AsylG 2005 §8
AVG §68
B-VG Art133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2021:W205.2197501.2.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Schnizer-Blaschka über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Kenia, vertreten durch Kocher & Bucher Rechtsanwälte OG, 8010 Graz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.06.2021, Zl. 1174985605/210539015, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 68 AVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz:
Die Beschwerdeführerin, eine kenianische Staatsangehörige, reiste legal auf dem Luftweg unter Verwendung ihres Reisepasses und eines Visums in das Bundesgebiet ein und stellte am 27.11.2017 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz.
Hierzu wurde sie noch am selben Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich erstbefragt. Dabei gab die Beschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen befragt an, bei der Präsidentenwahl in Kenia am 08.08.2017 Wahlhelferin gewesen zu sein. Im Zuge dessen seien sie und ihre Freundin gezwungen worden, Zettel zu unterschreiben, die ein anderes Ergebnis als ausgezählt worden sei, aufgewiesen hätten. Die Beschwerdeführerin und ihre Freundin hätten sich geweigert, den Zettel zu unterschreiben. Am nächsten Tag habe die Beschwerdeführerin einen Anruf erhalten, wo ihr mitgeteilt worden sei, dass ihre Freundin umgebracht worden sei. Auch gegenüber der Beschwerdeführerin habe der Anrufer gedroht, sie und ihre Familie umzubringen, wenn sie das Land nicht verlasse.
Am 30.04.2018 fand eine Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) statt. Zu ihren Fluchtgründen gab sie im Wesentlichen an, dass sie einen Job als Wahlprüferin in Kenia am 08.08.2017, zum Ende der Wahl, innegehabt habe. Sie habe die Wahlkarten überprüft und im Zuge dessen Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die Unterschriften der Wähler festgestellt. Sie und ihre Freundin hätten ein Papier unterzeichnen sollen, um zu dokumentieren, dass alles rechtmäßig verlaufen sei. Die Beschwerdeführerin und ihre Freundin hätten nicht unterschrieben und seien nach Hause gegangen. Am nächsten Tag habe die Beschwerdeführerin einen anonymen Anruf erhalten, wobei ihr mitgeteilt worden sei, dass ihre Freundin ermordet worden sei, und auch die Beschwerdeführerin und ihr Sohn ermordet würden, wenn sie nicht das Land verlassen oder die Unterschrift auf dem Papier leisten würde. Ihre Freundin habe sie am Tag dieses Anrufs nicht mehr telefonisch erreichen können. Daraufhin habe sie sich versteckt, bis sie genug Geld für die Ausreise am 22.09.2017 beisammengehabt habe. Abgesehen von diesem Problem mit der Unterschrift sei es ihr in Kenia gut gegangen und habe sie nie Probleme gehabt.
Mit Bescheid vom 06.05.2018 wies das BFA den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kenia (Spruchpunkt II.) ab und erteilte der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Gegen die Beschwerdeführerin wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Kenia zulässig sei (Spruchpunkt V.) Es wurde ihr keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VI.). Zudem erkannte die Behörde einer Beschwerde gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt VII.) und erließ gegen die BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII.).
Die Beschwerdeführerin erhob gegen den Bescheid fristgerecht Beschwerde.
Das Bundesverwaltungsgericht erkannte der Beschwerde mit Erkenntnis vom 08.06.2018, Zl. W244 2197501-1/2Z, die aufschiebende Wirkung zu und behob Spruchpunkt VII. ersatzlos.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 14.05.2019 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Englisch und im Beisein des Rechtsberaters der Beschwerdeführerin eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in welcher die Beschwerdeführerin u.a. ausführlich zu ihren persönlichen Umständen im Herkunftsstaat, ihren Fluchtgründen und ihrer Integration in Österreich befragt wurde.
Mit Eingabe vom 19.07.2019 übermittelte die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsberatung eine Stellungnahme zu ihrem Privat- und Familienleben, sowie eine Stellungnahme ihres Lebensgefährten.
Mit hg. Erkenntnis vom 16.09.2019, Zl. W252 2197501-1/23E, (im Folgenden: Vergleichserkenntnis) wurde die Beschwerde hinsichtlich der Spruchpunkte I., II., III., IV., V. und VIII. als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides wurde mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.
Das hg Vergleichserkenntnis wurde der Beschwerdeführerin am 17.09.2019 wirksam zugestellt und erwuchs in zweiter Instanz in Rechtskraft.
2. Verfahren über den vorliegenden Folgeantrag:
Am 23.04.2021 stellte die Beschwerdeführerin ihren zweiten, den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Am selben Tag wurde die Beschwerdeführerin zu ihrem Folgeantrag erstbefragt. Die Beschwerdeführerin erklärte sich einverstanden, dass die Erstbefragung ohne ihre Rechtsvertretung durchgeführt werde. Befragt, was sich seit der Rechtskraft konkret gegenüber ihrem bereits entschiedenen Verfahren – in persönlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Gefährdungslage im Herkunftsstaat – verändert habe, gab die Beschwerdeführerin ua Folgendes an:
„Nachdem mein erster Asylantrag in Österreich abgelehnt wurde, wollte ich nach Kenia zurückkehren. Ich sprach mit meinem Bruder, der sagte, es sei in Ordnung wenn ich zurückkomme, aber ich müsse heiraten sowie die Klitorisbeschneidung über mit ergehen lassen. Ich kann sonst nirgendwo in Kenia leben. Ich müsste also bei meiner Familie wohnen. Wenn ich bei meiner Familie leben würde, müsste ich aus traditionellen Gründen aufgrund meines Volksstammes (Kalenji) beschnitten werden. Frauen müssen sich aus traditionellen Gründen vor der Hochzeit der Klitorisbeschneidung unterziehen. Ich würde zu einer Heirat gezwungen werden und kann mir meinen Bräutigam nicht aussuchen, meine Familie würde den Mann aussuchen. Das hat mir mein Bruder telefonisch mitgeteilt, dass das die Tradition unseres Volksstammes ist und man sonst nicht akzeptiert wird.
[.…]
Haben Sie alle Ausreise-, Flucht, oder Verfolgungsgründe genannt?
Ja das waren alle Fluchtgründe
Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat?
Das einzige was ich wirklich fürchte, ist die erzwungene Klitorisbeschneidung. Ohne dem würde ich nicht von meiner Familie und der Gemeinschaft akzeptiert werden.
Gibt es konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Ihrer Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe, die Todesstrafe droht, oder sie mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen haben?
Nein, aber es ist die Tradition bei unserem Volksstamm. Andere Strafen oder Folgen befürchte ich nicht.
Seit wann sind Ihnen die Änderungen der Situation/Ihrer Fluchtgründe bekannt?
Als 2019 mein Asylantrag negativ entschieden wurde, schickte mich das BFA zur kenianischen Botschaft in Wien, um mir die notwendigen Dokumente für die Rückreise zu holen. Die Botschaft stellte mir aber keine Dokumente aus, da ich keine Beweise hatte, dass ich aus Kenia stamme, da ich meinen Reisepass bei der Ankunft in Österreich entsorgt hatte. Ungefähr zwei Wochen später habe ich mit meinem Bruder telefoniert, der mir die Folgen meiner Rückkehr erläuterte.“
Zudem übermittelte die Beschwerdeführerin mit ihrer Asylantragstellung einen näher begründeten Schriftsatz, datiert mit 14.04.2021, an das BFA und gab bekannt, die im Spruch genannte Rechtsvertretung bevollmächtigt zu haben und beantragte, ihr internationalen Schutz im Sinne von Asyl (§ 3 AsylG 2005) zu gewähren, ihr in eventu den Status einer subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG 2005 zuzuerkennen und eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 zu erteilen und in eventu festzustellen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführerin auf Dauer unzulässig sei und ihr amtswegig einen Aufenthaltstitel gem. § 55 AsylG zu erteilen.
Mit Ladung vom 03.05.2021 zur Einvernahme am 06.05.2021 wurden der Beschwerdeführerin unter anderem das Länderinformationsblatt Kenia Gesamtaktualisierung am 17.7.2018 in Vorbereitung zur Einvernahme zwecks Stellungnahme übermittelt. Die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin wurde hiervon in Kenntnis gesetzt.
Am 05.05.2021 langte (neuerlich) eine Vertreterbekanntgabe der im Spruch genannten Rechtsvertretung beim BFA ein.
Am 06.05.2021 wurde die Beschwerdeführerin von einer Organwalterin des BFA niederschriftlich einvernommen. Diese Einvernahme verlief im Wesentlichen folgendermaßen:
„[…]
LA: Sie werden von der Kanzlei Kocher & Bucher in diesem Verfahren vertreten. Wissen Sie ob heute von besagter Kanzlei noch jemand zur Einvernahme erscheinen wird?
VP: Nein, es wird niemand kommen.
LA: Welche ist Ihre Muttersprache und welche Sprachen sprechen Sie sonst noch?
VP: Meine Muttersprache ist Kalinjin, ich spreche auch noch Englisch und Suaheli.
LA: Sind Sie damit einverstanden, die heutige Einvernahme in der Sprache Englisch durchzuführen, die Sie laut Ihren Angaben ausreichend beherrschen?
VP: Ja.
LA: Wie verstehen Sie den/die anwesende(n) Dolmetscher(in)?
VP: Gut, es ist ok.
LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen eine der anwesenden Personen vor?
VP: Nein.
[…]
LA: Wie geht es Ihnen heute?
VP: Es geht mir gut.
LA: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten?
VP: Ja.
LA: Leiden Sie an schwerwiegenden Krankheiten oder nehmen Sie Medikamente ein?
VP: Nein.
LA: Das heißt Sie sind gesund?
VP: Ja.
LA: Sie wurden zu gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz am 23.04.2021 (PI-Graz Paulustor) bereits erstbefragt. Entsprechen die dabei von Ihnen gemachten Angaben der Wahrheit bzw. möchten Sie dazu noch Korrekturen oder Ergänzungen anführen?
VP: Nein, es gibt aber eine Sache die ich korrigieren möchte. Ich bin mit einem Visum nach Österreich gekommen und jemand hat eine Verpflichtungserklärung für mich unterschrieben.
LA: Wer hat diese Erklärung für Sie unterschrieben und ist diese noch gültig?
VP: Ich weiß nicht ob sie noch gültig ist, aber sein Name ist XXXX .
LA: Wurde Ihnen die Erstbefragung auch rückübersetzt und wurde alles richtig protokolliert?
VP: Ja, es war alles korrekt.
LA: Haben Sie auch in Ihrem ersten Verfahren der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht? Oder möchten Sie etwas korrigieren oder ergänzen?
VP: Nein, ich möchte keine Korrekturen machen. Nachgefragt gebe ich an, dass alle meinen Angaben der Wahrheit entsprechen.
LA: Haben Sie außerhalb Ihres Herkunftsstaates – im Besonderen nach Rechtskraft im letzten Verfahren (17.09.2019 – 2. Instanz) - bereits irgendwo gearbeitet?
VP: Nein, ich habe nicht gearbeitet.
LA: Hat sich seit Rechtskraft im letzten Verfahren (17.09.2019 – 2. Instanz) eine Änderung in Ihren familiären Verhältnissen hier in Österreich ergeben?
VP: Nein.
LA: Hat sich seit Rechtskraft im letzten Verfahren (17.09.2019 – 2. Instanz) eine Änderung in Ihrem Privatleben hier in Österreich ergeben, haben Sie zu anderen Personen ein enges Verhältnis oder ein Abhängigkeitsverhältnis?
VP: Nein.
LA: Hat sich seit Rechtskraft im letzten Verfahren (17.09.2019 – 2. Instanz) eine Änderung in Ihren familiären Verhältnissen im Herkunftsstaat ergeben?
VP: Ja. Nach meiner negativen Entscheidung sollte ich in mein Land zurückkehren. Dann rief ich meinen Bruder an, ich sagte ihm, dass ich zurückkehren möchte. Er sagte ja es ist in Ordnung, komm zurück nach Hause. Wenn ich dann zurückgewesen wäre, dann hätte ich beschnitten und verheiratet werden sollen.
LA: Verfügen Sie gegenwärtig über Barmittel?
VP: Nein.
LA: Wie finanzieren Sie Ihr Leben in Österreich seit Ihrer erstmaligen Einreise bis jetzt?
VP: Am Anfang als ich kam, lebte ich bei einer Person, die mich eingeladen hatte. Als ich von dort wegging war ich dann in einem Lager. Und bis zum jetzigen Zeitpunkt erhielt ich Unterstützung von der Kirche und auch von meinen Freunden. Das ist alles.
LA: Beziehen ober bezogen Sie in Österreich Grundversorgung?
VP: Am Anfang als ich im Lager lebte ja, und dann als es hieß, dass ich nicht mehr länger im Camp bleiben kann, weil ich mit einem Visum gekommen bin, habe ich nichts mehr bekommen.
LA: Wo konnten Sie dann wohnen?
VP: Die Kirche hat mir dann ein Zimmer zur Verfügung gestellt, sie halfen mir dann bei der Miete, sie gaben mir Geld, damit ich die Miete bezahlen kann.
LA: Sie leben noch immer in einem Zimmer, welches von der Kirche finanziert wird?
VP: Ja.
LA: Wie finanzierten Sie Ihr Leben im Herkunftsstaat?
VP: Ich habe als Köchin gearbeitet.
LA: Sie haben in Ihrem ersten Verfahren angegeben, dass Sie in Nairobi in einer Wohnung gelebt hätten. Haben Sie in dieser Wohnung allein gelebt?
VP: Ich lebte dort allein mit meinem Hund.
LA: Können Sie mir Ihre damalige Adresse in Nairobi angeben?
VP: Ich kann die Adresse nicht sagen, weil es in Kenia Ort gibt, an denen es keine Adressen gibt.
LA: Sind Sie vorbestraft?
VP: Nein, noch nicht.
V: Sie haben am 27.11.2017 unter der Zahl 1174985605/171322992 Ihren ersten Asylantrag gestellt, der rechtskräftig abgewiesen wurde. Ihr Vorverfahren erlangte auf Grundlage des Erkenntnisses vom BVwG, Zahl W244 2197501-1/2Z, nach Zustellung mit 17.09.2019 die Rechtskraft in II. Instanz.
LA: Warum stellen Sie einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz?
VP: Weil ich zu diesem Zeitpunkt nicht zurückkehren kann wegen der Beschneidung.
LA: Gibt es noch weitere Gründe für die gegenständliche Antragstellung?
VP: Nein, es gibt keinen anderen Grund, es geht um die Beschneidung.
LA: Was genau hat nun Ihr Bruder zu Ihnen gesagt?
VP: Mein Bruder hat mir gesagt, dass es gemäß der Tradition dazu kommen muss, dass ich beschnitten und verheiratet werde, er sagte mir auch, dass ich in meinem Elternhaus nicht leben kann. Das ist alles.
LA: Ist es richtig, dass Sie als Kind körperlich zu schwach für eine Beschneidung gewesen wären?
VP: Ja.
LA: Laut dem von Ihnen vorgelegten schriftlichen Antrag auf internationalen Schutz vom 14.04.2021 wurden Sie aufgrund Ihrer schwachen Konstitution noch nicht beschnitten. Was genau ist damit gemeint?
VP: Ich kann es nicht genau sagen, aber manchmal habe ich chronische Rückenschmerzen, aber die Ärzte können keinen Grund dafür finden.
LA: Diese chronischen Rückenschmerzen hatten Sie auch schon in Kenia?
VP: Nein.
LA: Warum sind Sie wegen Ihrer schwachen Konstitution noch nicht beschnitten worden, können Sie mir das erklären?
VP: Ja, weil ich immer krank war, ich hatte ein sehr schwaches Immunsystem. Ich war immer krank, Malaria, Typhus. Und als ich dann 16 Jahre alt war, zog ich von zu Hause aus und zog nach Nairobi. Ich bin nur zwei oder dreimal im Jahr zu meiner Familie zurückgekehrt. Und das war der Grund, warum es nie zu einer Gelegenheit kam, mich zu einer Beschneidung zu zwingen.
LA: Seit wann wissen Sie nun, dass Sie beschnitten werden sollten?
VP: Mein Bruder hat es mir gesagt, er hat mir das gesagt, als ich vorhatte zurückzukehren. Und ich habe auch keinen anderen Ort, an den ich zurückkehren könnte, als mein elterliches Zuhause.
LA: Aber die Beschneidung an sich, war auch schon in Ihrer Kindheit ein Thema?
VP: Ja.
LA: Sie haben ja die Schule besucht und eine Ausbildung gemacht. Wie wurden der Schulbesuch und die Ausbildung finanziert?
VP: Das Meiste habe ich selbst übernommen in dem ich bei anderen Leuten arbeitete, und ihre Wohnungen putzte. Als ich dann nach der Schule eine Arbeit in einem Restaurant ohne Ausbildung bekam, habe ich mich darum bemüht eine Ausbildung zu machen.
LA: Und in dieser Zeit erhielten Sie nie Unterstützung durch Ihre Familie?
VP: Nein.
LA: Wurden Sie nachdem Sie von Ihrer Familie weggezogen sind, überhaupt noch in irgendeiner Weise von Ihrer Familie unterstützt?
VP: Nein.
LA: Warum war das so?
VP: Meine Eltern haben nicht gearbeitet, sie waren tatsächlich beide Alkoholiker und haben ihr Geld beide für den Alkohol ausgegeben.
LA: Haben Sie den Kontakt zu Ihren Eltern auch wegen einer möglichen Beschneidung vermieden?
VP: Ja.
LA: Sie haben im Jahr 2017 Ihren ersten Asylantrag in Österreich gestellt. Damals waren Sie 31 Jahre alt. Wie kam es, dass Sie in diesem Alter noch nicht beschnitten waren?
VP: Der Grund war, dass ich von zu Hause ausgezogen bin, und mich nicht mehr im elterlichen Zuhause aufhielt, und wenn ich einmal dort war dann blieb ich nur ein oder zwei Nächte und ging gleich wieder zurück.
LA: Sie haben in Ihrer Erstbefragung zu Ihrem ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich (27.11.2017) angegeben, dass Sie zwei Schwestern hätten. Sind diese beiden Schwestern bereits beschnitten worden?
VP: Ich sagte ein Bruder und eine Schwester. Ja, meine ältere Schwester wurde beschnitten.
LA: Wann wurde Ihre Schwester beschnitten?
VP: Ich kann mich nicht genau an das Jahr erinnern, es war vor langer Zeit.
LA: Wie alt waren Sie damals?
VP: Zu diesem Zeitpunkt war ich 24 Jahre alt, als meine Schwester beschnitten wurde, und ich befand mich nicht in Kenia.
LA: Wo waren Sie zu dieser Zeit?
VP: Ich hielt mich bei Verwandten in Uganda auf.
LA: Was haben Sie dort gemacht?
VP: Ich habe mich dort um meine alte Tante gekümmert.
LA: Wie lange haben Sie sich dort aufgehalten?
VP: Ich war ein Jahr lang dort.
LA: Warum haben Sie Ihre Befürchtungen bzgl. einer Beschneidung in Ihrem ersten Verfahren nicht angeführt?
VP: Zu diesem Zeitpunkt habe ich mich damals nicht damit auseinandergesetzt. Ich habe mich mit diesen politischen Dingen auseinandergesetzt aber nicht damit.
LA: Aber Sie haben damals schon gewusst, dass Sie bei einer Rückkehr nach Kenia, mit dem Risiko einer Beschneidung zu rechnen haben?
VP: Ja.
LA: Wie heißt denn Ihr Bruder und wann ist er geboren?
VP: Er ist XXXX geboren, sein Name ist XXXX .
LA: Warum haben Sie in Ihrem ersten Verfahren bei Ihrer Erstbefragung und Ihrer Einvernahme vor dem BFA angegeben, dass Sie zwei Schwestern hätten?
VP: Ich habe immer gesagt, dass ich einen Bruder oder eine Schwester habe und Calistus ist ein männlicher Name.
LA: Es gibt in Kenia auch Kirchenorganisationen und NGOs bei denen Frauen Unterstützung und Hilfe finden können. Mit Beschneidung bedrohte Frauen können dort auch eine Zuflucht finden. Was sagen Sie dazu?
VP: Die meiste Zeit findet man derartige Organisationen nur in den großen Städten. Meistens finden diese Beschneidungen irgendwo in den abgelegenen Dörfern statt, und es ist unwahrscheinlich, dass man an diesen Orten auf Menschen trifft, die einen mit derartigen Organisationen in Verbindung bringen können.
LA: Aber Sie könnten diese Organisationen ja von sich aus aufsuchen?
VP: Ich wusste nichts von diesen Organisationen. Bis ich diese einmal im Internet entdeckte und ab da erst wusste, dass es diese Organisationen gibt.
LA: Seit wann wissen Sie nun von diesen Organisationen?
VP: Nicht lange, seit ca. zwei Monaten.
LA: Sie haben bereits einen Sohn, welcher bei Ihren Eltern in Kenia lebt. Wer ist der Vater dieses Kindes?
VP: Weiß ich nicht.
LA: Wie kommt es, dass Sie Ihren Sohn Ihren alkoholkranken Eltern zur Betreuung überlassen?
VP: Meine Eltern haben sich dann geändert, und ich habe ihn dort gelassen, weil er dort eine Unterkunft und zu Essen hat und weil er dort zur Schule gehen kann.
LA: Wie alt ist Ihr Sohn?
VP: Im August wird er 14 Jahre.
LA: Sie haben ein uneheliches Kind, und Ihre Eltern kümmern sich um dieses. Sie wurden bis jetzt nicht beschnitten, Sie sind bereits Mutter und sorgten in Kenia durch eigene Erwerbstätigkeit als Köchin für Ihren Unterhalt. Warum sollten Sie dies nicht auch nach Ihrer Rückkehr wieder machen können?
VP: Bei einer Rückkehr jetzt müsste ich in Kenia wieder von null beginnen, sich jetzt in Kenia um einen Job, um eine Arbeit umzusehen ist sehr herausfordernd.
LA: Warum sind Sie nach Rechtskraft Ihres ersten Verfahrens (17.09.2019) nicht in Ihren Herkunftsstaat zurückgereist?
VP: Ich konnte nicht reisen, da ich über kein Dokument verfügte, mit dem ich reisen kann. Das war der Grund, ich hatte kein Dokument, um damit zurückzukehren.
LA: Sie hätten sich dieses Dokument ja besorgen können.
VP: Das konnte ich nicht.
LA: Können Sie mir das erklären, warum Sie das nicht konnten?
VP: Ohne ein Dokument, sagte die kenianische Botschaft, könnten Sie nicht verifizieren ob ich aus Kenia kommen würde oder aus einem anderen Land.
LA: Das heißt Sie waren auf der kenianischen Botschaft und hätten dort um ein Dokument angesucht?
VP: Ich wurde vom BFA dorthin geschickt nachdem mein Verfahren negativ entschieden wurde. Ja, sie haben gesagt, ich muss zur Botschaft gehen, also bin ich zur Botschaft.
LA: Von sich aus hätten Sie sich um kein Dokument bemüht?
VP: Da bin ich mir nicht sicher.
LA: Wann war jetzt dieses Telefonat mit Ihrem Bruder?
VP: Das war nach meiner zweiten negativen Entscheidung, ich ging zur Botschaft. Und das war dann der Zeitpunkt, an dem ich meinen Bruder anrief.
LA: Warum stellen Sie dann erst jetzt diesen Antrag auf internationalen Schutz?
VP: Ich habe es gemacht, wegen dieser Beschneidung. Als mein Bruder mir dann drohte, dass ich diese Beschneidung durchführen lassen muss, war es für mich sehr schwierig und ich entschloss mich zu diesem Antrag.
LA: Aber dieses Telefonat mit Ihrem Bruder hat ja offensichtlich schon im Jahr 2019 stattgefunden?
VP: Ja.
LA: Warum haben Sie dann bis April 2021 gewartet, um den Antrag zu stellen?
VP: Ich dachte mir vielleicht bekomme ich das Dokument von der Botschaft, oder vielleicht kommt die Polizei wegen einer Abschiebung. Ich machte immer noch eine Ausbildung. Alles mitsammen war einfach zu viel, und ich konnte mich noch nicht zu etwas entscheiden.
LA: Sie haben sich jetzt eineinhalb Jahre lang unrechtmäßig in Österreich aufgehalten. Möchten Sie dazu etwas angeben?
VP: Nein.
Vorhalt: Gegenwärtig läuft gegen Sie ein Verfahren am LG Klagenfurt wegen Sozialleistungsbetrugs. Sie waren auch am 12.01.2021 zur Hauptverhandlung geladen.
LA: Wollen Sie sich dazu äußern?
VP: Nein.
LA: Wieso haben Sie bei Ihrem ersten Antrag auf internationalen Schutz falsche Personalien angegeben?
VP: Weil ich Angst davor hatte, dass Sie mich vielleicht nach Kenia zurückabschieben, wenn ich meinen richtigen Namen und meine richtigen Daten nenne.
LA: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf int. Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen und Ihren faktischen Abschiebeschutz aufzuheben. Sie können nunmehr dazu Stellung nehmen.
VP: Ich habe nichts zu sagen.
LA: Ihnen wurden bereits am 04.05.2021 die aktuellen Länderfeststellungen zur Lage in Kenia ausgefolgt. Möchten Sie nunmehr eine Stellungnahme zu dieser Länderfeststellung abgeben?
VP: Nein.
LA: Es wird Ihnen durch die Ausfolgung der gegenständlichen Mitteilung gem. § 29 (3) Z. 4 u. 6 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Antrag auf int. Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, ferner wird beabsichtigt, Ihren faktischen Abschiebeschutz abzuerkennen. Zudem unterliegen Sie einer Meldeverpflichtung gem. § 15a AsylG.
Anmerkung: Dem Asylwerber werden die VAO gem. § 29 (3) Z. 4 u. 6 AsylG 2005, sowie gem. § 52a (2) BFA-VG ausgehändigt. Mit Unterschriftleistung in der betreffenden Einvernahme gelten die angeführten VAO übernommen.
Anmerkung: Ihnen wird nun zur Kenntnis gebracht, dass Sie nach einer Frist von mindestens 24 Stunden im Zuge einer niederschriftlichen Befragung die Möglichkeit haben, zu diesem Sachverhalt Stellung zu beziehen. Von diesem Termin werden Sie schriftlich in Kenntnis gesetzt. Sollten Sie diesem Termin nicht nachkommen, müssen Sie damit rechnen, dass das Verfahren in Ihrer Abwesenheit fortgesetzt wird.
LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?
VP: Ja.
LA: Wollen Sie noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?
VP: Nein.
Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:
LA: Haben Sie den/die Dolmetscher/in während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?
VP: Ja, das habe ich.
LA: Hat Ihnen der/die Dolmetscher/in alles rückübersetzt?
VP: Ja, es gibt nur eine Sache, die nicht richtig übersetzt wurde.
LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?
VP: Ich habe gesagt, dass ich meinen Sohn bei meinen Eltern gelassen habe, damit ich arbeiten kann, dann habe ich Geld, dass ich ihnen schicken kann, damit er genug zu essen hat.
Ansonsten ist alles richtig protokolliert.
LA: Schicken Sie Ihren Eltern seit Sie in Österreich sind, auch noch Geld für Ihren Sohn?
VP: Ja.
LA: Wie schaffen Sie das ohne Einkommen?
VP: Von dem Geld, das ich für Essen und Kleidung bekomme, lege ich etwas Geld zur Seite und schicke es meinem Sohn.
LA: Wieviel ist das ungefähr, und wie häufig senden Sie Geld zu Ihrem Sohn?
VP: Alle drei Monate schicke ich 150 Euro.
LA: Wünschen Sie die Ausfolgung einer schriftlichen Ausfertigung?
VP: Ja. (Anm.: dem ASt. wird eine schriftliche Ausfertigung dieser Niederschrift ausgefolgt)
[…]“
Mit Verfahrensanordnung von 06.05.2021 wurde die Beschwerdeführerin insbesondere informiert, dass seitens des BFA beabsichtigt sei, ihren Folgeantrag zurückzuweisen, da aufgrund des bisherigen Ermittlungsverfahrens davon auszugehen sei, dass entschiedene Sache vorliege, sowie ihren faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid aufzuheben.
Mit weiterer Verfahrensordnung von nämlichen Tag wurde die Beschwerdeführerin gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG verpflichtet, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.
Die Verfahrensanordnungen wurden zudem der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin übermittelt.
Mit Ladung vom 20.05.2021 wurde die Beschwerdeführerin zu einer weiteren Einvernahme am 01.06.2021 geladen und die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin hierüber in Kenntnis gesetzt.
Am 01.06.2021 wurde die Beschwerdeführerin erneut von einer Organwalterin des BFA niederschriftlich befragt. Dabei gab sie im Wesentlichen an:
„[…]
LA: Wie verstehen Sie die heute anwesende Dolmetscherin?
VP: Ja.
LA: Liegen Befangenheitsgründe oder sonstigen Einwände gegen eine der anwesenden Personen vor?
VP: Nein.
LA: Sie wurden am 23.04.2021 im Zuge einer Erstbefragung, sowie weiter am 06.05.2021 im Zuge Ihrer ersten Einvernahme vor dem Bundesamt zum Sachverhalt befragt. Halten Sie die von Ihnen gemachten Angaben aufrecht?
VP: Ich halte alle meinen Angaben aufrecht.
LA: Möchten Sie bzgl. der beiden Einvernahmen heute noch Korrekturen anführen?
VP: Das Einzige was ich noch sagen möchte ist, dass ich im Alter von 12 Jahren durch meinen Stiefbruder vergewaltigt wurde. Weil sie mir die Vergewaltigung nicht glaubten und dachten, dass ich es auch wollte, deshalb haben sie immer darauf bestanden mich zu beschneiden, damit das nicht wieder passiert.
LA: Das heißt, dass Sie seit dem Alter von 12 Jahren, befürchten mussten beschnitten zu werden?
VP: Ja.
LA: Haben Sie noch etwas zu ergänzen?
VP: Nein.
LA: Hat sich seit der letzten Einvernahme noch irgendetwas geändert?
VP: Nein.
LA: Gibt es in der Zwischenzeit ein Verurteilung in Österreich?
VP: Nein.
LA: Möchten Sie heute noch eine Stellungnahme zu den aktuellen Länderfeststellungen zu Kenia abgeben?
VP: Nein.
LA: Am 06.05.2021 nahmen Sie die Verfahrensanordnung gem. § 29 (3) Ziffer 4 + 6 AsylG 2005 nachweislich im Zuge der Einvernahme entgegen.
Haben Sie im Zuge der heutigen Einvernahme noch Ergänzungen zum gegenständlichen Sachverhalt vorzubringen?
VP: Für mich ist es sehr schlimm, eine Rückkehr nach Kenia würde meine Beschneidung bedeuten und das will ich nicht.
Anmerkung: Die bisherige Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:
LA: Haben Sie den/die Dolmetscher/in während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?
VP: Ja.
LA: Hat Ihnen der/die Dolmetscher/in alles rückübersetzt?
VP: Ja.
LA: Haben Sie Einwände gegen die Niederschrift oder wurde alles korrekt protokolliert?
VP: Keine Einwände.
VP: von sich aus: Weil ich letztes Mal gefragt wurde, warum ich mein Kind bei meinen Eltern gelassen habe, möchte ich angeben, dass mein Stiefbruder mich mehrmals vergewaltigt hat. Deshalb wurde ich im Alter von 16 Jahren schwanger. Und ich habe es erst vor der Geburt gemerkt, weil ich die Wehen bekam. Das Kind haben meine Eltern genommen, ich hatte keinen Bezug und wollte es nicht.
LA: Möchten Sie eine Kopie der Niederschrift?
VP: Ja. (Anm. der VP wird eine Kopie der Niederschrift ausgefolgt.)
[…]“
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10.06.2021 wurde der zweite Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 23.04.2021 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und dieser Antrag auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) jeweils gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Begründend stellte das BFA im Wesentlichen fest, die Beschwerdeführerin leide an keinen schweren, lebensbedrohlichen Krankheiten, sie sei 35 Jahre alt und nicht immungeschwächt. Im neuerlichen Asylverfahren habe die Beschwerdeführerin nicht glaubwürdig weitere asylrelevante Gründe vorgebracht bzw. hätte sich kein neuer objektiver Sachverhalt ergeben.
Beweiswürdigend wurde im Wesentlichen begründend ausgeführt, die Beschwerdeführerin gebe gegenständlich Antragsgründe an, die ihr bereits bei der ersten Antragsstellung auf internationalen Schutz bewusst gewesen seien. Es sei kein nach Rechtskraft des ersten Verfahrens entstandener Sachverhalt vorgebracht worden. Die Beschwerdeführer wäre damals nicht beschnitten worden, weil sie körperlich zu schwach gewesen sei und sei die Beschneidung schon in ihrer Kindheit ein Thema gewesen. Sie habe in Kenia den Kontakt zu ihren Eltern wegen einer möglichen Beschneidung vermieden. Die Beschwerdeführerin habe jene Befürchtungen im ersten Verfahren nicht angeführt, weil sie sich damals damit nicht auseinandergesetzt habe, sondern mit politischen Dingen. Sie habe aber schon damals gewusst, dass sie bei einer Rückkehr nach Kenia mit dem Risiko einer Beschneidung zu rechnen habe. Hinsichtlich der Befürchtung der Beschwerdeführerin, bei ihrer Rückkehr nach Kenia beschnitten zu werden seien die diesbezüglichen Angaben als unglaubwürdig zu werten, zumal die Beschwerdeführerin plötzlich bei ihrem Parteiengehör vom 01.06.2021 angegeben habe, seit dem Alter von 12 Jahren infolge einer Vergewaltigung durch ihren Stiefbruder, eine Beschneidung zu befürchten, weil ihr bezüglich der Vergewaltigung nicht geglaubt worden sei und gedacht worden sei, die Beschwerdeführerin hätte dies gewollt. Da sie auch angeben habe, mehrmals vom Stiefbruder vergewaltigt worden zu sein und deshalb mit 16 Jahren schwanger geworden zu sein, hätte die Beschwerdeführerin spätestens nach der Geburt ihres Kindes beschnitten werden müssen, wenn die Beschneidung der Verhinderung des Geschlechtsverkehrs dienen sollte, zumal jener durch die Schwangerschaft offenkundig geworden sei. Es sei nicht glaubwürdig, dass die Beschwerdeführerin schon mit 12 Jahren beschnitten hätte werden sollen, und sie im Alter von 16 Jahren noch immer nicht beschnitten worden sei. Auch habe die Beschwerdeführerin im Erstverfahren angegeben, ihr Sohn sei 2008 geboren worden, zu jenem Zeitpunkt sei jedoch die Beschwerdeführerin bereits 22 Jahre alt gewesen, weshalb auch diesen Angaben kein Glauben geschenkt werde. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin auch befragt angegeben zu wissen, dass es – vor allem in Städten – zahlreiche Organisationen gebe, die Hilfe für Frauen in vulnerablen Situationen wie Beschneidung anbieten. Die BF könne – falls sie tatsächlich jemals von einer Beschneidung bedroht werden sollte – Schutz suchen und selbstständig die nötigen Entscheidungen treffen, wie sie diese bei der Ausreise von Kenia nach Österreich getroffen habe. Auch werde darauf hingewiesen, dass die von der Rechtsvertretung angeführten Länderberichte zum Großteil aus Quellen datiert vor der letzten Rückkehrentscheidung stammen würden und sich ausschließlich auf Genitalverstümmelung in Kenia beziehen würden. Dass dies gesetzlich verboten sei, aber noch immer praktiziert werde, gehe auch aus den aktuellen Länderinformationen hervor. Jene von der Beschwerdeführerin angeführten Informationen seien von der Rechtskraft des ersten Verfahrens umfasst.
Festgehalten wurde, dass sich die Situation in Kenia bis auf das Auftreten einer weltweiten Pandemie seit Rechtskraft der letzten Rückkehrentscheidung in Bezug die Person der Beschwerdeführerin nicht entscheidungswesentlich geändert habe, weshalb auch keine maßgebliche Änderung eingetreten sei. Insbesondere erfordere die aktuelle COVID-19-Situation nicht die Zuerkennung von subsidiären Schutz.
Ein neuer Sachverhalt sei sohin im Zuge des neuen Verfahrens nicht glaubwürdig vorgebracht worden.
Da weder in der maßgeblichen Sachlage – und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre der Beschwerdeführerin gelegen sei, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen sei – noch im Begehren und auch nicht in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten sei, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen erscheinen ließe, stehe die Rechtskraft des Erkenntnisses vom 16.09.2019, Zl. W252 2197501-1/23E, dem neuerlichen Antrag sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten iSd § 3 AsylG, als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten iSd § 8 AsylG entgegen, weswegen das BFA zu einer Zurückweisung verpflichtet sei.
Zur allgemeinen Situation in Kenia traf das BFA im angefochtenen Bescheid folgende Feststellungen:
COVID-19:
Stand 09.07.2020
Die vorliegenden offiziellen, an die WHO bzw. die AU übermittelten Zahlen weisen bei vielen afrikanischen Staaten nach wie vor (teils gravierende) Abweichungen vom internationalen Mittel auf. Dafür gibt es nach Amtswissen mehrere mögliche Gründe, darunter folgende:
• (Infrastruktur) Tests sind nur manchmal und/oder in geringer Zahl verfügbar.
• (Politik) Regierungen versuchen, das tatsächliche Ausmaß zu verschleiern.
• (Infrastruktur) Eingeschränkte Ressourcen, die Sicherheitslage oder mangelnde Infrastruktur ermöglichen Tests nur in bestimmten Landesteilen.
• (Gesellschaft) Zahlreiche Menschen halten sich tagsüber im Freien auf, wodurch die Ansteckungsgefahr reduziert wird; geringer Durchmischung (z.B. Großveranstaltungen gesellschaftlich wenig relevant, geringes Nachtleben).
• (Infrastruktur, Gesellschaft) Todeszahlen zu Covid-19 können nur in bestimmten Bereichen (v.a. in Krankenhäusern) korrekt erfasst werden.
• (Geografie, Bevölkerung) Insellage, geringe oder hohe Bevölkerungsdichte
Die meisten Staaten Afrikas melden weiterhin eine vergleichsweise niedrige Infektionsrate. Die vorhandenen Zahlen geben das Infektionsgeschehen indes nur unvollständig wieder. Denn wegen der teils sehr schwachen Gesundheitssysteme ist anzunehmen, dass es weitaus mehr Kranke und Todesfälle gibt, als die Behörden offiziell melden. Unter anderem fehlen vielfach Testmöglichkeiten, ländliche Gebiete sind schlecht erschlossen und unterversorgt, zudem verfügen Kliniken und Gesundheitsstationen meist nur über sehr begrenzte Ressourcen (Focus 6.7.2020; vgl. CDDEP 7.5.2020). Gleichzeitig ist das Sterblichkeitsrisiko in Afrika vermutlich hoch, da dort mehr Menschen an einem geschwächten Immunsystem leiden, z.B. wegen Unterernährung, HIV oder anderen verbreiteten Krankheiten (CDDEP 7.5.2020). Der Direktor des Seuchenzentrums der Afrikanischen Union (AU-ACDC), John Nkengasong, erklärt, dass man für eine glaubwürdige Darstellung des Seuchenverlaufs in Afrika ca. das Zehnfache der bisher eingesetzten Tests benötigen würde (AQ 6.2020).
Generell ist nach wie vor unklar, was Afrika infolge der Seuche droht. Manche Experten glauben, dass die Erfahrung in der Seuchenbekämpfung, das tropische Klima sowie die junge und wenig mobile Bevölkerung die Ausbreitung von Covid-19 eindämmen könnte. Andere sehen die größte humanitäre Katastrophe der Geschichte heraufdämmern (Focus 6.7.2020).
Generell ist die Seuche in Afrika nach wie vor erst im Anrollen, die Steigerungsraten sind in vielen Ländern hoch (WHO 2020). Angesichts der vorhandenen – teils aber wohl fragwürdigen – Zahlen breitet sich Covid-19 langsamer aus, als prognostiziert. Die AU-ACDC rechnet mit dem Spitze der Pandemie in Afrika im August oder im September 2020 (Finanzen 30.6.2020). Im stark betroffenen Südafrika rechnet die für die Provinz Gauteng (Pretoria-Witwatersrand) zuständige Behörde mit Infektionszahlen von 120.000 Ende Juli und für Ende August mit einer Spitze von 300.000 Infizierten (das sind in dieser Provinz 2,5% der Bevölkerung) (N24, 2.7.2020). In ganz Afrika stieg die Zahl an Infizierten allein in der Woche 24.6.2020-1.7.2020 um 28% (WHO 1.7.2020).
Bei der Gesamtzahl an Infizierten sind folgende Länder am meisten betroffen (Stand 5.7.2020): Südafrika (187.977), Ägypten (74.035), Nigeria (28.167), Algerien (15.500), Ghana (19.388) und Marokko (13.822); Vergleichswert: Österreich (18.196) (WHO 2020).
Wird die Bevölkerungszahl (entnommen: CIA, 2020) in Relation zur Zahl an Infizierten gesetzt, ergibt sich folgende Reihe: In Dschibuti ist oder war eine Person von 194 infiziert, in Südafrika einer von 300, in Gabun einer von 397, auf den Kapverden einer von 408, auf Saõ Tomé und Príncipe einer von 526; in relevanten HKS lauten die Quoten: Algerien 2.772:1,
Ägypten 1.406:1, Gambia 38.070:1, Marokko 2.573:1, Nigeria 7.599:1, Somalia 3.972:1, Tunesien 9.928:1; Vergleichswerte: Österreich 487:1, USA 120:1 (WHO 2020);
Die meisten aktiv Infizierten (ohne Verstorbene und Genesene) im Verhältnis zur Bevölkerung finden sich in KW 27 in: Südafrika (162 von 100.000 Einwohnern), Gabun (137), auf den Kapverden (122), auf den Seychellen (70), Mauretanien (69), auf Saõ Tomé (60), in Guinea-Bissau (56), der Zentralafrikanischen Republik (50) und Ägypten (48). Weniger als eine aktiv infizierte Person findet sich in Burkina Faso, auf Mauritius, im Niger, im Tschad und in Uganda. Vergleichswert Österreich: 10 (WHO 2020; AU-ACDC 2020).
Aufgrund der geringen Zuwachsrate in den letzten Wochen als erfolgreich im Kampf gegen die Ausbreitung bezeichnet werden können v.a. Dschibuti (wo bereits zum zweiten Mal ein signifikanter Rückgang erfolgte), Mauritius und Tunesien. Auch aus dem Niger, dem Tschad und Burkina Faso werden geringe Zuwächse gemeldet (WHO 2020), allerdings wird in diesen Ländern kaum getestet (AU-ACDC 2020).
Hier die Zuwachsraten relevanter Herkunftsstaaten im Format Neuinfektionen pro Million Einwohner und Tag (OWD 9.7.2020):
Große Unterschiede gibt es bei der Zahl und Art durchgeführter Tests. Dabei wäre es für das Ausbremsen der Pandemie entscheidend, möglichst große Teile der Bevölkerung auf das Virus zu testen (Focus 6.7.2020). In manchen Ländern werden aber offenbar nur Personen mit Symptomen getestet – verbunden mit einer (vermutlich) hohen Schattenzahl. In Algerien und im Sudan ist einer von drei Tests positiv, in der DR Kongo und in Somalia einer von vier, an der Elfenbeinküste, in Ägypten und in Nigeria einer von fünf. Vergleich: Österreich 1:40, Tunesien 1:62, Marokko 1:55, Mauritius 1:504 (AU-ACDC 2020).
In manchen Ländern wurde zudem erst ein sehr geringer Teil der Bevölkerung getestet: in Tansania nicht eine Person von 10.000, in weiteren 11 Staaten (u.a. Nigeria, Sudan, DR Kongo) nicht eine von 1.000. Vergleichswerte: Österreich 1:14, Mauritius 1:8, Marokko 1:46, Tunesien 1:161 (AU-ACDC 2020).
Die folgende Grafik veranschaulicht anhand von Zahlen der WHO (WHO 2020) das Verhältnis von bestätigten Infektionen und durchgeführten Tests:
In vielen Staaten gibt es bis dato keinen merkbaren Ansturm auf die Spitäler (HB 2.6.2020). In manchen Ländern – etwa in Kenia – gehen möglicherweise Infizierte nicht ins Spital, weil sie die Kosten scheuen. Zudem waren öffentliche Gesundheitseinrichtungen schon vor Covid19 überfüllt, das Personal überlastet. Für Covid-19-Patienten stehen in Kenia nur knapp 80 Intensivbetten und 123 Beatmungsgeräte zur Verfügung. In Somalia werden Covid-19Patienten im einzigen funktionierenden staatlichen Krankenhaus behandelt (DF 3.6.2020). Die Intensivmedizin ist in den meisten afrikanischen Staaten schwach ausgeprägt (DF 5.7.2020). Generell sterben die meisten Menschen still daheim, ohne in eine Statistik einzugehen (HB 2.6.2020). Selbst in Ägypten, wo es ein vergleichsweise gut entwickelte medizinische Infrastruktur gibt und von wo vergleichsweise hohe Todeszahlen gemeldet werden, geht man davon aus, dass die eigentliche Zahl an Toten um einiges höher liegt (AQ 6.2020). Aus dem bislang am meisten betroffenen Südafrika, das über eine wesentlich ausgeprägtere medizinische Infrastruktur verfügt, als die meisten anderen Staaten des Kontinents, kommen unterschiedliche Meldungen. So gibt es in der Provinz Western Cape weniger Patienten – und auch weniger Tote – als ursprünglich prognostiziert worden war. In Kapstadt ist nach wie vor eine Reserve von 1.400 Betten vorhanden. Man geht davon aus, dass diese Kapazität Ende Juli annähernd ausgeschöpft werden wird (CNN 6.7.2020). Andererseits gibt es in der Provinz Eastern Cape Anzeichen dafür, dass das Gesundheitssystem am Rand der Überlastung steht. Dort mussten mehrere Spitäler wegen interner Infektionen geschlossen werden (Focus 6.7.2020), Gesundheitspersonal der Armee wird eingesetzt, um ziviles Personal zu entlasten (CGTN 5.7.2020).
Die gesundheitlichen Kollateralschäden durch nationale, kontinentale und internationale Maßnahmen gegen die Pandemie werde für Afrika sehr hoch geschätzt. Dies betrifft etwa unterbrochene Immunisierungskampagnen, HIV- und Tuberkulose-Behandlung oder auch Programme zur Malariaprävention (AQ 6.2020; vgl. DW 26.5.2020). Durch die Störung der Gesundheitsversorgung werden in den nächsten fünf Jahren z.B. mehrere Millionen zusätzliche Tuberkulosefälle erwartet. Bei Kindern wird von einem Anstieg anderer Infektionskrankheiten ausgegangen (DW 26.5.2020). In manchen Ländern erreichen Malariamedikamente oder Moskitonetze die Betroffenen nicht. Auch hier wird ein Anstieg an Infizierten und Todesfällen erwartet und zwar laut WHO auf bis zu 769.000 Tote in Subsahara (2018: ca. 390.000) (AQ 6.2020, vgl. DW 26.5.2020). Und weil die Nahrungsmittelpreise steigen, können sich viele Menschen noch weniger Lebensmittel leisten. Dies führt zu einem Anstieg an Hunger und Unterernährung (DW 26.5.2020).
Die Umsetzung von in vielen Staaten verhängten Ausgangssperren, Lockdowns und andere Maßnahmen zum Social Distancing wurden durch soziokulturelle, ökonomische und politische Faktoren erschwert (CDDEP 7.5.2020). Zudem sind afrikanische Regierungen hinsichtlich der Umsetzung verhängter Maßnahmen zurückhaltend. Eine Umsetzung – wie etwa in westlichen Ländern – ist schlichtweg nicht möglich (AQ 6.2020). So weist etwa Südafrika – trotz einem der nominell härtesten Lockdowns weltweit (Focus 6.7.2020) – eine ungebrochen exponentielle Kurve auf (WHO 2020). In Slums und Townships sind Abstandsregeln kaum einzuhalten. Mittlerweile hat Südafrika zahlreiche Maßnahmen gelockert oder zurückgenommen. Schulen und Universitäten wurden wieder geöffnet, Restaurantbesuche sind wieder möglich und Sportveranstaltungen finden statt (Focus 6.7.2020). Ein Experte erklärt: „Man muss gewährleisten, dass die Märkte beliefert werden und Grundnahrungsmittel hinreichend zur Verfügung stehen. Das haben die afrikanischen Regierungen teilweise ein bisschen spät bemerkt, dass der totale Lockdown dazu führt, dass es die Gefahr von Hungerunruhen gibt, weil auf den Märkten nichts mehr zu kaufen war oder die Preise exorbitant gestiegen waren“ (DF 5.7.2020). Rund 80% der Menschen arbeiten in der informellen Wirtschaft, etwa als Tagelöhner, sie können nicht ins Homeoffice wechseln. Die meisten leben von der Hand in den Mund und sind existenziell bedroht, wenn sie ihr tägliches Brot nicht mehr verdienen können (Focus 6.7.2020). Die meisten Länder haben folglich die Maßnahmen gelockert (Finanzen 30.6.2020), denn auch die ökonomischen Folgen erwiesen sich als verheerend (Focus 6.7.2020).
Hier eine Karte mit aktuellen Lockdown-Regelungen („stay-at-home“), wobei es innerhalb eines Landes unterschiedliche Regelungen geben kann (OWD 1.7.2020):
In der Ökonomie wurde für Afrika im April ein Schrumpfen der Wirtschaft von 1,6% vorhergesagt. Diese Zahl wurde vom Internationalen Währungsfonds mittlerweile auf 3,2% nach oben korrigiert. Das Einkommen pro Kopf wird demnach um durchschnittlich 7% sinken (Finanzen 30.6.2020). Lieferketten waren und sind unterbrochen, Arbeitsplätze gehen verloren, der Tourismus und auch die Nachfrage nach afrikanischen Exportprodukten (v.a. Rohstoffe) ist eingebrochen. Darunter leiden insbesondere auch erdölproduzierende Länder. In Nigeria gehen deshalb mehr als die Hälfte der geplanten Staatseinnahmen verloren (HB 2.6.2020; vgl. Kappl 4.6.2020). Zahlreiche Länder rutschen in eine neue Verschuldungskrise (Kappl 4.6.2020).
Hinsichtlich des Lockdowns für Arbeitsplätze gestaltet sich die Situation so (OWD 1.7.2020):
Hier Einkommens-unterstützenden Maßnahmen für Menschen, die ihre Arbeit verloren haben oder nicht arbeiten können/dürfen (muss sich nicht auf alle Arbeitenden in allen Sparten beziehen und kann auch innerhalb von Staaten variieren) (OWD 1.7.2020):
Hier eine Karte mit Maßnahmen zur Abfederung von durch Covid-19 verursachten Schuldenlasten (OWD 1.7.2020):
Für die Grundversorgung schlimm ist das Ausbleiben von Geldtransfers aus dem Ausland (Kappl 4.6.2020). Ein in Afrika agierendes Geldtransferunternehmen berichtet, dass die von der Diaspora übermittelten Remissen im Zeitraum März/April 2020 um mehr als 70% eingebrochen sind (AQ 5.2020). In den Slums von Nairobi haben wiederum etwa vier Fünftel der Bewohner ihr Einkommen im Lockdown ganz oder teilweise verloren (Focus 6.7.2020). Sowohl internationale Organisationen wie z.B. UNICEF (UNICEF 29.6.2020), als auch internationale NGOs, wie z.B. World Vision, sind in zahlreichen Staaten Afrikas mit Unterstützungs- und Hilfsmaßnahmen zur Eindämmung und Abfederung der Pandemie aktiv. Allein World Vision hilft in 26 Ländern Afrikas (WV 2.7.2020). Viele afrikanische Regierungen haben in großem Umfang Lebensmittelrationen an städtische Arme verteilt (DF 5.7.2020). Genaue Daten zu sozialen Maßnahmen einzelner Staaten sind mitunter schwierig zu recherchieren und werden erst bei konkretem Bedarf erhoben.
Laut Weltwirtschaftsforum steht Afrika außerdem vor der schlimmsten Landwirtschaftskrise seit Menschengedenken. Die Landwirtschaft hat schon vor Covid-19 unter
Überschwemmungen, Dürren und Schädlingen gelitten, der Virus verschlimmert die Situation noch einmal. Dadurch wird auch die Nahrungsmittelversorgung getroffen. Das Problem ist eine Unterbrechung der Logistik beim Angebot von hochwertigem Saatgut. In ganz Afrika versuchen Staaten, Saatgut anzukaufen; in Nigeria wird bereits Saatgut an Landwirte verteilt (WEF 30.6.2020).
Auch Reisebeschränkungen werden nach und nach aufgehoben. Trotz Warnungen der WHO, dass die Wiederaufnahme von Linienflügen ohne Begleitmaßnahmen zu einem Zuwachs an Infektionen führen werde, hatten zum Zeitpunkt 2.7.2020 Kamerun, Äquatorialguinea, Tansania und Sambia Flüge wieder aufgenommen. Die fünfzehn ECOWASStaaten stehen kurz davor (WHO 2.7.2020). Nahezu alle afrikanischen Staaten haben ihre Grenzen allerdings weiterhin geschlossen (OWD 8.7.2020):
Bei Reiseeinschränkungen innerhalb der Staaten sieht die Situation anders aus. Die hier dargestellte Lage bezieht sich aber unter Umständen nicht auf alle Landesteile eines Staates (OWD 8.7.2020):
Noch weniger Einschränkungen gibt es bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Auch die hier dargestellte Lage bezieht sich unter Umständen nicht auf alle Landesteile eines Staates (OWD 8.7.2020):
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1. Politische Lage
Kenia ist gemäß Verfassung von 2010 eine Präsidialrepublik. Der Staatspräsident verfügt über weitreichende Exekutivvollmachten. Ihm unterstehen sowohl die Regierung als auch die Streitkräfte (AA 1 .2017a). Allerdings wurde die Macht des Präsidenten mit der neuen Verfassung eingeschränkt und die Legislative gestärkt (BS 2018; vgl. GIZ 6.2017a). Durch die Bildung von Blöcken und die Polarisierung der Politik konnte sich die Regierung aber substanzielle Kontrolle erhalten (BS 2018). Kenia ist eine Mehrparteiendemokratie mit regelmäßig abgehaltenen Wahlen. Die politischen Rechte und bürgerlichen Freiheiten werden aber durch die umfassende Korruption und die Brutalität der Sicherheitskräfte schwer unterminiert (FH 2018).
Die Verfassung von 2010 sieht auch eine umfassende Dezentralisierung des Landes vor (GIZ 6.2017a). Seit den allgemeinen Wahlen vom 4.3.2013 ist Kenia ein dezentral aufgebautes und verwaltetes Land, das in 47 Counties gegliedert ist. Neben dem Präsidenten und Vizepräsidenten wurden erstmals Gouverneure und Parlamente auf dieser Ebene gewählt (AA 1 .2017a; vgl. BS 2018). Die Counties entsenden jeweils einen Vertreter in den neu geschaffenen Senat, welcher die zweite Kammer des Parlaments darstellt (GIZ 6.2017a). Diese Transformation eines hochgradig zentralisierten Staates in eine dezentralisierte Verwaltungsform ist weltweit eines der ambitioniertesten Projekte seiner Art. Signifikante Exekutiv- und Steuerrechte werden den Counties übertragen. Bis auf die Bereiche Sicherheit und Bildung wurde die Verantwortung vom Zentralstaat an die Counties übertragen. Die Dezentralisierung genießt große Popularität in der Bevölkerung (BS 2018), diese erhält derart mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten (GIZ 6.2017a).
Generell ist die politische Lage stabil. Die Zahl der Kenianer, welche ihr Land als vollwertige Demokratie sehen, hat sich von 47 Prozent im Jahr 2012 auf 31,5 Prozent im Jahr 2015 verringert (BS 2018).
Bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am 8.8.2017 standen sich die Jubilee-Partei des amtierenden Staatspräsidenten Uhuru Muigai Kenyatta und das oppositionelle Parteienbündnis National Super Alliance (NASA) des ehemaligen Regierungschefs Raila Odinga gegenüber (AI 23.5.2018). Am 11.8.2017 hatte die unabhängige Wahlkommission (IEBC) den Kandidaten der Jubilee Coalition Party, Uhuru Kenyatta, zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt und seine Wiederwahl bestätigt. Der Oppositionskandidat Raila Odinga focht die Wahl vor Gericht an, und der Oberste Gerichtshof hat die Wahl am 1.9.2017 auch tatsächlich aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei der Übertragung von Ergebnissen der einzelnen Wahllokale annulliert. Das Gericht setzte eine Neuwahl für 26.10.2017 an. Odinga zog sich am 10.10.2017 von der Wahl zurück und rief zum Boykott der Wahl auf. Kenyatta gewann die Neuwahl, die Resultate wurden am 20.11.2017 vom Obersten Gerichtshof bestätigt (USDOS 20.4.2018; vgl. EDA 25.6.2018, AI 23.5.2018, FH 2018). Demnach gewann Präsident Kenyatta die Wahl mit 98 Prozent der abgegebenen Stimmen, die Wahlbeteiligung lag unter 40 Prozent. Im August 2017 war sie mehr als doppelt so hoch gewesen (AI 23.5.2018; vgl. FH 2018). Raila Odinga rief am 31.10.2017 zu einer „nationalen Widerstandsbewegung“ und zur Bildung einer „Volksversammlung“ auf, die zivilgesellschaftliche Gruppen vereinen solle, um die „Demokratie wiederherzustellen“ (AI 23.5.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.2017a): Kenia – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/-/208078 , Zugriff 25.6.2018
- AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 – Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kenia, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/kenia , Zugriff 16.7.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (25.6.2018): Reisehinweise für Kenia, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/kenia/reisehinweise-kenia.html , Zugriff 25.6.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/ , Zugriff 25.6.2018
- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
2. Sicherheitslage
Nach wie vor ist die Kriminalität in Kenia Besorgnis erregend hoch, belastbares statistisches Material hierzu ist aber kaum zu bekommen (GIZ 6.2017d). Außerdem besteht weiterhin die Gefahr terroristischer Anschläge. Es gibt Drohungen der somalischen Terrororganisation al Shabaab mit Vergeltungsaktionen als Reaktion auf die Beteiligung der kenianischen Streitkräfte an der AMISOM-Mission in Somalia. Mehrere Anschläge haben in der Vergangenheit auch schon stattgefunden oder sind vereitelt worden (AA 25.6.2018; vgl. BMEIA 25.6.2018, EDA 25.6.2018).
Auch die politischen Spannungen bleiben hoch. Es muss weiterhin mit politisch bedingten Demonstrationen und Gewalttaten gerechnet werden (EDA 25.6.2018). Demonstrationen aus politischen oder sozialen Gründen können unvorhersehbar eskalieren (AA 25.6.2018). Lokal begrenzte Unruhen und Gewaltausbrüche sind möglich, vor allem nach Gewalttaten, die religiös motiviert sind oder als solche wahrgenommen werden. Auch politisch und wirtschaftlich motivierte Zusammenstöße zwischen ethnischen Gruppen haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Todesopfer gefordert. Diese finden jedoch hauptsächlich in abgelegenen Gebieten statt. Im Grenzgebiet zu Äthiopien kommt es ebenfalls zu vereinzelten Kampfhandlungen (EDA 25.6.2018).
Das deutsche Auswärtige Amt rät von Reisen in das Grenzgebiet (80km-Streifen) zu Somalia sowie in den Festlandbereich von Lamu ab (AA 25.6.2018). Das österreichische Außenministerium gibt eine Reisewarnung für das Grenzgebiet zu Somalia. Außerdem warnt es vor Reisen in die Provinzen Mandera, Wajir und Garissa. Abgeraten wird von Reisen in die nördliche Küstenprovinz (v.a. Lamu). Zu Vorsicht wird insbesondere für Mombasa sowie die Counties Kwale und Kilifi, wo in der Vergangenheit politisch und religiös bedingte Krawalle und Unruhen stattfanden, geraten. Aufgrund der verstärkten Präsenz der kenianischen Sicherheitskräfte in den genannten Gebieten hat sich die Sicherheitslage in den vergangenen Monaten allerdings etwas gebessert (BMEIA 25.6.2018). Ähnliche Informationen liefert auch das schweizerische Außenministerium (EDA 25.6.2018).
Al Shabaab führt gegen vereinzelte Gemeinden an der Grenze zu Somalia Guerilla-Angriffe durch, bei welchen sowohl Sicherheitskräfte als auch Zivilisten zum Ziel werden (USDOS 20.4.2018). Die Grenzen zu Somalia, Äthiopien und dem Sudan sind porös, und es kommt zur Proliferation von Kleinwaffen und zum Einsickern von Kämpfern der al Shabaab. Auch lokale Milizen haben die Defizite der staatlichen Sicherheitskräfte ausgenutzt. Dies betraf in der Vergangenheit die mittlerweile zersplitterte und größtenteils ausgelöschte Mungiki-Sekte und betrifft heute kleinere Gruppen in den Slums von Nairobi und Kisumu. Dort ersetzen die Milizen de facto die Polizei und regieren mit Gewalt. In ländlichen Gebieten ist die Polizei nicht in der Lage, das bewaffnete Banditentum in den Griff zu bekommen. Und auch dort – speziell in der ehemaligen Central Province und im Rift Valley – treiben Gangs und Milizen ihr Unwesen. Sie agieren semi-autonom und werden in Wahlzeiten von Politikern angeworben (BS 2018).
Regelmäßig zu gewaltsamen Zusammenstößen kommt es bei Ressourcenkonflikten in den Bereichen Tana River, Laikipia und Samburu – z.B. zwischen Pokot und Turkana (BS 2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (25.6.2018): Kenia – Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/keniasicherheit/208058 , Zugriff 25.6.2018
- BMEIA - Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (25.6.2018): Reiseinformationen – Kenia, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kenia/ , Zugriff 25.6.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (25.6.2018): Reisehinweise für Kenia, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/kenia/reisehinweise-kenia.html , Zugriff 25.6.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017d): Kenia – Alltag, https://www.liportal.de/kenia/alltag/ , Zugriff 25.6.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
3. Rechtsschutz/Justizwesen
Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor (USDOS 20.4.2018) und diese wird auch generell als unabhängig erachtet (FH 2018).
Das Rechtssystem Kenias ist an das britische angelehnt. Schon in der Kolonialzeit wurden jedoch vor allem im Zivilrecht auch traditionelle Rechtssysteme angewandt. Die Rechtsquellen des sogenannten Customary Law basieren auf afrikanischen Traditionen (mit großem Spielraum für Interpretationen) oder in den islamisch geprägten Gemeinden an der Küste auf dem islamischen Recht (GIZ 6.2017a). Das kenianische Gerichtswesen gliedert sich in Magistrates Courts, High Courts, Court of Appeal und den neu geschaffenen Supreme Court (AA 1 .2017a). Daneben sprechen Kadi-Gerichte Recht in Erb- und Familienrechtsangelegenheiten muslimischer Kenianer nach islamischem Recht (AA 1 .2017a; vgl. USDOS 15.8.2017) – etwa bei Heiraten, Scheidungen oder Erbschaften (BS 2018). Gegen ein Urteil eines Kadi-Gerichts kann vor einem formellen Gericht berufen werden (USDOS 15.8.2017). Daneben gibt es keine anderen traditionellen Gerichte. Die nationalen Gerichte nutzen das traditionelle Recht einer Volksgruppe aber als Leitfaden für persönliche Angelegenheiten, solange dieses Recht nicht im Widerspruch zum formellen Recht steht (USDOS 20.4.2018).
Generell besteht die Möglichkeit einer Berufung vor einem High Court, in weiterer Folge beim Berufungsgericht und in einigen Fällen auch beim Obersten Gericht (USDOS 20.4.2018).
Das Gesetz sieht ein faires öffentliches Verfahren vor, dieses Recht wird generell auch in der Praxis gewährt. Außerdem gilt die Unschuldsvermutung, das Recht auf die Mitteilung der Anklagepunkte, auf Zeugenstellung und Zeugeneinvernahme durch die Verteidigung und auf einen Rechtsbeistand. Diese Rechte werden generell respektiert. Viele Angeklagte können sich aber keinen Rechtsbeistand leisten. Im Jahr 2016 wurde das National Legal Aid Service geschaffen, um Verteidiger kostenfrei zur Verfügung stellen zu können. Kostenlose Verteidiger gibt es bisher v.a. in Nairobi und anderen größeren Städten (USDOS 20.4.2018).
Die Arbeitsweise der Justiz ist ineffizient (FH 2018). Die mangelnde Rechtssicherheit und mangelnde Rechtsstaatlichkeit ist von langen Gerichtsverfahren, einer generell überlasteten Justiz, korrupten Richtern und einem Chaos bei Landbesitztiteln gekennzeichnet (GIZ 6.2017a). Unprofessionelle Ermittlungen und Korruption unterminieren die Strafverfolgung. Die durchschnittliche Verurteilungsrate bei Strafverfahren liegt bei 13-16 Prozent. Schuld daran sind auch die Einschüchterung von Zeugen und die Angst vor Racheakten. Es wird berichtet, dass Bestechlichkeit, Erpressung und politische Überlegungen den Ausgang von Zivilverfahren beeinflussen (USDOS 20.4.2018). Andererseits demonstriert die Strafjustiz Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Integrität (USDOS 20.4.2018; vgl. BS 2018). Trotz der weitverbreiteten Meinung, wonach die Justiz korrupt ist, gibt es keine glaubhaften Vorbringen oder Untersuchungen hinsichtlich einer signifikanten Korruption bei Richtern, Staatsanwälten oder Verteidigern (USDOS 20.4.2018). Die Justiz ist weiterhin in der Lage, die Tätigkeit der Regierung zu kontrollieren und hat auch einige Urteile gegen die Exekutive gefällt, um unterschiedliche Rechte – wie etwa das Versammlungsrecht – zu verteidigen. Allerdings hat die Justiz aufgrund einiger Korruptionsfälle an öffentlicher Glaubwürdigkeit verloren (BS 2018). Das Parlament ignoriert außerdem manchmal richterliche Entscheidungen. Die Behörden hingegen respektieren im Allgemeinen Gerichtsbeschlüsse, und die Ergebnisse der Prozesse scheinen nicht vorbestimmt zu sein (USDOS 20.4.2018).
Der Oberste Staatsrichter Willy Mutunga, ein ehemaliger Dissident und Menschenrechtler (GIZ 6.2017a) wurde gegen David Maraga ausgetauscht. Dieser verfügt nicht über die moralische Autorität, wie sein Vorgänger (BS 2018).
Früher galt die Justiz als eine der korruptesten und am wenigsten vertrauenswürdigen Institutionen Kenias. Durch die Justizreform unter Chief Justice Mutunga hat hier eine bemerkenswerte Korrektur stattgefunden (BS 2018). Die Justizreform wird auch weiterhin fortgesetzt, wenn auch mit geringerem Tempo (BS 2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Das Office of the Director of Public Prosecution (ODPP) hat die Zahl der Staatsanwälte von 200 im Jahr 2013 auf 627 im Jahr 2017 mehr als verdreifacht. Damit ging auch eine Beschleunigung der Verfahren einher (USDOS 20.4.2018). Der Rückstau wurde substanziell reduziert (BS 2018; vgl. USDOS 20.4.2018), auch wenn immer noch viele Fälle anhängig sind (FH 2018). Seit Mai 2016 läuft ein Programm der Justiz, um die Rechtsprechung effizienter und leistbarer zu machen (USDOS 20.4.2018). Die Justiz ist für Bürger nach der Schaffung neuer Gerichte besser zugänglich. Zusätzlich erfolgte der Aufbau von Ausbildungsstrukturen. Richter und Amtsmänner wurden überprüft und bewertet, zahlreiche davon entlassen (BS 2018).
Generell verfügt der kenianische Staat über das Gewaltmonopol, dies wird aber nicht immer und in vollem Umfang in allen Landesteilen durchgesetzt. Vor allem in den ariden und semi-ariden Gebieten im Norden und Nordosten sind Fähigkeit und Willen zur Durchsetzung der Rechtstaatlichkeit minimal (BS 2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.2017a): Kenia – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/-/208078 , Zugriff 25.6.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya , Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/ , Zugriff 25.6.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
- USDOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1407519.html , Zugriff 25.6.2018
4. Sicherheitsbehörden
Für die Sicherheit innerhalb des Landes ist die dem Innenminister unterstehende Polizei zuständig. Das Kenya Police Service erfüllt die generelle Polizeiarbeit und verfügt über spezialisierte Untereinheiten. Das Administration Police Service kümmert sich um die Grenzsicherheit, erfüllt aber teils auch normale Polizeiarbeit. Daneben gibt es noch die Kriminalpolizei (USDOS 20.4.2018). Die Polizei verfügt mit ihren 70.000 Mann über ca. 160 Polizisten pro 100.000 Einwohner. Damit liegt die Rate weit unter den UN-Empfehlungen von 220 Polizisten pro 100.000 Einwohnern (BS 2018).
Der National Intelligence Service ist der innere und äußere Nachrichtendienst und untersteht direkt dem Präsidenten (USDOS 20.4.2018).
Die Polizei ist schlecht ausgerüstet, wird nicht sehr gut bezahlt und agiert manchmal wenig professionell. Gegen die wachsende Gewaltkriminalität gibt sich die Polizei zumeist machtlos. Selbst Morde werden selten aufgeklärt, und wenn, dann fehlen gerichtsfeste Beweismittel. Aufgrund der schlechten Bezahlung sehen es zudem viele Polizisten als ihr gutes Recht an, kleine Geschenke zu verlangen (GIZ 6.2017a). Manchmal entgleitet den zivilen Aufsichtsbehörden die effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 20.4.2018). Die Polizeireform ist ins Stocken geraten (BS 2018).
Die Independent Policing Oversight Authority (IPOA) soll als zivile Aufsicht die Arbeit der Polizei kontrollieren. Sie hat in zahlreichen Fällen von Fehlverhalten durch Sicherheitskräfte Untersuchungen angestellt. In einigen Fällen extra-legaler Tötungen wurden Anklagen eingebracht. Trotzdem bleibt Straffreiheit ein ernstes Problem, ist bei Korruptionsvorwürfen sogar üblich. Erst einmal ist es im Fall eines von IPOA vorgebrachten Falles zur Verurteilung zweier Polizisten wegen Mordes gekommen (USDOS 20.4.0218). Insgesamt ist die Polizei von Korruption und Kriminalität durchsetzt (FH 2018).
Kenia verfügt über eine Berufsarmee mit rund 24.000 Soldaten, wobei eine Stärke von 31.000 Soldaten angestrebt wird (AA 1 .2017a). Die dem Verteidigungsministerium unterstehende Armee ist für die äußere Sicherheit verantwortlich, erfüllt aber auch einige Aufgaben der inneren Sicherheit (USDOS 20.4.2018). Die kenianische Armee gilt als professionell und schlagkräftig. Sie genießt seit Jahrzehnten Förderung u.a. durch Großbritannien und die USA – auch in Form von Ausbildung und Training. Sie ist innenpolitisch zurückhaltend und in der jüngeren Vergangenheit öffentlich bislang erst zwei Mal im Landesinneren in Erscheinung getreten: 1982 und 2008 (GIZ 6.2017a).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.2017a): Kenia – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/-/208078 , Zugriff 25.6.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya , Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/ , Zugriff 25.6.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
5. Folter und unmenschliche Behandlung
Im April 2017 trat der Prevention of Torture Act in Kraft, mit welchem Folter nunmehr strafrechtlich verfolgt werden kann. Damit ist es möglich, bereits bestehende Vorgaben in der Verfassung auch umzusetzen. Es gibt Berichte darüber, dass die Polizei bei Einvernahmen aber auch zur Bestrafung von Untersuchungshäftlingen und Gefangenen Folter anwendet. Die Täter gingen dabei straffrei. Dies gilt auch für die Anwendung willkürlicher Gewalt durch Polizisten – etwa bei Demonstrationen oder Hausdurchsuchungen (USDOS 20.4.2018).
Es gibt zahlreiche Berichte über willkürliche und ungesetzliche Tötungen durch Sicherheitskräfte. Opfer sind meist Verdächtige bei Kriminalverbrechen (inkl. Terrorismus-Verdächtige). Im ersten Halbjahr 2017 wurden 80 Fälle von getöteten Personen dokumentiert, davon mindestens 33 standrechtliche Exekutionen. Die Dunkelziffer könnte weit höher sein (USDOS 20.4.2018). Nach anderen Angaben hat die Polizei im Zeitraum Jänner-Oktober 2017 214 Menschen erschossen (FH 2018). Generell steigt die Zahl extra-legaler Tötungen durch Sicherheitskräfte. Der Fokus liegt hierbei auf Personen, die einer Straftat verdächtigt werden – i.d.R. junge Männer in informellen Siedlungen (BS 2018).
Im Zuge der Proteste nach den Wahlen im August 2017 sind 100 Personen schwer verletzt und mindestens 33 getötet worden. Die Sicherheitskräfte hatten exzessive Gewalt angewendet (USDOS 20.4.2018) – v.a. gegen Anhänger der Opposition. Auch nach der Wahlwiederholung im September 2017 gab es Tote, als die Polizei mit scharfer Munition auf Demonstranten schoss (AI 23.5.2018). Auch der Armee werden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen; dies vor allem in den Counties Mandera, Garissa und Wajir an der somalischen Grenze. Generell bleibt die Straflosigkeit ein großes Problem (USDOS 20.4.2018).
Sicherheitskräften wird vorgeworfen, dass sie Personen verschwinden haben lassen (USDOS 20.4.2018).
Personen werden von der Polizei willkürlich angehalten oder Inhaftiert, um von ihnen Bestechungsgelder zu lukrieren. Manchmal werden Personen geschlagen, wenn sie kein Schmiergeld bezahlen können. Bei illegalen Aktivitäten der Sicherheitskräfte, aber auch bei der Erfüllung der Polizeiarbeit kommt es zu wiederrechtlicher Haft, zu Erpressung, physischer Gewalt und zur Erfindung von Haftgründen (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 – Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kenia, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/kenia , Zugriff 16.7.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya , Zugriff 16.7.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
6. Korruption
Generell ist Korruption in Kenia strafbar. Allerdings werden die entsprechenden Gesetze nicht effektiv vollzogen. Viele Behördenmitarbeiter sind korrupt und bleiben straffrei (USDOS 20.4.2018). Korruption ist auf allen Ebenen der Verwaltung endemisch (USDOS 28.6.2018; vgl. FH 2018). Durch die Dezentralisierung des Staates erfolgte auch eine Dezentralisierung der Korruption in Richtung der Counties (BS 2018; vgl. FH 2018). Das Land wurde am Korruptionswahrnehmungsindex 2017 auf Platz 143 von 180 Ländern eingestuft (TI 2.2018).
Präsident Kenyatta führt auch nach seiner Wiederwahl die Kampagne gegen Korruption fort. Allerdings gibt es bei der Korruptionsbekämpfung nur geringe Fortschritte (USDOS 20.4.2018). Seit ihrer Einrichtung im Jahr 2011 wurde die Ethics and Anti-Corruption Commission (EACC) willkürlich geschwächt und desavouiert (BS 2018). Sowohl die EACC als auch das Office of the Director of Public Prosecutions (ODPP) sind unterfinanziert (USDOS 20.4.2018). Der EACC fehlen Strafverfolgungsbefugnisse (FH 2018). Das Problem der Straflosigkeit in Korruptionsfällen konnte nicht gelöst werden (BS 2018). Folglich stellt Straflosigkeit weiterhin ein Problem dar, und so auch die Korruption innerhalb der Polizei (USDOS 20.4.2018). Diese zählt zu den korruptesten Behörden des Landes (GIZ 6.2017a). Selbst gegen die Anti-Korruptionsinstitutionen EACC und ODPP bestehen Korruptionsvorwürfe. Dabei ist insgesamt Bestechung das üblichste Korruptionsmittel. Bei einer Umfrage gaben 38 Prozent der Befragten an, im Jahr 2016 Bestechungsgeld bezahlt zu haben (USDOS 20.4.2018). Die zunehmende Korruption ist für die Bevölkerung auch eine Quelle für Frustration und Zorn. Demonstrationen und Streiks waren die Folge (BS 2018).
Quellen:
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya , Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/ , Zugriff 25.6.2018
- TI - Transparency International (21.2.2018): CPI - Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017 , Zugriff 17.7.2018
- USDOS - US Department of State (28.6.2018): Trafficking in Persons Report 2018 - Country Narratives - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1437564.html , Zugriff 16.7.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
7. NGOs und Menschenrechtsaktivisten
In Kenia sind mehr als 10.000 NGOs aktiv (AA 1 .2017a). Es gibt traditionell eine sehr lebendige Szene von nationalen NGOs und Gruppen, die sich thematisch vor allem um Fragen der Demokratie, Korruption, Frauenrechte und Menschenrechte kümmern, gefolgt von Umweltschutz oder kulturellen Anliegen. Viele dieser Organisationen gelten als Wegbereiter der Demokratisierung, die in den Mehrparteienwahlen von 2002 ihren Ausdruck fand (GIZ 6.2017a). Inländische und internationale Menschenrechtsgruppen arbeiteten im Allgemeinen ohne staatliche Beschränkung, obwohl einige Gruppen berichteten, dass sie im Laufe des Jahres 2017 zunehmend staatliche Schikanen erlebt haben. Beamte sind manchmal kooperativ, aber die Regierung ignoriert Empfehlungen von Menschenrechtsgruppen, wenn diese sich gegen ihre Politik richtet. V.a. weniger etablierte NGOs in ländlichen Gebieten berichten, dass sie von lokalen Behördenmitarbeitern oder Polizisten schikaniert oder bedroht werden (USDOS 20.4.2018). Die Behörden bedienen sich rechtlicher und administrativer Maßnahmen, um die Aktivitäten zivilgesellschaftlicher Organisationen, die sich mit Menschenrechten und Regierungsführung beschäftigten, zu behindern (AI 23.5.2018). Menschenrechtsaktivisten, die sich sehr exponieren, werden bis zu einem gewissen Grad als gefährdet eingeschätzt (ÖB 20.12.2016).
Die (rechtlichen) Versuche der Regierung, Aktivitäten von zivilgesellschaftlichen Organisationen einzuschränken, waren bisher allerdings erfolglos (BS 2018). Im Mai 2017 entschied das Hohe Gericht in Nairobi, dass die Regierung das Gesetz über gemeinnützige Organisationen von 2013 (Public Benefit Organization [PBO] Act 2013) veröffentlichen müsse. Sollte das Gesetz Rechtskraft erlangen, könnte es die Arbeitsbedingungen von zivilgesellschaftlichen Organisationen und NGOs verbessern (AI 23.5.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.2017a): Kenia – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/-/208078 , Zugriff 25.6.2018
- AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 – Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kenia, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/kenia , Zugriff 16.7.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/ , Zugriff 25.6.2018
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (20.12.2016): Antwort der ÖB Nairobi, per E-Mail
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
8. Allgemeine Menschenrechtslage
Die Menschenrechtssituation ist vergleichsweise gut. Die Verfassung enthält einen Grundrechtekatalog (Bill of Rights), seine Verwirklichung in der Praxis bleibt gleichwohl eine Herausforderung. Wichtigste Menschenrechtsthemen bleiben Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitsorgane und gewaltsame Zusammenstöße zwischen einzelnen Ethnien (AA 1 .2017a). Seitens der Sicherheitskräfte kommt es zu willkürlichen und ungesetzlichen Tötungen, zu Folter, zur Anwendung exzessiver Gewalt und zu willkürlichen Verhaftungen. Meist herrscht hierbei Straffreiheit (USDOS 20.4.2018; vgl. BS 2018). Unverhältnismäßige Gewalt, mit der die Polizei nach den Wahlen im August und im Oktober 2017 gegen Protestierende vorging, führte zum Tod zahlreicher Menschen (AI 23.5.2018), alleine in den Wochen vor der Wahlwiederholung sollen bei – teils gewalttätigen – Demonstrationen in Nairobi und Kisumu dutzende Menschen von der Polizei getötet worden sein (FH 2018).
Gesellschaftlich weitgehend akzeptierte Mob-Gewalt ist üblich und führt zu zahlreichen Todesopfern. Grund dafür ist ein Vertrauensmangel gegenüber Polizei und Justiz. Die Polizei ist in zahlreichen Fällen nicht in der Lage, Schutz vor Mob-Gewalt zu bieten. In manchen Fällen greift sie schützend ein (USDOS 20.4.2018).
Mit der Kenya National Commission on Human Rights (KNCHR), deren Rolle in der neuen Verfassung verankert ist, verfügt Kenia über eine aktive, unabhängige staatliche Organisation zur Überwachung der Menschenrechte (AA 1 .2017a; vgl. USDOS 20.4.2018). Die bereits während des Moi-Regimes sehr aktive (NGO) Kenya Human Rights Commission versteht sich als Anwalt der Rechtlosen gegenüber staatlicher Willkür. Hervorzuheben ist auch People against Torture (PAT), welche Folteropfer vertritt (GIZ 6.2017a).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.2017a): Kenia – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/-/208078 , Zugriff 25.6.2018
- AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 – Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kenia, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/kenia , Zugriff 16.7.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya , Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/ , Zugriff 25.6.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
9. Meinungs- und Pressefreiheit
Meinungs- und Pressefreiheit sind gesetzlich gewährleistet, werden aber manchmal durch die Regierung eingeschränkt. Auch mehrere Gesetze schränken die Möglichkeiten der Medien ein (USDOS 20.4.2018; vgl. BS 2018). Diese Gesetze kommen zwar kaum zur Anwendung, doch alleine ihre Existenz führt bei gewissen Themenbereichen (z.B. Berichterstattung über Korruptionsfälle) zu Selbstzensur (BS 2018). Allerdings wurde im August 2016 das Access of Information Bill verabschiedet, welches als Fortschritt gesehen wird (USDOS 20.4.2018).
Generell sind die Freiheiten der Presse jedenfalls substanziell. Ebenso gibt es eine substanzielle Diversität an publizierten Meinungen (BS 2018). Kenia hat eine lebendige und qualitativ hochwertige Printpresse (GIZ 6.2017a) und eine der aktivsten Medienlandschaften in Afrika (FH 2018). Kenias Medien gelten als die besten der Region, ihre Verbreitung reicht weiter als in den Nachbarstaaten (GIZ 6.2017a). Das bedeutendste Medium war und ist immer noch das Radio. Alle nationalen TV-Sender haben auch Radiostationen. Hinzu kommt eine Vielzahl privater Radiosender (GIZ 6.2017a). Das von mehr als 80 Prozent der Bevölkerung genutzte Internet ist ohne Einschränkungen zugänglich (USDOS 20.4.2018).
Die meisten Medien berichten über eine breite Palette an politischen und sozialen Themen, viele Zeitungen publizieren auch Kritik an der Regierung. Viele Medien sind unabhängig (USDOS 20.4.2018). In den TV- und Printmedien ist grundsätzlich eine freie und regierungskritische Berichterstattung möglich. Die Medien gehören zu den wenigen, im afrikanischen Kontext vergleichsweise gut funktionierenden Institutionen in Kenia. Seit langem übernehmen sie die Rolle der Opposition als kritischer Beobachter der kenianischen Politik. Dennoch bleibt der Einfluss einzelner Führungspersönlichkeiten des Landes im Medienbereich deutlich sichtbar (AA 1 .2017c).
Es kommt zur Drangsalierung von Journalisten durch Regierung und Sicherheitskräfte – und in der Folge zu Selbstzensur (FH 2018). In einigen Fällen wurden Journalisten von Polizisten während der Einvernahme geschlagen und Blogger für die Veröffentlichung von Informationen über Terrorismus inhaftiert (BS 2018). Von 2013 bis 2017 wurden 23 Vorfälle dokumentiert, bei welchen Journalisten oder Blogger angegriffen wurden. V.a. vor den Wahlen im August 2017 kam es zu einer wachsenden Zahl an Einschüchterungen gegen Journalisten (USDOS 20.4.2018). Reporter ohne Grenzen sieht Kenia 2018 im Ranking der Pressefreiheit stabil auf Platz 96 (Vorjahr: 95) unter 180 verglichenen Ländern (ROR 2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.2017c): Kenia – Kultur und Bildung, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/-/208080 , Zugriff 17.7.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya , Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/ , Zugriff 25.6.2018
- ROR - Reporter ohne Grenzen (2018): Rangliste der Pressefreiheit 2018, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/uploads/tx_lfnews/media/Rangliste_der_Pressefreiheit_2018_-_Reporter_ohne_Grenzen_01.pdf , Zugriff 25.6.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
10. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition
Obwohl Verfassung und Gesetze Versammlungsfreiheit vorsehen, wird dieses Recht manchmal von der Regierung eingeschränkt. Versammlungen müssen vorangemeldet werden (USDOS 20.4.2018).
Den Staatsbürgern steht es frei, politische Parteien zu organisieren. Kenianische Parteien repräsentieren v.a. ideologische, regionale und ethnische Interessen. Sie sind aber notorisch schwach. Parteien bilden oft nur für die Wahlen Koalitionen (FH 2018).
Die Polizei ging im August 2017 nach den Wahlen mit exzessiver Gewalt gegen Demonstranten der Opposition vor (mindestens 31 Tote), während Demonstrationen von Regierungsanhängern unbehelligt blieben (AI 23.5.2018; vgl. FH 2018). Es gibt keine Berichte über politische Gefangene (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 – Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kenia, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/kenia , Zugriff 16.7.2018
- FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya , Zugriff 16.7.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
11. Religionsfreiheit
Laut Verfassung und anderen Gesetzen ist Diskriminierung aufgrund des Glaubens verboten und wird die Religionsfreiheit geschützt (USDOS 15.8.2017; vgl. BS 2018). Die Regierung respektiert diese Rechte auch (FH 2018).
Die somalische terroristische Gruppe al Shabaab verübte in den vergangenen Jahren mehrere Anschläge gegen nicht-Muslime (USDOS 15.8.2017). Zwischen Christen und Muslimen kommt es aufgrund der terroristischen Anschläge der vergangenen Jahre weiterhin zu Spannungen. Es kommt zu gegenseitigen Drohungen und Einschüchterungen (USDOS 15.8.2017). Außerdem entladen sich immer wieder interreligiöse Konflikte (AA 1 .2017a). Vereinzelt sind religiöse Gebäude angezündet und Attentate auf religiöse Persönlichkeiten verübt worden (EDA 25.6.2018).
Im Zuge von Anti-Terrorismusoperationen gegen al Shabaab kommt es zu Gewalt gegen und Einschüchterung von Muslimen (FH 2018). Manchmal kommt es zur offenen Drangsalierung von Muslimen. Dadurch werden die Ressentiments der Bevölkerung gegenüber den muslimischen Gemeinden an der Küste, im Norden und Nordosten in Teilen aufrechterhalten (BS 2018). Der Polizei wird vorgeworfen, dass es gegenüber Muslimen zu extralegalen Tötungen, Folter und willkürlicher Verhaftung gekommen ist. Allerdings ist nicht klar zu trennen, ob solche Vorfälle ausschließlich mit der religiösen Identität in Zusammenhang stehen, da hier Religion und Ethnizität eng verbunden sind. Bei den Opfern handelt es sich vor allem um ethnische Somali (USDOS 15.8.2017).
Spiritualität und Religion spielen eine sehr große Rolle (GIZ 12.2016c). Rund 70 Prozent der Kenianer sind Christen. Davon sind 26,5 Prozent anglikanisch und 26,4 Prozent römisch-katholisch konfessionell gebunden. Die evangelikalen Pfingstgemeinden, die sich vor allen Dingen in der kenianischen Mittelschicht zunehmender Beliebtheit erfreuen, liegen auf einem vergleichbaren Niveau. 2,5 Prozent der Christen sind orthodox. Zum Islam bekennen sich etwa 20 Prozent der Kenianer (AA 1 .2017a). Nach anderen Angaben sind knapp 80 Prozent der Kenianer Christen verschiedener Konfessionen (davon 33 Prozent Katholiken) und etwa 10 Prozent Muslime (GIZ 6.2017c; vgl. USDOS 15.8.2017). Die asiatisch-stämmige Bevölkerungsgruppe verteilt sich auf die großen Religionen des indischen Subkontinents: Es gibt Hindus, Jainas und Sikhs. Die Kenianer islamischen Glaubens leben überwiegend an der kenianischen Küste von Mombasa bis Lamu sowie im Norden des Landes (AA 1 .2017a), sie stellen an der Küste auch die Mehrheit (GIZ 6.2017c).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.2017a): Kenia – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/-/208078 , Zugriff 25.6.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (25.6.2018): Reisehinweise für Kenia, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/kenia/reisehinweise-kenia.html , Zugriff 25.6.2018
- FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya , Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017c): Kenia – Gesellschaft, https://www.liportal.de/kenia/gesellschaft/ , Zugriff 25.6.2018
- USDOS - US Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1407519.html , Zugriff 25.6.2018
12. Ethnische Minderheiten
Kenia ist ein Vielvölkerstaat und ein Einwanderungsland. Mehr als 40 unterschiedliche Ethnien leben in Kenia und sprechen mehr als 50 verschiedene Sprachen (AA 1 .2017a; vgl. GIZ 6.2017c). Größere Bevölkerungsgruppen sind die Kikuyu (22 Prozent), Luhya (14 Prozent), Luo (13 Prozent), Kalenjin (12 Prozent) und Kamba (11 Prozent) (AA 1 .2017a).
Auch wenn junge, gebildete Großstädter heute weniger auf ihre Ethnie als Bezugspunkt rekurrieren als früher, so spielt die Frage der ethnischen Herkunft doch noch immer eine bedeutende Rolle in der Gesellschaft. Heiraten unter bestimmten Gruppen - etwa Kikuyu und Luo - bleiben noch immer eher die Ausnahme (GIZ 6.2017c). Kenia bleibt entlang ethnischer Linien tief gespalten (BS 2018).
Da keine Ethnie in Kenia von der Zahl her dominant ist (außer in einigen Counties), gab es seit der Staatsgründung politisch immer eine Notwendigkeit, Bündnisse zu schließen, wollte man die Macht erlangen oder halten. Politische Gegnerschaft muss aber nicht in Form ethnischer Polarisierung ausgetragen werden und darf es laut Verfassung theoretisch neuerdings auch nicht mehr. Verschiedene Institutionen haben die Aufgabe, Hasstiraden und die Bildung von Milizen zu unterbinden und einen nationalen Konsens zu fördern (GIZ 6.2017c). Trotzdem gibt es viele Faktoren, welche zu interethnischen Konflikten beitragen: Althergebrachte Landkonflikte; Proliferation von Schusswaffen; Viehdiebstahl; das Entstehen von modernen Gangs; ineffiziente Lokalpolitik; ökonomische Effekte durch Dürren; politische Konkurrenz. Vor allem im Rift Valley und an der Küste kommt es zu schweren Konflikten zwischen Landbesitzern und illegalen Siedlern während im Norden und Nordosten der Wettkampf um Wasser und Weidegebiete ein Problem darstellt. Häufig von Konflikten, Banditentum, Landstreitigkeiten und Viehdiebstahl betroffen sind die Somali, Turkana, Gabbra, Borana, Samburu, Rendille und Pokot. Manchmal kommt es im Zuge dieser Konflikte zu Todesopfern (USDOS 20.4.2018).
Die ethnische Zugehörigkeit wirkt sich auch am Arbeitsmarkt aus. Sowohl in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Dienst werden Angehörige der eigenen Ethnie bevorzugt. In 15 von 47 Counties gibt es keinen einzigen Angehörigen einer Minderheiten-Ethnie in der County-Verwaltung oder in der County-Regierung (USDOS 20.4.2018). So geht also die Dezentralisierung auch mit einer Verschiebung der Korruption einher und in vielen Counties werden lokal dominante Ethnien bevorzugt, während lokale Minderheiten marginalisiert werden (BS 2018).
Albinos werden gesellschaftlich diskriminiert. Viele dieser Menschen verlassen aus Angst vor Misshandlungen ihre Dörfer und ziehen in Städte, welche als sicherer erachtet werden. Es kommt zu Übergriffen von Einzelpersonen auf Albinos, um an deren als magisch erachtete Körperteile zu gelangen (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.2017a): Kenia – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/-/208078 , Zugriff 25.6.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017c): Kenia – Gesellschaft, https://www.liportal.de/kenia/gesellschaft/ , Zugriff 25.6.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
13. Relevante Bevölkerungsgruppen
13.1. Frauen (Früh- und Zwangsehe siehe 16.2)
Die Verfassung sieht gleiche Rechte für Männer und Frauen vor (USDOS 20.4.2018). Frauen werden trotzdem in allen Bereichen des öffentlichen und zivilen Lebens benachteiligt. Dies gilt insbesondere für ländliche Gebiete. Die Verfassung und das Gesetz verbieten Diskriminierung aufgrund von Geschlecht (BS 2018).
Kenia leidet unter großen sozialen Unterschieden, die sich negativ auf Frauen, Jugendliche und Behinderte auswirken. Nichtdiskriminierung und Gleichstellung sind zwei der wichtigsten Themen der neuen Verfassung. Die Diskriminierung von Frauen in Bezug auf die Vererbung und den uneingeschränkten Zugang zu Grundeigentum wurde beseitigt (BS 2018).
Trotz beachtlicher Fortschritte insbesondere in der Sphäre der politischen Präsenz haben die Frauen noch viele Hürden zu überwinden (GIZ 6.2017c). Zwar ist vorgesehen, dass Frauen mindestens ein Drittel der Abgeordneten und der Minister stellen sollten; jedoch wird diese Regulierung nicht eingehalten (USDOS 20.4.2018; vgl. BS 2018). 67 Abgeordnete im Parlament (19 Prozent) und 18 im Senat sind Frauen, es gibt keine weiblichen Gouverneure. In den County Assemblies finden sich landesweit 736 Frauen (BS 2018).
Vergewaltigung in der Ehe wird nicht kriminalisiert (GIZ 6.2017c). Vergewaltigung und häusliche Gewalt sind alltäglich und werden nur selten strafrechtlich verfolgt (FH 2018). Die Coalition on Violence against Women berichtet von ca. 16.500 Vergewaltigungen pro Jahr in Kenia. Fälle sexueller Gewalt werden v.a. in ländlichen Gebieten oft in traditionellen Konfliktlösungsmechanismen abgehandelt. Dabei wird i.d.R. der Familie des Opfers eine Kompensationszahlung zugesprochen. Im formellen Recht ist die Höchststrafe für Vergewaltigung lebenslange Haft. Üblicherweise wird die Mindeststrafe von zehn Jahren Haft verhängt (USDOS 20.4.2018).
Häusliche Gewalt gegen Frauen ist weit verbreitet, die Polizei ermittelt in solchen Fällen generell nicht. FGM ist gesetzlich verboten. Auch herabwürdigende Äußerungen gegenüber einer nicht-beschnittenen Frau sind strafbar (USDOS 20.4.2018). Trotzdem ist mehr als ein Fünftel der Mädchen und Frauen zwischen 15 und 49 Jahren beschnitten (GIZ 6.2017c). In einigen ländlichen Gegenden ist FGM verbreitet. Dort werden Polizisten bestochen, um einer Anzeige zu entgehen. Allerdings gibt es öffentliche Aufklärungskampagnen gegen FGM und Medien berichten über Verhaftungen von Tätern und Eltern. Immer mehr Mädchen weigern sich, an FGM-Zeremonien teilzunehmen (USDOS 20.4.2018).
Zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen setzen sich für die Interessen der Frauen ein. Führend im Einsatz für Frauenrechte ist der Zusammenschluss kenianischer Anwältinnen FIDA (GIZ 6.2017a). Im ganzen Land – vor allem aber in den Städten – gibt es zahlreiche Organisationen (NGOs oder kirchliche Stellen), die Hilfe für Frauen in vulnerablen Situationen (u.a. Zwangsheirat, Beschneidung, häusliche Gewalt) anbieten (ÖB 18.1.2017).
Frauen sind zwar zu 40 Prozent für den Unterhalt ihrer Familien zuständig, aber sie besitzen wenig als 3 Prozent der Grundstückstitel (GIZ 6.2017a). Die Verfassung verbietet die geschlechtsspezifische Diskriminierung in Bezug auf Grundstücke und Eigentumsrechte und gewährt Frauen gleichen Anspruch auf Erbschaft und Zugang zu Land. Das Justizsystem und die weit verbreiteten gewohnheitsrechtlichen Gesetze diskriminieren Frauen in vielen Bereichen und begrenzen ihre politischen und wirtschaftlichen Rechte (USDOS 20.4.2018).
Alleinerziehende Mütter sind aufgrund allgegenwärtiger Promiskuität in Kenia, speziell in den städtischen Ballungsräumen, eher die Regel und nicht die Ausnahme. Eine alleinstehende Frau mit einem unehelichen Kind in Kenia, so wie auch in vielen anderen Kulturkreisen, steht unter einem gewissen gesellschaftlichen Druck, vor allem in ländlichen Gebieten. Dieser Umstand steht jedoch der Möglichkeit einer selbständigen Bestreitung des Lebensunterhalts nicht entgegen. Auch von einer generellen Ausgrenzung seitens der Bevölkerung kann in keiner Weise gesprochen werden; es gibt in Kenia genügend Ausweichmöglichkeiten, wenn das Leben einer Person aufgrund der familiären Situation an einem bestimmten Ort mit Problemen verbunden ist (ÖB 18.1.2017).
Quellen:
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya , Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/ , Zugriff 25.6.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017c): Kenia – Gesellschaft, https://www.liportal.de/kenia/gesellschaft/ , Zugriff 25.6.2018
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (18.1.2017): Antwort der ÖB Nairobi, per E-Mail
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
-
13.2. Kinder (FGM siehe Abschnitt 16.1)
Im Bereich der Bildung hat Kenia viel geleistet (GIZ 6.2017c). Die Schulausbildung ist kostenlos und obligatorisch bis zum 13. Lebensjahr (USDOS 20.4.2018; vgl. GIZ 6.2017c). Mehr als 87 Prozent der Kenianer können lesen und schreiben (BS 2018; vgl. GIZ 6.2017c). Das Land ist damit Spitzenreiter in Ostafrika (BS 2018).
Früh- und Zwangsheirat ist gesetzlich verboten. Beides kommt aber bei einigen ethnischen Gruppen traditionell vor (USDOS 20.4.2018) und ist weit verbreitet. Von Zwangsheirat sind vor allem die Töchter nomadisierender Stämme (Massai, Turkana, Samburu etc.) betroffen. Dennoch sind Zwangsehen nicht nur auf diese Ethnien beschränkt, sondern kommen im ganzen Land vor. Dieses Problem – welches fast ausschließlich minderjährige Mädchen betrifft – wurde vor Jahren von zahlreichen Hilfsorganisationen und kirchlichen Stellen erkannt, die dagegen vorgehen und den betroffenen Mädchen konkrete Hilfestellung anbieten. Auch der Staat geht zusehends strenger gegen dieses Phänomen vor (ÖB 18.1.2017). Trotzdem wird fast ein Viertel der Mädchen vor ihrem 18. Geburtstag und 4 Prozent vor ihrem 15. Geburtstag verheiratet (GIZ 6.2017c). Gewalt gegen Kinder, insbesondere in armen und ländlichen Gemeinden tritt häufig auf, wie auch Kindesmissbrauch, einschließlich sexuellen Missbrauchs. Insbesondere Kinder werden sexuell ausgebeutet und Opfer von Menschenhandel. Zusätzlich gibt es Berichte über die Rekrutierungen von Kindersoldaten durch al-Shabaab (USDOS 20.4.2018).
Das Gesetz kriminalisiert sexuelle Ausbeutung von Kindern. Die Regierung führt Programme, um Straßenkinder in Schutzhäusern und mithilfe von NGOs durch Schulbildung, Ausbildung, Beratung, Rechtsberatung und medizinischer Betreuung zu unterstützten. Mit dem National Safety Net Program for Results und dem Decent Work Country Program bezahlt die Regierung u.a. Haushalte, die Waisen und andere vulnerable Kinder beherbergen (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017c): Kenia – Gesellschaft, https://www.liportal.de/kenia/gesellschaft/ , Zugriff 25.6.2018
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (18.1.2017): Antwort der ÖB Nairobi, per E-Mail
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
14. Bewegungsfreiheit
Verfassung und Gesetze sehen das Recht auf Bewegungsfreiheit vor und die Regierung respektierte dieses Recht auch in der Praxis (USDOS 20.4.2018). Allerdings wird dieses Recht in der Praxis durch Sicherheitsbedenken und ethnische Spannungen eingeschränkt, da viele Bürger bestimmte Teile des Landes meiden (FH 2018).
Es gibt in Kenia kein zentrales Melderegister und auch keine Meldepflicht. Es bestehen durchaus Ausweichmöglichkeiten im eigenen Land. Nairobi ist eine Stadt von ca. 6,5 Mio. Einwohnern, in der es jedem möglich sein sollte, in Anonymität zu leben, sofern dies gewünscht wird. Es besteht die Möglichkeit, dass sich die Menschen in einer anderen Region des Landes, wo ihre jeweilige ethnische Gruppe dominiert, ohne Probleme niederlassen können (ÖB 20.12.2016).
Quellen:
- FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018 - Kenya, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/kenya , Zugriff 16.7.2018
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (20.12.2016): Antwort der ÖB Nairobi, per E-Mail
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
15. IDPs und Flüchtlinge
Kenia kooperiert mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen, um IDPs, Flüchtlingen und Asylwerbern Schutz und Unterstützung zukommen zu lassen. Kenia kooperiert hinsichtlich der in den Lagern Dadaab und Kakuma untergebrachten Flüchtlinge mit dem UNHCR. Eine Registrierung als Flüchtling ist oft nur in Zeitfenstern möglich, im zweiten Halbjahr 2017 gab es etwa gar keine Registrierungen (USDOS 20.4.2018). Gemäß UNHCR beherbergte Kenia im September 2017 489.000 anerkannte Flüchtlinge und Asylwerber, davon 425.000 in Dadaab und Kakuma (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 23.5.2018).
Die Krise Somalias, die Kenia seit der Staatsgründung verfolgt, hat neben der Relevanz für die Sicherheit auch eine humanitäre Komponente. Das Flüchtlingslager Dadaab, das somalischen Flüchtlingen seit Beginn der Neunzigerjahre Zuflucht gewährt, war zeitweilig auf mehr als 400.000 Bewohner angewachsen (GIZ 6.2017a). Die kenianische Regierung wollte das Lager schließen, doch das Oberste Gericht hat im Februar 2017 die Schließung untersagt und als verfassungswidrig bezeichnet (u.a. bezgl. non-refoulement und Diskriminierungsverbot). In dem Urteil hieß es auch, dass der Schritt der Regierung, den nach Kenia geflohenen somalischen Staatsangehörigen den Flüchtlingsstatus abzuerkennen, verfassungswidrig sei und gegen kenianisches und internationales Recht verstoße (AI 23.5.2018).
Die Behörden setzten das freiwillige Rückführungsprogramm für Flüchtlinge aus Somalia im Rahmen der 2014 geschlossenen Trilateralen Vereinbarung fort (AI 23.5.2018). UNHCR unterstützt auch weiterhin die freiwillige Rückkehr nach Somalia – sowohl finanziell als auch logistisch. Es gibt zahlreiche Berichte, wonach die kenianische Regierung auf somalische Flüchtlinge Druck ausübt, damit diese „freiwillig“ nach Somalia zurückkehren bzw. an den Rückkehrprogrammen partizipieren (USDOS 20.4.2018). Es ist auch zu illegalen Zwangsrückführungen nach Somalia gekommen (BS 2018).
Die Bewegungsfreiheit von Flüchtlingen wurde zunehmend eingeschränkt. Flüchtlingen ist es außerdem nicht gestattet, einer Arbeit nachzugehen. Vor allem im Stadtteil Eastleigh in Nairobi kommt es auch zu Übergriffen auf somalische Flüchtlingen und Asylwerber durch die Polizei (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 – Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kenia, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/kenia , Zugriff 16.7.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017a): Kenia – Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/kenia/geschichte-staat/ , Zugriff 25.6.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
16. Grundversorgung und Wirtschaft
Kenia konnte als regional stärkste Wirtschaftsnation in Ostafrika seit der Jahrtausendwende deutliche wirtschaftliche Fortschritte verzeichnen. Das Wirtschaftswachstum liegt relativ konstant bei 5 bis 6 Prozent. Kenia wird bereits seit 2014 mit einem geschätzten Pro-Kopf Einkommen von 1.434 US-Dollar (2015) als Middle Income Country klassifiziert (AA 1 .2017b; vgl. BS 2018). Der Mittelstand wächst, welcher Umstand sich in der wachsenden Zahl an Einkaufszentren und Supermärkten erkennbar ist. Die Dezentralisierung der Verwaltung hat dazu geführt, dass es in den Counties zu Verbesserungen bei Infrastruktur, Gesundheitsversorgung und öffentlichen Diensten gekommen ist (BS 2018).
Insgesamt kam das Wachstum der breiten Bevölkerung bisher aber kaum zugute. Das Land bleibt eines der ärmsten der Welt und rangiert auf Platz 145 von 187 auf dem Human Development Index (BS 2018). Knapp 46 Prozent der Bevölkerung Kenias leben unterhalb der Armutsgrenze. Etwa 33,6 Prozent der Kenianer müssen mit weniger als 1,90 US-Dollar pro Tag auskommen. Kenia ist außerdem ein Land mit äußerst starker sozialer und regionaler Ungleichverteilung von Einkommen. 2015 lebten in Kenias Städten 56 Prozent der Einwohner in Slums (AA 1 .2017b).
Von den rund 19,7 Millionen erwerbsfähigen Kenianern gehen 2,6 Millionen einer Arbeit im formellen Sektor nach, 12,6 Millionen Menschen im informellen Sektor. Die Wirtschaft hat von 2006 bis 2013 jährlich 800.000 Jobs geschaffen. Die Gesamtarbeitslosigkeit lag im Jahr 2016 bei 11 Prozent (2013: 11,9 Prozent) (BS 2018), nach anderen Angaben bei 10 Prozent. Dabei ist die Jugendarbeitslosigkeit die größte Herausforderung. 80 Prozent der Arbeitslosen sind unter 35 Jahre alt (AA 1 .2017b), 38 Prozent der Personen zwischen 15 und 35 Jahren gehen weder einer Ausbildung nach, noch arbeiten sie (BS 2018).
Kenia ist Gründungsmitglied des Common Market für Eastern and Southern Africa (COMESA) und der East African Community (EAC) (AA 1 .2017b). In der EAC verfügt Kenia über die größte und am meisten diversifizierte Wirtschaft. Kenia hat zwar die Abhängigkeit vom Agrarsektor reduziert (BS 2018), doch bleibt der wichtigste Wirtschaftssektor Kenias nach wie vor die Landwirtschaft (inklusive Fischerei und Forstwirtschaft), in der ca. 30 Prozent des BIP erwirtschaftet werden. Landwirtschaftliche Produkte (Schnittblumen, Tee, Kaffee) sind Hauptexportgüter, wobei Tee Kenias wichtigstes Exportprodukt bleibt. Bank- und Telekommunikationsdienstleistungen wachsen stark. Im privaten Sektor gibt es interessante Ansätze. In einigen Branchen wie Maschinen- und Anlagenbau, Chemie, Bauwirtschaft, Kommunikation, Umwelt-, Medizintechnik, Infrastruktur und Bergbau (AA 1 .2017b) sowie Finanzdienstleistungen wird kräftig investiert, und darauf fußt das Wirtschaftswachstum. Der wachsende Mittelstand lässt wiederum den Handel wachsen (BS 2018). 93 Prozent der Kenianer verwenden Mobiltelefone, mehr als 70 Prozent überweisen oder empfangen Geld per Handy (GIZ 6.2017d).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (1.2017b): Kenia – Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kenia-node/wirtschaft/208060 , Zugriff 25.6.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017c): Kenia – Gesellschaft, https://www.liportal.de/kenia/gesellschaft/ , Zugriff 25.6.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017d): Kenia – Alltag, https://www.liportal.de/kenia/alltag/ , Zugriff 25.6.2018
16.1. Sozialbeihilfen
Sozialfür- und -vorsorge als Mittel zur Armutsbekämpfung ist Teil der offiziellen Sozialpolitik. Doch die Ergebnisse der Bemühungen müssen als durchwachsen bezeichnet werden. Die staatliche Rentenkasse NSSF zieht von Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils 6 Prozent des Bruttolohns für die Rentenkasse ein, die Ausschüttungen nach Antritt der Pension im Alter von 60 Jahren reichen aber nicht zum Überleben. Der größte und für Angestellte und Beamte obligatorische Gesundheitsversicherer NHIF zählt rund 5,8 Millionen Kunden. Eine nennenswerte Absicherung für den Fall von Arbeitslosigkeit gibt es nicht. Inzwischen haben private Versicherer die wachsende Mittelklasse als Kunden für sich entdeckt (GIZ 6.2017c).
Für viele Kenianer bleibt die Zugehörigkeit zu einer Ethnie Teil ihres sozialen Netzwerkes, wichtig bei Jobsuche und in Krisensituationen. Die Mehrgenerationenfamilie bildet das soziale Rückgrat der Gesellschaft (GIZ 6.2017c). Das Vertrauen in sozialen Angelegenheiten beruht auf Familie, Clan und Ethnie. Zusätzlich gibt es im ganzen Land eine große Zahl an sozialen und Selbsthilfeorganisationen sowie an informellen Kooperativen (BS 2018).
Quellen:
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017c): Kenia – Gesellschaft, https://www.liportal.de/kenia/gesellschaft/ , Zugriff 25.6.2018
17. Medizinische Versorgung
Die ärztliche Versorgung in Nairobi ist gut (AA 25.6.2018). Dort gibt es Krankenhäuser auf internationalem Standard, z.B. das Nairobi Hospital und das Aga Khan Hospital sowie die privaten Spitäler Karen Hospital und MP Shah. Für die Küstenregion ist das Aga Khan Hospital Mombasa eines der am besten ausgestatteten Krankenhäuser (GIZ 6.2017d). Einfache bis mittelschwere Operationen können, insbesondere in Nairobi, in ausgewählten Krankenhäusern durchgeführt werden. Im Notfall sind auch komplexe Eingriffe möglich (AA 25.6.2018). Die Lebenserwartung in Kenia ist von 53,5 Jahren im Jahr 2004 auf 62,5 Jahre im Jahr 2014 gestiegen (BS 2018). Von einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung ist Kenia insgesamt allerdings weit entfernt. Auf tausend Bürger kommen nur 0,14 Ärzte. Krankenhäuser gibt es nur in größeren Städten (GIZ 6.2017c).
Krankenhäuser verlangen eine Vorzahlung, bevor sie Patienten behandeln (EDA 25.6.2018). In den staatlichen Spitälern werden Patienten, die nicht bezahlen können, rasch entlassen. In Privatkrankenhäusern werden Patienten ohne Kreditkarte nicht zugelassen (GIZ 6.2017c). Von Dezember 2016 bis November 2017 stattfindende Streiks von Pflegepersonal und Ärzten hatten gravierende Folgen für das staatliche Gesundheitswesen im gesamten Land. Jene, die sich keine private Krankenversicherung leisten konnten, waren überproportional stark von der mangelnden medizinischen Versorgung betroffen (AI 23.5.2018).
Handelsübliche Medikamente sind in den Großstädten verfügbar. Die Apotheken in Nairobi haben ein gutes Sortiment aller wichtigen Standardmedikamente. Medikamentenfälschungen mit unsicherem Inhalt kommen allerdings vor (AA 25.6.2018). Aus Kostengründen werden zunächst nach wie vor traditionelle Heiler und Wahrsager konsultiert und auf heimischen Kräutern basierende Therapien zurückgegriffen (GIZ 6.2017c).
HIV/AIDS ist ein großes Thema in der kenianischen Gesundheitspolitik, und selbst in abgelegenen und von Traditionen geprägten Gebieten findet ein Umdenken statt. Weil es an Geld fehlt, stehen zehntausende HIV-Infizierte ohne die nötigen antiretroviralen Medikamente da (GIZ 6.2017c). Die Regierung und NGOs unterstützen ein Netzwerk aus mindestens 5.488 Beratungs- und Testzentren, wo gratis HIV/AIDS-Diagnose angeboten wird (USDOS 20.4.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (25.6.2018): Kenia – Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/keniasicherheit/208058 , Zugriff 25.6.2018
- AI - Amnesty International (23.5.2018): Amnesty International Report 2017/18 – Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Kenia, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/kenia , Zugriff 16.7.2018
- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Kenya, http://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Kenya.pdf , Zugriff 16.7.2018
- EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (25.6.2018): Reisehinweise für Kenia, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/kenia/reisehinweise-kenia.html , Zugriff 25.6.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017c): Kenia – Gesellschaft, https://www.liportal.de/kenia/gesellschaft/ , Zugriff 25.6.2018
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2017d): Kenia – Alltag, https://www.liportal.de/kenia/alltag/ , Zugriff 25.6.2018
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
18. Rückkehr und Dokumente
Allein die Tatsache, dass jemand im Ausland um Asyl angesucht hat, zieht in Kenia nach einer Rückkehr keine Repressionen seitens des Staates nach sich (ÖB 20.12.2016).
Die nationalen Registrierungsrichtlinien sehen vor, dass Staatsbürger ab 18 Jahren verpflichtet sind, Personaldokumente beim National Registration Bureau einzuholen (USDOS 20.4.2018). Der Personalausweis (ID-Card) ist in Kenia ein sehr wichtiges Dokument, das für viele Lebensbereiche von Bedeutung ist. Prinzipiell ist für die Ausstellung einer kenianischen ID-Card eine sorgfältige Prozedur vorgeschrieben. So wird etwa die Identität in der Heimatregion eingehend überprüft. Allerdings gibt es dazu auch alternative Möglichkeiten oder man kauft den Ausweis einfach. Es ist außerdem einfach, sich einen Eintrag in der betroffenen Datenbank zu erkaufen. Insgesamt ist es sehr einfach, eine kenianische ID-Card zu bekommen (BFA 3./4.2017).
Quellen:
- BFA Staatendokumentation (3./4.2017): Protokolle zur FFM Somalia 2017
- ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (20.12.2016): Antwort der ÖB Nairobi, per E-Mail
- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kenya, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430126.html , Zugriff 25.6.2018
Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursacht. In Ihrem Herkunftsstaat Kenia wurden bisher 160.657 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 145.399 wieder genesen sind und 1.988 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (https://coronavirus.jhu.edu/map.html , abgerufen am 15.03.2021).
Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen.html , abgerufen am 15.03.2021).“
Mit Verfahrensanordnung vom nämlichen Tag wurde der Beschwerdeführerin amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
Mit Schriftsatz vom 23.06.2021 erhob die Beschwerdeführerin durch ihre im Spruch genannte gewillkürte Rechtsvertretung Beschwerde. Ausgeführt wurde im Wesentlichen, beim gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz handle es sich eindeutig um keine bereits entschiedene Sache, weil sich gegenüber dem früheren Antrag der wesentliche Sachverhalt geändert habe. Neuerungen, welche seit dem Vergleichserkenntnis eingetreten seien und eine andere Beurteilung der Lage zu bewirken imstande seien, seien darin zu erblicken, dass der Beschwerdeführerin von ihrem Bruder nach Beendigung des ersten Verfahrens telefonisch angedroht worden sei, dass sie bei ihrer Rückkehr beschnitten und zwangsverheiratet werde. Der Begründung des BFA, dass die BF bereits bei ihrem Erstverfahren gewusst hätte, dass ihr bei der Rückkehr eine Genitalverstümmlung drohe, sei entschieden entgegenzutreten. Bisher habe sie vermeiden können, beschnitten zu werden. Aufgrund der Tatsache, dass sie sich nunmehr seit mehr als drei Jahren im Bundesgebiet aufhalte, sei davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin in Nairobi nicht selbst erhalten könne und daher gezwungen sei, in ihr Elternhaus zurückzukehren. Somit wäre sie – anders als zum Zeitpunkt des ersten Asylverfahrens – auf ihre Familie finanziell angewiesen und dadurch einer Zwangsheirat sowie Beschneidung ausgeliefert. Auch sei das BFA den Angaben der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihres Gesundheitszustand im Kinder- und Jugendalter nicht substantiiert entgegentreten. Durch den Anruf ihres Bruders, welcher nach Rechtskraft des ersten Verfahrens erfolgt sei, sei es zu einer wesentlichen Änderung des Sachverhalts gekommen. Sei die Gefahr der Beschneidung zum Zeitpunkt ihrer Ausreise bloß potenziell gewesen, so sei sie durch die Drohung des Bruders nunmehr immanent. Auch stehe insbesondere dem Vorbringen bezüglich der Zwangsverheiratung nicht die Rechtskraft des Vergleichserkenntnisses entgegen, zumal eine solche erstmals im Rahmen des Telefonats mit dem Bruder angedroht worden sei. Das BFA habe auch unterlassen, ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zu führen und dadurch Willkür geübt. So gehe das BFA nicht auf die angedrohte Zwangsheirat ein und ignoriere folglich das Parteienvorbringen der Beschwerdeführerin. Insofern sei es auch nicht ausreichend, bloß allgemein auf NGOS für Frauen in vulnerablen Situationen zu verweisen. Vielmehr hätte das BFA auf die angedrohte Zwangsehe in derselben Weise eingehen müssen wie auf die Beschneidung, und hätte es substantiiert darlegen sollen, weshalb es sich hierbei ebenso nicht um eine Sachverhaltsänderung handle bzw. dieses Vorbringen unglaubwürdig sei. Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Vorbringens der Beschwerdeführerin wurde schließlich darauf verwiesen, dass die Beschwerdeführerin die Fluchtgründe schlüssig geschildert habe, sodass der Antrag als ausreichend substantiiert angesehen werden könne. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Beschwerdeführerin nicht alle ihr verfügbaren Anhaltspunkte dargetan hätte und habe das BFA der Beschwerdeführerin insbesondere hinsichtlich der Angaben über ihren Gesundheitszustand sowie dem geringen Kontakt zum Elternhaus nicht entgegentreten können. Auch hinsichtlich der Zwangsheirat gelinge dies dem BFA nicht, was sich letztendlich daraus ergebe, dass diese Behauptung in der Beweiswürdigung des BFA an keiner Stelle berücksichtigt werde.
Die Beschwerdeführerin beantragte, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, der Beschwerdeführerin gemäß § 3 AsylG den Status einer Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu der Beschwerdeführerin gemäß § 8 AsylG den Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigungen gemäß § 8 Abs 4 leg cit zu erteilen, in eventu die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen die BF für auf Dauer unzulässig festzustellen und ihr eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG zu erteilen, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Des weiteren beantragte die Beschwerdeführerin, aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG zuerkennen in dem Sinne, dass eine Abschiebung, Zurückschiebung, Zurückweisung oder sonstige Außerlandesschaffung der Beschwerdeführerin aus Österreich für die Dauer des Verfahrens unzulässig ist.
Die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakten langte am 25.06.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige von Kenia und bekennt sich zum römisch-katholischen Glauben. Sie spricht Kalinjin, Englisch und Suaheli.
Der erste Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.09.2019, Zl. W252 2197501-1/23E, rechtskräftig abgewiesen, neue individuelle Fluchtgründe bzw. Gefährdungsmomente, die im gegenständlichen Zweitverfahren behauptet wurden, werden nicht festgestellt. Auch kann keine entscheidungswesentliche Änderung der allgemeinen Lage in Kenia seit rechtskräftiger Beendigung des Erstverfahrens festgestellt werden, die die individuelle Situation der Beschwerdeführerin betreffen könnten, auch die aktuelle Covid-19-Pandemie hat nicht derartige Auswirkungen, die eine Rückkehr der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat in der Zwischenzeit unzumutbar machen würden.
Zur allgemeinen Lage in Kenia werden die Länderfeststellungen des BFA der gegenständlichen Entscheidung zugrundegelegt.
Die Beschwerdeführerin ist gesund, nicht immungeschwächt und benötigt keine Medikamente.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerin ergeben sich nunmehr aus ihren diesbezüglichen Angaben und wird auf die diese Frage betreffende Feststellung und Beweiswürdigung des rechtskräftigen Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.09.2019 verwiesen. Hierzu wird im Vergleichserkenntnis Folgendes ausgeführt:
„2.1. Zu den Feststellungen zur Person der BF:
Die Feststellungen zur Identität der BF ergeben sich aus ihren korrigierten Angaben vor dem Bundesamt, und der daraufhin gleichlautenden Angaben in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Zudem hat die BF ihre beiden Visaanträge unter dieser Identität gestellt (AS 73 und 131).“
Die Feststellungen betreffend Staatsangehörigkeit, Religionsbekenntnis sowie Sprachkenntnisse der Beschwerdeführerin ergeben sich gegenständlich, unbestritten, aus dem Verwaltungsakt.
Bei der Beurteilung der nunmehr im Zweitverfahren vorgebrachten „neuen“ Gründe stimmt das Bundesverwaltungsgericht dem BFA uneingeschränkt zu, dass diesem Vorbringen der glaubhafte Kern fehlt.
So ist der Beschwerdeführerin – wie vom BFA aufgezeigt – schon während des ersten Verfahrens das behauptete Risiko einer Beschneidung bei einer Rückkehr nach Kenia bewusst gewesen (Niederschrift vom 06.05.2021 S 7 = AS 101), die Beschwerdeführerin habe sich aber damals damit nicht auseinandergesetzt, weil sie sich mit den politischen Dingen auseinandergesetzt habe (aaO).
In der Beschwerde wird diesbezüglich im Wesentlichen vorgebracht, dass das Risiko der Beschneidung durch die Drohung durch den Bruder nach Beendigung des ersten Verfahrens nun immanent sei und nun auch eine Zwangsverheiratung drohe. Die Argumentation fußt im Wesentlichen darauf, dass die Beschwerdeführerin bisher eine Beschneidung – insbesondere aufgrund ihres Gesundheitszustandes im Kinder- bzw. Jugendalter vermeiden haben könne, sich die Beschwerdeführerin nach mehr als drei Jahren Aufenthalt im Bundesgebiet in Nairobi nicht selbst erhalten könne und gezwungen wäre, in das Elternhaus zurückzukehren, wodurch sie einer Zwangsheirat und Beschneidung ausgeliefert sei.
Das Vorbringen der Beschwerdeführerin erwies sich gegenständlich als völlig unplausibel:
Aus dem Vergleichserkenntnis ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin bis zu ihrer Ausreise nach Europa in ihrem Herkunftsland gelebt hat, im Herkunftsstaat elf Jahre lang die Schule besucht hat und anschließend ein zweijähriges College absolvierte. Danach arbeitete sie in einem Restaurant und kam für ihren Lebensunterhalt selbst auf (Vergleichserkenntnis S 4). Die Beschwerdeführerin hat auch selbst am 06.05.2021 angegeben, mit 16 Jahren von zu Hause ausgezogen, nach Nairobi gezogen zu sein und nur zwei oder dreimal im Jahr zu ihrer Familie zurückgekehrt zu sein (Niederschrift S. 5 = AS 99). Auch habe sie das Meiste ihres Schulbesuches sowie der Ausbildung durch Putzen anderer Wohnung selbst finanziert und sei sie nicht von ihren Eltern unterstützt worden (Niederschrift S. 6 = AS 100). Die BF habe alleine in einer Wohnung in Nairobi mit ihrem Hund gelebt (Niederschrift S. 4 = AS 98). Aus alledem ergibt sich das Bild einer eigenständigen, selbsterhaltungsfähigen Frau, die bereits in jungen Jahren ihr Leben selbst in die Hand genommen hat. Sie hat ohne Unterstützung, entfernt von ihrer Familie, in Nairobi gelebt (vgl. Vergleichserkenntnis S 4). Da die inzwischen rund 35-jährige Beschwerdeführerin den Großteil ihres Lebens in Kenia verbracht hat, über entsprechende Sprachkenntnisse verfügt und Berufserfahrung aufweist, kann dem Beschwerdevorbringen nicht gefolgt werden, die Beschwerdeführerin könne sich aufgrund ihres Aufenthalts von mehr als drei Jahren im Bundesgebiet in Nairobi – im Vergleich zum ersten Verfahren – nicht selbst erhalten und sei gezwungen, in ihr Elternhaus zurückzukehren. Ihr Aufenthalt in Österreich erscheint im Vergleich zu jenem in Kenia hinsichtlich der Dauer vergleichsweise kurz und kann von einer Entfremdung der Beschwerdeführerin nicht gesprochen werden. Eine Änderung der diesbezüglichen persönlichen Situation der Beschwerdeführerin konnte sohin nicht festgestellt werden, zumal die Beschwerdeführerin – wie auch von ihr selbst angegeben – bereits als 16-jährge junge Frau – gewiss in einer vulnerableren Situation als in ihrer nunmehrigen als erwachsene Frau mit Berufserfahrung – ohne Unterstützung ihrer Eltern ausgekommen ist (Niederschrift vom 06.05.2021 S. 6 = AS 100).
Die Beschwerdeführerin hat, wie ausführlich ausgeführt, seit sie 16 Jahre alt ist, bisher unbehelligt von der Familie entfernt gelebt. Es ist kein ersichtlicher Grund gegeben, dass sie sich jener behaupteten Bedrohungssituation aussetzen müsste. Der Meinung des BFA ist aus alledem zu folgen, als dass die Beschwerdeführerin – sollte sie tatsächlich jemals etwa von einer Beschneidung bedroht sein – selbstständig in der Lage sein wird, die nötigen Entscheidungen zu treffen, und sich etwa an einschlägige Organisationen zu wenden.
Auch steigerte die Beschwerdeführerin – wie vom BFA zutreffend angeführt – ihr Vorbringen in der Einvernahme vom 01.06.2021 im Vergleich zu jener am 06.05.2021 dergestalt, dass sie im Alter von 12 Jahren durch ihren Stiefbruder vergewaltigt worden sein soll und nunmehr immer darauf bestanden worden sei, sie zu beschneiden, damit dies nicht wieder passiere, und sei sie vom Stiefbruder mehrmals vergewaltigt worden sowie deswegen im Alter von 16 Jahren schwanger geworden.
Abgerundet wird dies durch widersprüchliche Aussagen der Beschwerdeführerin hinsichtlich ihres Sohnes. So gab jene im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA am 06.05.2021 an, ihr Sohn werde im August 14 Jahre (Niederschrift S. 8 = AS 102). Im Rahmen der Einvernahme vom 01.06.2021 gab sie insbesondere an, im Alter von 16 Jahren – infolge Vergewaltigung durch ihren Stiefbruder – schwanger geworden zu sein – und, dass das Kind ihre Eltern genommen hätten, sie keinen Bezug gehabt habe und es nicht wollen habe (Niederschrift S. 3 = AS 169). Zurzeit der Einvernahme im Mai 2021 ist die Beschwerdeführerin fast 35 Jahre alt gewesen – sohin hätte – sofern sie tatsächlich mit 16 Jahren schon schwanger gewesen sei – ihr Sohn rund 18 bzw. 19 Jahre alt sein müssen. Im Übrigen gab die Beschwerdeführerin am 06.05.2021 an, nicht zu wissen, wer der Vater ihres Sohnes sei (Niederschrift S. 8 = AS 102), am 01.06.2021 hat sie demgegenüber angegeben, von ihrem Stiefbruder vergewaltigt worden zu sein und deshalb im Alter von 16 Jahren schwanger geworden zu sein.
Auch ist dem BFA zuzustimmen, dass nicht glaubwürdig ist, dass man die Beschwerdeführerin im Alter von 12 Jahren unbedingt beschneiden haben wolle, und die Beschwerdeführerin im Alter von 16 Jahren noch immer nicht beschnitten gewesen sei. Es erscheint nämlich auch nicht schlüssig, dass die Beschwerdeführerin immer zu krank gewesen sei und deshalb nicht beschnitten haben werden könne, aber sie mit 16 Jahren von zu Hause ausgezogen sei, um in Nairobi zu leben, ohne von den Eltern unterstützt zu werden (vgl. Niederschrift vom 06.05.2021 S. 5 f = AS 99 f).
Es sei auch – ergänzend – darauf zu verweisen, dass das Telefonat der Beschwerdeführerin mit ihrem Bruder, im Zuge dessen ihr mit Beschneidung und Zwangsehe gedroht worden sein soll, – laut ihren Angaben – bereits 2019 stattgefunden haben soll, die Beschwerdeführerin den gegenständlichen Folgeantrag erst im April 2021 gestellt hat (vgl. Niederschrift vom 06.05.2021 S. 9 = AS 103).
Betreffend das Beschwerdevorbringen, dass das BFA nicht auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin hinsichtlich einer behaupteten drohenden Zwangsehe eingegangen sein soll, ist darauf zu verweisen, dass jene Befürchtung unter einem mit der Befürchtung beschnitten zu werden, vorgebracht wurde und auch laut dem Fluchtvorbringen dies gegenüber der Beschwerdeführerin von ihrem Bruder in einem engen Zusammenhang (Telefonat mit Bruder) geäußert wurde (Niederschrift vom 06.05.2021, S 4 = AS 98) – „Wenn ich dann zurückgewesen wäre, dann hätte ich beschnitten und verheiratet werden sollen.“. Auch hat die Beschwerdeführerin im Rahmen der Erstbefragung selbst angegeben „das einzige was ich wirklich fürchte, ist die erzwungene Klitorisbeschneidung.“ (Erstbefragung S 4 = AS 35) sowie im Rahmen der Einvernahme vom 06.05.2021 befragt angegeben, „Nein, es gibt keinen anderen Grund, es geht um die Beschneidung.“ (Niederschrift vom 06.05.2021, S 5 = AS 99) sowie „Ich habe es gemacht, wegen dieser Beschneidung. Als mein Bruder mir dann drohte, dass ich diese Beschneidung durchführen lassen muss, war es für mich sehr schwierig und ich entschloss mich zu diesem Antrag.“ (Niederschrift vom 06.05.2021, S 9 = AS 103) Die Beschwerdeführerin hat ihr Fluchtvorbringen sohin hauptsächlich auf die behauptete drohende Beschneidung gestützt und kann der Aspekt der Zwangsehe gegenständlich bloß als Teil des Vorbringens betreffend die Beschneidung angesehen werden und konnten sohin beide geäußerten Befürchtungen gegenständlich in einem – insbesondere betreffend die Glaubwürdigkeit – geprüft werden.
Insgesamt kommt das Bundesverwaltungsgericht daher – wie auch das BFA – zu dem Ergebnis, dass den im Zweitverfahren erstatteten Vorbringen zu einer tatsächlich konkret individuell drohenden Gefahr der Beschwerdeführerin im Falle einer aktuellen Rückkehr nach Kenia der glaubhafte Kern fehlt.
Auch konnte keine entscheidungswesentliche Änderung der allgemeinen Lage in Kenia seit rechtskräftiger Beendigung des Erstverfahrens festgestellt werden, die die individuelle Situation der Beschwerdeführerin betreffen könnten. Auch die aktuelle Covid-19-Pandemie hat nicht derartige Auswirkungen, die eine Rückkehr der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat in der Zwischenzeit unzumutbar machen würden, zumal die rund 35 Jahre alte Beschwerdeführerin gesund und nicht immun geschwächt ist.
Dass die Beschwerdeführerin gesund ist und keine Medikamente benötigt, hat sie in der Einvernahme vom 06.05.2021 selbst ausgesagt (Niederschrift S. 3 = AS 97). Hinweise, dass die Beschwerdeführerin derzeit immungeschwächt ist, sind im Verfahren nicht vorgekommen.
Die Länderfeststellungen ergeben sich aus den schon vom BFA im bekämpften Bescheid angeführten Quellen, auf deren Unbedenklichkeit das BFA in zutreffender Weise hinwies.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache (Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides):
a) Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).
"Entschiedene Sache" iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).
Infolge des in § 17 VwGVG normierten Ausschlusses der Anwendbarkeit des 4. Hauptstücks des AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, welcher auch die in § 68 Abs. 1 AVG normierte Zurückweisung wegen entschiedener Sache umfasst, kommt eine unmittelbare Zurückweisung einer Angelegenheit aufgrund der genannten Bestimmung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht in Betracht. Davon unberührt bleibt, dass das Verwaltungsgericht im Verfahren über Bescheidbeschwerden zur Überprüfung der rechtmäßigen Anwendung von § 68 AVG in Bescheiden durch die Verwaltungsbehörde berufen ist (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K10.; vgl. auch VfSlg. 19.882/2014).
In Beschwerdeverfahren über zurückweisende Bescheide des BFA wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ist "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags auf internationalen Schutz durch die Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgt ist, ob die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist. Gelangt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Behörde nicht von entschiedener Sache hätte ausgehen dürfen, sondern aufgrund des Vorliegens neuer Sachverhaltselemente eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz hätte durchführen müssen, hat es den zurückweisenden Bescheid auf Grundlage des für zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren anzuwendenden § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben, wodurch das Verfahren vor der Behörde zugelassen ist und eine neuerliche Zurückweisung des Antrages gemäß § 68 AVG unzulässig wird. Hingegen ist dem Bundesverwaltungsgericht ein inhaltlicher Abspruch über den zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz in einem Beschwerdeverfahren über einen zurückweisenden Bescheid nach § 68 AVG verwehrt, weil diesfalls die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K11., K17.).
Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage stützen durfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhalts nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (s. zB VwSlg. 5642A; VwGH 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321). Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung - obgleich auch diese Möglichkeit besteht - nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen "glaubhaften Kern" aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.3.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN, VwGH 25.02.2016, Ra 2015/19/0267). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.6.2014, Ra 2014/19/0018, mwN). Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN).
Dem neuen Tatsachenvorbringen muss also eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die - falls feststellbar - zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.11.2004 mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344). Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein "Fortbestehen und Weiterwirken" behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321). Ein auf das AsylG 2005 gestützter Antrag auf internationalen Schutz ist nicht bloß auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern hilfsweise - für den Fall der Nichtzuerkennung dieses Status - auch auf die Gewährung von subsidiärem Schutz gerichtet. Dies wirkt sich ebenso bei der Prüfung eines Folgeantrages nach dem AsylG 2005 aus: Asylbehörden sind verpflichtet, Sachverhaltsänderungen nicht nur in Bezug auf den Asylstatus, sondern auch auf den subsidiären Schutzstatus zu prüfen (vgl. VfGH 29.06.2011, U 1533/10; VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344 mwN).
b) Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist somit die Frage, ob das BFA den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht zurückgewiesen hat.
Soweit die Beschwerdeführerin nunmehr eine konkrete individuelle Gefährdung aufgrund von einer drohenden Beschneidung sowie Zwangsverehelichung behauptet, so wurde diesem Vorbringen bereits vom BFA zu Recht der glaubwürdige Kern abgesprochen. Auch das BVwG teilt – wie oben ausgeführt – diese Auffassung.
Auch die allgemeine Lage in Kenia und das persönliche Umfeld der Beschwerdeführerin haben sich seit der Rechtskraft des Erstbescheides nicht entscheidungswesentlich geändert.
c) Ein Antrag auf internationalen Schutz richtet sich aber auch auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und daher sind auch Sachverhaltsänderungen, die ausschließlich subsidiäre Schutzgründe betreffen, von den Asylbehörden im Rahmen von Folgeanträgen einer Prüfung zu unterziehen (vgl. VwGH 19.02.2009, 2008/01/0344).
Auch in diesem Zusammenhang wurde aber im Zweitverfahren kein Vorbringen erstattet und es sind auch sonst keine Umstände hervorgekommen, die eine Änderung des Sachverhaltes im Hinblick auf die Beurteilung der Zuerkennung von subsidiärem Schutz aufzeigen würde: Weder die persönlichen Umstände noch die Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin haben sich seit Beendigung des Erstverfahrens in Bezug auf ihre individuelle konkrete Gefährdung maßgeblich geändert, sodass auch in Bezug auf die Beurteilung der Zuerkennung von subsidiärem Schutz entschiedene Sache vorliegt.
d) Da weder in der maßgeblichen Sachlage, und zwar im Hinblick auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre der Beschwerdeführerin gelegen ist, noch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist, noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch entschieden werden konnte.
Die Zurückweisung des zweiten Antrages durch das BFA wegen entschiedener Sache erfolgte daher zu Recht, die dagegen gerichtete Beschwerde war daher abzuweisen.Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
§ 21 Abs. 6a BFA-VG lautet: „Unbeschadet des Abs. 7 kann das Bundesverwaltungsgericht über (…) Beschwerden gegen zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung entscheiden.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach Abs. 4 leg.cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, sind die oben genannten Kriterien im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist. Die Beweiswürdigung des Bundesamtes wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes in ihren entscheidungsmaßgeblichen Aspekten bestätigt. Des Weiteren findet sich in der Beschwerdeschrift ein nicht ausreichend substantiiertes Vorbringen, welches im konkreten Fall geeignet wäre, die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Was das Vorbringen in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser insbesondere kein neues Tatsachenvorbringen und wird den beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auch nicht in substantiierter Weise entgegengetreten. Da die Behörde den für die gegenständliche Beurteilung erforderlichen Sachverhalt bereits im Rahmen des angefochtenen Bescheides vollständig festgestellt hat, waren seitens des Bundesverwaltungsgerichtes keine zusätzlichen Ermittlungsergebnisse heranzuziehen, weshalb die Abweisung der Beschwerde keiner weiteren mündlichen Erörterung bedurfte, wenngleich in der Beschwerde ein Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gestellt wurde. Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid das Nichtbestehen einer aktuellen individuellen oder konkreten Rückkehrgefährdung der Beschwerdeführerin festgestellt und im ausreichenden Maß begründet. Weder zeigt die Beschwerde konkret auf, vor welchem Hintergrund die Beschwerdeführerin zum Entscheidungszeitpunkt in ihrem Herkunftsstaat eine individuelle Verfolgung respektive einen Eingriff in ihren körperliche Unversehrtheit befürchten würde, noch werden konkrete Umstände aufgezeigt, welche die Annahme begründen, dass die Beschwerdeführerin in eine existenzbedrohende Lage geraten oder keinen Zugang zu einer benötigten medizinischen Behandlung haben würde.
Damit ist der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. dazu auch § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.
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