Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
BFA-VG 2014 §18 Abs1;
BFA-VG 2014 §18 Abs5;
VwGG §28;
VwGG §30 Abs2;
VwGVG 2014 §13 Abs2;
VwGVG 2014 §13 Abs3;
VwGVG 2014 §13 Abs4;
VwGVG 2014 §13 Abs5;
VwGVG 2014 §22 Abs1;
VwGVG 2014 §22 Abs3;
VwGVG 2014 §28 Abs1;
VwGVG 2014 §29 Abs1;
VwGVG 2014 §31 Abs1;
VwGVG 2014 §50;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Revisionswerberinnen Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die Erstrevisionswerberin ist die Mutter der im Jahr 2013 geborenen Zweitrevisionswerberin. Beide sind Staatsangehörige von Georgien. Die Erstrevisionswerberin stellte am 19. November 2013 sowohl für sich als auch ihre Tochter einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).
2 Diese Anträge wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jeweils mit den am 24. Februar 2017 genehmigten Bescheiden (der an die Zweitrevisionswerberin gerichtete Bescheid enthält - zweifellos nach dem den Verfahrensakten entnehmbaren Verfahrensgang irrtümlich - das Datum 24. November 2016) sowohl hinsichtlich des Begehrens auf Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005 als auch der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab.
Weiters sprach die Behörde aus, dass den Revisionswerberinnen ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde, und erließ gegen sie gestützt auf § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 und § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) jeweils eine Rückkehrentscheidung. Zudem stellte die Behörde nach § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung der Revisionswerberinnen nach Georgien zulässig sei, sowie dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht bestehe.
In einem weiteren Spruchpunkt (jeweils: V.) sprach die Behörde noch betreffend beide Revisionswerberinnen aus, dass einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde.
3 Mit Schriftsatz vom 15. März 2017 erhoben die Revisionswerberinnen Beschwerde gegen alle Spruchpunkte der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. In den Beschwerdeanträgen, die in erster Linie auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten und Behebung der angefochtenen Bescheide abzielen, wurde ua. auch der Antrag gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
4 Die Behörde legte daraufhin die Beschwerden samt den Verfahrensakten dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo sie am 21. März 2017 einlangten.
5 Eine Entscheidung über die Beschwerden traf das Bundesverwaltungsgericht zunächst nicht. In den Verfahrensakten findet sich allerdings ein mit 28. März 2017 datierter Aktenvermerk mit dem Betreff "Keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung". In diesem Aktenvermerk hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass sich nach "Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und in die dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Informationen über die aktuelle Lage im Herkunftsstaat" und "nach Grobprüfung keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben" hätten, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Revisionswerberinnen in ihren Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung des Art. 2, 3 oder 8 EMRK bzw. des 6. oder 13. ZPEMRK bedeuten würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Aufgrund der durchgeführten Grobprüfung sei den Beschwerden, "unbeschadet anderslautender Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt", die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.
6 Am 28. April 2017 brachten die Revisionswerberinnen einen Fristsetzungsantrag ein. Mit Beschluss vom 9. Mai 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht - im Rahmen des nach § 30a VwGG vorgesehenen Verfahrens zur Vorentscheidung - die Fristsetzungsanträge gemäß § 38 iVm § 30a Abs. 1 und Abs. 8 VwGG als unzulässig zurück.
7 Die Revisionswerberinnen brachten daraufhin einen Vorlageantrag gemäß § 30b VwGG ein. Infolge dessen wurde der Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Mai 2017 vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 19. Juni 2017, Fr 2017/19/0023 und 0024, aufgehoben und dem Verwaltungsgericht in der Folge gemäß § 38 Abs. 4 VwGG aufgetragen, die Entscheidung über die jeweilige Beschwerde gegen Spruchpunkt V. innerhalb der gesetzten Frist nachzuholen.
Maßgeblich dafür war, dass der Verwaltungsgerichtshof im genannten Beschluss vom 19. Juni 2017 unter Hinweis auf Vorjudikatur davon ausging, dass § 18 Abs. 5 BFA-VG - als lex specialis zu § 13 Abs. 5 VwGVG - nur so gelesen werden kann, dass das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden hat. Da demnach insoweit eine Entscheidung über die Beschwerde gegen diesen Ausspruch zu fällen ist, wurde der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, eine förmliche Entscheidung innerhalb einer Woche sei im Anwendungsbereich des § 18 BFA-VG nur dann geboten, wenn die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu erfolgen habe, nicht gefolgt (vgl. dazu auch den hg. Beschluss vom 27. Juni 2017, Fr 2017/18/0022).
8 Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof mit Revision bekämpften Beschluss, mit dem nach dessen Spruch den von den Revisionswerberinnen erhobenen Beschwerden die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt wurde, trug das Bundesverwaltungsgericht diesem Auftrag erkennbar Rechnung und legte diesen Beschluss zudem dem Verwaltungsgerichtshof im Verfahren zu Fr 2017/19/0023 und 0024 mit dem Hinweis, es sei nunmehr seiner Entscheidungspflicht nachgekommen, vor.
9 In der Begründung seiner Entscheidung ging das Bundesverwaltungsgericht nach Wiedergabe des Verfahrensganges und maßgeblicher Gesetzesbestimmungen davon aus, die Verwaltungsbehörde habe offensichtlich bloß irrtümlich die Z 3 statt der Z 1 des § 18 Abs. 1 BFA-VG angeführt. Aus der Begründung der Bescheide ergebe sich nämlich, dass die aufschiebende Wirkung deshalb aberkannt worden sei, weil die Revisionswerberinnen aus Georgien, also einem sicheren Herkunftsstaat, stammten.
Sodann führt das Bundesverwaltungsgericht in seiner Begründung wörtlich aus (Fehler im Original):
"Nach der derzeitigen Aktenlage und ausgehend vom Antrags- bzw. vom Beschwerdevorbringen besteht für das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 bzw. Abs. 6 BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die volljährige Beschwerdeführerin stammt aus Georgien, einem sicheren Herkunftsstaat i.S. der Verordnung der Bundesregierung, mit der Staaten als sichere Herkunftsstaaten festgelegt werden (Herkunftsstaaten-Verordnung) und auch deren Tochter ist georgische Staatsbürgerin.
Aus den Verfahrensakten ergibt sich weiters, dass seitens der belangten Behörde eine entsprechende Interessensabwägung - einerseits des öffentlichen Interesses an der raschen Aufenthaltsbeendigung von Asylwerbern welche aus einem sicheren Herkunftsstaat stammen, andererseits der allenfalls entgegenstehenden privaten Interessen der Beschwerdeführer - ordnungsgemäß durchgeführt wurde.
Weder aus dem Beschwerdevorbringen noch aus dem Akteninhalt ist ein Grund hervorgekommen, dass die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Leben (Art. 2 EMRK), auf Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung (Art. 3 EMRK), auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 EMRK) oder im Recht betreffend die Abschaffung der Todesstrafe sowohl in Friedens- als auch Kriegszeiten (Protokolle Nr. 6, Nr. 13 zur Konvention) ernsthaft bedroht werden würden, wenn sie in ihren Herkunftsstaat zurückkehren und dort das Ergebnis des Verfahrens abwarten.
Auch ist weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vorbringen der Beschwerdeführer eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes im Herkunftsstaat abzuleiten.
Vor diesem Hintergrund ist - jedenfalls im Rahmen des gegenständlichen Provisorialverfahrens - kein Grund ersichtlich, warum die Beschwerdeführer den Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht auch im Ausland abwarten können."
10 Weiters sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass eine Revision aus den Gründen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei, wobei es in seiner diesbezüglichen Begründung lediglich verneinte, dass die Voraussetzungen der in der genannten Bestimmung enthaltenen Kriterien gegeben seien.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Revision nach Vorlage derselben und der Verfahrensakten sowie nach Einleitung des Vorverfahrens - Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet - erwogen:
12 Die Revision erweist sich im Hinblick auf das Vorbringen zu ihrer Zulässigkeit wegen Abweichens von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Anforderungen an die Begründung einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts als zulässig und begründet.
13 § 18 BFA-VG lautet (samt Überschrift):
"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde
§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung
über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt
die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19)
stammt,
2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass
der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder
Ordnung darstellt,
3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität,
seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz
Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,
4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner
Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf
internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung,
eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares
Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine
Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.
Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.
(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine
Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im
Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider
in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht.
(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.
(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.
(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.
(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar."
14 Zunächst ist im Hinblick auf den - missverständlichen - Spruch der angefochtenen Entscheidung ("Den Beschwerden wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.") Folgendes voranzustellen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG regelt, dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen hat. Ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - wie er etwa in § 13 Abs. 3 und 4 und § 22 Abs. 1 und 3 VwGVG sowie § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehen ist - ist in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen.
Die Systematik des § 18 BFA-VG, wonach die aufschiebende Wirkung von der Behörde aberkannt werden kann (Abs. 1) und einer Beschwerde vom Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung (wieder) zuerkannt werden kann (Abs. 5), entspricht der Systematik des § 13 Abs. 2 und 5 VwGVG: Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ausschließen, gemäß § 13 Abs. 5 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden.
Auch im Rahmen des § 18 BFA-VG kann sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG wenden.
Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren ist ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG gesetzlich nicht vorgesehen. Es kann dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen.
Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG ist somit unzulässig (vgl. zum Ganzen den hg. Beschluss vom 13. September 2016, Fr 2016/01/0014, sowie dem folgend die hg. Beschlüsse vom 19. Juni 2017, Fr 2017/19/0023 und 0024, und vom 27. Juni 2017, Fr 2017/18/0022).
15 Vor diesem rechtlichen Hintergrund sind auch die Ausführungen in der Revision zu sehen, in der die vom Bundesverwaltungsgericht gewählte Rechtsform der angefochtenen Entscheidung kritisiert wird. Da mit der angefochtenen Entscheidung - so die Revision weiter - über einen Teil der Beschwerden, nämlich jene gegen die jeweiligen Spruchpunkte V. der beim Verwaltungsgericht bekämpften Bescheide, abgesprochen werde und weder die Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 oder Abs. 4 VwGVG gegeben seien noch die Rechtsform des Beschlusses in § 18 BFA-VG angeordnet sei, hätte das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung in der Form eines Erkenntnisses treffen müssen.
16 Die angefochtene Entscheidung mag infolge ihrer missverständlichen Formulierung des Spruches und der fehlenden inhaltlichen Bezugnahme auf die Beschwerde (sh. dazu sogleich) auf den ersten Blick den Eindruck erwecken, dass sie über einen zusätzlich zur Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides gestellten - nach dem oben Gesagten: nach § 18 BFA-VG unzulässigen - Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entschieden hätte. Bei genauerer Betrachtung ergibt sich - auch mit Blick auf den oben geschilderten bisherigen Verfahrensgang - allerdings, dass das Bundesverwaltungsgericht mit der vorliegenden Entscheidung dem Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes, die bislang versäumte Entscheidung über die Beschwerden gegen die jeweiligen Spruchpunkt V. der vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheide nachzuholen, nachgekommen ist. In einer Gesamtbetrachtung kann letztlich nicht davon ausgegangen werden, dass Bundesverwaltungsgericht hätte seine Entscheidung, mit der die Aussage dahingehend erfolgte, dass die in § 18 Abs. 5 BFA-VG vorgesehenen Voraussetzungen nicht erfüllt seien, amtswegig getroffen oder über - neben den Beschwerden zusätzlich gestellte - Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (die nach der oben dargestellten Rechtsprechung zurückzuweisen gewesen wären) abgesprochen.
Für die Frage der Zulässigkeit der Revision spielt es dabei in den gegenständlichen Fällen keine Rolle, ob das Verwaltungsgericht seine Entscheidung in die tatsächlich zu wählende Form eines Erkenntnisses oder eines Beschlusses gekleidet hat. Das Vergreifen in der Form steht für sich genommen einer Erledigung einer Revision nicht entgegen, zumal die für das Revisionsverfahren geltenden Vorschriften grundsätzlich sowohl auf Erkenntnisse als auch auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte Anwendung finden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 2014, Ra 2014/02/0045). Der Verwaltungsgerichtshof ordnet im Rahmen eines Revisionsverfahrens die vom Verwaltungsgericht getroffene Entscheidung der dem Gesetz entsprechenden Rechtsform - unabhängig davon, in welche Form sie das Verwaltungsgericht gekleidet hat - zu und beurteilt letztlich anhand dessen die Frage, ob sich eine Revisionserhebung aus einem darauf abstellenden Grund als unzulässig erweist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 5. Oktober 2016, Ra 2016/19/0208, und vom 9. November 2016, Ra 2016/19/0211). Fallbezogen liegt eine Entscheidung, deren Anfechtung mittels Revision (absolut) unzulässig ist, nicht vor.
17 Die Begründung eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts hat nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jenen Anforderungen zu entsprechen, die in seiner Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Danach erfordert dies in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Fall des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheids geführt haben.
Diesen Erfordernissen werden die Verwaltungsgerichte dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidungen tragenden Überlegungen zum maßgeblichen Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbst ergeben.
Das Verwaltungsgericht hat neben der Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise dabei auch die Pflicht, auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhalts von Bedeutung sein kann, einzugehen. Das Verwaltungsgericht darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2017, Ra 2016/18/0277, mit zahlreichen Nachweisen aus der hg. Rechtsprechung).
Lässt eine Entscheidung die Trennung der Begründungselemente in einer Weise vermissen, sodass die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund. Gleiches gilt, wenn sich eine solche maßgebliche Beeinträchtigung sonst in einem Mangel an Klarheit bzw. Übersichtlichkeit der Zusammenfassung gründet (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2017, Ra 2017/19/0017 und 0018, mwN).
18 Den genannten Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung nicht einmal ansatzweise gerecht. Die oben wiedergegebene Begründung besteht - nahezu (lediglich mit der Ausnahme, dass angeführt wird, die Revisionswerberinnen seien georgische Staatsangehörige und dieser Staat gelte als sicherer Herkunftsstaat) - ausschließlich aus allgemein gehaltenen Aussagen, ohne dass auf den konkreten Fall der Revisionswerberinnen oder ihr Vorbringen inhaltlich Bezug genommen wird.
Der angefochtenen Entscheidung ist überhaupt keine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Revisionswerberinnen, die in der Beschwerde - insbesondere - ausführlich dazu Stellung genommen haben, warum Art. 8 EMRK einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehe, zu entnehmen.
Es bleibt letztlich völlig im Dunkeln, aufgrund welcher Erwägungen das Verwaltungsgericht zum Ergebnis gekommen ist, dass die in § 18 Abs. 5 BFA-VG festgelegten Voraussetzungen nicht gegeben seien.
Eine solche auf die Umstände des konkreten Falls überhaupt nicht Bedacht nehmende Begründung stellt sich letztlich als ohne jeglichen Begründungswert dar. Es wird damit weder der Partei die Rechtsverfolgung ermöglicht noch ist eine solche Entscheidung einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verwaltungsgerichthof zugänglich.
Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß den Vorgaben des § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu treffen hatte (was in den gegenständlichen Fällen aber ohnedies nicht erfolgte). Das entbindet das Verwaltungsgericht aber nicht, seine Überlegungen in gesetzmäßiger Weise offenzulegen (vgl. zur gleichfalls in einem Provisorialverfahren eingeräumten Entscheidungsfrist von einer Woche das bereits erwähnte Erkenntnis Ra 2017/19/0017 und 0018, mit Hinweis darauf, dass ohnedies von überflüssigen weitwendigen nicht der Begründung dienlichen Ausführungen Abstand zu nehmen ist; vgl. dazu, sich im Rahmen der Begründung auf Entscheidungswesentliches zu beschränken, ausführlich - gerade in Bezug auf die bisherige Praxis des Bundesverwaltungsgerichts - das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2017, Ra 2016/21/0325).
19 Die angefochtene Entscheidung ist somit mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Sie war daher aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
20 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff. VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 20. September 2017
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