B-VG Art.133 Abs4
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W244.2197501.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Verena JEDLICZKA-MESSNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX (alias XXXX ), geb. XXXX (alias geb. XXXX ), StA. Kenia, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.05.2018, Zl. 17-1174985605/171322992, zu Recht:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides wird Folge gegeben und dieser ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin, eine kenianische Staatsangehörige, stellte am 27.11.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag der Beschwerdeführerin mit dem im Spruch genannten Bescheid bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten in Spruchpunkt I. gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kenia in Spruchpunkt II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. ab. Weiters erteilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 leg.cit. (Spruchpunkt III.), erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-VG ihr gegenüber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG (Spruchpunkt IV.) und stellte gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. fest, dass ihre Abschiebung nach Kenia gemäß § 46 leg.cit. zulässig sei (Spruchpunkt V.). Zudem führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass gemäß § 55 Abs. 1a leg.cit. keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt VI.), und sprach weiters aus, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde (Spruchpunkt VII.). Schließlich erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über die Beschwerdeführerin gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII.).
In seiner Begründung zu Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass die Beschwerdeführerin versucht habe, über ihre Identität zu täuschen und bewusst über ihre Identitätsdaten und ihren Reiseweg gelogen habe und dass ihre Angaben über eine Bedrohungssituation nicht mit den Tatsachen zusammenpassten. Da dem Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz keine Aussicht auf Erfolg beschieden sei und ihr auch keine sonstige reale und menschenrechtsrelevante Gefahr im Herkunftsstaat drohe, sei ihr zumutbar, den Ausgang ihres Asylverfahrens im Herkunftsstaat abzuwarten.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 04.06.2018 fristgerecht beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingelangte Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, mit der die Entscheidung in vollem Umfang angefochten wird.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin stellte am 27.11.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies den Antrag der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom 06.05.2018 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kenia ab und sprach in Spruchpunkt VII. dieses Bescheides aus, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Antragstellung der Beschwerdeführerin und zum erstinstanzlichen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie zur dagegen erhobenen Beschwerde ergeben sich aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsakt der Beschwerdeführerin.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
3.1. Gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG kann das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,
4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.
Hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung (§ 18 Abs. 1 BFA-VG).
Nach § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß § 18 Abs. 5 erster Satz leg.cit. stützt, genau zu bezeichnen.
Ein Ablauf der Frist nach § 18 Abs. 5 BFA-VG steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen (§ 18 Abs. 6 leg.cit.).
3.2. Der Gesetzgeber novellierte § 18 BFA-VG zuletzt mit BGBl. I Nr. 145/2017 entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die zum Regelungsregime der aufschiebenden Wirkung in Asylrechtssachen gemäß dieser Bestimmung (in der vorangehenden Fassung) ergangen war:
In seinem Erkenntnis vom 20.09.2017, Ra 2017/19/0284 mwN, hielt der Verwaltungsgerichtshof hierzu fest, dass das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015 der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen habe. Ein gesonderter Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei in § 18 Abs. 5 leg.cit. nicht vorgesehen. Im Rahmen des § 18 leg.cit. könne sich ein Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 leg.cit. wenden. § 18 Abs. 5 leg.cit. sei - als lex specialis zu § 13 Abs. 5 VwGVG - nur so zu lesen, dass das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015 (bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl) gemäß § 18 Abs. 5 leg.cit. binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden habe. Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren sei ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 leg.cit. allerdings gesetzlich nicht vorgesehen und es könne dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 leg.cit. sei somit unzulässig. Schließlich hielt der Verwaltungsgerichtshof auch fest, dass eine Entscheidung über den die aufschiebende Wirkung aberkennenden Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides in Form eines (Teil‑)Erkenntnisses zu erfolgen habe (vgl. auch VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).
3.3. Vor diesem Hintergrund ist für die vorliegende Beschwerdesache Folgendes festzuhalten:
Die Beschwerdeführerin bekämpft den angefochtenen Bescheid im vollen Umfang und begründet ihre Beschwerde insbesondere mit fehlender Ermittlungstätigkeit und fehlerhafter Beweiswürdigung.
Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr in Abspruch über die Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. darüber zu entscheiden, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Ob eine entsprechende reale Gefahr vorliegt, kann aus der dem Bundesverwaltungsgericht zum derzeitigen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Aktenlage nach Durchführung einer Grobprüfung nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden und wird daher erst durch eine Überprüfung der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung des im Entscheidungszeitpunkt aktuellen Berichtsmaterials zur Lage in Kenia nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beurteilen sein. In diesem Sinne hat der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl die aufschiebende Wirkung zuzukommen.
Der die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkennende Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides ist daher mittels vorliegendem Teilerkenntnis ersatzlos zu beheben und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG vom Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Soweit sich die Beschwerde gegen die übrigen Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides richtet, wird darüber nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte zur Beurteilung der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
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