtverbindlichkeiten klar übersteige. XXXX verfüge über XXXX Mitarbeiter, darunter seien XXXX angestellt, XXXX bei der konzernverbundenen XXXX . Diese Mitarbeiter würden vollständig und uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Lediglich von circa XXXX Personen sei im Zuge des Sanierungsverfahrens eine Trennung erfolgt. XXXX verfüge daher über ausgezeichnete Personalressourcen und befinde sich auch in dieser Hinsicht in einer ähnlichen Situation wie jedes andere Unternehmen. Die hinreichende Leistungsfähigkeit stehe daher außer Zweifel.
Zur Frage der Anwendbarkeit der Selbstreinigung habe die Antragstellerin auf die Literaturmeinung der deutschen Lehre sowie auf die österreichischen Gesetzesmaterialien verwiesen. Der zitierten Literatur liege jedoch der Fall eines zahlungsunfähigen Unternehmens zu Grunde, an dessen Zuverlässigkeit deshalb Zweifel bestünden. Diese Sachlage sei im vorliegenden Fall gerade nicht gegeben, da zu keinem Zeitpunkt Zahlungsunfähigkeit bestanden habe und auch nicht zu befürchten sei. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit wegen einzelner Projekte habe durch den Vertragsrücktritt bei diesen Projekten erfolgreich abgewendet werden können. Die generelle Ablehnung der Möglichkeit zur Selbstreinigung im Falle eines Sanierungsverfahrens widerspreche der höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Nach der Judikatur käme eine Selbstreinigung auch im Fall eines Insolvenzverfahrens in Betracht und der Unternehmer habe ein Recht auf Einräumung der Möglichkeit zur Darlegung der erfolgreichen Selbstreinigung. Gegenständlich sei eine solche erfolgt. Gelinge dem Unternehmer diese Darlegung, dürfte der Auftraggeber nach ständiger Rechtsprechung des EuGH den Unternehmer nicht ausscheiden. Ermessen des Auftraggebers bestehe in dieser Hinsicht bei richtlinienkonformer Interpretation daher nicht.
Auch hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge liege kein Ausschlussgrund vor. Es sei lediglich ergänzend festzuhalten, dass am 18.03.2020 auf der Homepage der österreichischen Gesundheitskasse aufgrund der Corona-Pandemie unter anderem folgende Maßnahmen veröffentlicht worden seien: „Ausstehende Beiträge werden nicht gemahnt, eine automatische Stundung erfolgt, wenn die Beiträge nicht, nur teilweise oder nicht fristgerecht eingezahlt würden“ und daher durch die Nichtzahlung der Beiträge durch die Antragstellerin eine von der Österreichischen Gesundheitskasse vorgeschlagene Stundung erfolgt sei. Unbeschadet des unterlassenen Vorhalts dieses Ausschlussgrundes, liege dieser Ausschlussgrund daher ebenfalls nicht vor. Die gegenständliche Ausscheidensentscheidung sei daher für nichtig zu erklären.
6. Am 20.08.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt.
Die Auftraggeberin brachte zum Vorhalt, dass es unrichtig sei, dass in der LV – Position 00A161 und in den Bewerbungsunterlagen in Punkt 4 als der einzige Weg der Informationsübermittlung die elektronische Vergabeplattform festgelegt sei, vor, dass der Gesetzgeber gemäß § 217 Abs 7 BVergG 2018 die mündliche (telefonische) Kommunikation ausdrücklich zulasse. Es sei in keinem Schriftsatz vorgebracht worden, welche weiteren Unterlagen für die Ermessensentscheidung die Antragstellerin vorgelegt hätte. Selbst das angekündigte Banken-Rating sei nicht vorgelegt worden. In einem E-Mail vom 22.06.2020 an den Sanierungsverwalter habe sich die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin als solche gegenüber dem Sanierungsverwalter ausgewiesen und diesen aufgefordert, eine Stellungnahme zum gegenständlichen Angebot, zur Prognose der Leistungsfähigkeit sowie zur Glaubhaftmachung der Zuverlässigkeit abzugeben. Die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin habe auch offengelegt, dass sie ein Gutachten zur Beurteilung der Zuverlässigkeit der XXXX erstelle. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Rechtsvertreter der Antragstellerin Unterlagen von XXXX an die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin übermittelt habe, wenn er von der Erstellung eines allgemeinen Rechtsgutachtens ausgegangen sei. Es sei jedenfalls kommuniziert worden, dass es dienlich sei, alles vorzulegen, was eine positive Einflussnahme bedeute. Der Antragstellerin sei zu jedem Zeitpunkt ihrer Kommunikation bekannt gewesen, dass es um die Frage des Ausscheidens beziehungsweise Nichtausscheidens gehe. Nachdem sie als Auftraggeberin nicht wissen könne, über welche sonstigen Unterlagen die Antragstellerin zum Nachweis der Eignung noch verfüge, könne sie auch nicht ganz konkrete Unterlagen verlangen, außer jene von denen sie Kenntnis habe. Der Antragstellerin sei mehrfach die Möglichkeit eingeräumt worden, der Auftraggeberin die entsprechenden Informationen zur Verfügung zu stellen.
In den Materialien zu § 138 BVerG 2018 werde im Zusammenhang mit der Aufklärung darauf hingewiesen werde, dass diese entweder schriftlich oder mündlich in Bezug auf § 48 BVergG 2018 zu erfolgen habe und entsprechend zu dokumentieren sei. Dies sei gegenständlich erfolgt. Es sei nicht erforderlich, dass die einzelnen Begründungen und Erwägungen der Ermessensentscheidung im Vorfeld vorgehalten würden. Es seien ausreichend Fragen gestellt und die Möglichkeit zur Vorlage von Unterlagen gegeben worden. Diese, nämlich die XXXX Fortführungsrechnung, den Kreditvertrag der XXXX , aus dem E-Mail Schriftverkehr dokumentierte Informationen unter Einbeziehung öffentlich zugänglicher Unterlagen aus der Insolvenzdatei, von der Auftraggeberin erhobene Zeitungsberichte, Abfragen beim ANKÖ und von der Antragsgegnerin durchgeführte Internetrecherchen, habe die Antragsgegnerin ihrer Ermessensentscheidung zu Grunde gelegt. Die Unterlagen habe sie auf Basis der geführten Telefongespräche und des E-Mail-Verkehrs mit dem Masseverwalter und dem Antragstellervertreter, worin um die Vorlage der einer derartigen Entscheidung zugrundeliegenden Unterlagen gebeten worden sei, erhalten. Insbesondere das mögliche Risiko, dass in den nächsten XXXX Jahren bei einem mehr als XXXX großen Auftrag die Sanierung der XXXX scheitern würde und die Auftraggeberin zu einer Neuausschreibung gezwungen wäre, sei mit den damit verbundenen Risiken für die Antragsgegnerin zu groß gewesen. Aus dem Vergabeakt sei ersichtlich, dass sich die Antragsgegnerin eingehend mit den vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Plausibilisierung der Fortführungsrechnung, durch XXXX beschäftigt habe. Betrachte man dort beispielsweise die Planungsprämissen XXXX , so sehe man, dass XXXX mit einem hohen Risiko bewertet worden seien. Insofern habe die Antragsgegnerin ihre Ermessensentscheidung unter Berücksichtigung aller ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen und Informationen sachgerecht und nach eingehender Prüfung getroffen.
Die Leistungen, die XXXX zu erbringen habe, seien kritische Leistungen. Diese könnten von XXXX nicht erbracht werden. Sie hätten zur Absicherung dieses Problems der Antragstellerin die Möglichkeit eingeräumt, schon jetzt die Übernahme des Betriebsteils, in welcher Form auch immer, durchzuführen. Man habe über die Möglichkeit einer Absichtserklärung oder eines unwiderruflichen Angebotes für die Dauer des Projektes diskutiert. Diesbezüglich sei von der Antragstellerin mitgeteilt worden, dass sich dies nur schwer realisieren lasse. Auch hinsichtlich des Bankenratings seien weitere Unterlagen nicht vorgelegt, Alternativen seien nicht genannt bzw vorgelegt worden. Der Vorschlag, einen Verfügungsnachweis über die eingesetzten Mitarbeiter und Anlagen zur Verfügung zu stellen, sei erstmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung erfolgt. Aus den der Auftraggeberin vorliegenden Unterlagen ergebe sich nicht, dass keine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliege. Dies sei der Auftraggeberin nicht bekannt gewesen, der Insolvenzantrag sei auch nicht vorgelegt worden. Bekannt gewesen sei die Schließung des Geschäftsfeldes „ XXXX “. Zudem werde zur Thematik der Solidarhaftung festgehalten, dass jener Partner, der in Insolvenz sei, vermutlich nicht solidarisch werde haften können. Weiters sei zum Zeitpunkt der Ausscheidensentscheidung für die XXXX ein erhöhtes Risiko nach dem KSV–Rating und eine überdurchschnittliche Ausfallswahrscheinlichkeit nach Basel III vorgelegen. Dies habe die Auftraggeberin zum Zeitpunkt der Ausscheidensentscheidung geprüft und insofern sei der Antragstellerin entgegenzutreten, dass durch die XXXX völlige Sicherheit bestehe. Ergänzend werde unter Verweis auf die deutsche hA zum Thema der nachträglichen Vertragsänderung und allfälligen Neuausschreibungspflicht festgehalten, dass wenn das Vermögen verwertet werden müsse, der Antragsgegner das Risiko einer neuen Ausschreibung trage. Dies betreffe auch Aspekte der Gewährleistung. Die Identität der Person des Bieters bestehe dann nicht mehr, wenn aus einer Bietergemeinschaft alle Mitglieder bis auf eines ausscheiden würden. Mit der Unternehmensumstrukturierung gemäß § 365 BVergG 2018 seien nur jene Fälle erfasst, wo im Fall der Insolvenz die Auffanggesellschaft oder das Nachfolgeunternehmen demselben Konzern angehöre und in der Konzernverbundenheit verbleibe. Stehe die aufnehmende Gesellschaft außerhalb des Konzerns oder sei der Auftragnehmer vor dem Übertragungsakt gar nicht konzernverbunden, so sei der insolvenzbedingte Auftragnehmerwechsel eine wesentliche Auftragsänderung, die nicht von der Ausnahmeerlaubnis erfasst werde, sondern ohne neues Vergabeverfahren unzulässig sei. Zum Vorschlag der Vorlage eines Verfügungsnachweises sei anzumerken, dass im Hinblick auf die nachträgliche Vertragsänderung ein solcher Verfügungsnachweis aber auch keinen entsprechenden Referenzübergang iSd Eignung für die kritische Leistung darstellen könne. Soweit die Antragstellerin ausführe, dass Masseforderungen bevorzugt zu erfüllen seien, sei von der Leistungsfähigkeit für den konkreten Aufgang auszugehen, sei dem entgegen zu halten, dass diesfalls der Ausschlussgrund der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens obsolet wäre.
Während die Auftraggeberin alles Erforderliche getan habe, zu entsprechenden Informationen über die Insolvenz der Antragstellerin zu gelangen, habe die Antragstellerin die Auftraggeberin im Übrigen zu keinem Zeitpunkt aktiv über die drohende Insolvenz bzw die Eröffnung des Konkursverfahrens in Kenntnis gesetzt. Diese Zurückhaltung von Auskünften könne dem Bieter insbesondere dann vorgeworfen werden, wenn er, wie gegenständlich, eine Eigenerklärung abgegeben habe, bezüglich der sich nachträglich eine Änderung ergebe und er diese nicht von sich aus mitteile.
Demgegenüber führte die Antragstellerin aus, dass sie von sich aus an die nunmehrige Parteienvertreterin herangetreten sei, als sie erfahren habe, dass diese mit der Erstellung eines Gutachtens in Zusammenhang mit der Frage des Ausscheidens der Antragstellerin betraut worden sei, um sachdienliche Informationen zu übermitteln. Es sei dem Rechtsvertreter der Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt bekannt gewesen, dass sie nicht nur als Gutachterin tätig sei, sondern auch mit der Abwicklung der Angebotsprüfung beauftragt worden sei. Es sei dem Rechtsvertreter der Auftraggeberin aber bewusst gewesen, dass das betreffende Gutachten wesentlich für die Entscheidung, wie die Auftraggeberin weiter vorgehen werde, sei. Gemäß § 138 Abs 1 BVergG 2018 seien Aufklärungen, deren Beurteilung von Bedeutung seien, jedoch in schriftlicher Form durchzuführen, dies sei im gegenständlichen Fall nicht erfolgt. Man habe in den Gesprächen (zwischen der Rechtsvertreterin der Auftraggeberin und dem Rechtsvertreter der Antragstellerin) mehrfach auf § 249 BVergG 2018 Bezug genommen. Insofern sei der Antragstellervertreter der Ansicht gewesen, dass die betreffenden Dokumente hilfreich sein würden, um sie der Entscheidung zugrunde zu legen. Hätte die Antragsgegnerin der Bieterin Gelegenheit gegeben, sich zu jenen Punkten zu äußern, die letztendlich als Ausscheidensgründe angesprochen worden seien, so hätte die Antragstellerin dazu vor der Ausscheidensentscheidung Stellung nehmen und Unterlagen vorlegen können, wobei es sich nicht inhaltlich um mehr gegenüber den vorgelegten Unterlagen handle, sondern um eine in der Aufbereitung, Darlegung und Verständlichkeit noch umfassender Präsentation, wie dies nunmehr im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens erfolgt sei. Es sei richtig, dass man proaktiv und initiativ noch etwas sagen hätte können. Man hätte den Insolvenzantrag, den Jahresabschluss, die Stellungnahme des Sanierungsverwalters zur Fortführung des Unternehmens auch bei Nichtannahme des Sanierungsplanes und erforderlichenfalls die Bereitschaft der XXXX , die für die Ausführung des konkreten Auftrags erforderlichen Mitarbeiter und Maschinen zu übernehmen, zur Verfügung gestellt. Die Vorlage des Insolvenzantrages sei nicht beantragt worden. Die Plausibilitätsprüfung durch die XXXX sowie der XXXX seien aus Sicht der Antragstellerin als für die Prognoseentscheidung der Auftraggeberin maßgeblich angesehen worden. Man sei der Meinung gewesen, dass dies ein Paradebeispiel einer Insolvenz sei, die dennoch zur Auftragserteilung führe und man habe gehofft, dass das Ausscheiden angedroht werde und man zu den negativ bewerteten Punkten Stellung nehmen könne. Es sei keine Aufforderung zur Unterlagenvorlage bei Androhung des Ausscheidens bei Nichtvorlage erfolgt. Es sei auch keine Absichtserklärung zur Übernahme eines Betriebsteils in Aussicht gestellt worden, sondern dass sich der Antragstellervertreter erkundigen werde, ob dies eine grundsätzliche Möglichkeit darstelle.
Zu finanziellen Lage von XXXX führte die Antragstellerin aus, dass zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung keine Zahlungsunfähigkeit vorgelegen sei, sondern es habe nur eine drohende Zahlungsunfähigkeit, aufgrund von XXXX , bestanden. Die Schließung des Betriebsteils „ XXXX “ habe zwar kurzfristig Umsatzrückgänge ausgelöst, es sei aber gerade dadurch drohende Zahlungsunfähigkeit beseitigt worden. Dies ergebe sich aus dem Insolvenzantrag und auch aus der Plausibilisierung der Fortführungsrechnung XXXX . Die XXXX gehe von einer Annahme des Sanierungsplans aus. Es könne nicht eindeutig gesagt werden, ob der Fortführungsplausibilisierung der XXXX der vorläufige Jahresabschluss der XXXX zugrunde liege. Das Bankguthaben XXXX habe zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung XXXX betragen. Weiters sei vorsichtshalber aufgrund der Plausibilisierung der Fortführungsrechnung von XXXX ein XXXX . Aufgrund der Insolvenzeröffnung seien XXXX rangmäßig zurückgestellt worden, so dass dieses Volumen erst dann quotenmäßig zu befriedigen sei, wenn zuvor sämtliche Masseforderungen erfüllt worden seien. Der Sanierungsverwalter habe mit großem Bedacht nur jene Verbindlichkeiten als Masseforderungen akzeptiert, bei denen er der Überzeugung sei, die jeweiligen Projekte erfolgreich und daher profitabel abwickeln zu können. Daraus ergebe sich, dass mit dem vorhandenen Massevermögen und den vorhandenen Sicherheiten jene Aufträge, inklusive dem gegenständlichen Auftrag mit größtmöglicher Sicherheit abgewickelt werden könnten. Dies hätte die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Ausscheidensentscheidung auch erkennen müssen. Wenn der Sanierungsplan zustande komme, entschulde sich die XXXX . Auch im Konkursfall bestehe die Garantie, dass die Masseforderungen, und hierzu zähle der gegenständliche Auftrag, erfüllt würden. Alle Ansprüche aus Nichterfüllung oder Schlechterfüllung seien Masseforderungen. Diese seien bevorzugt zu erfüllen. Insofern sei von der Leistungsfähigkeit für den konkreten Auftrag auszugehen. Der Masseverwalter sei vom Gesetz her verpflichtet, das Unternehmen so lange fortzuführen, bis entweder die Gläubiger zu 100% befriedigt seien oder es komme zu einer geordneten Verwaltung. Den Massegläubigern stehe das gesamte Massevermögen als Haftungsfonds zur Verfügung. Verwerten könne bedeuten, dass Unternehmensteile oder auch nur Maschinen verkauft werden würden. Es sei kein anderes Szenario denkbar, als an die XXXX zu verkaufen bzw zur Hintanhaltung allfälliger Schadenersatzansprüche, die Maschinen und Mitarbeiter, unter welchem Rechtstitel auch immer, dem ARGE-Partner zur Verfügung zu stellen; dies ergebe sich aus den Verpflichtungen iZm dem ARGE-Vertrag. Im Übrigen sei die Prognoserechnung der XXXX positiv weit übertroffen worden. Erfahrungsgemäß seien die Prognosen der XXXX aus verständlichen Gründen übervorsichtig. Im Hinblick auf die angesprochene Solidarhaftung wurde festgehalten, dass es sich bei der XXXX ein gut abgesichertes Unternehmen handle, deren Ausfall äußerst unwahrscheinlich sei.
Zum Vorhalt der Auftraggeberin, die Antragstellerin habe die Auftraggeberin von der Insolvenzeröffnung nicht in Kenntnis gesetzt, hielt der Antragstellervertreter fest, dass im vorliegenden Fall die Insolvenzeröffnung nicht zu einer Verschlechterung, sondern einer wesentlichen Verbesserung der finanziellen Leistungsfähigkeit, insbesondere auch im Verhältnis gegenüber dem Antragsgegner, geführt habe, da dadurch die Antragstellerin von XXXX zurücktreten habe können. Es habe keine Verpflichtung zur Vorabinformation bestanden. Die Vertreter von XXXX seien bei der Verhandlungsrunde am 03.06.2020 hierüber auch nicht in Kenntnis gewesen.
Im Übrigen wurden XXXX eingehend zu der untereinander sattfindenden telefonischen sowie schriftlichen Korrespondenz im Zeitraum von XXXX befragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Aufgrund der vorliegenden Stellungnahmen, der bezugnehmenden Beilagen, der vorgelegten Unterlagen des Vergabeverfahrens sowie der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung wird folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:
Auftraggeberin ist die ÖBB-Infrastruktur AG. Diese schrieb im Oktober 2019 die gegenständliche Leistung „Kraftwerk Obervellach II/Hauptbaulos Bau inkl Druckrohrleitung (Verfahren ID: 38957)" in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip aus. Leistungsgegenstand ist die Errichtung der Anlage KW Obervellach II bestehend aus drei Wasserfassungen mit insgesamt ca. 9,0 m3/s Ausbauwassermenge, einem ca. 3,9 km langen Triebwasserstollen, einem ca. 0,6 km langen Speicherstollen mit ca. 60.000 m3 Speicherinhalt, einer ca. 2,3 km langen Beileitung samt zugehörigem Kleinwasserkraftwerk, einer 1,6 km langen erdverlegten Druckrohrleitung DN 1.800 (Kraftabstieg), einer Verteilrohrleitung DN 1.200, einem Krafthaus mit zwei Maschinensätzen mit insgesamt 37 MW(el) Leistung, einer Freiluftschaltanlage, einem 145 m langen Unterwasserkanal und einem Ausgleichsbecken mit ca. 60.000 m3 Nutzinhalt mit anschließender gepufferter Ausleitung des Triebwassers in die Möll. Die Bruttofallhöhe der Anlage beträgt 488 m.
Die Ausschreibung (Teilnahmeantragsunterlagen) sowie die Aufforderung zur Angebotsabgabe blieben unangefochten. Das prognostizierte Gesamtbauende und die Übergabe der Gesamtanlage wurden mit 11.08.2023 festgelegt (Teil B Allgemeine Projektbeschreibung, Baubeschreibung und Bauablauf; Teil C Erläuterung zum Bauzeitmodell; Teil G Leistungsverzeichnis). Als Endtermin für die Ausführung der vertragsgemäßen Leistungen wurde der 08.09.2023 festgelegt (Teil G Leistungsverzeichnis).
Als kritische Leistung wurde ua die Leistung „ XXXX “ definiert (Leistungsverzeichnis Position 00 01 00 A3 75 Subunternehmer - Kritische Leistung als Eigenleistung). Diese kritischen Leistungen sind zu 100% vom Bieter als Eigenleistung selbst zu erbringen.
Der geschätzte Auftragswert beträgt etwas mehr als XXXX , jener der Leistung „ XXXX “ beträgt rund XXXX des geschätzten Gesamtauftragswertes (Leistungsverzeichnis HG 03 - Druckrohrleitungen [Rohrleitungsbau]).
Die Ausschreibungsunterlagen lauten auszugsweise:
Stufe 1 Bewerbungsgrundlagen:
„4 Informationsübermittlung
4.1 Benachrichtigung an Unternehmer: ProVia
Für die rechtsgültige Übermittlung von Informationen im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Vergabeverfahren gilt jene elektronische Adresse als bekannt gegeben, die auf der Plattform ProVia eingetragen ist (Login des Unternehmers).
Bei Bietergemeinschaften gilt:
bei elektronischer Abgabe die elektronische Adresse desjenigen Partners, der den Teilnahmeantrag einreicht (Upload)
4.2 Benachrichtigungen an AG: ProVia; E-Mail
Für die rechtsgültige Übermittlung von Informationen im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Vergabeverfahren wird
für Anfragen zu den Ausschreibungsunterlagen als Kommunikationsform die Plattform ProVia mit der Funktion "Frage stellen" in der Registerkarte "Fragen und Antworten" festgelegt. Fragen sind so zu formulieren, dass ein Rückschluss auf die Identität des Fragestellers nicht möglich und daher eine Beantwortung dieser Frage an alle Bieter möglich ist. Zur Gewährleistung der Gleichbehandlung aller Bieter wird der Auftraggeber Antworten auf Fragen sowie Auskünfte – sofern diese von allgemeinem Interesse sein können – anonymisiert und gleichzeitig per E-Mail an alle Bieter erteilen.
für sonstige Informationen seitens des Auftraggebers / vergebende Stelle folgende elektronische Adresse bekannt gegeben: helmut.hadlauer@oebb.at
Die zulässigen Kommunikationsmittel und Adressen im Zusammenhang mit der Vertragsabwicklung werden bei der Beauftragung einvernehmlich festgelegt.
[...]
12 Eignungskriterien
[...]
12.2 Nachweis der allgemeinen beruflichen Zuverlässigkeit
12.2.1. Bescheinigung berufliche Zuverlässigkeit Erklärung:
Der Bewerber bzw Bieter bzw alle Mitglieder der Bewerber- bzw Bietergemeinschaft müssen die berufliche Zuverlässigkeit gemäß § 249 Abs 1 und 2 BVergG besitzen.
Der Nachweis ist durch Vorlage der rechtsverbindlich gefertigten Erklärung zur allgemeinen beruflichen Zuverlässigkeit gemäß Muster auf der Plattform ProVia unter "Service / Download / Formulare" zu erbringen. [...]
12.3 Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
[...]
12.3.1.3 Finanzielle und wirtschaftliche LF – Bonität (KSV)
Der Bewerber bzw Bieter bzw alle Mitglieder der Bewerber- bzw Bietergemeinschaft müssen für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eine entsprechende Bonität, welche kein erhöhtes Risiko ergibt (z.B. Rating an Hand des KSV max. 399), haben.
Die Auskunft wird ggf vom AG eingeholt.
12.4 Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit
12.4.1 Referenzprojekte
Für die Vergabe der Arbeiten kommen nur Unternehmen in Betracht, die gewährleisten, dass sie über die erforderliche technische Leistungsfähigkeit für die ausgeschriebenen Leistungen über die gesamte Bauzeit verfügen und vergleichbare Arbeiten im angeführten Referenzzeitraum bereits durchgeführt haben.
Die Eignung ist mit je 1 Referenzprojekt in den Kategorien 1-4 mit folgenden Mindestanforderungen nachzuweisen (wobei ein Referenzprojekt auch mehrere Kategorien abdecken kann):
[...]
Kategorie XXXX
Die Bietergemeinschaft bestehend aus 1. XXXX sowie 2. der XXXX beteiligte sich an diesem Vergabeverfahren, zuletzt nach der letzten Verhandlungsrunde am 03.06.2020 mit der Legung eines Letztangebotes am 10.06.2020. Für den Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit wurde seitens der XXXX eine Referenz im Sinne des Punktes 12.4.1 der Kategorie 3 bezeichnet. Die XXXX soll entsprechend dem Angebot der Bietergemeinschaft die Leistungen „ XXXX “ erbringen.
Am XXXX wurde über die XXXX ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet, um eine drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Zum Masseverwalter wurde XXXX bestellt. Am XXXX wurde über die XXXX ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet.
Am 22.06.2020 führte die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin mit dem Masseverwalter ein Telefongespräch, in welchem sie darauf hinwies, angesichts des eröffneten Insolvenzverfahrens ein Gutachten zu den damit verbundenen Folgen für die Auftragserteilung im gegenständliche Vergabeverfahren zu erstellen. In der Folge richtete sie am selben Tag das nachstehende Schreiben per E-Mail an den Masseverwalter:
„ XXXX !
Wir vertreten die ÖBB Infrastruktur AG im Vergabeverfahren KW Overvellach II – Hauptbaulos Bau inkl Druckrohrleistung. Im Zuge der Prüfung der Angebote hat unsere Mandantin davon Kenntnis erlangt, dass über die XXXX das Insolvenzverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet wurde und Sie, sehr geehrter Herr Kollege, als Masseverwalter bestellt wurden.
Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit, ersuchen wir Sie – wenn möglich bis zum 25. Juni 2020 – um Stellungnahme zum gegenständlichen Angebot und zur Prognose der Leistungsfähigkeit und zur Glaubhaftmachung der Zuverlässigkeit der Gemeinschuldnerin.
Mit vorzüglicher kollegialer Hochachtung [...]“
Am 23.06.2020 führte die Rechtsvertreterin zur Frage der Bindungswirkung des Angebotes sowie zu der seitens der Auftraggeberin aufgrund der Insolveneröffnung zu treffenden Ermessensentscheidung über die allfällige Abstandnahme vom Ausschluss aus dem Vergabeverfahren bzw vom Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin erneut ein Telefongespräch mit dem Masseverwalter.
Mit Schreiben vom 23.06.2020 teilte der Masseverwalter der Auftraggeberin gegenüber Folgendes mit:
„ XXXX
Als XXXX im Sanierungsverfahren der XXXX bestellter Verwalter teile ich Ihnen mit:
Ich bin in Kenntnis, dass die aus den Unternehmen XXXX und XXXX bestehende Bietergemeinschaft sich bei Ihnen als Auftraggeber um die Vergabe der im Betreff angeführten Bauleistungen beworben hat. Zum Zwecke Ihrer Beurteilung der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der XXXX im Sinne von Punkt 12.3.1.3 Ihrer Bewerbungsunterlagen bestätige ich:
Die aufgrund einer von der XXXX als plausibel erachteten Fortführungsrechnung 2020 samt Mittelfristplanung 2021 bis 2022 ist die für die Fortführung des Unternehmens der XXXX erforderliche Finanzierung gesichert.“
Am XXXX wurde der Sanierungsplan XXXX dahingehend verbessert, dass die erste Quotenrate XXXX und zweite XXXX ab Annahme des Sanierungsplans beträgt.
Am 25.06.2020 richtete der Masseverwalter das nachstehende Schreiben an die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin:
„Sehr geehrte Frau Kollegin!
1. In der Anlage übersende ich Ihnen mein Schreiben an die ÖBB-Infrastruktur AG (Ing. Mag. [...]) zu Ihrer geschätzten Information.
2. XXXX Aufnahme der für die Fortführung notwendigen Kredite zustimmend zur Kenntnis genommen wurde und dass von mir als Masseverwalter diese auch gestern unterfertigt wurden. Ich kann mir daher mitteilen, dass die Fortführung entsprechend den Fortführungsrechnungen der XXXX gesichert ist. [...]“
Mit E-Mail vom 25.06.2020 richtete die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin das nachstehende Schreiben an den Masseverwalter.
„Sehr geehrter Herr Kollege!
Herzlichen Dank für die Übermittlung Ihrer beiden Schreiben.
Ergänzend dazu darf ich für die Entscheidung unserer Mandantin noch folgende kurze Fragen stellen, da sich im gegenständlichen Vergabeverfahren eine Bietergemeinschaft bestehend XXXX beteiligt hat.
1. Sieht der Gesellschaftsvertrag der Bietergemeinschaft im Fall des Sanierungsverfahrens eine Auflösung oder den Ausschluss vor?
2. Haben oder werden Sie als Masseverwalter der Fortführung der Gesellschaft zustimmen?
3. Besteht bezüglich des abgegebenen Angebots nach wie vor Bindungswirkung? [...]“
Auf diese E-Mail antwortete der Masseverwalter mit E-Mail vom 25.06.2020:
„Sehr geehrte Frau Kollegin!
Zu den von Ihnen gestellten Fragen erlaube ich mir wie folgt Stellung zu nehmen:
Ad. 1.: Der Gesellschaftsvertrag der Bietergemeinschaft sieht keine Auflösungsmöglichkeit oder Ausschluss für den Fall einer Insolvenz vor.
Ad. 2.: Ich stimme der Fortführung der Gesellschaft zu.
Ad. 3.: Im Sinne § 26 Abs 3 IO erkläre ich als Masseverwalter die Bindung an das Angebot (siehe auch das Schreiben von gestern).
Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung. [...]“
Am 25.06.2020 wurde das nachstehende Schreiben über die ProVia-Plattform an das federführende Mitglied der hier antragstellenden Bietergemeinschaft, XXXX , gerichtet; die XXXX wurde hierüber in Kenntnis gesetzt XXXX
„S.g. Damen und Herren, Sehr geehrter Herr [...]!
Wir haben Kenntnis davon erhalten, dass mit Beschluss vom XXXX Wels das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung über Ihren BIEGE/ARGE-Partner, XXXX , eingeleitet wurde. Aus diesem Grund haben wir über unsere Rechtsvertretung mit dem eingesetzten Masseverwalter XXXX Kontakt aufgenommen und ihn um eine Stellungnahme zum gegenständlichen Angebot und zur Prognose der Leistungsfähigkeit sowie zur Glaubhaftmachung der Zuverlässigkeit der Gemeinschuldnerin gebeten, um entsprechende Grundlagen für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit zu erlangen.
XXXX hat mitgeteilt, dass aufgrund einer von der XXXX als plausibel erachteten Fortführungsrechnung die für die Fortführung des Unternehmens erforderliche Finanzierung bis 2022 gesichert ist. Da sich XXXX zur Weiterführung der BIEGE/ARGE (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) und zur Bindungswirkung des Angebots im gegenständlichen Vergabeverfahren nicht geäußert hat, wurden an den Masseverwalter mit Schreiben unserer Rechtsvertretung noch folgende drei Fragen gerichtet:
1. Sieht der Gesellschaftsvertrag der Bietergemeinschaft im Fall des Sanierungsverfahrens eine Auflösung oder den Ausschluss vor?
2. Haben oder werden Sie als Masseverwalter der Fortführung der Gesellschaft zustimmen?
3. Besteht bezüglich des abgegebenen Angebots nach wie vor Bindungswirkung?
Die Antworten liegen uns mittlerweile vor. Ungeachtet dessen müssen wir auch Ihnen die Frage stellen, ob Sie unter den gegebenen Umständen die BIEGE/ARGE (im Auftragsfall bis zum Vertragsende) fortführen werden. Weiters bitten wir um Vorlage des BIEGE/ARGE-Vertrags, beides bis zum 29.06.2020, 16.00 Uhr. [...]“
Am 25.06.2020 führte die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin erneut ein Telefonat mit dem Masseverwalter und richtete in der Folge eine weitere E-Mail an den Masseverwalter:
„Sehr geehrter Herr Kollege!
Bezugnehmend auf unser heutiges Telefonat darf ich Sie noch höflichst ersuchen uns
den Sanierungsplan
XXXX die Fortbestehensrechnung der XXXX
zu übermitteln. Diesbezüglich kann ich Ihnen selbstverständlich die Vertraulichkeit der Unterlagen zusichern und auch darauf hinweisen, dass wir in einem allfälligen Nachprüfungsverfahren vor dem BVwG die Ausnahme der Unterlagen von der Akteneinsicht beantragen werden. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sind vor dem BVwG von der Akteneinsicht ausgenommen.
Weiters darf ich festhalten, dass Sie mir heute mitgeteilt haben, dass bei der gestrigen Gläubigerausschusssitzung XXXX % der Gläubiger vertreten waren. Es wird nur der Teilbetrieb XXXX geschlossen. Der Rest des Unternehmens wird fortgeführt und bislang hat das Unternehmen auch noch keinen Kunden verloren. [...]“
Am 26.06.2020 richtete XXXX das nachstehende Schreiben an die Auftraggeberin und übermittelte den Arbeitsgemeinschafts-Vorvertrag und den im Schreiben bezeichneten Beschluss:
„Sehr geehrter Herr Ing. Mag. [...],
zurückkommend auf die Vorkorrespondenz, insbesondere auch auf die E-Mail von XXXX an XXXX vom 25.6.2020, verweisen wir auf die beiliegende Kopie des von uns, XXXX , mit der XXXX am 28.10.2019 für den Auftragsfall abgeschlossenen Arbeitsgemeinschafts-Vorvertrag über die Gründung einer ARGE zur Durchführung des Bauvorhabens Kraftwerk Obervellach II.
Wir ersuchen Sie höflich, diesem Vertrag zu entnehmen, dass die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens nicht als ein Grund für das Ausscheiden eines Gesellschafters genannt ist. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, wäre dies im Sinne des § 25 b IO ungesetzlich und absolut unbeachtlich.
Dessen ungeachtet haben wir aber jedenfalls als neben der XXXX einzige weitere Partei des Vorvertrages beschlossen, für den Fall, dass die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens über die XXXX doch einen Grund darstellen sollte, dass diese aus dem Vorvertrag (zur künftigen ARGE) ausscheidet, trotzdem den Vorvertrag vollständig einzuhalten und im Auftragsfalle den Auftrag auch unverändert durchzuführen sowie dem Insolvenzverwalter eine schriftliche Ausfertigung dieses Beschlusses zukommen zu lassen. Eine Kopie des entsprechenden Beschlusses finden Sie ebenso in der Anlage.
Gerne stehen wir im Falle weiterer Fragen zur Verfügung. [...]“
Am 27.06.2020 übermittelte der Masseverwalter nach Unterfertigung einer Vertraulichkeitserklärung durch die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin dieser die Plausibilisierung der Fortführungsrechnung XXXX sowie den verbesserten Sanierungsplan. Die genannte Fortführungsrechnung liegt der Fortführungsentscheidung des Masseverwalters zugrunde.
Einleitend wird seitens der XXXX in ihrem Bericht „ XXXX “ auszugsweise festgehalten:
„[...] der folgende Bericht fasst unsere Arbeiten der Grob-Plausibilisierung auf Basis des Angebots zur Plausibilisierung der Fortführungsrechnung der XXXX im Rahmen eines Sanierungsverfahrens zusammen, welche wir in Ihrem Auftrag durchgeführt haben. [...]
Wir machen darauf aufmerksam, dass sich unser Leistungsumfang sowohl im Umfang als auch in den Zielen wesentlich von einer Jahresabschlussprüfung unterscheidet. [...]
In der Regel werden die geplanten und tatsächlichen Ergebnisse voneinander abweichen, da zukünftige Ereignisse und Umstände häufig nicht wie erwartet eintreten. Die daraus entstehenden Abweichungen können von wesentlicher Bedeutung sein. Wir übernehmen daher keine Verantwortung für den Eintritt der in der Planungsrechnung unterstellten Annahmen und Ergebnisse. [...]
Zu den von uns verwendeten Informationen gehörten unter anderem
XXXX Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Verantwortung für die Unternehmensplanung, die berichteten IST- und ggf. Vergangenheitszahlen sowie sämtliche Management Entscheidungen ausschließlich bei Ihnen liegt.
[...]
Wir weisen Sie insbesondere auf folgende Einschränkungen unserer Arbeiten hin:
[...]
Der Detaillierungsgrad der Unterlagenbereitstellung und die durchgeführten Plausibilisierungshandlungen wurden durch den zur Verfügung stehende Zeitraum eingeschränkt
[...]“
Zusammenfassend kommt die XXXX zu nachstehendem Ergebnis:
XXXX Auf Basis der erhaltenen Unterlagen und geführten Diskussionen liegen uns keine Sachverhalte vor, welche Anlass zu substantiellen Zweifeln an der Plausibilität der Fortführungsrechnung geben würden.“
Am 01.07.2020 nahm der nunmehrige Rechtsvertreter der Antragstellerin mit der Rechtsvertreterin der Auftraggeberin telefonisch Kontakt auf, da er zuvor von seinem Mandanten erfahren hatte, dass die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt wurde, ob die Bietergemeinschaft in Anbetracht der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die XXXX beauftragt werden könne oder nicht. Dabei wurde über die Auslegung des § 249 Abs 4 BVergG 2018, über anstelle des KSV-Ratings beizubringende Nachweise zur Beurteilung der technischen und finanziellen Leistungsfähigkeit sowie Möglichkeiten einer Absicherung der Auftraggeberin etwa durch Übernahme des betreffenden Betriebsteiles durch die XXXX für den Fall des Scheiterns der Sanierung der XXXX gesprochen. In der Folge richtete er die nachstehenden E-Mails an die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin:
„Liebe [...],
wie besprochen schicke ich dir die von mir angesprochene Entscheidung:
Substituierung des in der Ausschreibung verlangten Eignungsnachweises, wenn ein Bieter diesen (objektiv) nicht erlangen kann (vgl 255 Abs 2 BVergG 2018).
Der VwGH hat folgenden Sachverhalt entschieden: Das Unternehmen vom Bieter vorgelegte KSV-Rating lautete auf 0 (dh der KSV bewertete dieses Unternehmen nicht). Der VwGH entschied, dass in diesem Fall der Bieter aus objektiven Gründen nicht in der Lage war, das in der Ausschreibung geforderte KSV-Rating von 100-350 vorzulegen. Er erkannte es daher als grundsätzlich zulässig, dass die alternativ vorgelegten Nachweise gewürdigt werden, sofern diese hinsichtlich ihrer Aussagekraft gleichwertig sind:
„[...]
Fallbezogen wäre daher zu prüfen gewesen, ob die vom Auftraggeber alternativ herangezogenen Unterlagen (Liste über die vergebenen öffentlichen Aufträge, Bestätigungen von Finanzamt und Gebietskrankenkasse, Auskunft des KSV sowie der Hausbank der R GmbH) hinsichtlich ihrer Aussagekraft einem nachgewiesenen KSV-Rating zwischen 100 und 350 gleichwertig sind. Dabei wäre nachvollziehbar in Anschlag zu bringen gewesen, dass - worauf die Revision hinweist - ein KSV-Rating bis 399 (und somit ber den hier festgelegten Höchstwert von 350 hinaus) gemäß den Angaben des KSV (auf www.ksv.at ) ein unterdurchschnittliches Ausfallsrisiko bedeutet. (VwGH 04.07.2016, “Ra 2015/04/0085) [...]
In unserem Fall ist das KSV-Rating gar nicht gefordert, sondern nur beispielhaft genannt, weshalb ein internes Rating der Hausbank hinreichend sein sollte.“
„Liebe [...],
mir liegt mittlerweile das Dokument Plausibilisierung der Fortführungsrechnung XXXX der XXXX vor. Zudem liegt mir der unterfertigte Kreditvertrag zwischen der XXXX mit der XXXX XXXX vor.
Ich denke, dass diese Unterlagen eine wichtige Grundlage für die angesprochene Prognoseentscheidung der Auftraggeberin sein können. Ich könnte dir diese Unterlagen streng vertraulich übermitteln.
Die von mir in unserem Telefonat angedachte Übernahme eines betreffenden Betriebsteiles (bzw ein diesbezügliches Angebot zur Übernahme seitens XXXX ) wird sich deshalb schwerlich realisieren lassen, weil dieser Betriebsteil von XXXX auch zahlreiche andere Projekte ausführt, mit denen XXXX nichts zu tun hat. Seitens XXXX wird aber erwogen, die Leistungen der XXXX in Bezug auf das gegenständliche Projekt gesondert zu besichern, um eine zusätzliche Absicherung zu schaffen. [...]“
Am 01.07.2020 übermittelte der Rechtsvertreter der Auftraggeberin den Kreditvertrag der XXXX an die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin.
Der Kreditvertrag der XXXX enthält nachstehende außerordentliche Kündigungsgründe für den Kreditgeber:
• wenn von dem dieser Kreditgewährung zugrunde liegenden Liquiditätsplan für den Zeitraum XXXX XXXX mit einem kumulierten Spitzenbedarf von insgesamt rd. XXXX . negativ abgewichen und der sich ergebende Zusatzliquiditätsbedarf nicht kurzfristig anderweitig bedeckt werden kann
XXXX wenn von uns in Ihrem Auftrag unter dem Garantiekreditvertrag vom XXXX und diversen Änderungen ausgestellte Garantien im Betrag von kumuliert mehr als XXXX . gezogen werden und wir Zahlung an die Begünstigten zu leisten haben
• wenn der Antrag auf Abschluss eines Sanierungsplanes gemäß § 167 IO zurückgezogen wird
• wenn der Sanierungsplan, in der Sanierungsplantagsatzung nicht zumindest in der heute angebotenen Form angenommen wird
• wenn der angenommene und bestätigte Sanierungsplan nicht fristgerecht erfüllt wird.
XXXX wenn nach Annahme des Sanierungsplanes in der angebotenen Form die gemäß Fortführungsrechnung vom XXXX geplanten jährlichen EBITDAs um mehr als 10% unterschritten werden ( XXXX . Sollte dieses um mehr als 10%, XXXX unterschritten werden und daher weniger als XXXX betragen, liegt ein außerordentlicher Kündigungsgrund vor
Am 02.07.2020 richtete der Rechtsvertreter der Antragstellerin die nachstehende E-Mail an die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin:
XXXX Ich habe eben die Rückmeldung zur Kontaktnahme zur XXXX erhalten. Die XXXX möchte kein weiteres (Rating-) Dokument erstellen, das an Dritte weitergegeben werde könnte. Sie steht auf dem Standpunkt, dass in Hinblick auf die vorliegende Fortführungsprognose der XXXX , die vorgelegten Sicherheiten und den tatsächlich abgeschlossenen Kreditvertrag die Kreditwürdigkeit von XXXX und das Vertrauen der XXXX in die erfolgreiche Sanierung hinreichend dokumentiert sind. Die Unterlagen seien mehr als ausreichend. [...]“
Das Gutachten der Rechtsvertreterin der Auftraggeberin (Gutachtliche Stellungnahme zur Frage der vergaberechtlichen Beurteilung der Insolvenz der XXXX im Vergabeverfahren „Kraftwerk Obervellach II – Bau“ sowie Dokumentation der Risikobewertung und Ermessensentscheidung, Juli 2020) lautet auszugsweise:
„1. Gutachtensauftrag
Die ÖBB-Infrastruktur AG (im Folgenden kurz "ÖBB") hat uns beauftragt, folgende Frage zu prüfen:
„Muss die Bietergemeinschaft XXXX / XXXX aufgrund des am XXXX eröffneten Insolvenzverfahrens vom gegenständlichen Vergabeverfahren für das KW Obervellach II ausgeschieden werden?“
[...]
4. Unterlagen und Informationen
• Ausschreibungsunterlagen Kraftwerk Obervellach II - Hauptbaulos Bau inkl. Druckrohrleitung
XXXX Teilnahmeantrag XXXX
XXXX Auszug Insolvenzdatei XXXX
XXXX Auszug Insolvenzdatei XXXX
• Schreiben MV XXXX an XXXX vom 23. Juni 2020
XXXX Schreiben MV XXXX an ÖBB vom 23. Juni 2020
XXXX E-Mail zwischen XXXX und MV XXXX vom 25. Juni 2020
XXXX XXXX XXXX Plausibilisierung der Fortführungsrechnung vom XXXX • E-Mail XXXX an XXXX vom 1. Juli 2020
XXXX Kreditvertrag XXXX
XXXX Der Standard XXXX
XXXX ORF Homepage XXXX • OÖ Nachrichten, XXXX • Auszug ANKÖ XXXX mit KSV-Rating
XXXX KSV Rating XXXX • KSV Rating XXXX • KSV Rating XXXX
XXXX Homepage XXXX
XXXX Homepage XXXX
Weiters fanden am 22. und 26. Juni 2020 Besprechungen sowie am 2. Juli 2020 eine Videokonferenz mit Auftraggebervertretern zur Risikobewertung und zur Ermessensausübung des Auftraggebers statt.
[...]
5. Gutachtliche Stellungnahme
[...]
5.2. Ermessensentscheidung des Auftraggebers gem § 249 Abs 4 BVergG
5.2.1. Gesetzliche Grundlagen
Die Eignung hat gem § 250 BVergG im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung grundsätzlich zum Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmeantragsfrist vorzuliegen und darf nach hA „in der Folge im weiteren Vergabeverfahren nicht mehr verloren gehen“.
Gem § 253 BVergG bestätigt ua das Nichtvorliegen einer Insolvenz die Zuverlässigkeit des Unternehmens. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellt grundsätzlich einen Ausschlussgrund gem § 249 Abs 2 Z 1 BVergG dar. § 249 Abs 1 iVm Abs 3 BVergG legt für den öffentlichen Sektorenauftraggeber zunächst fest, dass der
„öffentliche Sektorenauftraggeber - unbeschadet der Abs 4 bis Abs 6 - einen Unternehmer jederzeit von der Teilnahme am Vergabe verfahren auszuschließen hat, wenn dieser einen in Abs 2 angeführten Ausschlussgrund erfüllt.
Gleichzeitig ist die mangelnde Zuverlässigkeit auch ein Ausscheidensgrund gem § 302 Abs 1 Z 2 BVergG.
Anders als das BVergG 2006 - das dem Auftraggeber keinen Ermessensspielraum im Hinblick auf die Beauftragung insolventer Unternehmen eingeräumt hat - ermöglicht nunmehr das BVergG 2018 dennoch eine Beauftragung insolventer Unternehmen, sofern die Prognoseentscheidung des Auftraggebers darauf schließen lässt, dass die Leistungsfähigkeit für die Durchführung des Auftrags ausreicht. Insofern ermöglicht die aktuelle Rechtslage bei Insolvenz eines Bieters nach Abgabe des Angebots und vor Zuschlagsentscheidung eine Ermessensentscheidung des Auftraggebers.
Gem § 249 Abs 4 BVergG kann
„der Sektorenauftraggeber von einem Ausschluss gern Abs 2 Z 1 [Anm bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens] oder Z 2 Abstand nehmen, wenn die Leistungsfähigkeit des Unternehmers für die Durchführung des Auftrags ausreicht. “
5.2.2. Bisheriger Meinungsstand
Soweit ersichtlich gibt es zur Ermessensausübung gem § 249 Abs 4 BVergG in Österreich bislang keine Entscheidungen. Auch die Gesetzesmaterialen geben dazu keine weiterführenden Hinweise.
Anhaltspunkte können uE aus der bisherigen deutschen Literatur und Judikatur zur vergleichbaren Rechtslage des § 124 GWB abgeleitet werden. Danach erfordert der Ausschluss eines Bieters eine besonders sorgfältige Ermessensausübung. Nach der dt obergerichtlichen Entscheidungspraxis gibt es keine Regelvermutung der mangelhaften Leistungsfähigkeit, wenn lediglich ein Antrag auf Eröffnung der Insolvenz gestellt wurde.
Die Insolvenz allein ist kein zwingender Ausschließungsgrund. Vielmehr muss der Auftraggeber eine sorgfältige Prüfung der Situation vornehmen und im Rahmen einer echten Ermessensentscheidung überprüfen, ob der insolvente Bieter Gewähr für eine ordnungsgemäße und fachgerechte Leistung bietet.
Für die zu treffende Prognoseentscheidung ist die Frage zu beantworten, ob davon auszugehen ist, dass der Unternehmer trotz seiner konkreten Situation in der Lage ist, seine vertraglichen Verpflichtungen, einschließlich der Mängelbehebung zu erfüllen.
Basis für die vergaberechtliche Ermessensentscheidung ist eine umfassende Ermittlung aller relevanten Aspekte, die zur Insolvenz des Unternehmens geführt hat sowie über den Verlauf des Insolvenzverfahrens; dies hat durch konkrete Auskunftsbegehren gegenüber dem Unternehmen und /oder Masseverwalter sowie durch Presse und Internetrecherche etc zu erfolgen. Gleichzeitig wird in der Judikatur aber auch festgehalten, dass die Ausfüllung des Ermessensspielraums zum Bieterausschluss „keine zeitraubende Recherche verlangt, die dem Beschleunigungsziel des Vergabeverfahrens zuwiderläuft:™
Als Anhaltspunkte, die Rückschlüsse auf die Leistungsfähigkeit zulassen, werden in der Judikatur zB Tatsachen gewertet, wie dass dem Bieter trotz seiner Insolvenz Bürgschaften gewährt wurden, oder dass es sich um eine Insolvenz mit Eigenverwaltung handelt, die auf Fortführung des Unternehmens gerichtet ist. Auch der Umstand, dass bestehende Verträge bislang noch nicht gekündigt wurden, oder dass der Unternehmer zwischenzeitlich weitere Aufträge von öffentlichen Auftraggebern erhalten hat, spielen eine Rolle.
Allerdings müssen auch die Risiken entsprechend gewürdigt werden: Berücksichtigung dabei finden, die Höhe der Verbindlichkeit, die Wettbewerbssituation, Insolvenzverfahren verbundener Unternehmen, mit denen umfangreiche finanzielle Verflechtungen bestehen; Bedingungen von Investoren, bestehende Gewährleistungsbürgschaften, Steuer und Sozialversicherungsbeiträge. Eine Rolle spielt auch die Laufzeit des abzuwickelnden Vertrags und damit die prognostizierte Leistungsfähigkeit während des Gewährleistungszeitraums.
Ganz allgemein lässt sich sagen, dass je stärker die verbleibenden Unsicherheiten der Erfüllung der künftigen vertraglichen Verpflichtungen sind, desto mehr spricht dies für den Ausschluss. Ergibt die Prognose der Vergabestelle, dass der betroffene Unternehmer aufgrund seiner konkreten Situation nicht die notwendige Sicherheit für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten bietet, ist der Auftraggeber „im Sinn einer Ermessensentscheidung auf Null' verpflichtet, das Angebot auszuschließen, weil das Vergaberecht den Grundsatz aufstellt, dass ein Auftrag nur an leistungsfähige und zuverlässige Unternehmen vergeben werden darf. Ungeachtet dessen darf auch die Risikobereitschaft des Auftraggebers eine Rolle spielen. Es ist nicht sachwidrig, dass die Risikobereitschaft zugunsten des insolventen Bieters eine höhere ist, je größer die Differenz zum nächsten günstigeren Bieter ist. Umgekehrt ist eine Ausscheidensentscheidung aber selbst dann nicht zu beanstanden, wenn der Auftraggeber trotz Verabschiedung des Insolvenzplans eine ermessensgetragene Entscheidung trifft, bei der er alle relevanten Faktoren berücksichtigt werden. Trotz Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaften verstößt die Entscheidung des Auftraggebers nicht gegen seinen Ermessensspielraum.
XXXX . Ermessensentscheidung XXXX
Entsprechend den Ausführungen in Punkt 5.2.2 hat der Auftraggeber daher auf Basis des von ihm umfassend erhobenen Sachverhalts eine sorgfältige Abwägung und Gewichtung aller Argumente vorzunehmen:
5.2.3.2. Argumente gegen den Ausschluss / Ausscheidensentscheidung
Wendet man die unter Punkt 5.2.2 dargestellten Aspekte auf die Ermessensentscheidung in Bezug auf die XXXX an, so können uE gegen den Ausschluss der Bietergemeinschaft, folgende Umstände ins Treffen geführt werden:
XXXX Durch die Insolvenzeröffnung wurde die Vor-Arbeitsgemeinschaft nicht aufgelöst. Der MV hat der Fortführung der Gesellschaft zugestimmt; die XXXX hat den Beschluss zur vollen Einhaltung des Vor-Vertrags gefasst. Insofern ist nach wie vor Personenidentität gegeben und es besteht die gesetzliche Solidarhaftungsverpflichtung der XXXX , wobei auch festzuhalten ist, dass der Leitungsanteil von XXXX XXXX am Gesamtauftrag rund XXXX % ist.
Im Sinn des § 26 Abs 3 IO hat der MV auch die Bindung an das Angebot erklärt (vgl dazu auch Punkt 5.1. oben).
Auf Basis der von der XXXX durchgeführten (detaillierten) Plausibilisierung der Fortbestehensrechnung wurde ein Sanierungsplan vorgelegt, der zwischenzeitlich mit dem Antrag des MV vom XXXX auch dahingehend verbessert wurde, dass zur Erfüllung des Sanierungsplans XXXX ) bezahlt werden.
Den Medienberichten und den Aussagen des Masseverwalters zur Folge stehen alle Zeichen auf Fortführung des Unternehmens XXXX . Die Ursachen der Insolvenz liegen nach den uns vorliegenden Informationen zum einen in nichtvorhandener Kompetenz und Ressourcen im Bereich XXXX und zum anderen in einem XXXX , wobei dadurch Schadenersatzforderungen in Höhe von rund XXXX erwartet werden.
XXXX Positiv zu werten ist auch, dass sich das Unternehmen in Zukunft wieder auf seine Kernkompetenzen beschränkt und dabei weiterhin in den Bereichen XXXX tätig sein wird. Der für die Insolvenz verantwortliche Unternehmensbereich XXXX wird geschlossen; das zuständige Mitglied der Geschäftsleitung hat das Unternehmen bereits verlassen; der Bereichsleiter wird das Unternehmen ebenfalls verlassen. Durch die Schließung dieses Unternehmensteils sind rund XXXX Mitarbeiter dieses Betriebsteils betroffen; es bestehen weiterhin entsprechende Ressourcen für die gegenständliche Vertragsabwicklung, so die Aussage des MV vom 25. Juni 2020, wobei zu diesem Zeitpunkt die XXXX noch nicht insolvent war (siehe dazu aber Punkt 5.2.3.3).
XXXX Positiv sind nach der Homepage auch Rückmeldungen von Vertragspartnern, XXXX
XXXX Zur Finanzierung der Sanierung gibt es bereits einen abgeschlossenen Kreditvertrag zwischen der XXXX und der XXXX , unter Mithaftung der XXXX . Dementsprechend hat der MV mit Schreiben vom 23. und 25. Juni 2020 bereits mitgeteilt, dass „die Fortführung entsprechend den Fortführungsrechnungen der XXXX gesichert ist.“
5.2.3.3. Argumente für den Ausschluss /die Ausscheidenentscheidung
Ungeachtet dieser positiven Aspekte sprechen uE - auch mit Blick auf die deutschen Entscheidungen - jedoch folgende Risiken und die verbleibenden Unsicherheiten für den Ausschluss der Bietergemeinschaft und schränken den Spielraum der ÖBB auch dergestalt ein.
Gegenständlich handelt es sich um einen mehr als XXXX Auftrag, der (ohne Gewährleistungsverpflichtung) bis Mitte 2023 projektiert ist. Die Kreditlaufzeit ist mit 31.12.2022 festgelegt. Entsprechend dem Projektbauzeitplan ist die Fertigstellung aller Bauteile nach dem Projektzeitplan mit April 2023 und das Gesamtbauende mit August 2023 festgelegt. An die Übernahme schließt sich dann die 3-jährige Gewährleistungsfrist. Der Zeitraum nach dem 31.12.2022 ist daher für den Auftraggeber - mit Ausnahme der Solidarhaftung der XXXX - aus heutiger Sicht völlig ungesichert.
XXXX Zunächst muss festgehalten werden, dass der Sanierungsplan zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht angenommen und rechtskräftig ist. Auch wenn nach Aussage des MV rund XXXX % der Gläubiger in der Gläubigerausschusssitzung vertreten sind, besteht zum derzeitigen Zeitpunkt des Insolvenzverfahrens keine Sicherheit für den Auftraggeber, dass das Sanierungsverfahren angenommen wird. Selbst bei angenommenem Sanierungsplan kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Sanierungsplan auch tatsächlich erfüllt werden kann. Aufgrund des XXXX besteht im Fortführungszeitraum ( XXXX ) ein hoher Finanzierungsbedarf, XXXX Auch werden rückläufige Umsätze erwartet, XXXX .
XXXX Ein verbindliches unwiderrufliches Kaufangebot für den betreffenden Betriebsteil für den Fall der Nichtannahme des Sanierungsplans bzw Konkurseröffnung konnte die XXXX nicht abgeben (vgl dazu auch Punkt 5.2.4).
XXXX Die Unternehmensgruppe XXXX , ist eine familiengeführte Unternehmensgruppe, die folgende vereinfachte Unternehmensstruktur aufweist XXXX
Daher darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass XXXX auch über die XXXX eröffnet wurde. Auch wenn der Miteigentümer und der Firmenanwalt den Konkurs als „logische Konsequenz“ ansehen, darf die Firmenverflechtung nicht außer Betracht bleiben und es wird diese Insolvenz auch Auswirkungen auf den Personalstand haben. XXXX . Dementsprechend liegen derzeit auch keine Informationen vor, ob auch der für den gegenständlichen Auftrag relevante Geschäftsbereich vom Personalabbau betroffen ist, und welche Auswirkungen dies auf den gegenständlichen Auftrag hätte.
XXXX Grundlage für das Sanierungsverfahren ist die Plausibilisierung der von der Gemeinschuldnerin aufgestellten Fortführungsrechnung durch die XXXX . Wenngleich diese eine sehr aufschlussreiche Analyse des Insolvenzgrundes, der Plausibilisierung der Sanierungsmaßnahmen und der Planungsrechnung ist, muss darauf hingewiesen werden, dass einleitend ein umfassender „disclaimer“ enthalten ist, wonach „in der Regel die geplanten und tatsächlichen Ergebnisse voneinander abweichen, da zukünftige Ereignisse und Umstände häufig nicht wie erwartet eintreten. Die daraus entstehenden Abweichungen können von wesentlicher Bedeutung sein. Wir übernehmen daher keine Verantwortung für den Eintritt der in der Planungsrechnung unterstellten Annahmen und Ereignissen.“ (...) „Die Verantwortung für die Unternehmensplanung, der berichteten IST- und ggf Vergangenheitszahlen sowie sämtliche Management Entscheidungen liegen ausschließlich bei Ihnen [Anm: gemeint ist hier die XXXX
XXXX
XXXX Die XXXX hat die Plausibilisierung der XXXX ihrem Kreditvertrag als Geschäftsgrundlage zu Grunde gelegt. Auch wenn der Masseverwalter in seinem Schreiben vom 23. Juni 2020 davon spricht, dass die „Finanzierung bis 2022 „gesichert“ ist, dürfen uE folgende Aspekte nicht außer Acht gelassen werden:
Im Kreditvertrag der XXXX sind mehrere außerordentliche Kündigungsgründe genannt, wie zB Nichtannahme des Sanierungsplans, Nichteinhaltung des Sanierungsplans oder die Unterschreitung der Fortführungsrechnungen XXXX Insofern relativiert sich uE die Aussage des Masseverwalters, wonach die Fortführung des Unternehmens bis 2022 „gesichert“ ist. Eine Einschätzung der Bank bezüglich des Ausfallsrisikos liegt uns nicht vor.
Als Sicherheiten des von der XXXX gewährten Kredits wurden in erster Linie XXXX auf Liegenschaften der XXXX gestellt, die gleichzeitig auch für alle Kreditverbindlichkeiten als Solidarschuldnerin haftet. Das KSV-Rating der XXXX beträgt zum aktuellen Zeitpunkt XXXX ) mit einer überdurchschnittlichen Ausfallswahrscheinlichkeit von XXXX % gern Basel III, was logische Konsequenz der Insolvenzeröffnung der beiden Tochtergesellschaften ist.
Aus all dem ergibt sich, dass die Ermessensentscheidung des Auftraggebers uE für den Ausschluss der Bietergemeinschaft auf Basis einer umfassenden Recherche und im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums getroffen werden musste und dementsprechend auch getroffen wurde. Ungeachtet der vielen positiven Aspekte in diesem Sanierungsverfahren verbleibt für den Auftraggeber für die Gesamtlaufzeit des Vertrags zum jetzigen Zeitpunkt - rund 3 Wochen nach Einleitung des Insolvenzverfahrens - ein nicht unerhebliches Risiko, ob die Sanierung langfristig erfolgreich abgeschlossen werden kann.
5.2.4 Berücksichtigung des Risikos der Neuausschreibungspflicht bei der Beurteilung der Prognoseentscheidung
5.2.4.2. Business Judgement Rule
Wenngleich gem § 249 Abs 4 BVergG die Ermessenentscheidung des Auftraggebers auf die Prognose „der Leistungsfähigkeit des Unternehmers“ abstellt, ist im Sinn der Business Judgement Rule des § 84 Abs 1a AktG in die Risikoabwägung uE auch die mögliche Konsequenz (Rechtsfolgen) des „Scheiterns des Sanierungsverfahrens“ zu berücksichtigen. Auch das OLG Celle hat die Risikobereitschaft des Auftraggebers und Rechtsfolgenabwägung im Anschluss an die (negative) Beurteilung nicht beanstandet, sondern für zulässig erklärt. Nach Auffassung des OLG Celle ist es „nicht sachwidrig, in die Risikoabwägung die Differenz der Angebotssummen einzustellen“ (...) und es ist nachvollziehbar, dass sich [Anm: beispielsweise] die Risikobereitschaft zugunsten eines insolventen Bieters erhöht, je größer die Differenz zum nächst günstigeren Bieter ist.“
Gem § 84 Abs 1a AktG handelt der Vorstand einer AG
Jedenfalls im Einklang mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsleiters, wenn er sich bei einer unternehmerischen Entscheidung nicht von sachfremden Interessen leiten lässt und auf der Grundlage angemessener Information annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln“.
Alle drei Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, um jedenfalls als sorgfältig zu gelten. In Österreich wird dazu vertreten, dass ein Handel[n] zum Wohle der Gesellschaft dann nicht vorliegt, wenn die Entscheidung ihrem Inhalt nach zumindest grob fahrlässig ist. Als nicht im Unternehmenswohl gelegen werden daher idR Entscheidungen sein, bei denen Chancen und Risiken der Gesellschaft in einem groben Missverhältnis stehen.
Für den öffentlichen (Sektoren)Auftraggeber sind die möglichen Rechtsfolgen, die ihn bei Scheitern des Sanierungsverfahrens treffen, weitreichend, die gegenständlich auch nicht abgesichert sind: Vor dem Hintergrund, dass zum aktuellen Zeitpunkt des Sanierungsverfahrens die Unsicherheiten und Risiken im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit der XXXX , wie in Punkt 5.2.3.3 erwähnt, überwiegen, müssen uE „zum Wohle der Gesellschaft“ auch die vergaberechtlichen Konsequenzen eines möglichen Scheitern des Insolvenzverfahrens bei der Ermessensentscheidung Berücksichtigung finden. Die Bietergemeinschaft XXXX liegt um XXXX vor der zweitgereihten Bietergemeinschaft. Bei einem Scheitern der Sanierung steht diesem monetären Vorteil die Gefahr der Neuausschreibungspflicht gegenüber. Damit verbunden sind nach unseren Informationen jedenfalls höhere Kosten, ein beträchtlicher Zeitverzug und auch rechtliche Themen (zB Übernahme der Gewährleistung).
5.2.4.3. Neuausschreibungspflicht bei wesentlicher Vertragsänderung
Gem § 365 BVergG führt jede wesentliche Vertragsänderung zu einer Neuausschreibungspflicht. Gem Abs 3 Z 3 leg cit liegt bei einer Änderung des Vertragspartners nur dann keine wesentliche Vertragsänderung vor, wenn „ein neuer Vertragspartner den Auftragnehmer ersetzt, an den der Auftraggeber den Auftrag ursprünglich vergeben hatte, aufgrund
a) einer eindeutig formulierten Vertragsänderungsklausel gemäß Abs. 3Z2 oder
b) der Tatsache, dass ein anderer Unternehmer, der die ursprünglich festgelegten Eignungskriterien erfüllt, im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung - einschließlich Übernahme, Fusion, Erwerb oder Insolvenz - ganz oder teilweise an die Stelle des ursprünglichen Auftragnehmers tritt, sofern dies keine weiteren wesentlichen Änderungen des Vertrages zur Folge hat und nicht dazu dient, die Anwendung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu umgehen, oder (...)“
Nicht geklärt ist derzeit, wie weit die Ausnahme der „Unternehmensumstrukturierung“ reicht. Auf europäischer Ebene wird zT die Meinung vertreten, dass Umstrukturierungen dann zulässig sind, wenn die Einflussmöglichkeiten des Auftraggebers darauf beschränkt sind, den neuen AN abzulehnen, wenn er die ursprünglichen Anforderungen nicht erfüllt. Die hM in Österreich scheint aber einen formaleren und strengeren Standpunkt einzunehmen. Demnach ist ein Wechsel des AN grundsätzlich eine wesentliche Vertragsänderung (vgl § 365 Abs 2 Z 1 BVergG). Da Arbeitsgemeinschaften als Gesellschaft bürgerlichen Rechts keine eigene Rechtspersönlichkeit eingeräumt wird, wird eine Änderung der Zusammensetzung der Arbeitsgemeinschaft grundsätzlich unzulässig sein, sofern nicht ein Fall einer internen Neuorganisation vorliegen sollte. Ausweislich der Gesetzesmaterialien werden alle Arten von Unternehmensumstrukturierungen von § 365 Abs 3 Z 3 lit b BVergG erfasst, „wie etwa (...) auch der Erwerb des Auftragnehmers (oder Teilen desselben) durch Kauf oder ein Erwerb des Auftragnehmers aus der Masse.“
Wird bei einem Scheitern des Sanierungsverfahrens in der Folge das Konkursverfahren eingeleitet, so führt dies im gegenständlichen Fall einer „Zweier-ARGE“ gem § 1208 Z 3 ABGB zur ipso-iure- Auflösung der Gesellschaft (ARGE) und es kommt gem § 1215 ABGB zur Gesamtrechtsnachfolge des verbleibenden Gesellschafters. Folglich besteht dann keine rechtliche Identität mehr in der Person des Bieters, weil anstelle der Bietergemeinschaft (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) ein einzelner Bieter treten würde. In diesem Fall würde idR auch der Haftungsfonds des Auftraggebers geschmälert werden, was für sich betrachtet auch wiederum als wesentliche Vertragsänderung zugunsten des Auftragnehmers gem § 365 Abs 2 Z 2 BVergG zu qualifizieren sein wird.
Ungeachtet der Tatsache, dass sich - wie XXXX in seinem Schreiben vom 1. Juli 2020 ausführt - ein verbindliches Kaufangebot der XXXX zur Übernahme des betroffenen Betriebsteils „schwerlich realisieren“ lässt, wäre in diesem Fall auch noch zu berücksichtigen, dass XXXX alleine die Eignung nicht erfüllt ( XXXX hat die Referenz XXXX beigebracht XXXX .
Insofern besteht derzeit keine Absicherung des Auftraggebers, dass ein Konkursverfahren der XXXX keine Neuausschreibungspflicht nach sich zieht. Eine Neuausschreibungspflicht führt jedoch für den Auftraggeber nach den uns vorliegenden Informationen zu Mehrkosten (die jedenfalls höher liegen als die Differenz zum Zweitgereihten), Zeitverzug und naturgemäß zu (schwierigen) Abgrenzungsfragen hinsichtlich der Gewährleistung sowie zur Frage der Wirtschaftlichkeit des Projekts, die damit in Frage gestellt werden würde.
Zum Wohle der Gesellschaft müssen daher auch die vergaberechtlichen Rechtsfolgen der vorhandenen Risiken in der Ermessensentscheidung Berücksichtigung finden.“
Am 07.07.2020 wurde der Antragstellerin über die elektronische Beschaffungsplattform www.provia.at mitgeteilt, dass ihr Angebot (Teil-)Angebot "Basisangebot" im Vergabeverfahren betreffend Hauptbaulos Bau inkl. Druckrohrleitung ausgeschieden wurde.
Die Entscheidung der Auftraggeberin vom 07.07.2020 lautet auszugsweise wie folgt:
XXXX
XXXX
Zunächst dürfen wir uns bei Ihnen und dem Masseverwalter der XXXX , XXXX , für die Übermittlung der Unterlagen und der unverzüglichen Beantwortung der Fragen zur Erhebung des Sachverhalts im Zusammenhang mit der Insolvenz der XXXX bedanken. Wenngleich positive Aspekte betreffend das Sanierungsverfahren
vorliegen, bedauern wir, dass dennoch die Ermessensentscheidung für das Ausscheiden/Ausschluss Ihres Angebots getroffen werden musste und verständigen Sie hiermit von dieser Entscheidung.
XXXX Bei einer Arbeits- oder Bietergemeinschaft muss aufgrund der gesetzlichen Vorgaben die Zuverlässigkeit und aufgrund der Festlegung in der Ausschreibung die finanzielle Leistungsfähigkeit für jedes Mitglied vorliegen und darf nach hM während des gesamten Vergabeverfahrens nicht mehr verloren gehen.
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellt grundsätzlich einen Ausschlussgrund gem § 249 Abs 2 Z 1 BVergG dar. Nach § 249 Abs 4 BVergG kann der Auftraggeber vom Ausschluss jedoch absehen, wenn die Leistungsfähigkeit des Unternehmers für die Durchführung des Auftrags dennoch ausreicht. Folgedessen hat der Auftraggeber eine begründete Ermessensentscheidung zu treffen. Sofern aufgrund der konkreten Situation der Gemeinschuldner (hier die XXXX ) nicht die notwendige Sicherheit für die Erfüllung der (gesamten) vertraglichen Pflichten bietet, ist der Auftraggeber „im Sinn einer Ermessensentscheidung auf Null“ verpflichtet, das Angebot auszuschließen (Stolz in Ziekow/Völlink, Vergaberecht § 124 Rz 14.)
Gegenständlich sprechen trotz Vorliegen positiver Umstände (Sanierungsplan, der in der Gläubigerausschusssitzung am XXXX zustimmend zur Kenntnis genommen wurde, Erklärung der Bindungswirkung zum Angebot durch den Masseverwalter, beabsichtigte Fortführung des Unternehmens, gesetzliche Solidarhaftungsverpflichtung von XXXX , geringer Leistungsanteil der Gemeinschuldnerin) dennoch die Risiken und Unsicherheiten für den Auftraggeber für den Ausschluss / das Ausscheiden des Angebots. Korrespondierend zur deutschen Rechtsprechung zur vergleichbaren Rechtslage überwiegen letztere aus den folgenden Gründen:
Aktuell – drei Wochen nach Eröffnung des Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung – besteht trotz Vorliegen des Sanierungsplans und Zustimmung im Gläubigerausschuss keine Sicherheit für den Auftraggeber, dass der Sanierungsplan angenommen wird und/oder, dass der Sanierungsplan tatsächlich erfüllt werden kann. Die Sanierungsplantagsatzung findet erst am XXXX statt. Die Risikobewertung in der Plausibilisierung der Fortführungsrechnung für den hohen Finanzierungsbedarf in den nächsten Monaten aufgrund des XXXX wird sehr hoch eingeschätzt und gleichzeitig werden rückläufige Umsätze erwartet.
Nur 15 Tage nach Eröffnung des Sanierungsverfahrens über die XXXX wurde auch über XXXX das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet. Auch wenn dies als „logische Konsequenz“ der Insolvenz der XXXX bewertet ist, darf die Firmenverflechtung nicht außer Betracht bleiben und es sind die Personalauswirkungen derzeit auch noch nicht absehbar.
Grundlage für das Sanierungsverfahren und die Finanzierung der XXXX ist die (ausführliche) Plausibilisierung der Fortführungsrechnung durch die XXXX : Trotz aufschlussreicher Analyse enthält diese einen umfassenden “disclaimer“ und weist ausdrücklich darauf hin, dass „in der Regel die geplanten und tatsächlichen Ergebnisse voneinander abweichen, da zukünftige Ereignisse und Umstände häufig nicht wie erwartet eintreten.“
Die Aussage des Masseverwalters, wonach die „Finanzierung bis 2022 gesichert ist“, muss insofern relativiert werden, als der Kreditvertrag mehrere außerordentliche Kündigungsmöglichkeiten, wie zB bei Nichtannahme oder Nichterfüllung des Sanierungsplans bzw bei Nichteintritt bestimmter Prognosen vorsieht. Eine Einschätzung der Bank (Rating) bezüglich des Ausfallsrisikos liegt uns nicht vor.
XXXX Das KSV-Rating der XXXX (Kommanditistin XXXX ), die sowohl die Sicherheiten für die bestellt hat, als auch als Solidarschuldnerin für den Kredit haftet, beträgt (naturgemäß) zum aktuellen Zeitpunkt XXXX mit einer überdurchschnittlichen Ausfallswahrscheinlichkeit.
Wenngleich der Leistungsumfang der Gemeinschuldnerin ( XXXX ) rund XXXX % betragen würde, handelt es sich gegenständlich um einen mehr aus XXXX Auftrag, der (ohne Gewährleistungsverpflichtung) bis Mitte 2023 projektiert ist. Die Kreditlaufzeit ist mit 31.12.2022 festgelegt. Der Zeitraum nach dem 31.12.2022 ist daher für den Auftraggeber – mit Ausnahme der Solidarhaftung der XXXX – aus heutiger Sicht völlig ungesichert.
Schließlich musste – der Business Judment Rule gem § 84 Abs 1a AktG entsprechend – auch noch das Risiko einer Neuausschreibungspflicht berücksichtigt werden, das bei einer möglichen Konkurseröffnung der XXXX während der Vertragslaufzeit gegeben ist. Damit verbunden sind jedenfalls höhere Kosten im Vergleich zur Differenz zum zweitplatzierten Bieter, ein beträchtlicher Zeitverzug und XXXX
[...]“
Mit Schriftsatz vom 16.07.2020 brachte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Auftraggeberin vom 07.07.2020 verbunden mit einem Antrag auf Gebührenersatz beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Antragstellerin entrichtete Pauschalgebühren in entsprechender Höhe.
Es wurde im gegenständlichen Vergabeverfahren weder ein Zuschlag erteilt noch wurde eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt.
2. Beweiswürdigung:
Der Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den eingangs (unter II.1.) angeführten Beweismitteln. Bei der Beweiswürdigung haben sich gegen die Echtheit und Richtigkeit der vorliegenden Unterlagen des Vergabeverfahrens keine Bedenken ergeben. Die Feststellungen finden Deckung in den von den Verfahrensparteien eingebrachten Schriftsätzen, den bezugnehmenden Beilagen sowie den Vergabeunterlagen und den Angaben in der mündlichen Verhandlung. Die Ausführungen der einvernommenen Zeugen, XXXX , wie auch jene des Sanierungsverwalters der XXXX , XXXX , waren im Wesentlichen übereinstimmend, plausibel und insofern glaubwürdig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes – BVwGG, BGBl I 2013/10 idgF, lauten:
Einzelrichter
§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
3.1.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, lauten:
Ausübung der Verwaltungsgerichtsbarkeit
§ 2. Soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch den Senat vorsehen, entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter (Rechtspfleger).
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.…
(7) …
3.1.3. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2018 lauten auszugsweise:
Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:
1. …
4. Arbeitsgemeinschaft ist ein Zusammenschluss mehrerer Unternehmer, die sich unbeschadet der sonstigen Bestimmungen des zwischen ihnen bestehenden Innenverhältnisses dem Auftraggeber solidarisch zur vertragsgemäßen Erbringung einer Leistung verpflichten. 5. Auftraggeber ist jeder Rechtsträger, der vertraglich an einen Auftragnehmer einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteilt oder zu erteilen beabsichtigt.9. …12. Bietergemeinschaft ist ein Zusammenschluss mehrerer Unternehmer zum Zweck der Übermittlung eines gemeinsamen Angebotes.13. ...15. Entscheidung ist jede Festlegung eines Auftraggebers im Vergabeverfahren.a) Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen:aa) …dd) im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung und bei Innovationspartnerschaften: die Ausschreibung; die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Entscheidungen während der Verhandlungsphase bzw während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebotes; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlagsentscheidung;oo) …
b) Nicht gesondert anfechtbare Entscheidungen sind alle übrigen, den gesondert anfechtbaren Entscheidungen zeitlich vorhergehenden Entscheidungen. Diese können nur in dem gegen die ihnen nächst folgende gesondert anfechtbare Entscheidung gerichteten Nachprüfungsantrag angefochten werden.16. ... 38. Unternehmer sind Rechtsträger wie natürliche oder juristische Personen, öffentliche Einrichtungen oder Zusammenschlüsse dieser Personen bzw. Einrichtungen, eingetragene Personengesellschaften oder Arbeits- und Bietergemeinschaften, die auf dem Markt die Ausführung von Bauleistungen, die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen anbieten.50. …
Bauaufträge
§ 5. Bauaufträge sind entgeltliche Verträge, die einen der folgenden Vertragsgegenstände haben:1. die Ausführung oder die gleichzeitige Ausführung und Planung von Bauleistungen im Zusammenhang mit einer der in Anhang I genannten Tätigkeiten oder2. die Ausführung oder die gleichzeitige Ausführung und Planung eines Bauvorhabens oder3. die Erbringung einer Bauleistung durch Dritte gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen, gleichgültig mit welchen Mitteln die Erbringung erfolgt, sofern der öffentliche Auftraggeber einen entscheidenden Einfluss auf die Art und die Planung des Vorhabens hat.
Sektorenauftraggeber
§ 166. Für Vergabeverfahren von Sektorenauftraggebern, das sind Auftraggeber nach den §§ 167 bis 169, gilt dieses Bundesgesetz mit Ausnahme seines 2. Teiles.
Öffentliche Unternehmen als Sektorenauftraggeber
§ 168. (1) Soweit öffentliche Unternehmen eine Sektorentätigkeit (§§ 170 bis 175) ausüben, sind sie Sektorenauftraggeber.
(2) Ein öffentliches Unternehmen gemäß Abs 1 ist jedes Unternehmen, auf das ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 4 Abs 1 oder ein öffentlicher Sektorenauftraggeber aufgrund der Eigentumsverhältnisse, der finanziellen Beteiligung oder der für das Unternehmen geltenden Vorschriften unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Die Ausübung eines beherrschenden Einflusses wird vermutet, wenn ein öffentlicher Auftraggeber gemäß § 4 Abs 1 oder ein öffentlicher Sektorenauftraggeber unmittelbar oder mittelbar1. die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens hält oder2. über die Mehrheit der mit den Anteilen am Unternehmen verbundenen Stimmrechte verfügt oder3. mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann.
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Verkehrsleistungen
§ 172. (1) Sektorentätigkeiten im Verkehrsbereich sind die Bereitstellung oder das Betreiben von Netzen zur Versorgung der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen per Eisenbahn, mit automatischen Systemen, Straßenbahn, Bus, Oberleitungsbus oder Seilbahn.
(2) Im Verkehrsbereich liegt ein Netz vor, wenn die Verkehrsleistung gemäß den von einer zuständigen Behörde festgelegten Bedingungen erbracht wird; dazu gehören die Festlegung der Strecken, der Transportkapazitäten und der Fahrpläne.
Auftragsarten
§ 177. Für Sektorenauftraggeber gelten die Bestimmungen über Auftragsarten (§§ 5 bis 8) des 2. Teiles dieses Bundesgesetzes.
Schwellenwerte
§ 185. (1) Verfahren von Sektorenauftraggebern zur Vergabe von Aufträgen erfolgen im Oberschwellenbereich, wenn der geschätzte Auftragswert1. ...3. bei Bauaufträgen mindestens 5 548 000 Euro beträgt.
(3) ...
Grundsätze des Vergabeverfahrens
§ 193. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an geeignete Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.
(7) …
Allgemeine Bestimmungen über Bewerber und Bieter
§ 194. (1) ...
(2) Arbeitsgemeinschaften und Bietergemeinschaften können Angebote oder Teilnahmeanträge einreichen, sofern nicht in der Ausschreibung aus sachlichen Gründen die Teilnahme oder die Bildung von Arbeits- oder Bietergemeinschaften für unzulässig erklärt wurde. Der öffentliche Auftraggeber kann ferner in der Ausschreibung aus sachlichen Gründen eine allfällige Beschränkung der Mitgliederanzahl oder der Zusammensetzung von Arbeits- oder Bietergemeinschaften vorsehen. Der öffentliche Auftraggeber darf Arbeits- oder Bietergemeinschaften nicht verpflichten, zwecks Einreichens eines Angebotes oder eines Teilnahmeantrages eine bestimmte Rechtsform anzunehmen. Der öffentliche Auftraggeber kann jedoch von einer Arbeits- oder Bietergemeinschaft verlangen, dass sie eine bestimmte Rechtsform annimmt, wenn ihr der Zuschlag erteilt worden ist, sofern dies für die ordnungsgemäße Durchführung des Auftrages erforderlich ist. Arbeitsgemeinschaften und Bietergemeinschaften sind als solche parteifähig zur Geltendmachung der ihnen durch dieses Bundesgesetz eingeräumten Rechte. Im Auftragsfall schulden Bietergemeinschaften als Arbeitsgemeinschaften dem öffentlichen Auftraggeber die solidarische Leistungserbringung.
(4) ...
Elektronische Kommunikation
§ 217. (1) Der Sektorenauftraggeber kann, sofern in den nachfolgenden Absätzen nicht anderes bestimmt wird, zwischen der elektronischen Kommunikation, der Kommunikation über den Postweg oder über einen anderen geeigneten Weg oder einer Kombination dieser Kommunikationswege wählen. Soweit die Kommunikation zwischen Sektorenauftraggeber und Unternehmer in einem Vergabeverfahren nicht elektronisch erfolgt, gilt Abs 7 für minder bedeutsame Kommunikation.
(2) Im Oberschwellenbereich hat die Kommunikation zwischen Sektorenauftraggeber und Unternehmer nach Maßgabe der folgenden Absätze elektronisch zu erfolgen. Soweit die Kommunikation zwischen Sektorenauftraggeber und Unternehmer in einem Vergabeverfahren elektronisch erfolgt oder zu erfolgen hat, gelten die folgenden Absätze.
(Anm.: Abs 2a aufgehoben durch Art. 2 Z 11, BGBl. I Nr. 65/2018)
(3) Der Sektorenauftraggeber hat unter Beachtung der folgenden Absätze in der Ausschreibung nähere Festlegungen hinsichtlich der zu beachtenden Anforderungen an die elektronische Kommunikation zu treffen.
(4) Der Unternehmer hat Informationen elektronisch zu übermitteln. Der Sektorenauftraggeber kann Informationen elektronisch übermitteln oder elektronisch bereitstellen; der Unternehmer ist von der Bereitstellung unverzüglich zu verständigen. Informationen gelten als übermittelt, sobald die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Informationen gelten als bereitgestellt, sobald die Daten für den Empfänger abrufbar sind.
(5) ...
(7) Die Kommunikation kann mündlich erfolgen, soweit diese keine wesentlichen Bestandteile des Vergabeverfahrens betrifft und ihr Inhalt ausreichend dokumentiert wird. Als wesentliche Bestandteile gelten jedenfalls die Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen, der Teilnahmeantrag, die Interessensbestätigung, das Angebot und die Wettbewerbsarbeit.
(8) ...
(12) Bei Übermittlung von Ausschreibungs- und Wettbewerbsunterlagen, Teilnahmeanträgen, Angeboten, Wettbewerbsarbeiten sowie Auftragsbestätigungen sind diese mit einer qualifizierten elektronischen Signatur, einem qualifizierten elektronischen Siegel oder einer Amtssignatur gemäß § 19 Abs 1 E-GovG zu versehen bzw hat die Übermittlung so zu erfolgen, dass die Vollständigkeit, Echtheit und Unverfälschtheit der Datensätze mit einer Qualität gewährleistet ist, die mit der Qualität einer qualifizierten elektronischen Signatur bzw eines qualifizierten elektronischen Siegels vergleichbar ist.
(13) ...
Dokumentationspflichten
§ 218. (1) Der Sektorenauftraggeber hat alle wesentlichen Entscheidungen und Vorgänge im Zusammenhang mit einem Vergabeverfahren so ausreichend zu dokumentieren, dass sie nachvollzogen werden können. Ferner ist jede Mitwirkung von Dritten an der Vorbereitung einer Ausschreibung zu dokumentieren. Die Dokumentation ist für mindestens drei Jahre ab Zuschlagserteilung aufzubewahren.
(2) ...
Ausschlussgründe
§ 249. (1) ...
(2) Der Sektorenauftraggeber kann – unbeschadet der Abs 4 bis 6 – einen Unternehmer jederzeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausschließen, wenn1. über das Vermögen des Unternehmers ein Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels kostendeckenden Vermögens kein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, oder2. ...9. der Unternehmer sich bei der Erteilung von Auskünften betreffend die Eignung einer schwerwiegenden Täuschung schuldig gemacht hat, diese Auskünfte nicht erteilt hat oder die vom Sektorenauftraggeber zum Nachweis der Eignung geforderten Nachweise bzw Bescheinigungen nicht vorgelegt, vervollständigt oder erläutert hat oder10. ....
...
(3) Der öffentliche Sektorenauftraggeber hat – unbeschadet der Abs 4 bis 6 – einen Unternehmer jederzeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn dieser einen der in Abs 2 angeführten Ausschlussgründe erfüllt.
(4) Der Sektorenauftraggeber kann von einem Ausschluss gemäß Abs 2 Z 1 oder 2 Abstand nehmen, wenn die Leistungsfähigkeit des Unternehmers für die Durchführung des Auftrages ausreicht.
(6) ...
Zeitpunkt des Vorliegens der Eignung
§ 250. Unbeschadet des § 194 Abs 1 muss die Eignung spätestens1. ...4. beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung, beim wettbewerblichen Dialog und bei der Innovationspartnerschaft grundsätzlich zum Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist,11. ...
vorliegen.
Eigenerklärung, Verlangen der Nachweise durch den Sektorenauftraggeber
§ 251. (1) Der Sektorenauftraggeber hat festzulegen, mit welchen Nachweisen ein Unternehmer, der an einem Vergabeverfahren teilnimmt, seine1. berufliche Befugnis,2. berufliche Zuverlässigkeit,3. finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sowie4. technische Leistungsfähigkeit
zu belegen hat. Nachweise dürfen nur so weit festgelegt werden, wie es durch den Gegenstand des Auftrages sachlich gerechtfertigt ist. Falls erforderlich und sofern dies sachlich gerechtfertigt ist, kann der Sektorenauftraggeber besondere Festlegungen treffen, wie Arbeits- und Bietergemeinschaften die Anforderungen an die Eignung zu erfüllen haben.
(2) Der Bewerber oder Bieter kann seine Eignung sowie gegebenenfalls die Erfüllung der Auswahlkriterien auch durch die Vorlage einer Einheitlichen Europäischen Eigenerklärung gemäß der Durchführungsverordnung (EU) 2016/7 belegen. Stattdessen ist auch die Vorlage einer Erklärung darüber, dass der Bewerber oder Bieter die vom Sektorenauftraggeber verlangten Eignungskriterien erfüllt und die festgelegten Nachweise auf Aufforderung unverzüglich beibringen kann (Eigenerklärung), zulässig. In einer solchen Eigenerklärung sind die Befugnisse anzugeben, über die der Unternehmer konkret verfügt.
(6) ...
Nachweis der beruflichen Zuverlässigkeit
§ 253. (1) Der Sektorenauftraggeber hat Nachweise für die Darlegung der beruflichen Zuverlässigkeit gemäß § 251 Abs 1 Z 2 festzulegen, die belegen, dass in Bezug auf den Unternehmer kein Ausschlussgrund vorliegt.
(4) ...
Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit
§ 254. (1) Der Sektorenauftraggeber hat der Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit des Unternehmers insbesondere die gemäß § 253 Abs 1 bzw 2 verlangten Nachweise und die gemäß § 253 Abs 3 eingeholten Auskünfte zugrunde zu legen. Ergibt sich aus diesen Bescheinigungen, dass eine rechtskräftige Gerichts- oder Verwaltungsentscheidung im Sinne des § 249 Abs 1 oder 2 Z 5 lit. a vorliegt oder erlangt der Sektorenauftraggeber auf andere Weise von einem solchen Urteil, einer solchen Verfehlung oder vom Vorliegen eines Ausschlussgrundes gemäß § 248 Abs 1 oder § 249 Abs 1 oder 2 nachweislich Kenntnis, so ist der Unternehmer mangels Zuverlässigkeit vom Vergabeverfahren auszuschließen, es sei denn, die Voraussetzungen des § 249 Abs 4 bis 6 liegen vor oder der Unternehmer macht glaubhaft, dass er trotz des Vorliegens eines Ausschlussgrundes zuverlässig ist.
(2) Zur Glaubhaftmachung im Sinne des Abs 1 letzter Satz hat der Unternehmer darzulegen, dass er konkrete technische, organisatorische, personelle oder sonstige Maßnahmen getroffen hat, die geeignet sind, das nochmalige Begehen der betreffenden strafbaren Handlungen bzw Verfehlungen zu verhindern. Der Unternehmer hat nachzuweisen, dass er folgende Maßnahmen getroffen hat:1. er einen Ausgleich für jeglichen durch eine Straftat oder eine Verfehlung gegebenenfalls verursachten Schaden gezahlt oder sich zur Zahlung eines Ausgleiches verpflichtet hat,2. er umfassend durch eine aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden an der Klärung aller Tatsachen und Umstände betreffend die Straftat oder Verfehlung mitgewirkt hat, und3. er effektive Maßnahmen wiea) die Einführung eines qualitativ hochwertigen Berichts- und Kontrollwesens, oderb) die Einschaltung eines Organes der inneren Revision zur regelmäßigen Überprüfung der Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften, oderc) die Einführung von internen Haftungs- und Schadenersatzregelungen zur Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften
gesetzt hat.
(3) Der Sektorenauftraggeber hat die vom Unternehmer ergriffenen Maßnahmen zu prüfen und bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit insbesondere die vom Unternehmer gesetzten Maßnahmen in ein Verhältnis zur Anzahl und zur Schwere der begangenen strafbaren Handlungen bzw Verfehlungen zu setzen. Bei der Beurteilung der Schwere der rechtskräftigen Bestrafung gemäß § 28 Abs 1 Z 1 AuslBG ist insbesondere die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer und die Dauer der illegalen Beschäftigung und bei der Beurteilung der Schwere der rechtskräftigen Bestrafung gemäß den §§ 28 oder 29 LSD-BG ist insbesondere das Ausmaß der Unterentlohnung zu berücksichtigen. Liegen mehr als zwei rechtskräftige Bestrafungen gemäß § 28 Abs 1 Z 1 AuslBG oder gemäß den §§ 28 oder 29 LSD-BG vor oder erfolgten zwei rechtskräftige Bestrafungen innerhalb der letzten zwölf Monate, ist ein strengerer Maßstab anzulegen. Erachtet der Sektorenauftraggeber die Maßnahmen des Unternehmers als unzureichend, so hat er diese Entscheidung gegenüber dem Unternehmer zu begründen.
(4) ...
(5) Hat ein Unternehmer, bei dem ein Ausschlussgrund gemäß den §§ 248 oder 249 vorliegt, keine oder nur unzureichende Maßnahmen gemäß Abs 2 und 3 ergriffen, so darf er – unbeschadet des Abs 4 –1. bei Vorliegen eines Ausschlussgrundes gemäß § 249 Abs 1 höchstens für den Zeitraum von fünf Jahren ab dem Tag der rechtskräftigen Verurteilung oder2. bei Vorliegen eines sonstigen vom Sektorenauftraggeber vorgesehenen Ausschlussgrundes höchstens für den Zeitraum von drei Jahren ab dem betreffenden Ereignis
von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen werden.
Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen sowie der technischen Leistungsfähigkeit
§ 255. (1) Als Nachweis für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemäß § 251 Abs 1 Z 3 kann der Sektorenauftraggeber insbesondere die Nachweise gemäß Anhang X verlangen.
(2) Kann ein Unternehmer aus einem von ihm glaubhaft zu machenden berechtigten Grund die vom Sektorenauftraggeber geforderten Nachweise nicht beibringen, so kann er den Nachweis seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch Vorlage jedes anderen vom Sektorenauftraggeber für geeignet erachteten Nachweises erbringen.
(3) Als Nachweis für die technische Leistungsfähigkeit gemäß § 251 Abs 1 Z 4 kann der Sektorenauftraggeber je nach Art, Menge, Umfang oder Verwendungszweck der zu liefernden Waren oder der zu erbringenden Bau- oder Dienstleistungen insbesondere die in Anhang XI angeführten Nachweise verlangen. Werden Nachweise über Leistungen vorgelegt, die der Unternehmer in Arbeitsgemeinschaften erbracht hat, ist der vom Unternehmer erbrachte Leistungsteil anzugeben.
Vorgehen bei der Prüfung der Angebote
§ 299. (1) Die Prüfung und Beurteilung eines Angebotes ist nur solchen Personen zu übertragen, welche die fachlichen Voraussetzungen hierfür erfüllen. Erforderlichenfalls sind unbefangene und von den Bietern unabhängige Sachverständige beizuziehen.
(2) Die Prüfung der Angebote erfolgt in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien.
(3) Bei Angeboten, die für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommen, ist im Einzelnen zu prüfen:1. ob den in § 193 Abs 1 angeführten Grundsätzen entsprochen wurde;2. nach Maßgabe der §§ 248, 251 bis 253, 255, 257 und 258 die Eignung des Bieters bzw – bei der Weitergabe von Leistungen – der namhaft gemachten Subunternehmer hinsichtlich des diese betreffenden Auftragsteiles;3. ob das Angebot rechnerisch richtig ist;4. die Angemessenheit der Preise;5. ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht, insbesondere ob es formrichtig und vollständig ist.
(4) Die Prüfung der Angebote ist so zu dokumentieren, dass alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände nachvollziehbar sind.
Vorgehen bei Mangelhaftigkeit der Angebote
§ 301. (1) Ergeben sich bei der Prüfung der Angebote Unklarheiten über das Angebot oder über die geplante Art der Durchführung der Leistung oder werden Mängel festgestellt, so ist, sofern die Unklarheiten für die Beurteilung der Angebote von Bedeutung sind, vom Bieter eine verbindliche Aufklärung zu verlangen. Die durch die erfolgte Aufklärung allenfalls veranlasste weitere Vorgangsweise darf die Grundsätze des § 193 Abs 1 nicht verletzen.
(4) ...
Ausscheiden von Angeboten
§ 302. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Sektorenauftraggeber aufgrund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:1. ...2. Angebote von Bietern, deren Eignung nicht gegeben ist, oder8. ....
(2) ...
(3) Der Sektorenauftraggeber hat den Bieter vom Ausscheiden seines Angebotes unter Angabe des Grundes zu verständigen.
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes
§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.
Senatszuständigkeit und -zusammensetzung
§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung üer den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.
(2) …
Anzuwendendes Verfahrensrecht
§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.
Zuständigkeit
§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.
(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie
2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.
(5) …
Einleitung des Verfahrens
§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
(4) …
Inhalt und Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages
§ 344. (1) Ein Antrag gemäß § 342 Abs 1 hat jedenfalls zu enthalten:1. die Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens sowie der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung,2. die Bezeichnung des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,3. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss, insbesondere bei Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung die Bezeichnung des für den Zuschlag in Aussicht genommenen Bieters,4. Angaben über den behaupteten drohenden oder bereits eingetretenen Schaden für den Antragsteller,5. die Bezeichnung der Rechte, in denen der Antragsteller verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte) sowie die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,6. einen Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen gesondert anfechtbaren Entscheidung, und7. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.
(2) Der Antrag ist jedenfalls unzulässig, wenn1. er sich nicht gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung richtet, oder2. er nicht innerhalb der in § 343 genannten Fristen gestellt wird, oder3. er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.
(4) …
Nichtigerklärung von Entscheidungen des Auftraggebers
§ 347. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist und2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.
(3) ...
Änderungen von Verträgen während ihrer Laufzeit
§ 365. (1) Wesentliche Änderungen von Verträgen und Rahmenvereinbarungen während ihrer Laufzeit sind nur nach einer erneuten Durchführung eines Vergabeverfahrens zulässig. Eine Änderung eines Vertrages oder einer Rahmenvereinbarung ist wesentlich, wenn sie dazu führt, dass sich der Vertrag oder die Rahmenvereinbarung erheblich vom ursprünglichen Vertrag bzw der ursprünglichen Rahmenvereinbarung unterscheidet.
(2) Unbeschadet des Abs 3 ist eine Änderung jedenfalls als wesentliche Änderung anzusehen, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist:1. mit der Änderung werden Bedingungen eingeführt, die, wenn sie für das ursprüngliche Vergabeverfahren gegolten hätten,a) die Zulassung anderer als der ursprünglich ausgewählten Bewerber oderb) die Annahme eines anderen als des ursprünglich angenommenen Angebotes ermöglicht hätten oderc) das Interesse weiterer Teilnehmer am Vergabeverfahren geweckt hätten, oder2. mit der Änderung wird das wirtschaftliche Gleichgewicht des Vertrages oder der Rahmenvereinbarung zugunsten des Auftragnehmers in einer Weise verschoben, die im ursprünglichen Vertrag bzw der ursprünglichen Rahmenvereinbarung nicht vorgesehen war, oder3. mit der Änderung wird der Umfang des Vertrages oder der Rahmenvereinbarung erheblich ausgeweitet oder verringert, oder4. ein neuer Vertragspartner ersetzt den Auftragnehmer, an den der Auftraggeber den Auftrag ursprünglich vergeben hatte, in anderen als den in Abs 3 Z 3 vorgesehenen Fällen.
(3) Folgende Änderungen von Verträgen und Rahmenvereinbarungen sind als unwesentliche Änderungen anzusehen:1. Änderungen der Auftragssumme, sofern siea) die betreffenden, in § 12 Abs 1 bzw § 185 Abs 1 genannten Schwellenwerte undb) 10% der ursprünglichen Auftragssumme bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bzw 15% der ursprünglichen Auftragssumme bei Bauaufträgen
nicht übersteigen. Der Gesamtcharakter des Vertrages oder der Rahmenvereinbarung darf sich aufgrund der Änderungen nicht verändern. Im Falle mehrerer aufeinander folgender Änderungen wird deren Wert auf der Grundlage des kumulierten Nettowertes der aufeinander folgenden Änderungen bestimmt.2. Änderungen, die unabhängig von ihrem Wert in den ursprünglichen Ausschreibungsunterlagen in klar, präzise und eindeutig formulierten Vertragsänderungsklauseln vorgesehen sind. Diese Klauseln müssen Angaben zu Umfang und Art der möglichen Änderungen oder Optionen sowie zu den Bedingungen enthalten, unter denen sie zur Anwendung gelangen können, und dürfen keine Änderungen oder Optionen vorsehen, die den Gesamtcharakter des Vertrages oder der Rahmenvereinbarung verändern würden.3. Wenn ein neuer Vertragspartner den Auftragnehmer ersetzt, an den der Auftraggeber den Auftrag ursprünglich vergeben hatte, aufgrunda) einer eindeutig formulierten Vertragsänderungsklausel gemäß Abs 3 Z 2 oderb) der Tatsache, dass ein anderer Unternehmer, der die ursprünglich festgelegten Eignungskriterien erfüllt, im Zuge einer Unternehmensumstrukturierung – einschließlich Übernahme, Fusion, Erwerb oder Insolvenz – ganz oder teilweise an die Stelle des ursprünglichen Auftragnehmers tritt, sofern dies keine weiteren wesentlichen Änderungen des Vertrages zur Folge hat und nicht dazu dient, die Anwendung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu umgehen, oderc) der Tatsache, dass der Auftraggeber selbst die Verpflichtungen des Auftragnehmers gegenüber dessen Subunternehmern übernimmt.4. Änderungen, die unabhängig von ihrem Wert nicht als wesentliche Änderung im Sinne der Abs 1 und 2 anzusehen sind.5. Zusätzliche Leistungen des ursprünglichen Auftragnehmers, die erforderlich geworden sind und nicht in den ursprünglichen Ausschreibungsunterlagen vorgesehen waren, wenn ein Wechsel des Auftragnehmersa) aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht erfolgen kann undb) mit erheblichen Schwierigkeiten oder beträchtlichen Zusatzkosten für den Auftraggeber verbunden wäre.6. Bei Vorliegen folgender Voraussetzungen:a) die Änderung wurde aufgrund von Umständen erforderlich, die ein seiner Sorgfaltspflicht nachkommender Auftraggeber nicht vorhersehen konnte, undb) der Gesamtcharakter des Auftrages verändert sich aufgrund der Änderung nicht.
Sofern es sich um Verträge und Rahmenvereinbarungen handelt, die nach Durchführung eines Verfahrens gemäß den Bestimmungen des 2. Teiles dieses Bundesgesetzes abgeschlossen wurden, darf im Fall der Z 5 oder 6 der Gesamtwert der zusätzlichen Leistungen überdies 50% des Wertes des ursprünglichen Auftrages nicht übersteigen. Werden mehrere aufeinander folgende Änderungen vorgenommen, so gilt dies für den Wert jeder einzelnen Änderung. Derartige aufeinander folgende Änderungen dürfen nicht mit dem Ziel vorgenommen werden, die Anwendung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu umgehen.
(4) Der Auftraggeber hat im Oberschwellenbereich die Änderung eines Vertrages oder einer Rahmenvereinbarung gemäß Abs 3 Z 5 oder 6 gemäß den §§ 61 und 62 oder 231 und 232 bekanntzugeben.
(5) Enthält der Vertrag eine Indexierungsklausel, so ist für die Berechnung der in Abs 3 Z 1, 5 und 6 genannten Auftragssumme bzw des Wertes die angepasste Auftragssumme bzw der angepasste Wert als Referenzwert heranzuziehen. Enthält der Vertrag keine Indexierungsklausel, so ist für die Berechnung der angepassten Auftragssumme bzw des angepassten Wertes die durchschnittliche Inflationsrate in Österreich heranzuziehen.
Anhang X
Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
(1) Als Nachweis für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit gemäß §§ 80 Abs 1 Z 3 bzw 251 Abs 1 Z 3 kann der Auftraggeber insbesondere verlangen:1. eine entsprechende Bankerklärung (Bonitätsauskunft),2. den Nachweis einer entsprechenden Berufshaftpflichtversicherung in geeigneter Höhe,3. ...6. eine Einstufung der Bonität des Unternehmers gemäß einem anerkannten Ratingsystem oder7. ...
(5) ...
Anhang XI
Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit
(1) ...
(2) Als Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit können bei Bauaufträgen verlangt werden:1. Referenzen über die wesentlichen, in den letzten fünf Jahren erbrachten Bauleistungen; soweit dies zur Sicherstellung eines ausreichenden Wettbewerbes erforderlich ist, kann der Auftraggeber einen längeren Zeitraum festlegen,10. ...
(3) ...
3.2. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und Zulässigkeit des Antrages
Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 5 BVergG 2018 ist die ÖBB-Infrastruktur AG. Sie ist öffentliche Auftraggeberin gemäß § 4 Abs 1 Z 2 BVergG 2018, da sie durch die Bereitstellung von Schieneninfrastruktur zum Zweck der Erbringung im Allgemeininteresse stehender Aufgaben nichtgewerblicher Art gegründet wurde und diese betreibt, als Aktiengesellschaft vollrechtsfähig ist und zu 100 % im Eigentum der Republik Österreich steht. Sie übt eine Sektorentätigkeit iSd § 172 BVergG 2018 aus, da sie ein Netz zur Versorgung der Öffentlichkeit mit Verkehrsleistungen auf der Schiene betreibt. Sie ist daher öffentliche Sektorenauftraggeberin gemäß § 167 BVergG 2018 (stRspr zB BVwG 17.07.2015, W138 2109261-2/32E; 30.05.2016, W187 2121663-2/41E; 19.03.2018, W139 2188956-1/2E). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um einen Bauauftrag gemäß § 5 BVergG 2018. Der geschätzte Auftragswert liegt jedenfalls über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 4 BVergG 2018, sodass gemäß § 12 Abs 1 BVergG 2018 ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.
Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG 2018. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 342 Abs 2 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 lit c B-VG ist sohin gegeben.
Da darüber hinaus laut Stellungnahme des Auftraggebers das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 342 Abs 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers zuständig.
Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Die Antragstellerin stellte ihr Interesse am Vertragsabschluss und den ihr durch den Verlust der Chance auf Zuschlagserteilung im gegenständlichen Vergabeverfahren entstandenen bzw drohenden Schaden iSd § 342 Abs 1 BVergG 2018 plausibel dar, sodass die Antragslegitimation der Antragstellerin gegeben ist.
Mit Schriftsatz vom 16.07.2020 stellte die Antragstellerin den Antrag, die Ausscheidensentscheidung vom 07.07.2020 für nichtig zu erklären. Dieser genügt den formalen Voraussetzungen nach § 344 Abs 1 BVergG 2018. Ein Grund für die Unzulässigkeit des Antrages nach § 344 Abs 2 BVergG 2018 liegt vorliegend nicht vor. Der Antrag betreffend die gegenständliche Auftraggeberentscheidung wurde innerhalb der Anfechtungsfrist gemäß § 343 Abs 1 BVergG 2018 eingebracht. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe entrichtet (§ 340 Abs 1 Z 1 und 3 BVergG 2018 iVm §§ 1 und 2 BVwG-PauschGebV Vergabe). Der Nachprüfungsantrag richtet sich gegen die der Antragstellerin 07.07.2020 mitgeteilte Ausscheidensentscheidung. Beim Ausscheiden eines Angebotes handelt es sich gemäß § 2 Z 15 lit a sublit dd BVergG 2018 um eine gesondert anfechtbare Entscheidung. In einem derartigen Fall bildet die Hauptfrage des Nachprüfungsverfahrens alleine die Frage, ob das Angebot der Antragstellerin von der Auftraggeberin zu Recht ausgeschieden worden ist (VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0021; VwGH 25.03.2014, Ra 2014/04/0001; VwGH 12.09.2007, 2005/04/0181).
3.3. Inhaltliche Beurteilung
Der Antragstellerin wurde mit Schreiben vom 07.07.2020 ua mitgeteilt, dass ein Ausscheidensgrund gemäß § 302 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 bzw ein Ausschlussgrund gemäß § 249 Abs 4 BvergG 2018 vorliege. Die Ermessensentscheidung gemäß § 249 Abs 4 BVergG 2018 habe infolge der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über die XXXX trotz Vorliegens positiver Umstände aufgrund der Risiken und Unsicherheiten für den Auftraggeber im Sinne eines Ausschlusses bzw des Ausscheidens des Angebotes getroffen werden müssen. Gegen diese Entscheidung richtet sich der gegenständliche Nachprüfungsantrag.
3.3.1. Vorbemerkungen
Zunächst ist festzuhalten, dass die gegenständliche Ausschreibung nicht angefochten wurde. Deren Bestimmungen haben sohin Bestandskraft erlangt und sind Folge dessen nach ständiger Rechtsprechung selbst dann unveränderliche Grundlage für die Prüfung und Bewertung der Angebote, wenn diese unzweckmäßig oder gar vergaberechtswidrig sein sollten (ua VwGH 17.06.2014, 2013/04/0029; VwGH 07.11.2005, 2003/04/0135). Sowohl die Auftraggeberin als auch die Bieter sind an die in der Ausschreibung festgelegten Bestimmungen gebunden (Fink/Hofer in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4 [2015] Rz 1608). Es ist von einer strengen Bindung an die Ausschreibung auszugehen (ua VwGH 20.05.2010, 2007/04/0072). Der Gleichbehandlungsgrundsatz verlangt auch im Verhandlungsverfahren, dass die Bieter bei der Erstellung der Angebote an die Ausschreibung gebunden sind und davon nicht abweichen dürfen, um einen objektiven Vergleich der Angebote zu ermöglichen (EuGH 22.06.1993, C-243/89, Kommission/Dänemark). Ein nachträgliches Abgehen von den Bestimmungen der Ausschreibung ist im Sinne der Gleichbehandlung aller Bieter nicht mehr möglich (vgl EuGH 25.04.1996, Rs C-87/94, Wallonische Busse; EuGH 06.11.2014, Rs C-42/13, Cartiera dell'Adda SpA gegen CEM Ambiente SpA). Alle Bieter müssen darauf vertrauen können, dass die Auftraggeberin ihre eigenen Ausschreibungsbedingungen einhält (Latzenhofer in Gast (Hrsg.), BVergG-Leitsatzkommentar, E 53 zu § 321).
Die Bedeutung der Ausschreibung richtet sich weder nach den Motiven des Auftraggebers noch danach, wie diese der Bieter subjektiv verstanden hat, sondern allein danach, wie der Text der Ausschreibung unter Berücksichtigung aller Umstände objektiv verstanden werden musste. Im Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen (stRspr, zB VwGH 09.09.2015, Ra 2014/04/0036). Gleiches gilt für die Interpretation von Willenserklärungen der Bieter (stRspr, zB VwGH 22.11.2011, 2006/04/0024; VwGH 27.10.2014, 2012/04/0066). Die Beurteilung der Angebote erfolgt gemäß § 123 Abs 1 BVergG 2006 bzw § 267 Abs 1 BVergG 2006 in erster Linie anhand der bestandsfesten Ausschreibung (ua BVwG 18.01.2019, W187 2211072-2/21E mwN).
3.3.2. Durchführung der Angebotsprüfung
Die Antragstellerin führt aus, die gegenständlich angefochtene Ausscheidensentscheidung sei bereits insofern rechtswidrig als seitens der Auftraggeberin keine vergaberechtskonforme kontradiktorische und dem von der Auftraggeberin festgelegten elektronischen Kommunikationsweg entsprechende Angebotsprüfung mittels entsprechender Aufklärungsersuchen erfolgte. Die Antragstellerin sei nicht entsprechend klar um Vorlage von Unterlagen aufgefordert worden und ihr sei in der Folge nicht vorgehalten worden, welche Punkte gegen einen Verbleib im Vergabeverfahren sprechen würden.
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin nach Bekanntwerden der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der XXXX zum Masseverwalter vorerst telefonisch Kontakt aufgenommen und diesen schließlich schriftlich per E-Mail zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit um dessen Stellungnahme zum gegenständlichen Angebot, zur Prognose der Leistungsfähigkeit und zur Glaubhaftmachung der Zuverlässigkeit der Gemeinschuldnerin ersucht hat. Die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin legte beim erstmaligen Kontakt zum Masseverwalter ihr Vertretungsverhältnis offen und stellte dabei klar, dass sich die Auftraggeberin im Stadium der Angebotsprüfung befindet. In einem Schreiben an das federführende Mitglied der hier antragstellenden Bietergemeinschaft wurde diese über die aufgezeigte Vorgangsweise der Rechtsvertreterin der Auftraggeberin in Kenntnis gesetzt und danach gefragt, ob diese die BIEGE/ARGE bis zum Vertragsende fortführen wird. In weiterer Folge wurden über Ersuchen der Rechtsvertreterin der Auftraggeberin der Sanierungsplan und die Plausibilisierung der Fortführungsrechnung durch die XXXX sowie der Kreditvertrag der XXXX übermittelt und mündlich (telefonisch) weitere Aufklärungen gegeben. Soweit zwischen der Rechtsvertreterin der Auftraggeberin und dem Rechtsvertreter der Antragstellerin über dessen Initiative telefonischer und schriftlicher Kontakt (per E-Mail) bestand, betraf dieser ua Fragen im Zusammenhang mit dem Ausschlussgrund gemäß § 249 Abs 1 Z 1 BVergG 2018 und der Möglichkeit der Abstandnahme vom Ausschluss gemäß § 249 Abs 4 BvergG 2018. Die Korrespondenz zeigt, dass diese in diesem Zusammenhang für den Fall des Scheiterns der Sanierung der XXXX eine mögliche Absicherung der Auftraggeberin durch eine Übernahme des betreffenden Betriebsteiles (bzw ein diesbezügliches Angebot zur Übernahme) seitens XXXX zum Gegenstand hatte. Überdies wurde angesichts des infolge des eröffneten Insolvenzverfahrens auf XXXX gestellten KSV-Ratings die Möglichkeit des Nachweises der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch alternativ anstelle des KSV-Ratings beizubringende Unterlagen thematisiert. Sowohl dem Masseverwalter als auch dem Rechtsvertreter der Antragstellerin war bekannt, dass die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin über die Beurteilung des Ausscheidens der Antragstellerin aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsgutachten erstellen wird.
Die Auftraggeberin hat in deren Ausschreibung, Stufe 1, Bewerbungsgrundlagen, Festlegungen hinsichtlich der Benachrichtigung an die Unternehmer und die Benachrichtigung an die Auftraggeberin getroffen. Sie hat damit angesichts der Durchführung eines Vergabeverfahrens im Oberschwellenbereich gemäß § 217 Abs 3 BVergG 2018 dem Erfordernis, die Anforderungen an die elektronische Kommunikation festzulegen, entsprochen.
Insofern ist der Antragstellerin Recht zu geben, dass die Auftraggeberin grundsätzlich im Falle schriftlicher Kommunikation mit den Bietern an die ihrerseits getroffenen, bestandsfesten Festlegungen der Ausschreibung gebunden ist. Nicht ausgeschlossen ist hierdurch allerdings, dass, sofern nicht wesentliche Bestandteile des Vergabeverfahrens wie die Ausschreibungs- oder Wettbewerbsunterlagen, Teilnahmeanträge, Interessensbestätigungen und die Angebote bzw Wettbewerbsarbeiten selbst betroffen sind, welche stets in Schriftform vorgelegt werden müssen, die Kommunikation auch mündlich erfolgen kann, sofern deren hinreichende, inhaltlich nachvollziehbare Dokumentation gewährleistet wird (§§ 217 Abs 7 und 218 BVergG 2018; siehe ebenso Erwägungsgrund 69 und Art 40 Abs 2 Richtlinie 2014/25/EU ). Von der mündlichen Kommunikation ist jedenfalls auch die telefonische Kommunikation erfasst (EBRV 69 BlgNr XXVI. GP 80, 183).
Was nun die Prüfung der Angebote und die in deren Rahmen erforderlich werdenden Prüfungsschritte und die Kommunikation mit den Bietern betrifft, so ist, sofern sich bei der Prüfung Unklarheiten über das Angebot feststellen lassen und diese Unklarheiten für die Beurteilung der Angebote von Bedeutung sind, eine verbindliche Aufklärung seitens des Bieters zu verlangen. Auftraggeber sind demnach verpflichtet, einem Bieter Gelegenheit zu geben, zu für die Beurteilung seines Angebotes wesentlichen Ungereimtheiten seines Angebotes Stellung zu nehmen. Die Aufklärungsersuchen müssen unmissverständlich formuliert sein, sodass die aufzuklärenden Umstände klar zu erkennen sind (Fink/Hofer in n Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4 [2015], Rz 1540 mwN; Koller in Gast [Hrsg], BVergG-Leitsatzkommentar, E 105, 120, 122 zu § 138). Nach einem Aufklärungsverlangen des Auftraggebers sind die vom Bieter im Vergabeverfahren abgegebenen Aufklärungen der Unklarheiten endgültige und abschließende Beurteilungsgrundlage für den Auftraggeber und das Bundesverwaltungsgericht, ohne dass bei unklaren Aufklärungen nochmals nachgefragt werden müsste (Koller in Gast [Hrsg], BVergG-Leitsatzkommentar, E 113 zu § 138).
Eine Festlegung, wie für klassische Auftraggeber, wonach Aufklärungen und Erörterungen als Gespräche in kommissioneller Form oder schriftlich durchgeführt werden können, existiert bezüglich Sektorenauftraggebern ebenso wenig wie eine Bestimmung zur Dokumentation der Angebotsprüfung (vgl demgegenüber aber § 139 Abs 3 BVergG 2018; siehe auch EBRV 69 BlgNr XXVI. GP 187f). Das kontradiktorische Verfahren kann demnach weniger formal ablaufen wie im klassischen Bereich. Letzteres bedeutet aber nicht, dass die Angebotsprüfung durch den Sektorenauftraggeber nicht zu dokumentieren wäre. Schon die grundsätzliche Verpflichtung zur Einhaltung der vergaberechtlichen Grundsätze gebietet eine derartige Dokumentation. Abgesehen davon sind gemäß § 218 Abs 1 BVergG 2018 Sektorenauftraggeber ganz allgemein angehalten, alle wesentlichen Entscheidungen und Vorgänge im Zusammenhang mit einem Vergabeverfahren so ausreichend zu dokumentieren, dass sie nachvollzogen werden können. Diese Verpflichtung wird demnach insbesondere auch jene Vorgänge im Verlauf der Angebotsprüfung erfassen. Wie bereits zuvor aufgezeigt, betrifft die Dokumentationspflicht insbesondere aber auch den Fall mündlicher Kommunikation, andernfalls die Transparenz dieses Vorgehens nicht gewährleistet wäre.
Das kontradiktorische Verfahren im Zuge der Angebotsprüfung kann sohin durch den Sektorenauftraggeber mangels entsprechender Vorgaben auch sonst in mündlicher Form erfolgen und ist dessen Inhalt entsprechend nachvollziehbar festzuhalten. Dies lässt sich auch der Richtlinie 2014/25/EU entnehmen, wonach nach deren Erwägungsgrund 69 vor allem wichtig ist, dass jede mündliche Kommunikation mit Bietern, die einen Einfluss auf den Inhalt und die Bewertung des Angebots haben könnte, in hinreichendem Umfang und in geeigneter Weise dokumentiert wird, zB durch Niederschrift oder Tonaufzeichnungen oder Zusammenfassungen der wichtigsten Aspekte der Kommunikation.
Für die vorliegende Konstellation bedeutet dies, dass die teilweise telefonisch und damit mündlich stattgefunden habende Kommunikation zwischen der Rechtsvertreterin der Auftraggeberin und dem Masseverwalter der XXXX bzw dem nunmehrigen Rechtsvertreter der Antragstellerin, deren Inhalte in der Folge auch schriftlich in der E-Mail-Korrespondenz Niederschlag gefunden haben, losgelöst von der Festlegung zur Kommunikation in den Ausschreibungsunterlagen, als im Sinne der gesetzlichen Vorgaben zulässige Vorgehensweise bei der Angebotsprüfung anzusehen ist. Darüber hinaus wurde über die ProVia-Plattform auch dem federführenden Mitglied der Bietergemeinschaft mitgeteilt, dass im Zuge der Angebotsprüfung von der Rechtsvertreterin der Auftraggeberin mit dem Masseverwalter Kontakt aufgenommen und dieser um Stellungnahme zum gegenständlichen Angebot, zur Prognose der Leistungsfähigkeit und zur Glaubhaftmachung der Zuverlässigkeit der Gemeinschuldnerin gebeten wurde, um entsprechende Grundlagen für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit zu erhalten. Dass die damit einhergehende elektronische schriftliche Kommunikation – dh Aufklärungsersuchen wie auch darauf gegebene Antworten und die Übermittlung von Unterlagen – über andere elektronische Adressen als die in der Ausschreibung vorgesehenen, nämlich jene der Rechtsvertreterin der Auftraggeberin, des Masseverwalters und des Rechtsvertreters der Antragstellerin, erfolgte, ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes in der vorliegenden Konstellation in Zusammenhalt und Zusammenschau mit der mündlichen Korrespondenz zu sehen und stellt insofern eine Einheit in der Vorgehensweise bei der Prüfung des Angebotes dar. Die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin deklarierte sich unmissverständlich als solche. Dem Masseverwalter wie auch dem Rechtsvertreter der Antragstellerin musste demnach das Vertretungsverhältnis jedenfalls klar sein. Dies gilt umgekehrt auch für das Vertretungsverhältnis des Masseverwalters und des damals ausschließlich XXXX vertretenden Rechtsvertreters der nunmehrigen Antragstellerin. Die aufgezeigte Korrespondenz wurde im Vergabeakt darüber hinaus entsprechend offengelegt und dokumentiert.
Soweit der Rechtsvertreter der Antragstellerin darauf verweist, dass nicht klar gewesen sei, dass die Rechtsvertreterin abgesehen von der Gutachtenserstellung (auch) die Angebotsprüfung vornehme, ist festzuhalten, dass die Angebotsprüfung gemäß § 299 Abs 1 BVergG 2018 durch entsprechend fachlich qualifizierte Personen vorzunehmen ist. Eine vorangehende Offenlegung gegenüber den Bietern, wem diese Prüfung übertragen wurde, ist nicht gefordert. Wenn die Auftraggeberin ihre Entscheidung unter Heranziehung externen Sachverstands bzw auf der Grundlage eines diesbezüglich eingeholten Gutachtens trifft, so muss dies dem betroffenen Bieter insofern nicht vorab offengelegt werden.
Zum Vorbringen der Antragstellerin, es sei auch in inhaltlicher Hinsicht kein (ausreichender) Vorhalt erfolgt, als der Antragstellerin, beziehungsweise dem nunmehrigen Rechtsvertreter insbesondere nicht konkret vorgehalten worden sei, dass die Auftraggeberin den Ausschluss aus konkret angegebenen Überlegungen zu den aus Sicht der Auftraggeberin für das Ausscheiden/den Ausschluss sprechenden Gründen beabsichtige und die Antragstellerin hiermit aufgefordert werde, sämtliche Unterlagen zum Nachweis der Eignung in dieser Hinsicht binnen einer angemessenen Frist vorzulegen, beziehungsweise zur Frage der Eignung Stellung zu nehmen, ist auszuführen, dass die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin gegenüber dem von einem Insolvenzverfahren betroffenen Mitglied der Bietergemeinschaft, der XXXX , eindeutig in deren E-Mail vom 22.06.2020 dargelegt hat, dass im Rahmen der Prüfung der Angebote zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit um Stellungnahme zum gegenständlichen Angebot, zur Prognose der Leistungsfähigkeit und zur Glaubhaftmachung der Zuverlässigkeit der Gemeinschuldnerin ersucht wird. In der Folge wurden Fragen zur Bindung an das Angebot bzw Fortführung der BIEGE/ARGE an den Masseverwalter wie auch das weitere Mitglied der Bietergemeinschaft gestellt und es wurde um Übermittlung einschlägiger Unterlagen, wie des Sanierungsplanes, der Plausibilisierung der Fortführungsrechnung durch die XXXX sowie des Kreditvertrages der XXXX , ersucht. Diese Unterlagen wurden seitens des Rechtsvertreters der Antragstellerin als wichtige Unterlagen für die „Prognoseentscheidung“ angesehen. Es wurde des Weiteren über die Möglichkeit einer weiteren Absicherung der Auftraggeberin durch eine allfällige Übernahme des betreffenden Betriebsteiles der XXXX durch die XXXX sowie über eine aufgrund des auf XXXX gestellten Ratings des KSV mögliche Substituierung des Nachweises bezüglich der geforderten finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gesprochen. Im Vorfeld der aufgezeigten schriftlichen Aufforderung an den Masseverwalter wurde die Thematik der Beurteilung der Eignung aufgrund der Eröffnung des Sanierungsverfahrens dem Masseverwalter von der Rechtsvertreterin der Auftraggeberin kurz dargelegt. Eine umfassende inhaltliche Erörterung der sich in diesem Zusammenhang möglicherweise stellenden Rechtsfragen ist dabei nicht geboten. Klar und unmissverständlich muss allerdings kommuniziert werden, dass die Unterlagen und Stellungnahmen aufgrund der Tatsache der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Beurteilung, ob insofern ein Ausschluss aus dem Vergabeverfahren (gemäß § 249 Abs 2 Z 1 BVergG 2018 iVm § 249 Abs 3 BVergG 2018) oder ein Ausscheiden aufgrund mangelnder Eignung (gemäß § 302 Abs 1 Z 2 BVergG 2018) hier aufgrund mangelnder Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit) in Frage kommt, erforderlich sind. Dies ist nach Ansicht des erkennenden Gerichtes gegenständlich der Fall. Anders können auch die Bemühungen seitens des (nunmehrigen) Rechtsvertreters der Antragstellerin nicht verstanden werden. Dessen Einschreiten ist vielmehr als weiteres Bemühen, dem Aufklärungsersuchen der Auftraggeberin gerecht zu werden, zu sehen. Insofern die Antragstellerin im Verlauf des Nachprüfungsverfahrens daher vorbringt, sie hätte über die der Auftraggeberin vorliegenden Unterlagen hinaus weitere Unterlagen vorgelegt, so ist das mit ihrem eigenen Vorgehen nicht vereinbar und widerspricht dies daher auch ihren eigenen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, wonach es sich inhaltlich nicht um ein Mehr gegenüber den vorliegenden Unterlagen gehandelt hätte, sondern um eine umfassendere Präsentation in der Aufbereitung und in der Darlegung und Verständlichkeit. Die Antragstellerin war daran aber zu keinem Zeitpunkt gehindert. Abschließend ist festzuhalten, dass es entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch nicht zwingend erforderlich ist, nach einer Prüfung anhand der vorgelegten Unterlagen dem betreffenden Unternehmer vor der Entscheidung über dessen Ausscheiden nochmals das Prüfungsergebnis vorzuhalten und insofern erneut Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen.
Es kann daher nach Ansicht des erkennenden Gerichtes nicht davon die Rede sein, dass vor dem Hintergrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Zuge des Aufklärungsverfahrens Unkenntnis über die Veranlassung und die Stoßrichtung der geforderten Stellungnahmen und Unterlagen bestanden hat. Im Gegenteil hat es die Auftraggeberin mehrfach versucht, weitergehende Informationen bzw Absicherungen zu generieren. Zusammenfassend lässt sich daher festhalten, dass das geführte Aufklärungsverfahren weder in formaler noch in inhaltlicher Sicht als rechtswidrig zu qualifizieren ist. Dem Transparenzgrundsatz wird hinreichend Rechnung getragen.
3.3.3. Eröffnung eines Insolvenzverfahrens während eines Vergabeverfahrens
Die Antragstellerin brachte vor, ihr Angebot sei insofern zu Unrecht ausgeschieden worden, als sie hinreichend dargelegt habe, dass die Leistungsfähigkeit zur Ausführung des gegenständlichen Auftrages gegeben sei, weswegen die Auftraggeberin vom Ausschluss von der Teilnahme am Vergabeverfahren gemäß § 249 Abs 2 Z 1 BVergG 2018 iVm § 249 Abs 4 BVergG 2018 hätte absehen müssen. Der Ermessenspielraum der Auftraggeberin sei hier aufgrund der Bestimmungen der Insolvenzordnung eingeschränkt. § 249 Abs 4 BVergG 2018 sei als „Muss“-Bestimmung auszulegen. Weiters hätte die Auftraggeberin der Antragstellerin auch Gelegenheit zur Selbstreinigung gemäß § 254 Abs 1 BVergG 2018 geben müssen. Diese wäre ihr angesichts der von ihr ergriffenen Maßnahmen gelungen.
Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass am XXXX mit Beschluss des XXXX über die XXXX ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet wurde. Durch die XXXX wurde im Vorfeld beginnend ab XXXX eine Grob-Plausibilisierung der Fortführungsrechnung der XXXX vorgenommen. Der Sanierungsplan wurde nach Eröffnung des Sanierungsverfahrens am XXXX verbessert. Der XXXX wurde seitens der XXXX ein Fortführungskredit gewährt. Die Auftraggeberin erlangte von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Zuge der Angebotsprüfung Kenntnis und nahm mit der vom Insolvenzverfahren betroffenen Unternehmerin Kontakt auf, um die für die Beurteilung der Rechtsfolgen dieses Umstandes maßgeblichen Unterlagen und Informationen zu erlangen (siehe zur Beurteilung des kontradiktorischen Prüfungsverfahrens oben unter Punkt II.3.3.2.). Es wurden der Auftraggeberin die Plausibilisierung der Fortführungsrechnung der XXXX , der Sanierungsplan und der Kreditvertrag der XXXX zur Verfügung gestellt. Sowohl der Masseverwalter als auch XXXX bestätigten, die BIEGE bzw ARGE bis zum Vertragsende fortzuführen. Eine Absichtserklärung bzw ein Angebot zur Übernahme des betreffenden Betriebsteiles der XXXX durch XXXX kam nicht zustande. Auch ein sonstiger Verfügbarkeitsnachweis wurde nicht zur Verfügung gestellt. Ein Bankenrating der XXXX betreffend die XXXX wurde der Auftraggeberin nicht übermittelt. Die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin verfasste eine „Gutachtliche Stellungnahme zur Frage der vergaberechtlichen Beurteilung der Insolvenz der XXXX im Vergabeverfahren ,Kraftwerk Obervellach II – Bau‘ sowie Dokumentation der Risikobewertung und Ermessensentscheidung“ (siehe die Feststellungen unter Punkt II.1.). Am 07.07.2020 wurde der Antragstellerin die hier angefochtene Entscheidung betreffend deren Ausschluss bzw Ausscheiden ihres Angebotes bekannt gegeben.
Gemäß § 249 Abs 2 Z 1 BVergG 2018 iVm § 249 Abs 3 BVergG hat der öffentliche Sektorenauftraggeber – unbeschadet der Abs 4 bis 6 – einen Unternehmer jederzeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn dieser einen der in Abs 2 angeführten Ausschlussgründe erfüllt, sohin ua dann, wenn über das Vermögen eines Unternehmers ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Sektorenauftraggeber kann gemäß § 249 Abs 4 BVergV 2018 von einem Ausschluss aufgrund der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens Abstand nehmen, wenn die Leistungsfähigkeit des Unternehmers für die Durchführung des Auftrages ausreicht. Erlangt der Sektorenauftraggeber vom Vorliegen eines Ausschlussgrundes gemäß § 249 Abs 2 BVerG 2018, und damit ua von der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, nachweislich Kenntnis, so ist der Unternehmer mangels Zuverlässigkeit vom Vergabeverfahren auszuschließen, es sei denn, die Voraussetzungen des § 249 Abs 4 bis 6 liegen vor oder der Unternehmer macht glaubhaft, dass er trotz des Vorliegens eines Ausschlussgrundes zuverlässig ist. Gemäß § 253 Abs 1 BVergG 2018 hat der Sektorenauftraggeber Nachweise für die Darlegung der beruflichen Zuverlässigkeit gemäß § 251 Abs 1 Z 2 festzulegen, die belegen, dass in Bezug auf den Unternehmer kein Ausschlussgrund vorliegt. Gemäß § 302 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 hat der Sektorenauftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung aufgrund des Ergebnisses der Prüfung Angebote von Bietern, deren Eignung nicht gegeben ist, auszuscheiden. Gemäß § 250 Z 4 BVergG 2018 muss die Eignung beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung spätestens grundsätzlich zum Zeitpunkt der Teilnahmeantragsfrist vorliegen.
Einleitend ist im Sinne der Materialien zum BVergG 2018 zu den Ausschlussgründen (§§ 78 und 249 BVergG 2018) festzuhalten, dass eine individuelle, die konkreten Umstände berücksichtigende Beurteilung erforderlich ist, ob ein Ausschlussgrund verwirklicht ist (siehe auch VfSlg. 15.216/1998). § 78 Abs 1 und § 249 Abs 1 BVergG 2018 enthalten abschließend all jene nach den Richtlinien (RL 2014/24/EU und RL 2014/25/EU ) zulässigen Ausschlussgründe hinsichtlich der Eignung von am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmern. Insofern präzisieren die §§ 78 und 249 BVergG 2018 den gemäß den §§ 20 Abs 1 und 193 Abs 1 BVergG 2018 bestehenden Vergabegrundsatz, wonach Aufträge über Leistungen (nur) an geeignete (somit befugte, leistungsfähige und zuverlässige) Unternehmer zu vergeben sind. Der Hinweis, dass ein Unternehmer bei Vorliegen der Ausschlussgründe grundsätzlich jederzeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen ist, bedeutet, dass der öffentliche Auftraggeber einen Unternehmer zu jedem Zeitpunkt bzw in jedem Stadium des Verfahrens ausschließen muss, wenn sich herausstellt, dass der Unternehmer einen der in Abs 1 genannten Tatbestände erfüllt. Lediglich in den Sondersituationen der Abs 3 bis 5 gilt diese Verpflichtung nicht. Diese in jedem Stadium des Vergabeverfahrens geltende Verpflichtung sagt jedoch nichts über den Zeitpunkt des Ausschlusses aus; insbesondere kann aufgrund der vorliegenden Bestimmung nicht davon ausgegangen werden, dass der öffentliche Auftraggeber verpflichtet ist, den Unternehmer unverzüglich nach Hervorkommen des Ausschlussgrundes vom Vergabeverfahren auszuschließen (EBRV 69 BlgNR XXVI. GP 97, 184).
Im Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung muss die Eignung gemäß § 250 Z 4 BVergG 2018 spätestens grundsätzlich zum Zeitpunkt des Ablaufes der Teilnahmeantragsfrist vorliegen. Nach ständiger Rechtsprechung darf die Eignung auch in weiterer Folge ab dem relevanten Zeitpunkt nicht mehr verloren gehen, unabhängig davon, ob die Eignung zu einem späteren Zeitpunkt – vor der Zuschlagserteilung – wiederauflebt. Sie muss sohin jedenfalls bis zur Zuschlagserteilung gegeben sein. Dem Auftraggeber soll keine Möglichkeit eingeräumt werden, durch die zeitliche Ausgestaltung der Angebotsprüfung Einfluss auf das Ausscheiden eines Angebotes (bzw auf das Unterlassen eines solchen) nehmen zu können. Würde man einen nach Angebotsöffnung eingetretenen Verlust der Eignung dann als unmaßgeblich ansehen, wenn der Wegfall vor einer Entscheidung des Auftraggebers wieder saniert wird, bestünde eine derartige Dispositionsmöglichkeit für den Auftraggeber. Unionsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung bestehen seitens des Verwaltungsgerichtshofes nicht, zumal die Regelung den Zielen der Gleichbehandlung aller Bieter und der Rechtssicherheit dient. Der nach Angebotsöffnung erfolgte Wegfall der Eignung daher ist selbst dann relevant, wenn die Eignung vor der Ausscheidensentscheidung des Auftraggebers wieder erlangt wurde (VwGH 09.09.2015, Ro 2014/04/0062 mwN; VwGH 17.06.2014, 2013/04/0033 mwN; siehe auch Heid/Kondert in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4, Rz 1209; Mayr in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, BVergG, § 69 Rz 1, 8ff).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der Vergabekontrolle steht es nicht in der Disposition des Auftraggebers, von der Anwendung eines Ausscheidenstatbestandes nach seinem Ermessen Gebrauch zu machen. Alleine deshalb, weil der Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für den Zuschlag von einem formalen Ausscheiden eines Angebotes Abstand genommen hat, wird ein auszuscheidendes Angebot nicht zu einem zulässigen Angebot, dem rechtsrichtig der Zuschlag erteilt werden kann (siehe ua VwGH 01.03.2005, 2003/04/0039; VwGH 04.09.2002, 2000/04/0181; VwGH 27.09.2000, 2000/04/0050; BVwG 18.03.2015, W138 2100169-2/21E; BVwG 01.12.2014, W114 2013254-2/24E). Liegt auch nur ein einziger Ausscheidensgrund vor, so ist ein Angebot zwingend auszuscheiden (ua BVwG 24.07.2014, W138 2008591-1/45E).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss bei einer Bietergemeinschaft die Zuverlässigkeit aller Mitglieder der Bietergemeinschaft gegeben sein. Das Vorliegen eines Ausschlussgrundes bei einem Mitglied der Bietergemeinschaft führt dazu, dass die Bietergemeinschaft als solche als nicht zuverlässig anzusehen ist (VwGH 09.09.2015, Ro 2014/04/0062). Zu einer Änderung dieser Rechtsprechung hat sich der Verwaltungsgerichtshof auch zuletzt aufgrund des EuGH-Urteils vom 24.05.2016, C-396/14, Züblin S/A, angesichts dessen nicht veranlasst gesehen, da der Ausgangssachverhalt ein anderer gewesen sei. So habe es sich in jenem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zugrundeliegenden Sachverhalt zum einen um ein offenes Verfahren – noch dazu nach Abgabe des Letztangebotes – und zum anderen nicht um die Frage der Zulässigkeit der Änderung der Zusammensetzung einer Bietergemeinschaft während eines laufenden Vergabeverfahrens gehandelt; die Zusammensetzung der Bietergemeinschaft habe sich nämlich im konkreten Fall nicht geändert. Es mache hinsichtlich der hier einzig zu beurteilenden Zuverlässigkeit einen relevanten Unterschied, ob ein als unzuverlässig anzusehender Unternehmer (noch) an einer Bietergemeinschaft beteiligt sei oder nicht (VwGH 26.06.2019, Ra 2018/04/0161).
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfasst begrifflich sowohl die Eröffnung eines Konkursverfahrens als auch jene eines Sanierungsverfahrens. Eine Differenzierung nimmt der Gesetzgeber nicht vor (VwGH 09.09.2015, Ro 2014/04/0062). Das Insolvenzverfahren muss noch anhängig sein, um den betroffenen Bieter unter Bezugnahme auf diesen Tatbestand vom Verfahren auszuschließen (VwGH 22.05.2012, 2009/04/0187). Ein Unternehmer befindet sich in einem Insolvenzverfahren von dessen Eröffnung bis zu dessen Aufhebung durch das Insolvenzgericht (LVwG Wien, 19.03.2014, VW-123/060/10202/2014; siehe auch EuGH 28.03.2029, C-101/18, Idi Srl).
Von einem Ausschluss des betroffenen Unternehmers kann allerdings auch bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens während eines Vergabeverfahrens abgesehen werden, wenn die Leistungsfähigkeit des Unternehmers für die Durchführung des Auftrages ausreicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem jüngeren Erkenntnis zu dieser Möglichkeit, von einem Ausschluss aus dem Vergabeverfahren trotz Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in bestimmten Vergabeverfahren nach der Rechtslage des BVergG 2006 abzusehen, ausgeführt, dass es richtig sei, dass zwischen der Insolvenz eines Unternehmers und seiner Leistungsfähigkeit ein Konnex bestehe. Da das BVergG 2006 bei den Ausschlussgründen – abgesehen von der Möglichkeit der Abstandnahme nach § 229 Abs 2 Z 3 BVergG 2018 – ausdrücklich an die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens anknüpfe, sei aber im Zuge der Prüfung dieses Ausschlussgrundes keine inhaltliche Prognoseentscheidung über die finanzielle Leistungsfähigkeit vorzunehmen (VwGH 26.06.2019, Ra 2018/04/0161).
Nunmehr wird der vom Verwaltungsgerichtshof angesprochene Konnex zwischen der Insolvenz eines Unternehmers und der Leistungsfähigkeit insofern verdeutlicht, als das BVergG 2018 in Umsetzung der Richtlinie 2014/25/EU für den Sektorenauftraggeber die Möglichkeit der Abstandnahme von einem Ausschluss allgemein ohne Einschränkung auf bestimmte Vergabeverfahren vorsieht, wenn mit den Worten des Unionsgesetzgebers „der fragliche Wirtschaftsteilnehmer in der Lage sein wird, den Auftrag zu erfüllen“ (§ 249 Abs 4 BVergG 2018; Art 80 Richtlinie 2014/25/EU iVm Art 57 Abs 4 Richtlinie 2014/24/EU ). Damit wird die Auftragserteilung an einen Unternehmer trotz Insolvenzverfahrens in das Ermessen des Auftraggebers, das dieser unionsrechtskonform üben muss, gestellt (Reisner, RPA 2019, 235). Deutschmann/Heid halten hierzu fest, dass selbst wenn alle Voraussetzungen für die Abstandnahme vorliegen würden, ein Absehen vom Ausschluss somit immer im Ermessen des Auftraggebers liege (Deutschmann/Heid in Heid/Reisner/Deutschmann/Hofbauer, BVergG 2018, § 78 Rz 51). Der Auftraggeber hat demnach im Falle eines Insolvenzverfahrens im Hinblick auf die Frage, ob es dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer, also jenem Wirtschaftsteilnehmer über dessen Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, möglich sein wird, dennoch seinen vertraglichen Verpflichtungen aus dem konkret ausgeschriebenen Auftrag nachzukommen, unter Ausübung seines Ermessens eine Prognoseentscheidung zu treffen. Der Gesetzgeber lässt sohin abweichend von der bisherigen Rechtslage, welche wegen der besonderen Gefährdung, die von der Insolvenz eines Auftragnehmers für die Auftragsdurchführung ausgeht, allein die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens als zwingenden Ausschlussgrund (der mangelnden Zuverlässigkeit) ausreichen ließ, mit Blick auf andere Effizienzüberlegungen eine abweichende Beurteilung durch den Auftraggeber im Einzelfall zu (siehe VfGH 26.09.2014, E 304/2014). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handelt es sich dabei allerdings weiterhin um einen Aspekt der Zuverlässigkeit, nämlich jenen der wirtschaftlichen Zuverlässigkeit, wie auch der Regelungszusammenhang deutlich macht.
Es handelt sich bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens angesichts der „Kann“-Bestimmung des § 249 Abs 4 BVergG 2018 sohin um einen Sachverhalt, welcher nicht (mehr) zwingend zum Ausschluss aus dem Vergabeverfahren bzw Ausscheiden des Angebotes mangels Eignung – konkret mangels beruflicher Zuverlässigkeit – führt, sondern welcher eine Einzelfallprüfung erfordert. Es wird dem Auftraggeber dabei allerdings ein Beurteilungsspielraum im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung („Ermessen“) eingeräumt. Auch wenn dieser Beurteilungsspielraum durch die auch seitens des Sektorenauftraggebers zu beachtenden Grundsätze des Vergabeverfahrens, insbesondere den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, begrenzt wird, ändert dies nichts daran, dass dem Auftraggeber ein Beurteilungsspielraum eröffnet wird (ua VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0021; VwGH 22.06.2011, 2011/04/0011, mwN; BVwG 16.10.2018, W187 2205106-2/21E). In einem solchen Fall kann das Bundesverwaltungsgericht daher auch nur überprüfen, ob das dem Auftraggeber insofern eröffnete Ermessen iSd der Grundsätze des Vergaberechts, insbesondere des bereits hervorgehobenen Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgeübt wurde (siehe ua BVwG 22.11.2019, W187 2224114-2/43E). Der Auftraggeber hat demnach gegebenenfalls im Rahmen eines kontradiktorischen Aufklärungsverfahrens, den maßgeblichen Sachverhalt sorgfältig zu ermitteln und sich dem Gebot der Sachlichkeit folgend nicht von unsachlichen Erwägungen bzw Kriterien leiten zu lassen (ua BVwG 26.03.2015, W187 2017416-2/26E).
Die Antragstellerin bringt in diesem Zusammenhang vor, dass das Ermessen gegenständlich durch die Vorgaben der Insolvenzordnung, insbesondere des § 25b IO, wonach zulasten der Gläubiger die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts oder der Vertragsauflösung für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unzulässig sei, soweit eingeschränkt sei, dass die „Kann“-Bestimmung in § 249 Abs 4 BVergG 2018 in Zusammenschau mit § 25b IO und § 21 IO als „Muss“-Bestimmung auszulegen sei. Hierzu ist festzuhalten, dass gegenständlich gerade noch kein Vertrag abgeschlossen wurde, die Auftragsvergabe nur an befugte, zuverlässige und leistungsfähige Unternehmer erfolgen darf und angesichts des ohnehin nicht mehr zwingenden Ausschlusses aus dem Vergabeverfahren aufgrund der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die vor Abschluss des Vertrages von öffentlichen Auftraggebern sorgfältig durchzuführende Angebotsprüfung gerade im Hinblick auf die aufgezeigte Möglichkeit des Absehens vom Ausschluss bei dieser Auslegung der Antragstellerin ausgehöhlt, ja sogar ihres Anwendungsbereiches beraubt würde. Dieses Ergebnis soll und kann dem Gesetzgeber aber nicht unterstellt werden. Denn insofern soll dem Auftraggeber unter Ausübung seines Ermessens und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles eine zukunftsgerichtete Einschätzung eröffnet werden, ob dennoch trotz Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die konkret vom betreffenden Unternehmer zu erfüllende Leistung unter den gegebenen Voraussetzungen tatsächlich von diesem erbracht werden wird können. Daher sind nicht alleine im Unternehmen begründete Umstände für die Prognose ausschlaggebend, sondern es müssen mit Blick auf den jeweils ausgeschriebenen Leistungsgegenstand jedenfalls auch die konkreten Vorgaben und Umstände der Leistungserbringung in die abwägende Beurteilung einfließen.
Die Antragstellerin bringt weiters vor, dass losgelöst von der Beurteilung der Frage, ob trotz Eröffnung eines Insolvenzverfahrens der Unternehmer in der Lage sein wird, den konkreten Auftrag zu erfüllen, die Auftraggeberin auch verpflichtet gewesen wäre, der Antragstellerin Gelegenheit zur Selbstreinigung gemäß § 254 Abs 1 BVergG 2018 zu geben. In den Materialien zur vergleichbaren Bestimmung des § 83 Abs 1 BVergG 2018 für den klassischen Bereich wird Folgendes ausgeführt: „Die vorliegende Bestimmung stellt eine Umsetzung von Art 57 Abs 6 und 7 der RL 2014/24/EU dar. Wie dies die Rechtsprechung des VfGH und des EuGH fordert und auch von der RL 2014/24/EU vorgesehen ist, soll die Möglichkeit der Glaubhaftmachung der eigenen Zuverlässigkeit einem Bieter auch in den Fällen offen stehen, in denen die Zuverlässigkeit (eigentlich) aufgrund des Vorliegens einer rechtskräftigen Bestrafung bzw einer festgestellten Verfehlung zu verneinen wäre. Durch den allgemeinen Verweis auf die Ausschlussgründe des § 78 Abs 1 oder 2 in Abs 1 werden zwar grundsätzlich alle Ausschlussgründe erfasst; aufgrund der Natur einzelner Ausschlussgründe kann bei diesen eine Glaubhaftmachung der Zuverlässigkeit („Selbstreinigung“) unmöglich sein. Dies ist etwa bei § 78 Abs 1 Z 7 (Interessenkonflikt) der Fall, da der Ausschluss bereits die ultima ratio ist; gleiches gilt für § 78 Abs 1 Z 8 (Beteiligung an der Vorbereitung des Vergabeverfahrens). § 78 Abs 1 Z 10 und 11 lassen ebenso keine „Selbstreinigung“ zu, da der Verstoß im aktuellen Vergabeverfahren vorgefallen ist und somit eine Glaubhaftmachung, wie sie die vorliegende Bestimmung vorsieht, in den genannten Fällen nicht nachvollziehbar wäre. Hinsichtlich § 78 Abs 1 Z 2 und 3 ist aufgrund der Möglichkeit der Abstandnahme vom Ausschluss gemäß § 78 Abs 3 eine Selbstreinigung nicht notwendig und im Kontext des vorliegenden Paragraphen auch nicht vorstellbar. Da gemäß § 78 Abs 1 Z 6 BVergG 2006 bestehende Beitragsrückstände ohnehin bis zum Ende der Angebotsfrist beglichen werden können und damit die Vorlage eines unbedenklichen Nachweises bewirkt werden kann, ist auch hier die Notwendigkeit einer Selbstreinigung nicht ersichtlich (auch ist auf die Möglichkeit des Absehens vom Ausschluss gemäß § 78 Abs 4 hinzuweisen).
Der öffentliche Auftraggeber kann für die Beurteilung der beruflichen Zuverlässigkeit auch andere Umstände als die vorgelegten Nachweise bzw die eingeholte Auskunft heranziehen (arg. „insbesondere“), wie etwa das aus einem früheren Vergabeverfahren stammende Wissen über das Vorliegen eines die Zuverlässigkeit des Unternehmers ausschließenden Umstandes. Ebenso können Erklärungen gemäß § 82 Abs 4, die anstelle eines Nachweises gemäß § 82 Abs 2 verlangt werden, für die Beurteilung herangezogen werden. Die von der RL 2014/24/EU vorgegebene und in Abs 2 umgesetzte Wortwahl ist nicht für alle Tatbestände des § 78 Abs 1 passend; so ist bei den Tatbeständen des § 78 Abs 1 Z 2, 3, 7, 8 und 9 eine strafbare Handlung bzw Verfehlung kaum denkbar. Abs 2 enthält einen Katalog von konkreten Maßnahmen, deren Nachweis die Glaubhaftmachung der Zuverlässigkeit (somit die „Selbstreinigung“) bewirkt, wobei die Maßnahmen gemäß Z 1 bis 3 kumulativ sind. Der vom Unternehmer gemäß Z 1 auszugleichende Schaden erstreckt sich auf alle durch sein Vergehen verursachten Schäden. Nach Z 1 kann nicht nur der Ausgleich eines rechtskräftig festgestellten Schadens verlangt werden. Vielmehr muss der Unternehmer unabhängig vom Vorliegen einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung nachweisen, dass er den durch sein Fehlverhalten verursachten Schaden ersetzt bzw seine Schadenersatzpflicht anerkannt hat. Ist eine Schadenersatzforderung zwar dem Grunde nach unstreitig berechtigt, besteht aber über die Höhe des Schadens Unklarheit oder Streit, kann es für die Anerkennung von Selbstreinigungsmaßnahmen ausreichen, wenn der Unternehmer seine Verpflichtung zur Schadenersatzleistung dem Grunde nach anerkennt. Es ist jedoch auch klarzustellen, dass einem Unternehmer durch die Regelungen zur Selbstreinigung nicht das Recht genommen werden kann, einen der Höhe nach streitigen Schadenersatzanspruch vor einem Zivilgericht zu klären. Überdies ist aufgrund der Z 1 ein Unternehmer auch nicht zu Handlungen verpflichtet, die seine diesbezügliche prozessuale Situation verschlechtern (zB Verjährungsverzicht). Von einem Unternehmer kann auch nicht verlangt werden, dass er Schadenersatzforderungen anerkennt oder ausgleicht, die nicht substantiiert und möglicherweise unbegründet sind, damit er die Anforderung der Z 1 erfüllt. Gemäß Z 2 muss der Unternehmer sich aktiv, ernsthaft und erkennbar um eine umfassende Sachverhaltsaufklärung bemühen. Aufgeklärt werden müssen die Tatsachen und Umstände, die das Vorliegen eines Ausschlussgrundes begründen bzw mit der Straftat oder dem Fehlverhalten zusammenhängen, einschließlich der Schadensumstände. Die in Z 3 genannten Maßnahmen stellen einen demonstrativen Katalog dar. Die ergriffenen technischen, organisatorischen und personellen Maßnahmen müssen jedenfalls konkreter Art und dazu geeignet sein, das Ziel der Vermeidung weiterer Straftaten oder Vergehen zu erreichen. Dabei müssen die Maßnahmen nicht nur generell der Begehung von Straftaten oder Vergehen entgegenwirken, sondern auch konkret geeignet sein, eine erneute Begehung der gleichen Straftat bzw des gleichen Vergehens zu vermeiden bzw ausreichende Garantien bieten, dass ein derartiges Fehlverhalten nicht erneut vorkommt. Hierbei handelt es sich um eine Prognoseentscheidung des jeweiligen öffentlichen Auftraggebers. Es versteht sich von selbst, dass die vom Bieter zu ergreifenden Maßnahmen sich in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen bewegen müssen (dies spielt besonders bei KMU eine Rolle). So wäre es etwa unverhältnismäßig, von einem Kleinunternehmer die Einführung eines kostspieligen Revisionswesens zu verlangen. Für die Beurteilung der Schwere der Straftat im Sinne des Abs 3 kann auch auf die – gemäß den §§ 32 bis 34 StGB sowie gemäß § 5 VbVG für die Strafbemessung bzw die Bemessung der Verbandsgeldbuße maßgeblichen Aspekte zurückgegriffen werden, soweit diese Aspekte Rückschlüsse auf die berufliche Zuverlässigkeit bzw Unzuverlässigkeit des Unternehmers zulassen.“ (EBRV 69 BlgNR XXVI. GP 108f)
Deutschmann/Heid führen zur Frage, ob im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens eine „Selbstreinigung“ möglich ist aus, dass aufgrund der Möglichkeit zur Abstandnahme vom Ausschluss gemäß § 78 Abs 3 BVergG 2018 eine Glaubhaftmachung auch bei den Ausschlussgründen des § 78 Abs 1 Z 2 und 3 BvergG 2018 nicht erforderlich zu sein scheint (Deutschmann/Heid in Heid/Reisner/Deutschmann/Hofbauer, BVergG 2018, § 83 Rz 4).
Der Verwaltungsgerichtshof hielt hierzu fest, dass in dem vorliegenden Fall dahingestellt bleiben habe können, ob und in welcher Weise eine Möglichkeit der „Selbstreinigung“ beim Ausschlussgrund des Vorliegens eines Insolvenzverfahrens überhaupt in Betracht kommen würde, zumal die Revisionswerberin nicht aufzuzeigen vermochte, inwieweit ihr eine Möglichkeit der „Selbstreinigung“ zugutegekommen wäre (VwGH 26.06.2019, Ra 2018/04/0161).
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes kommt beim Ausschlussgrund der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens eine „Selbstreinigung“ nicht in Betracht. Der Auftraggeber kann zwar unter Ausübung seines Ermessens zu dem Ergebnis gelangen, dass trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine in die Zukunft gerichtete positive Annahme getroffen werden kann, dass der betreffende Unternehmer den Auftrag bzw den ihn treffenden Leistungsteil zuverlässig erfüllen wird können. Gerade diese Überlegungen hat der Auftraggeber aber bereits im Zusammenhang mit der Prüfung der Voraussetzungen für einen Ausschluss aufgrund des eröffneten Insolvenzverfahrens (gemäß § 249 Abs 4 BVergG 2018) anzustellen, sodass für eine „weitere Selbstreinigung“ wohl kein Raum bleibt. In diesem Sinne ist auch die entsprechende Bestimmung der Richtlinie 2014/24/EU zu verstehen, wenn diese den Mitgliedstaaten, die Möglichkeit einräumt, „dass der öffentliche Auftraggeber einen Wirtschaftsteilnehmer, der sich in einer der in jenem Buchstaben genannten Situationen befindet [Unterabsatz 1 Buchstabe b, sohin ua zahlungsunfähig ist oder sich in einem Insolvenzverfahren befindet], nicht ausschließt, wenn der öffentliche Auftraggeber unter Berücksichtigung der geltenden nationalen Vorschriften und Maßnahmen betreffend die Fortführung der Geschäftstätigkeit in den Situationen nach Buchstabe b festgestellt hat, dass der fragliche Wirtschaftsteilnehmer in der Lage sein wird, den Auftrag zu erfüllen“ (Art 57 Abs 4 Richtlinie 2014/24/EU ; Art 80 Richtlinie 2014/25/EU ). Wenn der Unionsgesetzgeber darauf abstellt, dass sich der Wirtschaftsteilnehmer in der Situation des eröffneten Insolvenzverfahrens zu befinden hat (im Übrigen ohne bereits zahlungsunfähig zu sein) und eine positive Prognose ein Absehen vom Ausschluss nach sich ziehen kann, sohin kann im Umkehrschluss eine negative Prognose ein derartiges Absehen gerade nicht mehr zur Folge haben.
Dahingehend sind auch die Erläuterungen des Gesetzgebers des BVergG 2018 zu verstehen. Die Ansicht, dass dieses Verständnis nicht im Gesetzestext Niederschlag finden würde, kann insofern nicht geteilt werden, als sich aus dem Zusammenhang der betreffenden Bestimmungen ergibt, dass im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens eine Prognoseentscheidung bezüglich der künftigen Leistungserbringung zu treffen ist, welche aber, wie dargelegt, gerade die Umstände des Einzelfalles und damit auch vom betroffenen Unternehmer allenfalls ergriffene Maßnahmen zu berücksichtigen hat. Die seitens der Antragstellerin angezogene Judikatur des EuGH vermag dem nicht entgegen zu stehen, zumal diese, soweit ersichtlich, bislang nicht den Ausschlussgrund der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens betroffen hat.
Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen war, wie nachfolgend dargestellt wird, die Entscheidung der Auftraggeberin vom 07.07.2020, die Antragstellerin aus dem Vergabeverfahren gemäß § 249 Abs 2 Z 1 BVergG 2018 auszuschließen bzw deren Angebot gemäß § 302 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 auszuscheiden, nicht als rechtswidrig zu qualifizieren.
Die Auftraggeberin führte angesichts der ihr im Zuge der Prüfung des Angebotes der Antragstellerin zur Kenntnis gelangten Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der XXXX ein kontradiktorisches Aufklärungsverfahren durch, um an jene Informationen und Unterlagen zu gelangen, welche, weil der Sphäre der betroffenen Unternehmerin zuzuordnen, auch nur von dieser zur Verfügung gestellt werden konnten (zum kontradiktorischen Verfahren siehe im Übrigen oben unter Punkt 3.3.2.). Darüber hinaus wurden Recherchen in der Auftraggeberin zugänglichen Quellen vorgenommen. Die der Entscheidung der Auftraggeberin zugrunde gelegten Unterlagen, Informationen und sonstigen Auskünfte sind dem Vergabeakt zu entnehmen. Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes hat die Auftraggeberin damit den Sachverhalt hinreichend gewissenhaft ermittelt. Soweit es ihr nicht möglich war, weitergehende Unterlagen bzw Stellungnahmen zu erhalten, so kann ihr dies nicht entgegengehalten werden, zumal sie hierzu hinreichend Gelegenheit geboten hat.
Wenn die Antragstellerin einwendet, dass die Auftraggeberin die Beurteilung nach § 249 Abs 4 BVergG 2018, ob angesichts der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der XXXX dennoch die Erfüllung des gegenständlich ausgeschriebenen Auftrages insgesamt zuverlässig möglich sein wird, nicht auf die gesamte Bietergemeinschaft bezogen, sondern diese auf die XXXX eingeschränkt hat, ohne die finanzielle Situation der – bei Auftragserteilung solidarisch haftenden – XXXX bei ihren Überlegungen zu berücksichtigen, ist sie darauf hinzuweisen, dass im Sinne der aufgezeigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedes Mitglied einer Bietergemeinschaft den Anforderungen an die Zuverlässigkeit zu entsprechen hat. Eine allenfalls bei Auflösung der Bietergemeinschaft gebotene andere Sichtweise und damit ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war vorliegend nicht geboten, da die Bietergemeinschaft in ihrer Zusammensetzung unverändert geblieben ist. Es war daher zu Recht ausschließlich zu hinterfragen, ob die XXXX sämtliche sie treffende vertragliche Verpflichtungen, wozu im Übrigen auch deren Pflicht zur Solidarhaftung und insbesondere, wie die Auftraggeberin ins Treffen führt, allfällige Gewährleistungsverpflichtungen über die prognostizierte Vertragsdauer hinaus, zählen, erfüllen wird können. Die Berufung auf die Solidarhaftung der XXXX vermag in dieser Situation die wirtschaftliche Zuverlässigkeit iSd § 249 Abs 4 BVergG 2018 aber auch bereits insofern nicht zu belegen, als dies umgekehrt vielmehr zu der Schlussfolgerung führt, dass das Potenzial der XXXX , aus eigenem ihre vertraglichen Verpflichtungen aus dem Auftrag erfüllen zu können, gerade nicht dokumentiert wird. Dies würde ja bedeuten, dass von vorneherein nur die XXXX „in die Bresche springen“ könnte. Schließlich trifft die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausschließlich ein Mitglied der Bietergemeinschaft und nicht die Bietergemeinschaft (kann sie auch nicht). Die Prüfung und Beurteilung der daraus erfließenden Konsequenzen kann daher denklogisch nur den von der Insolvenz betroffenen Unternehmer umfassen. Daraus erhellt auch, dass der Hinweis der Antragstellerin auf die gesetzliche Definition des Begriffes „Unternehmer“ vorliegend nicht zutrifft und zu keiner anderen Beurteilung führen kann. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die bestandsfeste Ausschreibung sowohl hinsichtlich des Nachweises der beruflichen Zuverlässigkeit als auch hinsichtlich des Nachweises der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit festlegt, dass alle Mitglieder der Bewerber- bzw Bietergemeinschaft den geforderten Nachweis zu erbringen haben, sodass auch insofern die isolierte Betrachtung und Beurteilung der XXXX geboten war. Sohin würde man aber selbst wenn man mit der Antragstellerin, entgegen dem Verständnis des Bundesverwaltungsgerichtes, in der „Leistungsfähigkeit“ gemäß § 249 Abs 4 BVergG 2018 keinen Aspekt der (wirtschaftlichen) Zuverlässigkeit, sondern der (finanziellen und wirtschaftlichen) Leistungsfähigkeit erblicken würde, zu keinem anderen Ergebnis im Hinblick auf die Frage der zu beurteilenden Unternehmer gelangen.
Die Auftraggeberin gelangte gegenständlich auf der Grundlage der dokumentierten Unterlagen und Informationen zu dem Ergebnis, dass – trotz positiver Umstände, wie des Vorliegens eines Sanierungsplanes, Erklärung der Bindungswirkung zum Angebot, beabsichtigter Fortführung des Unternehmens, gesetzlicher Solidarhaftungsverpflichtung von XXXX und geringen Leistungsteils der XXXX – keine hinreichende Sicherheit einer risikofreien Auftragserfüllung gegeben sei. Dabei führt sie gegen das Absehen vom Ausschluss aus dem Vergabeverfahren und damit vom Ausscheiden des Angebotes im Wesentlichen ins Treffen, dass es sich um einen mehr als XXXX Auftrag handle, der (ohne Gewährleistungsverpflichtung) bis Mitte 2023 projektiert sei, und der Zeitraum nach dem 31.12.2022 angesichts der Kreditlaufzeit des Fortführungskredites – mit Ausnahme der Solidarhaftung der XXXX – völlig ungesichert sei. Der Kreditvertrag beinhalte mehrere außerordentliche Kündigungsgründe, das Banken-Rating bezüglich des Ausfallsrisikos liege der Auftraggeberin nicht vor, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Sanierungsplan auch tatsächlich erfüllt werden könne, in der Fortführungsrechnung seien der hohe Finanzierungsbedarf und rückläufige Umsätze mit der höchsten Wesentlichkeit und mit sehr hohem bzw hohem Risiko bewertet, ein verbindliches unwiderrufliches Kaufangebot für den betreffenden Betriebsteil habe die XXXX nicht abgeben können, es sei auch über die XXXX das Insolvenzverfahren eröffnet worden, weswegen die Firmenverflechtung nicht außer Betracht bleiben dürfe. Auch wenn die Plausibilisierung der Fortführungsrechnung eine sehr aufschlussreiche Analyse darstelle, enthalte diese einen umfassenden „disclaimer“. Insofern habe auch das Risiko einer Neuausschreibungspflicht nicht außer Betracht bleiben können. Die angefochtene Entscheidung gründet auf der „Gutachtlichen Stellungnahme“ der Rechtsvertreterin der Auftraggeberin. In dieser „Gutachtlichen Stellungnahme“ wird mehrfach auf deutsche Rechtsprechung und Judikatur zur Beurteilung der Frage des Ausschlusses bzw Ausscheidens aufgrund der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens Bezug genommen.
Wie oben aufgezeigt, können und müssen in die Prognoseentscheidung des Auftraggebers gemäß § 249 Abs 4 BVergG 2018 sowohl die individuellen Umstände des betreffenden Unternehmers als auch „externe“ Faktoren wie die mit dem konkreten Auftrag einhergehenden Anforderungen an die Leistungserbringung einfließen. Insofern erscheint es dem Bundesverwaltungsgericht in der vorliegenden Konstellation keinesfalls unsachlich, dass bei der Entscheidungsfindung, trotz der grundsätzlich positiven Einschätzung der Auftraggeberin zur vorerst geplanten Fortführung des Unternehmens, etwa auch die prognostizierte Vertragsdauer von (alleine ohne Berücksichtigung der vertraglichen Verpflichtungen nach Vertragsende) beinahe drei Jahren, das (nicht unerhebliche) Auftragsvolumen sowie die Qualifikation der seitens der XXXX zu erbringenden Leistungen als „kritische“ Leistungen in die Prognoseentscheidung und Risikoeinschätzung Eingang gefunden bzw auf diese Einfluss genommen haben.
Die Auftraggeberin erblickt des Weiteren ua angesichts der im Kreditvertrag enthaltenen außerordentlichen Kündigungsgründe eine verbleibende Unsicherheit, ob die Sanierung langfristig erfolgreich abgeschlossen werden kann. Entsprechend der Plausibilisierung der Fortführungsrechnung durch die XXXX bedarf es aufgrund des im Fortführungszeitraum bestehenden Finanzierungsbedarfes künftig auch der Inanspruchnahme eines Kredites zur Fortführung des Unternehmens. Insofern erscheint es nicht unsachlich, in der vorliegenden Vereinbarung weitgehender außerordentlicher Kündigungsgründe, wie der nicht fristgerechten Erfüllung des Sanierungsplanes oder dem Unterschreiten des XXXX um einen bestimmten Prozentsatz, ein nicht unerhebliches Risiko für die Gewährleistung der tatsächlichen Ausführung des Auftrages bzw Leistungsteiles zu erblicken. Bei dieser Einschätzung konnte die Auftraggeberin jedenfalls auch die Tatsache einfließen lassen, dass die der Kreditvergabe zugrundeliegende Bonitätsbeurteilung durch die XXXX der Auftraggeberin nicht zur Verfügung gestellt bzw eine solche – laut Angaben des Rechtsvertreters der Antragstellerin – gar nicht vorgenommen wurde, obgleich eine solche angesichts der sämtliche Kreditinstitute insofern treffenden Verpflichtungen im Rahmen des Risikomanagements grundsätzlich vorliegen müsste (siehe § 5 Kreditinstitute-Risikomanagementverordnung) und das auf XXXX gestellte KSV-Rating in dieser Hinsicht nicht aussagekräftig sein konnte. Die Auftraggeberin durfte aus diesem Grund davon ausgehen, dass sich die Annahme zur gesicherten Fortführung des Unternehmens relativiert.
Wenn nun aber die Sanierung nicht gelingen würde, wäre die Erfüllung der gegenständlichen Leistungen entgegen den Ausführungen der Antragstellerin keinesfalls gesichert, zumal in der vorliegenden Konstellation zu berücksichtigen ist, dass die von der XXXX zu erbringenden Leistungen „kritische“ Leistungen darstellen, für welche darüber hinaus ausschließlich sie die Eignungsreferenz erbracht hat. Der Einsatz eines Subunternehmers käme daher ebenso wenig in Betracht, um die Leistungserbringung sicherzustellen, wie jener des, zwar solidarisch haftenden, aber mangels Nachweises der entscheidenden Eignungsreferenz nicht entsprechend geeigneten zweiten Mitgliedes der Bietergemeinschaft. Ob durch eine allfällige Übernahme der betreffenden Mitarbeiter und der hierfür erforderlichen Geräte und Maschinen durch die XXXX auch ein Übergang der Referenzen, gegenständlich der von der XXXX erbrachten Referenz Kategorie XXXX , und damit die technische Leistungsfähigkeit der XXXX zur Leistungserbringung vorliegen würde, war zum Zeitpunkt der Ausscheidensentscheidung keinesfalls absehbar (siehe zur Zurechenbarkeit von Referenzen BVwG 24.09.2015, W187 2112472-2/30E; BVwG 25.07.2014, W187 2008651-2/16E). Nur wenn aber in der Folge die die Bietergemeinschaft ersetzende XXXX die entsprechende Eignung gemäß den Festlegungen im ursprünglichen Vergabeverfahren aufweisen würde, käme es gemäß § 365 Abs 3 Z 3 lit b BVergG 2018 zu einem Auftragnehmerwechsel, der als unwesentliche Vertragsänderung keine Neuausschreibung erfordern würde (siehe hierzu die Materialien zu § 365 BVergG 2018 EBRV 69 BlgNR XXVI. GP 220f; siehe ua auch EuGH 24.05.2016, C-396/14, Züblin A/S). Die Einbeziehung auch der damit gegebenenfalls verbundenen wirtschaftlichen und (vergabe)rechtlichen Risiken und Konsequenzen in die Prognoseentscheidung ist vor dem Hintergrund des konkreten Leistungsgegenstandes und im Lichte der die Auftraggeberin treffenden Sorgfaltspflicht gemäß § 84 AktG plausibel und nachvollziehbar. Es kann nicht erkannt werden, dass sich die Auftraggeberin insofern von unsachlichen Erwägungen hat leiten lassen.
Es trifft zwar zu, dass die Gefahr des Auftretens finanzieller Schwierigkeiten eines Auftragnehmers während der Abwicklung eines Vertrages gleichermaßen auch andere Bieter treffen kann. Dem Auftraggeber kommt aber in einem Fall, in welchem nicht bereits vor Zuschlagserteilung wirtschaftliche Schwierigkeiten augenscheinlich werden, gerade keine Kompetenz zu, mit Blick in die Zukunft hinsichtlich der künftigen Auftragserfüllung eine Prognose zu treffen.
Soweit die Auftraggeberin im Hinblick auf die infolge der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gebotenen einzelfallbezogenen Ermessensausübung auf deutsche Rechtsprechung und Literatur verweist und hieraus für ihre Entscheidung Anhaltspunkte ableitet, bestehen dagegen insofern keine Bedenken, als die betreffenden innerstaatlichen Regelungen in Umsetzung der Vergaberichtlinien als vergleichbar angesehen werden können und insofern nicht jegliche Relevanz abgesprochen werden kann (siehe aber noch zur vorangehenden Rechtslage: VwGH 09.09.2015, Ro 2014/04/0062).
3.3.4.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass nicht gesehen werden kann, dass die Auftraggeberin bei der Entscheidungsfindung ihren Ermessenspielraum überschritten hätte und dabei unsachliche Erwägungen eingeflossen wären. Die Auftraggeberin konnte daher auf der Grundlage des von ihr durch Eigenrecherche wie auch nach Durchführung eines kontradiktorischen Prüfungsverfahrens gewonnenen Datenmaterials unter Ausübung ihres Ermessens zu dem Ergebnis gelangen, dass durch das von der Insolvenzeröffnung betroffene Mitglied der antragstellenden Bietergemeinschaft nicht mit hinreichender Sicherheit gewährleistet werden konnte, dass es in der Lage sein wird, den Auftrag zu erfüllen, womit allenfalls die Notwenigkeit zur Neuausschreibung einhergehen könnte. Sie hat die Antragstellerin daher im Ergebnis zu Recht mangels beruflicher Zuverlässigkeit aus dem Vergabeverfahren ausgeschlossen bzw deren Angebot aus dem Verfahren ausgeschieden.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision war gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zuzulassen, weil gegenständlich noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Möglichkeit zur „Selbstreinigung“ gemäß § 254 Abs 1 BvergG 2018 im Falle des Ausschlussgrundes der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Unternehmers gemäß § 249 Abs 2 Z 1 BVergG 2018 vorliegt.
Im Übrigen wird auf die unter II.3. wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichtes verwiesen.
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