VwGH 2007/04/0218

VwGH2007/04/021828.2.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser, Mag. Nedwed und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Dr. Greisberger, über die Beschwerde der X GmbH in Y, vertreten durch Dr. Kathrin Hornbanger, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Dr. Karl-Lueger-Ring 10, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates Wien vom 18. Oktober 2007, Zl. VKS - 6080/07, betreffend Nachprüfung eines Vergabeverfahrens (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadt Wien, Magistratsabteilung 34, vertreten durch Schwartz und Huber-Medek, Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Stubenring 2, und 2. A GmbH in B, vertreten durch Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in 1220 Wien, Wagramer Straße 19; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

61994CJ0087 Kommission / Belgien ;
BVergG §125 Abs4;
BVergG §125 Abs5;
BVergG §125;
BVergG §129 Abs1 Z3;
BVergG §2 Z28;
LVergRG Wr 2007 §31 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z1;
61994CJ0087 Kommission / Belgien ;
BVergG §125 Abs4;
BVergG §125 Abs5;
BVergG §125;
BVergG §129 Abs1 Z3;
BVergG §2 Z28;
LVergRG Wr 2007 §31 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinen Spruchpunkten 1., 2. und 4. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Hinsichtlich Spruchpunkt 3. wird die Beschwerde abgewiesen.

Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die erstmitbeteiligte Partei (im Folgenden: Auftraggeberin) hat die Vergabe von Bauleistungen im Oberschwellenbereich (Rahmenvertrag für Glaserarbeiten) im offenen Verfahren ausgeschrieben. Einziges Zuschlagskriterium war der niedrigste Preis, die Angebote waren nach dem Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren (§ 2 Z. 28 BVergG 2006) zu erstellen. Hinsichtlich der Glaserarbeiten für den gegenständlich relevanten Gebietsteil 2 (umfassend den 3., 10. und 11. Wiener Gemeindebezirk) wurde das Angebot der Beschwerdeführerin am 17. Jänner 2007 als jenes mit dem niedrigsten Preis verlesen. Nach Durchführung einer vertieften Angebotsprüfung wurde das Angebot der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 10. August 2007 ausgeschieden und die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der zweitmitbeteiligten Partei (im Folgenden: Zuschlagsempfängerin) getroffen.

Mit Schriftsatz vom 24. August 2007 beantragte die Beschwerdeführerin u.a. die Nichtigerklärung der Ausscheidens- und der Zuschlagsentscheidung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der genannte Antrag betreffend die Ausscheidungsentscheidung abgewiesen (Spruchpunkt 1.) und betreffend die Zuschlagsentscheidung zurückgewiesen (Spruchpunkt 2.). Außerdem wurde die auf Grund des Nachprüfungsantrages erlassene einstweilige Verfügung mit sofortiger Wirkung aufgehoben (Spruchpunkt 3.) und ausgesprochen, dass die Antragstellerin die von ihr entrichteten Pauschalgebühren selbst zu tragen habe (Spruchpunkt 4.).

In der Begründung gelangte die belangte Behörde zu dem Ergebnis, das Angebot der Beschwerdeführerin sei gemäß § 129 Abs. 1 Z. 3 BVergG 2006 auszuscheiden gewesen, weil es dieser im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung nicht gelungen sei, die Plausibilität der Kalkulation ihres Angebotes nachzuweisen. Ausgehend von der Rechtmäßigkeit der Ausscheidung sei die Beschwerdeführerin daher nicht legitimiert gewesen, die Zuschlagsentscheidung zu bekämpfen.

Zur Rechtmäßigkeit der Ausscheidensentscheidung stellte die belangte Behörde (hier auf das Wesentliche zusammengefasst) fest, nach der bestandfesten Ausschreibung sei dem Angebot das ausgefüllte Kalkulationsformblatt K3 betreffend den sog. "Mittellohnpreis" (beinhaltend u.a. den kollektivvertraglichen Mittellohn des beschäftigten Personals und den Gesamtzuschlag des Unternehmers) anzuschließen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe ihrem Angebot dieses K3-Blatt angeschlossen, in dem ein Mittellohnpreis von EUR 31,78 enthalten sei (bestehend aus einem Mittellohn von EUR 25,42 und einem Gesamtzuschlag von EUR 6,36).

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 16. Februar 2007 und vom 23. Februar 2007 sei die Beschwerdeführerin zur Nachreichung u. a. weiterer Kalkulationsunterlagen aufgefordert worden, darunter näher bezeichnete K4-Blätter (betreffend Materialpreise) und K7- Blätter (betreffend Preisermittlung) sowie zur "Neukalkulation des K3-Blattes iSd ÖNORM B 2061 für den Glasergesellen". Außerdem sei die Beschwerdeführerin zu einer kommissionellen Aufklärung eingeladen worden. In diesem Aufklärungsgespräch habe die Beschwerdeführerin u.a. ein neues K3-Blatt mit einem Mittellohnpreis von EUR 31,73 vorgelegt. Im Zuge des Aufklärungsgespräches sei, wie sich aus der diesbezüglichen Niederschrift ergebe, der Beschwerdeführerin eine Frist zur Vorlage geforderter Unterlagen eingeräumt worden. Außerdem sei die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 14. Juni 2007 abermals zur Aufklärung aufgefordert worden. Am 25. Juli 2007 habe die Beschwerdeführerin u.a. eine Stellungnahme zum K3-Blatt sowie (weitere) K4- und K7-Blätter vorgelegt. Außerdem habe sie unaufgefordert K3-Blätter mit "Regielohnpreisen" vorgelegt, die aber hier unerheblich seien, weil gegenständlich keine Regiepreise anzubieten gewesen seien, sodass die letztgenannten Kalkulationsunterlagen zur Erklärung der Positionspreise und somit der Kalkulation des Angebotes der Beschwerdeführerin nicht herangezogen werden könnten.

Die Auftraggeberin habe das Gutachten des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Ing. P. vom 7. August 2007 eingeholt, das zu dem Ergebnis gelangt sei, dass "die zusätzlichen Unterlagen bzw. Aufklärungen ... grundsätzlich plausibel und nachvollziehbar" seien. Der niedrige Einheitspreis sei nach dem genannten Gutachten auch unter dem Aspekt, dass die Firmengruppe gut aufeinander abgestimmte, mobile und modern ausgestattete Einsatztruppen zur Verfügung habe, "erklärbar". Allerdings habe der Gutachter angemerkt, dass mit den vorgelegten Kalkulationsunterlagen offenbar eine Änderung der ursprünglichen Kalkulation vorgenommen worden sei, weil die vorgelegten Kalkulationsblätter K3 voneinander abwichen. Eine derartige nachträgliche Änderung der Kalkulationsgrundlagen sei nach Ansicht des Gutachters weder plausibel nachvollziehbar noch zulässig.

In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, dass im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung iSd § 125 BVergG 2006 beim gegenständlichen Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren eine Überprüfung der in den jeweiligen Positionen angebotenen Nachlässe auf ihre Plausibilität zu erfolgen habe, und zwar anhand der vorgelegten Kalkulationsblätter. Danach sei zu beurteilen, ob der angebotene Gesamtnachlass plausibel sei. Diese Vorgangsweise habe die Auftraggeberin eingehalten. Im vorliegenden Fall habe die Beschwerdeführerin versucht, den Angebotspreis durch die nachträglich vorgelegten Kalkulationsblätter, die mit dem ursprünglich (gemeinsam mit dem Angebot) vorgelegten Kalkulationsblatt K3 nicht übereinstimmten, zu rechtfertigen. Die mangelnde Übereinstimmung habe die Beschwerdeführerin damit gerechtfertigt, sie sei von der Auftraggeberin veranlasst worden, ein "neu kalkuliertes" K3-Blatt vorzulegen. Dazu stellte die belangte Behörde fest, es sei zwar zutreffend, dass die Beschwerdeführerin von der Auftraggeberin mit Schreiben vom 16. Februar 2007 im Rahmen der Nachforderung von Unterlagen aufgefordert worden sei, die "Neukalkulation des K3-Blattes ..."

vorzulegen. Dies könne aber nach Ansicht der belangten Behörde nicht dahin verstanden werden, die Kalkulation grundlegend zu ändern, sondern sei lediglich als "Anstoß zu einer geringfügigen Modifizierung" zu verstehen.

Durch den anderen Inhalt der nachgereichten Kalkulationsblätter sei zwar weder der Angebotspreis noch das Angebot geändert worden. Da die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Kalkulationsblätter aber jeweils unterschiedliche Ansätze enthielten, sei es der Beschwerdeführerin im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung gemäß § 125 BVergG 2006 nicht gelungen, mit diesen Kalkulationsblättern die Plausibilität der Kalkulation ihres Angebotes nachzuweisen, sodass ihr Angebot zutreffend gemäß § 129 Abs. 1 Z. 3 BVergG 2006 ausgeschieden worden sei. Daher sei der Antrag auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung abzuweisen und, weil der Beschwerdeführerin damit die Legitimation zur Anfechtung der Zuschlagsentscheidung fehle, der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung zurückzuweisen. Aus diesen Entscheidungen folge einerseits, dass die Beschwerdeführerin die Pauschalgebühren für ihre Anträge selbst zu tragen habe (§ 19 WVRG 2007), und andererseits im Hinblick auf die Beendigung des Nachprüfungsverfahrens die Aufhebung der einstweiligen Verfügung (§ 31 Abs. 6 WVRG 2007).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat. Auch die mitbeteiligten Parteien haben jeweils eine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des BVergG 2006 lauten:

"§ 2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:

...

28. Preisaufschlags- und Preisnachlassverfahren ist jenes Verfahren, bei dem vom Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen zusätzlich zu den beschriebenen Leistungen auch Bezugspreise bekannt gegeben werden, zu denen die Bieter in ihren Angeboten - gewöhnlich in Prozent ausgedrückt - Aufschläge oder Nachlässe angeben.

...

Prüfung der Angemessenheit der Preise - vertiefte

Angebotsprüfung

§ 125. (1) Die Angemessenheit der Preise ist in Bezug auf die ausgeschriebene oder alternativ angebotene Leistung und unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen sie zu erbringen sein wird, zu prüfen.

(2) Bei der Prüfung der Angemessenheit der Preise ist von vergleichbaren Erfahrungswerten, von sonst vorliegenden Unterlagen und von den jeweils relevanten Marktverhältnissen auszugehen.

(3) Der Auftraggeber muss Aufklärung über die Positionen des Angebotes verlangen und gemäß Abs. 4 und 5 vertieft prüfen, wenn

1. Angebote einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweisen,

2. Angebote zu hohe oder zu niedrige Einheitspreise in wesentlichen Positionen gemäß § 80 Abs. 4 aufweisen, oder

3. nach Prüfung gemäß Abs. 2 begründete Zweifel an der Angemessenheit von Preisen bestehen.

(4) Bei einer vertieften Angebotsprüfung ist zu prüfen, ob die Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sind. Geprüft werden kann insbesondere, ob

1. im Preis aller wesentlichen Positionen alle direkt zuordenbaren Personal-, Material-, Geräte-, Fremdleistungs- und Kapitalkosten enthalten sind und ob die Aufwands- und Verbrauchsansätze nachvollziehbar sind;

2. der Einheitspreis (Pauschalpreis, Regiepreis) für höherwertige Leistungen grundsätzlich höher angeboten wurde als für geringerwertige Leistungen;

3. die gemäß § 97 Abs. 3 Z 3 geforderte oder vom Bieter gemäß § 109 Abs. 2 vorgenommene Aufgliederung der Preise oder des Gesamtpreises (insbesondere der Lohnanteile) aus der Erfahrung erklärbar ist.

(5) Im Zuge der vertieften Angebotsprüfung muss der Auftraggeber vom Bieter eine verbindliche schriftliche - bei minder bedeutsamen Unklarheiten auch mündliche oder telefonische - Aufklärung verlangen. Die anschließende Prüfung hat unter Berücksichtigung der eingegangenen Erläuterungen bzw. der vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise zu erfolgen. Der Auftraggeber hat insbesondere Erläuterungen in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit des gewählten Fertigungs- oder Bauverfahrens bzw. der Erbringung der Dienstleistung, die gewählten technischen Lösungen, außergewöhnlich günstige Bedingungen, über die der Bieter bei der Erbringung der Leistung verfügt, die Originalität der vom Bieter angebotenen Leistung, die am Ort der Leistungserbringung geltenden arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen oder die etwaige Gewährung einer staatlichen Beihilfe an den Bieter bei der Überprüfung entsprechend zu berücksichtigen. Die vom Bieter erteilten Auskünfte sind der Niederschrift über die Prüfung der Angebote beizuschließen. Sofern der geschätzte Auftragswert 120 000 Euro nicht erreicht, kann von der Vorgehensweise gemäß diesem Absatz abgesehen werden.

(6) ...

Ausscheiden von Angeboten

§ 129. (1) Vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung hat der Auftraggeber auf Grund des Ergebnisses der Prüfung folgende Angebote auszuscheiden:

...

3. Angebote, die eine - durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte - nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises (zB spekulative Preisgestaltung) aufweisen;

...

7. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind;

..."

Im gegenständlichen Fall hat die belangte Behörde die Ausscheidung des Angebotes der Beschwerdeführerin gemäß § 129 Abs. 1 Z. 3 BVergG 2006 als rechtmäßig angesehen, sodass entscheidend ist, ob das Angebot der Beschwerdeführerin eine - durch eine vertiefte Angebotsprüfung festgestellte - nicht plausible Zusammensetzung des Gesamtpreises aufweist. Die fehlende Plausibilität des von der Beschwerdeführerin angebotenen Gesamtpreises hat die belangte Behörde im vorliegenden Fall deshalb angenommen, weil die von der Beschwerdeführerin über Aufforderung der Auftraggeberin vorgelegten Kalkulationsblätter unterschiedliche Ansätze enthielten und daher inhaltlich voneinander abwichen. Dem Einwand der Beschwerdeführerin, diese sei von der Auftraggeberin zur "Neukalkulation" eines näher genannten Kalkulationsblattes aufgefordert worden, hielt die belangte Behörde, wie dargestellt, entgegen, diese Aufforderung könne nicht dahin verstanden werden, die Kalkulation grundlegend zu ändern, sondern sei lediglich als "Anstoß zu einer geringfügigen Modifizierung" zu verstehen.

Die Beschwerdeführerin bringt auch in der Beschwerde vor, sie sei von der Auftraggeberin, obwohl ihr Angebot bereits ein K3- Blatt enthalten habe, mit Schreiben vom 16. Februar 2007 aufgefordert worden, die "Neukalkulation" eines K3-Blattes nachzureichen, was zwangsläufig eine Änderung der bisherigen Kalkulation erfordert habe. Die Auftraggeberin habe daher "durch Anstiftung zu neuer K3 Kalkulation" die Vorlage geänderter K3- Blätter "ausgelöst und mitverursacht" und diese auch in weiterer Folge ohne Vorbehalt angenommen. Die Vorlage geänderter Kalkulationsblätter könne daher nicht gegen die Beschwerdeführerin ins Treffen geführt werden. Abgesehen davon habe eine Änderung (bloß) der Kalkulationsunterlagen keine Auswirkung auf den Angebotspreis, nur dieser sei für die Auftraggeberin maßgeblich.

Der Ausscheidungsgrund des § 129 Abs. 1 Z. 3 BVergG 2006 setzt neben dem Umstand der nicht plausiblen Zusammensetzung des Gesamtpreises (bzw. von Teilpreisen; vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. September 2011, Zl. 2007/04/0102) weiters voraus, dass dieser Umstand durch eine vertiefte Angebotsprüfung (vgl. zu dieser das hg. Erkenntnis vom 22. November 2011, Zl. 2007/04/0201, und die dort angeführte Vorjudikatur) festgestellt wurde. Bei der vertieften Angebotsprüfung ist gemäß § 125 Abs. 4 BVergG 2006 zu prüfen, ob die Preise betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar sind. Zu diesem Zweck hat der Auftraggeber gemäß Abs. 5 leg. cit. vom Bieter eine verbindliche schriftliche, bei minder bedeutsamen Unklarheiten auch mündliche oder telefonische "Aufklärung" zu verlangen. Die vertiefte Angebotsprüfung dient somit nach den genannten Bestimmungen der Überprüfung der Preise des Angebotes und nicht deren Neukalkulation, würde doch eine Neukalkulation dem Bieter die Möglichkeit eröffnen, einen ursprünglich möglicherweise unplausiblen Preis zu einem plausiblen zu machen, was dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz des Verfahrens widerspräche (vgl. etwa das Urteil des EuGH vom 25. April 1996 in der Rechtssache C-87/94 , Kommission gegen Königreich Belgien, "Wallonische Omnisbusse", Slg. 1996, I- 2071). Daher war die im gegenständlichen Vergabeverfahren (dabei handelte es sich nicht um ein Verhandlungsverfahren gemäß § 25 Abs. 5 oder 6 BVergG 2006) an die Beschwerdeführerin ergangene Aufforderung zur "Neukalkulation" eines Kalkulationsblattes rechtswidrig, und zwar unabhängig davon, welchen Umfang diese Neukalkulation haben sollte. Unzutreffend ist daher die Ansicht der belangten Behörde, die genannte Aufforderung sei unbedenklich, weil sie bloß als Anstoß zu einer "geringfügigen Modifizierung" zu verstehen sei. Da sich die belangte Behörde nicht darüber hinausgehend mit der in Rede stehenden Aufforderung zur Neukalkulation auseinander gesetzt hat, kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese, wie die Beschwerde einwendet, auch den Inhalt der weiteren vorgelegten Kalkulationsblätter beeinflusst hat. Nach dem Gesagten ist somit davon auszugehen, dass die vertiefte Angebotsprüfung im vorliegenden Fall nicht den zitierten Bestimmungen des BVergG 2006 entsprach, sodass sich auch die Annahme der Erfüllung des Tatbestandes des § 129 Abs. 1 Z. 3 BVergG 2006 als rechtswidrig erweist.

Für das fortgesetzte Verfahren sei im Übrigen angemerkt, dass sich der Sachverständige Ing. P. in seinem Gutachten vom 7. August 2007 nicht nur zu der (von ihm nicht zu beurteilenden) Rechtsfrage geäußert hat, ob die Vorlage geänderter Kalkulationsgrundlagen "zulässig" sei, sondern sich insbesondere auch mit der eigentlichen Gutachtensfrage der betriebswirtschaftlichen Erklär- und Nachvollziehbarkeit der Preise des Angebotes der Beschwerdeführerin auseinander gesetzt hat, wobei er "nach eingehender Prüfung aller von der (Beschwerdeführerin) vorgelegten Unterlagen und Aufklärungen" (§ 125 Abs. 5 zweiter Satz BVergG 2006) zu dem Ergebnis gelangt ist, die zusätzlichen Unterlagen bzw. Aufklärungen seien "grundsätzlich plausibel und nachvollziehbar". Der "niedrige Einheitspreis" sei auch unter dem Aspekt, dass die Firmengruppe gut aufeinander abgestimmte, mobile und modern ausgestattete Einsatzgruppen zur Verfügung habe, "erklärbar". Mit diesem Gutachtensergebnis hat sich die belangte Behörde ebenso wenig inhaltlich auseinander gesetzt (erforderlichenfalls unter Beiziehung eines eigenen Sachverständigen; vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2007/04/0201 mwN) wie mit den von der Beschwerdeführerin bereits im Nachprüfungsverfahren vorgelegten Gutachten des Dr. G. und Dr. E. (die erst in der Gegenschrift erfolgte Auseinandersetzung mit diesen Gutachten kann die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht mehr ergänzen; vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I,

2. Auflage, unter E 140 ff zu § 60 AVG referierte Judikatur). Schließlich bleibt im gegebenen Zusammenhang mangels hinreichender Feststellungen auch unklar, welche konkreten Teilpreise des Angebotes der Beschwerdeführerin überhaupt Gegenstand der vertieften Angebotsprüfung sein sollten und aus welchen Gründen diese nicht bereits aufgrund der mit dem Angebot vorgelegten Kalkulation plausibel waren.

Nach dem Gesagten waren die Spruchpunkte 1., 2. und 4. des angefochtenen Bescheides wegen (vorrangiger) Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Hingegen war die Beschwerde, soweit sie sich gegen Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides (Aufhebung der einstweiligen Verfügung gemäß § 31 Abs. 6 WVRG 2007) richtet, abzuweisen, weil die einstweilige Verfügung auch bei Wegfall des über den Nachprüfungsantrag absprechenden Bescheides nicht wieder auflebt (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 22. November 2011, Zl. 2007/04/0201).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 28. Februar 2012

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