AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W153.2179544.1.00
Spruch:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerden von 1) XXXX , 2) XXXX , 3) XXXX , StA. Afghanistan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.11.2017, 1) Zl. 1094530005-151792935, 2) Zl. 1094532402-151793109, 3) Zl. 1095406510-151793028, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.07.2018 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
B)
Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführer (BF1 und BF2 sowie deren Sohn BF3) aus Afghanistan brachten am 16.11.2015 die vorliegenden Anträge auf internationalen Schutz in Österreich ein, wobei die volljährigen BF für den minderjährigen BF3 um Asyl ansuchten.
Am 17.11.2015 fand die Erstbefragung statt. Darin brachten die volljährigen BF vor, dass sie nicht in Afghanistan, sondern im Iran gelebt haben. Da sie jedoch keine Aufenthaltsberechtigung gehabt haben und dem BF1 Militärdienst in Syrien gedroht habe seien sie nach Europa gereist. Der BF1 gab an, dass er in Afghanistan niemand mehr habe. Es herrsche dort Krieg und sie könnten getötet werden.
Nach Zulassung des Verfahrens wurden die volljährigen BF am 14.11.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Sie wiederholten im Wesentlichen ihre Fluchtgründe. Der BF1 wurde bereits im Iran geboren und reiste vor Jahren in die Heimatprovinz Balkh. Er habe im Gegensatz zu seinem Vater in Afghanistan weder Probleme noch Schwierigkeiten gehabt. Trotzdem würde ihm dort als Hazara und Schiite hundertprozentig der Tod drohen. Die BF2 habe bis zum 19. Lebensjahr in Afghanistan gelebt und sei dann mit ihrer Mutter in den Iran gereist. Auch sie sei in Afghanistan nicht verfolgt worden. Die BF führten weiter aus, dass sie seit ca. 6 Jahren verheiratet seien und der BF3 im Iran geboren worden sei.
Die BF legten folgende Beweismittel vor:
- Bestätigungen der Stadtgemeinde Ferlach über gemeinnützige Tätigkeiten des BF1
- Referenzschreiben für BF und Folder vom Verein Otelo
Zeitungsberichte
Fotografien
- Referenzschreiben einer Lehrerin und einer Betreuerin aus einer Integrationsgruppe - Kopie Tazkira der BF2
- iranische Impfkarte des BF3
- ÖSD-Zerifikat A1 der BF2
Das BFA hat mit Bescheiden vom 20.11.2017, die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde den BF gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) erlassen. Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach AFGHANISTAN zulässig ist (Spruchpunkt III.) und dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt IV.).
Mit Verfahrensanordnung vom 21.11.2017 wurde den BF ein Rechtsberater gemäß § 52 BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.
Gegen diese Entscheidungen erhoben die BF am 06.12.2017 Beschwerde und wiederholten im Wesentlichen ihr Vorbringen. Die Behörde habe es unterlassen auf das konkrete individuelle Vorbringen einzugehen und eine Gesamtbeurteilung anhand der verfügbaren herkunftsstaatspezifischen Informationen und der bisherigen Rechtsprechung des BVwG verabsäumt. Konkret werde der Behörde vorgeworfen, nicht genügend Länderinformationen zur konkreten Situation der Asylsuchenden ermittelt zu haben. Weiters wurde auf die prekäre Sicherheitslage in Kabul hingewiesen.
Am 05.07.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht im Beisein einer bevollmächtigten Vertreterin und einer Dolmetscherin für die Sprache Dari/Farsi eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Die BF wurden zu den Fluchtgründen und zur Person befragt.
Das Bundesverwaltungsgericht verwies in der Verhandlung auf das neue Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018. Auszugsweise wurden die neuen Berichte bezüglich der Provinz Balkh, Frauen und Kindern vorgelegt.
Seitens der BF wurden ein Konvolut von Referenzschreiben (Mitarbeiter des Vereins "Otelo", Flüchtlingshelfer und Deutschlehrer) für BF1 und BF2, ein ÖSD Zertifikat A1 für BF2 sowie eine Arbeitsbestätigung für BF1 über Hilfstätigkeiten in einer Gemeinde, sowie eine Anwesenheitsbestätigung von BF3 für den Kindergarten vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person und den Fluchtgründen der BF
Die BF, ein Mann und eine Frau mit deren gemeinsamen minderjährigen Sohn, gelangten 2015 über den Iran und die Türkei illegal nach Europa und dann weiter über Griechenland, Mazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich, wo sie am 16.11.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Die Reise kostete ca. 7.500 € und wurde von den BF selbst finanziert.
Die Identität der BF steht nicht fest. Angaben zu den Personen dienen lediglich einer Identifizierung für das Verfahren.
Die BF sind afghanische Staatsangehörige, Angehörige der Volksgruppe der Hazara und bekennen sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache der BF ist Dari/Farsi und sie haben geringe Sprachkenntnisse in Deutsch.
Der BF1 wurde im Iran geboren und wuchs auch dort auf. Seine Familie kommt aus der Provinz Balkh und ist vor mehr als 30 Jahren in den Iran geflohen. Er besuchte 5 Jahre die Schule und arbeitete im Baugewerbe und auch in einer Gärtnerei. Die Eltern und seine sieben Geschwister leben weiterhin im Iran und es geht ihnen gut (vgl. Akt BF1 AS 79). Die meisten von ihnen arbeiten, zwei Brüder des BF1 haben Lebensmittelgeschäfte, und es geht ihnen gut.
Die BF2 wurde in der Provinz Balkh, Distrikt XXXX , Ort XXXX , geboren und lebte dort bis zu ihrem 19. Lebensjahr. Dann übersiedelte sie in den Iran und lebt nunmehr seit ca. 6 Jahren mit dem BF1 zusammen. Die BF2 verfügt über eine 7-jährige Schulbildung in Mazar-e-Sharif (vgl. Akt BF2 AS 3), war jedoch nicht beschäftigt.
Die BF2 hat zwei Brüder, die in der Heimatprovinz Balkh leben und in der eigenen Landwirtschaft arbeiten. Ein Bruder lebt im Heimatort und einer in Mazar-e-Sharif.
Der männliche BF3 wurde XXXX im Iran geboren. Das Geburtsdatum ergibt sich glaubwürdig aus der vorliegenden iranischen Impfkarte des BF3.
Die BF konnten eine staatlich anerkannte Eheschließung nicht nachweisen. Da sie aber bereits im Iran gemeinsam gelebt haben und dort deren Sohn geboren wurde, ist aufgrund der gesellschaftlichen Gepflogenheiten im Iran und Afghanistan zumindest von einer traditionellen Ehe auszugehen.
Es wird festgestellt, dass die Familien der BF im Iran sowie die Geschwister der BF2 in Afghanistan in gesicherten wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen leben.
Die BF halten Kontakt zu ihren Familien und auch zu den Verwandten in Afghanistan.
Es wird festgestellt, dass die BF in Afghanistan keiner asylrelevanten individuellen Verfolgung insbesondere wegen ihrer Zugehörigkeit zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam und als Hazara ausgesetzt waren oder sie eine solche, im Falle einer Rückkehr, konkret zu befürchten haben. Bezüglich des BF1 wird festgestellt, dass er in Afghanistan nicht von Taliban oder Privatpersonen verfolgt wurde, noch für ihn von solchen Gruppen eine individuelle Bedrohung ausgeht. Die BF lebten im Iran und sind 2015 im Zuge der großen Migrationsbewegung aus dem Iran aufgebrochen, um sich ihre wirtschaftliche Lebenssituation in Europa zu verbessern. Zudem ist davon auszugehen, dass zumindest der BF1 bei der Ausreise aus dem Iran, wie seine übrige Familie, eine Aufenthaltsberechtigung besessen hat.
Weiters wird festgestellt, dass es keine Anhaltspunkte gibt, dass die BF in ihrem Heimatstaat von Privatpersonen oder Taliban verfolgt werden. Die Eltern des BF1 leben bereits seit mehr als 30 Jahren im Iran. Der BF1 war selbst nur kurze Zeit in seinem Heimatort und hat keine asylrelevanten Gründe für das Verlassen Afghanistans genannt. Ebenso liegen bei der BF2 für die Ausreise in den Iran keine solchen Gründe vor.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF2 zur sozialen Gruppe der "westlich" orientierten Frauen gehört und daher eine Rückkehr nach Afghanistan eine asylrelevante Gefährdung darstellt.
Die BF verließen ihre Heimat nicht deshalb, weil sich die BF2 von den vorherrschenden gesellschaftlich-religiösen Sitten ihres Heimatlandes lösen wollte und es gibt auch seit ihrem Aufenthalt in Österreich keine substantiellen Hinweise, dass sie ein selbstbestimmtes Leben einer "westlich" orientierten Frau führt oder führen will. Sie lebt in Österreich im Wesentlichen gemeinsam mit anderen afghanischen Familien ihre gewohnte Lebensweise weiter. Das bedeutet, sie macht den Haushalt, kümmert sich um den BF3 und arbeitet mit anderen afghanischen Familien im Garten oder macht Näharbeiten. Konkrete Berufswünsche hat sie nicht und bis dato setzte sie auch keine Initiativen für ein zukünftiges Leben als berufstätige Frau. Die Deutsch-Sprachkenntnisse sind, trotz eines fast dreijährigen Aufenthaltes in Österreich, noch sehr mangelhaft, sodass ein näheres Kennenlernen der "westlichen" Lebensweise von Frauen schwer möglich ist. Bis vor kurzem trug sie aus Gewohnheit auch nur traditionelle Kleidung.
Es steht somit fest, dass die BF2, aber auch der BF1, im Wesentlichen kein Leben führen, die den herrschenden Gesellschaftsvorstellungen in Afghanistan widersprechen. Daher ist davon auszugehen, dass die BF ohne größere Probleme ihr Familienleben in ihrem Heimatstaat weiterführen können.
Für den BF3 wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.
Es wird somit festgestellt, dass den BF im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan eine Verfolgung aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aus einer politischen Gesinnung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.
Zur Rückkehrsituation der BF in ihrem Herkunftsland
Im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat droht den BF kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (in der Folge EMRK), oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention. Es ist ihnen zumutbar, wie die Geschwister der BF2, in Afghanistan, in der Provinz Balkh zu leben.
Die BF sind gesund und die volljährigen BF sind arbeitsfähig, sie stehen nicht in ärztlicher Behandlung. Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr der BF ausschließen könnten, werden nicht festgestellt.
Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung im Heimatort der BF2 oder im nahen Mazar-e-Sharif, drohen den BF kein Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit. Sie laufen nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Die BF lebten zwar im Iran, doch sie verfügen in der Provinz Balkh über ein soziales Netzwerk. Die wirtschaftliche Situation der dort lebenden Familie ist gesichert und sie können bei einer Rückkehr mit finanzieller Unterstützung seitens der Familie rechnen. Der BF1 kann aufgrund seiner Berufserfahrung im Baugewerbe und als Gärtner leichter eine Existenzgrundlage finden. Die BF haben auch die Möglichkeit, Rückkehrunterstützung in Anspruch zu nehmen und damit eine weitere finanzielle Hilfe sowie Hilfe vor Ort zu erhalten.
Auch bezüglich des BF3 wird festgestellt, dass im konkreten Fall das Kindeswohl des vierjährigen Buben bei Rückkehr in den Heimatstaat nicht gefährdet ist. Die BF führen ein von gegenseitigem Respekt erfülltes Familienleben. Bereits die BF2 wurde in Afghanistan seitens ihrer Familie gefördert und besuchte die Schule. Es ist daher davon auszugehen, dass auch der BF3 die Möglichkeit erhält eine Schule zu besuchen. Es besteht aufgrund der stabilen Familienverhältnisse auch keine erhöhte Gefahr, in Mazar-e-Sharif Opfer von Gewalt, Missbrauch oder Kinderarbeit zu werden.
Zum Privat- und Familienleben der BF
Die BF reisten im Juli 2015 vom Iran illegal nach Österreich und halten sich seither nur aufgrund eines vorläufigen Aufenthaltsrechts als Asylwerber im österreichischen Bundesgebiet auf. Sie verfügen in Österreich darüber hinaus über keine schützenswerten familiären oder privaten Bindungen.
Die unbescholtenen BF sprechen kaum Deutsch (maximal A1-Niveau), die BF2 hat die A1-Sprachprüfung abgelegt. Abgesehen zu Betreuern und ehrenamtlichen Helfern, besteht kein näherer Kontakt zu Österreichern. Sie wohnen mit anderen, zumeist afghanischen, Flüchtlingsfamilien in einer Flüchtlingsunterkunft. Zweimal wöchentlich gibt es einen Deutschkurs, den die volljährigen BF besuchen. Die BF beteiligen sich an Gartenarbeiten, der BF1 ist in einer Gemeinde geringfügig beschäftigt und die BF2 macht Näharbeiten. Zusätzlich kümmert sie sich um den Haushalt und den vierjährigen BF3. Der BF3 geht seit September 2017 in den Kindergarten. Er spricht Dari sowie etwas Deutsch. Im Wesentlichen leben die BF von der Grundversorgung und sind im Wesentlichen nicht erwerbstätig.
Eine sprachliche oder berufliche Integration in die österreichische Gesellschaft oder eine bald zu erwartende Selbsterhaltungsfähigkeit der BF liegen nicht vor.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.
Zur Lage im Herkunftsstaat
Zur Situation in Afghanistan werden auszugsweise folgende Feststellungen aus dem BFA-Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Stand 25.09.2017) sowie aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten BFA-Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018 (Berichte über die Provinz Balkh, Frauen und Kinder) zitiert:
BFA-Länderinformationsblatt der Staatendokumentation:
"KI vom 25.9.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q3.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)
Die Sicherheitslage in Afghanistan ist nach wie vor höchst volatil; die Regierung und die Taliban wechselten sich während des Berichtszeitraumes bei Kontrolle mehrerer Distriktzentren ab - auf beiden Seiten waren Opfer zu beklagen (UN GASC 21.9.2017). Der Konflikt in Afghanistan ist gekennzeichnet von zermürbenden Guerilla-Angriffen, sporadischen bewaffneten Zusammenstößen und gelegentlichen Versuchen Ballungszentren zu überrennen. Mehrere Provinzhauptstädte sind nach wie vor in der Hand der Regierung; dies aber auch nur aufgrund der Unterstützung durch US-amerikanische Luftangriffe. Dennoch gelingt es den Regierungskräften kleine Erfolge zu verbuchen, indem sie mit unkonventionellen Methoden zurückschlagen (The Guardian 3.8.2017).
Der afghanische Präsident Ghani hat mehrere Schritte unternommen, um die herausfordernde Sicherheitssituation in den Griff zu bekommen. So hielt er sein Versprechen den Sicherheitssektor zu reformieren, indem er korrupte oder inkompetente Minister im Innen- und Verteidigungsministerium feuerte, bzw. diese selbst zurücktraten; die afghanische Regierung begann den strategischen 4-Jahres Sicherheitsplan für die ANDSF umzusetzen (dabei sollen die Fähigkeiten der ANDSF gesteigert werden, größere Bevölkerungszentren zu halten); im Rahmen des Sicherheitsplanes sollen Anreize geschaffen werden, um die Taliban mit der afghanischen Regierung zu versöhnen; Präsident Ghani bewilligte die Erweiterung bilateraler Beziehungen zu Pakistan, so werden unter anderen gemeinsamen Anti-Terror Operationen durchgeführt werden (SIGAR 31.7.2017).
Zwar endete die Kampfmission der US-Amerikaner gegen die Taliban bereits im Jahr 2014, dennoch werden, laut US-amerikanischem Verteidigungsminister, aufgrund der sich verschlechternden Sicherheitslage 3.000 weitere Soldaten nach Afghanistan geschickt. Nach wie vor sind über 8.000 US-amerikanische Spezialkräfte in Afghanistan, um die afghanischen Truppen zu unterstützen (BBC 18.9.2017).
Sicherheitsrelevante Vorfälle
In den ersten acht Monaten wurden insgesamt 16.290 sicherheitsrelevante Vorfälle von den Vereinten Nationen (UN) registriert; in ihrem Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) für das dritte Quartal, wurden 5.532 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 3% gegenüber dem Vorjahreswert. Laut UN haben sich bewaffnete Zusammenstöße um 5% erhöht und machen nach wie vor 64% aller registrierten Vorfälle aus. 2017 gab es wieder mehr lange bewaffnete Zusammenstöße zwischen Regierung und regierungsfeindlichen Gruppierungen. Im Gegensatz zum Vergleichszeitraums des Jahres 2016, verzeichnen die UN einen Rückgang von 3% bei Anschlägen mit Sprengfallen [IEDs - improvised explosive device], Selbstmordangriffen, Ermordungen und Entführungen - nichtsdestotrotz waren sie Hauptursache für zivile Opfer. Die östliche Region verzeichnete die höchste Anzahl von Vorfällen, gefolgt von der südlichen Region (UN GASC 21.9.2017).
Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan von 1.1.-31.8.2017 19.636 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (Stand: 31.8.2017) (INSO o.D.).
Zivilist/innen
Landesweit war der bewaffnete Konflikt weiterhin Ursache für Verluste in der afghanischen Zivilbevölkerung. Zwischen dem 1.1. und 30.6.2017 registrierte die UNAMA 5.243 zivile Opfer (1.662 Tote und 3.581 Verletzte). Dies bedeutet insgesamt einen Rückgang bei zivilen Opfern von fast einem 1% gegenüber dem Vorjahreswert. Dem bewaffneten Konflikt in Afghanistan fielen zwischen 1.1.2009 und 30.6.2017 insgesamt 26.512 Zivilist/innen zum Opfer, während in diesem Zeitraum 48.931 verletzt wurden (UNAMA 7.2017).
Im ersten Halbjahr 2017 war ein Rückgang ziviler Opfer bei Bodenoffensiven zu verzeichnen, während sich die Zahl ziviler Opfer aufgrund von IEDs erhöht hat (UNAMA 7.2017).
Die Provinz Kabul verzeichnete die höchste Zahl ziviler Opfer - speziell in der Hauptstadt Kabul: von den 1.048 registrierten zivilen Opfer (219 Tote und 829 Verletzte), resultierten 94% aus Selbstmordattentaten und Angriffen durch regierungsfeindliche Elemente. Nach der Hauptstadt Kabul verzeichneten die folgenden Provinzen die höchste Zahl ziviler Opfer: Helmand, Kandahar, Nangarhar, Uruzgan, Faryab, Herat, Laghman, Kunduz und Farah. Im ersten Halbjahr 2017 erhöhte sich die Anzahl ziviler Opfer in 15 von Afghanistans 34 Provinzen (UNAMA 7.2017)
High-profile Angriffe:
Der US-Sonderbeauftragten für den Aufbau in Afghanistan (SIGAR), verzeichnete in seinem Bericht für das zweite Quartal des Jahres 2017 mehrere high-profil Angriffe; der Großteil dieser fiel in den Zeitraum des Ramadan (Ende Mai bis Ende Juni). Einige extremistische Organisationen, inklusive dem Islamischen Staat, behaupten dass Kämpfer, die während des Ramadan den Feind töten, bessere Muslime wären (SIGAR 31.7.2017).
Im Berichtszeitraum (15.6. bis 31.8.2017) wurden von den Vereinten Nationen folgende High-profile Angriffe verzeichnet:
Ein Angriff auf die schiitische Moschee in der Stadt Herat, bei dem mehr als 90 Personen getötet wurden (UN GASC 21.9.2017; vgl.: BBC 2.8.2017). Zu diesem Attentat bekannte sich der ISIL-KP (BBC 2.8.2017). Taliban und selbsternannte ISIL-KP Anhänger verübten einen Angriff auf die Mirza Olang Region im Distrikt Sayyad in der Provinz Sar-e Pul; dabei kam es zu Zusammenstößen mit regierungsfreundlichen Milizen. Im Zuge dieser Kämpfe, die von 3.- 5. August anhielten, wurden mindestens 36 Menschen getötet (UN GASC 21.9.2017). In
Kabul wurde Ende August eine weitere schiitische Moschee angegriffen, dabei wurden mindestens 28 Zivilist/innen getötet; auch hierzu bekannte sich der ISIL-KP (UN GASC 21.9.2017; vgl.: NYT 25.8.2017).
Manche high-profile Angriffe waren gezielt gegen Mitarbeiter/innen der ANDSF und afghanischen Regierungsbeamte gerichtet; Zivilist/innen in stark bevölkerten Gebieten waren am stärksten von Angriffen dieser Art betroffen (SIGAR 31.7.2017).
...
Regierungsfeindliche Gruppierungen: Taliban
Die Taliban waren landesweit handlungsfähig und zwangen damit die Regierung erhebliche Ressourcen einzusetzen, um den Status Quo zu erhalten. Seit Beginn ihrer Frühjahrsoffensive im April, haben die Taliban - im Gegensatz zum Jahr 2016 - keine größeren Versuche unternommen Provinzhauptstädte einzunehmen. Nichtsdestotrotz, gelang es den Taliban zumindest temporär einige Distriktzentren zu überrennen und zu halten; dazu zählen der Distrikt Taywara in der westlichen Provinz Ghor, die Distrikte Kohistan und Ghormach in der nördlichen Provinz Faryab und der Distrikt Jani Khel in der östlichen Provinz Paktia. Im Nordosten übten die Taliban intensiven Druck auf mehrere Distrikte entlang des Autobahnabschnittes Maimana-Andkhoy in der Provinz Faryab aus; die betroffenen Distrikte waren: Qaramol, Dawlat Abad, Shirin Tagab und Khwajah Sabz Posh.
Im Süden verstärkten die Taliban ihre Angriffe auf Distrikte, die an die Provinzhauptstädte von Kandahar und Helmand angrenzten (UN GASC 21.9.2017).
...
Politische Entwicklungen
Die Vereinten Nationen registrierten eine Stärkung der Nationalen Einheitsregierung. Präsident Ghani und CEO Abdullah einigten sich auf die Ernennung hochrangiger Posten - dies war in der Vergangenheit Grund für Streitigkeiten zwischen den beiden Führern gewesen (UN GASC 21.9.2017).
Die parlamentarische Bestätigung einiger war nach wie vor ausständig; derzeit üben daher einige Minister ihr Amt kommissarisch aus. Die unabhängige afghanische Wahlkommission (IEC) verlautbarte, dass die Parlaments- und Distriktratswahlen am 7. Juli 2018 abgehalten werden (UN GASC 21.9.2017).
Quellen:
- BBC (18.9.2017): US sends 3,000 more troops to Afghanistan, http://www.bbc.com/news/world-us-canada-41314428 , Zugriff 20.9.2017
- BBC (2.8.2017): Herat mosque blast: IS says it was behind Afghanistan attack, http://www.bbc.com/news/world-asia-40802572 , Zugriff 21.9.2017
- INSO - International NGO Safety Organisation (o.D.): Afghanistan - Total incidents per month for the current year to date, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan , Zugriff 19.9.2017
- INSO - The International NGO Safety Organisation (2017):
Afghanistan - Gross Incident Rate, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan , Zugriff 19.9.2017
- NYT - The New York Times (16.9.2017): U.S. Expands Kabul Security Zone, Digging In for Next Decade, https://www.nytimes.com/2017/09/16/world/asia/kabul-green-zone-afghanistan.html?mcubz=3 , Zugriff 20.9.2017
- NYT - The New York Times (25.8.2017): ISIS Claims Deadly Attack on Shiite Mosque in Afghanistan,
https://www.nytimes.com/2017/08/25/world/asia/mosquekabul-attack.html?mcubz=3 , Zugriff 21.9.2017
- Reuters (13.8.2017): Senior Islamic State commanders killed in Afghanistan air strike:
U.S. military,
https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-airstrike/senior-islamic-state-commanders-killed-in-afghanistan-air-strike-u-s-military-idUSKCN1AT06J , Zugriff 19.9.2017
- Reuters (6.8.2017): Kabul 'Green Zone' tightened after attacks in Afghan capital,
https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-security/kabul-green-zone-tightenedafter-attacks-in-afghan-capital-idUSKBN1AM0K7 , Zugriff 20.9.2017
- SIGAR - Special Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.7.2017): QUARTERLY REPORT TO THE UNITED STATES
CONGRESS,
https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2017-07-30qr.pdf , Zugriff 19.9.2017
- SIGAR - Special Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (20.6.2017): Afghan national army: dod may have spent up to $28 million more than needed to procure camouflage uniforms that may be inappropriate for the Afghan environment, https://www.sigar.mil/pdf/special projects/SIGAR-17-48-SP.pdf, Zugriff 20.9.2017
- The Guardian (3.8.2017): The war America can't win: how the Taliban are regaining control in Afghanistan, https://www.theguardian.com/world/2017/aug/03/afghanistan-war-helmand-taliban-us-womens-rights-peace , Zugriff 19.9.2017
- Tolonews (17.6.2017): Daesh Media Leader Killed In Nangarhar Air Strike,
http://www.tolonews.com/afghanistan/daesh-media-leader-killed-nangarhar-air-strike , Zugriff 19.9.2017
- UNAMA - UN Assistance Mission in Afghanistan: Afghanistan (7.2017): Protection of Civilians in Armed Conflict; Midyear Report 2017,
https://unama.unmissions.org/sites/default/files/protection_of_civilians_in_armed_conflict_midyear_report_2017_july_2017.pdf , Zugriff 20.9.2017
- UN GASC - General Assembly Security Council (21.9.2017): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, as of September 15th 2017, https://unama.unmissions.org/report-secretary-general-situationafghanistan-and-its-implications-international-peace-and-7 , Zugriff 21.9.2017
- WT - The Washington Times (8.5.2017): Pentagon confirms Abdul Hasib, head of ISIS in Afghanistan, killed by U.S., Afghan special forces, http://www.washingtontimes.com/news/2017/may/8/abdul-hasib
head-isis- afghanistan-killed-us-afghan/, Zugriff 19.9.2017
...
Sicherheitslage
Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).
In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al- Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).
INSO beziffert die Gesamtzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle in Afghanistan im Jahr 2016 mit 28.838 (INSO 2017).
Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghanischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).
Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).
Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vgl. auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).
Kontrolle von Distrikten und Regionen
Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).
Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).
Rebellengruppen
Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).
Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).
Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9 .2016).
Taliban und ihre Offensive
Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).
Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).
Der derzeitig Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz
- größtenteils unter Talibankontrolle - liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour (Reuters 27.1.2017).
Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US- Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.5.2016; vgl. auch: The National 13.1.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.5.2016; vgl. auch:
The National 13.1.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.1.2017) und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.5.2016).
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Allgemeine Menschenrechtslage
Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen erhebliche Fortschritte gemacht. Inzwischen ist eine selbstbewusste neue Generation von Afghaninnen und Afghanen herangewachsen, die sich politisch, kulturell und sozial engagiert und der
Zivilgesellschaft eine starke Stimme verleiht. Diese Fortschritte erreichen aber nach wie vor nicht alle Landesteile und sind außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern nur schwer durchzusetzen. Die Menschenrechte haben in Afghanistan eine klare gesetzliche Grundlage (AA 9 .2016). Die 2004 verabschiedete afghanische Verfassung enthält einen umfassenden Grundrechtekatalog (AA 9 .2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Afghanistan hat die meisten der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge - zum Teil mit Vorbehalten - unterzeichnet und/oder ratifiziert (AA 9 .2016).
Im Februar 2016 hat Präsident Ghani, den ehemaligen Leiter der afghanischen Menschenrechtskommission, Mohammad Farid Hamidi, zum Generalstaatsanwalt ernannt (USDOD 6.2016; vgl. auch NYT 3.9.2016).
Drohungen, Einschüchterungen und Angriffe gegen Menschenrechtsverteidiger hielten in einem Klima der Straflosigkeit an, nachdem die Regierung es verabsäumt hatte, Fälle zu untersuchen und Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen.
Menschenrechtsverteidiger wurden sowohl durch staatliche, als auch nicht-staatliche Akteure angegriffen und getötet - (AI 24.2.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan
- AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Afghanistan, https://www.amnesty.org/en/countries/asiaand-the-pacific/afghanistan/report-afghanistan/ , Zugriff 17.2.2017
- Max Planck Institut (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan,
http://www.mpipriv.de/files/pdf4/verfassung_2004_deutsch_mpil_webseite.pdf , Zugriff 22.12.2016
- NYT - The New York Times (3.9.2016): New Afghan Attorney General Seeks Justice in System Rife With Graft, https://www.nytimes.com/2016/09/04/world/asia/new-afghanattorney-general-seeks-justice-in-system-rife-with-graft.html , Zugriff 17.1.2016
- USDOD - US Department of Defense (6.2015): Report on Enhancing Security and Stability in Afghanistan, https://www.defense.gov/Portals/1/Documents/Enhancing_Security_and_Stability_in_Afghanistan June_2016.pdf, Zugriff 17.1.2016
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Grundversorgung und Wirtschaft
Im Jahr 2015 belegte Afghanistan im 'Human Development Index' (HDI) den 171. von 188 Plätzen (UNDP 2016; vgl. auch: AA 11 .2016). Afghanistan bleibt trotz eines gewaltigen Fortschritts innerhalb einer Dekade, eines der ärmsten Länder. Die Sicherheit und politische Ungewissheit, sowie die Reduzierung internationaler Truppen, gemeinsam mit einer schwachen Regierung und Institutionen, haben Wachstum und Beschäftigung gehemmt und seit kurzem zu einer erhöhten Migration geführt (IWF 13.4.2016).
Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011, stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist (WB 2.5.2016). Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können (AA 11 .2016).
Das BIP-Wachstum im Jahr 2015 wurde auf 1,5% geschätzt, als Faktoren zählten die sich verschlechternde Sicherheitslage, welche Privatinvestitionen schwächte; verspätete Vollstreckung des Haushaltsplanes und unvorteilhafte Wetterbedingungen, die zu einem niedrigeren landwirtschaftlichen Ertrag führten (IMF 13.4.2016). Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz positiver Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuschüsse der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert. Den größten Anteil am BIP (2015: 19,2 Mrd. USD, lt. Weltbank) hat der Dienstleistungssektor mit 55%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 22,6%. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels - Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig - sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig (AA 11 .2016). Das Wirtschaftswachstum ist in den Jahren 2014 und 2015 stark auf 1.5 - 2% gesunken; internationale Entwicklungshilfe führte zu Wachstum und Jobs in Konfliktregionen, dennoch steuerte es nicht zu einer gesteigerten Produktivität bei. Ungleichheit stieg parallel zur ungleichen Wachstumsverteilung - Regionen im Nordosten, Osten, sowie im Westen des Zentralgebietes scheinen aufgrund ihrer geografischen Abgelegenheit, starken Klimaveränderungen, niedriger Hilfe und Unsicherheit, nachzuhinken. Arbeitslosigkeit, Naturgefahren, fehlender Zugang zu Dienstleistungen, sowie Gewalt, sind Hauptfaktoren für die hohe Armutsrate in Afghanistan. Entwicklungsschwierigkeiten verstärkten die wachsende Unsicherheit, Verunsicherung und schrumpfende Hilfe (WB 2.5.2016).
Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und seltene Erden. Mit dem 2014 verabschiedeten Rohstoffgesetz wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes. Darüber hinaus müssen Mechanismen zum Einnahmenmanagement etabliert werden. Der Abbau der Rohstoffe erfordert große und langfristige Investitionen in die Exploration und Infrastruktur durch internationale Unternehmen. Bisher sind diese noch kaum im Abbau von Rohstoffen im Land aktiv. Derzeit niedrige Weltmarktpreise lassen die Investitionsbereitschaft zusätzlich sinken (AA 11 .2016).
Afghanistan bleibt weiterhin der weltweit größte Produzent für Opium, Heroin und Cannabis. Trotz einer breit angelegten Strategie verhindern die angespannte Sicherheitslage in den Hauptanbaugebieten im Süden des Landes sowie die weit verbreitete Korruption eine effiziente Bekämpfung des Drogenanbaus. Die hohen Gewinnmargen erschweren zudem die Einführung von alternativen landwirtschaftlichen Produkten (AA 11 .2016).
Projekte der afghanischen Regierung:
Im September 2016 fiel der Startschuss für das "Citizens' Charter National Priority Program"; dieses Projekt zielt darauf ab, die Armut zu reduzieren und den Lebensstandard zu erhöhen, indem die Kerninfrastruktur und soziale Dienstleistungen der betroffenen Gemeinschaften verbessert werden. Die erste Phase des Projektes hat ein Drittel der 34 Provinzen zum Ziel; die vier Städte Balkh, Herat, Kandahar und Nangarhar sind Schwerpunkt des städtischen Entwicklungsprogrammes, welche als erste behandelt werden sollen. In der ersten Phase sollen 8,5 Millionen Menschen erreicht werden, mit dem Ziel 3,4 Millionen Menschen sauberes Trinkwasser zur Verfügung zu stellen, die Gesundheitsdienstleistungen zu verbessern, Bildung, Landstraßen, Elektrizität, sowie Zufriedenheit zu steigern und Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu erhöhen. Des Weiteren zielt das Projekt darauf ab, Binnenvertriebene, Menschen mit Behinderung, arme Menschen und Frauen besser zu integrieren (WB 10.10.2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (11.2016): Wirtschaft, http://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Afghanistan/Wirtschaft_node.html , Zugriff 18.1.2016
- IWF - International Monetary Fund (9.6.2015): Afghanistan: Reforms to Build Self Reliance and Prosperity, https://www.imf.org/external/pubs/ft/scr/2015/cr15140.pdf , Zugriff 2.11.2015
- IWF - International Monetary Fund (13.4.2014): Islamic republic of Afghanistan,
https://www.imf.org/external/pubs/ft/scr/2016/cr16120.pdf , , Zugriff 18.1.2016
- UNDP - United Nations Development Programm (2016): Human Development Data, http://hdr.undp.org/en/data , Zugriff 17.1.2016
- UN GASC - United Nations General Assembly (1.9.2015): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security: report of the Secretary-General, http://unama.unmissions.org/Portals/UNAMA/SG Reports/SG_Report_September_20
15. pdf, Zugriff 14.10.2015
- WB - The Worldbank (2.11.2016): Afghanistan Overview, http://www.worldbank.org/en/country/afghanistan/overview , Zugriff 18.11.2016
- WB - The Worldbank (10.10.2016):Afghanistan Government Inaugurates Citizens' Charter to Target Reform and Accountability, http://www.worldbank.org/en/news/feature/2016/10/10/government-inaugurates-citizenscharter-to-target-reform-and-accountability , Zugriff 19.1.2017
- WB - The World Bank (10.2016): Afghanistan Country Update - Issues 49,
http://documents.worldbank.org/curated/en/933571475754352955/pdf/108759-NEWS-CUOctWEB-PUBLIC-ABSTRACT-SENT.pdf , Zugriff 18.1.2016
- WB - The World Bank (2.5.2016): Afghanistan Systematic Country Diagnostic: An Analysis of a Country's Path toward Development, http://www.worldbank.org/en/news/feature/2016/05/10/afghanistan-systematic-countrydiagnostic-an-analysis-of-the-countrys-path-toward-development , Zugriff 18.1.2017
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Rückkehr
Seit Jänner 2016 sind mehr als 700.000 nicht registrierte Afghanen aus dem Iran und Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt (Thomson Reuters Foundation 12.1.2017); viele von ihnen sind, laut Internationalem Währungsfonds (IMF), hauptsächlich aus Pakistan, aus dem Iran, Europa und anderen Regionen nach Afghanistan zurückgekehrt. Viele Afghan/innen, die jahrzehntelang im Ausland gelebt haben, kehren in ein Land zurück und sind Konflikten, Unsicherheit und weitreichender Armut ausgesetzt. Aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen, sind Rückkehrer/innen im Allgemeinen arm. Auch wenn reichere Rückkehrer/innen existieren, riskiert ein typischer rückkehrender Flüchtling in die Armut abzurutschen (RFL/RE 28.1.2017). Die meisten Rückkehrer/innen (60%) entschlossen sich - laut UNHCR - in den städtischen Gegenden Kabuls, Nangarhar und Kunduz niederzulassen (UNHCR 6.2016).
IOM verlautbarte eine Erhöhung von 50.000 Rückkehrer/innen gegenüber dem Vorjahr. UNHCR hat im Jahr 2016 offiziell 372.577 registrierte Afghanen in die Heimat zurückgeführt. Laut UNHCR und IOM waren der Großteil der Rückkehrer junge Männer aus dem Iran, die auf der Suche nach Arbeit oder auf dem Weg nach Europa waren (Thomson Reuters Foundation 12.1.2017). Der Minister für Flüchtlinge und Repatriierung sprach sogar von einer Million Flüchtlinge, die im letzten Jahr nach Afghanistan zurückgekehrt sind - davon sind über 900.000 freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt sind (Khaama Press 17.1.2017).
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Unterstützung durch verschiedene Organisationen Vorort
Eine steigende Zahl von Institutionen bietet Mikrofinanzleistungen an. Die Voraussetzungen hierfür unterscheiden sich, wobei zumeist der Fokus auf die Situation/Gefährdung des Antragenden und die Nachhaltigkeit des Projekts gelegt wird. Rückkehrer und insbesondere Frauen erhalten regelmäßig Unterstützung durch Mikrofinanzleistungen. Jedoch sind die Zinssätze in der Regel vergleichsweise hoch (IOM 2016).
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme - WFP) hat in Afghanistan eine neunmonatige Operation eingeleitet, um die wachsenden Zahl der Rückkehrer/innen aus Pakistan und Binnenvertriebe zu unterstützen, indem ihnen Notfallsnahrung und andere Mittel zur Verfügung gestellt werden:
Sowohl das WFP als auch andere UN-Organisationen arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Die Organisation bietet 163.000 nicht-registrierten Rückkehrer/innen, 200.000 dokumentierten Rückkehrer/innen und 150.000 Binnenvertriebenen, Flüchtlingen Nahrungs- und Finanzhilfe an; auch 35.000 Flüchtlinge in den Provinzen Khost und Paktika wurden unterstützt. Das WAFP hat seine Unterstützungen in Ostafghanistan verstärkt - um Unterernährung zu vermeiden; das WFP unterstützte mehr als 23.000 Kleinkindern aus Rückkehrer-Familien. Ziel des WFP ist es 550.000 Menschen durch Notfallsorganisationen zu helfen (UN News Centre 15.11.2016).
Einige Länder arbeiten auch eng mit IOM in Afghanistan im Rahmen des Programms Assisted Voluntary Return zusammen - insbesondere, um die Reintegration zu erleichtern. IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten, Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerber/innen Unterstützung nach der Ankunft im Land (AA 9 .2016). Mit Ausnahme von IOM gibt es keine weiteren Organisationen, die Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrer/innen in Afghanistan anbieten (IOM 2016).
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Memorandum of Understanding (MoU)
Die Schweiz, Australien, Iran, Norwegen, Pakistan, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande und Schweden haben seit 2002 mit Afghanistan und dem UNHCR sog. Drei- Parteien-Abkommen (MoU - Memorandum of Understanding) zur Regelung der freiwilligen Rückkehr von afghanischen Flüchtlingen in ihr Heimatland geschlossen. Die Abkommen sehen u. a. die Übernahme von Reisekosten, Wiedereingliederungshilfe und Unterstützungsmaßnahmen für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge vor. Großbritannien, Frankreich, Italien, Dänemark, Norwegen, Schweden und Australien schieben abgelehnte Asylbewerber/innen afghanischer Herkunft nach Afghanistan ab. Von Norwegen ist bekannt, dass auch Familien mit minderjährigen Kindern abgeschoben werden. Der afghanische Flüchtlingsminister Balkhi (seit Ende Januar 2015 im Amt) lehnt die Rücknahme von afghanischen Flüchtlingen ab und ignoriert die MoUs, wurde jedoch von Präsident Ghani in seinem Einfluss beschnitten. Ein deutsch-afghanisches Rücknahme-MoU wurde am 2. Oktober 2016 in Kabul unterzeichnet (AA 9 .2016).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan
- Azizi Bank (2014): Western Union Money Transfer Services, http://www.azizibank.com/index.php/live/content/Western-Union , Zugriff am 8.11.2016BFA
- DAWN (13.2.2017): HRW report accuses UNHCR of inaction over ¿forced repatriation- of Afghans, http://www.dawn.com/news/1314348/hrw-report-accuses-unhcr-of-inaction-over-forced-repatriation-of-afghans , Zugriff 15.2.2017
- DAWN (28.1.2017): 700,000 Afghan refugees returned home from Pakistan in 2016: IMF, http://www.dawn.com/news/1311245 , Zugriff 15.2.2017
- DAWN (12.1.2017): Rise in Afghans returning home threatens overstretched resources, UN says, http://www.dawn.com/news/1307994/rise-in-afghans-returning-home-threatens-overstretched-resources-un-says , Zugriff 19.1.2017
- Die Zeit (13.2.2017): Schweigt die UN zu Misshandlungen von Flüchtlingen in Pakistan?,
http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-02/human-rights-watch-pakistan-abschiebungafghanistan-fluechtlinge , Zugriff 15.2.2017
- HRW - Human Rights Watch (13.2.2017): Pakistan Coercion, UN Complicity - The Mass Forced Return of Afghan Refugees, https://www.hrw.org/report/2017/02/13/pakistancoercion-un-complicity/mass-forced-return-afghan-refugees , Zugriff 15.2.2017
- IOM - International Organization for Migration (15.1.2017): Return of undocumented Afghans weekly situation report 8-14 January 2017, https://afghanistan.iom.int/sites/default/files/Reports/iom_return_of_undocumented_afgha ns_weekly_situation_report_8-14_january_2017.pdf, Zugriff 20.1.2017
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- Western Union Holdings, Inc(2016): Möglichkeiten, Geld zu erhalten, https://www.westernunion.com/at/de/receive-money.html , Zugriff am 25.1.2017
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Ausbildungen für Rückkehr/innen in Afghanistan
In Afghanistan bieten staatliche Schulen, unter Leitung des Ministeriums für Bildung, und private Berufsschulen, Trainings/Ausbildungen an. Die Einschreibung an Bildungseinrichtungen können Rückkehrer/innen beim Ministerium für Rückkehr beantragen. Diese verweisen Rückkehrer/innen an die Bildungsabteilung in Kabul (Marif Shahr); danach werden die Rückkehrer/innen in jenen Bildungseinrichtung eingeschrieben, deren nachgewiesenem Bildungsniveau sie entsprechen. Um ausländische Abschlüsse anzuerkennen, sollten relevante Unterlagen (Zeugnisse, Diploma oder Abschlüsse) an das Ministerium für ausländische Angelegenheiten geschickt werden. Unter der Bedingung, dass diese Unterlagen zuvor vom Ministerium für ausländische Angelegenheiten im Gastland geprüft wurden, wird das Ministerium die Unterlagen akzeptieren. Danach werden die Unterlagen an das Ministerium für höhere Bildung weitergeleitet. Im Anschluss werden die vom Ministerium anerkannten Kopien der Unterlagen an den Inhaber zurückversandt (IOM 2016).
Unterstützung durch Nichtregierungsorganisationen
Laut UNHCR handelt es sich bei afghanischen UMF allgemein um männliche unbegleitete Kinder im Alter zwischen 13 und 17 Jahren, die so eine Reise auf sich nehmen - motiviert werden sie aus unterschiedlichen Gründen. Diese zusammenhängenden Faktoren inkludieren Armut, Unsicherheit, inadäquate Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten, sowie Erwartungshaltung von Familie und Peergruppe. Sowohl aus Gegenden mit einer geringen Zahl an entsandten Kindern, als auch aus Gegenden mit einer hohen Zahl entsandter Kinder, waren europäische Länder typischerweise das gewünschte Ziel. Der Iran wurde teilweise als Zwischenstation ausgewählt, da dort lebende Familienmitglieder und Verwandte helfen konnten Arbeit zu finden. Die Hauptabreiseorte waren Herat, Islam Qala [Anm.: im Westen von Herat] und Nimroz. Es ist allgemein bekannt, dass Schmuggelnetzwerke für diese Reise verwendet werden (UNHCR 12.2014).
..."
Die ergänzenden Berichte zur Provinz Balkh, zu Frauen und zu Kindern sowie über ethnische und religiöse Minderheiten (Hazara und Schiiten) aus dem LIB vom 29.06.2018:
"Balkh
Die Provinz Balkh liegt in Nordafghanistan; sie ist geostrategisch gesehen eine wichtige Provinz und bekannt als Zentrum für wirtschaftliche und politische Aktivitäten. Sie hat folgende administrative Einheiten: Hairatan Port, Nahra-i-Shahi, Dihdadi, Balkh, Daulatabad, Chamtal, Sholgar, Chaharbolak, Kashanda, Zari, Charkont, Shortipa, Kaldar, Marmal, und Khalm; die Provinzhauptstadt ist Mazar-e Sharif. Die Provinz grenzt im Norden an Tadschikistan und Usbekistan. Die Provinz Samangan liegt sowohl östlich als auch südlich von Balkh. Die Provinzen Kunduz und Samangan liegen im Osten, Jawzjan im Westen und Sar-e Pul im Süden (Pajhwok o.D.y).
Balkh grenzt an drei zentralasiatische Staaten: Turkmenistan, Usbekistan und Tadschikistan (RFE/RL 9.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.382.155 geschätzt (CSO 4.2017).
Die Hauptstadt Mazar-e Sharif liegt an der Autobahn zwischen Maimana [Anm.: Provinzhauptstadt Faryab] und Pul-e-Khumri [Anm.:
Provinzhauptstadt Baghlan]; sie ist gleichzeitig ein Wirtschafts- und Verkehrsknotenpunkt in Nordafghanistan. Die Region entwickelt sich wirtschaftlich gut. Es entstehen neue Arbeitsplätze, Firmen siedeln sich an und auch der Dienstleistungsbereich wächst. Die Infrastruktur ist jedoch noch unzureichend und behindert die weitere Entwicklung der Region. Viele der Straßen, vor allem in den gebirgigen Teilen des Landes, sind in schlechtem Zustand, schwer zu befahren und im Winter häufig unpassierbar (BFA Staaatendokumentation 4.2018). In Mazar-e Sharif gibt es einen internationalen Flughafen (vgl. Flughafenkarte der Staatendokumentation; Kapitel 3.35).
Im Juni 2017 wurde ein großes nationales Projekt ins Leben gerufen, welches darauf abzielt, die Armut und Arbeitslosigkeit in der Provinz Balkh zu reduzieren (Pajhwok 7.6.2017).
Nach monatelangen Diskussionen hat Ende März 2018 der ehemalige Gouverneur der Provinz Balkh Atta Noor seinen Rücktritt akzeptiert und so ein Patt mit dem Präsidenten Ghani beendet. Er ernannte den Parlamentsabgeordneten Mohammad Ishaq Rahgozar als seinen Nachfolger zum Provinzgouverneur (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Reuters 22.3.2018). Der neue Gouverneur versprach, die Korruption zu bekämpfen und die Sicherheit im Norden des Landes zu garantieren (Tolonews 24.3.2018).
- Allgemeine Information zur Sicherheitslage
Die Provinz Balkh ist nach wie vor eine der stabilsten Provinzen Afghanistans (RFE/RL 23.3.2018), sie zählt zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan (Khaama Press 16.1.2018; vgl. Khaama Press 20.8.2017). Balkh hat im Vergleich zu anderen Regionen weniger Aktivitäten von Aufständischen zu verzeichnen (RFE/RL 23.3.2018; vgl. Khaama Press 16.1.2018).
Manchmal kommt es zu Zusammenstößen zwischen Aufständischen und den afghanischen Sicherheitskräften (Tolonews 7.3.2018), oder auch zu Angriffen auf Einrichtungen der Sicherheitskräfte (BBC 22.4.2017; vgl. BBC 17.6.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017-30.4.2018 wurden in der Provinz 93 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, welche durch die folgende Darstellung der Staatendokumentation veranschaulicht werden sollen:
Im gesamten Jahr 2017 wurden 129 zivile Opfer (52 getötete Zivilisten und 77 Verletzte) registriert. Hauptursache waren IEDs, gefolgt von Bodenoffensiven und Blindgänger/Landminen. Dies bedeutet einen Rückgang von 68% im Gegensatz zum Vergleichsjahr 2016 (UNAMA 2.2018).
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In der Provinz befindet sich u.a. das von der deutschen Bundeswehr geführte Camp Marmal (TAAC-North: Train, Advise, Assist Command - North) (NATO 11.11.2016; vgl. iHLS 28.3.2018), sowie auch das Camp Shaheen (BBC 17.6.2017; vgl. Tolonews 22.4.2017).
- Militärische Operationen in Balkh
Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte führen regelmäßig militärische Operationen durch, um regierungsfeindliche Aufständische zu verdrängen und sie davon abzuhalten, Fuß im Norden des Landes zu fassen (Khaama Press 16.1.2018). Diese militärischen Operationen werden in gewissen Gegenden der Provinz geführt (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT.3.2018, Pajhwok 21.8.2017, Pajhwok 10.7.2017). Dabei werden Taliban getötet (Tolonews 18.3.2018; vgl. PT 6.3.2018, Pajhwok 10.7.2017) und manchmal auch ihre Anführer (Tolonews 18.3.2018; vgl. Tolonews 7.3.2018, PT 6.3.2018, Tolonews 22.4.2017).
Zusammenstöße zwischen Aufständischen und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 7.3.2018).
- Regierungsfeindliche Gruppierungen in Balkh
Regierungsfeindliche Gruppierungen versuchen ihren Aufstand in der Provinz Balkh voranzutreiben (Khaama Press 16.1.2018). Sowohl Aufständische der Taliban als auch Sympathisanten des IS versuchen in abgelegenen Distrikten der Provinz Fuß zu fassen (Khaama Press 20.8.2017).
Im Zeitraum 1.1.2017 - 15.7.2017 wurden keine IS-bezogenen Vorfälle in der Provinz registriert. Im Zeitraum 16.7.2017 - 31.1.2018 wurden dennoch vom IS verursachten Vorfälle entlang der Grenze von Balkh zu Sar-e Pul registriert (ACLED 23.2.2018).
Quellen:
- ACLED - Armed Conflict Location Event Data Project (23.2.2018):
Islamic State in Afghanistan,
https://www.acleddata.com/2018/02/23/islamic-state-in-afghanistan/ Zugriff 26.3.2018
- BBC (17.6.2017): Afghan soldier attacks US troops at Camp Sheheen, http://www.bbc.com/news/world-asia-40314612 , Zugriff 28.3.2018
- BBC (22.4.2017): Afghan casualties in Taliban Mazar-e Sharif attack pass 100, http://www.bbc.com/news/world-asia-39672357 , Zugriff 28.3.2018
- BFA Staatendokumentation (4.2018): FFM Bericht Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/document/1430912.html , Zugriff 7.5.2018
- CSO - Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (4.2017):
Estimated Population of Afghanistan 2017-2018, http://cso.gov.af/Content/files/ تخمین نفوس/Final Population 1396.pdf, Zugriff 4.5.2018
- EASO - European Asylum Support Office (12.2016): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO_Afghanistan_security_situation_2017.pdf#page=1zoom=auto ,-468,842, Zugriff 9.3.2018
- iHLS - Israel's Home Land Security (28.3.2018): 3D Printer to Produce Military Spare Parts On Site, https://i-hls.com/archives/82228 , Zugriff 28.3.2018
- Khaama Press (16.1.2018): Clashes in Balkh province leaves over 20 militants dead, wounded,
https://www.khaama.com/clashes-in-balkh-province-leaves-over-20-militants-dead-wounded-04273/ , Zugriff 29.3.2018
- Khaama Press (20.8.2017): Taliban rejects Ata Mohammad Noor's claims during Balkh operations, https://www.khaama.com/taliban-rejects-ata-mohammad-noors-claims-during-balkh-operations-03394/ , Zugriff 28.3.2018
- Pajhwok (21.8.2017): Balkh's Chamtal district cleaned up from rebels,
https://www.pajhwok.com/en/2017/08/21/balkh ’s-chamtal-district-cleaned-rebels, Zugriff 28.3.2018
- Pajhwok (10.7.2017): 60 rebels killed, 100 wounded in Balkh, Jawzjan operations,
https://www.pajhwok.com/en/2017/07/10/60-rebels-killed-100-wounded-balkh-jawzjan-operations , Zugriff 28.3.2018
- Pajhwok (7.6.2017): Poverty alleviation project launched in Balkh, https://www.pajhwok.com/en/2017/06/07/poverty-alleviation-project-launched-balkh , Zugriff 28.3.2018
- Pajhwok (o.D.y): Background Profile of Balkh, http://elections.pajhwok.com/en/content/background-profile-balkh , Zugriff 28.3.2018
- PT - Pakistan Today (6.3.2018): Taliban key commander among 4 killed in Afghan northern Balkh province, https://www.pakistantoday.com.pk/2018/03/06/taliban-key-commander-among-4-killed-in-afghan-northern-balkh-province/ , Zugriff 28.3.2018
- Reuters (22.3.2018): Powerful Afghan governor defying President Ghani agrees to go,
https://www.reuters.com/article/us-afghanistan-governor/powerful-afghan-governor-defying-president-ghani-agrees-to-go-idUSKBN1GY1PU , Zugriff 28.3.2018
- RFE/RL - Radio Free Europe/ Radio Free Liberty (23.3.2018):
Powerful Afghan Governor Resigns, Ending Standoff With Ghani, https://en.radiofarda.com/a/afghanistan-powerful-governor-resigns-noor-ghani/29116004.html , Zugriff 28.3.2018
- RFE/RL - Radio Free Europe/ Radio Free Liberty (9.2015):
Afghanistan's New Northern Flash Points, http://www.rferl.org/fullinfographics/infographics/27013992.html?nocache=0 , Zugriff 28.3.2018
- Tolonews (24.3.2018): New Balkh Governor Vows To Fight Corruption, Ensure Security,
https://www.tolonews.com/afghanistan/new-balkh-governor-vows-fight-corruption-ensure-security , Zugriff 28.3.2018
- Tolonews (18.3.2018): Dozens Of Insurgents Killed In ANSF Operations,
https://www.tolonews.com/afghanistan/52-insurgents-killed-or-wounded-ansf-operations , Zugriff 28.3.2018
- Tolonews (7.3.2018): Taliban Local Commander Killed In Balkh Clash,
https://www.tolonews.com/afghanistan/taliban-local-commander-killed-balkh-clash , Zugriff 28.3.2018
- Tolonews (22.4.2017): 209 Shaheen Corps: The Base The Taliban Attacked,
https://www.tolonews.com/afghanistan/209-shaheen-corps-base-taliban-attacked , Zugriff 28.3.2018
- UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (2.2018):
Afghanistan: Protection of Civilians in Armed Conflict - Annual Report 2017,
https://unama.unmissions.org/sites/default/files/15_february_2018_-_afghanistan_civilian_casualties_in_2017_-_un_report_english_0.pdf , Zugriff 1.3.2018
- UN OCHA (4.2014): Balkh Province District Atlas, https://www.humanitarianresponse.info/sites/www.humanitarianresponse.info/files/Balkh.pdf , Zugriff 9.3.2018
Frauen
Die Lage afghanischer Frauen hat sich in den letzten 15 Jahren zwar insgesamt ein wenig verbessert, jedoch nicht so sehr wie erhofft. Wenngleich es in den unterschiedlichen Bereichen viele Fortschritte gab, bedarf die Lage afghanischer Frauen spezieller Beachtung. Die afghanische Regierung ist bemüht, die Errungenschaften der letzten eineinhalb Jahrzehnte zu verfestigen - eine Institutionalisierung der Gleichberechtigung von Frauen in Afghanistan wird als wichtig für Stabilität und Entwicklung betrachtet (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. UNAMA/OHCHR 5.2018). In einigen Bereichen hat der Fortschritt für Frauen stagniert, was großteils aus der Talibanzeit stammenden, unnachgiebigen konservativen Einstellungen ihnen gegenüber geschuldet ist (BFA Staatendokumentation 4.2018). Viel hat sich seit dem Ende des Talibanregimes geändert: Frauen haben das verfassungsmäßige Recht an politischen Vorgängen teilzunehmen, sie streben nach Bildung und viele gehen einer Erwerbstätigkeit nach (TET 15.3.2018). Artikel 22 der afghanischen Verfassung besagt, dass jegliche Form von Benachteiligung oder Bevorzugung unter den Bürgern Afghanistans verboten ist. Die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, haben vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten (MPI 27.1.2004). In der Praxis mangelt es jedoch oftmals an der Umsetzung dieser Rechte (AA 5 .2018; vgl. UNAMA/OHCHR 5.2018). Die konkrete Situation von Frauen kann sich allerdings je nach regionalem und sozialem Hintergrund stark unterscheiden (AA 9 .2016; vgl. USDOS 20.4.2018). Traditionell diskriminierende Praktiken gegen Frauen existieren insbesondere in ländlichen und abgelegenen Regionen weiter (AA 5 .2018).
Bildung
Das Recht auf Bildung wurde den Frauen nach dem Fall der Taliban im Jahr 2001 eingeräumt (BFA Staatendokumentation 3.7.2014). Laut Verfassung haben alle afghanischen Staatsbürger/innen das Recht auf Bildung (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. MPI 27.1.2004). Öffentliche Kindergärten und Schulen sind bis zur Hochschulebene kostenlos. Private Bildungseinrichtungen und Universitäten sind kostenpflichtig. Aufgeschlossene und gebildete Afghanen, welche die finanziellen Mittel haben, schicken ihre Familien ins Ausland, damit sie dort leben und eine Ausbildung genießen können (z.B. in die Türkei); während die Familienväter oftmals in Afghanistan zurückbleiben (BFA Staatendokumentation 4.2018).
Eine der Herausforderungen für alle in Afghanistan tätigen Organisationen ist der Zugang zu jenen Gegenden, die außerhalb der Reichweite öffentlicher Bildung liegen. Der Bildungsstand der Kinder in solchen Gegenden ist unbekannt und Regierungsprogramme sind für sie unzugänglich; speziell, wenn die einzigen verfügbaren Bildungsstätten Madrassen sind (BFA Staatendokumentation 4.2018).
In den Jahren 2016 und 2017 wurden durch den United Nations Children's Fund (UNICEF) mit Unterstützung der United States Agency for International Development (USAID) landesweit 4.055 Dorfschulen errichtet - damit kann die Bildung von mehr als 119.000 Kindern in ländlichen Gebieten sichergestellt werden, darunter mehr als 58.000 Mädchen. Weitere 2.437 Ausbildungszentren in Afghanistan wurden mit Unterstützung von USAID errichtet, etwa für Personen, die ihre Ausbildung in frühen Bildungsjahren unterbrechen mussten. Mehr als 49.000 Student/innen sind in diesen Ausbildungszentren eingeschrieben (davon mehr als 23.000 Mädchen). USAID hat mehr als 154.000 Lehrer ausgebildet (davon mehr als 54.000 Lehrerinnen) sowie 17.000 Schuldirektoren bzw. Schulverwalter (mehr als 3.000 davon Frauen) (USAID 10.10.2017).
Sowohl Männer als auch Frauen schließen Hochschulstudien ab - derzeit sind etwa 300.000 Student/innen an afghanischen Hochschulen eingeschrieben - darunter 100.000 Frauen (USAID 10.10.2017).
Dem afghanischen Statistikbüro (CSO) zufolge gab es im Zeitraum 2016-2017 in den landesweit 16.049 Schulen, insgesamt 8.868.122 Schüler, davon waren 3.418.877 weiblich. Diese Zahlen beziehen sich auf Schüler/innen der Volks- und Mittelschulen, Abendschulen, Berufsschulen, Lehrerausbildungszentren sowie Religionsschulen. Im Vergleich mit den Zahlen aus dem Zeitraum 2015-2016 hat sich die Anzahl der Studentinnen um 5,8% verringert (CSO 2017). Die Gesamtzahl der Lehrer für den Zeitraum 2016-2017 betrug 197.160, davon waren 64.271 Frauen. Insgesamt existieren neun medizinische Fakultäten, an diesen sind 342.043 Studierende eingeschrieben, davon
77.909 weiblich. Verglichen mit dem Zeitraum 2015-2016 hat sich die Anzahl der Frauen um 18.7% erhöht (CSO 2017).
Im Mai 2016 eröffnete in Kabul die erste Privatuniversität für Frauen im Moraa Educational Complex, mit dazugehörendem Kindergarten und Schule für Kinder der Studentinnen. Die Universität bietet unter anderem Lehrveranstaltungen für Medizin, Geburtshilfe etc. an. (TE 13.8.2016; vgl. MORAA 31.5.2016). Im Jahr 2017 wurde ein Programm ins Leben gerufen, bei dem 70 Mädchen aus Waisenhäusern in Afghanistan, die Gelegenheit bekommen ihre höhere Bildung an der Moraa Universität genießen zu können (Tolonews 17.8.2017).
Im Herbst 2015 eröffnete an der Universität Kabul der Masterlehrgang für "Frauen- und Genderstudies" (KP 18.10.2015; vgl. UNDP 10.7.2016). Im Jahr 2017 haben die ersten Absolvent/innen des Masterprogramms den Lehrgang abgeschlossen: 15 Frauen und sieben Männer, haben sich in ihrem Studium zu Aspekten der Geschlechtergleichstellung und Frauenrechte ausbilden lassen; dazu zählen Bereiche wie der Rechtsschutz, die Rolle von Frauen bei der Armutsbekämpfung, Konfliktschlichtung etc. (UNDP 7.11.2017).
Berufstätigkeit
Berufstätige Frauen sind oft Ziel von sexueller Belästigung durch ihre männlichen Kollegen. Die Akzeptanz der Berufstätigkeit von Frauen variiert je nach Region und ethnischer bzw. Stammeszugehörigkeit (AA 5 .2018). Aus einer Umfrage der Asia Foundation (AF) aus dem Jahr 2017 geht hervor, dass die Akzeptanz der Berufstätigkeit von Frauen außerhalb des Hauses unter den Hazara 82,5% beträgt und am höchsten ist. Es folgen die Usbeken (77,2%), die Tadschiken (75,5%) und die Paschtunen (63,4%). In der zentralen Region bzw. Hazarajat tragen 52,6% der Frauen zum Haushaltseinkommen bei, während es im Südwesten nur 12% sind. Insgesamt sind 72,4% der befragten Afghanen und Afghaninnen der Meinung, dass Frauen außerhalb ihres Hauses arbeiten sollen (AF 11.2017). Die Erwerbstätigkeit von Frauen hat sich seit dem Jahr 2001 stetig erhöht und betrug im Jahr 2016 19%. Frauen sind dennoch einer Vielzahl von Hindernissen ausgesetzt; dazu zählen Belästigung, Diskriminierung und Gewalt, aber auch praktische Hürden, wie z.B. fehlende Arbeitserfahrung, Fachkenntnisse und (Aus)Bildung (UNW o. D.).
Nichtsdestotrotz arbeiten viele afghanische Frauen grundlegend an der Veränderung patriarchaler Einstellungen mit. Viele von ihnen partizipieren an der afghanischen Zivilgesellschaft oder arbeiten im Dienstleistungssektor. Aber noch immer halten soziale und wirtschaftliche Hindernisse (Unsicherheit, hartnäckige soziale Normen, Analphabetismus, fehlende Arbeitsmöglichkeiten und mangelnder Zugang zu Märkten) viele afghanische Frauen davon ab, ihr volles Potential auszuschöpfen (BFA Staatendokumentation 4.2018).
Die Einstellung gegenüber der Berufstätigkeit von Frauen hat sich in Afghanistan in den letzten Jahren geändert; dies hängt auch mit den NGOs und den privaten Firmen zusammen, die in Afghanistan aktiv sind. Die städtische Bevölkerung hat kaum ein Problem mit der Berufstätigkeit ihrer Ehefrauen oder Töchter. Davor war der Widerstand gegen arbeitende Frauen groß und wurde damit begründet, dass ein Arbeitsplatz ein schlechtes Umfeld für Frauen darstelle, etc. In den meisten ländlichen Gemeinschaften sind konservative Einstellungen nach wie vor präsent und afghanische Frauen sehen sich immer noch Hindernissen ausgesetzt, wenn es um Arbeit außerhalb ihres Heimes geht. Im ländlichen Afghanistan gehen viele Frauen, aus Furcht vor sozialer Ächtung, keiner Arbeit außerhalb des Hauses nach (BFA Staatendokumentation 4.2018).
Das Gesetz sieht zwar die Gleichstellung von Mann und Frau im Beruf vor, jedoch beinhaltet es keine egalitären Zahlungsvorschriften bei gleicher Arbeit. Das Gesetz kriminalisiert Eingriffe in das Recht auf Arbeit der Frauen; dennoch werden diese beim Zugang zu Beschäftigung und Anstellungsbedingungen diskriminiert (USDOS 20.4.2018).
Dennoch hat in Afghanistan aufgrund vieler Sensibilisierungsprogramme sowie Projekte zu Kapazitätsaufbau und Geschlechtergleichheit ein landesweiter Wandel stattgefunden, wie Frauen ihre Rolle in- und außerhalb des Hauses sehen. Immer mehr Frauen werden sich ihrer Möglichkeiten und Chancen bewusst. Sie beginnen auch wirtschaftliche Macht zu erlangen, indem eine wachsende Zahl Teil der Erwerbsbevölkerung wird - in den Städten mehr als in den ländlichen Gebieten. Frauen als Ernährerinnen mit Verantwortung für die gesamte Familie während ihr Mann arbeitslos ist, sind keine Seltenheit mehr. Mittlerweile existieren in Afghanistan oft mehr Arbeitsmöglichkeiten für Frauen als für Männer, da Arbeitsstellen für letztere oftmals schon besetzt sind. In und um Kabul eröffnen laufend neue Restaurants, die entweder von Frauen geführt werden oder in ihrem Besitz sind. Der Dienstleistungssektor ist zwar von Männern dominiert, dennoch arbeitet eine kleine, aber nicht unwesentliche Anzahl afghanischer Frauen in diesem Sektor und erledigt damit Arbeiten, die bis vor zehn Jahren für Frauen noch als unangebracht angesehen wurden (und teilweise heute noch werden). Auch soll die Anzahl der Mitarbeiterinnen im Finanzsektor erhöht werden. In Kabul zum Beispiel eröffnete im Sommer 2017 eine Filiale der First MicroFinance Bank, Afghanistan (FMFB-A), die nur für Frauen gedacht ist und nur von diesen betrieben wird. Diese Initiative soll es Frauen ermöglichen, ihre Finanzen in einer sicheren und fördernden Umgebung zu verwalten, um soziale und kulturelle Hindernisse, die ihrem wirtschaftlichen Empowerment im Wege stehen, zu überwinden. Geplant sind zwei weitere Filialen in Mazar-e Sharif bis 2019. In Kabul gibt es eine weitere Bank, die - ausschließlich von Frauen betrieben - hauptsächlich für Frauen da ist (BFA Staatendokumentation 4.2018).
Eine Position in der Öffentlichkeit ist für Frauen in Afghanistan noch immer keine Selbstverständlichkeit. Dass etwa der afghanische Präsident dies seiner Ehefrau zugesteht, ist Zeichen des Fortschritts. Frauen in öffentlichen bzw. semi-öffentlichen Positionen sehen sich deshalb durchaus in einer gewissen Vorbildfunktion. So polarisiert die Talent-Show "Afghan Star" zwar einerseits das Land wegen ihrer weiblichen Teilnehmer und für viele Familien ist es inakzeptabel, ihre Töchter vor den Augen der Öffentlichkeit singen oder tanzen zu lassen. Dennoch gehört die Sendung zu den populärsten des Landes (BFA Staatendokumentation 4.2018).
- Politische Partizipation und Öffentlichkeit
Die politische Partizipation von Frauen ist rechtlich verankert und hat sich deutlich verbessert. So sieht die afghanische Verfassung Frauenquoten für das Zweikammerparlament vor: Ein Drittel der 102 Sitze im Oberhaus (Meshrano Jirga) werden durch den Präsidenten vergeben; die Hälfte davon ist gemäß Verfassung für Frauen bestimmt (AA 9 .2016; vgl. USDOS 20.4.2018). Zurzeit sind 18 Senatorinnen in der Meshrano Jirga vertreten. Im Unterhaus (Wolesi Jirga) sind 64 der 249 Sitze für Parlamentarierinnen reserviert; derzeit sind 67 Frauen Mitglied des Unterhauses. Das per Präsidialdekret erlassene Wahlgesetz sieht eine Frauenquote von min. 25% in den Provinzräten vor. Zudem sind min. zwei von sieben Sitzen in der einflussreichen Wahlkommission (Indpendent Electoral Commission, IEC) für Frauen vorgesehen. Die afghanische Regierung veröffentlichte im Jänner 2018 einen Strategieplan zur Erhöhung des Frauenanteils im öffentlichen Dienst um 2% für das Jahr 2018 (AA 5 .2018). Drei Afghaninnen sind zu Botschafterinnen ernannt worden (UNW o.D.). Im Winter 2017 wurde mit Khojesta Fana Ebrahimkhel eine weitere Frau zur afghanischen Botschafterin (in Österreich) ernannt (APA 5.12.2017). Dennoch sehen sich Frauen, die in Regierungspositionen und in der Politik aktiv sind, weiterhin mit Bedrohungen und Gewalt konfrontiert und sind Ziele von Angriffen der Taliban und anderer aufständischer Gruppen. Traditionelle gesellschaftliche Praktiken schränken die Teilnahme der Frauen am politischen Geschehen und Aktivitäten außerhalb des Hauses und der Gemeinschaft weiterhin ein. Der Bedarf einer männlichen Begleitung bzw. einer Arbeitserlaubnis ist weiterhin gängig. Diese Faktoren sowie ein Mangel an Bildung und Arbeitserfahrung haben wahrscheinlich zu einer männlich dominierten Zusammensetzung der Zentralregierung beigetragen (USDOS 20.4.2018).
Informationen zu Frauen in NGOs, den Medien und den afghanischen Sicherheitskräften können den Kapiteln 8. "NGOs und Menschenrechtsaktivisten", 11. "Meinungs- und Pressefreiheit" und 5. "Sicherheitsbehörden" entnommen werden; Anmerkung der Staatendokumentation.
- Strafverfolgung und rechtliche Unterstützung
Afghanistan verpflichtet sich in seiner Verfassung durch die Ratifizierung internationaler Konventionen und durch nationale Gesetze, die Gleichberechtigung und Rechte der Frauen zu achten und zu stärken. In der Praxis mangelt es jedoch oftmals an der praktischen Umsetzung dieser Rechte (AA 5 .2018; vgl. MPI 27.1.2004). Viele Frauen sind sich ihrer in der Verfassung garantierten und auch gewisser vom Islam vorgegebener, Rechte nicht bewusst. Eine Verteidigung ihrer Rechte ist in einem Land, in dem die Justiz stark konservativ-traditionell geprägt und überwiegend von männlichen Richtern oder traditionellen Stammesstrukturen bestimmt wird, nur in eingeschränktem Maße möglich (AA 5 .2018; vgl. USDOS 20.4.2018). Staatliche Akteure aller drei Gewalten sind häufig nicht in der Lage oder auf Grund tradierter Wertevorstellungen nicht gewillt, Frauenrechte zu schützen. Gesetze zum Schutz und zur Förderung der Rechte von Frauen werden nur langsam umgesetzt. Das Personenstandsgesetz enthält diskriminierende Vorschriften für Frauen, insbesondere in Bezug auf Heirat, Erbschaft und Beschränkung der Bewegungsfreiheit (AA 9 .2016).
Viele Gewaltfälle gelangen nicht vor Gericht, sondern werden durch Mediation oder Verweis auf traditionelle Streitbeilegungsformen (Schuren und Jirgas) verhandelt. Traditionelle Streitbeilegung führt oft dazu, dass Frauen ihre Rechte, sowohl im Strafrecht als auch im zivilrechtlichen Bereich wie z. B. im Erbrecht, nicht gesetzeskonform zugesprochen werden. Viele Frauen werden darauf verwiesen, den "Familienfrieden" durch Rückkehr zu ihrem Ehemann wiederherzustellen (AA 5 .2018). Andere Frauen, die nicht zu ihren Familien zurückkehren können, erhalten in einigen Fällen Unterstützung vom Ministerium für Frauenangelegenheiten und Nichtregierungsinstitutionen, indem Ehen für diese arrangiert werden (USDOS 20.4.2018). Eine erhöhte Sensibilisierung seitens der afghanischen Polizei und Justiz führt zu einer sich langsam, aber stetig verbessernden Lage der Frauen in Afghanistan. Insbesondere die Schaffung von auf Frauen spezialisierte Staatsanwaltschaften in einigen Provinzen hatte positive Auswirkungen (AA 9 .2016). Um Frauen und Kindern, die Opfer von häuslicher Gewalt wurden, beizustehen, hat das Innenministerium (MoI) landesweit Family Response Units (FRU) eingerichtet. Die FRU sind mit Fachleuten wie Psychologen und Sozialarbeitern besetzt, welche die Opfer befragen und aufklären und ihre physische sowie psychische medizinische Behandlung nachverfolgen. Im Jahr 2017 existierten 208 FRU im Land (USDOD 12.2017).
- EVAW-Gesetz
Das Law on Elimination of Violence against Women (EVAW-Gesetz) wurde durch ein Präsidialdekret im Jahr 2009 eingeführt und ist eine wichtige Grundlage für den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen - inklusive der weit verbreiteten häuslichen Gewalt (AA 5 .2018). Das EVAW-Gesetz ist nach wie vor in seiner Form als eigenständiges Gesetz gültig (Pajhwok 11.11.2017; vgl. UNN 22.2.2018); und bietet rechtlichen Schutz für Frauen (UNAMA 22.2.2018).
Das EVAW-Gesetz definiert fünf schwere Straftaten gegen Frauen:
Vergewaltigung, Zwangsprostitution, die Bekanntgabe der Identität eines Opfers, Verbrennung oder Verwendung von chemischen Substanzen und erzwungene Selbstverbrennung oder erzwungener Selbstmord. Dem EVAW-Gesetz zufolge muss der Staat genannte Verbrechen untersuchen und verfolgen, auch, wenn die Frau die Beschwerde nicht einreichen kann bzw. diese zurückzieht. Dieselben Taten werden auch im neuen afghanischen Strafgesetzbuch kriminalisiert (UNAMA/OHCHR 5.2018). Das EVAW-Gesetz wird jedoch weiterhin nur unzureichend umgesetzt. Frauen können sich grundsätzlich, abgesehen von großen Städten wie Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif nicht ohne einen männlichen Begleiter in der Öffentlichkeit bewegen. Es gelten strenge soziale Anforderungen an ihr äußeres Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, deren Einhaltung sie jedoch nicht zuverlässig vor sexueller Belästigung schützt (AA 5 .2018).
Frauenhäuser
Nichtregierungsorganisation in Afghanistan betreiben etwa 40 Frauenhäuser, zu denen auch Rechtsschutzbüros und andere Einrichtungen für Frauen, die vor Gewalt fliehen, zählen. Alle Einrichtungen sind auf Spenden internationaler Gruppen angewiesen - diese Einrichtungen werden zwar im Einklang mit dem afghanischen Gesetz betrieben, stehen aber im Widerspruch zur patriarchalen Kultur in Afghanistan. Oftmals versuchen Väter ihre Töchter aus den Frauenhäusern zu holen und sie in Beziehungen zurückzudrängen, aus denen sie geflohen sind, oder Ehen mit älteren Männern oder den Vergewaltigern zu arrangieren (NYT 17.3.2018). Die EVAW-Institutionen und andere Einrichtungen, die Gewaltmeldungen annehmen und für die Schlichtung zuständig sind, bringen die Gewaltopfer während des Verfahrens oft in Schutzhäuser (z. B. Frauenhäuser) (UNAMA/OHCHR 5.2018).
Weibliche Opfer von häuslicher Gewalt, Vergewaltigung oder Zwangsehe sind meist auf Schutzmöglichkeiten außerhalb der Familie angewiesen, da die Familie oft für die Notlage (mit-)verantwortlich ist. Landesweit gibt es in den großen Städten Frauenhäuser, deren Angebot sehr oft in Anspruch genommen wird. Manche Frauen finden vorübergehend Zuflucht, andere wiederum verbringen dort viele Jahre (AA 5 .2018). Die Frauenhäuser sind in der afghanischen Gesellschaft höchst umstritten, da immer wieder Gerüchte gestreut werden, diese Häuser seien Orte für unmoralische Handlungen und die Frauen in Wahrheit Prostituierte (AA 5 .2018; vgl. NYT 17.3.2018). Sind Frauen erst einmal im Frauenhaus untergekommen, ist es für sie sehr schwer, danach wieder in ein Leben außerhalb zurückzufinden. Das Schicksal von Frauen, die auf Dauer weder zu ihren Familien noch zu ihren Ehemännern zurückkehren können, ist bisher ohne Perspektive. Für diese erste "Generation" von Frauen, die sich seit Ende der Taliban-Herrschaft in
den Schutzeinrichtungen eingefunden haben, hat man in Afghanistan bisher keine Lösung gefunden. Generell ist in Afghanistan das Prinzip eines individuellen Lebens weitgehend unbekannt. Auch unverheiratete Erwachsene leben in der Regel im Familienverband. Für Frauen ist ein alleinstehendes Leben außerhalb des Familienverbandes kaum möglich und wird gemeinhin als unvorstellbar oder gänzlich unbekannt beschrieben (AA 5 .2018). Die EVAW-Institutionen konsultieren in der Regel die Familie und das Opfer, bevor sie es in ein Frauenhaus bringen (UNAMA/OHCHR 5.2018).
- Gewalt gegen Frauen: Vergewaltigung, Ehrenverbrechen und Zwangsverheiratung
Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt ist weit verbreitet und kaum dokumentiert. Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen finden zu über 90% innerhalb der Familienstrukturen statt. Die Gewalttaten reichen von Körperverletzung und Misshandlung über Zwangsehen bis hin zu Vergewaltigung und Mord (AA 5 .2018). Zu geschlechtsspezifischer und sexueller Gewalt zählen außerdem noch die Praxis der badal-Hochzeiten (Frauen und Mädchen, die im Rahmen von Heiratsabmachungen zwischen Familien getauscht werden, Anm.) bzw. des ba'ad (Mädchen, die zur Konfliktlösung abgegeben werden, Anm.) (BFA Staatendokumentation 4.2018; vgl. TD 4.12.2017). Dem Bericht der AIHRC zufolge wurden für das Jahr 2017 4.340 Fälle von Gewalt gegen Frauen registriert. Die Anzahl der gemeldeten Gewaltvorfälle und der Gewaltopfer steigt (AIHRC 11.3.2018).
Soziale Medien in Afghanistan haben Frauen und Mädchen neue Möglichkeiten eröffnet, um ihr Schicksal zu teilen. In den Medien ist der Kampf afghanischer Frauen, Mädchen und Buben gegen geschlechtsspezifische und sexuelle Gewalt in all ihren Formen tiefgründig dokumentiert. Die afghanische Regierung hat anerkannt, dass geschlechtsspezifische Gewalt ein Problem ist und eliminiert werden muss. Das soll mit Mitteln der Rechtsstaatlichkeit und angemessenen Vollzugsmechanismen geschehen. Zu diesen zählen das in Afghanistan eingeführte EVAW-Gesetz zur Eliminierung von Gewalt an Frauen, die Errichtung der EVAW-Kommission auf nationaler und lokaler Ebene und die EVAW-Strafverfolgungseinheiten. Auch wurden Schutzzentren für Frauen errichtet und die Rekrutierung von Frauen in der Polizei verstärkt. Mittlerweile existieren für Frauen 205 Spezialeinsatzeinheiten, die hauptsächlich von weiblichen Mitarbeiterinnen der afghanischen Nationalpolizei geleitet werden (BFA Staatendokumentation 4.2018).
- Familienplanung und Verhütung
Das Recht auf Familienplanung wird von wenigen Frauen genutzt. Auch wenn der weit überwiegende Teil der afghanischen Frauen Kenntnisse über Verhütungsmethoden hat, nutzen nur etwa 22% (überwiegend in den Städten und gebildeteren Schichten) die entsprechenden Möglichkeiten (AA 5 .2018). Ohne Diskriminierung, Gewalt und Nötigung durch die Regierung steht es Paaren frei, ihren Kinderwunsch nach ihrem Zeitplan, Anzahl der Kinder usw. zu verwirklichen. Es sind u.a. die Familie und die Gemeinschaft, die Druck auf Paare zur Reproduktion ausüben (USDOS 3.3.2017). Auch existieren keine Berichte zu Zwangsabtreibungen, unfreiwilliger Sterilisation oder anderen zwangsverabreichten Verhütungsmitteln zur Geburtenkontrolle (USDOS 20.4.2018). Viele Frauen gebären Kinder bereits in sehr jungem Alter (AA 5 .2018; vgl. USDOS 3.3.2017).
Orale Empfängnisverhütungsmittel, Intrauterinpessare, injizierbare Verhütungsmethoden und Kondome sind erhältlich; diese werden kostenfrei in öffentlichen Gesundheitskliniken und zu subventionierten Preisen in Privatkliniken und durch Community Health Workers (CHW) zur Verfügung gestellt (USDOS 3.3.2017).
Ehrenmorde
Ehrenmorde an Frauen werden typischerweise von einem männlichen Familien- oder Stammesmitglied verübt (BFA Staatendokumentation 3.7.2014) und kommen auch weiterhin vor (USDOS 3.3.2017). Laut AIHRC waren von 277 Mordfällen an Frauen im Jahr 2017 136 Eherenmorde (AIHRC 11.3.2018; vgl. Tolonews 11.3.2018).
Afghanische Expert/innen sind der Meinung, dass die Zahl der Mordfälle an Frauen und Mädchen viel höher ist, da sie normalerweise nicht zur Anzeige gebracht werden. Der Grund dafür ist das Misstrauen eines Großteils der afghanischen Bevölkerung in das juristische System (KP 23.3.2016).
Reisefreiheit
Es existieren gewisse Sicherheitsbedenken, wenn Frauen alleine reisen: Manchmal ist es der Vater, der seiner Tochter nicht erlaubt alleine zu reisen und manchmal ist es die Frau selbst, die nicht alleine reisen will. In vielen Firmen, öffentlichen Institutionen sowie NGOs ist die Meinung verbreitet, dass Frauen nicht alleine in die Distrikte reisen sollten und es daher besser sei einen Mann anzustellen. Doch hat sich die Situation wesentlich verbessert. So kann nach eigener Aussage eine NGO-Vertreterin selbst in unsichere Gegenden reisen, solange sie sich dabei an die örtlichen Gegebenheiten hält, also lokale Kleidungsvorschriften einhält (z. B. tragen einer Burka) und sie die lokale Sprache kennt (BFA Staatendokumentation 4.2018).
Während früherer Regierungen (vor den Taliban) war das Tragen des Chador bzw. des Hijab nicht verpflichtend - eine Frau konnte auch ohne sie außer Haus gehen, ohne dabei mit negativen Konsequenzen rechnen zu müssen. In der Stadt Mazar-e Sharif wird das Tragen des Hijab heute nicht so streng gehandhabt, wie in den umliegenden Gegenden. Andere Provinzen sind bei diesem Thema viel strenger. In Mazar-e Sharif könnte es in Einzelfällen sogar möglich sein, ganz auf den Hijab zu verzichten, ohne behelligt zu werden. Garantie besteht darauf natürlich keine (BFA Staatendokumentation 4.2018).
Frauen in Afghanistan ist es zwar nicht verboten Auto zu fahren, dennoch tun dies nur wenige. In unzähligen afghanischen Städten und Dörfern, werden Frauen hinter dem Steuer angefeindet etwa von Gemeindevorständen, Talibansympathisanten oder gar Familienmitgliedern. Viele Eltern unterstützen zwar grundsätzlich die Idee ihren Töchtern das Autofahren zu erlauben, haben jedoch Angst vor öffentlichen Repressalien. Die Hauptstadt Kabul ist landesweit einer der wenigen Orte, wo autofahrende Frauen zu sehen sind. In Kabul sowie in den Städten Mazar-e Sharif, Herat und Jalalabad gibt es einige Fahrschulen; in Kabul sogar mehr als 20 Stück. An ihnen sind sowohl Frauen als auch Männer eingeschrieben. In Kandahar zum Beispiel sind Frauen generell nur selten alleine außer Haus zu sehen - noch seltener als Lenkerin eines Fahrzeugs. Jene, die dennoch fahren, haben verschiedene Strategien um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Manche tragen dabei einen Niqab, um unerkannt zu bleiben (BFA Staatendokumentation 4.2018).
Weibliche Genitalverstümmelung ist in Afghanistan nicht üblich (AA 5 .2018).
Quellen:
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Kinder
Die Situation der Kinder hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. So werden mittlerweile rund zwei Drittel aller Kinder eingeschult. Während Mädchen unter der Taliban-Herrschaft fast vollständig vom Bildungssystem ausgeschlossen waren, machen sie von den heute ca. acht Millionen Schulkindern rund drei Millionen aus. Der Anteil der Mädchen nimmt jedoch mit fortschreitender Klassen- und Bildungsstufe ab. Den geringsten Anteil findet man im Süden und Südwesten des Landes (Helmand, Uruzgan, Zabul und Paktika) (AA 5 .2018). Landesweit gehen in den meisten Regionen Mädchen und Buben in der Volksschule in gemischten Klassen zur Schule; erst in der Mittel- und Oberstufe werden sie getrennt (USDOS 3.3.2017).
- Bildungssystem in Afghanistan
Der Schulbesuch ist in Afghanistan bis zur Unterstufe der Sekundarbildung Pflicht (die Grundschule dauert sechs Jahre und die Unterstufe der Sekundarbildung drei Jahre). Das Gesetz sieht kostenlose Schulbildung bis zum Hochschulniveau vor (USDOS 20.4.2018).
Aufgrund von Unsicherheit, konservativen Einstellungen und Armut haben Millionen schulpflichtiger Kinder keinen Zugang zu Bildung - insbesondere in den südlichen und südwestlichen Provinzen. Manchmal fehlen auch Schulen in der Nähe des Wohnortes (USDOS 3.3.2017). Auch sind in von den Taliban kontrollierten Gegenden gewalttätige Übergriffe auf Schulkinder, insbesondere Mädchen, ein weiterer Hinderungsgrund beim Schulbesuch. Taliban und andere Extremisten bedrohen und greifen Lehrer/innen sowie Schüler/innen an und setzen Schulen in Brand (USDOS 20.4.2018). Nichtregierungsorganisationen sind im Bildungsbereich tätig, wie z. B. UNICEF, NRC, AWEC und Save the Children. Eine der Herausforderungen für alle Organisationen ist der Zugang zu jenen Gegenden, die außerhalb der Reichweite öffentlicher Bildung liegen. Der Bildungsstand der Kinder in solchen Gegenden ist unbekannt und Regierungsprogramme sind für sie unzugänglich - speziell, wenn die einzigen verfügbaren Bildungsstätten Madrassen sind. UNICEF unterstützt daher durch die Identifizierung von Dorfgemeinschaften, die mehr als drei Kilometer von einer ordentlichen Schule entfernt sind. Dort wird eine Dorfschule mit lediglich einer Klasse errichtet. UNICEF bezeichnet das als "classroom". Auf diese Art "kommt die Schule zu den Kindern". Auch wird eine Lehrkraft aus demselben, gegebenenfalls aus dem nächstgelegenen Dorf, ausgewählt - bevorzugt werden Frauen. Lehrkräfte müssen fortlaufend Tests des Provinzbüros des Bildungsministeriums absolvieren. Je nach Ausbildungsstand beträgt das monatliche Gehalt der Lehrkräfte zwischen US$ 90 und 120. Die Infrastruktur für diese Schulen wird von der Dorfgemeinschaft zur Verfügung gestellt, UNICEF stellt die Unterrichtsmaterialien. Aufgrund mangelnder Finanzierung sind Schulbücher knapp. Wenn keine geeignete Lehrperson gefunden werden kann, wendet sich UNICEF an den lokalen Mullah, um den Kindern des Dorfes doch noch den Zugang zu Bildung zu ermöglichen. UNICEF zufolge ist es wichtig, Kindern die Möglichkeit zu geben, auch später einem öffentlichen Schulplan folgen zu können (BFA Staatendokumentation 4.2018).
In Afghanistan existieren zwei parallele Bildungssysteme; religiöse Bildung liegt in der Verantwortung des Klerus in den Moscheen, während die Regierung kostenfreie Bildung an staatlichen Einrichtungen bietet (BFA Staatendokumentation 4.2018). Nachdem in den meisten ländlichen Gemeinden konservative Einstellungen nach wie vor präsent sind, ist es hilfreich, wenn beim Versuch Modernisierungen durchzusetzen, auf die Unterstützung lokaler Meinungsträger zurückgegriffen wird - vor allem lokaler religiöser Würdenträger, denen die Dorfgemeinschaft vertraut. Im Rahmen von Projekten arbeiten unterschiedliche UN-Organisationen mit religiösen Führern in den Gemeinden zusammen, um sie in den Bereichen Frauenrechte, Bildung, Kinderehen und Gewalt, aber auch Gesundheit, Ernährung und Hygiene zu beraten. Eines dieser Projekte wurde von UNDP angeboten; als Projektteilnehmer arbeiten die Mullahs der Gemeinden, die weiterzugebenden Informationen in ihre Freitagpredigten ein. Auch halten sie Workshops zu Themen wie Bildung für Mädchen, Kinderehen und Gewalt an Frauen. Auf diesem Wege ist es ihnen möglich eine Vielzahl von Menschen zu erreichen. Im Rahmen eines Projektes hat UNICEF im Jahr 2003 mit rund 80.000 Mullahs zusammengearbeitet, mit dem Ziel Informationen zu Gesundheit, Ernährung, Hygiene, Bildung und Sicherheit in ihre Predigten einzubauen. Die tatsächliche Herausforderung dabei ist es, die Informationen in den Predigten zu vermitteln, ohne dabei Widerstand innerhalb der Gemeinschaft hervorzurufen (BFA Staatendokumentation 4.2018).
Der gewaltfreie Umgang mit Kindern hat sich in Afghanistan noch nicht als Normalität durchsetzen können (AA 9 .2016). Körperliche Züchtigung und Übergriffe im familiären Umfeld (AA 9 .2016; vgl. CAN 2.2018), in Schulen oder durch die afghanische Polizei sind verbreitet. Dauerhafte und durchsetzungsfähige Mechanismen seitens des Bildungsministeriums, das Gewaltpotenzial einzudämmen, gibt es nicht. Gerade in ländlichen Gebieten gehört die Ausübung von Gewalt zu den gebräuchlichen Erziehungsmethoden an Schulen. Das Curriculum für angehende Lehrer beinhaltet immerhin Handreichungen zur Vermeidung eines gewaltsamen Umgangs mit Schülern (AA 9 .2016). Einer Befragung in drei Städten zufolge (Jalalabad, Kabul und Torkham), berichteten Kinder von physischer Gewalt - auch der Großteil der befragten Eltern gab an, physische Gewalt als Disziplinierungsmethode anzuwenden. Eltern mit höherem Bildungsabschluss und qualifizierterem Beruf wendeten weniger Gewalt an, um ihre Kinder zu disziplinieren (CAN 2.2018).
- Bacha Bazi (Bacha Bazi) - Tanzjungen
Bacha Bazi, auch Tanzjungen genannt, sind Buben oder transsexuelle Kinder, die sexuellem Missbrauch und/oder dem Zwang, bei öffentlichen oder privaten Ereignissen zu tanzen, ausgesetzt sind (MoJ 15.5.2017: Art. 653). In weiten Teilen Afghanistans, vor allem in den Rängen von Armee und Polizei, ist der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen nach wie vor ein großes Problem. Das Thema ist gesellschaftlich tabuisiert und wird nicht selten unter dem Deckmantel kultureller Gepflogenheiten verschwiegen oder verharmlost. Ein Großteil der Täter hat keinerlei Unrechtsbewusstsein (AA 5 .2018). Mit Inkrafttreten des neuen afghanischen Strafgesetzbuch im Jahr 2018, wurde die Praxis des Bacha Bazi kriminalisiert. Den Tätern drohen bis zu sieben Jahre Haft. Jene, die mehrere Buben unter zwölf Jahren halten, müssen mit lebenslanger Haft rechnen. Das neue afghanische Strafgesetzbuch kriminalisiert nicht nur die Praxis von Bacha Bazi, sondern auch die Teilnahme an solchen Tanzveranstaltungen. Der Artikel 660 des fünften Kapitels beschreibt, dass Beamte der afghanischen nationalen Sicherheitskräfte (ANSF), die in die Praxis von Bacha Bazi involviert sind, mit durchschnittlich bis zu fünf Jahren Haft rechnen müssen (MoJ 15.5.2017; vgl. LSE 24.1.2018).
Üblicherweise sind die Jungen zwischen zehn und 18 Jahre alt (SBS 20.12.2016; vgl. AA 9 .2016); viele von ihnen werden weggeben, sobald sie erste Anzeichen eines Bartes haben (SBS 21.12.2016). Viele der Jungen wurden entführt, manchmal werden sie auch von ihren Familien aufgrund von Armut an die Täter verkauft (SBS 20.12.2016; vgl. AA 5 .2018). Manchmal sind die Betroffenen Waisenkinder und in manchen Fällen entschließen sich Jungen, Bacha Bazi zu werden, um ihre Familien zu versorgen (TAD 9.3.2017). Die Jungen und ihre Familien werden oft von ihrer sozialen Umgebung verstoßen; eine polizeiliche Aufklärung findet nicht statt (AA 5 .2018).
Kinderarbeit
Das Arbeitsgesetz in Afghanistan setzt das Mindestalter für Arbeit mit 18 Jahren fest; es erlaubt Jugendlichen ab 14 Jahren als Lehrlinge zu arbeiten und solchen über 15 Jahren "einfache Arbeiten" zu verrichten. 16- und 17-Jährige dürfen bis zu 35 Stunden pro Woche arbeiten. Kinder unter 14 Jahren dürfen unter keinen Umständen arbeiten. Das Arbeitsgesetz verbietet die Anstellung von Kindern in Bereichen, die ihre Gesundheit gefährden. In Afghanistan existiert eine Liste, die gefährliche Jobs definiert; dazu zählen: Arbeit im Bergbau, Betteln, Abfallentsorgung und Müllverbrennung, arbeiten an Schmelzöfen sowie in großen Schlachthöfen, arbeiten mit Krankenhausabfall oder Drogen, arbeiten als Sicherheitspersonal und Arbeit im Kontext von Krieg (USDOS 20.4.2018).
Afghanistan hat die Konvention zum Schutze der Kinder ratifiziert (AA 5 .2018; vgl. UNTC 9.4.2018). Kinderarbeit ist in Afghanistan somit offiziell verboten (AA 5 .2018). Berichten zufolge arbeiten mindestens 15% der schulpflichtigen Kinder (IRC 15.2.2018; vgl. FEWS NET 29.3.2018, IDMC 1.2018). Viele Familien sind auf die Einkünfte ihrer Kinder angewiesen (AA 5 .2018; vgl. IDMC 1.2018). Daher ist die konsequente Umsetzung eines Kinderarbeitsverbots schwierig. Es gibt allerdings Programme, die es Kindern erlauben sollen, zumindest neben der Arbeit eine Schulausbildung zu absolvieren. Auch ein maximaler Stundensatz und Maßnahmen zum Arbeitsschutz (wie z. B. das Tragen einer Schutzmaske beim Teppichknüpfen) wurden gesetzlich geregelt. Der Regierung fehlt es allerdings an durchsetzungsfähigen Überprüfungsmechanismen für diese gesetzlichen Regelungen (AA 5 .2018). Allgemein kann gesagt werden, dass schwache staatliche Institutionen die effektive Durchsetzung des Arbeitsrechts hemmen und die Regierung zeigt nur geringe Bemühungen, Kinderarbeit zu verhindern oder Kinder aus ausbeuterischen Verhältnissen zu befreien (USDOS 20.4.2018; vgl. AA 5 .2018).
Kinderarbeit bleibt ein tiefgreifendes Problem (USDOS 20.4.2018; vgl. IRC 15.2.2018, FEWS NET 29.3.2018, IDMC 1.2018). Das Arbeitsministerium verweigert Schätzungen zur Zahl der arbeitenden Kinder in Afghanistan und begründet dies mit fehlenden Daten und Mängeln bei der Geburtenregistrierung. Dies schränkt die ohnehin schwachen Kapazitäten der Behörden bei der Durchsetzung des Mindestalters für Arbeit ein. Berichten zufolge werden weniger als 10% der Kinder bei Geburt registriert. Oft sind Kinder sexuellem Missbrauch durch erwachsene Arbeiter ausgesetzt (USDOS 20.4.2018).
...
Viele Kinder sind unterernährt. Ca. 10% (laut offizieller Statistik 91 von 1.000, laut Weltbank 97 von 1.000) der Kinder sterben vor ihrem fünften Geburtstag. Straßenkinder gehören zu den am wenigsten geschützten Gruppen Afghanistans und sind jeglicher Form von Missbrauch und Zwang ausgesetzt (AA 9 .2016). Nachdem im Jahr 2016 die Zahl getöteter oder verletzter Kinder gegenüber dem Vorjahr um 24% gestiegen war (923 Todesfälle, 2.589 Verletzte), sank sie 2017 um 10% (861 Todesfälle, 2.318 Verletzte). 2017 machten Kinder 30% aller zivilen Opfer aus. Die Hauptursachen sind Kollateralschäden bei Kämpfen am Boden (45%), Sprengfallen (17%) und zurückgelassene Kampfmittel (16%) (AA 5 .2018).
- Rekrutierung von Kindern
Im Februar 2016 trat das Gesetz über das Verbot der Rekrutierung von Kindern im Militär in Kraft. Berichten zufolge rekrutieren die ANDSF und andere regierungsfreundliche Milizen in limitierten Fällen Kinder; die Taliban und andere regierungsfeindliche Gruppierungen benutzen Kinder regelmäßig für militärische Zwecke. Im Rahmen eines Regierungsprogramms werden Schulungen für ANP-Mitarbeiter zu Alterseinschätzung und Sensibilisierungskampagnen betreffend die Rekrutierung von Minderjährigen organisiert sowie Ermittlungen in angeblichen Kinderrekrutierungsfällen eingeleitet (USDOS 20.4.2018).
...
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1434081/4598_1528111899_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-stand-mai-2018-31-05-2018.pdf , Zugriff 7.6.2018
- AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1253781/4598_1478857553_3-deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-19-10-2016.pdf , Zugriff 11.5.2018
- BFA Staatendokumentation (4.2018): Fact Finding Mission Report Afghanistan,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1430912/5818_1524829439_03-onlineversion.pdf , 30.4.2018
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- HRW - Human Rights Watch (17.10.2017): "I Won't Be a Doctor, and One Day You'll Be Sick",
https://www.hrw.org/report/2017/10/17/i-wont-be-doctor-and-one-day-youll-be-sick/girls-access-education-afghanistan , Zugriff 7.4.2018
- IDMC - Internal Displacement Monitoring Centre (1.2018): Escaping war: where to next?,
http://www.internal-displacement.org/assets/publications/2018/20180124-NRC-IDMC-SamuelHall-escaping-war-where-to-next.pdf , Zugriff 9.4.2018
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- MoJ - Ministry of Justice (15.5.2017): Strafgesetz:
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- SBS - Special Broadcasting Service (21.12.2016): Hopeless Afghan struggle to save boy sex slaves, http://www.sbs.com.au/news/article/2016/12/20/hopeless-afghan-struggle-save-boy-sex-slaves?cid=inbody:bacha-bazi-afghan-subculture-of-child-sex-slaves , Zugriff 15.2.2017
- SBS - Special Broadcasting Service (20.12.2016): Bacha bazi:
Afghan subculture of child sex slaves, http://www.sbs.com.au/news/article/2016/12/20/bacha-bazi-afghan-subculture-child-sex-slaves , Zugriff 15.2.2017
- TAD - The Afghan Dispatch (9.3.2017): Bacha Bazi, the ugly life of Afghanistan's "dancing boys",
https://www.afghandispatch.com/bacha-bazi/ , Zugriff 1.2.2018
- UNTC - United Nations Treaty Collection (9.4.2018): 11. Convention on the Rights of the Child, New York, 20 November 1989, https://treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx?src=INDmtdsg_no=IV-11chapter=4lang=en , Zugriff 9.4.2018
- USAID - United States Agency International Development (10.10.2017): Afghanistan,
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- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2017dlid=277275 , Zugriff 30.4.2018
- USDOS - United States Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2016dlid=265530 , 30.4.2018
Religionsfreiheit
Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Schätzungen zufolge sind etwa 10 - 19% der Bevölkerung Schiiten (AA 5 .2018; vgl. CIA 2017). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen ca. 0,3% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (USDOS 15.8.2017).
Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (USDOS 15.8.2017). Der politische Islam behält in Afghanistan die Oberhand; welche Gruppierung - die Taliban (Deobandi-Hanafismus), der IS (Salafismus) oder die afghanische Verfassung (moderater Hanafismus) - religiös korrekter ist, stellt jedoch weiterhin eine Kontroverse dar. Diese Uneinigkeit führt zwischen den involvierten Akteuren zu erheblichem Streit um die Kontrolle bestimmter Gebiete und Anhängerschaft in der Bevölkerung (BTI 2018).
...
Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 zwar verbessert, jedoch wird diese noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformerische Muslime behindert (FH 11.4.2018).
Anhänger religiöser Minderheiten und Nicht-Muslime werden durch das geltende Recht diskriminiert (USDOS 15.8.2017; vgl. AA 5 .2018); so gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürger/innen unabhängig von ihrer Religion (AA 5 .2018). Wenn weder die Verfassung noch das Straf- bzw. Zivilgesetzbuch bei bestimmten Rechtsfällen angewendet werden können, gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung. Laut Verfassung sind die Gerichte dazu berechtigt, das schiitische Recht anzuwenden, wenn die betroffene Person dem schiitischen Islam angehört. Gemäß der Verfassung existieren keine eigenen, für Nicht-Muslime geltende Gesetze (USDOS 15.8.2017).
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Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (CRS 13.12.2017).
Beobachtern zufolge sinkt die gesellschaftliche Diskriminierung gegenüber der schiitischen Minderheit weiterhin; in verschiedenen Gegenden werden dennoch Stigmatisierungsfälle gemeldet (USDOS 15.8.2017).
Mitglieder der Taliban und des IS töten und verfolgen weiterhin Mitglieder religiöser Minderheiten aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Beziehungen zur Regierung (USDOS 15.8.2017; vgl. CRS 13.12.2017, FH 11.4.2018). Da Religion und Ethnie oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, einen Vorfall ausschließlich durch die religiöse Zugehörigkeit zu begründen (USDOS 15.8.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1434081/4598_1528111899_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-stand-mai-2018-31-05-2018.pdf , Zugriff 6.6.2018
- BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): Afghanistan Country Report, https://www.bti-project.org/de/berichte/laenderberichte/detail/itc/AFG/ , Zugriff 6.4.2018
- MoJ - Ministry of Justice (15.5.2017): Strafgesetz:
http://moj.gov.af/content/files/OfficialGazette/01201/OG_01260.pdf , Zugriff 12.2.2018
- CIA - Central Intelligence Agency (2017): The World Factbook - Afghanistan,
https://www.cia.gov/library/publications/resources/the-world-factbook/geos/af.html , Zugriff 12.2.2018
- CRS - Congressional Research Service (13.12.2017): Afghanistan:
Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, https://fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdf , Zugriff 12.2.2018
- FH - Freedom House (11.4.2018): Freedom in the World 2018 - Afghanistan
https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/afghanistan , Zugriff 25.5.2018
- HO U.K. - Home Office United Kingdom (2.2017): Country Policy and Information Note Afghanistan: Hindus and Sikhs, https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/590778/AFG_-_Sikhs_and_Hindus_-_CPIN_-_v3_1__February_2017_.pdf , Zugriff 3.4.2018
- USCIRF - U.S. Commission on International Religious Freedom (2017): 2017 Annual Report: Afghanistan Chapter, http://www.uscirf.gov/sites/default/files/Afghanistan.2017.pdf , Zugriff 12.2.2018
- USDOS - U.S. Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Afghanistan, https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2016/sca/268924.htm , Zugriff 3.4.2018
- USDOS - U.S. Department of State (10.8.2016): 2015 Report on International Religious Freedom - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/irf/religiousfreedom/index.htm?year=2015dlid=256299 , Zugriff 6.6.2018
Schiiten
Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10 - 15% geschätzt (CIA 2017; vgl. USCIRF 2017). Zur schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und ein Großteil der ethnischen Hazara (USDOS 15.8.2017). Die meisten Hazara-Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an. Im letzten Jahrhundert ist allerdings eine Vielzahl von Hazara zur Ismaili-Sekte übergetreten. Es gibt einige Hazara-Gruppen, die zum sunnitischen Islam konvertierten. In Uruzgan und vereinzelt in Nordafghanistan leben einige schiitische Belutschen (BFA Staatendokumentation 7.2016). Afghanische Schiiten und Hazara neigen dazu, weniger religiös und gesellschaftlich offener zu sein als ihre Glaubensbrüder im Iran (CRS 13.12.2017).
Die politische Repräsentation und die Beteiligung an den nationalen Institutionen seitens der traditionell marginalisierten schiitischen Minderheit, der hauptsächlich ethnische Hazara angehören, ist seit 2001 gestiegen (FH 11.4.2018). Obwohl einige schiitischen Muslime höhere Regierungsposten bekleiden, behaupten Mitglieder der schiitischen Minderheit, dass die Anzahl dieser Stellen die demographischen Verhältnisse des Landes nicht reflektiere; auch vernachlässige die Regierung in mehrheitlich schiitischen Gebieten die Sicherheit. Das afghanische Ministry of Hajj and Religious Affairs (MOHRA) erlaubt sowohl Sunniten als auch Schiiten Pilgerfahrten zu unternehmen (USDOS 15.8.2017).
Im Ulema-Rat, der nationalen Versammlung von Religionsgelehrten, die u. a. dem Präsidenten in der Festlegung neuer Gesetze und Rechtsprechung beisteht, beträgt die Quote der schiitischen Muslime ca. 30% (AB 7.6.2017; vgl. USDOS 15.8.2017). Des Weiteren tagen rechtliche, konstitutionelle und menschenrechtliche Kommissionen, welche aus Mitgliedern der sunnitischen und schiitischen Gemeinschaften bestehen und von der Regierung unterstützt werden, regelmäßig, um die interkonfessionelle Schlichtung zu fördern (USDOS 15.8.2017).
Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch existieren Berichte zu lokalen Diskriminierungsfällen (USDOS 15.8.2017). Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern; einige Paschtunen sind jedoch wegen der Feierlichkeiten missgestimmt, was gelegentlich in Auseinandersetzungen mündet (CRS 13.12.2017). In den Jahren 2016 und 2017 wurden schiitische Muslime, hauptsächlich ethnische Hazara, oftmals Opfer von terroristischen Angriffen u.a. der Taliban und des IS (HRW 2018; vgl. USCIRF 2017).
Unter den Parlamentsabgeordneten befinden sich vier Ismailiten. Einige Mitglieder der ismailitischen Gemeinschaft beanstanden die vermeintliche Vorenthaltung von politischen Posten (USDOS 15.8.2017).
...
Quellen:
- AB - Afghan Bios (7.6.2017): National Ulema Council Afghanistan
AUC,
http://www.afghan-bios.info/index.php?option=com_afghanbios&id=1218&task=view&total=3340&start=3067&Itemid=2 , Zugriff 6.4.2018
- BFA Staatendokumentation (7.2016): AfPak Grundlagen der Stammes- Clanstruktur
http://www.bfa.gv.at/files/berichte/AFGH_Stammes_und Clanstruktur_Onlineversion_2016_07.pdf, 12.2.2018
- CIA - Central Intelligence Agency (2017): The World Factbook - Afghanistan,
https://www.cia.gov/library/publications/resources/the-world-factbook/geos/af.html , Zugriff 12.2.2018
- CRS - Congressional Research Service (13.12.2017): Afghanistan:
Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy, https://fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdfhttps://www.fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdf , Zugriff 12.2.2018 ,
- FH - Freedom House (11.4.2018): Freedom in the World 2018 - Afghanistan
https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/afghanistan , Zugriff 25.5.2018
- HRW - Human Rights Watch (2018): Afghanistan, Events of 2017, https://www.hrw.org/world-report/2018/country-chapters/afghanistan , Zugriff 9.4.2018
- USCIRF - U.S. Commission on the International Religious Freedom (2017): 2017 Annual Report: Afghanistan Chapter, http://www.uscirf.gov/sites/default/files/Afghanistan.2017.pdf , Zugriff 5.4.5018
- USDOS - U.S. Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Afghanistan, https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2016/sca/268924.htm , Zugriff 3.4.2018
Ethnische Minderheiten
In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34.1 Millionen Menschen (CIA Factbook 18.1.2018). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (BFA Staatendokumentation 7.2016; vgl. CIA Factbook 18.1.2018). Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara und 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (GIZ 1.2018; vgl. CIA Factbook 18.1.2018).
Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet." (BFA Staatendokumentation 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Art. 16) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht: Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 5 .2018; vgl. MPI 27.1.2004). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 20.4.2018).
Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung rechtlich verankert, wird allerdings in der gesellschaftlichen Praxis immer wieder konterkariert. Soziale Diskriminierung und Ausgrenzung anderer ethnischer Gruppen und Religionen im Alltag besteht fort und wird nicht zuverlässig durch staatliche Gegenmaßnahmen verhindert (AA 5 .2018). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 20.4.2018).
Hazara
Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus (CIA Factbook 18.1.2018; CRS 12.1.2015). Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind einerseits ihr ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden (BFA Staatendokumentation 7.2016); andererseits gehören ethnische Hazara hauptsäch dem schiitischen Islam an (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) (BFA Staatendokumentation 7.2016; vgl. AJ 27.6.2016, UNAMA 15.2.2018). Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten (BFA Staatendokumentation 7.2016).
...
Die Hazara-Gemeinschaft/Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (BFA Staatendokumentation 7.2016).
Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben (BFA Staatendokumentation 7.2016). Dennoch hat sich die Lage der Hazara, die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgt waren, grundsätzlich verbessert (AA 5 .2018; vgl. IaRBoC 20.4.2016); vornehmlich aufgrund von Bildung und vor allem auf ökonomischem und politischem Gebiet (CRS 12.1.2015; vgl. GD 2.10.2017). Hazara in Kabul gehören jetzt zu den am besten gebildeten Bevölkerungsgruppen und haben auch eine Reihe von Dichtern und Schriftstellern hervorgebracht (BFA Staatendokumentation 7.2016). Auch wenn es nicht allen Hazara möglich war diese Möglichkeiten zu nutzen, so haben sie sich dennoch in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft etabliert (GD 2.10.2017).
So haben Hazara eine neue afghanische Mittelklasse gegründet. Im Allgemeinen haben sie, wie andere ethnische Gruppen auch, gleichwertigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Nichtsdestotrotz, sind sie von einer allgemein wirtschaftlichen Verschlechterung mehr betroffen als andere, da für sie der Zugang zu Regierungsstellen schwieriger ist - außer ein/e Hazara ist selbst Abteilungsleiter/in. Einer Quelle zufolge existiert in der afghanischen Gesellschaft die Auffassung, dass andere ethnische Gruppierungen schlecht bezahlte Jobs Hazara geben. Einer weiteren Quelle zufolge, beschweren sich Mitglieder der Hazara-Ethnie über Diskriminierung während des Bewerbungsprozesses, da sie anhand ihrer Namen leicht erkennbar sind. Die Ausnahme begründen Positionen bei NGOs und internationalen Organisationen, wo das Anwerben von neuen Mitarbeitern leistungsabhängig ist. Arbeit für NGOs war eine Einnahmequelle für Hazara - nachdem nun weniger Hilfsgelder ausbezahlt werden, schrauben auch NGOs Jobs und Bezahlung zurück, was unverhältnismäßig die Hazara trifft (IaRBoC 20.4.2016). So berichtet eine weitere Quelle, dass Arbeitsplatzanwerbung hauptsächlich über persönliche Netzwerke erfolgt (IaRBoC 20.4.2016; vgl. BFA/EASO 1.2018); Hazara haben aber aufgrund vergangener und anhaltender Diskriminierung eingeschränkte persönliche Netzwerke (IaRBoC 20.4.2016).
Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (AA 9 .2016; vgl. USDOS 20.4.2018); soziale Diskriminierung gegen schiitische Hazara basierend auf Klasse, Ethnie oder religiösen Ansichten finden ihre Fortsetzung in Erpressungen (illegale Steuern), Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit, physischer Misshandlung und Festnahmen (USDOS 20.4.2018).
Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (Brookings 25.5.2017).
...
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (5.2018): Bericht über asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1434081/4598_1528111899_auswaertiges-amt-bericht-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-stand-mai-2018-31-05-2018.pdf , Zugriff 7.6.2018
- AA - Auswärtiges Amt (9.2016): Bericht über asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1253781/4598_1478857553_3-deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-afghanistan-19-10-2016.pdf , Zugriff 11.5.2018
- AJ - Al Jazeera (27.6.2016): the Hazaras are primarily Shia Muslims,
https://www.aljazeera.com/indepth/features/2016/06/afghanistan-hazaras-160623093601127.html , Zugriff 8.2.2018
- Brookings - The Brookings Institution (25.5.2017): Afghanistan Index,
https://www.brookings.edu/wp-content/uploads/2016/07/21csi_20170525_afghanistan_index.pdf , Zugriff 15.2.2018
- BFA/EASO - BFA Staatendokumentation / European Asylum Support Office (1.2018): BFA-Arbeitsübersetzung des EASO Berichts "Afghanistan - Networks",
https://www.ecoi.net/en/file/local/1424706/5818_1518791562_afgh-easo-bericht-netzwerke-2018-02-15-ke.pdf , Zugriff 21.2.2018
- BFA Staatendokumentation (7.2016): AfPak - Grundlagen der Stammes- Clanstruktur,
https://www.ecoi.net/en/file/local/1236701/90_1470057716_afgh-stammes-und-clanstruktur-onlineversion-2016-07.pdf , Zugriff 21.2.2018)
- CIA Factbook - Central Intelligence Agency (18.1.20178): The World Factbook Afghanistan,
https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/af.html Zugriff 8.2.2018
- CRS - Congressional Research Service (15.10.2015): Afghanistan:
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- GD - Guilette, David (2.10.2017): Everyday Energy Politics in Central Asia and the Caucasus: Citizens' Needs, Entitlements and Struggles for Access.
- HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Afghanistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422159.html , Zugriff 8.2.2018
- IaRBoC - Immigration and Refugee Board of Canada (20.4.2016):
Afghanistan: Situation of Hazara people living in Kabul City, including treatment by society, security situation, and access to employment; security situation for Hazara traveling to areas surrounding Kabul City to access employment (2014-April 2016), https://www.justice.gov/eoir/file/902721/download , Zugriff 20.2.2018
- UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (15.2.2018): Afghanistan Protection of Civilians in Armed Conflict; Annual Report 2017,
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- USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Afghanistan, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper , Zugriff 30.4.2018"
2. Beweiswürdigung:
Zum Verfahrensgang
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.
Zur Person und zum Vorbringen der BF
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität getroffen wurden, beruhen diese auf den Angaben der BF. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person der BF im Asylverfahren. Die von der BF2 nachträglich vorgelegte Tazkira ( XXXX ) hat für das Bundesverwaltungsgericht keine hohe Beweiskraft, da allgemein bekannt ist, dass solche Dokumente mit beliebigem Inhalt, beispielsweise beruhen die Altersschätzungen in einem solchen Papier auf persönlichen Angaben, leicht zu beschaffen sind. Hingegen wird die Echtheit der iranischen Impfkarte des BF3 nicht bezweifelt und so auch das richtige Geburtsdatum des BF3 festgestellt. Im Zuge der Ersteinvernahme wurde nämlich ein Geburtsdatum ( XXXX ) angegeben, das offensichtlich nicht zum Alter des BF3 passte.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppen- und zur Religionszugehörigkeit, der Herkunft der BF und deren Familien und zu den Lebensumständen der BF und deren Familien stützen sich auf die Angaben der BF sowie auf deren Sprachkenntnisse.
Die volljährigen BF haben glaubwürdig dargelegt, dass sie als Ehepaar im Iran gelebt haben und dort ihr Sohn geboren wurde. Der BF1 hat Grundschulausbildung und Berufserfahrung als Bauarbeiter und Gärtner. Die BF2 hat Schulbildung und war immer zu Hause. Die Familie hat im Iran ein durchschnittlich normales Leben geführt. Den Familien der BF geht es sowohl im Iran als auch in Afghanistan wirtschaftlich gut. Zwei Brüder der BF2 leben in der Provinz Balkh von der Landwirtschaft, wobei ein Bruder in Mazar-e-Sharif lebt. Die BF2 hat dort bis zu ihrem 19. Lebensjahr gelebt. Das Heimatdorf der Familien, auch die Eltern des BF1 stammen von dort, der BF ist 40-45 Minuten mit dem Auto von Mazar-e-Sharif entfernt. Die BF2 konnte in ihrem Heimatdorf die Schule besuchen. Sie gab in der mündlichen Verhandlung nur sehr allgemein an, dass sie wegen der schwierigen Situation der Frauen in Afghanistan mit ihrer Mutter in den Iran gegangen sei. Das Bundesverwaltungsgericht geht jedoch davon aus, dass die BF2 mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen der arrangierten Ehe mit dem BF1 in den Iran gereist ist. Immerhin sind die beiden Väter der BF bekannt, der BF1 hat während seines Aufenthaltes in Afghanistan im Haus der BF2 gewohnt (vgl. Akt BF1 AS 82) und er hat damals von seiner Schwester ein Foto der BF2 erhalten (vgl. VHP vom 05.07.2018 S 14). All das deutet daraufhin, dass der Grund des Kurzbesuches des BF1 im Heimatdorf seiner Eltern die Suche nach einer geeigneten Braut war.
Weiters geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die BF mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Aufenthaltsrecht im Iran hatten und somit dort legal gelebt haben. Die Indizien hierzu sind, dass die Familie des BF1 schon lange im Iran lebt, der BF1 selbst im Iran geboren wurde und alle anderen Familienmitglieder eine Aufenthaltsberechtigung haben. Auch die iranische Impfkarte des BF3 ist ein Hinweis für einen legalen Aufenthalt.
Die BF haben eine aktuelle asylrelevante Verfolgung in Afghanistan nicht einmal behauptet. Die Feststellungen, dass sie im Zuge der großen Migrationsbewegung 2015 den Iran verlassen haben ergeben sich aus den Aussagen des BF1. Er führte zum Vorhalt auf Divergenzen bezüglich der Zeitangaben zur Flucht an, dass er das korrigiere. Sie seien mit der Flüchtlingswelle gekommen, das sei also 2015 gewesen. Er wolle keine Missverständnisse, er wolle nicht lügen. Dann sagte der BF1 weiter, dass sein Reiseziel Österreich gewesen sei. Bekannte und Freunde hätten ihm gesagt, dass Österreich gut sei. Diese Freunde Hätten Familienmitglieder in Österreich und er persönlich sei Naturliebhaber und habe sich für Österreich entschieden (vgl. Akt BF1 AS 81). Weiters gab er lediglich an, seine Familie lebe seit mehr als 30 Jahren im Iran. Sein Vater soll früher eine Feindschaft mit den Taliban gehabt haben. Der BF1 ist bereits im Iran geboren und hat dort im Wesentlichen bis zur Reise nach Europa gelebt. Vor einigen Jahren ist er jedoch freiwillig in den Heimatort seiner Eltern nach Afghanistan gereist und hat sich dort kurz bei den Eltern der BF2 aufgehalten. Er hat nicht angegeben, dass er in dieser Zeit konkret bedroht wurde und deshalb Afghanistan wieder verlassen müsste. Auch sind die vagen Angaben über eine Bedrohung der Eltern des BF1 widersprüchlich. So führte der BF1 aus, sein Vater sei von Taliban bedroht worden. Die BF2 hingegen gab an, sie wisse darüber nichts Genaueres, aber ihr Gatte und seine Familie hätten eine familiäre Feindschaft. Da die Familie des BF1 bereits zur Zeit der sowjetischen Besatzung ihre Heimat verlassen haben, ist eine Bedrohung durch Taliban zur damaligen Zeit schon deshalb unglaubwürdig. Das Bestehen einer Familienfehde wurde hingegen vom BF1 nicht einmal erwähnt.
Ebenso lässt sich aus den vorliegenden Berichten eine allgemein in den Raum gestellte Verfolgung der BF als Angehörige der schiitischen Glaubensgemeinschaft und als Angehörige der Volksgruppe der Hazara pauschal nicht feststellen. Ein konkret gegen die BF gerichtete Verfolgung oder Bedrohung aufgrund ihrer Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit konnte nicht glaubhaft gemacht werden.
Die Feststellungen, dass die BF2 keine selbstbestimmte "westliche" Lebenseinstellung hat und, dass insbesondere ihre persönliche Haltung über die grundsätzliche Stellung der Frau in Familie und Gesellschaft nicht im krassen Widerspruch zu den in Afghanistan vorherrschenden gesellschaftlichen und religiösen Sitten steht, ergibt sich aus der Befragung in der mündlichen Verhandlung sowie aus vorgelegten Fotos, die den Lebenswandel der BF2 in Österreich dokumentieren sollten. Die vorliegenden Referenzschreiben gehen darauf substantiell nicht ein. Es wird lediglich erwähnt, dass die BF für die "westliche" Kultur offen seien und dass die BF2 über Frauenrechte, Wertevermittlung, Berufsorientierung und Bildungsmöglichkeiten informiert wurde und sich sehr interessiert zeigte und Fragen gestellt habe.
Auf den vorgelegten Fotos sieht man die BF2 meist traditionell gekleidet, wie es für schiitische Hazara üblich ist, inmitten anderer ebenso gekleideter afghanischer Frauen. Das Ablegen des Schleiers kurz vor der mündlichen Verhandlung ist für das Bundesverwaltungsgericht daher nicht als emanzipatorischer Akt, sondern als reiner äußerlicher Akt der Anpassung zu werten. Die BF2 gab in der Befragung dazu lediglich an, dass sie den Schleier bisher aus Gewohnheit getragen habe. Warum sie den Schleier nunmehr nicht mehr trägt, konnte sie nicht glaubwürdig darlegen. Sie gab auch zu, dass sie sich mit der Bedeutung des Gebotes der Verschleierung von Frauen in ihrem Kulturkreis nie kritisch auseinandergesetzt hat.
Als wesentlich Entscheidender sieht das Bundesverwaltungsgericht jedoch die Tatsache, dass sich die BF2 zu wenig bemüht hat, sich eine Lebensweise einer "westlich" orientierten Frau anzueignen. Trotz Schulbildung hat sie nach fast 3 Jahren nur die Deutsch-Sprachprüfung A1. Gerade die Fähigkeit mit der einheimischen Bevölkerung kommunizieren zu können, ist in weiterer Folge für einen freibestimmten Lebenswandel essentiell. So ist sie an ihr familiäres und afghanisches Umfeld im Flüchtlingsheim gebunden und ist bei Verlassen dieses engen Raumes regelmäßig auf die Unterstützung durch andere angewiesen. Sie lebt weiterhin das traditionelle Rollenbild der Frau, die sich in erster Linie um Kind und Haushalt kümmert. Gemeinsam mit anderen afghanischen Familien betreut sie einen Garten, der den Flüchtlingen zur Verfügung gestellt wurde oder arbeitet als Näherin für den eigenen Bedarf oder caritative Veranstaltungen. Obwohl sie im Gegensatz zum BF2 über eine höhere Schulbildung verfügt, erscheint es selbstverständlich, dass dieser, wie die anderen Männer im Flüchtlingsheim auch in der Gemeinde geringfügig beschäftigt werden, nicht aber die Frauen. Es zeigt sich auch, dass die BF2 außer den Flüchtlingsbetreuern und ehrenamtlichen Helfern keine weiteren österreichischen Freunde bzw. Anknüpfungspunkte gefunden hat. Darüber hinaus nimmt sie an Freizeitaktivitäten außerhalb ihres Familienkreises nur insoweit teil, als diese durch Dritte, zumeist ehrenamtliche Helfer organisiert und umgesetzt werden.
Zur selbstbestimmten Lebensweise einer Frau in einer "westlichen" Gesellschaft zählt auch der Wunsch nach beruflicher Tätigkeit und diesbezüglich eigenes Engagement und eine klare Vorstellung sowie eine konkrete Planung und Umsetzung. Im vorliegenden Fall konnte die BF2 ein solches Engagement nicht glaubhaft nachweisen. Sie gab im Wesentlichen an, jegliche Arbeit verrichten zu wollen.
Die BF2 konnte auch keine konkreten Vorstellungen von ihrem zukünftigen Leben in Österreich darlegen. Auf die Frage, was sie in Österreich schätze, sagte sie zwar die Freiheit, die sie jahrelang nicht gehabt habe. Auf Nachfrage jedoch stellte sich heraus, dass sie damit "die Umgebung, die Leute und so wie sie (gemeint die Familie) derzeit behandelt werden", meinte.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die BF2 keine "westliche" Lebensführung verinnerlicht hat. Die Verhaltensweise der BF2 in Österreich zeigt auch keinen deutlichen und nachhaltigen Bruch mit den allgemein verbreiteten Werten in Afghanistan. Die Anpassungen an die österreichischen Verhältnisse, wie beispielsweise Freizeitaktivitäten, Schwimmen, Ablegen des Schleiers, die sich die BF2 nunmehr angeeignet hat, erscheinen nicht so verinnerlicht zu sein, dass sie sich nicht in Afghanistan wieder an die dortigen Gegebenheiten anpassen könnte.
Auch bei den übrigen Familienmitgliedern, dem BF1 und dem minderjährigen BF3, kann von einer "westlichen" Lebensweise nicht ausgegangen werden. Beide sprechen kaum Deutsch und kommunizieren großteils mit anderen afghanischen Flüchtlingsfamilien. Der BF1 hat keine konkreten Vorstellungen von seiner Zukunft in Österreich und hat keine eigenständigen Initiativen bezüglich seiner Berufswahl gesetzt. Der BF3 ist zwar seit einem Jahr in einem öffentlichen Kindergarten, im Wesentlichen sind seine Bezugspersonen, die Kinder der anderen Flüchtlinge.
Somit können die Vorbringen der BF letztlich nicht einmal ansatzweise als asylrelevant qualifiziert werden.
Die Feststellungen zu ihren persönlichen Lebensverhältnissen in Österreich sowie ihren Integrationsbemühungen stützen sich auf die von den BF vorgelegten umfangreichen Unterlagen sowie ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben. Die Feststellungen zu den nur mangelhaft vorhandenen Sprachkenntnissen der BF beruhen auf den Wahrnehmungen aus der mündlichen Verhandlung.
Die Feststellung, dass bei den BF keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen bestehen, beruht auf den Angaben der volljährigen
BF.
Die Feststellung, dass die volljährigen BF in Österreich strafrechtlich unbescholten ist, ergibt sich aus den aktuellen Strafregisterauszügen.
Zur Lage im Herkunftsstaat
Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
Es wird zudem festgestellt, dass die vorliegenden Länderinformationen von den BF auch nicht substantiell bestritten wurden.
Zu einer möglichen Rückkehr in den Herkunftsstaat
Die Feststellungen zur Rückkehr der BF ergeben sich aus den angeführten Länderberichten unter Berücksichtigung des von den BF in der Beschwerde angeführten Berichtes über die Versorgungslage in Kabul und in Zusammenschau mit den von den BF dargelegten persönlichen Umständen. In der mündlichen Verhandlung wurden auch die neuersten Informationen aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2018 bezüglich der Provinz Balkh, Frauen und Kindern vorgelegt.
Aus den vorliegenden Berichten geht auch unter Berücksichtigung der Sicherheitslage und der sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht hervor, dass eine Rückkehr einer intakten Familie in eine der sichersten Provinzen Afghanistans nicht möglich ist.
Zur Heimatprovinz der BF wird festgestellt, dass diese zu den relativ ruhigen Provinzen in Nordafghanistan zählt. Im Bereich des Heimatortes der BF konnten zuletzt keine sicherheitsrelevanten Vorfälle festgestellt werden.
Das Bundesverwaltungsgericht ist sich der Problematik bewusst, dass insbesondere der BF1 nie in Afghanistan gelebt hat und die BF letztlich im Iran sozialisiert wurden. Es konnte jedoch festgestellt werden, dass der BF1 die afghanischen Gepflogenheiten kennt und auch praktiziert. Die BF sind in ihre weitverzweigten Familien gut integriert und pflegen regelmäßigen Kontakt, sei es mit den Angehörigen im Iran, sei es mit den Brüdern der BF1 in Afghanistan. Laut den eigenen Angaben der BF leben die Familien in wirtschaftlich stabilen Verhältnissen. Im Großraum Mazar-e-Sharif leben die Brüder der BF1 und es ist auch davon auszugehen, dass auch noch Angehörige des BF2 dort leben und sich die BF bei Rückkehr auf dieses soziale Netzwerk stützen können. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die BF, wenn sie auch bisher dort nicht gelebt haben, rasch integrieren werden und sich mit Hilfe des sozialen Netzwerkes eine rasche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben erfolgen kann. Immerhin spricht der im Iran aufgewachsene BF1 auch Dari und hat jahrelange berufliche Erfahrung im Baugewerbe und beim Gartenanbau. Die BF 2 ist bis zum 19. Lebensjahr dort aufgewachsen, hat eine Schule besucht und hat nicht nur Kenntnisse über die Hausarbeit, sondern im Bereich des Gartenanbaus und kann auch Näharbeiten verrichten.
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass es dem vierjährigen BF3 unmöglich wäre, sich in das afghanische Gesellschaftssystem zu integrieren. Minderjährige Kinder gelten zwar vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen in Afghanistan als besonders vulnerable Antragsteller (gefährdet besonders durch Munitionsrückstände, körperliche Übergriffe durch Erwachsene, in Schulen oder durch die afghanische Polizei sowie auch durch die angespannte Versorgungslage). Doch im konkreten Fall bestehen intakte Familienverhältnisse und die Gefährdungen des BF3 in seiner unmittelbaren Heimat (Großraum Mazar-e-Sharif, in dem sich auch der Heimatort befindet) sind als relativ gering einzuschätzen. Da sogar die BF2, vor Jahren in Ihrem Heimatort die Schule besuchen konnte, ist davon auszugehen, dass dies auch für den BF3 möglich sein wird.
Eine Ansiedlung der BF, entweder im Heimatort oder in der nahen Provinzhauptstadt Mazar-e-Sharif, ist somit im konkreten Fall zumutbar.
Die sichere Erreichbarkeit der Stadt Mazar-e-Sharif ist durch den örtlichen Flughafen gewährleistet.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Zu Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide
Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen (zulässigen) Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht (vgl auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU ) verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.
Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren (VwGH 08.09.2015, Ra 2015/18/0080, mwN).
Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist im Übrigen, dass die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen steht. Sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0113).
Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in der konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen (vgl. VwGH 22.03.2017, Ra 2016/19/0350, mwN). Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH vom 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).
Nach der ständigen Judikatur des VwGH liegt eine dem Staat zuzurechnende Verfolgungshandlung nicht nur dann vor, wenn diese unmittelbar von staatlichen Organen aus Gründen der Konvention gesetzt wird. Auch kommt einer von Privatpersonen oder privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten (vgl. VwGH vom 18.11.2015, Ra 2014/18/0162, mwN). Eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat hingegen nur dann asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (VwGH 20.05.2015, Ra 2015/20/0030). Ob in diesem Zusammenhang eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, kommt darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vgl. VwGH 08.09.2009, 2008/23/0027, mwN). Eine mangelnde staatliche Schutzgewährung setzt nicht voraus, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256).
Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (vgl. VwGH 15.03.2001, 99/20/0036). Eine inländische Fluchtalternative ist nur dann gegeben, wenn sie vom Asylwerber in zumutbarer Weise in Anspruch genommen werden kann. Herrschen am Ort der ins Auge gefassten Fluchtalternative - nicht notwendigerweise auf Konventionsgründen beruhende - Bedingungen, die eine Verbringung des Betroffenen dorthin als Verstoß gegen Art. 3 EMRK erscheinen lassen würden, so ist die Zumutbarkeit jedenfalls zu verneinen (vgl. VwGH 16.12.2010, 2007/20/0913). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" innewohnt, setzt voraus, dass nähere Feststellungen über die zu erwartende konkrete Lage des Betroffenen in dem in Frage kommenden Gebiet getroffen werden (vgl. VwGH 29.04.2015, Ra 2014/20/0151, mwN).
Um die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu erreichen, müssen konkrete, gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden (VwGH 10.03.1994, 94/19/0056). In diesem Zusammenhang hat der Betroffene die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darzustellen (EGMR 07.07.1987, Nr. 12877/87, Kalema/Frankreich).
Gemäß Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl L 337, 9, (Statusrichtlinie), hat der Asylwerber bei fehlenden Unterlagen oder sonstige Beweisen, sich offenkundig zu bemühen seinen Antrag zu begründen, hinreichende Erklärung für das Fehlen relevanter Anhaltspunkte zu geben, kohärente und plausible Angaben zu machen die mit den für seinen Fall relevanten, verfügbaren besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen, sowie internationalen Schutz zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu beantragen (es sei denn, es können gute Gründe dafür vorgebracht werden, dass dies nicht möglich war).
Es ist ständige Judikatur des VwGH, dass Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes beziehungsweise Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubhaft angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens (beispielsweise in niederschriftlichen Einvernahmen) unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (vgl. VwGH 06.03.1996, 95/20/0650).
Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich im gegenständlichen Fall, dass die behauptete Furcht der BF, in deren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, objektiv nicht vorliegt.
In Ermangelung von individuell drohenden Verfolgungshandlungen bleibt im Lichte der Rechtsprechung des VwGH zu prüfen, ob die BF im Herkunftsland aufgrund generalisierender Merkmale - etwa wegen ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der schiitischen Hazara - unabhängig von individuellen Aspekten einer über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehenden "Gruppenverfolgung" ausgesetzt wären.
Für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung ist zwar nicht entscheidend, dass sich die Verfolgung gezielt gegen Angehörige nur einer bestimmten Gruppe und nicht auch gezielt gegen andere Gruppen richtet (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048, mit Verweis auf VfGH 18.09.2015, E 736/2014).
Dass ein Angehöriger der ethnischen und religiösen Minderheit der Hazara im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, alleine wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Verfolgung im Sinne eines ungerechtfertigten Eingriffs von erheblicher Intensität ausgesetzt zu sein, kann das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht finden. Aus den vorliegenden Länderberichten ist zu entnehmen, dass sich die Situation für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara in der Zwischenzeit deutlich verbessert hat, wenngleich die gesellschaftlichen Spannungen fortbestehen und in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wiederaufleben.
Die in Afghanistan immer wieder bestehende Diskriminierung der schiitischen Hazara erreichen gegenwärtig, insbeondere in Mazar-e-Sharif nicht ein Ausmaß, das die Annahme rechtfertigen würde, dass in Afghanistan lebende schiitische Hazara wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen und religiösen Minderheit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätten.
Auch der EGMR geht davon aus, dass die Zugehörigkeit zur Minderheit der Hazara - unbeschadet der schlechten Situation für diese Minderheit - nicht dazu führt, dass im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan eine unmenschliche Behandlung drohen würde (EGMR 05.07.2016, 29.094/09, A.M./Niederlande).
Da eine Gruppenverfolgung - in Hinblick auf die Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit - von Hazara und Schiiten in Afghanistan nicht gegeben ist und die BF diesbezüglich auch keine individuelle Bedrohung dargetan haben, lässt sich aus diesem Vorbringen eine asylrelevante Verfolgung nicht ableiten.
Auch werden Personen, die ihr ganzes Leben im Iran verbrachten, bei einer Rückkehr nach Afghanistan nicht in ihren Rechten nach Art 3 EMRK verletzt (VfGH 12.12.2017, E 2068/2017), sodass auch unter Berücksichtigung dieses Umstandes keine asylrelevante Verfolgung festgestellt werden kann.
Hinsichtlich der Verneinung einer "westlichen Orientierung" bei der BF2 wird darauf verwiesen, dass bezogen auf Afghanistan nicht die Eigenschaft des Frau-Seins an sich in der Judikatur zur Gewährung von Asyl führt. Nach der Rechtsprechung des VwGH können lediglich Frauen Asyl beanspruchen, die aufgrund eines gelebten "westlich" orientierten Lebensstils bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat verfolgt würden (vgl. etwa VwGH vom 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017- 0018, mwN). Jedoch führt nicht jede Änderung der Lebensführung einer Asylwerberin während ihres Aufenthalts in Österreich, die im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht mehr aufrecht erhalten werden könnte, dazu, dass der Asylwerberin deshalb internationaler Schutz gewährt werden muss (VwGH 23.01.2018, Ra 2017/18/0301 bis 0306-6). Entscheidend ist vielmehr eine grundlegende und auch entsprechend verfestigte Änderung der Lebensführung der Asylwerberin, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt, die zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Identität geworden ist, und die bei Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht gelebt werden könnte (vgl. idS VwGH 22.03.2017, Ra 2016/18/0388), bzw. eine Lebensführung der Asylwerberin, welche einen deutlichen und nachhaltigen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten in Afghanistan darstellen würde.
In diesem Zusammenhang führte der VfGH im Erkenntnis vom 12.06.2015, Zl. E 573/2015-9, aus: "Die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten hängt davon ab, mit welchen Konsequenzen die Asylwerberin aufgrund ihrer Haltung im Herkunftsstaat zu rechnen hat und ob diese als Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention anzusehen sind. Nach einer Stellungnahme des UNHCR von Juli 2003 sollten afghanische Frauen, von denen angenommen wird, dass sie soziale Normen verletzen oder dies tatsächlich tun, bei der Rückkehr nach Afghanistan als gefährdet angesehen werden. Diese Kategorie könnte Frauen einschließen, die westliches Verhalten oder westliche Lebensführung angenommen haben, was als Verletzung der sozialen Normen angesehen werde und ein solch wesentlicher Bestandteil der Identität dieser Frauen geworden sei, dass es für diese eine Verfolgung bedeuten würde, dieses Verhalten unterdrücken zu müssen (zur Indizwirkung dieser konkreten Empfehlung VwGH 16.1.2008, 2006/19/0182 mwN). Daraus leitet der VwGH ab, dass einer afghanischen Frau Asyl zu gewähren ist, wenn der von ihr vorgebrachte "westliche Lebensstil" in Afghanistan einer zu den herrschenden politischen und/oder religiösen Normen eingenommene oppositionelle Einstellung gleichgesetzt wird und ihr deshalb Verfolgung droht. Es komme aus asylrechtlicher Sicht nicht darauf an, ob sich eine Asylwerberin den gesellschaftlichen Normen ihres Heimatstaates anzupassen hat oder nicht (VwGH 6.7.2011, 2008/19/0994; 16.1.2008, 2006/19/0182)."
Solche Aspekte vermochte die BF2 aber eben nicht glaubhaft darzutun, vielmehr hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass ein "westlich" orientierter Lebensstil bzw. eine selbstbestimmte Lebensweise nicht Bestandteil der Identität der BF2 geworden ist.
Im Verfahren haben sich auch sonst keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen.
Die allgemeine Lage in Afghanistan ist nicht dergestalt, dass bereits jedem, der sich dort aufhält, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste.
Auch aus der wirtschaftlich schlechten Lage in Afghanistan lässt sich für die BF eine Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht herleiten, denn eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellt nach ständiger Judikatur des VwGH keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. VwGH 28.06.2005, 2002/01/0414). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.
Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. der angefochtenen Bescheide gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide
Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 AsylG 2005 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 AsylG 2005 offen steht.
Nach § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz von Asylwerbern, denen in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann, und denen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1 AsylG 2005) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
Die Zuerkennung von subsidiärem Schutz setzt somit voraus, dass die Abschiebung des Betroffenen in seine Heimat entweder eine reale Gefahr einer Verletzung insbesondere von Art. 2 oder 3 EMRK bedeuten würde oder für ihn eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes im Herkunftsstaat des Betroffenen mit sich bringen würde.
Bei der Beurteilung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz ist im Einzelfall zu prüfen, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063; 19.06.2017, Ra 2017/19/0095; 18.10.2017/19/0157mwN).
Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden hg. Judikatur ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. Mai 2016, Ra 2016/19/0036, und vom 23. Februar 2017, Ra 2016/20/0089, jeweils mwN).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass ein "real risk" (reales Risiko) vorliegt, wenn stichhaltige Gründe ("substantial grounds") dafür sprechen, dass die betroffene Person im Falle der Rückkehr in die Heimat das reale Risiko (insbesondere) einer Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte zu gewärtigen hätte. Dafür spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob dieses reale Risiko in der allgemeinen Sicherheitslage im Herkunftsstaat, in individuellen Risikofaktoren des Einzelnen oder in der Kombination beider Umstände begründet ist. Allerdings betont der EGMR in seiner Rechtsprechung auch, dass nicht jede prekäre allgemeine Sicherheitslage ein reales Risiko iSd Art. 3 EMRK hervorruft. Im Gegenteil lässt sich seiner Judikatur entnehmen, dass eine Situation genereller Gewalt nur in sehr extremen Fällen ("in the most extreme cases") diese Voraussetzung erfüllt (vgl. etwa EGMR 28.11.2011, Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, RNr. 218 mit Hinweis auf EGMR 17.07.2008, Nr. 25904/07, NA/Vereinigtes Königreich). In den übrigen Fällen bedarf es des Nachweises von besonderen Unterscheidungsmerkmalen ("special distinguishing features"), aufgrund derer sich die Situation des Betroffenen kritischer darstellt als für die Bevölkerung im Herkunftsstaat im Allgemeinen (EGMR 28.11.2011, Nr 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich, RNr. 217). In diesem Zusammenhang fasst Thurin, in: Der Schutz des Fremden vor rechtswidriger Abschiebung (2012), 203 die bezughabenden Aussagen in der Rechtsprechung des EGMR dahingehend zusammen, dass der maßgebliche Unterschied zwischen einem "realen Risiko" und einer "bloßen Möglichkeit" prinzipiell im Vorliegen oder Nichtvorliegen von "special distinguishing features" zu erblicken ist, die auf ein "persönliches" ("personal") und "vorhersehbares" ("foreseeable") Risiko schließen lassen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bestehe nur in sehr extremen Fällen ("most extreme cases"), wenn die allgemeine Lage im Herkunftsstaat so ernst sei, dass praktisch jeder, der dorthin abgeschoben wird, einem realen und unmittelbar drohenden ("real and imminent") Risiko einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sei. Diesfalls sei das reale Risiko bereits durch die extreme allgemeine Gefahrenlage im Zielstaat indiziert. Eine bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist somit nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25.05.2016, Ra 2016/19/0036, und vom 23. 02.2017, Ra 2016/20/0089, jeweils mwN).
Der Tatbestand einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 orientiert sich an Art. 15 lit c der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU ). Er umfasst eine Schadensgefahr allgemeiner Art, die sich als "willkürlich" erweist, also sich auf Personen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken kann. Entscheidend für die Annahme einer solchen Gefährdung ist nach den Ausführungen des EuGH, dass der den bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson liefe bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr, einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt zu sein. Dabei ist zu beachten, dass der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl EuGH 17.02.2009, C-465/07, Elgafaji, und 30.01.2014, C-285/12, Diakite).
Herrscht also im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. In diesem Fall kann das reale Risiko der Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bereits in der Kombination der prekären Sicherheitslage und der besonderen Gefährdungsmomente für die einzelne Person begründet liegen (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137).
Der VwGH hat in seiner jüngeren, zum Herkunftsstaat Afghanistan ergangenen Rechtsprechung wiederholt und unter Bezugnahme auf die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des EGMR ausgesprochen, dass es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. etwa das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I. gg. Schweden, Nr. 61204/09, vgl. hierzu insbesondere auch VwGH 13.09.2016, Ra 2016/01/0096).
Es reicht für einen Antragsteller nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen. Die allgemeine Situation in Afghanistan ist nämlich nicht so gelagert, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers dorthin eine ernsthafte Bedrohung für die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte bedeuten würde (vgl. dazu VwGH vom 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).
Selbst wenn einem Antragsteller in seiner Herkunftsregion eine Art. 3 EMRK-widrige Situation drohen sollte, ist seine Rückführung dennoch möglich, wenn ihm in einem anderen Landesteil seines Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht (§ 11 AsylG 2005). Ihre Inanspruchnahme muss dem Fremden zumutbar sein (Prüfung der konkreten Lebensumstände am Zielort). Dass das mögliche Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative auch bei der Prüfung des subsidiären Schutzes zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 AsylG 2005, wonach sich die innerstaatliche Fluchtalternative, die als ein Kriterium u.a. die Zumutbarkeit des Aufenthalts in einem bestimmten Teil des Staatsgebietes vorsieht, auf den "Antrag auf internationalen Schutz" und somit auch auf jenen auf Zuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten bezieht (vgl. hierzu auch VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0233).
Um von einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, reicht es nicht aus, dem Asylwerber entgegen zu halten, dass er in diesem Gebiet keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten hat. Es muss ihm vielmehr möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können (VwGH 23.01.2018, Ra 2018/18/0001-5).
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich im gegenständlichen Fall, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht gegeben sind. So konnten die BF keine sie individuell treffenden Bedrohungen glaubhaft machen. Es muss aufgrund der dargestellten Ergebnisse des Verfahrens davon ausgegangen werden, dass sie im Falle einer Rückkehr keiner "realen Gefahr" iSd Art. 2 oder Art. 3 EMRK ausgesetzt wären, die subsidiären Schutz notwendig machen würde.
Es sind auch unabhängig davon keine außergewöhnlichen, exzeptionellen Umstände hervorgekommen, die ihnen im Fall ihrer Rückkehr nach Afghanistan drohen könnten und die ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art. 3 EMRK iVm. § 8 AsylG 2005 darstellen könnten, wie etwa eine dramatische Versorgungslage, eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar der Verlust des Lebens.
Bezüglich der Sicherheitslage wird im Hinblick auf die oben angeführten Länderfeststellungen zwar keineswegs verkannt, dass die Situation (auch) in der Stadt Mazar-e-Sharif nach wie vor angespannt ist. Dennoch ist festzuhalten, dass die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul, Provinzhauptstädte (wie Mazar-e-Sharif) und größere Transitrouten hat. Auch ist Mazar-e Sharif eine über den Luftweg aufgrund des vorhandenen Flughafens gut erreichbare Stadt. Aus dem vorliegenden Berichtsmaterial geht hervor, dass Terroranschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, in Mazar-e-Sharif nicht auszuschließen sind und in unregelmäßigen Abständen auch stattfinden. Jedoch allein der Umstand, dass an diesen Orten ein Bombenanschlag terroristischer Gruppierungen erfolgen könnte, begründet bei der derzeitigen Gefahrenlage für die BF noch keine stichhaltigen Gründe für ein reales Risiko der Verletzung ihrer durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte bzw. liegt deshalb noch keine ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts vor (VwGH 25.04.2017, 2017/01/0016, mwN). Die in der Stadt Mazar-e-Sharif verzeichneten Anschläge fokussieren sich - wie sich aus einer Gesamtschau der Länderberichte und dem notorischen Amtswissen ableiten lässt - hauptsächlich auf High-Profile Ziele, wie staatliche und ausländische Einrichtungen. Diese Gefährdungsquellen sind jedoch in reinen Wohngebieten nicht in einem solchen Ausmaß anzunehmen, dass die Lage in der Stadt Mazar-e-Sharif nicht insgesamt als ausreichend sicher bewertet werden könnte.
Insgesamt wird die zentral gelegene Provinz Balkh (mit ihrer Hauptstadt Mazar-e-Sharif) als einer der friedlichsten und sichersten Orte Afghanistans geschätzt. Die Stadt Mazar-e-Sharif ist eine Art "Vorzeigeprojekt" Afghanistans für wichtige ausländische Gäste. Balkh ist, in Bezug auf Angriffe der Taliban, zentralasiatischer Aufständischer oder IS-Kämpfer die sicherste Provinz in Nordafghanistan. Im Heimatort der BF ist es in letzter Zeit überhaupt zu keinen sicherheitsrelevanten Vorfällen gekommen (vgl. oben S 20ff)
Neben der Sicherheitslage im Herkunftsland können das Vorhandensein einer Unterkunft und die Möglichkeit der Versorgung im Zielstaat unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK relevant sein. Dies insbesondere dann, wenn es sich um Antragsteller handelt, bei denen individuelle Gründe bestehen, die die Annahme einer besonderen Schutzbedürftigkeit rechtfertigen, wie z.B. Personen mit Erkrankungen, Familien mit Kleinkindern oder schwangeren Frauen (VfGH 14.12.2011, U2495/2010 mit Verweis auf VfGH 07.10.2010, U694/2010).
Grundsätzlich erreicht die in der Stadt Mazar-e-Sharif aufgrund verschiedener Faktoren wirtschaftlich angespannte Situation nicht das Prüfungskalkül des Art. 3 EMRK, das für die Annahme einer solchen Menschenrechtsverletzung das Vorhandensein einer die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz bedrohenden Lebenssituation unter exzeptionellen Umständen fordert (vgl. VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19(0095).
Im vorliegenden Fall verfügen die BF über soziale oder familiäre Unterstützung in der Provinz Balkh. Der Heimatort der BF liegt im Großraum von Mazar-e-Sharif und ein Bruder der BF2 lebt in der Stadt. Im Heimatort befindet sich zumindest ein weiterer Bruder der BF2, zu dem die BF regelmäßig Kontakt haben. Wie bereits oben ausgeführt, kommen die BF aus weitverzweigten Familien mit gesicherter wirtschaftlicher Basis. Sie verfügen in Afghanistan jedenfalls über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte und können bei einer Rückkehr mit finanzieller Unterstützung seitens der Familie rechnen. Auch jede andere Unterstützung durch die Verwandten (z.B. Versorgung mit Nahrung, Herstellung von Kontakten, etc.) ist gegeben.
Aufgrund dieses sozialen Netzwerkes ist es den BF im konkreten Fall zumutbar, sich in Afghanistan anzusiedeln, obwohl der BF1 und der minderjährige BF3 nie im Heimatstaat gelebt haben und die BF2 zuletzt auch im Iran gelebt hat. Sie sind jedenfalls mit den kulturellen und gesellschaftlichen Gepflogenheiten ihres Herkunftsstaates und der Sprache vertraut. Zudem gehören sie keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt, als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann.
Die volljährigen BF sind junge arbeitsfähige Personen. Der BF1 hat Berufserfahrung und war im Iran jahrelang erwerbstätig. Die BF2 hat bis zum 19. Lebensjahr im Heimatort gelebt und hat auch dort die Schule besucht. Eine rasche Teilnahme am Erwerbsleben kann somit vorausgesetzt werden. Zudem stammen die BF aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird. Aufgrund der weit überwiegenden Sozialisierung der BF im afghanischen Kulturkreis und dem in Relation dazu erst kurzen Aufenthalt in Österreich ist eine Eingliederung in die dortige Gesellschaft jedenfalls möglich.
Auch der vierjährige BF3 ist bei einer Rückkehr im Familienverband durch die Erwerbsfähigkeit des BF1 und die Absicherung im Familienverband durch die in Afghanistan lebenden Familienangehörigen in der Provinz Balkh abgesichert. Aus diesen Gründen ist auch nicht zu befürchten, dass der BF3 bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor seine Eltern in der Lage wären, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten könnte. Es bestehen insgesamt, wie in der Beweiswürdigung dargelegt, keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der BF3 aufgrund der unter dem Aspekt der Minderjährigkeit zu beurteilenden Faktoren bei einer Rückkehr einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt ist. Auch steht es ihm offen, in Mazar-e-Sharif, wie die BF2, die Schule zu besuchen.
Den BF ist es aufgrund der dargelegten Umstände daher möglich, sich in Afghanistan eine Existenz aufzubauen und diese zu sichern. Wie oben ausgeführt, gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte, dass die BF in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt sind.
Das Vorliegen akuter und schwerwiegender Erkrankungen, welche im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat allenfalls zu einer Überschreitung der hohen Eingriffsschwelle des Art. 3 EMRK führen könnten, ist bei keinem der BF gegeben.
Es ist den BF somit nicht gelungen, den mit Blick auf die Rechtsprechung des VwGH erforderlichen Nachweis hinsichtlich des Vorliegens von in der Person gelegenen, exzeptionellen Umstände im Hinblick auf eine drohende Verletzung von Art. 3 EMRK durch ihre Rückführung in den Herkunftsstaat zu erbringen (vgl. dazu VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016).
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide war daher vor diesem Hintergrund gem. § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
Zu den Spruchpunkten III., IV. und V. der angefochtenen Bescheide
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
Vorerst wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 nicht vorliegen, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG wurde.
Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist.
§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl.I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."
Zu einer möglichen Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK wurde im vorliegenden Fall erwogen:
Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Bei dieser Interessenabwägung sind zu berücksichtigen die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die näheren Umstände der Zumutbarkeit der Übersiedlung des Partners in das Heimatland des Beschwerdeführers sowie die Frage, inwieweit die Dauer des Asylverfahrens dem Beschwerdeführer anzulasten ist (EGMR 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, RN 39; 24.11.2009, 1820/08, Omojudi, RN 41;
VfGH 07.10.2010, B 950/10; 01.07.2009, U 992/08 und U 1104/08;
29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 bis 0219).
Außer den betroffenen BF selbst, leben in Österreich keine Verwandten oder sonstige nahe Angehörige. Die Ausweisung der Familie bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht der BF auf Schutz des Familienlebens.
Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu. Bei der Beurteilung der Frage, ob die BF in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügen, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist.
Der VwGH geht bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer aus (vgl. Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf VwGH 8.3.2005, 2004/18/0354; 27.3.2007, 2005/21/0378), und stellt im Erkenntnis vom 26.6.2007, 2007/10/0479, fest, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte".
Im vorliegenden Fall hat die mit den angefochtenen Bescheiden getroffenen Entscheidungen die Aufenthaltsbeendigung der BF zur Folge.
Daher stellt die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff in den Schutzbereich des Privatlebens im Sinn des Art. 8 Abs. 1 EMRK dar.
Die BF reisten 2015 vom Iran illegal nach Österreich und halten sich seither nur aufgrund eines vorläufigen Aufenthaltsrechts als Asylwerber im österreichischen Bundesgebiet auf.
Die BF sprechen kaum Deutsch (maximal A1-Niveau), die BF2 hat die A1-Sprachprüfung abgelegt. Abgesehen zu Betreuern und ehrenamtlichen Helfern, besteht kein näherer Kontakt zu Österreichern. Sie wohnen mit anderen, zumeist afghanischen, Flüchtlingsfamilien in einer Flüchtlingsunterkunft. Zweimal wöchentlich gibt es einen Deutschkurs, den die volljährigen BF besuchen. Die BF beteiligen sich an Gartenarbeiten, der BF1 ist in einer Gemeinde geringfügig beschäftigt und die BF2 macht Näharbeiten. Zusätzlich kümmert sie sich um den Haushalt und den vierjährigen BF3. Der BF3 geht seit September 2017 in den Kindergarten. Er spricht Dari sowie etwas Deutsch. Im Wesentlichen leben die BF von der Grundversorgung und sind grundsätzlich nicht erwerbstätig.
Eine sprachliche oder berufliche Integration der BF in die österreichische Gesellschaft liegt nicht vor. Es ist auch nicht mit einer baldigen Selbsterhaltungsfähigkeit der BF zu rechnen.
Die BF sind unbescholten.
Nach der oben angeführten Rechtsprechung des VwGH kann bei einer Aufenthaltsdauer von weniger als drei Jahren, trotz Integrationswilligkeit, von einem schützenswerten Privatleben der BF in Österreich nicht ausgegangen werden.
Auch wenn sich die BF nunmehr seit Ende 2015 durchgehend in Österreich aufhalten und integrationswillig sind, ist das Bundesverwaltungsgericht der Ansicht, dass die illegale Einwanderung nach Europa letztendlich aus wirtschaftlichen Gründen unter missbräuchlicher Ausnützung des Asylrechts aus spezial- und generalpräventiven Gründen nicht geduldet werden darf.
Die BF sind gezielt nach Europa gereist, obwohl sie in ihrem Heimatstaat weder bedroht wurden noch an materieller Not gelitten haben. Ihre Reise in der Höhe von rund 7.500 € finanzierten sie sich selbst.
Zudem haben die BF mehrmals die einschlägigen unionsrechtlichen und österreichischen Rechtsvorschriften missachtet, in dem sie durch zahlreiche sichere Drittstaaten gereist sind und sich als Zielland Österreich ausgesucht haben (vgl. oben S 42).
Doch in Österreich stellen den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige die Verfahren nach dem Niederlassungs- und dar. Nach der maßgeblichen Rechtsprechung kann ein allein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu verhaltenden Drittstaatsangehörigen führen (EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi; VfGH 12.06.2010, U 613/10).
Insgesamt gesehen kann es den BF somit jedenfalls zugemutet werden, den Wunsch nach Einwanderung im Einklang mit den einschlägigen unionsrechtlichen und österreichischen Rechtsvorschriften zu verwirklichen.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG überwiegt somit das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet und daher liegt durch die angeordnete Rückkehrentscheidung keine Verletzung des Art 8 EMRK vor. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen liegen ebenfalls nicht vor.
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).
Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Die Zulässigkeit der Abschiebung der BF in ihren Herkunftsstaat ist gegeben, da den die Abweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz zugrunde liegenden Feststellungen zufolge keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.
Zu Spruchpunkt IV. der angefochtenen Bescheide
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom BFA vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Da derartige besondere Umstände von den Beschwerdeführern nicht behauptet wurden und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.
Da somit alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, war die Beschwerde der angefochtenen Bescheide abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der eine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, dies insbesondere deshalb, weil es hier sowohl bei der Prüfung der Frage, ob eine Rückkehr in den Heimatstaat für die BF zumutbar ist, als auch bei der Frage, ob es ein im Hinblick auf Art. 8 EMRK besonders schützenswertes Privat- und Familienleben gibt, um Einzelfallbeurteilungen handelt, deren Bedeutung nicht über den konkreten Fall hinausgeht.
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