Normen
AVG §59 Abs1;
AVG §60;
BVergG 2006 §2 Z16 lita sublitaa;
BVergG 2006 §320;
BVergG 2006 §321 Abs2;
BVergG 2006 §321;
BVergG 2006 §90 Abs1;
LVergRG Wr 2007 §24 Abs4;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2014:2013040029.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Zweitbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen zu ersetzen. Der Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesvergabeamtes (belangte Behörde) wurde betreffend das Vergabeverfahren der beschwerdeführenden Auftraggeber "Mobilfunk 2012" über den Antrag der mitbeteiligten Partei wie folgt entschieden (Spruchpunkt 1.):
"1. Dem Antrag, das BVA möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Rahmen der Ausschreibung Mobilfunk 2012 -
GZ 2401.01679 die Ausschreibungsunterlagen in der letztgültigen Fassung vom 22. 11. 2012 und die Festlegungen des AG im Übersichtsdokument Beilage ./3 für nichtig erklären, wobei auch Vorfassungen der Ausschreibungsunterlagen für nichtig erklärt werden, soweit sie auch in der letztgültigen Fassung der Ausschreibungsunterlagen enthalten sind und durch die Nichtigerklärung der gegenständlichen Festlegung 'wiederaufleben', wird teilweise stattgegeben.
Die Festlegung des Auftraggebers vom 22. 11. 2012 wird für nichtig erklärt.
Die Ausschreibungsunterlagen 'Mobilfunk 2012, GZ 2401.01679' werden für nichtig erklärt.
Im Übrigen Umfang wurde der Antrag als unzulässig zurückgewiesen."
Diesen Ausspruch stützte die belangte Behörde auf die §§ 22, 138 Abs. 1, 312 Abs. 2 Z 2, 320 Abs. 1, 322 Abs. 1 Z 8 und 325 Abs. 1 Bundesvergabegesetz 2006 (BVergG 2006).
Weiters wurden die beschwerdeführenden Auftraggeber verpflichtet, der mitbeteiligten Partei die entrichteten Pauschalgebühren für den Nachprüfungsantrag zu ersetzen (Spruchpunkt 2.).
2. Begründend gab die belangte Behörde zunächst den Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei wieder. In diesem wurde ausgeführt, dass die beschwerdeführenden Auftraggeber vorliegend Mobilfunkleistungen über eine Rahmenvereinbarung im Wege eines offenen Verfahrens im Oberschwellenbereich ausgeschrieben hätten.
Nach einer kurzen Darstellung der mündlichen Verhandlung traf die belangte Behörde im Wesentlichen folgende Sachverhaltsfeststellungen:
Zunächst werden zwei Aktenvermerke wiedergegeben, aus denen sich ergibt, dass die beschwerdeführenden Auftraggeber (ursprünglich) eine Losaufteilung in drei Lose (Pauschalpakete/Individualpakete/Pools) beabsichtigt hatten und beim "Mengengerüst" von einer näher bezeichneten Anzahl von SIM-Karten ausgegangen waren, wobei die Aufteilung auf die Lose gleichmäßig erfolgen solle.
In der am 20. Juni 2012 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union bekannt gemachten Ausschreibung "Mobilfunk 2012" sei in der Rubrik "Lose" festgehalten worden, dass eine Aufteilung des Auftrags in Lose erfolge und Angebote für ein oder mehrere Lose möglich seien.
Sodann werden im angefochtenen Bescheid die Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen auszugsweise wiedergegeben. Nach diesen sei Ziel des Vergabeverfahrens (Punkt 2.1) der Abschluss einer Rahmenvereinbarung je ausgeschriebenem Los über Mobilfunk-Leistungen (Sprachen und Daten) in ganz Österreich für registrierte Kunden der B-GmbH gewesen. Die Abgabe von Teilangeboten sei im Hinblick auf die Losaufteilung für zulässig erklärt worden. Der Bieter könne sowohl ein Teilangebot (für eines oder mehrere Lose) oder ein Gesamtangebot (für alle Lose) legen (Punkt 7.1. Teilangebot). Die Entscheidung, mit welchem geeigneten Unternehmer die Rahmenvereinbarung für das jeweilige Los geschlossen werde, werde nach dem Billigstbieterprinzip getroffen (Punkt 8.2. Zuschlagskriterien). Für jedes ausgeschriebene Los werde jeweils ein "Bestangebot" ermittelt, das den günstigsten Angebotspreis aufweist (Punkt 8.3. Ermittlung des/der Bestangebote/s).
Danach werden im angefochtenen Bescheid die Kommerziellen Ausschreibungsbedingungen (Rahmenvereinbarung) auszugsweise wiedergegeben (Punkt 4.1. Ziel dieser Rahmenvereinbarung sowie Punkt 4.2. Mengengerüst). Den Kommerziellen Ausschreibungsbedingungen seien für die drei Lose jeweils drei Leistungsverzeichnisse samt Preisblatt angeschlossen gewesen.
Nach mehreren Fragenbeantwortungen sowie Berichtigungen zur Ausschreibung sowie einem Nachprüfungsantrag der mitbeteiligten Partei sowie zwei weiteren Nachprüfungsanträgen von Mitbewerbern sowie "Schlichtungsgesprächen" in den Räumen der belangten Behörde hätten die beschwerdeführenden Auftraggeber die
5. Fragenbeantwortung bzw. 3. Berichtigung vom 22. November 2012 übermittelt, welche im angefochtenen Bescheid auszugsweise wiedergegeben wird (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"allgemeines
- Los 1 wird gestrichen
- Die Lose 2 und 3 gelangen ungeteilt zur Vergabe. Der Übersichtlichkeit halber bleiben die Bezeichnungen 'Los 2' (Individualpakete) und 'Los 3' (Pools) trotz Wegfall von Los 1 unverändert erhalten.
- Es wird eine Mindestabnahmemenge von (...) SIM-Karten garantiert.
- Die geschätzte Gesamtmenge wird wie folgt aufgeteilt:
(...) SIM-Karten für Los 2
(...) SIM-Karten für Los 3
- Die maximale Abrufmenge wird von (...) SIM-Karten auf (...) SIM-Karten reduziert.
- Die Angebotsöffnung wird auf den (...) verschoben.
- Die maximale Vertragsdauer der auf Basis der Rahmenvereinbarung zu entrichtenden Einzelverträge wird auf (...) Jahre festgesetzt.
- Die Laufzeit der Rahmenvereinbarung wird auf (...) Jahre (ohne Option) verlängert.
- Die mit dieser Berichtigung veröffentlichten Dokumente werden entsprechend den hier angeführten Punkten berichtigt und ersetzen die jeweiligen Vorgängerversionen. Sonstige Tipp- und Formfehler werden ohne gesonderte Aufzählung in diesem Dokument ebenfalls korrigiert, soweit diese bekannt waren.
- Das neue Preisblatt und Leistungsverzeichnis ersetzt die davor für die Lose 1 bis 3 veröffentlichten drei Dokumente.
..."
Sodann werden die Allgemeinen Ausschreibungsbedingungen der "letztgültigen Fassung" (offenbar gemeint: die der 3. Berichtigung angeschlossenen) auszugsweise wiedergegeben:
Danach wurde Punkt 2.2.
(Auftragsgegenstand/Leistungsbeschreibung) neu gefasst, die Abgabe von Teilangeboten für unzulässig erklärt (Punkt 7.1. Teilangebot), sowie festgelegt, dass die Entscheidung, mit welchem geeigneten Unternehmer die Rahmenvereinbarung geschlossen wird, nach dem Billigstbieterprinzip getroffen wird (Punkt 8.2. Zuschlagskriterien). Auch festgelegt wurde, dass für die gesamte Ausschreibung ein Bestangebot ermittelt wird (Punkt 8.3. Ermittlung des/der Bestangebote/s). Weiters wurde festgestellt, dass Punkt 4.2. der Kommerziellen Ausschreibungsbedingungen ein neues "Mengengerüst" vorsehe.
3. In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, beim vorliegenden Auftrag handle es sich um einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich.
Aus dem Nachprüfungsantrag gehe hervor, dass der Antrag innerhalb der 10-tägigen Anfechtungsfrist gegen die gesondert anfechtbare Entscheidung "FBA5" eingebracht worden sei und eine verspätete Antragstellung nicht vorliege. Sowohl aus dem Inhalt des Antragsvorbringens als auch aus den Nichtigerklärungsbegehren gehe klar und unmissverständlich hervor, dass die mitbeteiligte Partei die Festlegung der beschwerdeführenden Auftraggeber vom 22. November 2012 bekämpfe. Die 3. Berichtigung stelle als "sonstige Festlegung während der Angebotsfrist" eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar. Der Antrag sei deshalb zulässig.
Dass die mitbeteiligte Partei in ihrem Begehren die "Ausschreibungsunterlagen in der letztgültigen Fassung vom 22. November 2012" sowie die "Festlegungen des AG im Übersichtsdokument" anführe, stelle keinen Widerspruch zum inhaltlichen Vorbringen dar.
Durch die 3. Berichtigung sei die Ausschreibung umfassend geändert worden, sodass die beschwerdeführenden Auftraggeber folgerichtig auch ein neues Konvolut der Ausschreibungsunterlagen an die Bewerber versendet hätten. Dieses ersetze - wie die beschwerdeführenden Auftraggeber selbst bestätigt hätten - die Ausschreibungsunterlagen in den Vorgängerversionen. Demnach führe die Festlegung vom 22. November 2012 zur berichtigten Ausschreibungsunterlage in der letztgültigen Fassung. Diese habe die mitbeteiligte Partei mit einem zulässigen Antrag auf Nichtigerklärung bekämpft.
Hingegen sei der Antrag im Übrigen, soweit er die Nichtigerklärung von "Vorfassungen der Ausschreibungsunterlagen" beantrage, schon deshalb unzulässig, da dieses Begehren letztlich auf die Wiederholung der in einem Vorverfahren vor der belangten Behörde gestellten Anträge hinauslaufe und im nunmehrigen Nachprüfungsverfahren jedenfalls verfristet sei.
Sodann führte die belangte Behörde zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides im Wesentlichen aus, eine Berichtigung der Ausschreibung sei nur insoweit zulässig, als es dadurch nicht zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung komme. Diesfalls wäre nämlich die Ausschreibung wegen Vorliegens zwingender Gründe zu widerrufen (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2005, Zl. 2002/04/0180).
Mit der vorliegend als "sonstige Festlegung während der Angebotsfrist" angefochtenen 3. Berichtigung sei Los 1 gestrichen worden und festgelegt worden, dass Los 2 und 3 ungeteilt zur Vergabe gelangen sollten. Hätte die ursprüngliche Aufteilung der SIM-Karten auf die Lose noch "gleichmäßig" erfolgen sollen, sehe die 3. Berichtigung nunmehr "eine Verdoppelung hinsichtlich des (nach wie vor aufrechten) Loses 2 vor". Dies erfordere eine völlig neue Zusammenstellung des Preisblattes beim Los 2 und führte zwangsläufig zu einer geänderten Angebotserstellung im Vergleich mit den ursprünglich vorgesehenen Angaben im Preisblatt.
Mit der 3. Berichtigung solle das Vergabeverfahren - entgegen der ursprünglich angekündigten Bekanntmachung - plötzlich zur Gesamtvergabe (beinhaltend sämtliche Lose) "mutieren". Damit sei die Grenze der zulässigen Berichtigung im Sinn des § 90 BVergG 2006 jedenfalls überschritten, da die Ausschreibung in der nunmehrigen Form eine inhaltlich wesentlich andere sei. Dies ergebe sich bereits aus § 22 Abs. 2 BVergG 2006.
Bis zur 3. Berichtigung der Ausschreibungsunterlagen stand die (theoretische) Möglichkeit im Raum, dass mehr als ein Unternehmer für die Rahmenvereinbarung (allenfalls auch nur für ein Los) in Betracht hätte gezogen werden können. Durch die 3. Berichtigung sei ein solches Szenario nicht mehr denkbar, da die Abgabe von Teilangeboten unzulässig sei und für die gesamte Ausschreibung nur noch ein Bestangebot ermittelt werde.
Schon aus diesen Überlegungen trete deutlich zutage, dass der "fliegende Wechsel" der beschwerdeführenden Auftraggeber von der Los- zur Gesamtvergabe den Ausgang des Vergabeverfahrens wesentlich im Sinn des § 325 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 beeinflussen könne.
Ein zwingender Widerruf sei auch deshalb unumgänglich, da infolge der Umstellung von Los- auf Gesamtvergabe mit der 3. Berichtigung ein neues Preisblatt und Leistungsverzeichnis erstellt worden sei, welches naturgemäß eine völlig neue Angebotserstellung erfordere. So habe sich der geschätzte Auftragswert des Loses 2 verdoppelt.
Zu den von den beschwerdeführenden Auftraggebern in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen, führte die belangte Behörde aus, die Frage, ob das zulässige Ausmaß einer Berichtigung im Sinn des § 90 BVergG 2006 überschritten worden sei, sei ausschließlich eine Rechtsfrage, sodass schon deshalb die Einholung eines (oder mehrerer) Sachverständigengutachten nicht erforderlich gewesen sei.
4. Spruchpunkt 2. gründete die belangte Behörde auf § 319 Abs. 1 BVergG 2006.
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde (der beschwerdeführenden Auftraggeber).
6. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend um keinen Übergangsfall nach dem VwGbk-ÜG handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
2. Rechtslage:
Vorliegend sind folgende Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006, BGBl. I Nr. 17 in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2012 (BVergG 2006), maßgeblich:
"Begriffsbestimmungen
§ 2. ...
12. Bewerber ist ein Unternehmer oder ein Zusammenschluss von Unternehmern, der sich an einem Vergabeverfahren beteiligen will und dies durch einen Teilnahmeantrag oder eine Anforderung bzw. das Abrufen von Ausschreibungsunterlagen bekundet hat.
...
16. Entscheidung ist jede Festlegung eines Auftraggebers im Vergabeverfahren.
a) Gesondert anfechtbar sind folgende, nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen:
aa) im offenen Verfahren: die Ausschreibung; sonstige Festlegungen während der Angebotsfrist; ...
...
Grundsätze der Ausschreibung
§ 78. ...
(3) Die Ausschreibungsunterlagen sind so auszuarbeiten, dass die Vergleichbarkeit der Angebote sichergestellt ist und die Preise ohne Übernahme nicht kalkulierbarer Risken und - sofern nicht eine funktionale Leistungsbeschreibung gemäß § 95 Abs. 3 erfolgt - ohne umfangreiche Vorarbeiten von den Bietern ermittelt werden können.
...
(7) In den Ausschreibungsunterlagen ist grundsätzlich nur eine Stelle für die rechtsgültige Unterfertigung des Angebotes durch den Bieter vorzusehen.
...
Berichtigung der Ausschreibung
§ 90. (1) Werden während der Angebotsfrist Änderungen der Ausschreibung erforderlich, so sind die Ausschreibungsunterlagen und erforderlichenfalls auch die Bekanntmachung zu berichtigen und die Angebotsfrist erforderlichenfalls entsprechend zu verlängern.
(2) Ist eine Berichtigung der Ausschreibungsunterlagen erforderlich, so ist allen Bewerbern oder Bietern die Berichtigung nachweislich zu übermitteln. Ist dies nicht möglich, so ist die Berichtigung in gleicher Weise wie die Ausschreibung bekannt zu machen."
2. Zur Auslegung von Spruchpunkt 1:
2.1. Die beschwerdeführenden Auftraggeber bringen gegen den angefochtenen Bescheid zunächst vor, Spruchpunkt 1. verletze § 59 Abs. 1 AVG. So komme nicht klar zum Ausdruck, welche "Ausschreibungsunterlagen" konkret für nichtig erklärt worden seien. Während die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides von einer "berichtigten Ausschreibungsunterlage" spreche, seien im Spruch "Ausschreibungsunterlagen" für nichtig erklärt worden. Dies sei auch deshalb von Bedeutung, da die Ausschreibungsunterlage zuletzt am 4. Dezember 2012 (mit einer 4. Berichtigung) berichtigt worden sei und diese Berichtigung durch die mitbeteiligte Partei unbekämpft geblieben sei.
Die mitbeteiligte Partei bringt in ihrer Gegenschrift zur Auslegung dieses Spruchpunktes vor, es sei ohne jeden Zweifel erkennbar, dass sich die Nichtigerklärung auf die Ausschreibungsunterlagen in der letztgültigen Fassung vom 22. November 2012 beziehe und daher jene Ausschreibungsunterlagen für nichtig erklärt worden seien, die am 22. November 2012 an die Bieter versandt worden seien.
Die belangte Behörde bringt in ihrer Gegenschrift vor, allen Parteien des Nachprüfungsverfahrens hätte klar und deutlich erkennbar sein müssen, dass die Ausschreibung zwingend zu widerrufen sei und daher seien die Ausschreibungsunterlagen für nichtig erklärt worden.
2.2. Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.
Die Anforderungen an das Maß an Bestimmtheit eines Bescheides hängen von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. November 2013, Zl. 2013/03/0104, mwN). Gegenstand der Rechtskraft ist der Bescheidspruch selbst. Nur er erlangt rechtliche Geltung (Verbindlichkeit) und legt dadurch die Grenzen der Rechtskraft fest. Die Bescheidbegründung spielt hierfür nur insoweit eine Rolle, als sie zur Deutung, nicht aber zur Ergänzung eines in sich unklaren Spruches heranzuziehen ist (vgl. den hg. Beschluss vom 13. November 2013, Zl. 2013/04/0122, mwN).
2.3. Zwar lässt Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides nicht eindeutig erkennen, welche Ausschreibungsunterlagen (zusätzlich) zur "Festlegung des Auftraggebers vom 22.11.2012" für nichtig erklärt werden sollten, und bleibt insoweit unklar.
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde allerdings davon aus, dass mit der 3. Berichtigung ein neues Konvolut der Ausschreibungsunterlagen an die Bewerber versendet worden sei, welches die Ausschreibungsunterlagen in den Vorgängerversionen ersetzt habe. Demnach führe die Festlegung vom 22. November 2012 zur berichtigten Ausschreibungsunterlage in der letztgültigen Fassung.
Damit wird aber deutlich, dass nach Auffassung der belangten Behörde mit der 3. Berichtigung die Ausschreibungsunterlagen zur Gänze ersetzt wurden und diese Ausschreibungsunterlagen zur Gänze für nichtig zu erklären waren. Diese Auffassung bestätigt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift, wenn sie vorbringt, die Ausschreibung sei zwingend zu widerrufen gewesen und daher seien die Ausschreibungsunterlagen für nichtig erklärt worden.
Vor dem Hintergrund dieser Begründung im angefochtenen Bescheid kann dessen Spruchpunkt 1. nur so verstanden werden, dass jene Ausschreibungsunterlagen für nichtig erklärt wurden, welche der 3. Berichtigung vom 22. November 2012 angeschlossen waren und - nach Auffassung der belangten Behörde - die bisherigen Ausschreibungsunterlagen (gemeint: die Vorversionen der Ausschreibungsunterlagen) zur Gänze ersetzten.
Wenn die beschwerdeführenden Auftraggeber auf eine
4. Berichtigung der Ausschreibungsunterlagen verweisen, die ihrem Vorbringen nach durch die mitbeteiligte Partei nicht angefochten worden sei, so ist darauf hinzuweisen, dass diese 4. Berichtigung nicht Gegenstand des vom Verwaltungsgerichtshof vorliegend alleine zu prüfenden angefochtenen Bescheides ist.
Es ist daher ferner zu klären, ob die Nichtigerklärung dieser solcherart der 3. Berichtigung angeschlossenen Ausschreibungsunterlagen, somit der bis dahin ergangenen Ausschreibung zur Gänze, rechtmäßig war.
3. Zur Reichweite der Nichtigerklärung:
3.1. Wie oben ausgeführt, wurden mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides nicht alleine die 3. Berichtigung der beschwerdeführenden Auftraggeber, sondern auch jene Ausschreibungsunterlagen für nichtig erklärt, welche dieser
3. Berichtigung angeschlossen waren. Dabei ging die belangte Behörde davon aus, dass die bisherigen Ausschreibungsunterlagen (gemeint: die Vorversionen der Ausschreibungsunterlagen) durch diese Ausschreibungsunterlagen zur Gänze ersetzt wurden.
3.2. Die beschwerdeführenden Auftraggeber wenden sich gegen die dieser Auffassung zu Grunde liegende Feststellung, die beschwerdeführenden Auftraggeber hätten ein neues Konvolut der Ausschreibungsunterlagen an die Bewerber versendet und dieses ersetze - wie die beschwerdeführenden Auftraggeber selbst bestätigt hätten - die Ausschreibungsunterlagen in den Vorgängerversionen. Diese Feststellung sei aktenwidrig erfolgt.
So hätten die beschwerdeführenden Auftraggeber bereits in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde angegeben, dass alle Dokumente, in denen Berichtigungen vorgenommen worden seien, in der Folge in konsolidierter Fassung versandt worden sei. Im Zuge der 3. Berichtigung seien ausschließlich jene Unterlagen in konsolidierter Fassung an die Bieter übermittelt worden, welche durch diese Berichtigung geändert worden seien, nicht jedoch die Gesamtausschreibungsunterlage. Daher sei kein "neues Konvolut der Ausschreibungsunterlagen" versandt worden, sondern lediglich jene Teile der Ausschreibungsunterlage, in denen im Rahmen der 3. Berichtigung Änderungen vorgenommen worden seien.
Dieses Vorbringen wird durch den Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Nachprüfungsverfahrens bestätigt: So haben die beschwerdeführenden Auftraggeber nach der Verhandlungsschrift (der Verhandlung vom 16. Jänner 2013) vorgebracht, alle Dokumente, in denen Berichtigungen vorgenommen worden seien, seien in der Folge in konsolidierter Fassung versandt worden.
Damit zeigt sich, dass die Auffassung der belangten Behörde, durch die 3. Berichtigung seien die Ausschreibungsunterlagen (iSd § 78 BVergG 2006) zur Gänze neu gefasst worden, nicht durch entsprechende Feststellungen gedeckt werden kann.
Darüber hinaus zeigen die beschwerdeführenden Auftraggeber mit diesem Vorbringen eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf:
3.3. Wie die belangte Behörde zutreffend im angefochtenen Bescheid ausführt, war zulässiger Gegenstand des vorliegenden Nachprüfungsverfahrens alleine die 3. Berichtigung der beschwerdeführenden Auftraggeber als "sonstige Festlegung während der Angebotsfrist" nach § 2 lit. a sublit. aa BVergG 2006.
Die Nichtigerklärung durfte daher diesen Gegenstand des Nachprüfungsantrages nicht überschreiten.
3.4. Im Erkenntnis vom 12. September 2013, Zl. 2010/04/0119, hat der Verwaltungsgerichtshof zu den Auswirkungen einer Berichtigung auf eine bestandsfest gewordene Ausschreibung ausgeführt:
"§ 90 Abs. 1 BVergG 2006 bestimmt, dass eine Berichtigung vorzunehmen ist, wenn eine Änderung der Ausschreibung erforderlich ist. Im Zuge dessen ist erforderlichenfalls auch die Angebotsfrist zu verlängern. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten hat, ist eine Berichtigung der Ausschreibung nur insoweit zulässig, als es dadurch nicht zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung kommt; diesfalls wäre nämlich die Ausschreibung wegen Vorliegens zwingender Gründe zu widerrufen (siehe das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2005, Zl. 2002/04/0180, mwH). Durch die Berichtigung wird somit die Ausschreibung nicht zur Gänze neu gefasst, sondern nur - in bestimmten Punkten - abgeändert. Vor diesem Hintergrund ist aber nicht davon auszugehen, dass mit einer Berichtigung und einer damit verbundenen Verlängerung der Angebotsfrist die bereits eingetretene Bestandskraft der Ausschreibung zur Gänze wieder beseitigt wird. Vielmehr besteht eine Anfechtungsmöglichkeit nur hinsichtlich des Inhalts der Berichtigung, die eine sonstige Festlegung während der Angebotsfrist gemäß § 2 Z. 16 lit. a sublit. aa BVergG 2006 und somit eine - eigenständige - gesondert anfechtbare Entscheidung darstellt (siehe etwa Thienel in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2006 - Kommentar, 2. Lfg. (2012) § 312 Rz 156/1). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin können diese unterschiedlichen, gesondert anfechtbaren Entscheidungen auch voneinander abgegrenzt werden.
Eine Notwendigkeit, die Anfechtungsmöglichkeit hinsichtlich der Ausschreibungsunterlagen auf Grund einer Berichtigung wieder zur Gänze zu eröffnen, ist auch im Hinblick auf die - hinter der abweichenden Antragsfrist für die Anfechtung von Ausschreibungsunterlagen stehenden - Zielsetzung nicht zu erkennen. Die Erläuterungen zur Stammfassung des § 321 Abs. 2 BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17, der inhaltlich dem hier maßgeblichen § 24 Abs. 4 WVRG 2007 entspricht, begründen diese abweichende Antragsfrist damit, dass angesichts der (üblicher Weise erst gegen Ende der Angebotsfrist stattfindenden) Angebotserstellung entdeckte Probleme im Zusammenhang (u.a.) mit den Ausschreibungsunterlagen von den Unternehmern wegen der zwischenzeitig eingetretenen Präklusion nicht mehr releviert werden könnten, wenn für die Frist der Zeitpunkt der Bekanntmachung bzw. Absendung maßgeblich wäre (RV 1171 BlgNR XXII. GP , 138). Es obliegt allerdings den Unternehmern, die Ausschreibungsunterlagen vor Ablauf der Antragsfrist auf allfällige 'Probleme' hin zu überprüfen. Ist diese Frist - wie im vorliegenden Fall - abgelaufen, dann können in weiterer Folge nur mehr Rechtswidrigkeiten aufgegriffen werden, die aus Entscheidungen resultieren, die nach Eintritt der Bestandskraft ergangen sind (wie hier vorliegend die Berichtigung vom Juli 2010). Dies steht - worauf die belangte Behörde zu Recht verwiesen hat - auch mit dem Ziel der effizienten Abwicklung von Rechtsschutzverfahren in Einklang, dem die Bestimmungen betreffend die Fristen und die Präklusionsregelung dienen (siehe dazu die Erläuterungen in RV 1171 BlgNR XXII. GP , 13)."
In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof auch festgehalten, dass allfällige Rechtswidrigkeiten einer bestandsfesten Entscheidung von der Vergabekontrollbehörde im Rahmen der Nachprüfung einer späteren Auftraggeberentscheidung nicht aufgegriffen werden dürfen (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das hg. Erkenntnis vom 12. Juni 2013, Zl. 2011/04/0169, mwN).
3.5. Für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies Folgendes:
Nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides, die sich insoweit mit der dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Aktenlage decken, wurden in der (als "5. Fragebeantwortung und 3. Berichtigung" bezeichneten) Festlegung der beschwerdeführenden Auftraggeber vom 22. November 2012 die dort aufgezählten Abänderungen der Ausschreibungsunterlagen vorgenommen.
Da vorliegend - wie oben ausgeführt - mit einer Berichtigung die Ausschreibung nicht zur Gänze neu gefasst, sondern nur in bestimmten Punkten abgeändert wurde und eine Anfechtungsmöglichkeit nur hinsichtlich des Inhalts der Berichtigung besteht, können daher nur die in der 3. Berichtigung vom 22. November 2012 aufgezählten inhaltlichen Abänderungen der Ausschreibung Gegenstand des vorliegenden Nachprüfungsverfahrens und daher auch einer Nichtigerklärung sein.
Die dieser Berichtigung angeschlossenen konsolidierten Ausschreibungsunterlagen sind daher nur insoweit zulässiger Gegenstand einer Nachprüfung und Nichtigerklärung, als sie - wie dies im vorletzten Punkt der 3. Berichtigung ausdrücklich angeführt wird - "entsprechend den hier angeführten Punkten berichtigt" und in diesem Sinne inhaltlich abgeändert wurden.
Indem die belangte Behörde mit Spruchpunkt 1. jedoch die Ausschreibungsunterlagen zur Gänze und zusätzlich zur
3. Berichtigung für nichtig erklärt hat, weil sie der Auffassung war, die Ausschreibungsunterlagen seien durch die 3. Berichtigung zur Gänze ersetzt worden und die (gesamte) Ausschreibung sei zu widerrufen gewesen, hat sie diesen Spruchpunkt insgesamt (dass die einzelnen Anordnungen des Spruchpunktes 1. trennbar wären, ist nicht ersichtlich) mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet.
Auf das Vorbringen der beschwerdeführenden Auftraggeber, die
3. Berichtigung wäre nach § 90 BVergG 2006 zulässig gewesen, braucht daher nicht eingegangen zu werden.
4. Da Spruchpunkt 2. von diesem Spruchpunkt abhängt, war der angefochtene Bescheid insgesamt gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen (der vorrangig aufzugreifenden) Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht (gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014) auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Der Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf Zuspruch von Aufwandersatz gegenüber dem Bund (als Rechtsträger der belangten Behörde) war abzuweisen, weil ein Kostenersatz im Fall der Identität des Rechtsträgers, dem der Kostenersatz
aufzuerlegen wäre, mit jenem Rechtsträger, dem er zuzusprechen wäre, nicht in Betracht kommt (vgl. aus der mittlerweile ständigen Rechtsprechung das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2013, Zl. 2010/04/0092, mwN).
Wien, am 17. Juni 2014
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