VfGH G265/2022

VfGHG265/20225.10.2023

Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot durch die Ausgliederung von staatlichen Verwaltungstätigkeiten an die COFAG, die Organisation der COFAG sowie die spezifische Art und Weise der Aufgabenerfüllung durch die COFAG; privatwirtschaftliche Tätigkeit der COFAG ist auf Grund des organisatorischen und funktionellen Naheverhältnisses zum Bund sowie der Befugnis, (hohe) finanzielle Mittel an einen weiten Kreis begünstigter Unternehmen zu gewähren, als staatliche Verwaltung iSd Art20 Abs1 B VG zu qualifizieren; Unternehmensgegenstand der COFAG vollständig durch den Gesetz- und Verordnungsgeber determiniert; Unsachlichkeit der Ausgliederung der — nicht an Weisungen, sondern an zivilrechtliche "Aufträge" des Bundesministers für Finanzen gebundenen — COFAG mangels wesentlicher selbständig zu entscheidender Aufgaben sowie wegen Zuständigkeit der Finanzverwaltung zur Überprüfung der Voraussetzungen als Gutachter und nicht als Abgabenbehörde; hinreichend direkte Leitungs- und Aufsichtsbefugnisse des Bundesministers für Finanzen gegenüber der COFAG trotz Ausübung über eine — im Eigentum des Bundes stehende — zwischengeschaltete Gesellschaft mit beschränkter Haftung; Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz durch den kategorischen Ausschluss eines Rechtsanspruches auf Gewährung von finanziellen Maßnahmen

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art17
B-VG Art18
B-VG Art20 Abs1
B-VG Art52
B-VG Art77
B-VG Art101
B-VG Art116 Abs2
B-VG Art139 Abs1 Z4
B-VG Art140 Abs1 Z1 litb
EMRK 1. ZP Art1
StGG Art2
StGG Art5
ABBAG-Gesetz §1, §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs2a, §3, §3a, §3b Abs2, §6, §6a, §6b
COVID-19-MaßnahmenG
COVID-19-FörderungsprüfungsG §1, §2, §7, §8
GmbHG §20
VfGG §7 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2023:G265.2022

 

Spruch:

I. §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs2a, §3b Abs2 und §6a des Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG‑Gesetz), BGBl I Nr 51/2014, idF BGBl I Nr 228/2021, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Oktober 2024 in Kraft.

III. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

IV. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Anlassverfahren, Prüfungsbeschluss und Vorverfahren

1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl V139/2022 ua, G108/2022 ua ein auf Art139 Abs1 Z4 und Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützter (Partei‑)Antrag anhängig, dem folgender Sachverhalt zugrunde liegt:

Die antragstellende Partei ist eine juristische Person, die mittelbar im alleinigen Eigentum der Stadt Wien steht. Mit Klage vom 30. Juni 2021 begehrte die antrag-stellende Partei die Gewährung eines Fixkostenzuschusses in näher bezeichneter Höhe von der COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH. Mit Urteil vom 17. Februar 2022 wies das Handelsgericht Wien das Klagebegehren ab. Begründend führte das Handelsgericht Wien zusammengefasst aus, gemäß Punkt 3.2.2 des Anhanges zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung von Fixkosten durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG), BGBl II 225/2020, seien Einrichtungen, die im alleinigen Eigentum von Gebietskörperschaften und sonstigen Einrichtungen öffentlichen Rechtes stünden, von der Gewährung von Fixkostenzuschüssen ausgenommen.

2. Bei der Behandlung des Parteiantrages, der aus Anlass des gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien erhobenen Rechtsmittels gestellt wurde, sind im Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs2a, §3b Abs2 und §6a des Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG‑Gesetz), BGBl I 51/2014, idF BGBl I 228/2021 entstanden. Der Verfassungsgerichtshof hat daher am 29. September 2022 beschlossen, diese Gesetzesbestimmungen von Amts wegen auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfen.

3. Der Verfassungsgerichtshof legt die Bedenken, die ihn zur Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens bestimmt haben, in seinem Prüfungsbeschluss wie folgt dar:

"3. Der Verfassungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis VfSlg 20.397/2020 aus, dass er die Frage dahin stehen lassen könne, ob der Gesetzgeber von Verfassungs wegen verpflichtet war, für Betretungsverbote, die der Bundesminister für Gesundheit, Soziales, Pflege und Konsumentenschutz auf Grundlage des CO-VID‑19-Maßnahmengesetzes mit der COVID‑19-Maßnahmenverordnung (idF BGBl I 96/2020) erließ, eine Entschädigung vorzusehen. Der Verfassungsgerichtshof begründete dies damit, dass der Gesetzgeber das Betretungsverbot nicht als isolierte Maßnahme erlassen, sondern dieses in ein umfangreiches Maßnahmen- und Rettungspaket eingebettet hat, das funktionell darauf abzielt, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Betretungsverbotes auf die davon betroffenen Unternehmen bzw allgemein die Folgen der COVID‑19-Pandemie abzufedern. Damit liege eine im Wesentlichen vergleichbare Zielrichtung wie hinsichtlich der Einräumung von Ansprüchen auf Vergütung des Verdienstentganges nach §32 Epidemiegesetz 1950 vor.

Weiterhin war nach dem genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass die vom Gesetzgeber im Rahmen des umfassenden Maßnahmen- und Rettungspaketes vorgesehenen Leistungen zwar (teilweise) privatrechtsförmig erbracht werden; aus der Fiskalgeltung der Grundrechte folgt aber – so der Verfassungsgerichtshof in dem zitierten Erkenntnis weiter – ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch der Betroffenen, dass ihnen solche (Ausgleichs‑)Leistungen in gleichheitskonformer Weise und nach sachlichen Kriterien ebenso wie anderen Leistungswerbern gewährt werden.

4. Die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (in weiterer Folge: 'COFAG') wurde über Auftrag des Bundesministers für Finanzen gemäß §2 Abs2a ABBAG‑Gesetz von der ABBAG – Abbaumanagementgesellschaft des Bundes gegründet; der COFAG wurde die Erbringung der Dienstleistungen und finanziellen Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG‑Gesetz übertragen (§6a Abs2 ABBAG‑Gesetz). Der Bund stattet die COFAG zufolge der genannten Bestimmung so aus, dass diese in der Lage ist, kapital- und liquiditätsstützende Maßnahmen, die ihr gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG‑Gesetz übertragen worden sind, bis zu einem Höchstbetrag von 19 Milliarden Euro zu erbringen und ihre finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen.

Bei der COFAG handelt es sich somit um eine Tochtergesellschaft der ABBAG – Abbaumanagementgesellschaft des Bundes, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die zur Gänze im Eigentum des Bundes steht. Die COFAG entscheidet über die (privatrechtsförmige) Gewährung der finanziellen Ausgleichsleistungen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG‑Gesetz im eigenen Namen und ist insofern nicht als Vertreter des Bundes anzusehen. Weder im ABBAG‑Gesetz noch in einem anderen Gesetz (etwa im Bundesgesetz über die Prüfung von Förderungen des Bundes aufgrund der COVID‑19-Pandemie [CFPG]) wird ausdrücklich ein Weisungsrecht des Bundesministers für Finanzen gegenüber der Geschäftsführung der ABBAG und/oder gegenüber der Geschäftsführung der COFAG normiert. Ganz im Gegenteil wird auf Verordnungsebene, und zwar in Punkt 2.4. des Anhanges zur (vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler erlassenen) Fixkosten‑VO bestimmt, dass die Organe der COFAG 'innerhalb dieser Richtlinien' (gemeint: im Rahmen der Vollziehung der Fixkosten‑VO) 'bei den Entscheidungen über Fixkostenzuschüsse weisungsfrei' sind.

Die einzige rechtliche Möglichkeit der Einflussnahme des Bundesministers für Finanzen auf die Geschäftsführung der COFAG scheint somit nach der Gesetzeslage (und wenn man den soeben angeführten Punkt 2.4. des Anhanges zur Fixkosten‑VO außer Acht lässt) im Wege über die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regelungen im GmbH‑Gesetz zu bestehen, und zwar durch Erteilung einer gesellschaftsrechtlichen Weisung als (Allein‑)Eigentümer der ABBAG an die Geschäfts-führung der ABBAG, die derart verpflichtet werden kann, eine entsprechende Wei-sung an die Geschäftsführung der COFAG auszusprechen. Nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes scheint nämlich auch §3 ABBAG‑Gesetz über die Verweisungsregelung des §6a ABBAG‑Gesetz nicht anwendbar zu sein.

5. Nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes dürfte es aus mehreren Gründen verfassungswidrig sein, die Entscheidung über die Gewährung der Ausgleichsleistungen gegenüber den von den behördlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der COVID‑19-Pandemie betroffenen Unternehmen auf die COFAG in der im ABBAG‑Gesetz gewählten Form zu übertragen:

5.1. Der Gesetzgeber selbst scheint die von der COFAG nach den einschlägigen Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen zu gewährenden Ausgleichsleistungen als ein funktionelles Äquivalent zu (behördlich zu entscheidenden) Entschädigungsansprüchen nach dem Epidemiegesetz 1950 anzusehen (in diesem Sinne konnte der Verfassungsgerichtshof es im Erkenntnis VfSlg 20.397/2020 dahin stehen lassen, ob die behördlich angeordneten Betretungsverbote eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Einräumung von Entschädigungsansprüchen auslösen). Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, dass grundsätzlich die Tätigkeit eines privatrechtlich organisierten Rechtsträgers nicht als staatliche Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG zu qualifizieren ist. Im Hinblick auf die besondere Tätigkeit der COFAG, nämlich über die Gewährung der Ausgleichsleistungen und deren tatsächliche Auszahlung zu entscheiden, dürfte es sich nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes – ausnahmsweise – um staatliche Verwaltung (im funktionellen Sinn) handeln.

Würde der Bund die Gewährung der Ausgleichsleistungen durch staatliche Organe im organisatorischen Sinn besorgen lassen, wären diese unter der Leitung und Aufsicht durch das zuständige oberste Organ im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG tätig. Nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes kann diese Rückkoppelung an das oberste Organ in Form einer Weisungsunterworfenheit nicht dadurch umgangen werden, dass die Gewährung der Ausgleichsleistungen an einen ausgegliederten Rechtsträger übertragen wird, weil es sich dabei um – wenngleich privatrechtsförmig zu vollziehende – staatliche Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG zu handeln scheint.

5.2. Der Verfassungsgerichtshof hegt zunächst das vorläufige Bedenken, dass es gegen Art20 Abs1 B‑VG und das Sachlichkeitsgebot verstoßen könnte, in der vorliegenden Konstellation die Aufgabe der Gewährung von Ausgleichsleistungen auf einen ausgegliederten Rechtsträger wie die COFAG zu übertragen:

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zur Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf einen ausgegliederten Rechtsträger mehrfach ausgesprochen, dass es grundsätzlich mit Art20 Abs1 B‑VG vereinbar ist, dass auch private Personen durch Gesetz zur Besorgung öffentlicher Angelegenheiten berufen und dadurch in die öffentliche Verwaltung eingegliedert werden (zB VfSlg 14.473/1996; VfGH 16.12.2021, G390/2020 ua). Dies ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes allerdings nur dann zulässig, wenn bestimmte verfassungsrechtliche Vorgaben eingehalten werden. Dazu gehört unter anderem, dass die Aufgabenübertragung auf ausgegliederte Rechtsträger dem aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebot und dem verfassungsrechtlichen Effizienzgebot (vgl VfSlg 14.473/1996 unter Hinweis auf Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 173 ff.) entspricht, es sich bei den übertragenen Aufgaben an ausgegliederte Rechtsträger nur um 'vereinzelte Aufgaben' und auch nicht um Kernaufgaben des Staates handelt. Ferner wird in der Rechtsprechung verlangt, dass das oberste Verwaltungsorgan angemessene Ingerenzbefugnisse gegenüber dem ausgegliederten Rechtsträger hat (zB VfSlg 14.473/1996; VfGH 16.12.2021, G390/2020 ua).

Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig davon aus, dass einige dieser Kriterien auch auf die Übertragung von privatrechtsförmigen Entscheidungen, welche – wie oben dargelegt – der staatlichen Verwaltung zuzuordnen sein könnten, an einen ausgegliederten Rechtsträger übertragbar sind: Es ist für den Verfassungsgerichts-hof vorderhand nicht erkennbar, dass bzw inwiefern die Übertragung der öffentlichen Angelegenheit der Gewährung von Ausgleichsleistungen an betroffene Unternehmen an die COFAG dem Sachlichkeits- und dem Effizienzgebot entspricht. Es dürfte zweifelhaft sein und wird im Gesetzesprüfungsverfahren näher zu erörtern sein, ob bzw dass die Abwicklung der der COFAG übertragenen Aufgaben zumindest ebenso dem Effizienzgebot (wie dies auch in den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zum Aus-druck kommt) entspricht wie dies bei einer Abwicklung durch Bundesorgane im organisatorischen Sinn der Fall zu sein scheint. Diese vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes dürften sich unter anderem daraus ergeben, dass wesentliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Gewährung bzw Rückforderung der Ausgleichsleistungen der Finanzverwaltung übertragen werden (vgl dazu VfGH 15.12.2021, G233/2021 ua), die durch Bundesorgane im organisatorischen Sinn besorgt wird.

5.3. Darüber hinaus dürfte es gegen Art20 Abs1 B‑VG verstoßen, dass die COFAG zur Entscheidung über die Gewährung privatrechtsförmiger Förderungen berufen ist, ohne dabei einer den Anforderungen der Verfassung genügenden Leitungs- und Aufsichtsbefugnis des Bundesministers für Finanzen zu unterliegen.

Wie bereits dargestellt, scheint die einzige Möglichkeit des Bundesministers für Finanzen, auf die Geschäftsführung der COFAG 'durchzugreifen', darin zu bestehen, der Geschäftsführung der ABBAG eine Weisung zu erteilen, die derart verpflichtet wird, der Geschäftsführung der COFAG eine entsprechende Weisung zu erteilen. Der Verfassungsgerichtshof geht vorläufig – unter Zugrundelegung der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes, dass es sich bei den von der COFAG wahrzunehmenden Aufgaben um solche der staatlichen Verwaltung im funktionellen Sinn handeln dürfte – davon aus, dass der Gesetzgeber gemäß Art20 Abs1 B‑VG dazu verpflichtet ist, ausdrücklich die Befugnis des Bundesministers für Finanzen zur direkten Leitung und Aufsicht gegenüber der COFAG zu verankern (vgl VfGH 16.12.2021, G390/2020 ua zum Erfordernis der gesetzlichen Verankerung der Weisungsbefugnis gegenüber beliehenen Rechtsträgern).

Durch die Übertragung an einen vom Bund verschiedenen Rechtsträger scheinen der Nationalrat und der Bundesrat zudem nicht die Möglichkeit zu haben, einen wesentlichen Teil des Vollzuges von Mitteln des Bundeshaushaltes, über den die COFAG verfügt, direkt und unmittelbar zu überprüfen wie dies der Fall wäre, wenn die Geschäftsführung unter der direkten Leitung durch die Bundesregierung oder deren Mitglieder besorgt würde (vgl insbesondere Art52 B‑VG). Daran dürfte auch §3b Abs4 ABBAG‑Gesetz nichts ändern, wonach der Bundesminister für Finanzen dem Budgetausschuss 'monatlich einen detailliert dargestellten Bericht, in dem sämtliche Maßnahmen zugunsten von Unternehmen gem. §3b Abs1, die zu Erhaltung der Zahlungsfähigkeit, Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 (COVID‑19) geboten sind, die nach diesem Bundesgesetz ergriffen wurden, vorzulegen' hat.

Im Gesetzesprüfungsverfahren wird auch zu klären sein, ob die im Erkenntnis VfSlg 14.473/1996 (vgl auch VfSlg 15.946/2000) geäußerte Auffassung, dass sich (auch) aus dem GmbH‑Gesetz der im Hinblick auf Art20 Abs1 B‑VG geforderte Verantwortungszusammenhang ergibt, auf das 'indirekte', über die ABBAG ausübbare gesellschaftsrechtlich verankerte Weisungsrecht des Bundesministers für Finanzen übertragen werden kann. Dabei wird auch die Regelung in Punkt 2.4. des Anhanges zur Fixkosten‑VO zu berücksichtigen sein, wonach 'die Organe der COFAG bei den Entscheidungen über Fixkostenzuschüsse weisungsfrei' sind.

Zur Klarstellung ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass es dem Verfassungsgerichtshof aus prozessualen Gründen verwehrt ist, (auch) Punkt 2.4. des Anhanges zur Fixkosten‑VO in Prüfung zu ziehen. Sollten sich allerdings die Bedenken des Verfassungsgerichtshofes ob der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen im Gesetzesprüfungsverfahren als zutreffend erweisen, hätte dies auch die Gesetzwidrigkeit der bezeichneten Bestimmung des Anhanges zur Fixkosten‑VO zur Folge.

Im Gesetzesprüfungsverfahren wird auch zu erörtern sein, ob eine (allfällige) teilweise Weisungsfreistellung der COFAG im Hinblick auf einen der Tatbestände in Art20 Abs2 B‑VG zulässig sein könnte.

5.4. Letztlich dürfte auch die Regelung des §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz gegen das Grundrecht auf Eigentum gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK, das Rechtsstaatsprinzip sowie auch gegen das aus dem Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG und Art7 B‑VG erfließende Sachlichkeitsgebot verstoßen:

Bei den einschlägigen Regelungen des ABBAG‑Gesetzes und den auf dieser Grundlage erlassenen Verordnungen, so auch bei der Fixkosten‑VO, dürfte es sich nicht um sogenannte Selbstbindungs- bzw Statutarnormen handeln. Selbstbindungs- und Statutarnormen werden dadurch charakterisiert, dass der Gesetzgeber die obersten Organe (im internen Verhältnis) bindet, ohne Rechtsunterworfene in ihrer Rechtssphäre zu berühren oder diesen (irgend‑)einen Rechtsanspruch einzuräumen. Da sich die Regelungen des ABBAG‑Gesetzes sowie die einschlägigen, durch den Bundesminister für Finanzen (im Einvernehmen mit dem Vizekanzler) erlassenen Verordnungen nicht an den bzw die Bundesminister, sondern vielmehr zunächst an die COFAG als jene Einrichtung, welche den zu begünstigenden Unternehmen die Ausgleichsleistungen zu gewähren hat, richten dürften, scheint nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes die Qualifikation der genannten Rechtsvorschriften als Selbstbindungs- bzw Statutarnormen nicht in Betracht zu kommen.

Dass es sich bei den einschlägigen Verordnungs- und Gesetzesbestimmungen betreffend die Gewährung von Ausgleichsleistungen an Unternehmen nicht um sogenannte Selbstbindungs- oder Statutarnormen oder Gesetze im nur formellen Sinn handeln dürfte, scheint sich darüber hinaus bereits aus dem Erkenntnis VfSlg 20.397/2020 zu ergeben. In diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichts-hof – wie bereits oben ausgeführt – ausgesprochen, dass Adressat der Förderregelungen der gesamte Kreis der in Frage kommenden Leistungswerber ist und diese Ausgleichsleistungen vom Gesetzgeber offenkundig als funktionelles Äquivalent für (hoheitlich zu gewährende) Entschädigungen anzusehen sind.

Da es sich somit bei den Regelungen des ABBAG‑Gesetzes und der Fixkosten‑VO nicht um Selbstbindungs- oder Statutarnormen oder um Gesetze bzw Normen im nur formellen Sinn handeln dürfte, scheinen diese in jeder Hinsicht an sämtlichen in Frage kommenden verfassungsrechtlichen Vorgaben (insbesondere den Grundrechten und dem Legalitätsgrundsatz gemäß Art18 B‑VG) zu messen zu sein.

Vor diesem Hintergrund dürfte sich die Regelung des §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz, wonach 'auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen […] kein Rechtsanspruch' besteht, – ungeachtet der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH 23.12.2014, 1 Ob 218/14m; 23.5.2018, 3 Ob 83/18d) und des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 20.397/2020) – als bedenklich erweisen. Begreift man nämlich – entsprechend dem Erkenntnis VfSlg 20.397/2020 (vgl auch VfGH 15.12.2021, G233/2021 ua) und der offenkundigen Absicht des Gesetzgebers – die Ausgleichsleistungen an die Unternehmen, die von den im Zusammenhang mit der COVID‑19-Pandemie gesetzten behördlichen Maßnahmen betroffen sind, als funktionelles Äquivalent zu Entschädigungen (und nicht als bloß innenwirksame Bestimmungen im Sinne von Normen im nur formellen Sinn), dürfte es gegen das Grundrecht auf Eigentum gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK, gegen das Rechtsstaatsprinzip und auch das aus dem Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG und Art7 B‑VG erfließende Sachlichkeitsgebot verstoßen, den betroffenen Unternehmen keinen Rechtsanspruch auf die gesetzlich und verordnungsförmig vorgesehenen Ausgleichsleistungen einzuräumen.

Es dürfte dabei nicht genügen, die betroffenen Unternehmen auf die zitierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes zur sogenannten Fiskalgeltung der Grundrechte zu verweisen, wonach in der Privatwirtschaftsverwaltung oder privatrechtsförmig zu gewährende Leistungen an die Betroffenen ausschließlich am Kriterium der Diskriminierungsfreiheit zu messen sind. In der vorliegenden Konstellation, in der es um die Gewährung von Ausgleichsleistungen an von behördlichen Beschränkungen im Zusammenhang mit der COVID‑19-Pandemie betroffene Unternehmen geht, (mit anderen Worten) die Ausgleichsleistungen ein funktionelles Äquivalent für einen durchsetzbaren Anspruch auf gesetzlich festzulegende Entschädigungsleistungen darstellen, scheint es nicht bloß darum zu gehen, die Ausgleichsleistungen diskriminierungsfrei an die betroffenen Unternehmen zu gewähren, sondern es dürfte darüber hinaus etwa zu prüfen sein, ob die zu gewährenden Ausgleichsleistungen dem Sachlichkeitsgebot entsprechen."

4. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung. Dabei stellt die Bundesregierung zunächst zur Erwägung, das Prüfungsverfahren hinsichtlich §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz einzustellen; in der Sache tritt die Bundesregierung sämtlichen im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken des Verfassungsgerichtshofes wie folgt entgegen:

"I. Zur Rechtslage:

 

1. Aus Anlass einer Berufung gegen ein Urteil des Handelsgerichts Wien betreffend die Gewährung eines Fixkostenzuschusses wurde gemäß Art139 Abs1 Z4 und Art140 Abs1 Z4 B‑VG ein Antrag auf Normprüfung erhoben. Aus Anlass dieses Antrages sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit von §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs2a, §3b Abs2 und §6a des Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG‑Gesetz), BGBl I Nr 51/2014, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl I Nr 228/2021, entstanden. Mit Beschluss vom 29. September 2022, V139/2022, G108/2022, hat der Verfassungsgerichtshof daher beschlossen, die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen von Amts wegen zu prüfen.

 

[…]

 

In den Materialien zu den genannten Bestimmungen (bzw Vorgängerbestimmungen) heißt es hierzu auszugsweise (vgl dazu IA 396/A XXVII. GP . 8 ff.):

 

Zu Artikel 4 (Änderung des ABBAG‑Gesetzes):

 

Die Verbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und dessen Bekämpfung kann aufgrund der damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen zu unverschuldeten Liquiditätsschwierigkeiten und Zahlungsunfähigkeit österreichischer Unternehmen führen. Ohne die Gewährung finanzieller Unterstützung, mit der die Zahlungsfähigkeit erhalten und Liquiditätsschwierigkeiten überbrückt werden können, würde eine Insolvenzantragspflicht von Unternehmen wegen Zahlungsunfähigkeit, mit entsprechenden negativen Auswirkungen auf die österreichische Volkswirtschaft, drohen. Es ist zu erwarten, dass eine Vielzahl an österreichischen Unternehmen von den wirtschaftlichen Folgen negativ beeinträchtigt sein wird.

 

Vor diesem Hintergrund sieht das vorliegende Bundesgesetz unter bestimmten Voraussetzungen im Interesse der gesamthaften österreichischen Volkswirtschaft die Möglichkeit von finanziellen Unterstützungen durch die ABBAG – Abbaumanagementgesellschaft des Bundes (ABBAG) oder einer von ihr gegründeten Tochtergesellschaft zugunsten von österreichischen Unternehmen vor, die vorübergehend in Liquiditätsprobleme geraten sind und im Zusammenhang mit der Verbreitung des Erregers SARS-CoV2 einer finanziellen Unterstützung bedürfen. Die ABBAG soll vom Bund finanziell so ausgestattet werden, dass sie entsprechende finanzielle Maßnahmen ergreifen kann. Die konkrete Ausgestaltung der von der ABBAG zu gewährenden finanziellen Maßnahmen ist nach den Vorgaben dieses Gesetzes durch Richtlinien des Bundesministers für Finanzen näher zu regeln. Es besteht kein Rechtsanspruch und kein subjektives Recht auf Ergreifung finanzieller Maßnahmen durch die ABBAG.

 

Dieses Bundesgesetz ist durch das öffentliche Interesse an der Erhaltung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichtes (Art13 Abs2 B‑VG) und dem Erhalt österreichischer Unternehmen begründet. Insbesondere mittelständische bis große Unternehmen, die zu den regionalen und nationalen Stützen der Beschäftigung zählen, aber auch KMU, sollen so über eine ausreichende Finanzkraft verfügen, um eine tief greifende wirtschaftliche Krise überbrücken zu können und so weiterhin als Wachstumsmotoren für die heimische Wirtschaft erhalten zu bleiben.

 

Zu §2 Abs1 Z3 und Abs2 Z7:

 

Zur Vermeidung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben Österreichs, zur Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts sowie zum Zwecke des Schutzes de[r] österreichischen Volkswirtschaft in Folge der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 wird der Unternehmensgegenstand der ABBAG ergänzt. Die ABBAG kann sämtliche Dienstleistungen erbringen und finanzielle Maßnahmen jeder Art zugunsten der in §3b Abs1 definierten betroffenen Unternehmen ergreifen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und der Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und der Bekämpfung der Ausbreitung geboten sind. Dies umfasst insbesondere auch die Gewährung von Überbrückungskrediten und Betriebsmittelfinanzierungen zur Deckung der laufenden unvermeidbaren Kosten während der Dauer der eingeschränkten Geschäftstätigkeit. Eine Konkretisierung erfolgt im Rahmen der vom Bundesminister für Finanzen zu erlassenden Richtlinien (§3b Abs3).

 

Die Verbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und die Bekämpfung dessen Verbreitung können substanzielle Auswirkungen auf die Liquidität von Unternehmen haben und letztlich auch eine Insolvenzantragspflicht auslösen. Um dies zu vermeiden soll es der ABBAG möglich sein, zugunsten bestimmter Unternehmen (§3b Abs1) entsprechende Dienstleistungen zu erbringen und finanzielle Maßnahmen zu ergreifen. Da solche Liquiditätsschwierigkeiten in Folge der SARS‑CoV‑2 Pandemie auf höhere Gewalt zurückzuführen sind, ist eine entsprechende finanzielle Unterstützung geboten.

 

Die Wortfolge 'zu Gunsten von Unternehmen' ist so auszulegen, dass die formelle Abwicklung auch über eine Konzerngesellschaft mit Sitz im Ausland erfolgen kann, sofern die Dienstleistung bzw die finanzielle Maßnahme der inländischen Konzerntochter wirtschaftlich zugutekommt.

 

Die verbindliche Zusage der Erbringung einer Dienstleistung und die Ergreifung einer finanziellen Maßnahme durch die ABBAG zugunsten eines Unternehmens kann von diesem auch im Rahmen einer allenfalls zu erstellenden Fortbestehensprognose zur Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung (§67 IO) entsprechend berücksichtigt werden.

 

Vergleichbare Maßnahmen wurden im Rahmen der internationalen Finanzkrise auf Basis des Bundesgesetzes zur Stärkung der Liquidität von Unternehmen (Unternehmensliquiditätsstärkungsgesetz – ULSG), BGBl I Nr 78/2009, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 100/2009 gesetzt. Klarstellend wird festgehalten, dass §2 Abs6 auch für die Erbringung von Dienstleistungen und Ergreifung von finanziellen Maßnahmen gemäß §2 Abs1 Z3 bzw §2 Abs2 Z7 anwendbar ist.

 

Zu §2a und §6a:

 

Im Auftrag des Bundesministers für Finanzen können die von der ABBAG nach diesem Gesetz zu erfüllenden Aufgaben, Dienstleistungen und Maßnahmen auch zur Gänze einer Tochtergesellschaft der ABBAG übertragen werden. In diesem Fall gelten sämtliche Bestimmungen dieses Gesetzes, insbesondere §2 Abs6, auch für diese Tochtergesellschaft. Klarstellend ist festzuhalten, dass §2 Abs6 hinsichtlich der ABBAG und der Tochtergesellschaften für sämtliche von diesen erbrachten Dienstleistungen und Maßnahmen nach diesem Gesetz gilt.

 

(...)

 

Zu §3b:

 

In Abs1 wird der Kreis der anspruchsberechtigten Unternehmen für Maßnahmen und Dienstleistungen gemäß §2 Abs1 Z3 bzw §2 Abs2 Z7 definiert. Es gilt der Unternehmensbegriff nach §§1, 2 UGB. Zielgruppe sind sämtliche heimischen Unternehmen, unabhängig von Rechtsform und Unternehmensgröße. Die genannten Voraussetzungen müssen nachweislich kumulativ erfüllt sein und auch während der Dauer der von der ABBAG erbrachten Dienstleistungen bzw ergriffenen Maßnahmen erfüllt sein. Der Begünstigtenkreis orientiert sich an der vergleichbaren Regelung in §2 Abs1 Z1 und 2 ULSG. Eine Einschränkung wie in §2 Abs1 Z3 bis 6 ULSG ist nicht vorgesehen, da die ABBAG Dienstleistungen bzw Maßnahmen nach §2 Abs1 Z3 bzw §2 Abs2 Z7 zugunsten sämtlicher Unternehmen mit Sitz oder Betriebsstätte in Österreich, die ihre wesentliche operative Tätigkeit in Österreich ausüben, erbringen bzw ergreifen darf.

 

In Abs2 wird klargestellt, dass kein Unternehmen noch sonstige Dritte einen Rechtsanspruch auf Erbringung einer Dienstleistung oder einer finanziellen Maßnahme durch die ABBAG nach §2 Abs1 bzw §2 Abs2 Z7 haben. Es werden keine subjektiven Rechte begründet.

 

Abs3 enthält eine demonstrative Aufzählung jener Regelungsinhalte, die der Bundesminister für Finanzen in Richtlinien für Dienstleistungen und finanzielle Maßnahmen durch die ABBAG nach §2 Abs1 bzw §2 Abs2 Z7 zu erlassen hat. In solchen Richtlinien kann insbesondere eine Konkretisierung (auch Einschränkung) der begünstigten Unternehmen und der Konditionen solcher Dienstleistungen bzw Maßnahmen erfolgen. Dabei sind die Vorgaben des EU‑Beihilferechts zu beachten.'

 

II. Zur Zulässigkeit:

 

[…]

 

Der Verfassungsgerichtshof erhebt in seinem Prüfungsbeschluss vorläufige Bedenken gegen §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz, wonach 'auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen [...] kein Rechtsanspruch' besteht (vgl dazu näher Rz 32 des Prüfungsbeschlusses): So soll das Fehlen eines Rechtsanspruchs ua gegen das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums gemäß Art5 StGG und Art1 [1.] ZPEMRK verstoßen.

 

Nach dem Verständnis der Bundesregierung setzt eine Verpflichtung der Gesetzgebung, einen Anspruch auf Entschädigung vorzusehen, um einen Eingriff in das Eigentum verhältnismäßig auszugestalten, eine Ermächtigung zu einem Eigentumseingriff voraus. Mit anderen Worten, würde man im gegenständlichen Verfahren zum Ergebnis kommen, dass eine Entschädigungspflicht besteht, würde ihr Fehlen allenfalls auch schon behördlichen Beschränkungen (wie sie etwa durch das COVID‑19-Maßnahmengesetz iVm der COVID‑19-Maßnahmenverordnung, BGBl II Nr 96/2020, vorgesehen waren) als solche verfassungswidrig erscheinen lassen (vgl hierzu bereits das Erkenntnis VfSlg 20.397/2020, worin es ua heißt: '[D]er Gesetzgeber [hat] das Betretungsverbot gemäß §1 COVID‑19-Maßnahmenverordnung‑96 nicht bloß als isolierte Maßnahme erlassen, sondern dieses in ein umfangreiches Maßnahmenpaket eingebettet'). Darüber hinaus ist auch nicht ersichtlich, wie etwa im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes gegen das Grundrecht auf Eigentum eine Verhältnismäßigkeitsprüfung ohne Berücksichtigung des eigentlichen Eingriffs vorgenommen werden kann.

 

Da sich der Regelungsgehalt, der als verfassungswidrig bekämpft wird, insoweit erst aus mehreren Bestimmungen gemeinsam ergeben dürfte ('untrennbarer Sachzusammenhang'; vgl hierzu etwa VfSlg 16.756/2002), stellt die Bundesregierung zur Erwägung, das Verfahren hinsichtlich jener Bedenken, die ohne Berücksichtigung von anderen Regelungen wie etwa des COVID‑19-Maßnahmengesetzes iVm der COVID‑19-Maßnahmenverordnung, BGBl II Nr 96/2020, alleine gegen §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz vorgebracht wurden (vgl dazu Rz 28 ff. des Prüfungsbeschlusses), einzustellen (vgl in diesem Sinne insbesondere auch die Nachweise zur sog 'Junktim-Theorie' bei Korinek, in Korinek/Holoubek/Bezemek/Fuchs/Martin/Zellenberg (Hrsg), Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 5. Lfg. 2002, Art5 StGG, Rz 42).

 

Dessen ungeachtet sind der Bundesregierung keine Anhaltspunkte erkennbar, die gegen die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags und der Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Bestimmungen sprächen.

 

III. In der Sache:

 

[…]

 

Der Verfassungsgerichtshof hegt im Wesentlichen drei Bedenken gegen die im ABBAG‑Gesetz vorgesehene Rechtslage:

 

• Erstens verletze die Aufgabenübertragung auf die COFAG das Sachlichkeits- und das Effizienzgebot;

• zweitens erweise sich die Leitungs- und Aufsichtsbefugnis des Bundesministers für Finanzen gegenüber der COFAG vor dem Hintergrund des Art20 Abs1 B‑VG als ungenügend (fehlende/mangelhafte Ingerenz);

• drittens führe das Fehlen eines Rechtsanspruchs auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen zu einer Verletzung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums, des Rechtsstaatsprinzips sowie des Sachlichkeitsgebots.

 

1. Zur Aufgabenübertragung auf die COFAG:

 

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs sei es 'vorderhand nicht erkennbar, dass bzw inwiefern die Übertragung der öffentlichen Angelegenheit der Gewährung von Ausgleichsleistungen an betroffene Unternehmen an die COFAG dem Sachlichkeits- und dem Effizienzgebot' entspräche. Insbesondere dürfte es zweifelhaft sein, 'ob bzw dass die Abwicklung der der COFAG übertragenen Aufgaben zumindest ebenso dem Effizienzgebot (wie dies auch in den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zum Ausdruck kommt) entspricht wie dies bei einer Abwicklung durch Bundesorgane im organisatorischen Sinn der Fall zu sein scheint. Diese vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes dürften sich unter anderem daraus ergeben, dass wesentliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Gewährung bzw Rückforderung der Ausgleichsleistungen der Finanzverwaltung übertragen werden [...], die durch Bundesorgane im organisatorischen Sinn besorgt wird' (vgl Rz 21 des Prüfungsbeschlusses).

 

Nach Ansicht der Bundesregierung sind diese Bedenken im Ergebnis nicht begründet:

 

1.1. Allgemeines zum Sachlichkeits- und Effizienzgebot

 

In seiner Leitentscheidung VfSlg 14.473/1996 stellte der Verfassungsgerichtshof erstmals klar, dass eine Beleihung ausgegliederter Rechtsträger '[w]ie jeder Akt der Gesetzgebung [...] den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben, wie dem aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebot [...] oder dem verfassungsrechtlichen Effizienzgebot [...] entsprechen [muss]'. Soweit ersichtlich hat der Verfassungsgerichtshof diese beiden Vorgaben – Einhaltung des Sachlichkeits- und Effizienzgebots – bis dato in Zusammenhang mit sog Beleihungen betont (und noch im keinem derartigen Fall eine Verletzung erkannt). Ob bzw in welcher Ausprägung diese Vorgaben auch bei ausgegliederten Rechtsträgern ohne hoheitliche Befugnisse zum Tragen kommen, könnte fraglich sein.

 

So wird etwa in VfSlg 14.075/1995 zur Verfassungsmäßigkeit einer Ausgliederung der ÖBB nicht auf etwaige Ausgliederungsschranken (wie Sachlichkeits- und Effizienzgebot) eingegangen, sondern vielmehr ausgeführt (Hervorhebung nicht im Original): 'Es steht außer Zweifel, daß der 'Ausgliederung' der Österreichischen Bundesbahnen aus der Wirtschaftsverwaltung des Bundes in der Weise, daß die Besorgung der den Österreichischen Bundesbahnen übertragenen Aufgabe einer Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit übertragen wird, keinerlei verfassungsrechtliche Hindernisse entgegenstehen.'

 

Soweit das Sachlichkeitsgebot im vorliegenden Fall aus dem Gleichheitssatz gemäß Art7 B‑VG abgeleitet wird (vgl die Zitierung in Rz 20 des Prüfungsbeschlusses), scheint fraglich, ob die bloße Übertragung der Aufgaben auf die COFAG zu einer Ungleichbehandlung der Staatsbürger (hier: Fördernehmer) führen kann (vgl zur Frage, ob Vorschriften des Staatsorganisationsrechtes überhaupt am Maßstab des Gleichheitssatzes und des aus ihm abgeleiteten Sachlichkeitsgebotes zu messen wären, Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz [2008] 275 ff.; auch Korinek/Holoubek Privatwirtschaftsverwaltung – der gebändigte Leviathan? in FS Aicher 323, sprechen sich dagegen aus, das Sachlichkeitsgebot des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes zu einer Determinante des Staatsorganisationsrechts zu machen). Im Prüfungsbeschluss wird zudem nicht ausdrücklich angegeben, aus welcher Bestimmung der Bundesverfassung ein Effizienzgebot im vorliegenden Fall abgeleitet wird.

 

Selbst wenn das Sachlichkeits- und das Effizienzgebot auch für Ausgliederungen relevant sein sollten (vgl in diesem Sinne Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 176), wird gerade im Bereich der staatlichen Organisation ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung anzunehmen sein. Eine Verfassungswidrigkeit in Folge eines Verstoßes gegen das Sachlichkeits- und Effizienzgebot wird nur dann vorliegen, 'wenn es gänzlich unvertretbar ist, eine Maßnahme als wirtschaftlich, sparsam und zweckmäßig zu bewerten', mit anderen Worten, wenn die Maßnahme vollkommen ineffizient ist (Korinek/Holoubek, Grundlagen, 177). Die Literatur geht also von einer sog Vertretbarkeitskontrolle des Verfassungsgerichtshofs aus. Demnach ist nur in Extremkonstellationen – etwa in Fällen einer offenkundig ineffizienten Verwaltungsführung – von einer Verfassungswidrigkeit auszugehen (vgl in diesem Sinne etwa Madner, Verfassungsrechtliche und unionsrechtliche Rahmenbedingungen der Verwaltungsreform und Deregulierung, in Lienbacher/Pürgy (Hrsg), Risiken und Chancen der Verwaltungsreform und Deregulierung, 2012, 57 (64)).

 

Der Verfassungsgerichtshof scheint in seiner bisherigen Judikatur von einem ähnlichen Verständnis auszugehen. So stellte er etwa im Erkenntnis G67/2019 ua (Österreichische Gesundheitskasse) klar (Hervorhebung nicht im Original): Es 'liegt [...] prinzipiell im Rahmen des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des einfachen Gesetzgebers, eine ihm als rechtspolitisch zweckmäßig erscheinende Reform vorzunehmen und eine wenn auch bewährte Rechtslage durch eine ihm günstiger erscheinende zu ersetzen, ohne sich hiefür im Einzelnen rechtfertigen zu müssen. In diesem Zusammenhang würden auch unvollständige, in sich widersprüchliche oder nicht nachvollziehbare Gesetzesmaterialien oder solche Angaben in der bloß einfachgesetzlich vorgesehenen (§17 Bundeshaushaltsgesetz) 'wirkungsorientierten Folgenabschätzung' keine Verfassungswidrigkeit des Gesetzes, auf das sie Bezug haben, zur Folge haben. Der Verfassungsgerichtshof vermag auch nicht zu finden, dass der Gesetzgeber mit der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur Österreichischen Gesundheitskasse und mit den damit verknüpften Erwartungen wie Einsparungen und Effizienzsteigerungen die ihm zustehende rechtspolitische Einschätzungsprärogative überschritten hätte.'

 

Vor diesem Hintergrund wird eine Verfassungswidrigkeit einer Ausgliederung wegen einer Verletzung des Sachlichkeits- oder Effizienzgebots nur in den seltensten Fällen vorliegen und nach Ansicht der Bundesregierung auch im vorliegenden Gesetzesprüfungsverfahren zu verneinen sein.

 

1.2. Sachlichkeit und Effizienz der Aufgabenübertragung auf die COFAG

 

Ausgehend vom weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum, der dem Gesetzgeber bei der Ausgliederung öffentlicher Aufgaben zuzuerkennen ist, ist im gegenständlichen Fall aus folgenden Gründen keine Verletzung des Sachlichkeits- und Effizienzgebots erkennbar:

 

Infolge der Pandemie musste der Gesetzgeber rasche Entscheidungen von großer budgetärer Tragweite treffen, um eine nachhaltige Schädigung der österreichischen Volkswirtschaft zu vermeiden; ferner mussten diese Vorgaben rasch in die Praxis umgesetzt werden. Die Entscheidungssituationen zu den pandemiebezogenen Beihilfen waren durch hohe Unsicherheiten geprägt. Die im März 2020 verfügbare Datenlage enthielt keine verlässlichen Informationen zu möglichen Ausprägungen künftiger Entwicklungen der Pandemie sowie der Wirtschaftslage; insbesondere war unsicher, wie lange Unterstützungsleistungen zu erbringen sein werden, welche und in welchem Ausmaß Unterstützungsmaßnahmen zu ergreifen sein werden, inwieweit aufgrund der pandemiebedingten personalbezogenen Einschränkungen die bestehenden (und mit ihren Aufgaben ausgelasteten) Behörden in der Lage wären, die erforderlichen zusätzlichen Aufgaben zeitgenau zu erfüllen sowie inwieweit neues Personal aufzubauen wäre.

 

Vor diesem Hintergrund erscheint der Einsatz einer Zweckgesellschaft (COFAG) ex ante sowie auch im Zeitablauf gerechtfertigt, wie im Folgenden – zur besseren Veranschaulichung der Aufgaben im Zeitablauf in drei Phasen gegliedert – dargestellt wird. Da der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss auch auf die Übertragung von Aufgaben auf die Finanzverwaltung Bezug genommen hat, werden auch die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Finanzverwaltung kurz skizziert:

 

a.) Gründungsphase der COFAG [Phase I, März 2020 bis Mai 2020]

 

Die COFAG wurde Ende März 2020 als reine Zweckgesellschaft zur Vergabe von Beihilfen und als Förderstelle im beihilfenrechtlichen Sinn errichtet. Die Beauftragung zur Gründung erfolgte durch schriftliche Anweisung des Bundesministers für Finanzen (Auftrag) vom 27. März 2020 an die ABBAG zur Errichtung 'einer Tochtergesellschaft in Form einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung'. Die Beauftragung der ABBAG diente der Beschleunigung des Gründungsprozesses. Die Finanzverwaltung konnte mit Beginn der Schließungen und der verpflichtenden Telearbeit für alle Bediensteten zwar rasch ihre Tätigkeiten wiederaufnehmen, das Risiko verzögerter Aufgabenerledigung in ihrem Kernbereich war jedoch präsent und wäre durch eine zusätzliche Aufgabenübertragung weiter erhöht worden. Die Beauftragung der Gründung der COFAG durch eine Gesellschaft, die aufgrund ihrer schlanken Struktur und der umfassenden Expertise der (Interims‑)Geschäftsführung viel flexibler agieren konnte, erschien vor dem Hintergrund der notwendigen Entscheidungen unter Unsicherheit sinnvoll.

 

Zuständigkeit und Unternehmensgegenstand wurden durch das ABBAG‑Gesetz und den Gesellschaftsvertrag ausschließlich auf die 'Erbringung von Dienstleistungen und dem Ergreifen von finanziellen Maßnahmen' zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie beschränkt.

 

Zum Zeitpunkt der Gründung der COFAG im März 2020 ging man davon aus, dass die Gewährung finanzieller Unterstützung von Unternehmen ein kurzfristiges, im Idealfall sogar einmaliges Vorhaben bleiben wird. Der vorübergehende Charakter von Hilfsmaßnahmen kommt somit durch die gewählten Maßnahmen sowie durch die beihilfenrechtlichen Vorgaben zum Ausdruck.

 

Auf die Schaffung einer neuen organisatorischen Struktur mit eigenem Personal innerhalb des Bundesministeriums für Finanzen zu verzichten, war Ausdruck des Effizienzgebots. Es wäre umgekehrt (jedenfalls aus einer ex ante Sicht) weder wirtschaftlich sinnvoll, noch sparsam gewesen, eine Struktur zu schaffen, die erst nach mehreren Monaten alle Planstellen nach dem Vertragsbedienstetengesetz besetzt hätte und voll arbeitsfähig gewesen wäre, um nach Erreichen der vollständigen Operabilität gleich wieder mit dem Abbau der Struktur und Freisetzung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu beginnen.

 

Die Prämisse einer lediglich punktuellen Tätigkeit in Bezug auf die Beihilfenvergabe trifft ebenso auf die Entscheidung zu, zahlreiche Aufgaben der COFAG an externe Dienstleister auszulagern und kein eigenes Personal anzustellen. Weder ging man von einem langfristigen Bestand der COFAG aus, noch hätte man Bewerberinnen und Bewerbern eine entsprechende Perspektive bieten können, um (hoch-)qualifiziertes Personal zu erhalten. Zu Beginn der Pandemie überwog zudem die Annahme, dass die von Schließungen betroffenen Unternehmen in erster Linie mit Liquiditätsproblemen, nicht jedoch mit (Eigen‑)Kapitalproblemen konfrontiert sein werden. Aus diesem Grund beschränkten sich die ersten Hilfsmaßnahmen auf die Vergabe von Haftungen für Überbrückungskredite, die Unternehmen durch den Bankensektor gewährt wurden (vgl die Verordnung BGBl II Nr 143/2020; in Summe wurden Garantien in Höhe von 5,5 Milliarden Euro genehmigt).

 

Nach Gründung der COFAG trat am 15. Mai 2020 das COVID‑19-Förderungsprüfungsgesetz (CFPG) in Kraft. Am 20. Mai 2020 traten weitere Bestimmungen dieses Gesetzes in Kraft, unter anderem die Möglichkeit für die COFAG, im Einzelfall von der Finanzverwaltung (ex ante) Ergänzungsgutachten anzufordern. Die Intention dahinter war, die COFAG mit dem vorhandenen Wissen der Finanzverwaltung vor allem aus dem Bereich der Außenprüfung bestmöglich zu unterstützen.

 

Im Zuge des Legistikprozesses zum CFPG wurde geschätzt, dass seitens der Finanzverwaltung 110 Vollbeschäftigtenäquivalente (VBÄ) erforderlich wären. Letztlich wurden der Finanzverwaltung im Personalplan des Bundes 88 VBÄ bzw Planstellenwerte zugesprochen. Dieses zusätzliche Personalpotential konnte aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen und des Ausbildungsprozesses nicht kurzfristig realisiert werden. Neben Ausschreibungspflichten verzögerte insbesondere die verpflichtende Grund- und Funktionsausbildung neu aufgenommener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Intention eines zeitnahen Arbeitseinsatzes.

 

b.) Direktzuschüsse als wesentliches Stützungsinstrument [Phase II, Juni 2020 bis Oktober 2020]

 

Lag zu Beginn der Krise der Fokus der Wirtschaftshilfen auf der Gewährung von Haftungen zur Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten, wurde in einem zweiten Schritt mit dem sog Fixkostenzuschuss das erste Hilfsinstrument geschaffen, mit welchem Unternehmen nichtrückzahlbare Direktzuschüsse gewährt wurden. Die Abwicklung der Zuschüsse wurde der COFAG in Zusammenarbeit mit der Finanzverwaltung übertragen.

 

Aufgabe der COFAG war die rechtliche und abwicklungsorganisatorische Ausgestaltung des gesamten Abwicklungsprozesses der Zuschüsse auf Basis der vom Verordnungsgeber erlassenen Richtlinien. Konkret bedeutet das die Ableitung des Prüfbedarfes vor dem Hintergrund der Anforderungen der Richtlinien sowie die Erstellung der Förderbedingungen, der Förderanträge und die Übersetzung der Förderanträge in die Antragsmasken von FinanzOnline.

 

Zudem war ein IT‑System für die Gestionierung, Dokumentation und das Reporting der Zuschussgewährung von der COFAG zu entwickeln und zu betreiben (sog COFAG-Fördermanager; dieser wurde gemeinsam mit der Bundesrechenzentrum GmbH erstellt), eine Auszahlungsinfrastruktur zu entwickeln (gemeinsam mit der Buchhaltungsagentur des Bundes) und auf Basis der Richtlinien von der COFAG ein Prüfsystem zu entwickeln und zu operationalisieren.

 

Schließlich wurden von der COFAG zwei umfassende Informationsportale (www.fixkostenzuschuss.at und www.umsatzersatz.at ) erstellt, ein System für die Förderberatung entwickelt, d.h. eine Call-Center-Infrastruktur bereitgestellt und die entsprechenden Schulungen veranlasst, ein Case-Management-System (Bereitstellung von fallspezifischen Antragstellerinformationen, Möglichkeit der Einbringung von Beschwerden, etc.) implementiert sowie gemeinsam mit der Finanzverwaltung FAQs (Frequently asked questions) für die Förderberatung ausgearbeitet und von der COFAG operationalisiert. Dabei wurde die durch das Case-Management-System eingegangenen Antragsanpassungen vorgenommen (zB im Fall von falschen IBAN-Informationen, etc.).

 

Grundsätzlich hatte die COFAG alle Anträge zu prüfen und zu genehmigen. Dazu kamen zwei 'Hilfsinstrumente': Zum einen wurde ein Voranalysetool mit dem Predictive-Analytics-Competence-Center (PACC) der Finanzverwaltung eingesetzt, um die eingehenden Anträge einer auf Algorithmus-basierenden Voranalyse zu unterziehen. Zum anderen konnte die COFAG ein Ergänzungsgutachten bei der Finanzverwaltung in den Fällen beauftragen, in denen das PACC betreffend bestimmter Daten, die der Finanzverwaltung vorliegen, mögliche Ungereimtheiten in den im Antrag kommunizierten Zahlen und Fakten festgestellt hat.

 

Im implementierten Prüfsystem werden in einem ersten Schritt vom PACC der Finanzverwaltung die eingehenden Anträge einer auf Algorithmus-basierenden Voranalyse nach dem Ampelsystem unterzogen. 'Grün'‑Fälle sind dem Algorithmus zu Folge Anträge, deren Voranalyse keine Auffälligkeiten aufzeigt, während 'Orange'- bzw 'Rot'‑Anträge Werte außerhalb der im Algorithmus vorgesehenen Bandbreiten aufweisen und daher tiefergehenden Prüfbedarf auslösen. 'Grün'‑Fälle konnten grundsätzlich durch die COFAG ausgezahlt werden (vorbehaltlich Stichprobenprüfungen und Prüfungen etwaiger Interdependenzen im Zusammenhang mit anderen eingebrachten Anträgen oder Beihilferegimen sowie die Einhaltung der Beihilfenhöchstgrenzen; bei Fällen mit einem Auszahlungsvolumen von über 800.000 Euro war eine Einzelfallprüfung vorzunehmen und waren diese Fälle dem Aufsichtsrat zur Beschlussfassung vorzulegen und dem Beirat zur Kenntnis zu bringen); 'Rot'‑Fälle mussten abgelehnt oder näher untersucht werden; 'Orange'‑Fälle mussten in jedem Fall durch die COFAG näher geprüft werden, wobei sich die COFAG – soweit Daten betroffen waren, die der Finanzverwaltung vorlagen – ein Ergänzungsgutachten bei der Finanzverwaltung beauftragen konnte. Im Ergebnis hatte die COFAG gemäß Auftrag des Bundesministers für Finanzen zahlreiche Stichproben von 'Grün'‑Fällen zu jedem Zuschussprodukt zu machen (d.h. Anträge gesamtheitlich zu prüfen), alle COFAG-Anträge über EUR 800.000 gesamtheitlich zu prüfen und zusätzlich alle 'Orange'- und 'Rot'‑Fälle weiter zu bearbeiten und zu prüfen (teilweise unter Beiziehung der Finanzverwaltung in Ergänzungsgutachten). Die zahlreichen Aufträge des Bundesministers für Finanzen sowie die umfangreichen Prüfungsleitfäden (jeder rund 60 bis 140 Seiten) zu jedem einzelnen Zuschussprodukt erforderten eine umfangreiche Prüfungstätigkeit der COFAG zu den mehr als 1,3 Millionen gestellten Anträgen, die letztlich auch dazu führte, dass systemischer Missbrauch verhindert und über Einzelfallprüfungen – bei konservativer Rechnung – rund EUR 290 Millionen für den Bund eingespart werden konnten.

 

Neben der Antragsprüfung vor Auszahlung der Zuschüsse war und ist es darüber hinaus Aufgabe der COFAG, Rückforderungsansprüche zu identifizieren und zu prüfen und in der Folge einzufordern. Wesentlichstes Beispiel dafür sind Rückforderungsansprüche im Zusammenhang mit Bestandszinsen, deren Höhe aktuell vor einer Detailprüfung auf einen dreistelligen Euro‑Millionenbetrag geschätzt wird.

 

Zum Zeitpunkt der Auszahlung erster Zuschüsse (Fixkostenzuschuss, 'FKZ I') wurden bereits Ergänzungsgutachten von der COFAG beauftragt und vom Finanzamt Österreich (FAÖ) und Finanzamt für Großbetriebe (FAG) erstellt. Dafür schätzte das Bundesministerium für Finanzen einen Personalaufwand von 28 VBÄ für den Anteil im Jahr 2020 und 141 VBÄ im ersten Quartal 2021. Schulungen vor allem für den Bereich Ergänzungsgutachten erfolgten weiterhin laufend. Auskunftserteilungen per Telefon erfolgten in dieser Phase durch 3 VBÄ.

 

Eine (vollständige) Übertragung der Abwicklung der Hilfsmaßnahmen auf das Bundesministerium für Finanzen bzw die Finanzverwaltung wurde im Herbst 2020 aufgrund der ressourcentechnischen Gesamtsituation nicht in Erwägung gezogen. Darüber hinaus war die COFAG – wie bereits dargelegt – als zeitlich befristete Abwicklungsstelle für Beihilfen vorgesehen und ausgerichtet.

 

c.) Weiterentwicklung von Direktzuschüssen und Einbindung der Finanzverwaltung [Phase III, ab November 2020]

 

Der Prozess zur Schaffung von Nachfolgeregelungen für den Fixkostenzuschuss erlangte neue Dynamik durch weitere behördliche Schließungen zur Eindämmung der Ausbreitung der Pandemie ab November 2020. Zu diesem Zwecke wurde am 6. November 2020 die Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß §3b Abs3 des ABBAG‑Gesetzes betreffend Richtlinien über die Gewährung eines Lockdown-Umsatzersatzes durch die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) (BGBl II Nr 467/2020) für den Monat November 2020 und am 16. Dezember 2020 die Verlängerung für den Monat Dezember 2020 (BGBl II Nr 567/2020) kundgemacht.

 

Neben diesen beiden punktuellen Maßnahmen für von behördlichen Schließungen im November und Dezember 2020 betroffene Unternehmen wurden Ende des Jahres 2020 als Nachfolgeregelungen für den Fixkostenzuschuss (FKZ I) die Hilfsinstrumente Verlustersatz und der sog Fixkostenzuschuss 800.000 (FKZ 800.000) umgesetzt.

 

Die Abwicklung von Direktzuschüssen durch die COFAG hatte sich zum damaligen Zeitpunkt bewährt, da die Bearbeitung der Anträge und die Auszahlung an Unternehmen sehr rasch erfolgte. So betrug etwa beim Umsatzersatz die durchschnittliche Bearbeitungsdauer von der Antragstellung durch das Unternehmen bis zu Genehmigung der Beihilfe nur elf Tage.

 

In dieser Phase erfolgten durch die Finanzverwaltung Ergänzungsgutachten für folgende Zuschüsse: FKZ I, FKZ 800.000, Verlustersatz I‑III, Lockdown-Umsatzersatz II und Ausfallsbonus I‑III. Dafür schätzte das Bundesministerium für Finanzen einen Personalaufwand von 545 VBÄ im Finanzamt Österreich und im Finanzamt für Großbetriebe. Dieser hohe Personaleinsatz aus dem Bereich der Außenprüfung für die Bewältigung der Ergänzungsgutachten setzte sich im Jahr 2022 im Wesentlichen unvermindert fort. Mit einem Abflachen ist im ersten Halbjahr 2023 zu rechnen, wobei die gesetzlich vorgesehene Aufgabe der sogenannten ex‑post‑Prüfungen einen relevanten Anteil des Personaleinsatzes auch in Folgejahren einnehmen wird. Daraus erschließt sich, dass durchschnittlich 51 % der Außenprüfungs-Ressourcen der Finanzverwaltung über das Jahr 2021 in die Erstellung von Ergänzungsgutachten geflossen sind. So waren diese Ressourcen für diese Aufgaben gebunden und konnten nur stark eingeschränkt für die Kernaufgaben (zB Außenprüfung) verwendet werden.

 

Mit COVID-bedingten Maßnahmen – wie der automatischen Verlängerung der Familienbeihilfe, der Aussetzung der Anspruchsüberprüfungsschreiben in der Familienbeihilfe, der Aussetzung von Einhebungsmaßnahmen (Mahnungen, Säumniszuschläge, etc.), COVID-Ratenzahlungsmodellen – bestand eine Vielzahl weiterer Aufgaben insbesondere seit März 2021, die einen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanzverwaltung für zusätzliche COFAG-bezogene Aufgabenstellungen deutlich erschwert hätten.

 

d.) Zahlenmäßige Plausibilisierung der Effizienz der Förderabwicklung

 

Eine einfache und sehr grobe zahlenmäßige Plausibilisierung der Effizienz der Förderabwicklung ergibt folgendes Bild:

 

Seit ihrem Bestehen hatte die COFAG – vor dem o.a. Hintergrund – knapp 62,5 Millionen Euro an Verwaltungsaufwendungen zu verzeichnen (Stichtag 30. November 2022). Von dieser Summe sind sämtliche Aufwendungen der COFAG umfasst: also ua Personalkosten, Ausgaben für externe Prüfer sowie Kosten für den gemeinsam mit dem Bundesrechenzentrum entwickelten Fördermanager. Im selben Zeitraum wurden 14,5 Milliarden Euro für die verschiedenen Zuschussprodukte ausbezahlt: Pro Förder‑Euro wurden somit 0,43 Cent an Abwicklungskosten verursacht.

 

Bis dato hat die COFAG 100.974 Ergänzungsgutachten bei der Finanzverwaltung beauftragt. Laut Angaben des Rechnungshofes verursacht ein Ergänzungsgutachten der Finanzverwaltung einen Personalaufwand von ca. 2,3 Personentagen. Der Personentag im Team Betriebsveranlagung kostet schätzungsweise 325 Euro. Die bisher beauftragten Ergänzungsgutachten haben somit Kosten in Höhe von EUR 75,5 Mio. verursacht. Berücksichtigt man diese Kosten und rechnet sie dem o.a. Verwaltungsaufwand der COFAG hinzu, wurden pro Förder‑Euro somit 0,95 Cent an Abwicklungskosten verursacht; werden zudem Kosten des arbeitsplatzbezogenen betrieblichen Sachaufwands in der Finanzverwaltung, der mit 35% Zusatzaufwand berechnet wird, berücksichtigt, steigt der Wert auf 1,13 Cent.

 

Vergleicht man diese Kosten mit Abwicklungskosten anderer externer Rechtsträger, so ergibt ein Blick in den Förderungsbericht 2020 folgendes Bild:

 

Laut Förderungsbericht 2020 der Bundesregierung wurden im Jahr 2020, 17,9 Milliarden Euro an Fördermitteln ausbezahlt und wird die Summe der Förderabwicklungskosten externer Rechtsträger in diesem Bericht mit 184 Millionen Euro beziffert. Abzuziehen sind die ausbezahlten Fördermittel aus den Budgetuntergliederungen (UG) 11, 13, 14, 18, 21, 24, 25, 30 und 44 in Höhe von 447,3 Millionen Euro sowie aus der UG 20 in Höhe von 6.438,6 Millionen Euro (6.650,6 Millionen Euro abzüglich 212 Millionen Euro für Lehrlingsförderung gemäß §19c BAG), da diese laut Angaben im Förderbericht keine Aufwendungen für externe Rechtsträger zu verzeichnen hatten. Zieht man zudem die dem Jahre 2020 zuzurechnenden, von der COFAG vergebenen Förderungen (in Höhe von 4.221,5 Millionen Euro) ab, so bedeutet dies Abwicklungskosten von ca. 2,71 Cent pro Förder‑Euro.

 

Es zeigt sich, dass die Förderabwicklungskosten pro Förder‑Euro der COFAG inklusive der Ausgaben für Ergänzungsgutachten deutlich unterhalb der Benchmark der externen Rechtsträgern zurechenbaren Förderabwicklungskosten des Bundes liegen. Von einer Aufgabenerfüllung mit sparsamen Ressourceneinsatz kann daher ausgegangen werden.

 

Bislang wurden aufgrund der Prüftätigkeit von COFAG und Finanzverwaltung 289 Millionen Euro an potenziellen Zuschusszahlungen eingespart, dem stehen aktuell der COFAG direkt zurechenbare Aufwendungen in Höhe von ca. 164,4 Mio. Euro gegenüber. Das Organisationsmodell der COFAG hat sich somit als wirtschaftlich erwiesen.

 

Auch ein Benchmarkvergleich mit anderen Förderinstitutionen zeigt, dass die COFAG mit Blick auf die Verwaltungskosten nicht über diesen Institutionen zu liegen kommt, gleichzeitig jedoch deutlich mehr Anträge und Förderansuchen bewilligt wurden.

 

e.) Zwischenfazit

 

Zusammenfassend ist die Bundesregierung der Ansicht, dass sowohl die erstmalige Übertragung als auch die weiteren Übertragungen von Aufgaben an die COFAG in der vom ABBAG‑Gesetz gewählten Form nicht gegen das verfassungsrechtliche Sachlichkeits- und Effizienzgebot verstoßen. Der vom Verfassungsgerichtshof in Rz 21 des Prüfungsbeschlusses hervorgehobene Umstand, dass wesentliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Gewährung bzw Rückforderung der Ausgleichsleistungen der Finanzverwaltung übertragen werden, ändert dabei nichts. Nach Ansicht der Bundesregierung kommt es letztlich auf eine zweckmäßige, sparsame und wirtschaftliche Aufgabenerledigung an, die ein arbeitsteiliges Vorgehen einer vom Bund beherrschten privatrechtlich organisierten spezialisierten Förderstelle mit Organen der Finanzverwaltung nicht ausschließt, wenn dafür, wie oben gezeigt, vernünftige Gründe ins Treffen geführt werden können.

 

Im Übrigen kann eine solche Aufgabenteilung der ebenfalls der Judikatur entnehmbaren Anforderung, dass nur vereinzelte Aufgaben auf einen ausgegliederten Rechtsträger übertragen werden dürfen, mitunter sogar besser entsprechen: Insbesondere würde die vollständige Förderabwicklung durch Organe der Finanzverwaltung noch mehr Ressourcen der Finanzverwaltung binden, die primär für die originären Kernaufgaben der Finanzverwaltung benötigt werden.

 

1.3. Zeitpunkt der Effektuierung einer allfälligen 'Eingliederungsverpflichtung'?

 

Selbst wenn man die bisherige Aufgabenerfüllung durch die COFAG nicht als 'zweckmäßig, sparsam und wirtschaftlich' ansähe, ließe sich daraus nicht zwangsläufig eine Verletzung des Sachlichkeits- und Effizienzgebots ableiten, die zu einer Aufhebung von Bestimmungen des ABBAG‑Gesetzes führen müsste.

 

Zunächst wäre zu berücksichtigen, dass im Falle einer nachträglichen Folgenbeurteilung (etwa durch den Rechnungshof) der Gesetzgebung ein gewisser Reaktionszeitraum auf das Ergebnis der Beurteilung zukommen sollte (vgl in diesem Sinne insbesondere auch Korinek/Holoubek, Grundlagen, 178, worin es ua heißt: 'Erst wenn feststeht, daß sich ein gesetzlich normierter konkreter Umsetzungsmechanismus im Hinblick auf die zu erfüllende Aufgabe als ineffizient erweist und der Gesetzgeber trotzdem in angemessener Zeit keine Anpassungen vornimmt, wird der VfGH dem Gesetzgeber im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Effizienzgebot entgegentreten können').

 

Geht man zudem davon aus, dass abgeleitet aus dem Sachlichkeits- bzw Effizienzgebot den Staat bei Ausgliederungen eine fortlaufende Beobachtungsverantwortung trifft, die, erweist sich eine Ausgliederung als ineffizient, zu einer verfassungsrechtlichen Pflicht zur 'Rückeingliederung' in die staatliche Verwaltung führen kann (Holoubek, Verfassungs-und verwaltungsrechtliche Konsequenzen der Ausgliederung, Privatisierung und Beleihung, ÖZW 2000, 33 (43)), wäre dieser Verantwortung mittels des eingeschränkten zeitlichen Tätigkeitsrahmens, der für die COFAG als Zweckgesellschaft im Zusammenhang mit finanziellen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 vorgesehen wurde, wohl auch schon weitgehend Rechnung getragen.

 

Dessen ungeachtet sei noch auf die Meinung von Lachmayer, Ausgliederungen und Beleihungen im Spannungsfeld der Verfassung, JBl. 2007, 750 (763), verwiesen, wonach eine auf Grund eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes notwendige Rückintegration in die staatliche Verwaltung keine größere Ineffizienz zur Folge haben sollte, als wenn eine ineffiziente Ausgliederung bestehen bliebe. Ob dies der Fall wäre, könnte im Einzelfall auch durchaus komplexe Bewertungsfragen aufwerfen (etwa für den Fall, dass erworbenes Know‑how der COFAG dann nicht mehr uneingeschränkt zur Verfügung stünde).

 

Schließlich weist die Bundesregierung darauf hin, dass nach ihrem Verständnis eine über eine reine Vertretbarkeitsprüfung hinausgehende Sachlichkeits- oder Effizienzprüfung (Prüfung der Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit) einer Ausgliederung primär dem Rechnungshof obliegen sollte. '[Der Verfassungsgerichtshof] wäre nämlich sonst sehr rasch mit all den Schwierigkeiten konfrontiert [...], vor denen eine Verfassungsgerichtsbarkeit steht, die sich zwar auf eine inhaltsbezogene Normenkontrolle einläßt, die zugleich aber ihrem Selbstverständnis nach nur Rechtsfragen lösen und keine politischen Entscheidungen treffen will; ganz zu schweigen von den Schwierigkeiten, die eine verläßliche Feststellung oder Prognose des komparativen Nutzens von unmittelbarer Staatsverwaltung und Ausgliederung mit Beleihung bereitet' (Funk, Entscheidungsbesprechung VfGH 14.3.1996, B2113/94, B2114/94, B2126/94, B663/96, ÖZW 1997, 55 (61)).

 

2. Zu den Bedenken im Hinblick auf Art20 Abs1 und Art52 B‑VG (mangelnde Leitungs- und Aufsichtsbefugnisse des Bundesministers für Finanzen):

 

Laut Rz 17 des Prüfungsbeschlusses ist die Tätigkeit eines privatrechtlich organisierten Rechtsträgers grundsätzlich nicht als staatliche Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG zu qualifizieren. Im Hinblick auf die besondere Tätigkeit der COFAG, nämlich über die Gewährung der Ausgleichsleistungen (als funktionelles Äquivalent zu Entschädigungsansprüchen nach dem Epidemiegesetz 1950) und deren tatsächliche Auszahlung zu entscheiden, dürfte es sich nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes – ausnahmsweise – um staatliche Verwaltung (im funktionellen Sinn) handeln.

 

Auf dieser Grundlage geht der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, 'dass der Gesetzgeber gemäß Art20 Abs1 B‑VG dazu verpflichtet ist, ausdrücklich die Befugnis des Bundesministers für Finanzen zur direkten Leitung und Aufsicht gegenüber der COFAG zu verankern' (Rz 23 des Prüfungsbeschlusses).

 

2.1. Reichweite des Art20 Abs1 und 2 B‑VG

 

Nach Ansicht der Bundesregierung erfasst Art20 Abs1 B‑VG nicht auch Konstellationen wie die gegenständliche Aufgabenübertragung an die COFAG. Die nicht-hoheitliche Tätigkeit eines privatrechtlich organisierten Rechtsträgers ist nicht als staatliche Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG anzusehen. Wie der Verfassungsgerichtshof jüngst in G390/2020 ua, V226/2021 ausgeführt hat, erfasst Art20 Abs1 und 2 B‑VG 'sowohl jene Konstellationen, in denen Verwaltungsorgane im organisatorischen Sinn die Verwaltung führen, als auch diejenigen, in denen der Gesetzgeber Hoheitsbefugnisse auf nicht staatliche (ausgegliederte) Rechtsträger (des privaten oder des öffentlichen Rechts) überträgt' (vgl weiters VfSlg 19.992/2015, jeweils mit weiteren Nachweisen im Schrifttum: 'Die Übertragung der privatwirtschaftlichen Angelegenheiten einer Gebietskörperschaft auf einen öffentlich-rechtlich Ausgegliederten [bzw in VfSlg 19.993/2015: Rechtsträger privaten Rechts], der seine Aufgaben in den Formen des Privatrechts wahrnimmt, hat aber zur Konsequenz, dass es sich bei dessen Aufgabenerfüllung nicht mehr um staatliche Verwaltung handelt' und weiters lautet es dort unter Hinweis auf AB 439 BlgNR 25. GP 3: 'Privatwirtschaftliche Tätigkeit ausgegliederter Rechtsträger unterliegt hingegen nicht dem Untersuchungsrecht [gemäß Art53 B‑VG], zumal es sich dabei nicht mehr um Verwaltung des Bundes handelt'; dem Umstand, dass die Kärntner Landesholding wesentliche, im öffentlichen Interesse des Landes Kärnten gelegene Aufgaben erfüllt, kam dabei in VfSlg 19.992/2015 keine entscheidende Bedeutung zu; vgl für weitere Nachweise der Literatur auch die zum hier gegenständlichen Verfahren erstattete Stellungnahme des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 28. November 2022). Eine Verpflichtung der Gesetzgebung auf Grund des Art20 Abs1 B‑VG, einen Leitungs- und Weisungszusammenhang zwischen einem obersten Organ und einem ausgegliederten Rechtsträger herzustellen, besteht daher nach Ansicht der Bundesregierung nicht.

 

Die herrschende Ansicht einer primär organisatorischen Abgrenzung des Verwaltungsbegriffs des B‑VG ermöglicht darüber hinaus eine klare Unterscheidung zwischen Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG und 'Nicht-Verwaltung'. Bei einem funktionalen Verwaltungsbegriff, der auf eine 'besondere Tätigkeit' eines privatrechtlich organisierten Rechtsträgers abstellt, stellte sich nämlich die Frage nach den inhaltlichen Kriterien, aus denen auf die ausnahmsweise Annahme einer staatlichen Verwaltung im funktionalen Sinn geschlossen werden könnte. Nicht nur im gegenständlichen Fall, sondern grundsätzlich bei jeder Tätigkeit privatrechtlich-organisierter Rechtsträger könnte sich die Frage stellen, ob ausnahmsweise staatliche Verwaltung (im funktionellen Sinn) vorliegt, die mit weiteren verfassungsrechtlichen Implikationen, wie dem Erfordernis der Schaffung von Ingerenzbefugnissen eines obersten Organs der Vollziehung, verbunden wäre.

 

Wie noch unter Teil III.3 genauer ausgeführt wird, ist zudem die Annahme, dass der Gesetzgeber die von der COFAG zu gewährenden Ausgleichsleistungen als ein funktionelles Äquivalent zu behördlich zu entscheidenden Entschädigungsansprüchen nach dem Epidemiegesetz 1950 anzusehen scheint, nur zum Teil einschlägig; nämlich insoweit, wie schon in VfSlg 20.397/2020 erkannt wurde, dass solche Ausgleichmaßnahmen die Verhältnismäßigkeit von behördlich verfügten Eigentumsbeschränkungen (auch im Falle eines gleichzeitigen Ausschlusses des Anspruchs auf Vergütung für den Verdienstentgang gemäß dem Epidemiegesetz 1950) zu gewährleisten vermögen. Gerade weil die Funktion der gegenständlichen Beihilfen, wie etwa des im Anlassfall einschlägigen Fixkostenzuschusses, regelmäßig weit über die Funktion eines Entschädigungsanspruchs hinausgehen, lässt sich aus dieser jedoch nicht auf eine staatliche Verwaltung im funktionellen Sinn schließen.

 

Eine weite Auslegung des Verwaltungsbegriffs hätte außerdem potentiell erhebliche Auswirkungen auf Bereiche, in denen mit Ausgliederungen von wirtschaftlichen Tätigkeiten eine 'Lockerung' des Weisungszusammenhangs etwa aus unionsrechtlich bedingten Gründen angestrebt wird und daher etwa Gesellschaftsformen (wie zB die Aktiengesellschaft) eingesetzt werden, bei denen die Geschäftsführung gesellschaftsrechtlich nicht an Weisungen der Eigentümer gebunden ist (§70 Abs1 AktG). So war im Hinblick auf die sog Maastricht-Konvergenzkriterien ein wesentliches Motiv für die Ausgliederung der ASFINAG, die Schuldenquote des Sektors 'Staat' niedriger zu halten (vgl ErlRV 698 XX. GP  11). Dies bedingte aber, dass die ASFINAG als selbständige institutionelle Einheit anzusehen ist, was nach EUROSTAT voraussetzt, dass vom Staat 'kein Einfluss auf die laufenden Geschäfte genommen wird' (vgl die Pressemitteilung der Eurostat Nr 15/2002 vom 31. Jänner 2002 zur Qualifikation der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) als eigenständige institutionelle Einheit). Wäre aus Art20 Abs1 B‑VG das Erfordernis einer strengen Weisungsbindung bei wirtschaftlichen Tätigkeiten ausgegliederter Rechtsträger abzuleiten, könnte dies solche wirtschaftspolitisch zweckmäßigen Gestaltungen erschweren und potentiell zu einer massiven Erhöhung der Schuldenquote führen.

 

2.2. Ingerenzbefugnisse des Bundesministers für Finanzen

 

Selbst dann, wenn man annimmt, dass Art20 Abs1 B‑VG den verfahrensgegenständlichen Fall der Aufgabenbesorgung durch die COFAG erfasst, besteht nach Ansicht der Bundesregierung eine hinreichende Ingerenz des Bundesministers für Finanzen auf die Organe der COFAG. Diese Ingerenzbefugnisse ergeben sich im Wesentlichen aus

 

a) der (indirekten) Alleingesellschafter-Stellung des Bundes in der COFAG, die dem Bund ein gesellschaftsrechtliches Weisungsrecht gegenüber der COFAG gibt, das der Bundesminister für Finanzen über die ABBAG wahrnehmen kann, und

 

b) dem zivilrechtlichen Auftragsverhältnis zwischen Bund (Bundesminister für Finanzen) und COFAG, das durch Verordnungen (Richtlinien) im Detail ausgestaltet ist und durch 'Aufträge' des Bundes (Bundesminister für Finanzen) im Sinne von zivilrechtlichen Weisungen im Rahmen der Verordnungen (Richtlinien) konkretisiert wird.

 

a.) Gesellschaftsrechtliche Weisungsbefugnisse

 

Der Bund ist ausschließlicher Gesellschafter der ABBAG. Die ABBAG ist ausschließlicher Gesellschafter der COFAG. Die Gesellschafter sind im Rahmen der Generalversammlung das oberste Willensbildungsorgan der Gesellschaft (Enzinger in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG, §20, Rz 30). Die Gesellschafter können Leitungsmaßnahmen verbieten, billigen oder anordnen (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3, 2007, §20, Rz 9; Enzinger aaO Rz 9). Gesellschaftsrechtliche Weisungen können sämtliche Angelegenheiten der Gesellschaft betreffen (Enzinger aaO Rz 32). Das Weisungsrecht bedeutet, dass die Gesellschafter eigeninitiativ und umfassend in rechtsverbindlicher Weise in den Geschäftsführungsbereich eingreifen können.

 

Der Bundesminister für Finanzen ist befugt, als Vertreter des Eigentümers des Geschäftsanteils der ABBAG und damit als Repräsentant der Generalversammlung der Geschäftsführung der ABBAG eine Weisung dergestalt zu erteilen, dass diese – in ihrer Funktion als Generalversammlung der Tochtergesellschaft COFAG – der Geschäftsführung der COFAG eine Weisung mit einem in der ersten Weisung schon vorgegebenen Inhalt erteilt. Das Weisungsrecht kommt der Generalversammlung, d.h. dem Bund für die ABBAG und der ABBAG für die COFAG, gegenüber der Geschäftsführung zu. Für Gesellschafterbeschlüsse besteht keine Formvorschrift. Konkludente Beschlüsse sind nicht ausgeschlossen. Weisungen müssen jedoch klar nachvollziehbar sein, da sie verbindlich sind und Haftungsfolgen bei Nichteinhaltung bestehen.

 

Geschäftsführer sind verpflichtet, rechtmäßigen Gesellschafterbeschlüssen (Weisungen) Folge zu leisten (Enzinger aaO Rz 38; Arnold/Pampel in Gruber/Harrer, GmbHG2 (2018) §20 Rz 25). Gemäß §20 Abs1 GmbHG sind die Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, alle Beschränkungen einzuhalten, die in dem Gesellschaftsvertrag, durch Beschluss der Gesellschafter oder in einer für die Geschäftsführer verbindlichen Anordnung des Aufsichtsrates für den Umfang ihrer Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, festgesetzt sind.

 

Mit der Gründung der COFAG als GmbH konnte daher die gesellschaftsrechtliche Weisungskette Bundesminister für Finanzen – ABBAG – COFAG sichergestellt werden: Wesentliche Entscheidungen in der COFAG-Generalversammlung erfolgten über einen ABBAG‑Gesellschafterbeschluss mit Anweisung an die ABBAG‑Geschäftsführung den Beschluss spiegelbildlich in der COFAG-Generalversammlung umzusetzen. Das Bundesministerium für Finanzen konnte daher jederzeit lückenlos gesellschaftsrechtlich zulässige Weisungen in der COFAG, trotz 'zwischengeschalteter' ABBAG, umsetzen.

 

Das 'Weisungsverhältnis' BMF – COFAG wird zudem auch in der Corporate Governance Dokumentation der COFAG umfassend umgesetzt. Die Zustimmung durch das Bundesministerium für Finanzen oder eine vorgelagerte ABBAG‑Gesellschafterzustimmung ist mehrfach vorgesehen; zB werden die Geschäftsführer der COFAG gemäß §7 Abs3 des Gesellschaftsvertrages auf Vorschlag des Bundesministers für Finanzen unter Beachtung des Stellenbesetzungsgesetzes bestellt. Auch die Aufsichtsratsmitglieder werden auf Vorschlag des Bundesministers für Finanzen bestellt (§10 Abs3 des Gesellschaftsvertrages).

 

b.) Zivilrechtliche Weisungsbefugnis

 

Bei der Gewährung von finanziellen Maßnahmen ist die COFAG durch das ABBAG‑Gesetz, die auf §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz gestützten Verordnungen (Richtlinien) sowie die darauf aufbauenden Aufträge des Bundesministers für Finanzen weitgehend dahin bestimmt, dass sowohl der Kreis der begünstigten Unternehmen als auch die Voraussetzungen für Garantien und Direktzuschüsse festgelegt sind. Das zivilrechtliche Auftragsverhältnis besteht zwischen dem Bund (Bundesministerium für Finanzen) als Auftraggeber und der COFAG als Auftragnehmer. Das Regelungssystem zielt deutlich darauf ab, dass die COFAG – nach Maßgabe der internen Zuständigkeitsregelungen – bei Vorliegen der jeweiligen Förderungsvoraussetzungen die entsprechende finanzielle Vereinbarung mit dem antragstellenden Unternehmen zu treffen hat. Die Regelungen sind, was im vorliegenden Zusammenhang durch den Gleichheitsgrundsatz auch verfassungsrechtlich vorgegeben ist (VfSlg 20.397/2020), auf gleiche Förderung bei Vorliegen der festgelegten Voraussetzungen ausgerichtet.

 

Die Verordnungen (Richtlinien) regeln einen Auftragsvertrag im Sinne einer Geschäftsbesorgung, also die Verpflichtung der COFAG, auf Rechnung des Bundes Rechtsgeschäfte abzuschließen oder Rechtshandlungen vorzunehmen. Vertragstypisch für den Auftragsvertrag ist die Pflicht des Beauftragten zur Geschäftsbesorgung im Interesse und auf Rechnung des Auftraggebers (Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.03, §1002, Rz 4). Hauptleistung des Beauftragten ist die Ausführung des übernommenen Geschäfts samt Herausgabe der aus diesem erlangten Vorteile. Die Geschäftsbesorgungspflicht ist regelmäßig Sorgfaltsverbindlichkeit: Der Beauftragte schuldet keinen Erfolg, sondern ein auf Erreichen des vereinbarten Geschäftszwecks gerichtetes Bemühen (Rubin aaO §1009, Rz 5 f.) Der Beauftragte muss im Rahmen der übernommenen Geschäftsbesorgung ausschließlich im Auftraggeber-Interesse handeln, er hat daher insbesondere die durch den Auftrag geförderten Interessen des Auftraggebers vor seine eigenen zu stellen (Rubin aaO §1009, Rz 25 f.). Die gänzliche Ausrichtung am Auftraggeber-Interesse ist nämlich gerade das entscheidende Charakteristikum, das den Bevollmächtigungs- und Auftragsvertrag (und die in Anspruch genommene Ermächtigung) von den Verträgen des Interessengegensatzes (Austauschverträgen), aber auch den Verträgen der Interessengemeinschaft (Gesellschaftsverträgen) abgrenzt. Die Pflicht zur Interessenwahrung determiniert daher die gesamte Geschäftsbesorgung durch den Beauftragten und damit die vertragliche Hauptpflicht (Hartlieb/Zollner in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4, §1009, Rz 27).

 

Die Verordnungen (Richtlinien) haben mit 'Aufträgen' zivilrechtliche Weisungen im Rahmen eines Auftragsvertrags nach §1002 ABGB vor Augen. Der Bund (Bundesminister für Finanzen) als Auftraggeber ist berechtigt, die nähere Auftragsausführung durch Weisung festzulegen. Die bestmögliche Verfolgung des Interesses des Auftraggebers ist daher nur dann möglich, wenn sich der Auftragnehmer nicht nur an die im Zuge der Begründung des Geschäftsbesorgungsverhältnisses erteilten Vorgaben, sondern auch an Aktualisierungen des Auftraggebers hält. Daraus folgt, dass der Beauftragte im Einzelfall dazu verpflichtet sein kann, Weisungen vom Auftraggeber einzuholen. Das ist insbesondere dann denkbar, wenn der Inhalt der Geschäftsbesorgung nicht ausreichend bestimmt ist, widersprüchliche Weisungen vorliegen oder Teile der Geschäftsbesorgung durch aktuelle Entwicklungen unzweckmäßig oder sinnlos geworden sind (OGH 23.06.1983, 6 Ob 610/83). Das Weisungsrecht ist ein Gestaltungsrecht des Auftraggebers. Es wird durch einseitige, zugangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt. Die Weisung unterliegt grundsätzlich keiner Formvorgabe. Sie kann etwa schriftlich, mündlich oder konkludent erteilt werden. Die Wirkung der Weisung kann später durch eine neue Weisung abgeändert oder aufgehoben werden (Hartlieb/Zollner in Rummel/Lukas/Geroldinger, ABGB4, §1009, Rz 57 ff).

 

§2 Abs2 erster Halbsatz (in Verbindung mit Z7) und §2 Abs5 zweiter Satz ABBAG‑Gesetz (in Verbindung mit §6a Abs1 ABBAG‑Gesetz) stellen jeweils darauf ab, dass die COFAG Aufgaben 'nach Maßgabe einer gesetzlichen Ermächtigung oder Beauftragung durch den Bundesminister für Finanzen' erbringt und die Finanzierung von Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG‑Gesetz nach 'Maßgabe der gesetzlichen Ermächtigung oder Beauftragung durch den Bundesminister für Finanzen' erfolgt. Diese Bestimmungen legen es nahe, dass die Finanzierung der COFAG zur Gewährung der ihr übertragenen finanziellen Maßnahmen in den Grenzen der gesetzlichen und verordnungsförmigen Regelungen privatrechtlich näher geregelt werden kann. In diesem Verständnis kann der Bundesminister für Finanzen etwa mit der Verpflichtung des Bundes gemäß §6a Abs2 zweiter Satz ABBAG‑Gesetz durch Vorgaben des Bundesministers für Finanzen in zivilrechtlichen Weisungen ('Aufträgen') an die COFAG Rechnung tragen. Diese Weisungen ('Aufträge') können auch Regelungen für die Durchführung der finanziellen Maßnahmen enthalten.

 

Es gab für jedes Zuschussprodukt zusätzlich einzelne Aufträge des Bundesministers für Finanzen, in dem dieser zum Teil sehr detailliert dargestellt hat, in welchem Umfang die COFAG einzelne Anträge zu prüfen hat (Stichprobenprüfung von 'Grün'‑Fällen; Prüfungsumfang und Umgang bei 'Orange'‑Fällen und 'Rot'‑Fällen), welche Nachweise für die Erfüllung von Antragsvoraussetzungen durch Antragsteller beizuschaffen und/oder durch die COFAG zu prüfen waren und wie die COFAG mit einzelnen offenen operativen, technischen und rechtlichen Fragen zu einzelnen Zuschussprodukten (inkl. Interdependenzen zwischen Produkten) umzugehen hat, die nicht in den COFAG-Richtlinien geregelt waren. Darüber hinaus hat sich das Bundesministerium für Finanzen in die Ausarbeitung von FAQs zu allen wesentlichen Zuschussprodukten zu offenen Fragen von Antragstellern und Finanzverwaltung intensiv inhaltlich eingebracht (und dabei auch mitgeteilt, wie einzelne Fragen aus seiner Sicht zu beantworten sind), die die COFAG dann – nach Abstimmung mit dem Bundesministerium für Finanzen – veröffentlicht hat. Im Ergebnis hat die COFAG daher als Auftragnehmer die Förderabwicklung umfänglich auf Basis von Aufträgen des Bundesministers für Finanzen und in enger Abstimmung mit denselben 'weisungsgebunden' durchgeführt.

 

Soweit der Verfassungsgerichtshof in Rz 25 des Prüfungsbeschlusses auf die Regelungen in Punkt 2.4 des Anhangs zur Verordnung BGBl II Nr 225/2020 Bezug nimmt, wonach die Organe der COFAG bei Entscheidungen über Fixkostenzuschüsse weisungsfrei sind, bemerkt die Bundesregierung, dass eine Verordnungsbestimmung, selbst wenn sie im Widerspruch zu den Anforderungen aus Art20 Abs1 B‑VG stünde, nicht die Verfassungswidrigkeit von Bestimmungen des ABBAG‑Gesetzes bewirken könnte (sondern bloß die entsprechende Verordnungsbestimmung im Rahmen der prozessualen Möglichkeiten aus dem Rechtsbestand zu entfernen wäre). Zudem war demnach die COFAG nur betreffend die Prüfung und Genehmigung individueller Anträge selbst weisungsfrei.

 

Wenn das ABBAG‑Gesetz jedoch keine besondere öffentlich-rechtliche gesetzliche Einzelweisungsbefugnis des Bundesministers für Finanzen vorsieht, ergibt sich daraus ein Regelungssystem, in dem die COFAG abgesehen von den durch Gesetz und Verordnungen (Richtlinien) vermittelten Vorgaben in einem öffentlich-rechtlichen Sinne 'weisungsfrei' tätig ist. Dies schließt freilich nicht aus, dass der Bundesminister für Finanzen als Auftraggeber zivilrechtliche Weisungen im Rahmen des Auftragsverhältnisses erteilt.

 

c.) Zwischenfazit

 

Die Bundesregierung ist somit der Ansicht, dass das ABBAG‑Gesetz insbesondere durch die Möglichkeit, Aufträge zu erteilen in Verbindung mit den allgemeinen zivil- und gesellschaftsrechtlichen Befugnissen hinreichende Leitungs- und Aufsichtsbefugnisse des Bundesministers für Finanzen ermöglicht (vgl aus der Literatur etwa Horner, Ausgliederung und Ingerenz, 125, der im Falle einer Einmanngesellschaft von der Möglichkeit einer funktionalen Äquivalenz des allgemeinen Zivil- und Gesellschaftsrechts zu Art20 Abs1 B‑VG ausgeht). Dass die gesellschaftsrechtlichen Weisungsbefugnisse nach §20 Abs1 GmbHG nur 'indirekt' (über die im Alleineigentum des Bundes stehende ABBAG) ausübbar sind, schadet nicht, zumal Aufträge des Bundesministers für Finanzen direkt an die COFAG und ohne Umweg über die ABBAG erfolgen können und erfolgten. Im Hinblick auf die bloß privatrechtsförmige Aufgabenerledigung der COFAG wird zudem auf das in der Lehre vertretene differenzierte Ingerenzprinzip hingewiesen (vgl zB Raschauer, in Bußjäger (Hrsg) Parlamentarische Kontrolle und Ausgliederungen (2009) 19 (26)), wonach im Bereich der klassischen Hoheitsverwaltung effektivere Steuerungsmöglichkeiten (im Sinne eines klassischen Weisungsrechts) vorgesehen werden müssen als in Bereichen, in denen ausgegliederte Rechtsträger wirtschaftliche Leistungen erbringen. Da die COFAG keine Befugnisse zu einer hoheitlichen Vollziehung hat, können nach Ansicht der Bundesregierung grundsätzlich auch geringere Ingerenzanforderungen angenommen werden, als im Falle von Beleihungen mit Hoheitsrechten, welche bisher in der Rechtsprechung (zB VfSlg 16.400/2001, Wertpapieraufsicht) behandelt wurden, um eine vor dem Hintergrund des Organisationskonzepts der Bundesverfassung nötige Beherrschung des ausgegliederten Rechtsträgers durch ein oberstes Organ der Vollziehung zu gewährleisten.

 

2.3. Zur parlamentarischen Kontrolle

 

Laut dem Prüfungsbeschluss scheinen durch die Übertragung der Aufgabe an die COFAG Nationalrat und Bundesrat nicht die Möglichkeit (etwa nach Art52 B‑VG) zu haben, einen wesentlichen Teil des Vollzugs von Mitteln des Bundeshaushalts direkt und unmittelbar zu überprüfen. Die im §3b Abs4 ABBAG‑Gesetz vorgesehene Pflicht des Bundesministers für Finanzen, monatlich einen detaillierten Bericht vorzulegen, dürfte daran nichts ändern.

 

Gemäß Art52 Abs1 B‑VG sind der Nationalrat und Bundesrat ua befugt, die Geschäftsführung der Bundesregierung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu erlangen. Art52 Abs2 B‑VG stellt die Kontrollrechte gegenüber der Bundesregierung und ihren Mitgliedern in Bezug auf näher bestimmte (Sub‑)Beteiligungen des Bundes klar. Die Geschäftsführung der Bundesregierung und ihrer Mitglieder besteht in Bezug auf ausgegliederte Rechtsträger in der Wahrnehmung der Ingerenzmöglichkeiten gemäß den gesetzlich oder gesellschaftsrechtlich vorgesehenen Aufsichts- und Einflussmöglichkeiten (vgl zB Konrath/Neugebauer in Kahl/Khakzadeh/Schmid, Kommentar zum Bundesverfassungsrecht B‑VG und Grundrechte Art52 B‑VG (Stand 1.1.2021, rdb.at) Rz 14). Insofern beziehen sich in derartigen Fällen die parlamentarischen Kontrollrechte auf die Ausübung der Einwirkungsmöglichkeiten durch die staatlichen Organe. (vgl Pabel, in Kneihs/Lienbacher (Hrsg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, 14. Lfg. 2014, Art52 B‑VG, Rz 73). Das parlamentarische Kontrollrecht erstreckt sich grundsätzlich nicht auf die Geschäftsführung durch die Organe der ausgegliederten Rechtsträger.

 

Mit einem Gesetzesbeschluss über eine Ausgliederung nimmt die gesetzgebende Körperschaft in Kauf, dass sich parlamentarische Kontrollrechte im entsprechenden Umfang verringern (Raschauer in Bußjäger (Hrsg.), Parlamentarische Kontrolle und Ausgliederungen (2009) 19 (32), dies werde nach Raschauer nur dann verfassungswidrig sein, wenn das Parlament komplett 'abdanken' sollte, und die Rechtslage so gestalten sollte, dass eine Gebietskörperschaft für etwas einstehen müsse, was überhaupt nicht Gegenstand von parlamentarischen Fragen sein könne).

 

Im vorliegenden Fall bestehen auf Grund der oben angeführten Möglichkeiten der Steuerung der COFAG mittels den gesellschaftsrechtlichen und im ABBAG‑Gesetz vorgesehenen weiteren zivilrechtlichen Weisungsmöglichkeiten ('Aufträge') umfangreiche Ingerenzmöglichkeiten des Bundesministers für Finanzen. Die in Bezug auf die Ausübung dieser Ingerenzbefugnisse mögliche parlamentarische Kontrolle und Verantwortlichkeit des Bundesministers für Finanzen bietet nach Ansicht der Bundesregierung einen hinreichenden demokratischen Legitimationszusammenhang, sodass kein Verstoß gegen Art52 B‑VG (und auch nicht gegen weitere verfassungsrechtliche Bestimmungen, die das Organisationskonzept der staatlichen Verwaltung konstituieren) vorliegt (vgl zum Grundsatz eines Gebots der Sachangemessenheit der für die Verwaltungsaufgabe gewählten Organisationsform Holoubek, in Kalss/Fleischer/Vogt (Hrsg.) Der Staat als Aktionär (30)).

 

Die im §3b Abs4 ABBAG‑Gesetz vorgesehene Pflicht des Bundesministers für Finanzen, monatlich einen detaillierten Bericht vorzulegen, ist zudem zusammen mit §3 Abs4 und Abs5 COVID‑19‑FondsG zu betrachten, der eine monatliche Berichtspflicht des Finanzministers bzw der betroffenen haushaltsleitenden Organe für Auszahlungen aus dem COVID‑19-Krisenbewältigungsfonds vorsieht. Damit werden die Mittelzuführungen und ‑verwendungen vom Berichtswesen an das Parlament umfasst. Auch diese Bestimmungen gewährleisten eine umfangreiche Information des Nationalrates.

 

3. Zu den Bedenken im Hinblick auf das Rechtsstaatsprinzip, das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG und Art1 [1.] ZPEMRK) und das Sachlichkeitsgebot (Art2 StGG und Art7 B‑VG):

 

Laut Rz 28 ff. des Prüfungsbeschlusses dürfte '§3b Abs2 ABBAG‑Gesetz gegen das Grundrecht auf Eigentum gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK, das Rechtsstaatsprinzip sowie auch gegen das aus dem Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG und Art7 B‑VG erfließende Sachlichkeitsgebot' verstoßen. 'Begreift man nämlich – entsprechend dem Erkenntnis VfSlg 20.397/2020 (vgl auch VfGH 15.12.2021, G233/2021 ua) und der offenkundigen Absicht des Gesetzgebers – die Ausgleichsleistungen an die Unternehmen, die von den im Zusammenhang mit der COVID‑19-Pandemie gesetzten behördlichen Maßnahmen betroffen sind, als funktionelles Äquivalent zu Entschädigungen (und nicht als bloß innenwirksame Bestimmungen im Sinne von Normen im nur formellen Sinn), dürfte es gegen das Grundrecht auf Eigentum gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK, gegen das Rechtsstaatsprinzip und auch das aus dem Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG und Art7 B‑VG erfließende Sachlichkeitsgebot verstoßen, den betroffenen Unternehmen keinen Rechtsanspruch auf die gesetzlich und verordnungsförmig vorgesehenen Ausgleichsleistungen einzuräumen' (Rz 32 des Prüfungsbeschlusses).

 

Nach Ansicht der Bundesregierung sind diese Bedenken im Ergebnis nicht begründet:

 

§3b Abs2 ABBAG‑Gesetz stellt klar, dass 'auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen [...] kein Rechtsanspruch' besteht. Dabei handelt es sich um eine Formulierung, die in zahlreichen Förderungsgesetzen vorkommt. Nach dem Verständnis der Bundesregierung ergibt sich daraus, dass kein Anspruch auf die Ausfolgung eines Bescheides besteht. Anders formuliert, die Gewährung von Förderungen nach dem ABBAG‑Gesetz erfolgt nicht hoheitlich (vgl dazu auch VfGH G233/2021 ua, V191/2021 ua, worin es heißt (Hervorhebung nicht im Original): 'Das ABBAG‑Gesetz sieht nicht vor, dass die Entscheidung über die Gewährung der einzelnen Förderungen mittels Bescheid zu treffen ist (vgl idZ auch §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz)' sowie etwa auch VfSlg 20.199/2017, worin es heißt: 'Auf diese 'Landesförderung' besteht nach §1 [des Steiermärkischen Wohnunterstützungsgesetzes] so wie auf die bisherige 'Wohnbeihilfe' nach dem Steiermärkischen Wohnbauförderungsgesetz 1993, [...] kein Rechtsanspruch. Der Landesgesetzgeber hat dadurch unzweifelhaft festgelegt, dass diese Art der Förderung im Wege der nicht hoheitlichen Verwaltung erfolgen soll.'). Freilich ändert dies nichts daran, dass auch im nicht hoheitlichen Bereich die Fiskalgeltung der Grundrechte zur Anwendung gelangt. Insofern haben Betroffene einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf, 'dass ihnen solche Förderungen in gleichheitskonformer Weise und nach sachlichen Kriterien ebenso wie anderen Förderungswerbern gewährt werden' (VfSlg 20.0397/2020; vgl auch jüngst VfGH G226/2022 zum Energiekostenausgleich, Hervorhebungen nicht im Original: 'Aus der Fiskalgeltung der Grundrechte [...] folgt, dass Betroffene bei im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung erbrachten Leistungen wie der vorliegenden einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf haben, dass ihnen diese in gleichheitskonformer Weise und nach sachlichen Kriterien ebenso wie anderen Förderungswerbern gewährt werden [...]. Dass §1 Abs2 EKAG 2022 vorsieht, dass auf die Gewährung des Energiekostenausgleiches kein Rechtsanspruch besteht, steht diesem Anspruch nicht entgegen').

 

Was die grundrechtlichen Bedenken anbelangt, führt die Bundesregierung hierzu im Einzelnen Folgendes aus:

 

3.1. Zum Rechtsstaatsprinzip

 

Im Prüfungsbeschluss wird nicht näher ausgeführt, gegen welche konkrete Gewährleistung des Rechtsstaatsprinzips (bzw welchen Artikel der Bundesverfassung) §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz nach vorläufiger Annahme verstoßen soll. Kern des rechtsstaatlichen Prinzips ist die Bindung der Verwaltung an das Gesetz im Sinne des Legalitätsprinzips (Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht13, Rz 74). Darüber hinaus verlangt es die Sicherstellung eines effektiven Rechtsschutzes (vgl in diesem Sinne auch VfSlg 11.1196/1986, 16.245/2001 ua).

 

Ausgehend vom Erkenntnis VfGH G233/2021 ua, V191/2021 ua erscheinen diese Vorgaben im Fall des §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz allesamt erfüllt zu sein. So heißt es im genannten Erkenntnis (Hervorhebung nicht im Original): 'Dem Gesetzgeber ist bei staatlichen Beihilfen, selbst wenn sie hoheitlich gewährt werden [...], sowie bei der Beurteilung sozialer Bedarfslagen und daran knüpfender, hoheitlich gewährter Maßnahmen [...] generell ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet (zum Studienabschluss-Stipendium, auf das kein Rechtsanspruch besteht vgl VfSlg 18.638/2008). Im Hinblick darauf und auf den Umstand, dass bei finanziellen Maßnahmen zur Abfederung negativer wirtschaftlicher Auswirkungen der COVID‑19-Pandemie oftmals rasches Handeln und flexible Anpassungen erforderlich sein werden, ist es unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber der Vollziehung nach dem ABBAG‑Gesetz entsprechende Spielräume bei der Gewährung der unterschiedlichen finanziellen Maßnahmen nach §2 Abs2 Z7 ABBAG‑Gesetz einräumt. [...] [E]s [steht] dem Staat unter den von den Antragstellern ausschließlich zu Art18 B‑VG geltend gemachten Bedenken dem Grundsatz nach frei, ob er sich bei der Gewährung von Förderungen hoheitlicher oder privatrechtsförmiger Mittel bedient. Art18 Abs1 B‑VG verlangt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine nachvollziehbare Festlegung dahingehend, ob es sich bei einem Verfahren um ein hoheitliches oder ein privatrechtliches Rechtsverhältnis handelt. Im Sinne des Art18 Abs1 B‑VG bedarf es der Vorherbestimmung konkreter Rechtswirkungen sowohl, wenn der Gesetzgeber hoheitliches Verwaltungshandeln vorsehen will, als auch dann, wenn er zur Durchsetzung öffentlicher Interessen einer Einrichtung besondere privatrechtliche Befugnisse verleiht [...]. Aus dem rechtsstaatlichen Prinzip erfließt das verfassungsrechtliche Gebot, die Einhaltung von Verfassung und Gesetz durch entsprechende Einrichtungen zu sichern [...]. Wenn mit privatrechtsförmigen oder mit behördlichen Maßnahmen in erheblicher Weise in Grundrechtspositionen eingegriffen wird, muss von Verfassungs wegen ein die Rechte der Betroffenen jeweils ausreichend sichernder Rechtsschutz eröffnet sein [...]. Diesen Anforderungen wird das Verfahren zur Überprüfung finanzieller Maßnahmen nach §§6 ff. CFPG gerecht. §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz ist mit der gemäß Art18 Abs1 B‑VG gebotenen Deutlichkeit zu entnehmen, dass die Gewährung und allfällige Rückforderung finanzieller Maßnahmen nach §2 Abs2 Z7 ABBAG‑Gesetz durch die COFAG privatrechtlicher Natur ist. Den begünstigten Unternehmen ist somit Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Ansprüchen auf Förderungsleistungen oder mit der Rückforderung gewährter Förderungsleistungen vor den ordentlichen Gerichten eingeräumt (siehe bereits VfSlg 20.397/2020).'

 

3.2. Zum Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG und Art1 [1.] ZPEMRK)

 

Nach Ansicht der Bundesregierung liegt bereits dem Erkenntnis VfSlg 20.397/2020 (zumindest implizit) die Annahme zu Grunde, dass die Ausgleichsmaßnahmen, auf die gemäß §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz zwar kein Rechtsanspruch – jedoch auf Grund der Fiskalgeltung der Grundrechte ein Anspruch auf diskriminierungsfreie Förderung – besteht, die Verhältnismäßigkeit von Eigentumseingriffen zu gewährleisten vermögen. Andernfalls wäre zu erwarten gewesen, dass der Verfassungsgerichtshof diese Hilfsmaßnahmen auf Grund des fehlenden Rechtsanspruchs im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums durch die damals verfahrensgegenständlichen Betretungsverbote gar nicht weiter in Betracht gezogen hätte, weil sie als nicht funktional äquivalent zu einem hoheitlich zu gewährenden Ersatz des Verdienstentganges nach dem Epidemiegesetz zu qualifizieren gewesen wären.

 

a.) Fehlen eines Grundrechtseingriffs

 

Weiters kann nach Ansicht der Bundesregierung ein Entschädigungsanspruch zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit eines Eigentumsanspruchs wohl nur geboten sein, wenn tatsächlich durch behördliche Maßnahmen ein Eingriff in das Eigentum erfolgt. Dies ist im vorliegenden Fall zweifelhaft; denn nur ein geringer Teil der COFAG-Zuschüsse stellt in wirtschaftlicher Betrachtung direkt oder indirekt eine Entschädigung für ein behördliches Betretungsverbot dar.

 

Die COFAG wickelt zu einem großen Teil finanzielle Maßnahmen ab, die beihilferechtlich im Befristeten Beihilferahmen der EU‑Kommission (vgl dazu die Mitteilung der Kommission Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID‑19 2020/C 91 I/01, ABl. C2020/91, 1 ff.) für zulässig erklärt wurden, um – viel breiter angelegt – die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID‑19 Pandemie insgesamt abzufedern (Nachfragerückgang durch Pandemie etc.); dies unabhängig von konkreten behördlich erlassenen Betretungsverboten. So konnten unter dem Abschnitt 3.1 des Befristeten Beihilferahmens Beihilfen bis zu einer Obergrenze (zuletzt 2,3 Millionen Euro) an betroffene Unternehmen verteilt werden; daneben hat Abschnitt 3.12 des Befristeten Beihilferahmens Beihilfen bis zu einer Obergrenze von zuletzt zwölf Millionen Euro die Gewährung von Beihilfen an betroffene Unternehmen mit Umsatzrückgang zur Deckung ihrer ungedeckten Fixkosten erlaubt. In keinem der EU‑rechtlich zulässigen Zuschussregime gab es eine Einschränkung auf Unternehmen, die von behördlichen Betretungsverboten betroffen waren. Bis auf den (direkten und indirekten) Lockdown-Umsatzersatz I und II im November und Dezember 2020 gab es auch in Österreich in keinem Fall – in Einklang mit den Vorgaben des Befristeten Beihilferahmens der EU-Kommission – einen direkten oder indirekten Bezug zu behördlich verhängten Betretungsverboten als Voraussetzung für die Gewährung eines COFAG-Zuschusses. Sämtliche andere Zuschussprodukte (Fixkostenzuschuss 800.000, Verlustersatz I‑III und Ausfallsbonus I‑III) sollen gemäß Befristetem Beihilferahmen Antragsteller nicht bloß wegen behördlichen Betretungsverboten entschädigen, sondern insgesamt die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID‑19 Pandemie für betroffene Unternehmen abfedern.

 

Durch das ABBAG‑Gesetz begünstigte Unternehmen sind daher vielfach (außer in den Fällen des Umsatzersatzes für November und Dezember 2020, welcher als Anspruchsvoraussetzung eine behördliche Schließung vorsah) keinem staatlichen Eingriff in ihr Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums unterlegen. Die Inanspruchnahme ihres Leistungsangebots war in der Regel nicht behördlich verboten (vgl die Ausnahmen gemäß §2 der o.z. COVID‑19-Maßnahmenverordnung, wie zB im Bereich des öffentlichen Verkehrs oder der Tankstellen); die Unternehmen erlitten lediglich Umsatzeinbußen in Folge freiwilligen Fernbleibens ihrer Kunden: Derartiges wird allenfalls als bloß wirtschaftliche Reflexwirkung und nicht als ein Grundrechtseingriff anzusehen sein. Für diese Fälle wird daher aus Art5 StGG bzw Art1 [1.] ZPEMRK mangels Eingriffs in das Grundrecht keine Verpflichtung, einen Entschädigungsanspruch vorzusehen, abzuleiten sein. Ein von allfälligen Beschränkungen des Eigentums (etwa durch Betretungsverbote) unabhängiger Anspruch auf staatliche Förderungen würde zudem für sich allein betrachtet wohl auch nicht in den Schutzbereich des Grundrechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums fallen; nach bisheriger Rechtsprechung wäre dazu das Bestehen einer (vorher zu erbringenden) Gegenleistung Voraussetzung (vgl zB VfSlg 15.129/1998; zur Notstandshilfe).

 

b.) Fehlen einer Entschädigungspflicht

 

Selbst wenn man vom Vorliegen eines Eingriffs in das Grundrecht auf Eigentum ausginge, führt diese nicht zwangsläufig zu einer Entschädigungspflicht.

 

Erstens ist ausgehend von der sog 'Sonderopfertheorie' (vgl dazu näher VfSlg 10.841/1986 uva.) nach dem Verständnis der Bundesregierung eine Entschädigung nur dann geboten, '[w]enn eine Eigentumseinschränkung dem Eigentümer ein besonders gravierendes Opfer zugunsten der Allgemeinheit abverlangt, ihn also in sachlich nicht rechtfertigbarer und unverhältnismäßiger Weise stärker belastet, als im Allgemeinen Personen zugunsten des öffentlichen Wohls belastet sind' (Korinek in Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art5 StGG, Rz 50). Geht man davon aus, dass 'von dem Betretungsverbot (und den damit verbundenen nachteiligen Folgen) [grundsätzlich] alle Handels- und Dienstleistungsunternehmen betroffen waren' (VfSlg 20.397/2020), ist nicht ersichtlich, inwiefern überhaupt ein (sachlich nicht gerechtfertigtes) 'Sonderopfer' vorliegt.

 

Zweitens kann es selbst bei Enteignungen dazu kommen, dass außergewöhnliche Umstände gegen eine Entschädigungspflicht sprechen (vgl EGMR, Holy Monasteries, ÖJZ 1995, 428 ua). Was für Enteignungen gilt, muss umso mehr für bloße Eigentumsbeschränkungen, wie sie allenfalls im vorliegenden Fall vorliegen, gelten, zumal der Verfassungsgerichtshof selbst auf das Vorliegen einer außergewöhnlichen Situation hingewiesen hat. So heißt es in VfSlg 20.397/2020 (Hervorhebung nicht im Original):'Gerade bei Eigentumsbeschränkungen, die aus Anlass einer akut krisenhaften Situation – die massive volkswirtschaftliche Auswirkungen nach sich zieht und (nahezu) alle Wirtschaftszweige erfasst (vgl in diesem Zusammenhang auch die sonstigen Anordnungen der COVID‑19-Maßnahmenverordnung) – zur Vermeidung einer weiteren Verbreitung der Krankheit als erforderlich erachtet wurden, kann aus dem Grundrecht auf Unversehrtheit des Eigentums – in der vorliegenden Konstellation – keine Verpflichtung abgeleitet werden, einen darüber hinaus gehenden Anspruch auf Entschädigung für alle von dem Betretungsverbot erfassten Unternehmen vorzusehen.'

 

Schließlich hat der Verfassungsgerichtshof jüngst im Verfahren G174/2022 (im Zusammenhang mit der zinslosen Stundung bestimmter Kreditvereinbarungen) unter Bezugnahme auf das Erkenntnis VfSlg 20.397/2020 es nicht für erforderlich erachtet, dass durch bestimmte Maßnahmen (dort: der EZB) ein umfassender Ausgleich für die den antragstellenden Parteien auf Grund des §2 Abs6 zweiter Satz 2. COVID‑19‑JuBG entstehenden Belastungen bewirkt wird; es reiche vielmehr aus, dass es – in einer Gesamtbetrachtung – zu einer hinreichenden Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen gekommen ist.

 

3.3. Zum Sachlichkeitsgebots (Art7 B‑VG)

 

Hinsichtlich des Bedenkens zum Sachlichkeitsgebot darf, zwecks Vermeidung von Wiederholungen, auf die Ausführungen unter Teil III.3.1 und III.3.2 sinngemäß verwiesen werden.

 

Im Übrigen sei an dieser Stelle nochmals betont, dass die im gegenständlichen Verfahren zum Tragen kommende Fiskalgeltung der Grundrechte eine gleichheitskonforme sowie sachliche Förderungsvergabe sicherstellt.

 

4. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."

5. Der Verfassungsgerichtshof lud gemäß §20 Abs3 VfGG die Ämter der Landesregierungen ein, sich zu den im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken zu äußern.

5.1. Von Seiten des Landes Kärnten langte beim Verfassungsgerichtshof folgende Äußerung ein:

"1. Erinnert wird zunächst an die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl VfSlg 19.992/2015 zur Kärntner Landes- und Hypothekenbank-Holding; VfSlg 19.993/2015 zur Finanzmarktbeteiligung AG), wonach die Übertragung der privatwirtschaftlichen Angelegenheiten einer Gebietskörperschaft auf einen Rechtsträger privaten Rechts bzw auf einen öffentlich-rechtlich Ausgegliederten, der jeweils seine Aufgaben in den Formen des Privatrechts wahrnimmt, zur Konsequenz hat, dass es sich bei dessen Aufgabenerfüllung nicht mehr um staatliche Verwaltung handelt.

 

Die genannte Judikatur referenziert auf die Lehrmeinung (ua Korinek, Staatsrechtliche Bedingungen und Grenzen der Ausgliederung und Beleihung, ÖZW 2000, S. 46), dass die Tätigkeit eines ausgegliederten Unternehmens nicht mehr Staatstätigkeit ist, sondern Unternehmenstätigkeit, und dass der Zurechnungszusammenhang zum Staat durchbrochen wird. Weiters endet die Möglichkeit, Weisungen iSd Art20 Abs1 B‑VG zu erteilen.

 

2. Mit Rill, Zum Verwaltungsbegriff, in FS Antoniolli 1979, S. 35 (48 f.), sind die Tätigkeiten ausgegliederter Rechtsträger als Privatrechtssubjekte von der Privatwirtschaftsverwaltung der Gebietskörperschaften grundsätzlich zu unterscheiden. Besteht keine spezifische organisatorische Nahebeziehung, wird nicht davon ausgegangen werden können, dass die Tätigkeit eines ausgegliederten Rechtsträgers zur Privatwirtschaftsverwaltung einer Gebietskörperschaft zu zählen ist. Dazu führt Rill wörtlich aus[…]:

 

'Lediglich die von Bund, Ländern und Gemeinden (Gemeindeverbänden) in Ausübung ihrer Privatrechtssubjektivität entfalteten Aktivitäten sind bundesverfassungsrechtlich als Verwaltung im Sinne der Trias der Staatsfunktionen eindeutig ausgewiesen (Art17 und Art116 Abs2 B‑VG). Für eine durchgängige Gleichstellung der sog Privatwirtschaftsverwaltung der Gebietskörperschaften mit der Ausübung der Privatrechtssubjektivität der sonstigen juristischen Personen fehlt es an Anhaltspunkten. Die ausdrücklich die Verwaltung betreffenden Bestimmungen des B‑VG beziehen sich – von Ausnahmen abgesehen – offenkundig nicht auf die Ausübung dieser Befugnisse. Eine staatliche Verwaltung in den Formen des Privatrechts, die nicht von den Gebietskörperschaften ausgeübt wird, gibt es grundsätzlich nicht. Die angedeuteten Ausnahmen werden dann anzunehmen sein, wenn öffentlichrechtlich eingerichtete juristische Personen in einer spezifischen organisatorischen Nahebeziehung zu einer Gebietskörperschaft stehen. Als typische Beispiele sind die Verwaltung eines Fonds mit eigener Rechtspersönlichkeit durch ein Organ einer Gebietskörperschaft (zB oö Landes-Wohnungs- und Siedlungsfonds verwaltet von der LReg) und die Tätigkeit jener Rechtsträger zu nennen, deren Organe unter Weisungsbindung an Organe einer Gebietskörperschaft in den Formen des Privatrechts tätig werden (zB Marktordnungsfonds, Weinwirtschaftsfonds). In Fällen dieser Art ist rechtlich gesehen die Differenz zur unmittelbaren Wahrnehmung der Aufgaben durch Organe der Gebietskörperschaft so gering, daß es verfehlt wäre, diese in den Formen des Privatrechts ausgeübte Tätigkeit ausgegliederter Rechtsträger nicht wie Privatwirtschaftsverwaltung der betreffenden Gebietskörperschaft zu behandeln.' (Diese Ausnahmefälle fasst Rill sodann unter dem Begriff 'unechte Ausgliederung' zusammen; a.a.O., S. 49.)

 

Eingedenk dessen kann demnach nur in organisationsbedingten Ausnahmefällen die Tätigkeit eines ('unecht') ausgegliederten Rechtsträgers als Privatwirtschaftsverwaltung einer Gebietskörperschaft qualifiziert werden.

 

3. An den genannten Verwaltungsbegriff schließen Korinek/Holoubek, Privatwirtschaftsverwaltung – der gebändigte Leviathan?, in FS Aicher, 2012, S. 307 (321), an, wenn sie zu einer zentralen Systemauswirkung der Ausgliederung feststellen:

 

'In dem Moment, in dem der Gesetzgeber das ‚organisatorische Band‘ zur staatlichen Verwaltung im engeren Sinn durchtrennt und Aufgaben der Privatwirtschaftsverwaltung auf ausgegliederte Rechtsträger überträgt, gleichwohl aber ihren Charakter als staatliche Aufgabe beibehält, verändert sich nach herrschender Auffassung das verfassungsrechtliche legitimatorische Leitbild, wie es Art20 Abs1 B‑VG zugrunde liegt, [...] grundsätzlich. Weil es sich bei der nicht hoheitlichen Aufgabenwahrnehmung durch ausgegliederte Rechtsträger, ungeachtet deren bestehender staatlicher Beherrschung und der Übertragung staatlicher Aufgaben, nicht mehr um Verwaltung, auch nicht um Privatwirtschaftsverwaltung, im verfassungsrechtlichen Sinn handelt, ist der Leitungs- und Weisungszusammenhang aus Art20 Abs[1] B‑VG durchbrochen und besteht aus dieser Verfassungsbestimmung heraus keine Verpflichtung für den Gesetzgeber (vergleichbar, wie dies nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung bei der Beleihung gilt), einen solchen sicherzustellen.'

 

Andererseits werfen die genannten Autoren – in Anknüpfung an Aicher – trotz 'dogmatischer Bruchstellen', jedoch mit Blick auf das Organisationsmodell der Verwaltung, die Frage nach einer Pflicht zur Normierung von angemessenen Ingerenzbeziehungen bzw nach einem Gebot der Sachangemessenheit der gewählten Organisationsform auf, was allenfalls entweder im Rahmen der Ausgliederungsgesetzgebung oder sondergesellschaftsrechtlich bewerkstelligt werden kann bzw unmittelbar die beteiligten Verwaltungsorgane adressieren würde (a.a.O., S. 322 ff.).

 

Offenbar soll damit eine Nahebeziehung zum Träger der Privatwirtschaftsverwaltung realisiert werden, um die organisatorische Ferne der nichtstaatlichen Rechtsträger und das Fehlen eines Leitungs- und Weisungszusammenhangs – als Folge des durchschnittenen 'organisatorischen Bands' – zu kompensieren. Die Herstellung einer Nahebeziehung kann sich freilich zu Lasten des verfassungsrechtlichen Effizienzgebotes (als ein Ausgliederungserfordernis; vgl VfSlg 14.473/1996) und der Privatautonomie der Beteiligten auswirken und dem Anliegen einer 'echten' Ausgliederung zuwiderlaufen. Fraglich erscheint, ob überhaupt und, falls ja, bei welchen Aufgaben der Privatwirtschaftsverwaltung eine Pflicht zur Normierung von angemessenen Ingerenzbeziehungen bzw ein Gebot der Sachangemessenheit der gewählten Organisationsform dogmatisch argumentiert werden kann, oder es sich dabei nicht vielmehr um ein legitimes rechtspolitisches Postulat handelt.

 

4. Nach einer der herrschenden Lehre zuwiderlaufende Meinung liegt – im Licht einer materiellen Betrachtung ('Staat im funktionellen Sinn') – Verwaltung iSd Art20 Abs1 B‑VG auch dann vor, wenn ein ausgegliederter Rechtsträger in einem 'Aufgabenübertragungszusammenhang' mit dem nicht-hoheitlich handelnden Staat steht (so Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht6, 2021, Rz 45 und 378; ferner Raschauer, Art20/1 B‑VG, in: Korinek/Holoubek et alii [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht – Kommentar, Rz 65).

 

Dagegen lässt sich einwenden, dass der Staat in der Privatwirtschaftsverwaltung nicht – wie im Falle der Beleihung – durch außenwirksame gesetzliche Regelung Hoheitsaufgaben überträgt und damit eine funktionelle Organstellung schafft, sondern die von der öffentlichen Hand gegründeten oder zivilrechtlich (als Erfüllungsgehilfen, direkte oder indirekte Stellvertreter oder Beauftragte) herangezogenen nichtstaatlichen Rechtsträger auf Basis ihres jeweiligen (gesetzlichen oder gesellschaftsrechtlichen) Organisationsstatuts selbst als Privatrechtssubjekte tätig werden und eigene Aufgaben wahrnehmen, mögen damit von staatlicher Seite auch öffentliche Interessen verfolgt werden. Anders als in der Hoheitsverwaltung ist in der Privatwirtschaftsverwaltung nur der 'Innenbereich' hinsichtlich der Organisation (einschließlich des Leitungs- und Weisungszusammenhanges) und der staatlichen Willensbildung (allenfalls auch hinsichtlich statutargesetzlicher Verhaltenspflichten) öffentlich-rechtlich bestimmt, während die Durchführung der Privatwirtschaftsverwaltung als Funktion im 'äußeren' Handlungsbereich dem Privatrechtsregime – damit also der privatautonomen Gestaltung (Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch die Privatrechtssubjekte nach ihrem Willen) – unterliegt (vgl Winkler, Theorie und Methode in der Rechtswissenschaft, 1989, S. 96). Bei der Tätigkeit nichtstaatlicher Rechtsträger in Ausübung ihrer eigenen Privatrechtssubjektivität handelt es sich nicht mehr um Verwaltung iSd Art17 und Art116 Abs2 B‑VG (d.h. Verwaltung von Bund, Ländern und Gemeinden als Träger von Privatrechten), innerhalb welcher diese Dritten eine Organfunktion ausüben würden (siehe bereits oben Rill).

 

Außer Zweifel steht jedoch, dass die von Raschauer festgestellten 'Aufgabenübertragungszusammenhänge' in der Rechtsordnung zu finden sind (siehe dazu unten).

 

5. Der unter Rz 17 der Begründung des Prüfungsbeschlusses vertretenen vorläufigen Auffassung, dass im Hinblick auf die 'besondere Tätigkeit der COFAG' staatliche Verwaltung im funktionellen Sinn vorliegt, ist entgegenzuhalten, dass es nicht auf eine materielle, am Inhalt der Tätigkeit orientierte Sichtweise ankommen kann (materieller Verwaltungsbegriff), sondern allein darauf, ob sich im positiven Recht Anhaltspunkte für die Annahme finden, dass ein nichtstaatlicher Rechtsträger mit der Besorgung von bestimmten Angelegenheiten, deren Wahrnehmung an sich durch die staatliche Privatwirtschaftsverwaltung erfolgen könnte, betraut worden ist.

 

Wie ein Blick auf das Normenmaterial zeigt, kann eine konkrete Ausgliederung bzw Privatisierung dazu führen, dass

 

a) eine Angelegenheit, anstelle in der Privatwirtschaftsverwaltung besorgt zu werden, einem nichtstaatlichen Rechtsträger zur Besorgung zugewiesen wird (siehe zB das Bundesbahngesetz 1992, BGBl Nr 825/1992, und das Kärntner Wirtschaftsförderungsgesetz, LGBl Nr 6/1993 idgF), oder

 

b) einem nichtstaatlichen Rechtsträger die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe der Privatwirtschaftsverwaltung (siehe zB die §§9 und 11 ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997, BGBl I Nr 113/1997 idgF; §4 Abs1 Z3 iVm §1 Abs1 Bundesforstegesetz 1996, BGBl Nr 793/1996 idgF) oder die Besorgung einer sonstigen (nicht als gesetzliche Aufgabe definierten) Angelegenheit der Privatwirtschaftsverwaltung ausdrücklich übertragen wird (siehe zB §4 Abs1 Z2 und Abs4 Bundesforstegesetz 1996; §2 Abs3 und §7 Abs1 Kärntner Landesmuseumsgesetz, LGBl Nr 72/1998 idgF).

 

Im Fall a) bewirkt die Ausgliederung aus der Privatwirtschaftsverwaltung im organisatorischen Sinn einen Rückzug von der staatlichen Besorgung bzw nimmt der Staat vom eigenen Tätigwerden in der Privatwirtschaftsverwaltung Abstand ('Aufgabenprivatisierung'). Im Fall b) lässt der Staat hingegen ausgewiesene Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung durch Dritte besorgen ('Organisationsprivatisierung'). Da im Fall a) eine Staatstätigkeit nicht (mehr) besteht, könnte wohl nur im Fall b) davon gesprochen werden, dass Dritte an der 'Privatwirtschaftsverwaltung im funktionellen Sinn' mitwirken und daher in einem 'Aufgabenübertragungszusammenhang' zum Staat als Träger von Privatrechten stehen.

 

Im Hinblick auf die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) dürften insbesondere der Einleitungssatz des §2 Abs2 ABBAG‑Gesetz ('Zu diesem Zweck obliegt der Gesellschaft nach Maßgabe einer gesetzlichen Ermächtigung oder Beauftragung durch den Bundesminister für Finanzen ...') iVm Abs1 Z3 und Abs2 Z7 leg.cit., ferner §6a Abs2 erster Satz leg.cit. ('Über Auftrag des Bundesministers für Finanzen wurde gemäß §2 Abs2a die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) gegründet und dieser die Erbringung der Dienstleistungen und finanziellen Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 übertragen.'), §3b leg.cit. sowie die Fixkosten‑VO (deren Pkt. 2.3 ebenfalls den Auftrag des Bundesministers für Finanzen an die COFAG thematisiert) nahelegen, dass eine Aufgabendelegation im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes gegeben ist (siehe den obe[n] [e]rwähnten Fall b))."

5.2. Von Seiten des Landes Wien langte beim Verfassungsgerichtshof folgende Äußerung ein:

"Die in den Rz 28 bis 33 des Beschlusses geäußerten Bedenken bezüglich der auf Grundlage des Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG‑Gesetz) erlassenen Verordnungen werden geteilt. Nachdem der Verfassungsgerichtshof in VfSlg 20.397/2020 die (teils) privatrechtsförmig erbrachten Ausgleichsleistungen an Unternehmen, die von den im Zusammenhang mit der COVID‑19‑Pandemie gesetzten behördlichen Maßnahmen betroffen waren, im Ergebnis als funktionelles Äquivalent zu behördlich zu entscheidenden Entschädigungsansprüchen nach §32 des Epidemiegesetzes 1950 (EpiG) qualifiziert hat, widerspricht es dem aus dem Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 des Staatsgrundgesetzes (StGG) und Art7 Abs1 B‑VG abgeleiteten Sachlichkeitsgebot, dem Rechtsstaatsprinzip und letztlich auch dem Grundrecht auf Eigentum gemäß Art5 StGG und Art1 des 1. Zusatzprotokolls der Europäischen Menschenrechtskonvention (1. ZPEMRK), den betroffenen Unternehmen keinen Rechtsanspruch auf die vorgesehenen Ausgleichsleistungen einzuräumen.

 

Unbeschadet des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der COVID‑19‑Pandemie, ist dieser durch die inhaltlichen Schranken des Gleichheitsgrundsatzes gebunden (VfSlg 20.397/2020). An dieser Stelle ist in Erinnerung zu rufen, dass der Gesetzgeber für durchsetzbare Ansprüche nach §32 EpiG keine Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen getroffen hat. Nichtsdestotrotz schließt das Maßnahmen- und Rettungspaket zu COVID‑19 öffentliche Unternehmen von zahlreichen wesentlichen Hilfsleistungen (vgl zum finanziellen Umfang der Hilfsleistungen den Bericht des Rechnungshofes Reihe BUND 2022/12, COVID‑19 – Struktur und Umfang der finanziellen Hilfsmaßnahmen: Datenaktualisierung) ohne sachlich erkennbaren Grund bereits aufgrund ihrer öffentlichen Rechtsträgerschaft aus. Das betrifft u. a. folgende Hilfsleistungen, die alle auf Basis von Verordnungen gemäß §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz gewährt wurden: COFAG Ausfallsbonus, COFAG Fixkostenzuschuss, COFAG Fixkostenzuschuss 800.000, COFAG Verlustersatz, COFAG Standortsicherungszuschuss.

 

Die Argumentation der Bundesregierung scheint hier zu verkennen, dass zahlreiche öffentliche Unternehmen, auch wenn sie im Eigentum einer Gebietskörperschaft stehen, im Wettbewerb mit privaten Unternehmen stehen. Das führt etwa für die antragstellende Partei, die als Fahrtendienstunternehmen insbesondere Dienste zur Beförderung von Menschen mit eingeschränkter Mobilität anbietet, dazu, dass sie im Gegensatz zu ihren privaten Mitbewerbern – bei völlig gleichen wirtschaftlichen Voraussetzungen (Umsatzrückgängen, hohen Fixkosten usw) – einzig aufgrund der öffentlichen Eigentümerschaft von wesentlichen Hilfsmaßnahmen zur Abfederung der Folgen der COVID‑19-Pandemie ausgeschlossen ist. Das vom Verordnungsgeber gewählte Differenzierungsmerkmal der öffentlichen Rechtsträgerschaft lässt sich dabei kaum mit den in §2 Abs1 Z3 ABBAG‑Gesetz normierten Zielsetzungen in Einklang bringen, da es für sich genommen keine Aussage über 'die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit, Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten dieser Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen' gebotenen finanziellen Maßnahmen zulässt. Das offenbar zugrundeliegende Kalkül, dass sich im öffentlichen Eigentum stehende Unternehmen in derartigen Situationen an ihren Eigentümer zu wenden hätten bzw von diesem 'aufgefangen' würden, ist schlicht unzutreffend. Ansonsten wäre dieses Kalkül, um Gleiches gleich zu behandeln, auch bei sämtlichen anderen (privaten) Konzernunternehmen anzuwenden, da auch hier zunächst die Konzernmuttergesellschaft z. B. Liquiditätshilfen zur Verfügung stellen könnte, so sie – ebenso wie der öffentliche Eigentümer – über entsprechende finanzielle Mittel verfügt.

 

Der reine Verweis auf die gebotene diskriminierungsfreie Gewährung von Ausgleichsleistungen durch die Fiskalgeltung der Grundrechte (zuletzt u. a. OGH vom 16. September 2020, Zl 6 Ob 162/20x) vermag im vorliegenden Fall keine ausreichende Abhilfe zu schaffen. Denn qualifiziert man die von der COFAG zu gewährenden Ausgleichsleistungen als funktionelles Äquivalent zu dem durch das umfassende Maßnahmen- und Hilfspaket zu COVID‑19 überlagerten durchsetzbaren Anspruch nach §32 EpiG, so ist bereits die offenbare Umsetzung in einem Selbstbindungsgesetz mit reinem 'Innennormcharakter', das 'nur die Verwaltung selbst' bindet, 'aber nicht unmittelbar nach außen' wirkt und keine Rechte für die Rechtsunterworfenen begründet (VfSlg 13.973/1994, vgl auch VfSlg 15.430/1999) ungeeignet. Entgegen den in den zitierten Erkenntnissen betroffenen Bereichen der Bundessportförderung sowie Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft, bedürfen Ausgleichsleistungen für die Folgen einer Pandemie keines Rückgriffs auf ein Selbstbindungsgesetz, da ohnedies die Gesetzeskompetenz beim Bund läge.

 

Letztlich handelt es sich bei Entschädigungen auch nicht um einen vergleichbaren 'klassischen' Fall staatlicher Subventionspolitik, sodass weiters zu bedenken ist, dass der rechtspolitische Handlungspielraum des Gesetzgebers auch 'durch das 'Angewiesensein' auf die staatliche Leistung, durch das Maß der Fremdbestimmung, dem der Private aufgrund der konkreten, etwa wirtschaftlichen Umstände ausgesetzt' ist, determiniert wird (OGH vom 24. Februar 2003, Zl 1 Ob 272/02k).

 

Gleichzeitig ist das in §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz enthaltene, für Selbstbindungsgesetze typische, 'Feigenblatt' zur Vermeidung einer Verletzung fremder Kompetenzbereiche mit dem Wortlaut 'Auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen besteht kein Rechtsanspruch' bei Entschädigungen für die Auswirkungen der zur Bekämpfung der COVID‑19-Pandemie gesetzten Maßnahmen weder kompetenzrechtlich notwendig noch unter Bedachtnahme auf die bereits zitierten Zielsetzungen des ABBAG‑Gesetzes und die zudem durch den Verordnungsgeber vorgesehenen weiteren wirtschaftlichen Voraussetzungen der betroffenen Unternehmen verhältnismäßig.

 

Im Ergebnis ist den in Rz 33 ausgeführten vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes hinsichtlich einer Verletzung des Sachlichkeitsgebotes durch die gewählte privatwirtschaftliche Ausgestaltung von Ausgleichsleistungen als funktionelles Äquivalent für einen durchsetzbaren Anspruch auf gesetzlich festzulegende Entschädigungsleistungen beizupflichten."

6. Die im Anlassfall antragstellende Partei erstattete als beteiligte Partei folgende Äußerung:

"1. Das ABBAG‑G und die Übertragung der öffentlichen Aufgabe auf die ABBAG bzw auf die COFAG GmbH

 

Das Bundesgesetz über die Schaffung einer Abbaubeteiligungsgesellschaft des Bundes (ABBAG‑G) wurde im Jahr 2014 im Rahmen der Krise um die verstaatlichte Bank Hypo Alpe‑Adria erlassen. Auf Grundlage des ABBAG‑G wurde eine Aktiengesellschaft, die ABBAG, eingerichtet. Ihre ursprüngliche Aufgabe bestand in der Verwaltung von Anteilen einer Abbaueinheit aus der Hypo Alpe‑Adria-Bank International AG. Die ABBAG steht zu 100 % im Eigentum des Bundes und agiert privatrechtlich.

 

Im Rahmen des COVID‑19 Gesetzes wurde das ABBAG‑G bedeutsam ausgebaut und um die verfahrensgegenständlichen Aufgaben ergänzt. Mit eben diesem Gesetz wurde auch §2 Abs1 Z3 in das ABBAG‑G eingefügt, der den Unternehmensgegenstand der ABBAG erweiterte. Neue Aufgaben der ABBAG gem §2 Abs2 Z7 ABBAG sind die 'Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von finanziellen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten dieser Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind'.

 

Diese Aufgabe wurde auf die als GmbH eingerichtete Tochtergesellschaft, COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG), gem §6a Abs2 iVm §2 Abs2 Z7 ABBAG‑G übertragen. Die COFAG steht zu 100 % im Eigentum der ABBAG.

 

Wirtschaftsförderungen werden in Österreich nahezu ausschließlich privatrechtlich abgewickelt. Es liegt daher grundsätzlich ein Fall der Privatwirtschaftsverwaltung vor. Zu fragen ist aber in concreto, ob es sich auch tatsächlich um eine privatrechtliche Aufgabe oder vielmehr um eine öffentliche Aufgabe handelt.

 

Funk umschreibt 'öffentliche Aufgaben' wie folgt:

 

'Die Qualifikation einer Aufgabe als öffentliche bringt das Vorhandensein eines besonderen Allgemeininteresses an der Art und Weise Ausdruck, wie die betreffende Aufgabe erfüllt wird und welchen Zielen sie dienen soll. Vor allem ist damit ein charakterisierender Gegensatz zu jenen Handlungszielen und deren Realisierungsweisen angesprochen, die den Einzelnen und einzelnen Gesellschaftsgruppen als legitime Verfolgung von Privat- und Sonderinteressen zugestanden werden. (...) Zusammenfassend lassen sich also drei Gruppen von Merkmalen angeben, die für das Vorliegen einer öffentlichen Aufgabe sprechen:

– eine besondere inhaltliche Affinität zu den jeweiligen Zielen der politischen Gemeinschaft

– ein besonderes Interesse an der Art und Weise der Verwirklichung dieser Ziele

– ein besonderer Anspruch an den Staat als verantwortlichen Sachwalter für die Verwirklichung dieser Ziele und die Einhaltung des Weges zu ihnen.'

 

Der Aufgabenbereich der ABBAG wurde infolge der 'Corona-Pandemie' aufgrund der Erwartung ausgebaut, dass die Verbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und zu dessen Bekämpfung getroffene staatliche Maßnahmen zu unverschuldeten Liquiditätsschwierigkeiten und zur Zahlungsunfähigkeit österreichischer Unternehmen führen könnten. Den Materialien ist die Befürchtung zu entnehmen, dass die behördlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit der COVID‑19-Pandemie eine Vielzahl an österreichischen Unternehmen negativ beeinträchtigen wird. Ohne Gewährung finanzieller Unterstützung drohe eine negative Auswirkung auf die österreichische Volkswirtschaft. Die Novelle des ABBAG‑G wurde daher durch das öffentliche Interesse an der Erhaltung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts iSd Art13 B‑VG und dem Erhalt österreichischer Unternehmen begründet.

 

Es liegt auf der Hand, dass das Ziel, einen Wirtschaftszusammenbruch in Folge der Ausbreitung von SARS‑CoV‑2 zu vermeiden, im Allgemeininteresse liegt. ABBAG bzw COFAG verfolgen dabei keine Privat- oder Sonderinteressen. Es handelt sich auch nicht um klassische Wirtschaftsförderungen, welche die Wirtschaft in eine gewissen Richtung lenken sollen (wie etwa bei der Förderung erneuerbarer Energien). Das erste Kriterium ist daher erfüllt.

 

Auch am Vorliegen des zweiten, oben umschriebenen Kriteriums kann kein Zweifel bestehen, wenn man das erhebliche Ausmaß der von der COFAG abzuwickelnden Beihilfen in Relation zum Jahresbudget berücksichtigt.

 

Schließlich hat der VfGH im Sinne des dritten Kriteriums bereits erkannt, dass ein besonderer Anspruch an den Staat als verantwortlicher Sachwalter für die Verwirklichung dieser Ziele und die Einhaltung des Weges zu ihnen besteht:

 

'Der Verfassungsgerichtshof geht davon aus, dass dem Gesetzgeber in der Frage der Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der COVID‑19-Pandemie ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zukommt. Wenn sich der Gesetzgeber daher dazu entscheidet, das bestehende Regime des §20 iVm §32 Epidemiegesetz 1950 auf Betretungsverbote nach §1 COVID‑19-Maßnahmengesetz iVm §1 COVID‑19-Maßnahmenverordnung‑96 nicht zur Anwendung zu bringen, sondern stattdessen ein alternatives Maßnahmen- und Rettungspaket zu erlassen (vgl Punkt 2.3.6. oben), so ist ihm aus der Perspektive des Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art2 StGG sowie Art7 B‑VG nicht entgegenzutreten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die vom Gesetzgeber vorgesehenen Leistungen zwar (teilweise) im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung (Art17 B‑VG) erbracht werden. Aus der Fiskalgeltung der Grundrechte (vgl etwa OGH 23.12.2014, 1 Ob 218/14m; 23.5.2018, 3 Ob 83/18d) folgt aber, dass Betroffene einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf haben, dass ihnen solche Förderungen in gleichheitskonformer Weise und nach sachlichen Kriterien ebenso wie anderen Förderungswerbern gewährt werden.'

 

Es handelt sich daher um eine öffentliche Aufgabe, die auf eine juristische Person des Privatrechts ausgegliedert wurde. Rechtsgrundlage einer COFAG-Förderung ist dabei ein privatrechtlicher Fördervertrag, den die COFAG mit dem jeweiligen Förderungswerber abschließt. Bei funktioneller Betrachtungsweise, insbesondere im Hinblick auf die Ziele der COFAG einerseits und der neuen Rsp des VfGH andererseits, weisen die Förderungen aber eine klare Nähe zu staatlichen Entschädigungsleistungen auf, wie im Folgenden gezeigt wird.

 

2. Die Qualifikation der Förderungen als öffentlich-rechtliche Entschädigungen

 

Eine öffentlich-rechtliche Entschädigung hat eine Ausgleichfunktion; nachteilige Ereignisse durch rechtmäßiges Handeln der Verwaltungsbehörden sollen wieder ausgeglichen werden.

 

In der Lehre wurden dazu drei funktionelle Kriterien entwickelt, um das Rechtsinstitut des Entschädigungsrecht von anderen Rechtsinstituten abzugrenzen.

 

1. Zunächst sind Entschädigungsleistungen nicht generalklauselartig, sondern speziell formuliert. Eine Entschädigung gebührt nur für bestimmte, gesetzlich genau definierte nachteilige Ereignisse.

 

Das ABBAG‑G definiert in §2 Abs1 Z3 und Abs2 Z7 exakt jene nachteiligen Ereignisse, für welche die ABBAG bzw die COFAG Dienstleistungen erbringen und Maßnahmen ergreifen. Die Förderungen der ABBAG bzw COFAG sollen zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit, Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten zugunsten von Unternehmen, im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers von SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen, erbracht werden.

 

2. Entschädigungsleistungen sollen einen Ausgleich für erlittene Nachteile darstellen, die entweder nicht rückgängig gemacht werden können oder nicht rückgängig gemacht werden sollen.

 

Für die Leistungen der COFAG gilt zweiteres. Die Förderungen verfolgen nicht den Zweck, die Unternehmen in die Lage vor Eintritt des schädigenden Ereignisses zu versetzen. Vielmehr dienen die Förderungen zur Behütung vor Zahlungsunfähigkeit, insolvenzrechtlicher Überschuldung und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten, die den Unternehmen durch unverschuldete Verwirklichung der Pandemierisiken und dem damit verbundenen behördlichem Handeln entstanden sind.

 

3. Die Entschädigungen sollen einen angemessenen Ausgleich zwischen öffentlichen und subjektiven Interessen herstellen. Die erlittenen Nachteile werden nicht vollständig ausgeglichen, der Ausgleich muss angemessen sein.

 

Das Ziel des ABBAG‑G ist es, einen angemessenen Ausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse, die Verbreitung der Pandemie durch behördliche Maßnahmen einzudämmen und dem subjektiven Interesse der Unternehmen, erwerbswirtschaftlich tätig zu sein, zu schaffen.

 

Schlussfolgerung:

 

Legt man die drei Kriterien für die Qualifikation als öffentlich-rechtliche Entschädigung auf die COFAG um, so sind die zu gewährenden Förderungen bei funktioneller Betrachtungsweise als Entschädigungen anzusehen. Dies geht auch bereits aus dem Erkenntnis VfGH 14.7.2020, G202/2020 hervor.

 

In diesem Verfahren musste sich der VfGH mit der Behauptung auseinandersetzen, es handle sich bei den, durch das COVID‑19-Maßnahmengesetz iVm der COVID‑19-Maßnahmenverordnung verhängten Betretungsverboten um verfassungswidrige Eigentumsbeschränkungen, weil die Anwendung des §32 Epidemiegesetz ausgeschlossen und keine entsprechenden Entschädigungen für daraus resultierende Umsatzverluste vorgesehen wurden. Zwar erkannte der VfGH an, dass 'das durch §1 COVID‑19-Maßnahmenverordnung bewirkte Betretungsverbot von Kundenbereichen des Handels, von Dienstleistungsunternehmen sowie von Freizeit- und Sportbetrieben einen erheblichen Eingriff in ihre grundrechtlich geschützte Rechtsposition darstellt.', er wies eine Verfassungswidrigkeit der Bestimmung jedoch mit der Begründung ab, dass das Betretungsverbot nicht als isolierte Maßnahme, sondern Teil eines 'umfangreichen Maßnahmen- und Rettungspaketes' erlassen wurde. §32 Epidemiegesetz komme demnach nicht zur Anwendung, jedoch werden im Rahmen dieses Paketes andere Maßnahmen vorgesehen, welche funktionell darauf abzielen, 'die wirtschaftlichen Auswirkungen des Betretungsverbotes auf die davon betroffenen Unternehmen bzw allgemein die Folgen der COVID‑19-Pandemie abzufedern und damit eine im Wesentlichen vergleichbare Zielrichtung wie die Einräumung von Ansprüchen auf Vergütung des Verdienstentganges nach §32 Epidemiegesetz 1950' haben.

 

Der VfGH anerkennt in seinem Urteil insofern, dass es sich bei den in §2 Abs1 Z3 und Abs2 Z7 ABBAG‑G vorgesehenen Maßnahmen um Ausgleichsmaßnahmen handelt, wenn er als Beispiel für Maßnahmen, 'zur Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen des Betretungsverbotes gemäß §1 COVID‑19-Maßnahmengesetz iVm der COVID‑19-Maßnahmenverordnung' den in den Richtlinien gemäß §3b Abs3 ABBAG‑G festgelegten Fixkostenzuschuss nennt.

 

In den Richtlinien gemäß §3b Abs3 ABBAG‑G vorgesehene Ausgleichszahlungen sind demnach als ein funktionelles Äquivalent zu Entschädigungen anzusehen.

 

Schließlich sei noch angemerkt, dass aus den letzten zwei Kriterien, die sich mit der Tatsache befassen, dass Entschädigungen vermögensrechtliche Nachteile nicht vollständig ausgleichen (anders zB im Schadenersatzrecht) – es wird nur ein Beitrag, eine Hilfe geleistet – geschlossen werden kann, dass sich in derartigen Verfahren keine rechtlich gleichgeordneten Rechtsträger gegenüberstehen (Subjektstheorie). Die individuellen Lasten, die negativen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie, werden zwar auf die Allgemeinheit verteilt. Das übergeordnete Rechtssubjekt – der Staat – regelt jedoch einseitig, inwieweit ein Vermögensverlust der Rechtsunterworfenen ausgeglichen wird.

 

Weiters wird die Qualifikation als öffentlich-rechtliche Entschädigung auch durch eine Abgrenzung zum Begriff der Subvention deutlich. Der OGH definiert in ständiger Rechtsprechung Subventionen bzw Förderungsmaßnahmen als vermögenswerte Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln, die ein Verwaltungsträger oder eine andere mit der Vergabe solcher Mitteln betraute Institution einem Privatrechtssubjekt zukommen lässt, wobei sich der Subventionsempfänger zu einem im öffentlichen Interesse gelegenen subventionsgerechten Verhalten verpflichtet. Diese Förderungsmaßnahmen stellen nach herrschender Rechtsprechung keine 'Zuwendungen ohne Gegenleistung' dar.

 

Wie oben bereits ausgeführt, ist es nicht Ziel der Maßnahmen, ein gewisses förderungswürdiges Verhalten zu erzielen oder Anreize für bestimmte wirtschaftsförderliche Maßnahmen durch Unternehmen zu setzen. Es handelt sich sehr deutlich um Unterstützungen, welche, durch staatliche Maßnahmen als Reaktion auf eine globale Krisensituation eingetretene, finanzielle Gefahren und Nachteile ausgleichen sollen.

 

3. Verletzung des verfassungsgesetzlich normierten Weisungszusammenhanges

 

Die COFAG GmbH handelt beim Abschluss von Förderungsverträgen, wie bereits ausgeführt und soweit wohl unstrittig, privatrechtlich. Es liegt dabei eine Organisations- und nicht eine Aufgabenprivatisierung vor. Die Förderungen der COFAG sind funktionell als öffentlich-rechtliche Entschädigungen zu sehen (siehe Punkt 2.).

 

Die COFAG ist zu budgetär äußerst weitreichenden Entscheidungen über Förderungen berufen, ohne jeglicher Leitungs- und Aufsichtsbefugnis des Staates zu unterliegen.

 

Eine derartige Diskrepanz zwischen der Bedeutung der Aufgabe und der fehlenden Kontrollmöglichkeiten der Aufgabenerfüllung – infolge Ausgliederung aus der Verwaltung und damit aus der verfassungsmäßigen Organisationsvorschriften – kann nicht in Einklang mit der Bundesverfassung gebracht werden. Das ABBAG‑G verstößt daher jedenfalls gegen Art20 Abs1 B‑VG wie im Folgenden zu zeigen ist.

 

Wenn die Bundesregierung in ihrer Äußerung VfSlg 19.992/2015 ausführt, wonach Art20 Abs1 B‑VG bei ausgliederten Unternehmen, die in Form der Privatwirtschaftsverwaltung tätig werden, nicht zur Anwendung gelange, so geht dies am Thema vorbei. Einerseits sind die Aufgaben der Kärntner Landesholding nicht mit jenen der COFAG vergleichbar (siehe oben), andererseits war letztlich in der zitierten Entscheidung (lediglich) zu beantworten, ob Unterlagen an den U‑Ausschuss vorzulegen sind.

 

Auch die Bedenken der Bundesregierung, wonach sich bei einem funktionellen Verständnis nicht nur im gegenständlichen Fall, sondern grundsätzlich bei jeder Tätigkeit privatrechtlich-organisierter Rechtsträger die Frage stellen könnte, ob ausnahmsweise staatliche Verwaltung (im funktionellen Sinn) vorliegt, die mit weiteren verfassungsrechtlichen Implikationen, wie dem Erfordernis der Schaffung von Ingerenzbefugnissen eines obersten Organs der Vollziehung, verbunden wäre, teilt die antragstellende Partei nicht. Die COFAG hat, wie oben ausgeführt, Entschädigungsleistungen zu erbringen. Dabei werden Leistungen (undifferenziert) sowohl an Unternehmen erbracht, die direkt von einem Maßnahmenpaket betroffen waren (weil diese zB gar nicht betreten werden durften), als auch an Unternehmen, die indirekt betroffen waren, weil zB weniger Personen aufgrund der Lockdowns Verkehrsdienstleistungen in Anspruch nahmen oder sich generell aufgrund der Verunsicherungen über die Gefährlichkeit des Virus zB die Kauflaune in Grenzen hielt. Im Endeffekt kann auch davon ausgegangen werden, dass auch Unternehmen Zuschüsse erhalten haben, die weder unter die erste, noch unter die zweite Kategorie fallen, sondern aus völlig anderen Gründen die monetären Kriterien erfüllten. Wendet man die untern Pkt 1. und 2. beschriebenen Kriterien an, so ist nicht damit zu rechnen, dass es bei funktioneller Betrachtung zu einem 'Wildwuchs' an funktionell zu betrachtenden ausgegliederten Rechtsträgern komme.

 

Die erwähnten unterschiedlichen Betroffenheiten der Unternehmen anerkennt wohl auch die Bundesregierung, wenn sie ausführt (Seite 20):

 

'Wie noch unter Teil III.3 genauer ausgeführt wird, ist zudem die Annahme, dass der Gesetzgeber die von der COFAG zu gewährenden Ausgleichsleistungen als ein funktionelles Äquivalent zu behördlich zu entscheidenden Entschädigungsansprüchen nach dem Epidemiegesetz 1950 anzusehen scheint, nur zum Teil einschlägig; nämlich insoweit, wie schon in VfSlg 20.397/2020 erkannt wurde, dass solche Ausgleichmaßnahmen die Verhältnismäßigkeit von behördlich verfügten Eigentumsbeschränkungen (auch im Falle eines gleichzeitigen Ausschlusses des Anspruchs auf Vergütung für den Verdienstentgang gemäß dem Epidemiegesetz 1950) zu gewährleisten vermögen. Gerade weil die Funktion der gegenständlichen Beihilfen, wie etwa des im Anlassfall einschlägigen Fixkostenzuschusses, regelmäßig weit über die Funktion eines Entschädigungsanspruchs hinausgehen, lässt sich aus dieser jedoch nicht auf eine staatliche Verwaltung im funktionellen Sinn schließen.'

 

Da die von der COFAG anzuwendenden Regelwerke aber nicht zwischen unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen der COVID-Maßnahmenpakete unterscheiden, kann auch bei der Prüfung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der in Prüfung gezogenen Bestimmungen nicht unterschieden werden. Auch wenn nur ein Teil den funktionellen Entschädigungsbegriff erfüllen würde, so würde dieser Teil auch den restlichen mit Verfassungswidrigkeit infizieren.

 

Die Frage, ob der Staat in concreto zu Entschädigungen verpflichtet gewesen ist oder nicht (siehe Äußerung BReg 32), stellt sich dabei nach Auffassung der antragstellenden Partei im gegenständlichen Zusammenhang nicht. Unstrittig hat der Staat Entschädigungen gewährt und sich insofern selbst gebunden. Wenn er dies tut, so hat dies den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu entsprechen.

 

3.1. Anwendung des Art20 Abs1 B‑VG und die Verletzung des Ingerenzprinzips

 

Das demokratische Prinzip der österreichischen Bundesverfassung bedingt einen hierarchischen Verwaltungsaufbau, bei dem über- und untergeordnete Verwaltungsorgane durch Weisungs- bzw Leitungszusammenhänge miteinander verbunden sind und weisungsfreie oberste Organe die Spitze bilden. Diese Systematik sichert und bedingt die Letztverantwortung der obersten Verwaltungsorgane für eine gesetzeskonforme Verwaltungsführung gegenüber den direkt durch Volkswahl legitimierten parlamentarischen Organen. Hinter Art20 Abs1 B‑VG leuchten somit das demokratische Prinzip und das Gewaltenteilungsprinzip hervor.

 

Die Leitungsbefugnis besteht einerseits aus dem Weisungsrecht und der korrespondierenden Gehorsamspflicht und andererseits aus der Aufsicht, dem Recht Informationen und Berichte aufzufordern in Bezug auf das ordnungsgemäße Führen der übertragenen Verwaltungsaufgaben und verbürgt schließlich dem leitenden Organ Organisations‑, Personal- und Finanzhoheit.

 

Art20 Abs1 B‑VG steht einer Ausgliederung staatlicher Aufgaben an eigenständige Rechtsträger nicht entgegen. Übertragungsakte dürfen jedoch nur so weit erfolgen, als damit das von Art19 B‑VG und Art20 B‑VG festgelegte Organisationskonzept der Bundesverfassung nicht umgangen wird. Dies erfordert im Fall der Ausgliederung vereinzelter Aufgaben an juristische Personen des Privatrechts die gesellschaftsrechtliche Sicherstellung einer hinreichenden Möglichkeit zur Einflussnahme (Ingerenzprinzip). Diesbezüglich sprach der VfGH aus, dass Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse gegenüber ausgegliederten Rechtsträgern ausdrücklich zu normieren sind.

 

Auch im Fall der Ausgliederung nicht-hoheitlicher Aufgaben an nicht-staatliche Rechtsträger wird eine notwendige Ingerenz staatlicher Organe angenommen. Ebenso wie beliehene sind inpflichtgenommene Personen vom Weisungszusammenhang erfasst. Auch wenn man die Aufgabe der [COFAG] – entgegen der hier vertretenen Auffassung – als allein privatrechtliche verstehen wollte, so änderte dies nichts am erforderlichen, aber fehlenden Weisungszusammenhang.

 

Art20 Abs1 B‑VG stellt sicher, dass die demokratischen Legitimationsforderungen des Organisationskonzepts der Bundesverfassung umfassend verwirklicht werden, unabhängig davon, ob die Verwaltungsführung innerhalb der staatlichen Verwaltungsorganisation erfolgt oder der Gesetzgeber zulässiger Weise davon abweicht und private oder öffentliche Rechtsträger funktionell als Verwaltungsorgane vorsieht.

 

Gem §2 Abs2 iVm Abs1 Z3 und Abs2 Z7, ferner §6a Abs1 erster Satz ABBAG‑G wird zwar die Zuständigkeit des Bundesministers für Finanzen für die Aufgabenerteilung, Tochtergesellschaftsgründung und Aufgabenübertragung begründet. Eine weiterreichende Ingerenz wird gesetzlich nicht bestimmt. Das ABBAG‑G normiert bloß in §§2 Abs2a und 6a Abs1 ABBAG‑G, dass die auf die Tochtergesellschaften übertragenen Aufgaben von den Tochtergesellschaften durchgeführt, oder im Namen der Muttergesellschaft erfüllt werden sollen. Weder im ABBAG‑G noch in einem anderen Gesetz wird ausdrücklich ein Weisungsrecht des Bundesministers für Finanzen gegenüber der Geschäftsführung der COFAG normiert. Ganz im Gegenteil wird auf Verordnungsebene, und zwar im Punkt 2.4. des Anhanges zur Fixkosten‑VO bestimmt, dass die Organe der COFAG 'innerhalb dieser Richtlinien bei den Entscheidungen über Fixkostenzuschüsse weisungsfrei' sind.

 

3.2. Keine Ausnahme nach Art20 Abs2 B‑VG

 

Seit Inkrafttreten der Neufassung des Art20 Abs2 B‑VG (BGBl I 2/2008) ist es dem Gesetzgeber auch möglich, Organe, die er mit Aufgaben der Hoheitsverwaltung betraut, abweichend von Art20 Abs1 B‑VG unter den in Art20 Abs2 B‑VG festgelegten Voraussetzungen von der Bindung an Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe freizustellen.

 

Die in Art20 Abs2 B‑VG aufgezählten Kategorien weisungsfreier Verwaltungsbehörden sind taxativ.

 

Der VfGH hat bereits festgestellt, dass Art20 Abs2 wie Art20 Abs1 B‑VG sowohl jene Konstellationen erfasst, in denen Verwaltungsorgane im organisatorischen Sinn die Verwaltung führen, als auch diejenigen, in denen der Gesetzgeber Hoheitsbefugnisse auf nicht staatliche (ausgegliederte) Rechtsträger des privaten oder öffentlichen Rechts überträgt. Art20 Abs2 B‑VG wirkt dabei nicht unmittelbar, sondern verlangt seinem ausdrücklichen Wortlaut zufolge in jedem Fall eine Weisungsfreistellung durch Gesetz, ebenso wie gesetzlich ein der Aufgabe des weisungsfreien Organs angemessenes Aufsichtsrecht der obersten Organe.

 

Im konkreten Fall liegt keiner der Tatbestände des Art20 Abs2 B‑VG vor; auch wenn man mit einiger Fantasie die COFAG unter Z1 oder Z4 subsumieren wollte, so muss bei näherer Prüfung die Anwendung der Ausnahmebestimmung scheitern. Z1 ist schon alleine deswegen nicht erfüllt, weil die COFAG nicht als Organ zur sachverständigen Prüfung tätig wird, sondern als vergebende Stelle. Damit scheidet aber aus, dass – auch wenn sie selbst sachverständig prüfen würde (und insofern weisungsfrei gestellt werden könnte) – diese Weisungsfreistellung auch die Vergabe der Beihilfen selbst umfasst. Abgesehen davon sind nach §2 Abs1 COVID‑19-Förderungsprüfungsgesetz die Finanzämter zur sachverständigen Prüfung berufen. Auch Z4 ist nicht einschlägig. Die Corona-Beihilfen dienen nicht der Förderung des Wettbewerbs, sondern der Verhinderung des Zahlungsausfalls.

 

Letztlich müssen Ausnahmebestimmungen restriktiv ausgelegt werden, um den Regelungszweck des Art20 B‑VG nicht auszuhöhlen. Auch kann eine Ausnahme nur explizit geregelt sein; es kann nicht genügen, wenn die Weisungsfreistellung nur implizit erfolgt, indem – wie vorliegend – der Weisungszusammenhang faktisch durchbrochen wird – mag dies bewusst oder unbewusst erfolgt sein. Wie Art20 Abs2 B‑VG explizit regelt, bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung bzw einer Erweiterung der Ausnahmebestimmungen durch Landesverfassungsgesetz. Eine Weisungsfreistellung durch Verordnung kann die gesetzliche Regelung keinesfalls ersetzen, weil allein dadurch gegen die Gewaltenteilung verstoßen wird. Die Weisungsfreistellung hat durch das Parlament (bzw die Landtage) und nicht bloß durch die Vollziehung zu erfolgen.

 

Darüber hinaus verletzen die in Prüfung gezogenen Bestimmungen auch die Verpflichtung nach Art20 Abs2, ein Aufsichtsrecht vorzusehen. Ein solches existiert schlichtweg nicht. Auch hat der Minister keine direkte Möglichkeit das weisungsfreie Organ (= der/die GeschäftsführerIn als LeiterIn der Organisationseinheit) abzuberufen.

 

3.3. Gesellschaftsrecht unzureichend

 

Gem §20 Abs1 GmbHG sind die Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft verpflichtet, alle Beschränkungen einzuhalten, die im Gesellschaftsvertrag, durch Beschluss der Gesellschafter oder in einer für die Geschäftsführer verbindlichen Anordnung des Aufsichtsrates festgesetzt.

 

Die Weisungskette bis zum Geschäftsführer der COFAG ist allerdings zu lang. Die einzige rechtliche Möglichkeit der Einflussnahme des Bundesministers für Finanzen auf die Geschäftsführung der COFAG nach dem ABBAG‑G scheint im Wege über die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regelungen im GmbH-Gesetz zu bestehen, und zwar durch Erteilung einer gesellschaftsrechtlichen Weisung des BMF als Eigentümervertreter an die Geschäftsführung der ABBAG, eine entsprechende Weisung gegenüber ihrer Tochter, also an die Geschäftsführung der COFAG auszusprechen.

 

3.4. Ergebnis

 

Das organisatorische Sachlichkeitsgebot bringt den allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck, dass zwischen der Organisationsform und der mit dieser Einrichtung zu besorgenden Aufgabe ein Zusammenhang besteht, der einen funktionellen Gleichklang zwischen Form und Aufgabe verlangt.

 

Die öffentliche Aufgabe der ABBAG gem §2 Abs1 Z3 iVm Abs2 Z7 bzw der COFAG GmbH gem §6a Abs1 iVm §2 Abs2a ABBAG‑G und ihre im ABBAG‑G nicht determinierte, nach Punkt 2.4. des Anhanges zur Fixkosten‑VO weisungsfreie Form stehen im krassen Widerspruch zueinander. Das ABBAG‑G verletzt ihre Determinierungspflicht hinsichtlich Normierung angemessener Ingerenzbefugnisse.

 

4. Verletzung des verfassungsgesetzlich normierten Interpellationsrechtes

 

4.1. Anwendung des Art52 B‑VG

 

Das Interpellationsrecht ist das Recht der gesetzgebenden Körperschaften, von den Mitgliedern der BReg Auskünfte zu verlangen. Gegenstand des Interpellationsrechtes ist die 'Geschäftsführung der BReg'; darunter ist die gesamte hoheitliche und privatwirtschaftliche Tätigkeit zu verstehen, die von den Mitgliedern der BReg und den unter ihrer Leitung stehenden Organen zu besorgen ist. Das Interpellationsrecht erfasst den Bereich, indem einem Mitglied der BReg eine Ingerenzmöglichkeit zukommt. Nur Verwaltungshandeln, das dem Bund zuzurechnen ist, zählt zur Geschäftsführung der BReg (eines BM).

 

Das Interpellationsrecht umfasst die gesamte Vollziehung des Bundes (dazu gehören alle Regierungsakte, die hoheitliche Verwaltung sowie die Tätigkeit des Bundes als Träger von Privatrechten), soweit sie der Geschäftsführung der BReg unterliegt. Ausgenommen sind daher die Gerichtsbarkeit iSd Art87 Abs2, sowie jene Angelegenheiten der Vollziehung, die unter der Leitung eines anderen obersten Organs des Bundes (BPräs, Präsident des NR, Präsident des RH, Vorsitzender der VA, Präsident des VfGH, Präsident des VwGH) zu besorgen sind.

 

Die Mitglieder der BReg trifft auch eine Rechenschaftspflicht in Bezug auf Unternehmungen, an denen der Bund zu mindestens 50% beteiligt ist oder die einer gleichartigen Beherrschung durch den Bund unterliegen (Art52 Abs2). Das Interpellationsrecht bezieht sich in diesem Fall auf die Ingerenzmöglichkeiten des Bundes, nicht auf die Tätigkeit der Organe dieser Unternehmungen. Das Interpellationsrecht muss bei ausgegliederten Rechtsträgern gesetzlich oder gesellschaftsrechtlich determiniert werden, damit es eingehalten werden kann. Aus Art52 Abs1 kann nämlich eine Pflicht des Gesetzgebers abgeleitet werden, das Interpellationsrecht einzuhalten.

 

'...Bei ausgegliederten Rechtsträgern ist (sofern kein Fall der Auftragsverwaltung vorliegt) die Ingerenz anhand der gesetzlich oder gesellschaftsrechtlich vorgesehenen Aufsichts- und Einflussmöglichkeiten zu beurteilen (zB gesetzlich festgelegte Berichtspflichten oder Festlegungen im Gesellschaftsvertrag). Das bedeutet, dass sich die parlamentarischen Kontrollrechte in diesen Fällen – da die Tätigkeit von ausgegliederten Rechtsträgern nicht mehr Verwaltungshandeln darstellt – auf die Ausübung dieser Einwirkungsmöglichkeiten beschränken (Pabel, Art52 B‑VG, in Kneihs/Lienbacher, Rz 71ff mwN).'

 

Die COFAG GmbH steht zu 100% im Eigentum der ABBAG, die zu 100% im Eigentum des Bundes steht. Die COFAG GmbH fällt somit unter dem Tatbestand der gleichartigen Beherrschung durch den Bund gem Art52 Abs2 B‑VG.

 

Da das ABBAG‑G die Ingerenzmöglichkeiten des Bundes in verfassungswidriger Weise nicht normiert, verstößt es auch gegen das Interpellationsrecht nach Art52 B‑VG.

 

5. Grundrechtswidrigkeiten des §3b Abs2 ABBAG‑G

 

5.1. Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot gemäß Art2 StGG und Art7 B‑VG

 

Aus dem Gleichheitssatz des Art7 B‑VG erfließt ein umfassendes Sachlichkeitsgebot.

 

'Die zentrale Bedeutung der 'sachlichen Rechtfertigung' bei der Gleichheitsprüfung hat dazu geführt, dass der Gleichheitssatz heute auch als umfassendes Sachlichkeitsgebot verstanden wird. Dabei wird die Gleichheitsprüfung ausschließlich an der Überlegung orientiert, ob für eine bestimmte Norm 'sachliche Gründe' sprechen.'

 

Wie erwähnt, ist die Sachlichkeit der die Ausgliederung der öffentlichen Aufgaben an die COFAG bestimmenden Normen aus mehreren Gründen zu hinterfragen.

 

Im Folgenden soll auch noch auf die Bestimmung des §3b Abs2 ABBAG‑G eingegangen werden, die einen Rechtsanspruch auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen nach §2 Abs2 Z7 ABBAG‑G allgemein ausschließt.

 

In der aktuellen Gesetzgebungspraxis dienen derartige Regelungen dem Ziel, die Außenwirkung von Gesetzen auszuschließen und deren Charakter als sogenannte Statutarnormen bzw Selbstbindungsgesetze zu bezeugen. Auf Ebene des Zivilrechts können Selbstbindungsgesetze im Wege der Fiskalgeltung der Grundrechte mittelbar Außenwirkung entfalten und dem Einzelnen subjektive Rechte gewähren.

 

Handelt es sich konkret aber weder, wie oben dargelegt, um eine 'echte' Privatwirtschaftsverwaltung, die im Falle der Ungleichbehandlung den Rechtschutz an die ordentliche Gerichtsbarkeit ermöglicht, noch um ein hoheitliches, bescheidmäßig zu erledigendes Verwaltungshandeln, das den Rechtschutz an die Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts ermöglicht, so liegt eine Rechtschutzlücke vor, die zwar planwidrig ist, aber nicht durch Analogie geschlossen werden kann. Unzweifelhaft wollte der Gesetzgeber eine Selbstbindung der COFAG regeln, dieser 'Versuch' Wie ist aber gescheitert. Auch der VfGH im Einleitungsbeschluss, Rz 32, ausführt, würde eine derartige Selbstbindung voraussetzen, dass sie sich die Norm auch an ein Organ richtet – konkret ein Organ nach Art19 B‑VG –, das gebunden werden kann.

 

Liegt aber keine wirksame Kontrollmöglichkeit eines obersten Vollziehungsorgans vor, kann auch keine wirksame Selbstbindung vorliegen, weil diese auch die entsprechende interne Kontrolle erfordert. Wird zusätzlich auch noch die externe Rechtschutzmöglichkeit ausgeschlossen, so stellt dies, ganz im Sinne von Rüffler, schon für sich eine Ermächtigung zur Willkür dar und ist somit wegen Verstoß gegen den Gleichheitssatz und das Rechtsstaatlichkeitsprinzip verfassungswidrig.

 

Dabei darf außerdem nicht übersehen werden, dass es sich im gegenständlichen Fall wie unter Punkt 2 erläutert nicht um Subventionen, sondern um Entschädigungen handelt. Diese wären hoheitlich abzuwickeln. Aufgrund der Systematik des österreichischen Rechtschutzsystems ist die Eintrittshürde im zivilen Rechtsweg ungleich höher als im öffentlichen Recht. Dies liegt im Kostenersatzprinzip und der gerichtlichen Eingabegebühr. Betrachtet man den gegenständlichen Ausgangsfall, so waren erstgerichtliche Eingabegebühren in Höhe von ... sowie Gebühren für die Berufung in Höhe von ... zu entrichten. Demgegenüber würde bei einem Rechtszug an die Verwaltungsgerichte eine pauschale Gebühr von € 30,‑‑ zu entrichten sein.

 

6.1. Verletzung der Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK

 

Wie unter Punkt 2. bereits ausgeführt, sind die gem §2 Abs1 Z3 und §2 Abs2 Z7 vorgesehenen Maßnahmen im Einklang mit der Rechtsprechung des VfGH funktionell als Entschädigungen vergleichbar mit denen des §32 EpidemieG anzusehen. Die Argumentation des VfGH im Urteil G202/2020, dass das Betretungsverbot nach dem COVID‑19-Maßnahmengesetz keinen verfassungswidrigen Eingriff darstelle, da im Rahmen des Maßnahmenpaketes andere Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen sind, führt jedoch ins Leere, wenn auf entsprechende Maßnahmen kein Rechtsanspruch besteht.

 

Der pauschale Ausspruch über das Nichtbestehen eines Rechtsanspruches in §3b Abs2 ABBAG‑G führt daher zu entschädigungslosen und somit verfassungswidrigen Eingriffen in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums nach Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK.

 

Aus all diesen Gründen erweisen sich die Bedenken des Verfassungsgerichtshofs als begründet, sodass die in Prüfung gezogenen Bestimmungen aufzuheben sein werden."

7. Der Verfassungsgerichtshof führte öffentliche mündliche Verhandlungen am 14. Juni 2023 und am 19. Juni 2023 durch. Im Rahmen dieser Verhandlungen erörterte der Verfassungsgerichtshof mit den Parteien ausführlich zunächst die Zielsetzungen des Art20 Abs1 B‑VG und deren Bedeutung für die privatwirtschaftliche Verwaltung. Im Anschluss daran ging es um die Fragen, ob und inwieweit die in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entwickelten Beleihungsschranken (vgl VfSlg 14.473/1006, Austro Control; und VfSlg 20.522/2021, AQ Austria) auf die Ausgliederung privatwirtschaftlicher Tätigkeiten anwendbar sind und – gegebenenfalls – welche Bedeutung dies für die Ausgliederung der Tätigkeiten auf die COFAG haben kann. Dabei wurde unter anderem abgehandelt, ob die Ausgliederung der Tätigkeit auf die COFAG dem Sachlichkeitsgebot und dem Effizienzgebot entspricht. Letztlich erörterte der Verfassungsgerichtshof mit den Parteien die Geltung der Grundrechte für die COFAG.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2023 forderte der Verfassungsgerichtshof die Bundesregierung auf, dem Verfassungsgerichtshof Unterlagen betreffend die Entwicklung des Personalstands der Angestellten der COFAG seit deren Gründung, die Entwicklung der Zahl der Bediensteten in der Finanzverwaltung und die Anzahl der Betriebsprüfungen während der COVID‑19-Pandemie, die "Corporate Governance-Struktur" der COFAG sowie die Ausgestaltung des (Zivilrechts‑)Verhältnisses zwischen dem Bundesminister für Finanzen und der COFAG (einschließlich der "Aufträge" des Bundesministers für Finanzen an die COFAG) vorzulegen.

8. Das Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst übermittelte dem Verfassungsgerichtshof im Namen der Bundesministerin für EU und Verfassung die verlangten Unterlagen mit Schreiben vom 16. Juni 2023. Im Einzelnen wurden Unterlagen zur "Personalentwicklung COFAG" (Beilage 1), "Daten Finanzverwaltung (Personal und Anzahl Betriebsprüfungen)" (Beilage 2), "Zusammenstellung der wesentlichen COVID‑19-Maßnahmen" (Beilage 3), "Erwägungen zur Gründung der COFAG" (Beilage 4), "Übersicht Corporate Governance der COFAG (Beilage 5), "Ausgestaltung Auftragsverhältnis BMF‑COFAG (inkl. Konkreter Aufträge)" (Beilage 6), "Übersicht Antrag, Auszahlung und Abschluss des Fördervertrages (inkl. Muster-Vertragsdokumentation)" (Beilage 7), "Übersicht zur Antragsbearbeitung" (Beilage 8), "COFAG Erlöse-Verwaltungsaufwendungen 2020‑2023" (Beilage 9) und "Reduktion der Auszahlungssummen durch Prüftätigkeiten" (Beilage 10) vorgelegt.

II. Rechtslage

Das Bundesgesetz über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG‑Gesetz), BGBl I 51/2014, idF BGBl I 228/2021 lautet (die in Prüfung gezogenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"ABBAG – Abbaumanagementgesellschaft des Bundes

 

§1. (1) Die Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG) wird gemäß §§239 ff Aktiengesetz (AktG), BGBl Nr 98/1965, in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, die ihren Sitz in Wien hat. Die Umwandlung ist in einer nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes unverzüglich abzuhaltenden Hauptversammlung zu beschließen. In diesem Beschluss ist die Firma in 'ABBAG – Abbaumanagementgesellschaft des Bundes' (ABBAG), im Folgenden als Gesellschaft bezeichnet, zu ändern. Die nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderlichen Satzungsänderungen sind vorzunehmen. Der Umwandlung ist die Bilanz der ABBAG zum 31. Dezember 2014 zugrunde zu legen. §243 Aktiengesetz ist auf die Umwandlung nicht anwendbar. Die Geschäftsanteile an der ABBAG haben mehrheitlich im Eigentum des Bundes zu stehen. Die Verwaltung der Anteile namens des Bundes obliegt dem Bundesminister für Finanzen, der die Eigentumsrechte für den Bund in der Generalversammlung auszuüben hat.

 

(2) Sofern in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des GmbH‑Gesetzes, RGBl Nr 58/1906 in der geltenden Fassung, auf die ABBAG anzuwenden.

 

(3) Soweit es für den Betrieb und eine angemessene Kapitalausstattung der Gesellschaft erforderlich ist, wird der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, als Sacheinlage die Anteile, die der Bund an Abbaugesellschaften und Rechtsträgern gemäß §1 Finanzmarktstabilitätsgesetz – FinStaG, BGBl I Nr 136/2008, hält oder die damit zusammenhängenden bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten oder eine Bareinlage in die Gesellschaft einzubringen.

 

Unternehmensgegenstand

 

§2. (1) Der Unternehmensgegenstand der Gesellschaft besteht in

1. der Verwaltung einschließlich der Verwertung von Anteilen und Vermögensrechten des Bundes und der Gesellschaft an Abbaugesellschaften und Rechtsträgern gemäß §1 FinStaG, sowie

2. der Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von Maßnahmen, die jeweils für eine bestmögliche Verwertung des Vermögens und die Liquidation einer Abbaugesellschaft erforderlich oder zur Wahrung der in §1 FinStaG genannten öffentlichen Interessen geboten sind.

3. der Erbringung von Dienstleistungen und dem Ergreifen von finanziellen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen gemäß §3b Abs1, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit, Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten dieser Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind.

 

(2) Zu diesem Zweck obliegt der Gesellschaft nach Maßgabe einer gesetzlichen Ermächtigung oder Beauftragung durch den Bundesminister für Finanzen,

1. der Erwerb und die Übernahme von Anteilen und Vermögensrechten an Abbaugesellschaften und Rechtsträgern gemäß §1 FinStaG,

2. das Ausüben von Eigentumsrechten sowie das Halten, die Verwaltung und Verwertung von Anteilen und Vermögensrechten an Abbaugesellschaften und Rechtsträgern gemäß §1 FinStaG,

3. die Veräußerung und Abgabe von Anteilen und Vermögensrechten an Abbaugesellschaften und Rechtsträgern gemäß §1 FinStaG,

4. die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von Maßnahmen, die jeweils für eine bestmögliche Verwertung des Vermögens und die Liquidation einer Abbaugesellschaft erforderlich oder zur Wahrung der in §1 FinStaG genannten öffentlichen Interessen geboten sind und

5. das Ergreifen von Maßnahmen, durch die die Abwicklung einer Abbaugesellschaft oder eines Rechtsträgers nach §1 FinStaG sichergestellt wird. Die Maßnahmen müssen erforderlich sein, um eine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben Österreichs zu beheben, das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht sicherzustellen oder die österreichische Volkswirtschaft zu schützen, und geeignet sein, wesentlich zur Herstellung nachhaltig geordneter Haushalte im Sinne der Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über einen Österreichischen Stabilitätspakt 2012 – ÖStP 2012, BGBl I Nr 30/2013, beizutragen.

6. die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von Maßnahmen, die zur Wahrung der in §1 FinStaG genannten öffentlichen Interessen geboten sind.

7. die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von finanziellen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen gemäß §3b Abs1, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit, Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten dieser Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Auswirkungen geboten sind.

 

(2a) Über Auftrag des Bundesministers für Finanzen hat die Gesellschaft eine oder mehrere Tochtergesellschaften zu gründen, deren Stamm- oder Grundkapital zur Gänze im Eigentum der Gesellschaft steht. Der Unternehmensgegenstand dieser Tochtergesellschaften hat ausschließlich die Durchführung von Aufgaben, Dienstleistungen und Maßnahmen zu umfassen, die nach diesem Gesetz der Gesellschaft obliegen und von der Gesellschaft über Auftrag des Bundesministers für Finanzen einer oder mehrerer dieser Tochtergesellschaften übertragen und von diesen durchgeführt oder von diesen für die Gesellschaft erfüllt werden können.

 

(3) Die genannten Aufgaben sind in die Satzung der Gesellschaft aufzunehmen. Die Gesellschaft hat diese Aufgaben unter Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit auszuüben.

(4) Abbaugesellschaften gemäß Abs1 sind

1. die Abbaueinheit gemäß §3 des Bundesgesetzes zur Schaffung einer Abbaueinheit (GSA), BGBl I Nr 51/2014,

2. Abbaueinheiten gemäß §83 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes (BaSAG), BGBl I Nr 98/2014 und

3. Abbaugesellschaften gemäß §162 BaSAG.

 

(5) Der Bund hat die Finanzierung der Gesellschaft und des Verwaltungsaufwandes der Gesellschaft im Verhältnis seiner Anteile an der Gesellschaft sicherzustellen. Die Finanzierung von Maßnahmen gemäß Abs2 hat nach Maßgabe der gesetzlichen Ermächtigung oder Beauftragung durch den Bundesminister für Finanzen zu erfolgen.

 

(6) Das Bankwesengesetz – BWG, BGBl Nr 532/1993, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 – WAG 2018, BGBl I Nr 107/2017, und die Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994, BGBl Nr 194/1994, sind für die Erbringung von Dienstleistungen und das Ergreifen von Maßnahmen gemäß Abs2 sowie für den Abschluss damit im Zusammenhang stehender Hilfsgeschäfte der ABBAG nicht anzuwenden. Die ABBAG hat §38 BWG mit der Maßgabe einzuhalten, dass §38 Abs1 2. Satz BWG auch für Geheimnisse gilt, die aufgrund von Auskunftspflichten gemäß diesem Bundesgesetz und gemäß FinStaG dem Bund bekannt zu geben sind. Das Finanzmarkt-Geldwäschegesetz – FM‑GwG, BGBl I Nr 118/2016 ist anzuwenden.

 

(7) §66, §67 und §69 Insolvenzordnung – IO, RGBl Nr 337/1914, und die Bestimmungen des Unternehmensreorganisationsgesetzes – URG, BGBl I Nr 114/1997, sind auf die ABBAG nicht anzuwenden.

 

Bestellung der Organe

 

§3. (1) Die Geschäftsführung der Gesellschaft obliegt dem von der Generalversammlung auf Vorschlag des Bundesministers für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler zu bestellenden Geschäftsführer. Die Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes, BGBl I Nr 26/1998, finden Anwendung. Erster Geschäftsführer ist für die vertraglich mit der Gesellschaft vereinbarte Funktionsdauer der bei Umwandlung gemäß §1 bestellte Vorstand.

 

(2) Bei der Gesellschaft ist ein Aufsichtsrat einzurichten. Die näheren Regelungen sind in der Satzung der Gesellschaft festzulegen. Der nicht auf Arbeitnehmer entfallende Teil der Mitglieder des Aufsichtsrates ist auf Vorschlag des Bundesministers für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler zu bestellen.

 

Bevollmächtigter des Bundes

 

§3a. (1) Der Bundesminister für Finanzen ist ermächtigt, die banktechnische Behandlung (bankkaufmännische Beurteilung durch Bonitätsprüfung und Bearbeitung) der Ansuchen um finanzielle Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 und die Ausfertigung der Finanzierungsverträge sowie die Wahrnehmung der Rechte der ABBAG aus diesen Finanzierungsverträgen, ausgenommen deren gerichtliche Geltendmachung, einem Bevollmächtigten des Bundes nach §1002 ff ABGB zu übertragen. Der Bevollmächtigte muss über die entsprechende Berechtigung zum Betrieb von Bankgeschäften gemäß §1 Abs1 Z1, 3, 4, 7, 8, 10 und 18 BWG oder gemäß §9 BWG in Österreich verfügen.

 

(2) Die Bevollmächtigung ist zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem im Einzelnen vertraglich zu regeln.

 

Richtlinien zur Gewährung von finanziellen Maßnahmen

 

§3b. (1) Finanzielle Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 dürfen nur zu Gunsten von Unternehmen gesetzt werden, die ihren Sitz oder eine Betriebsstätte in Österreich haben und ihre wesentliche operative Tätigkeit in Österreich ausüben.

 

(2) Auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen besteht kein Rechtsanspruch.

 

(3) Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Vizekanzler unter Beachtung der geltenden Vorgaben des EU-Beihilfenrechtes per Verordnung Richtlinien zu erlassen, die insbesondere nachstehende Regelungen zu enthalten haben und die auch im Internet zur Abfrage bereit zu halten sind:

1. Festlegung des Kreises der begünstigten Unternehmen,

2. Ausgestaltung und Verwendungszweck der finanziellen Maßnahmen,

3. Höhe der finanziellen Maßnahmen,

4. Laufzeit der finanziellen Maßnahmen,

5. Auskunfts- und Einsichtsrechte des Bundes oder des Bevollmächtigten.

6. Rückforderungen.

 

(4) Der Bundesminister für Finanzen hat dem Budgetausschuss monatlich einen detailliert dargestellten Bericht, in dem sämtliche Maßnahmen zugunsten von Unternehmen gem. §3b Abs1, die zu Erhaltung der Zahlungsfähigkeit, Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 (COVID‑19) geboten sind, die nach diesem Bundesgesetz ergriffen wurden, vorzulegen. Der Bericht hat insbesondere die materiellen und finanziellen Auswirkungen der gesetzten Maßnahmen auszuweisen.

 

(5) Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Vizekanzler in den nach Abs3 zu erlassenden Richtlinien eine betragliche Grenze für jene Fälle vorzusehen, in denen die Höhe einer bereits ausbezahlten anteiligen finanziellen Maßnahme von Aufwendungen des begünstigten Unternehmens abhängt, die für Zeiträume eines behördlichen Betretungsverbotes getätigt wurden und Bestandszinszahlungen beinhaltet haben. Rückforderungen solcher anteiliger finanzieller Maßnahmen haben insoweit zu erfolgen, als sie die betragliche Grenze überschreiten und das Bestandsobjekt infolge des behördlichen Betretungsverbotes tatsächlich nicht nutzbar war. Die betragliche Grenze beträgt EUR 12.500 pro Kalendermonat und begünstigtem Unternehmen und gilt als bewilligt im Sinne des Bundeshaushaltsgesetzes 2013 (BHG 2013), BGBl I Nr 139/2002 idF BGBl I Nr 153/2020.

 

(6) Rückforderungen von anteiligen finanziellen Maßnahmen nach Abs5 bis zur Höhe der betraglichen Grenze haben nur insoweit zu erfolgen, als das begünstigte Unternehmen bezahlte Bestandszinsen nachträglich ganz oder teilweise vom Bestandgeber oder von dritter Seite zurückbekommt.

 

(7) Für den Umfang der Auszahlung von finanziellen Maßnahmen und für die Höhe einer allfälligen Rückforderung nach Abs5 ist die tatsächliche Nutzbarkeit des Bestandsobjektes in jenen Zeiträumen, in welchen das begünstigte Unternehmen direkt von einem behördlichen Betretungsverbot betroffen war, maßgeblich. Diese tatsächliche Nutzbarkeit kann auch auf der Grundlage des dem Bestandsobjekt zuzurechnenden Umsatzausfalles berechnet werden.

 

(8) Die vorstehenden Abs5 bis 7 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2021 in Kraft. Sofern diese Absätze die Behandlung von Rückforderungen betreffen, sind sie auf jene finanziellen Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 anzuwenden, die bis zum 31. Dezember 2021 beantragt werden.

 

[…]

 

Vollziehung

 

§6. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist hinsichtlich der Befreiung von Gebühren nach dem GGG 1984 gemäß §5 der Bundesminister für Justiz, hinsichtlich des §3 der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler und hinsichtlich der übrigen Bestimmungen der Bundesminister für Finanzen betraut.

 

Tochtergesellschaften

 

§6a. (1) Auf Tochtergesellschaften, die von der Gesellschaft gemäß §2 Abs2a gegründet werden, sind die Bestimmungen dieses Gesetzes sinngemäß anzuwenden.

 

(2) Über Auftrag des Bundesministers für Finanzen wurde gemäß §2 Abs2a die COVID‑19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) gegründet und dieser die Erbringung der Dienstleistungen und finanziellen Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 übertragen. Der Bund stattet die COFAG so aus, dass diese in der Lage ist, kapital- und liquiditätsstützende Maßnahmen, die ihr gemäß §2 Abs2 Z7 übertragen wurden, bis zu einem Höchstbetrag von 19 Milliarden Euro zu erbringen und ihre finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. Die COFAG hat Forderungen, die ihr von der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft mit beschränkter Haftung (AWS) oder der Österreichische Hotel- und Tourismusbank Gesellschaft m.b.H. (ÖHT) gemäß §1 Abs2d Garantiegesetz 1977, BGBl Nr 296/1977, oder gemäß §7 Abs2d KMU-Förderungsgesetz, BGBl Nr 432/1996, zum Zweck der Betreibung übertragen wurden, im eigenen Namen zu betreiben. Der Erlös aus der Betreibung dieser Forderungen reduziert die Ausstattungsverpflichtung des Bundes.

 

Bürgerlich-rechtliche Sonderbestimmungen

 

§6b. Die Bestimmungen des §1396a Abs1 und 2 ABGB gelten nicht für im Zusammenhang mit einer finanziellen Maßnahme gemäß §2 Abs2 Z7 vereinbarte Zessionsverbote.

 

§6c. Abweichend von §1346 Abs2 ABGB bedarf es für eine finanzielle Maßnahme gemäß §2 Abs2 Z7, mit der eine Haftung von der Gesellschaft oder einer Tochtergesellschaft nach §2 Abs2a übernommen wird, zu ihrer Wirksamkeit nur einer elektronischen Übermittlung. Die Unterzeichnung einer Garantieerklärung durch die Bevollmächtigte kann in diesem Fall durch eine Nachbildung der eigenhändigen Unterschrift (Faksimile) erfolgen.

 

[…]"

III. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der vom Verfassungsgerichtshof von Amts wegen in Prüfung gezogenen Bestimmungen des §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs2a, §3b Abs2 und §6a des Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG‑Gesetz), BGBl I 51/2014, idF BGBl I 228/2021 zweifeln ließe.

1.2. Die Bundesregierung stellt in ihrer Äußerung zur Erwägung, das Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz, wonach "auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen [...] kein Rechtsanspruch" besteht, einzustellen. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers, einen Anspruch auf Entschädigung vorzusehen, um einen Eingriff in das Eigentum verhältnismäßig auszugestalten, setze eine Ermächtigung zu einem Eigentumseingriff voraus. Mit anderen Worten, würde man zum Ergebnis kommen, dass eine Entschädigungspflicht bestehe, ließe ihr Fehlen allenfalls auch schon behördliche Beschränkungen (wie sie etwa durch das COVID‑19-Maßnahmengesetz iVm der COVID‑19-Maßnahmenverordnung, BGBl II 96/2020, vorgesehen waren) als verfassungswidrig erscheinen. Es sei nicht ersichtlich, wie etwa im Rahmen der Prüfung eines Verstoßes gegen das Grundrecht auf Eigentum eine Verhältnismäßigkeitsprüfung ohne Berücksichtigung des eigentlichen Eingriffes vorgenommen werden könne.

Da sich der "Regelungsgehalt" insoweit erst aus mehreren Bestimmungen gemeinsam ergeben dürfte (zB VfSlg 16.756/2002), stellt die Bundesregierung zur Erwägung, das Verfahren hinsichtlich §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz einzustellen. Die vom Verfassungsgerichtshof gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung geäußerten Bedenken könnten nicht ohne Berücksichtigung anderer Regelungen, wie etwa des COVID‑19-Maßnahmengesetzes iVm der COVID‑19-Maßnahmenverordnung, BGBl II  96/2020, behandelt werden.

1.3. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich auf Grund der Ausführungen der Bundesregierung nicht veranlasst, das von Amts wegen eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich des §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz einzustellen.

Der Verfassungsgerichtshof hat das amtswegige Gesetzesprüfungsverfahren hinsichtlich des §3b Abs2 ABBAG‑Gesetzes nicht nur unter dem Aspekt des Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK, sondern auch im Hinblick auf das rechtsstaatliche Prinzip und das aus dem Gleichheitsgrundsatz ableitbare Sachlichkeitsgebot eingeleitet. Selbst wenn man im Sinne der Bundesregierung davon ausgeht, dass die Frage eines etwaigen Verstoßes des §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz gegen das Eigentumsgrundrecht gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK (stets) nur gemeinsam mit jenen Regelungen beurteilt werden kann, welche den Eigentumseingriff bewirken, bleiben die ebenso erhobenen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes hinsichtlich der (möglichen) Verletzung des rechtsstaatlichen Prinzips und des Gleichheitsgrundsatzes durch §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz aufrecht.

1.4. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Gesetzesprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.

2. In der Sache

Die im Prüfungsbeschluss dargelegten (vorläufigen) Bedenken des Verfassungsgerichtshofes haben sich teilweise als zutreffend erwiesen.

2.1. Einordnung der Tätigkeit der COFAG als staatliche (Privatwirtschafts)Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG

2.1.1. Der Verfassungsgerichtshof ist in seinem Prüfungsbeschluss vorläufig davon ausgegangen, dass der Gesetzgeber die von der COFAG nach den einschlägigen Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen zu gewährenden Ausgleichsleistungen als ein funktionelles Äquivalent zu (behördlich zu entscheidenden) Entschädigungsansprüchen nach dem Epidemiegesetz 1950 anzusehen scheint. In diesem Sinne habe es der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 20.397/2020 dahinstehen lassen können, ob die behördlich angeordneten Betretungsverbote im Zusammenhang mit der COVID‑19-Pandemie eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Einräumung von Entschädigungsansprüchen auslösten. Im Hinblick auf die besondere Tätigkeit der COFAG, nämlich über die Gewährung der Ausgleichsleistungen und deren tatsächliche Auszahlung zu entscheiden, ging der Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluss vorläufig davon aus, dass es sich – ausnahmsweise – um staatliche Verwaltung (im funktionellen Sinn) handeln dürfte.

Die Rückkoppelung an das oberste Organ in Form einer Weisungsbindung könne nicht dadurch umgangen werden, dass die Gewährung der Ausgleichsleistungen an einen ausgegliederten Rechtsträger übertragen wird, weil es sich dabei um – wenngleich privatrechtsförmig zu vollziehende – staatliche Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG zu handeln scheine.

2.1.2. Diesen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes tritt die Bundesregierung mit mehrfachen Argumentationslinien entgegen:

2.1.2.1. So meint die Bundesregierung in ihrer Äußerung grundsätzlich, dass Art20 Abs1 B‑VG nicht auch Konstellationen wie die Aufgabenübertragung an die COFAG erfasse. Die nicht-hoheitliche Tätigkeit eines privatrechtlich organisierten Rechtsträgers sei nicht als staatliche Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG anzusehen. Wie der Verfassungsgerichtshof jüngst in seinem Erkenntnis VfSlg 20.522/2021 ausgeführt habe, erfasse Art20 Abs1 und 2 B‑VG "sowohl jene Konstellationen, in denen Verwaltungsorgane im organisatorischen Sinn die Verwaltung führen, als auch diejenigen, in denen der Gesetzgeber Hoheitsbefugnisse auf nicht staatliche (ausgegliederte) Rechtsträger (des privaten oder des öffentlichen Rechts) überträgt".

Die herrschende Ansicht einer primär organisatorischen Abgrenzung des Verwaltungsbegriffes des Bundes-Verfassungsgesetzes ermögliche eine klare Unterscheidung zwischen Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG und "Nicht-Verwaltung". Bei einem funktionalen Verwaltungsbegriff, der auf eine "besondere Tätigkeit" eines privatrechtlich organisierten Rechtsträgers abstellt, stelle sich die Frage nach den inhaltlichen Kriterien, aus denen auf die ausnahmsweise Annahme einer staatlichen Verwaltung im funktionalen Sinn geschlossen werden könne. Nicht nur im vorliegenden Fall, sondern grundsätzlich bei jeder Tätigkeit privatrechtlich-organisierter Rechtsträger könne sich die Frage stellen, ob ausnahmsweise staatliche Verwaltung (im funktionellen Sinn) vorliegt, die mit weiteren verfassungsrechtlichen Implikationen, wie dem Erfordernis der Schaffung von Ingerenzbefugnissen eines obersten Organes der Vollziehung, verbunden sei.

2.1.2.2. Eine weite Auslegung des Verwaltungsbegriffes habe außerdem potentiell erhebliche Auswirkungen auf Bereiche, in denen mit Ausgliederungen wirtschaftlicher Tätigkeiten eine "Lockerung" des Weisungszusammenhanges etwa aus unionsrechtlich bedingten Gründen angestrebt werde und daher etwa Gesellschaftsformen (wie zB die Aktiengesellschaft) eingesetzt werden, bei denen die Geschäftsführung gesellschaftsrechtlich nicht an Weisungen der Eigentümer gebunden ist (§70 Abs1 AktG). So sei im Hinblick auf die sogenannten Maastricht-Konvergenzkriterien ein wesentliches Motiv für die Ausgliederung der ASFINAG, die Schuldenquote des Sektors "Staat" niedriger zu halten (vgl Erläut zur RV, 698 BlgNR, 20. GP , 11). Dies habe bedingt, dass die ASFINAG als selbständige institutionelle Einheit anzusehen ist. Dies setze nach Eurostat voraus, dass vom Staat "kein Einfluss auf die laufenden Geschäfte genommen wird" (vgl die Pressemitteilung der Eurostat Nr 15/2002 vom 31. Jänner 2002 zur Qualifikation der Bundesimmobiliengesellschaft [BIG] als eigenständige institutionelle Einheit). Wäre aus Art20 Abs1 B‑VG das Erfordernis einer strengen Weisungsbindung bei wirtschaftlichen Tätigkeiten ausgegliederter Rechtsträger abzuleiten, könnte dies solche wirtschaftspolitisch zweckmäßigen Gestaltungen erschweren und zu einer massiven Erhöhung der Schuldenquote des Staates führen.

2.1.2.3. Im Übrigen sei die Annahme (des Verfassungsgerichtshofes), dass der Gesetzgeber die von der COFAG zu gewährenden Ausgleichsleistungen als ein funktionelles Äquivalent zu behördlich zu entscheidenden Entschädigungsansprüchen nach dem Epidemiegesetz 1950 ansehe, nur zum Teil einschlägig; nämlich soweit – wie dies der Verfassungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis VfSlg 20.397/2020 erkannt habe – solche Ausgleichmaßnahmen die Verhältnismäßigkeit behördlich verfügter Eigentumsbeschränkungen (auch im Falle eines gleichzeitigen Ausschlusses des Anspruches auf Vergütung für den Verdienstentgang gemäß dem Epidemiegesetz 1950) zu gewährleisten vermögen.

Da die Funktion der Beihilfen, wie etwa des im Anlassfall einschlägigen Fixkostenzuschusses, regelmäßig weit über die Funktion eines Entschädigungsanspruches hinausgehe, lasse sich daraus nicht auf eine staatliche Verwaltung im funktionellen Sinn schließen.

2.1.2.4. Ferner hat die Bundesregierung in ihrer Äußerung sowie in den mündlichen Verhandlungen vorgetragen, dass die COFAG bei der Gewährung finanzieller Maßnahmen durch das ABBAG‑Gesetz und die auf §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz gestützten Verordnungen (Richtlinien) sowie darüber hinaus durch die darauf aufbauenden "Aufträge" des Bundesministers für Finanzen weitestgehend bestimmt werde. Diese "Aufträge" beruhten auf einem zwischen dem Bund (vertreten durch den Bundesminister für Finanzen) und der COFAG abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag. Durch alle diese gesetzlichen, verordnungsförmigen und privatrechtlichen Regelungen seien sowohl der Kreis der begünstigten Unternehmen als auch die Voraussetzungen für die Gewährung der Garantien und Direktzuschüsse festgelegt.

Das zivilrechtliche Auftragsverhältnis bestehe zwischen dem Bund (Bundesminister für Finanzen) als Auftraggeber und der COFAG als Auftragnehmerin. Das Regelungssystem ziele darauf ab, dass die COFAG – nach Maßgabe der internen Zuständigkeitsregelungen – bei Vorliegen der jeweiligen Förderungsvoraussetzungen die entsprechende finanzielle Vereinbarung mit dem antragstellenden Unternehmen zu treffen habe. Die Regelungen seien, was im vorliegenden Zusammenhang durch den Gleichheitsgrundsatz auch verfassungsrechtlich vorgegeben sei (VfSlg 20.397/2020), auf gleiche Förderung bei Vorliegen der festgelegten Voraussetzungen ausgerichtet.

Die vom Bundesminister für Finanzen (im Einvernehmen mit dem Vizekanzler) zu erlassenden und auch tatsächlich erlassenen Verordnungen (Richtlinien) regelten einen Auftragsvertrag im Sinne einer Geschäftsbesorgung, also die Verpflichtung der COFAG, auf Rechnung des Bundes Rechtsgeschäfte abzuschließen oder Rechtshandlungen vorzunehmen. Vertragstypisch für den Auftragsvertrag sei die Pflicht des Beauftragten zur Geschäftsbesorgung im Interesse und auf Rechnung des Auftraggebers. Die Hauptleistung des Beauftragten bestehe in der Ausführung des übernommenen Geschäftes samt Herausgabe der aus diesem erlangten Vorteile. Die Geschäftsbesorgungspflicht sei regelmäßig Sorgfaltsverbindlichkeit: Der Beauftragte schulde keinen Erfolg, sondern ein auf das Erreichen des vereinbarten Geschäftszweckes gerichtetes Bemühen. Der Beauftragte müsse im Rahmen der übernommenen Geschäftsbesorgung ausschließlich im Interesse des Auftraggebers handeln, er habe daher insbesondere die durch den Auftrag geförderten Interessen des Auftraggebers vor seine eigenen zu stellen. Die gänzliche Ausrichtung am Interesse des Auftraggebers sei gerade das entscheidende Charakteristikum, das den Bevollmächtigungs- und Auftragsvertrag (und die in Anspruch genommene Ermächtigung) von den Verträgen des Interessengegensatzes (Austauschverträgen), aber auch den Verträgen der Interessengemeinschaft (Gesellschaftsverträgen) abgrenze. Die Pflicht zur Interessenwahrung determiniere daher die gesamte Geschäftsbesorgung durch den Beauftragten und damit die vertragliche Hauptpflicht.

Die vom Bundesminister für Finanzen (im Einvernehmen mit dem Vizekanzler) zu erlassenden und auch tatsächlich erlassenen Verordnungen (Richtlinien) hätten mit "Aufträgen" zivilrechtliche Weisungen im Rahmen eines Auftragsvertrages nach §1002 ABGB vor Augen. Der Bund (Bundesminister für Finanzen) als Auftraggeber sei berechtigt, die nähere Auftragsausführung durch "Weisung" festzulegen. Die bestmögliche Verfolgung des Interesses des Auftraggebers sei daher nur dann möglich, wenn sich der Auftragnehmer nicht nur an die im Zuge der Begründung des Geschäftsbesorgungsverhältnisses erteilten Vorgaben, sondern auch an Aktualisierungen durch den Auftraggeber halte. Daraus folge, dass der Beauftragte im Einzelfall dazu verpflichtet sein könne, (zivilrechtliche) Weisungen vom Auftraggeber einzuholen. Das sei insbesondere dann denkbar, wenn der Inhalt der Geschäftsbesorgung nicht ausreichend bestimmt sei, widersprüchliche Weisungen vorlägen oder Teile der Geschäftsbesorgung durch aktuelle Entwicklungen unzweckmäßig oder sinnlos geworden seien. Das Weisungsrecht sei ein Gestaltungsrecht des Auftraggebers. Es werde durch einseitige, zugangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt. Die Weisung unterliege grundsätzlich keiner Formvorgabe.

§2 Abs2 erster Halbsatz (iVm Z7) und §2 Abs5 zweiter Satz (iVm §6a Abs1) ABBAG‑Gesetz stellten jeweils darauf ab, dass die COFAG Aufgaben "nach Maßgabe einer gesetzlichen Ermächtigung oder Beauftragung durch den Bundesminister für Finanzen" erbringe und die Finanzierung von Maßnahmen gemäß §2 Abs2 Z7 ABBAG‑Gesetz nach "Maßgabe der gesetzlichen Ermächtigung oder Beauftragung durch den Bundesminister für Finanzen" erfolge. Diese Bestimmungen legten es nahe, dass die Finanzierung der COFAG zur Gewährung der ihr übertragenen finanziellen Maßnahmen in den Grenzen der gesetzlichen und verordnungsförmigen Regelungen privatrechtlich näher geregelt werden könne. In diesem Verständnis könne der Bundesminister für Finanzen etwa der Verpflichtung des Bundes gemäß §6a Abs2 zweiter Satz ABBAG‑Gesetz durch Vorgaben des Bundesministers für Finanzen in zivilrechtlichen Weisungen ("Aufträgen") an die COFAG Rechnung tragen. Diese Weisungen ("Aufträge") könnten auch Regelungen für die Durchführung der finanziellen Maßnahmen enthalten.

Es habe für jedes "Zuschussprodukt" des Bundes zusätzlich einzelne Aufträge des Bundesministers für Finanzen gegeben, in denen dieser zum Teil sehr detailliert dargestellt habe, in welchem Umfang die COFAG einzelne Anträge zu prüfen habe (Stichprobenprüfung von "Grün"‑Fällen; Prüfungsumfang und Umgang bei "Orange"‑Fällen und "Rot"‑Fällen), welche Nachweise für die Erfüllung von Antragsvoraussetzungen durch Antragsteller beizuschaffen und/oder durch die COFAG zu prüfen gewesen seien und wie die COFAG mit einzelnen offenen operativen, technischen und rechtlichen Fragen zu einzelnen Zuschussprodukten (inklusive Interdependenzen zwischen Produkten) umzugehen gehabt habe, die nicht in den COFAG-Richtlinien geregelt gewesen seien. Darüber hinaus habe sich das Bundesministerium für Finanzen in die Ausarbeitung von FAQs (Frequently Asked Questions) zu allen wesentlichen Zuschussprodukten zu offenen Fragen von Antragstellern und Finanzverwaltung intensiv inhaltlich eingebracht (und dabei auch mitgeteilt, wie einzelne Fragen zu beantworten seien), welche die COFAG dann – nach Abstimmung mit dem Bundesministerium für Finanzen – veröffentlicht habe. Im Ergebnis habe daher die COFAG als Auftragnehmer die Förderabwicklung umfänglich auf Basis von Aufträgen des Bundesministers für Finanzen und in enger Abstimmung mit demselben "weisungsgebunden" durchgeführt.

2.1.3. Zur staatlichen Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG

2.1.3.1. Gemäß Art20 Abs1 B‑VG führen unter der Leitung der obersten Organe des Bundes und der Länder nach den Bestimmungen der Gesetze auf Zeit gewählte Organe, ernannte berufsmäßige Organe oder vertraglich bestellte Organe die Verwaltung. Sie sind den ihnen vorgesetzten Organen für ihre amtliche Tätigkeit verantwortlich und, soweit in Gesetzen gemäß Art20 Abs2 B‑VG nicht anderes bestimmt ist, an deren Weisungen gebunden. Die obersten Organe sind ihrerseits den gesetzgebenden Organen verantwortlich.

Art20 Abs1 B‑VG konstituiert damit die notwendige personelle und inhaltliche demokratische Legitimation der Verwaltung (Grabenwarter, Die demokratische Legitimation weisungsfreier Kollegialbehörden in der staatlichen Verwaltung, in FS Winkler, 1997, 271 [284 f.]) und steht mit Art77 und Art101 B‑VG, die das Verwaltungsorganisationskonzept der Bundesverfassung bestimmen (vgl VfSlg 15.733/2000, 19.728/2012, 20.038/2016), in einem Zusammenhang (VfSlg 20.522/2021).

Innerhalb der Bundes- und Landesverwaltung im organisatorischen Sinn stellt (die unmittelbare Wirkung des) Art20 Abs1 B‑VG den umfassenden Leitungs- und Weisungszusammenhang und damit die demokratischen Legitimationsanforderungen des Organisationskonzeptes der Bundesverfassung sicher (VfSlg 20.522/2021). Dies gilt sowohl für die Hoheits- als auch für die Privatwirtschaftsverwaltung (vgl VfSlg 18.808/2009).

2.1.3.2. Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Übertragung von Hoheitsaufgaben auf nichtstaatliche Rechtsträger eine funktionelle Zurechnung ihrer hoheitlichen Tätigkeit zur Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 (und gegebenenfalls des Art20 Abs2) B‑VG begründet. Aus diesem Grund muss der Gesetzgeber, sieht er eine derartige Übertragung auf (private wie öffentliche) nichtstaatliche Rechtsträger vor, einen den Anforderungen des Art20 Abs1 (und gegebenenfalls des Art20 Abs2) B‑VG entsprechenden Leitungs- und Verantwortungszusammenhang gewährleisten. Des Weiteren sichern die vom Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zum Schutz des Organisationskonzeptes der Bundesverfassung entwickelten Schranken (siehe insbesondere VfSlg 14.473/1996), dass die funktionelle (hoheitliche) Verwaltungsführung durch nichtstaatliche Rechtsträger die Ausnahme von der organisatorischen Regel des Art77 und des Art101 B‑VG bleibt (VfSlg 20.522/2021).

2.1.3.3. Die Privatwirtschaftsverwaltung hat ihren Ausgangspunkt in den einschlägigen Ermächtigungen des Art17 und des Art116 Abs2 B‑VG. Diesen Verfassungsbestimmungen standen ursprünglich Formen staatlicher Erwerbswirtschaftsverwaltung (einschließlich Vermögens- und Bedarfsdeckungsverwaltung) vor Augen: In diesem Bereich soll der Staat (als "Fiskus") frei von der verfassungsrechtlichen Zuständigkeits- und Organisationsordnung unternehmerisch und damit auch durch ausgegliederte Unternehmen tätig werden können.

2.1.3.4. Da es für die Abgrenzung der Privatwirtschafts- von der Hoheitsverwaltung auf die inhaltlichen Zwecke der Verwaltungstätigkeit nach der in der Folge entwickelten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht ankommt (siehe VfSlg 3262/1957 und seitdem ständige Rechtsprechung), hat sich die Privatwirtschaftsverwaltung in manchen Konstellationen zu einer der Hoheitsverwaltung gleichwertigen, funktional äquivalenten Form der Besorgung staatlicher Verwaltungsaufgaben entwickelt (vgl dazu nur Adamovich/Funk/Holzinger/Frank, Österreichisches Staatsrecht, Band 4, 2. Aufl., 2017, 133).

2.1.3.5. Der Verfassungsgerichtshof kann daher der unter Hinweis auf die Erkenntnisse VfSlg 19.992/2015 und 19.993/2015 von der Bundesregierung vertretenen Auffassung, dass mit der Übertragung von Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung auf einen ausgegliederten (privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich organisierten) Rechtsträger keinesfalls (funktionell) staatliche Verwaltung mehr vorliegt, in dieser Allgemeinheit nicht beipflichten:

Nehmen die Gebietskörperschaften Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung nicht selbst wahr, sondern übertragen sie diese auf einen ausgegliederten Rechtsträger, kann nämlich unter besonderen Voraussetzungen diese Tätigkeit ihren Charakter als Privatwirtschaftsverwaltung und damit staatliche Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG behalten.

2.1.3.6. Eine solche Zurechnung zur staatlichen Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG bei der Übertragung von privatwirtschaftlichen Angelegenheiten setzt eine spezifische organisatorische sowie spezifische funktionelle Nahebeziehung des Rechtsträgers zum Staat voraus:

Von einer spezifischen organisatorischen Nahebeziehung des Staates zu einem (anderen) Rechtsträger kann zB dann gesprochen werden, wenn eine Gebietskörperschaft alleine (oder mehrheitlich) an dem Rechtsträger beteiligt ist (oder auf sonstige, vergleichbare Weise beherrschenden Einfluss auf den Rechtsträger hat). Weiters muss zwischen der staatlichen Verwaltung im organisatorischen Sinn und dem mit der privatwirtschaftlichen Aufgabe betrauten Rechtsträger eine spezifische funktionelle Nahebeziehung im Sinne eines Aufgabenübertragungszusammenhanges bestehen. Die Besorgung einer derart übertragenen Aufgabe ist dementsprechend eine Verwaltungsführung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG (vgl Raschauer in Korinek/Holoubek et al [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht [3. Lfg, 2000] Art20 Abs1 B‑VG Rz 65). Jedenfalls keine in diesem Sinn spezifisch staatliche Aufgabe, sondern erwerbswirtschaftliche Tätigkeit liegt vor, wenn der mit entsprechenden Aufgaben betraute Rechtsträger als ein (weiteres) Wirtschaftssubjekt im Wirtschaftsverkehr der Privaten untereinander, also am Markt unter bestehenden oder staatlich organisierten (und regulierten) Wettbewerbsbedingungen, auftritt.

Überträgt der Gesetzgeber im vorgenannten Sinn zwar mit Mitteln des Privatrechtes wahrzunehmende, aber weiterhin unter besonderen Voraussetzungen der staatlichen Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG zuzurechnende Aufgaben, trifft den Gesetzgeber die Verpflichtung, gegenüber dem betrauten Rechtsträger den Leitungs- und Verantwortungszusammenhang herzustellen, den Art20 Abs1 und Abs2 B‑VG vorgibt.

2.1.3.7. Bei einer solchen Aufgabenübertragung sind auch jene aus dem Organisationskonzept der Bundesverfassung folgenden verfassungsrechtlichen Schranken zu beachten. In diesem Sinn dürfen die Anforderungen des verfassungsrechtlichen Effizienzprinzips und des (organisatorischen) Sachlichkeitsgebotes der Aufgabenübertragung nicht entgegenstehen; weiterhin dürfen nur vereinzelte und keine Kernaufgaben staatlicher Verwaltung übertragen werden (siehe dazu grundlegend VfSlg 14.473/1996).

2.1.3.8. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund sind die vom Verfassungsgerichtshof von Amts wegen in Prüfung gezogenen Bestimmungen des ABBAG‑Gesetzes zu beurteilen.

2.1.4. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes handelt es sich bei der (privatwirtschaftlichen) Aufgabenwahrnehmung der COFAG gemäß dem ABBAG‑Gesetz funktionell um Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG:

2.1.4.1. Es liegt eine spezifische organisatorische Nahebeziehung des ausgegliederten Rechtsträgers COFAG zum Bund und ein spezifischer Aufgabenübertragungszusammenhang zwischen der COFAG und dem Bund vor, für welchen die (Verwaltungs‑)Tätigkeit besorgt wird:

Das spezifische organisatorische Naheverhältnis der COFAG zum Bund zeigt sich insbesondere daran, dass der Bund über die in seinem Alleineigentum stehende ABBAG – Abbaumanagementgesellschaft des Bundes, die ihrerseits alleinige Gesellschafterin der COFAG ist, mittelbarer Alleingesellschafter der COFAG ist (§6a iVm §2 Abs2a ABBAG‑Gesetz). Die COFAG steht sohin auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsstruktur im alleinigen Einflussbereich des Bundes.

Das spezifische funktionelle Naheverhältnis der COFAG zum Bund zeigt sich an den von der COFAG zu erbringenden Tätigkeiten sowie der spezifischen Art und Weise, wie die COFAG die ihr übertragenen Aufgaben zu besorgen hat: Gemäß §6a iVm §2 Abs1 Z3 ABBAG‑Gesetz besteht der Unternehmensgegenstand der COFAG in "der Erbringung von Dienstleistungen und dem Ergreifen von finanziellen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen gemäß §3b Abs1, die zur Erhaltung der Zahlungsfähigkeit, Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten dieser Unternehmen im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Schwierigkeiten geboten sind". Zu diesem Zweck obliegt der COFAG "nach Maßgabe der gesetzlichen Ermächtigung oder Beauftragung durch den Bundesminister für Finanzen" die Erbringung der im Unternehmensgegenstand verankerten Dienstleistungen und finanziellen Maßnahmen (vgl §6a iVm §2 Abs2 Z7 ABBAG‑Gesetz). Gemäß §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz hat der Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler (unter Beachtung der geltenden Vorgaben des EU‑Beihilfenrechtes) "per Verordnung Richtlinien zu erlassen", welche die in dieser Bestimmung näher bezeichneten Regelungen (Festlegung des Kreises der begünstigten Unternehmen, Ausgestaltung und Verwendungszweck der finanziellen Maßnahmen, Höhe und Laufzeit der finanziellen Maßnahmen usw) zu enthalten haben.

Der Bund hat die COFAG gemäß §6a Abs2 ABBAG‑Gesetz so auszustatten, "dass diese in der Lage ist, kapital- und liquiditätsstützende Maßnahmen, die ihr gemäß §2 Abs2 Z7 leg cit übertragen wurden, bis zu einem Höchstbetrag von 19 Milliarden Euro zu erbringen und ihre finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. Sämtliche Tätigkeiten der COFAG werden dementsprechend im Namen der COFAG, aber ausschließlich auf Rechnung des Bundes durchgeführt.

Das spezifische funktionelle Naheverhältnis der Tätigkeit der COFAG zur staatlichen Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG erweist sich auch in dem vom Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis VfSlg 20.397/2020 hervorgehobenen Umstand, dass der Gesetzgeber unter anderem diese nach dem ABBAG‑Gesetz zu ergreifenden – und von der COFAG zu vollziehenden – finanziellen Maßnahmen gegenüber den begünstigten Unternehmen zum Teil als funktionelles Äquivalent zu den (hoheitlich zu vollziehenden) Entschädigungsregelungen nach dem Epidemiegesetz ausgestaltet hat.

2.1.4.2. Die Bestimmungen des ABBAG‑Gesetzes zeigen weiterhin, dass der Unternehmensgegenstand und insbesondere die von der COFAG zu gewährenden Leistungen vollständig durch den Gesetzgeber und den Verordnungsgeber determiniert werden. Der COFAG verbleibt somit (nahezu) kein unternehmerischer Spielraum:

So ist es die Aufgabe des Bundesministers für Finanzen, im Einvernehmen mit dem Vizekanzler mittels Verordnung abschließend die Voraussetzungen festzulegen, unter denen die COFAG gegenüber den begünstigten Unternehmen (im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 und den dadurch verursachten wirtschaftlichen Schwierigkeiten) Dienstleistungen zu erbringen und finanzielle Maßnahmen zu ergreifen hat, um deren Zahlungsfähigkeit zu erhalten, eine insolvenzrechtliche Überschuldung zu vermeiden und Liquiditätsschwierigkeiten dieser Unternehmen zu überbrücken.

Dazu kommt, dass der (durch den Bundesminister für Finanzen vertretene) Bund das Rechtsverhältnis mit der COFAG als eine Geschäftsbesorgung im Sinne des §1002 ABGB und damit als ein (zivilrechtliches) Auftragsverhältnis ansieht und es dementsprechend auch tatsächlich ausgestaltet hat. Die vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler erlassenen Verordnungen werden als die Grundlage für das zivilrechtliche Auftragsverhältnis zwischen der COFAG als Auftragnehmer und dem Bund (vertreten durch den Bundesminister für Finanzen) als Auftraggeber, und zwar jeweils bezogen auf ein "COFAG-Produkt" (betreffend zB Fixkostenzuschuss, Ausfallsbonus, Lockdown-Umsatzersatz, Verlustersatz), gesehen. In diesem Sinn gibt es zu jedem "COFAG-Produkt" einen eigenen "Auftrag" des Bundesministers für Finanzen an die COFAG, finanzielle Maßnahmen im Hinblick auf ein "COFAG-Produkt" zu ergreifen; und zwar mit auf den Verordnungen basierenden, weiterführenden Vorgaben gegenüber der COFAG zur Abwicklung der Antragsprüfung, zB zur Frage, welche Antragsvoraussetzungen die COFAG selbst in welchem Umfang zu prüfen hat und wann ein Ergänzungsgutachten der Finanzverwaltung zu beauftragen ist. Soweit sich seitens der COFAG in der Antragsprüfung auch Auslegungsfragen zu Verordnungen ergeben, gibt der Bundesminister für Finanzen in "Aufträgen" an die COFAG einen Leitfaden zur Auslegung oder Schließung einer solchen Lücke vor. In diesem Sinne wurden und werden auch tatsächlich – wie sich aus den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Unterlagen ergibt – "Aufträge" durch den Bundesminister für Finanzen an die COFAG erteilt. Diese "Aufträge" werden in den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Unterlagen des Bundesministeriums für Finanzen ausdrücklich nicht als Weisungen im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG, sondern als zivilrechtliche Aufträge auf Grund des Geschäftsbesorgungsvertrages zwischen dem Bund und der COFAG qualifiziert.

Ergänzend wird in den dem Verfassungsgerichtshof vorgelegten Unterlagen ausgeführt: Da weder die vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler erlassenen Verordnungen (Richtlinien) alle Auslegungsfragen und denkbaren Sachverhalte für die Gewährung von finanziellen Maßnahmen im Hinblick auf die einzelnen "COFAG-Produkte" regeln könnten und auch der Bundesminister für Finanzen nicht in jedem Fall befragt werden könne, würden detaillierte Auslegungsfragen und der Umgang mit bestimmten Sachverhaltskonstellationen zwischen der COFAG und dem Bundesminister für Finanzen in einem eigenen FAQ‑Prozess abgestimmt und diese abgestimmten FAQs (Frequenty Asked Questions) dann veröffentlicht. Die FAQs für ein "COFAG-Produkt" bildeten einen integralen Bestandteil der Förderanträge. Da die Antragsprüfung der COFAG auf Basis dieser veröffentlichten FAQs erfolge, sei derart auch sichergestellt, dass alle Antragsteller auf Basis veröffentlichter FAQs (transparent) in gleicher Art und Weise in der COFAG-Antragsprüfung behandelt würden. Darüber hinaus werde in den zwischen dem Bund und der COFAG abgeschlossenen Finanzierungsvereinbarungen unter anderem festgelegt, wie die COFAG mit den übertragenen Mitteln umzugehen habe (Gestionierung/besondere Informations- und Berichtspflichten) und somit das Auftragsverhältnis zwischen dem Bund und der COFAG weiter konkretisiert.

Aus alldem ergibt sich, dass es der Sache nach keinen erkennbaren Unterschied in der Aufgabenbesorgung gibt, ob der Bund die Tätigkeit selbst, dh in unmittelbarer Staatsverwaltung ausübt, oder diese privatwirtschaftlichen Tätigkeiten durch die COFAG besorgen lässt.

2.1.4.3. Neben dem dargelegten spezifischen organisatorischen und funktionellen Naheverhältnis zwischen der COFAG und dem Bund, für den die COFAG die finanziellen Maßnahmen gegenüber den in den Verordnungen festgelegten, begünstigten Unternehmen zu setzen hat, ist zu beachten, dass die COFAG keine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit erbringt. Die der COFAG übertragene Aufgabe, allen nach den vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler erlassenen Verordnungen begünstigten Unternehmen finanzielle Mittel zu gewähren, ist keine Tätigkeit, die gleich einem Privaten im Wirtschaftsverkehr erbracht wird. Dies zeigt sich zum einen am weiten Kreis der begünstigten Unternehmen und zum anderen an den hohen finanziellen Mitteln, die derart insgesamt an die begünstigten Unternehmen ausgezahlt werden.

2.1.4.4. Für den Verfassungsgerichtshof steht nach dem Gesagten fest, dass der Gesetzgeber (nach wie vor) Aufgaben der Privatwirtschaftsverwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG auf die COFAG überträgt bzw übertragen hat.

2.2. Zur Zulässigkeit der Ausgliederung

2.2.1. Der Verfassungsgerichtshof hegte im Prüfungsbeschluss das vorläufige Bedenken, dass es gegen Art20 Abs1 B‑VG und das Sachlichkeitsgebot verstoßen könnte, in der vorliegenden Konstellation die Aufgabe der Gewährung von Ausgleichsleistungen auf einen ausgegliederten Rechtsträger wie die COFAG zu übertragen:

Der Verfassungsgerichtshof habe in seiner Rechtsprechung zur Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf einen ausgegliederten Rechtsträger mehrfach ausgesprochen, es sei grundsätzlich mit Art20 Abs1 B‑VG vereinbar, dass auch private Personen durch Gesetz zur Besorgung öffentlicher Angelegenheiten berufen und dadurch in die öffentliche Verwaltung eingegliedert werden (zB VfSlg 14.473/1996, Austro Control; VfSlg 20.522/2021, AQ Austria). Dies sei nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes allerdings nur dann zulässig, wenn bestimmte verfassungsrechtliche Vorgaben eingehalten werden. Dazu gehöre unter anderem, dass die Aufgabenübertragung auf ausgegliederte Rechtsträger dem aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebot und dem verfassungsrechtlichen Effizienzgebot (vgl VfSlg 14.473/1996 unter Hinweis auf Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 173 ff.) entspreche, es sich bei den übertragenen Aufgaben an ausgegliederte Rechtsträger nur um "vereinzelte Aufgaben" und auch nicht um Kernaufgaben des Staates handle. Ferner werde in der Rechtsprechung verlangt, dass das oberste Verwaltungsorgan angemessene Ingerenzbefugnisse gegenüber dem ausgegliederten Rechtsträger habe (zB VfSlg 14.473/1996; 20.522/2021).

Der Verfassungsgerichtshof ging vorläufig davon aus, dass einige dieser Kriterien auch auf die Übertragung von privatrechtsförmigen Entscheidungen, welche – wie oben dargelegt – der staatlichen Verwaltung zuzuordnen sein könnten, an einen ausgegliederten Rechtsträger übertragbar sind: Es sei für den Verfassungsgerichts-hof vorderhand nicht erkennbar, dass bzw inwiefern die Übertragung der öffentlichen Angelegenheit der Gewährung von Ausgleichsleistungen an betroffene Unternehmen an die COFAG dem Sachlichkeits- und dem Effizienzgebot entspreche. Es dürfte zweifelhaft sein, ob bzw dass die Abwicklung der der COFAG übertragenen Aufgaben zumindest ebenso dem Effizienzgebot (wie dies auch in den verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zum Ausdruck kommt) entspreche, wie dies bei einer Abwicklung durch Bundesorgane im organisatorischen Sinn der Fall zu sein scheine. Diese vorläufigen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes ergaben sich unter anderem daraus, dass wesentliche Aufgaben im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Gewährung bzw Rückforderung der Ausgleichsleistungen der Finanzverwaltung übertragen worden sind (vgl dazu VfSlg 20.518/2021), die durch Bundesorgane im organisatorischen Sinn besorgt werden.

2.2.2. Diesen Bedenken des Verfassungsgerichtshofes trat die Bundesregierung in ihrer Äußerung entgegen:

Selbst wenn das Sachlichkeits- und das Effizienzgebot auch für Ausgliederungen von Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung relevant sein sollten, werde gerade im Bereich der staatlichen Organisation ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum der Gesetzgebung anzunehmen sein. Eine Verfassungswidrigkeit in Folge eines Verstoßes gegen das Sachlichkeits- und Effizienzgebot werde nur dann vorliegen, "wenn es gänzlich unvertretbar ist, eine Maßnahme als wirtschaftlich, sparsam und zweckmäßig zu bewerten", mit anderen Worten, wenn die Maßnahme vollkommen ineffizient sei (Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 177). Die Literatur gehe also in diesem Zusammenhang von einer sogenannten Vertretbarkeitskontrolle des Verfassungsgerichtshofes aus. Auch der Verfassungsgerichtshof scheine in seiner bisherigen Judikatur von einem ähnlichen Verständnis auszugehen (zB VfGH 13.12.2019, G67/2019 ua).

Ausgehend vom weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraum, der dem Gesetzgeber bei der Ausgliederung öffentlicher Aufgaben zuzuerkennen sei, sei keine Verletzung des Sachlichkeits- und Effizienzgebotes erkennbar: Infolge der Pandemie habe der Gesetzgeber rasche Entscheidungen von großer budgetärer Tragweite treffen müssen, um eine nachhaltige Schädigung der österreichischen Volkswirtschaft zu vermeiden. Die Entscheidungssituationen zu den pandemiebezogenen Beihilfen seien durch hohe Unsicherheiten geprägt gewesen. Die im März 2020 verfügbare Datenlage habe keine verlässlichen Informationen zu möglichen Ausprägungen künftiger Entwicklungen der Pandemie sowie der Wirtschaftslage enthalten; insbesondere sei unsicher gewesen, wie lange Unterstützungsleistungen zu erbringen, welche und in welchem Ausmaß Unterstützungsmaßnahmen zu ergreifen sein würden, inwieweit auf Grund der pandemiebedingten personalbezogenen Einschränkungen die bestehenden (und mit ihren Aufgaben ausgelasteten) Behörden in der Lage wären, die erforderlichen zusätzlichen Aufgaben zeitgenau zu erfüllen sowie inwieweit neues Personal aufzubauen wäre.

Nach Ansicht der Bundesregierung komme es letztlich auf eine zweckmäßige, sparsame und wirtschaftliche Aufgabenerledigung an, die ein arbeitsteiliges Vorgehen einer vom Bund beherrschten, privatrechtlich organisierten spezialisierten Förderstelle mit Organen der Finanzverwaltung nicht ausschließe, wenn dafür vernünftige Gründe ins Treffen geführt werden könnten.

Im Übrigen könne eine solche Aufgabenteilung der ebenfalls der Judikatur entnehmbaren Anforderung, dass nur vereinzelte Aufgaben auf einen ausgegliederten Rechtsträger übertragen werden dürfen, mitunter sogar besser entsprechen: Insbesondere würde die vollständige Förderabwicklung durch Organe der Finanzverwaltung noch mehr Ressourcen der Finanzverwaltung binden, die primär für die originären Kernaufgaben der Finanzverwaltung benötigt würden.

Selbst wenn man die bisherige Aufgabenerfüllung durch die COFAG nicht als "zweckmäßig, sparsam und wirtschaftlich" ansähe, ließe sich daraus nicht zwangsläufig eine Verletzung des Sachlichkeits- und Effizienzgebotes ableiten, die zu einer Aufhebung von Bestimmungen des ABBAG‑Gesetzes führen müsste. Zunächst wäre zu berücksichtigen, dass im Falle einer nachträglichen Folgenbeurteilung (etwa durch den Rechnungshof) der Gesetzgebung ein Reaktionszeitraum in Bezug auf das Ergebnis der Beurteilung zukommen sollte (vgl in diesem Sinne insbesondere auch Korinek/Holoubek, Grundlagen staatlicher Privatwirtschaftsverwaltung, 1993, 178).

2.2.3. Wie bereits oben (siehe Punkt 2.1.3.7.) dargelegt, bleibt der Verfassungsgerichtshof bei der im Prüfungsbeschluss vorläufig geäußerten Auffassung, dass nicht nur die Übertragung von Aufgaben der Hoheitsverwaltung, sondern auch die Übertragung von Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung aus der unmittelbaren Staatsverwaltung auf einen nichtstaatlichen Rechtsträger, der funktionell staatliche Verwaltung im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG besorgt, dem Sachlichkeitsgebot und dem Effizienzgebot entsprechen muss.

2.2.3.1. Entgegen der in der Äußerung der Bundesregierung vertretenen und in der öffentlichen mündlichen Verhandlung dargetanen Auffassung hält die im ABBAG‑Gesetz normierte Ausgliederung der staatlichen Verwaltungstätigkeiten auf die COFAG einer Prüfung anhand des Sachlichkeitsgebots nicht stand. Sowohl die Ausgliederung an sich als auch die konkrete Organisation der COFAG und die spezifische Art und Weise der Aufgabenerfüllung widersprechen dem Sachlichkeitsgebot:

Die COFAG wurde nach Maßgabe des §2 Abs2a ABBAG‑Gesetz als Tochtergesellschaft der ABBAG – Abbaumanagementgesellschaft des Bundes von derselben über Auftrag des Bundesministers für Finanzen gemäß §2 Abs2a ABBAG‑Gesetz idF BGBl I 15/2020 neu gegründet.

Die Bundesregierung hat die Gründung der COFAG und die Übertragung der Aufgaben auf die COFAG in ihrer Äußerung und in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen damit begründet, dass der Gesetzgeber rasche Entscheidungen bei hohen Unsicherheiten hinsichtlich der Entwicklungen der Pandemie und der Wirtschaftslage treffen habe müssen. Es sei insbesondere unsicher gewesen, wie lange Unterstützungsleistungen zu erbringen, welche und in welchem Ausmaß Unterstützungsmaßnahmen zu ergreifen sein würden, inwieweit auf Grund der pandemiebedingten personalbezogenen Einschränkungen die bestehenden Behörden in der Lage wären, die erforderlichen zusätzlichen Aufgaben zeitgenau zu erfüllen sowie inwieweit neues Personal aufzubauen wäre.

Unabhängig von der Frage, ob der COFAG die notwendigen personellen Ressourcen zur Verfügung standen, ergibt sich die Unsachlichkeit der Übertragung der staatlichen Aufgaben auf die COFAG daraus, dass die COFAG nicht über die notwendige sachliche Ausstattung, insbesondere nicht über die notwendige technische Ausstattung außerhalb der staatlichen (Finanz‑)Verwaltung verfügte. Für den Verfassungsgerichtshof ist schon deshalb nicht erkennbar, inwiefern die COFAG die ihr übertragenen Aufgaben tatsächlich in einer gleichwertigen Art und Weise besorgen konnte, wie dies in unmittelbarer Staatsverwaltung der Fall gewesen wäre.

Das von der COFAG verwendete IT‑System für die Abwicklung der Unterstüt-zungsleistungen gegenüber den Unternehmen wurde weder von der COFAG selbst noch von externen Personen entwickelt. Die COFAG hat vielmehr von Anfang an bis heute für die Antragstellung durch die Unternehmen das System von FinanzOnline herangezogen, das für die Finanzverwaltung entwickelt wurde und von dieser seit langem verwendet wird. Das System von FinanzOnline wurde für die Zwecke der Antragstellung bei der COFAG adaptiert. Des Weiteren hat die COFAG für die automatisierte Prüfung und Beurteilung der eingehenden Anträge das sogenannte Predictive Analytics Competence Center (PACC) herangezogen, welches ebenso für die Finanzverwaltung entwickelt wurde und von dieser verwendet wird. Dieses IT‑System weist die Anträge je nachdem, ob ein Anspruch auf Gewährung der finanziellen Mittel besteht, dies unsicher ist oder abzulehnen ist, als sogenannte Grün‑, Orange- oder Rot‑Fälle aus.

Angesichts dieses (im Wesentlichen) vollautomatischen "Analysetools" – die Antragsteller sind auf Grund aller vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler erlassenen Verordnungen verpflichtet (gewesen), sämtliche Anträge ausschließlich elektronisch einzubringen – erweist sich nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes (auch) aus diesem Grund, dass die Übertragung der Aufgaben auf die COFAG dem Sachlichkeitsgebot widerspricht.

Unabhängig von den (personellen und auch sachlichen) Ressourcen, welche der COFAG zum Zeitpunkt ihrer Gründung und auch danach im Tatsächlichen zur Verfügung standen, hat der Gesetzgeber selbst grundgelegt, dass der COFAG der Sache nach (nahezu) keine wesentlichen selbstständig zu entscheidenden Aufgaben zukommen:

Im Zusammenhang mit der Ergreifung der finanziellen Maßnahmen gegenüber den begünstigten Unternehmen waren und sind im Wesentlichen Überprüfungsaufgaben zu erfüllen, die nicht von der COFAG, sondern von der Finanzverwaltung, also in unmittelbarer Staatsverwaltung, zu besorgen waren. Dass diese Aufgaben in erster Linie von der Finanzverwaltung wahrzunehmen sind, ergibt sich aus dem COVID‑19-Förderungsprüfungsgesetz – CFPG, BGBl I 44/2020: Nach §1 Z1 CFPG sind Gegenstand einer Prüfung unter anderem die von der COFAG zu gewährenden finanziellen Maßnahmen auf der Grundlage von §2 Abs2 Z7 ABBAG‑Gesetz. Bei der Erfüllung der den Finanzämtern durch das COVID‑19-Förderungsprüfungsgesetz übertragenen Aufgaben handeln die Finanzämter entsprechend §2 Abs1 CFPG als Gutachter und nicht in ihrer Funktion als Abgabenbehörde des Bundes. Die Finanzämter haben im Rahmen von abgabenbehördlichen Maßnahmen die Richtigkeit der vom begünstigten Unternehmen zum Zwecke der Erlangung eines Zuschusses oder der Garantieübernahme erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw die Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe des Zuschusses angegebenen Daten zu überprüfen (vgl §6 Abs2 CFPG). Nach §7 CFPG ("Beauftragte Förderungsprüfung") hat das zuständige Finanzamt auf Weisung des Bundesministers für Finanzen die Prüfung des Zuschusses auch dann vorzunehmen, wenn keine abgabenrechtliche Prüfung oder Nachschau durchgeführt werden soll. Bestehen Zweifel an der Richtigkeit der vom Unternehmen zum Zwecke der Erlangung eines Zuschusses erteilten Auskünfte, vorgelegten Unterlagen oder Bestätigungen bzw an der Plausibilität der zur Ermittlung der Höhe des Zuschusses angegebenen Daten, hat das zuständige Finanzamt gemäß §8 (Z1) CFPG einen gesonderten Prüfungsbericht zu erstellen und der COFAG sowie dem Bundesminister für Finanzen zu übermitteln.

Dazu kommt, dass der Bund (vertreten durch den Bundesminister für Finanzen) das Rechtsverhältnis zwischen ihm und der COFAG als eine Geschäftsbesorgung im Sinne des §1002 ABGB und damit als ein (zivilrechtliches) Auftragsverhältnis ansieht und es dementsprechend auch tatsächlich ausgestaltet hat (siehe dazu oben Punkt 2.1.4.2).

Darüber hinaus wird in den zwischen dem Bund und der COFAG abgeschlossenen Finanzierungsvereinbarungen unter anderem festgelegt, wie die COFAG mit den übertragenen Mitteln umzugehen hat (Gestionierung/besondere Informations- und Berichtspflichten) und somit das Auftragsverhältnis zwischen dem Bund und der COFAG weiter konkretisiert.

Es kann somit im Ergebnis festgehalten werden, dass die COFAG der Sache nach (nahezu) keine wesentlichen selbstständig zu entscheidenden Aufgaben hatte und hat. Die wesentlichen Überprüfungsaufgaben im Zusammenhang mit der Setzung der finanziellen Maßnahmen wurden und werden von Gesetzes wegen durch die Finanzverwaltung besorgt; hinsichtlich der Vollziehung der einschlägigen gesetzlichen und Verordnungsregelungen wird die COFAG darüber hinaus weitgehend an "Aufträge" des Bundesministers für Finanzen gebunden.

2.2.3.2. Aus alldem ergibt sich für den Verfassungsgerichtshof, dass die Übertragung der privatwirtschaftlichen Tätigkeit des Bundes auf die COFAG im Widerspruch zum Sachlichkeitsgebot steht: Aus diesem Grund erweisen sich die Bestimmungen des §2 Abs1 Z3, Abs2 Z7 und Abs2a iVm §6a Abs1 ABBAG‑Gesetz als verfassungswidrig.

2.3. Zur Leitungs- und Aufsichtsbefugnis

2.3.1. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Prüfungsbeschluss vorläufig davon aus, es dürfte gegen Art20 Abs1 B‑VG verstoßen, die COFAG zur Entscheidung über die Gewährung privatrechtsförmiger Förderungen zu berufen, ohne dabei eine den Anforderungen der Verfassung genügenden Leitungs- und Aufsichtsbefugnis des Bundesministers für Finanzen sicherzustellen.

Die einzige Möglichkeit des Bundesministers für Finanzen, auf die Geschäftsführung der COFAG "durchzugreifen", scheine darin zu bestehen, der Geschäftsführung der ABBAG eine Weisung zu erteilen, die derart verpflichtet werde, der Geschäftsführung der COFAG eine entsprechende Weisung zu erteilen. Der Verfassungsgerichtshof ging im Prüfungsbeschluss vorläufig davon aus, dass der Gesetzgeber gemäß Art20 Abs1 B‑VG dazu verpflichtet sei, ausdrücklich die Befugnis des Bundesministers für Finanzen zur direkten Leitung und Aufsicht gegenüber der COFAG zu verankern (vgl VfSlg 20.522/2021, AQ Austria, zum Erfordernis der gesetzlichen Verankerung der Weisungsbefugnis gegenüber beliehenen Rechtsträgern).

Durch die Übertragung an einen vom Bund verschiedenen Rechtsträger dürften der Nationalrat und der Bundesrat zudem nicht die Möglichkeit haben, einen wesentlichen Teil des Vollzuges von Mitteln des Bundeshaushaltes, über den die COFAG verfügt, direkt und unmittelbar zu überprüfen, wie dies der Fall wäre, wenn die Geschäftsführung unter der direkten Leitung durch die Bundesregierung oder deren Mitglieder besorgt würde (vgl insbesondere Art52 B‑VG). Daran dürfte auch §3b Abs4 ABBAG‑Gesetz nichts ändern, wonach der Bundesminister für Finanzen dem Budgetausschuss "monatlich einen detailliert dargestellten Bericht, in dem sämtliche Maßnahmen zugunsten von Unternehmen gem. §3b Abs1, die zu Erhaltung der Zahlungsfähigkeit, Vermeidung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung und Überbrückung von Liquiditätsschwierigkeiten im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Erregers SARS‑CoV‑2 (COVID‑19) geboten sind, die nach diesem Bundesgesetz ergriffen wurden, vorzulegen" hat.

Im Gesetzesprüfungsverfahren werde aber auch zu klären sein, ob die im Erkenntnis VfSlg 14.473/1996 (vgl auch VfSlg 15.946/2000) geäußerte Auffassung, dass sich (auch) aus dem GmbH‑Gesetz der im Hinblick auf Art20 Abs1 B‑VG geforderte Verantwortungszusammenhang ergibt, auf das "indirekte", über die ABBAG ausübbare gesellschaftsrechtlich verankerte Weisungsrecht des Bundesministers für Finanzen übertragen werden könne. Dabei werde auch die Regelung in Punkt 2.4. des Anhanges zur Fixkostenzuschuss-VO zu berücksichtigen sein, wonach "die Organe der COFAG bei den Entscheidungen über Fixkostenzuschüsse weisungsfrei" sind.

2.3.2. Nach Ansicht der Bundesregierung bestehe eine hinreichende Ingerenz des Bundesministers für Finanzen auf die Organe der COFAG. Die Ingerenzbefugnisse ergäben sich im Wesentlichen aus der (indirekten) Alleingesellschafter-Stellung des Bundes in der COFAG, die dem Bund ein gesellschaftsrechtliches Weisungsrecht gegenüber der COFAG gebe, das der Bundesminister für Finanzen über die ABBAG wahrnehmen könne, und dem zivilrechtlichen Auftragsverhältnis zwischen Bund (Bundesminister für Finanzen) und COFAG, das durch Verordnungen (Richtlinien) im Detail ausgestaltet sei und durch "Aufträge" des Bundes (Bundesminister für Finanzen) im Sinne zivilrechtlicher Weisungen im Rahmen der Verordnungen (Richtlinien) konkretisiert werde.

2.3.2.1. Der Bund sei ausschließlicher Gesellschafter der ABBAG. Die Gesellschafter könnten Leitungsmaßnahmen verbieten, billigen oder anordnen. Gesellschaftsrechtliche Weisungen könnten sämtliche Angelegenheiten der Gesellschaft betreffen. Der Bundesminister für Finanzen sei befugt, als Vertreter des Eigentümers des Geschäftsanteiles der ABBAG und damit als Repräsentant der Generalversammlung der Geschäftsführung der ABBAG eine Weisung dergestalt zu erteilen, dass diese – in ihrer Funktion als Generalversammlung der Tochtergesellschaft COFAG – der Geschäftsführung der COFAG eine Weisung mit einem in der ersten Weisung schon vorgegebenen Inhalt erteilt. Das Weisungsrecht komme der Generalversammlung, dh dem Bund für die ABBAG und der ABBAG für die COFAG, gegenüber der Geschäftsführung zu.

2.3.2.2. Bei der Ergreifung finanzieller Maßnahmen sei die COFAG ferner durch das ABBAG‑Gesetz, die auf §3b Abs3 ABBAG‑Gesetz gestützten Verordnungen (Richtlinien) sowie die darauf aufbauenden (zivilrechtlichen) "Aufträge" des Bundesministers für Finanzen weitgehend dahin bestimmt, dass sowohl der Kreis der begünstigten Unternehmen als auch die Voraussetzungen für Garantien und Direktzuschüsse festgelegt seien. Das zivilrechtliche Auftragsverhältnis bestehe zwischen dem Bund (Bundesminister für Finanzen) als Auftraggeber und der COFAG als Auftragnehmerin. Das Regelungssystem ziele darauf ab, dass die COFAG – nach Maßgabe der internen Zuständigkeitsregelungen – bei Vorliegen der jeweiligen Förderungsvoraussetzungen die entsprechende finanzielle Vereinbarung mit dem antragstellenden Unternehmen zu treffen habe. Die Regelungen seien, was im vorliegenden Zusammenhang durch den Gleichheitsgrundsatz auch verfassungsrechtlich vorgegeben sei (VfSlg 20.397/2020), auf gleiche Förderung bei Vorliegen der festgelegten Voraussetzungen ausgerichtet.

Die Verordnungen (Richtlinien) regelten einen Auftragsvertrag im Sinne einer Geschäftsbesorgung, also die Verpflichtung der COFAG, auf Rechnung des Bundes Rechtsgeschäfte abzuschließen oder Rechtshandlungen vorzunehmen. Vertragstypisch für den Auftragsvertrag sei die Pflicht des Beauftragten zur Geschäftsbesorgung im Interesse und auf Rechnung des Auftraggebers. Hauptleistung des Beauftragten sei die Ausführung des übernommenen Geschäftes samt Herausgabe der aus diesem erlangten Vorteile. Die Geschäftsbesorgungspflicht sei regelmäßig Sorgfaltsverbindlichkeit: Der Beauftragte schulde keinen Erfolg, sondern ein auf Erreichen des vereinbarten Geschäftszweckes gerichtetes Bemühen. Der Beauftragte müsse im Rahmen der übernommenen Geschäftsbesorgung ausschließlich im Interesse des Auftraggebers handeln, er habe daher insbesondere die durch den Auftrag geförderten Interessen des Auftraggebers vor seine eigenen zu stellen. Die gänzliche Ausrichtung am Interesse des Auftraggebers sei gerade das entscheidende Charakteristikum, das den Bevollmächtigungs- und Auftragsvertrag (und die in Anspruch genommene Ermächtigung) von den Verträgen des Interessengegensatzes (Austauschverträgen), aber auch den Verträgen der Interessengemeinschaft (Gesellschaftsverträgen) abgrenze. Die Pflicht zur Interessenwahrung determiniere daher die gesamte Geschäftsbesorgung durch den Beauftragten und damit die vertragliche Hauptpflicht.

Die Verordnungen (Richtlinien) hätten mit "Aufträgen" zivilrechtliche Weisungen im Rahmen eines Auftragsvertrages nach §1002 ABGB vor Augen. Der Bund (Bundesminister für Finanzen) als Auftraggeber sei berechtigt, die nähere Auftragsausführung durch Weisung festzulegen. Die bestmögliche Verfolgung des Interesses des Auftraggebers sei daher nur dann möglich, wenn sich der Auftragnehmer nicht nur an die im Zuge der Begründung des Geschäftsbesorgungsverhältnisses erteilten Vorgaben, sondern auch an Aktualisierungen durch den Auftraggeber halte. Daraus folge, dass der Beauftragte im Einzelfall dazu verpflichtet sein könne, Weisungen vom Auftraggeber einzuholen. Das sei insbesondere dann denkbar, wenn der Inhalt der Geschäftsbesorgung nicht ausreichend bestimmt sei, widersprüchliche Weisungen vorlägen oder Teile der Geschäftsbesorgung durch aktuelle Entwicklungen unzweckmäßig oder sinnlos geworden seien. Das Weisungsrecht sei ein Gestaltungsrecht des Auftraggebers. Es werde durch einseitige, zugangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt. Die Weisung unterliege grundsätzlich keiner Formvorgabe.

2.3.3. Zunächst ist von Seiten des Verfassungsgerichtshofes auf die ständige Rechtsprechung hinzuweisen, wonach es bei der Ausgliederung staatlicher Verwaltung auf einen nichtstaatlichen Rechtsträger nicht notwendig ist, dass der Gesetzgeber den im Hinblick auf Art20 Abs1 B‑VG geforderten Verantwortungszusammenhang durch eine ausdrückliche und eigenständige gesetzliche Regelung herstellt. In Ermangelung anders lautender Bestimmungen ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber für die Gründung der COFAG als Tochtergesellschaft der ABBAG – Abbaumanagementgesellschaft des Bundes die Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vorgesehen hat. Im Hinblick darauf genügt es, wenn der Verantwortungszusammenhang nicht durch eine ausdrückliche Regelung im ABBAG‑Gesetz, sondern aus dem GmbH-Gesetz hergestellt werden kann. Hiezu kann auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes verwiesen werden, wonach der geforderte Verantwortungszusammenhang als erfüllt angesehen werden kann, wenn sich bei der Übertragung der staatlichen Verwaltung auf einen Rechtsträger in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung die (umfassenden) Ingerenzbefugnisse des obersten Verwaltungsorgans (nur) aus dem GmbH‑Gesetz ergeben (vgl etwa VfSlg 14.473/1996, Austro Control und VfSlg 15.946/2000).

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass diese Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes so zu verstehen ist, dass es der öffentlichen Hand als (Allein‑)Gesellschafterin einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, so auch als Gesellschafterin der COFAG, im Sinne des Art20 Abs1 B‑VG verwehrt ist, im Gesellschaftsvertrag die Weisungsbindung der Geschäftsführung gegenüber der Generalversammlung bzw der (Allein‑)Gesellschafter auszuschließen (vgl zur Möglichkeit, (auch) teilweise in einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Weisung auszuschließen, zB U. Torggler, §20 GmbHG, in: U. Torggler [Hrsg.], GmbHG, Rz 21).

Demgegenüber wird den in Art20 Abs1 B‑VG geforderten Ingerenzbefugnissen des obersten Verwaltungsorgans nicht entsprochen, wenn diese Befugnisse gegenüber dem nichtstaatlichen Rechtsträger bloß auf privatrechtlicher, durch die Vertragsparteien jederzeit gestaltbarer Grundlage beruhen, wie sie etwa nach Auffassung der Bundesregierung durch den (angeführten) Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem Bund (vertreten durch den Bundesminister für Finanzen) und der COFAG hergestellt wird. Derartige, alleine auf privatrechtlicher Basis bestehende Ingerenzbefugnisse können nicht als Äquivalent zu den gesetzlich verankerten (und damit von den beteiligten Rechtsträgern nicht änderbaren) Befugnissen bezeichnet werden.

Zu klären ist im gegebenen Zusammenhang somit nur mehr, ob das aus Art20 Abs1 B‑VG abgeleitete Erfordernis der Leitungs- und Aufsichtsbefugnis nur dann erfüllt wird, wenn das oberste Verwaltungsorgan seine Befugnisse direkt gegenüber dem nichtstaatlichen Rechtsträger ausüben kann oder ob dies – wie im Falle der COFAG – auch dann der Fall ist, wenn das oberste Verwaltungsorgan diese Befugnisse nur indirekt, dh über eine zwischengeschaltete Gesellschaft mit beschränkter Haftung ausüben kann, auf welche das oberste Verwaltungsorgan direkt einwirken kann.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes kann auch dann von den Anforderungen des Art20 Abs1 B‑VG genügenden Ingerenzbefugnissen des obersten Verwaltungsorgans auf eine (ausgegliederte) Gesellschaft mit beschränkter Haftung gesprochen werden, wenn diese Befugnisse nicht direkt gegenüber der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, welche staatliche Aufgaben besorgt, sondern nur über eine zwischengeschaltete, im Alleineigentum der Gebietskörperschaft stehende Gesellschaft mit beschränkter Haftung ausgeübt werden können. Befolgt nämlich die Geschäftsführung einer zwischengeschalteten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nicht die Weisungen des obersten Verwaltungsorgans in Bezug auf eine bestimmte Vorgangsweise gegenüber dem ausgegliederten Rechtsträger (einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung), kann das oberste Verwaltungsorgan sofort die erforderlichen Schritte gegenüber der ihm direkt unterworfenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung setzen, um (indirekt) gegenüber dem ausgegliederten Rechtsträger, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, eine effektive Handlung setzen (lassen) zu können.

2.3.4. Es ist daher festzuhalten, dass die von Art20 Abs1 B‑VG geforderten direkten Leitungs- und Aufsichtsbefugnisse des obersten Verwaltungsorgans des Bundes (hier: des Bundesministers für Finanzen) gegenüber der COFAG bestehen. Die im Prüfungsbeschluss dahingehend geäußerten Bedenken konnten zerstreut werden.

2.4. Zum Ausschluss eines Rechtsanspruches

2.4.1. Der Verfassungsgerichtshof äußerte im Prüfungsbeschluss auch das vorläufige Bedenken, dass §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz gegen das Grundrecht auf Eigentum gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK, das Rechtsstaatsprinzip sowie auch gegen das aus dem Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG und Art7 B‑VG erfließende Sachlichkeitsgebot verstoßen könnte:

Bei den einschlägigen Regelungen des ABBAG‑Gesetzes und den auf dieser Grundlage erlassenen Verordnungen, so auch bei der im Anlassverfahren anwendbaren Fixkostenzuschuss‑VO, dürfte es sich nicht um sogenannte Selbstbindungsregelungen handeln. Da sich die Regelungen des ABBAG‑Gesetzes sowie die einschlägigen, durch den Bundesminister für Finanzen (im Einvernehmen mit dem Vizekanzler) erlassenen Verordnungen nicht an den bzw die Bundesminister, sondern vielmehr zunächst an die COFAG als jene Einrichtung, welche den zu begünstigenden Unternehmen die Ausgleichsleistungen zu gewähren hat, richten dürften, scheint nach der vorläufigen Auffassung des Verfassungsgerichtshofes die Qualifikation der genannten Rechtsvorschriften als Selbstbindungsregelungen nicht in Betracht zu kommen.

Da es sich somit bei den Regelungen des ABBAG‑Gesetzes und der Fixkostenzuschuss‑VO nicht um Selbstbindungsregelungen oder um Gesetze bzw Normen im nur formellen Sinn handeln dürfte, seien diese in jeder Hinsicht an sämtlichen in Frage kommenden verfassungsrechtlichen Vorgaben (insbesondere den Grundrechten und dem Legalitätsgrundsatz gemäß Art18 B‑VG) zu messen.

Vor diesem Hintergrund dürfte sich die Regelung des §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz, wonach "auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen […] kein Rechtsanspruch" besteht, als bedenklich erweisen. Begreife man nämlich – entsprechend dem Erkenntnis VfSlg 20.397/2020 (vgl auch VfSlg 20.518/2021) und der offenkundigen Absicht des Gesetzgebers – die Ausgleichsleistungen an die Unternehmen, die von den im Zusammenhang mit der COVID‑19-Pandemie gesetzten behördlichen Maßnahmen betroffen sind, als funktionelles Äquivalent zu Entschädigungen, dürfte es gegen das Grundrecht auf Eigentum gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK, gegen das Rechtsstaatsprinzip und auch das aus dem Gleichheitsgrundsatz gemäß Art2 StGG und Art7 B‑VG erfließende Sachlichkeitsgebot verstoßen, den betroffenen Unternehmen keinen Rechtsanspruch auf die gesetzlich und verordnungsförmig vorgesehenen Ausgleichsleistungen einzuräumen.

Es dürfte dabei nicht genügen, die betroffenen Unternehmen auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes zur sogenannten Fiskalgeltung der Grundrechte zu verweisen, wonach in der Privatwirtschaftsverwaltung privatrechtsförmig zu gewährende Leistungen an die Betroffenen ausschließlich am Kriterium der Diskriminierungsfreiheit zu messen sind. In der vorliegenden Konstellation, in der es um die Gewährung von Ausgleichsleistungen an von behördlichen Beschränkungen im Zusammenhang mit der COVID‑19-Pandemie betroffene Unternehmen gehe, (mit anderen Worten) die Ausgleichsleistungen ein funktionelles Äquivalent für einen durchsetzbaren Anspruch auf gesetzlich festzulegende Entschädigungsleistungen darstellten, scheine es nicht bloß darum zu gehen, die Ausgleichsleistungen diskriminierungsfrei an die betroffenen Unternehmen zu gewähren, sondern es dürfte darüber hinaus etwa zu prüfen sein, ob die zu gewährenden Ausgleichsleistungen dem Sachlichkeitsgebot entsprechen.

2.4.2. Nach Ansicht der Bundesregierung sind diese Bedenken des Verfassungsgerichtshofes im Ergebnis nicht begründet: §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz stelle klar, dass "auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen [...] kein Rechtsanspruch" bestehe. Dabei handle es sich um eine Formulierung, die in zahlreichen Förderungsgesetzen vorkomme. Es ergebe sich daraus, dass kein Rechtsanspruch auf die Ausfolgung eines Bescheides bestehe bzw dass die Gewährung von Förderungen nach dem ABBAG‑Gesetz nicht hoheitlich erfolge. Dies ändere aber nichts daran, dass auch im nicht-hoheitlichen Bereich die Fiskalgeltung der Grundrechte zur Anwendung gelange. Insofern hätten Betroffene einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf, "dass ihnen solche Förderungen in gleichheitskonformer Weise und nach sachlichen Kriterien ebenso wie anderen Förderungswerbern gewährt werden" (VfSlg 20.0397/2020; VfGH 5.12.2022, G226/2022).

Unter Hinweis auf Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 20.937/2020 und VfGH 15.12.2021, G233/2021 ua) begründet die Bundesregierung ferner, dass §3b Abs2 ABBAG auch nicht gegen das rechtsstaatliche Prinzip verstoße.

Weiters könne nach Ansicht der Bundesregierung ein Entschädigungsanspruch zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit eines Eigentumsanspruches wohl nur geboten sein, wenn tatsächlich durch behördliche Maßnahmen ein Eingriff in das Eigentum erfolge. Dies sei im vorliegenden Fall zweifelhaft; nur ein geringer Teil der COFAG-Zuschüsse stelle in wirtschaftlicher Betrachtung direkt oder indirekt eine Entschädigung für ein behördliches Betretungsverbot dar. Die COFAG wickle zu einem großen Teil finanzielle Maßnahmen ab, die beihilferechtlich im Befristeten Beihilferahmen der EU‑Kommission (vgl dazu die Mitteilung der Kommission Befristeter Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID‑19 2020/C 91 I/01, ABl. C 2020/91, 1 ff.) für zulässig erklärt worden seien, um – viel breiter angelegt – die wirtschaftlichen Auswirkungen der COVID‑19 Pandemie insgesamt abzufedern (Nachfragerückgang durch Pandemie etc.); dies unabhängig von konkreten behördlich erlassenen Betretungsverboten.

Auch wenn man vom Vorliegen eines Eingriffes in das Grundrecht auf Eigentum ausginge, führe diese nicht zwangsläufig zu einer Entschädigungspflicht: Erstens sei ausgehend von der sogenannten Sonderopfertheorie (vgl dazu näher VfSlg 10.841/1986 uva.) nach dem Verständnis der Bundesregierung eine Entschädigung nur dann geboten, "[w]enn eine Eigentumseinschränkung dem Eigentümer ein besonders gravierendes Opfer zugunsten der Allgemeinheit abverlangt, ihn also in sachlich nicht rechtfertigbarer und unverhältnismäßiger Weise stärker belastet, als im Allgemeinen Personen zugunsten des öffentlichen Wohles belastet sind" (Korinek in Korinek/Holoubek et al. [Hrsg.], Bundesverfassungsrecht [5. Lfg., 2002] Art5 StGG Rz 50). Gehe man davon aus, dass "von dem Betretungsverbot (und den damit verbundenen nachteiligen Folgen) [grundsätzlich] alle Handels- und Dienstleistungsunternehmen betroffen waren" (VfSlg 20.397/2020), sei nicht ersichtlich, inwiefern überhaupt ein (sachlich nicht gerechtfertigtes) "Sonderopfer" vorliege.

Selbst bei Enteignungen könne es dazu kommen, dass außergewöhnliche Umstände gegen eine Entschädigungspflicht sprechen (vgl EGMR 9.12.1994, 13.092/87, 13.984/88, Holy Monasteries). Was für Enteignungen gelte, müsse umso mehr für bloße Eigentumsbeschränkungen, wie sie allenfalls im vorliegenden Fall vorlägen, gelten, zumal der Verfassungsgerichtshof selbst im Erkenntnis VfSlg 20.397/2020 auf das Vorliegen einer außergewöhnlichen Situation hingewiesen habe.

2.4.3. Der Verfassungsgerichtshof teilt die von der Bundesregierung in ihrer Äußerung zur Verteidigung der Verfassungsmäßigkeit des §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz ("Auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen besteht kein Rechtsanspruch.") vertretene Auffassung nicht.

2.4.3.1. Entgegen der Auffassung der Bundesregierung handelt es sich bei den einschlägigen Regelungen des ABBAG‑Gesetzes und den auf dieser Grundlage erlassenen Verordnungen, so auch bei der im Anlassverfahren anwendbaren Fixkostenzuschuss‑VO, nicht um sogenannte Selbstbindungsregelungen.

Selbstbindungsgesetze sind dadurch charakterisiert, dass der Gesetzgeber die Vollzugsorgane (im internen Verhältnis) bindet, ohne Einzelpersonen in ihrer Rechtssphäre zu berühren oder diesen (irgend‑)einen Rechtsanspruch einzuräumen. Da sich die Regelungen des ABBAG‑Gesetzes sowie die einschlägigen, durch den Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler erlassenen Verordnungen nicht an den Bundesminister, sondern vielmehr zunächst an die COFAG als jene außerhalb der Staatsorganisation stehende Einrichtung, welche den zu begünstigenden Unternehmen die Ausgleichsleistungen und Zuschüsse zu gewähren hat, richtet, scheidet die Qualifikation der maßgeblichen Bestimmungen im ABBAG‑Gesetz genauso wie der auf Grund des ABBAG‑Gesetzes durch den Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler erlassenen Verordnungen als Selbstbindungsregelungen von Vornherein aus.

Dass es sich bei den einschlägigen Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen betreffend die Gewährung von Ausgleichsleistungen an Unternehmen (jedenfalls in Bezug auf jene behördlichen Maßnahmen, welche die Tätigkeit der Unternehmen beschränkten) nicht um sogenannte Selbstbindungsregelungen handelt, ergibt sich im Übrigen bereits aus dem Erkenntnis VfSlg 20.397/2020. In diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass Adressat der Förderregelungen der gesamte Kreis der in Frage kommenden Leistungswerber ist und diese Ausgleichsleistungen vom Gesetzgeber offenkundig als funktionelles Äquivalent für (hoheitlich zu gewährende) Entschädigungen angesehen wurden.

Da es sich somit bei den Regelungen des ABBAG‑Gesetzes und der auf dieser Grundlage erlassenen Verordnungen, somit auch der im Anlassverfahren maßgeblichen Fixkostenzuschuss‑VO, nicht um Selbstbindungsregelungen handelt, sind diese jedenfalls an sämtlichen in Frage kommenden verfassungsrechtlichen Vorgaben zu messen.

2.4.3.2. Vor diesem Hintergrund verstößt die Regelung des §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz, wonach "auf die Gewährung von finanziellen Maßnahmen […] kein Rechtsanspruch" besteht, gegen das Sachlichkeitsgebot.

Die Bundesregierung vertritt in ihrer Äußerung die Auffassung, aus §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz sei zu schließen, dass über die Anträge der antragstellenden Unternehmen nicht mit Bescheid zu entscheiden sei. Dem stimmt der Verfassungsgerichtshof im Ergebnis zu; aus dem Gesamtzusammenhang des ABBAG‑Gesetzes und der auf dieser Basis vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler erlassenen Verordnungen ergibt sich, dass die COFAG über die Anträge nicht mit Bescheid, sondern privatrechtsförmig zu entscheiden hat.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes hat die in Prüfung gezogene Bestimmung des §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz aber einen weiter gehenden normativen Gehalt als bloß darzutun, dass die Angelegenheit nicht hoheitlich zu besorgen ist. Aus §3b Abs2 ABBAG‑Gesetz folgt nämlich auch, dass es grundsätzlich keinen unbedingten Anspruch der in den vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Vizekanzler erlassenen Verordnungen begünstigten Unternehmen auf Gewährung von finanziellen Mitteln durch die COFAG gibt.

Dieser Ausschluss eines unbedingten Anspruches steht zunächst im Gegensatz zur Tatsache, dass der Gesetzgeber in den auf Grund des ABBAG‑Gesetzes erlassenen Verordnungen nähere finanzielle Maßnahmen festgelegt haben wollte, welche zum Teil ein funktionelles Äquivalent für (hoheitlich zu gewährende) Entschädigungen nach dem Epidemiegesetz darstellten. Bereits aus diesem Grund ist es sachlich nicht gerechtfertigt, den Rechtsanspruch der begünstigten Unternehmen auf finanzielle Maßnahmen auszuschließen. Dazu kommt, dass in den Bestimmungen des ABBAG‑Gesetzes (vgl insbesondere §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7 sowie §3b Abs1, 3 und 4) klar zum Ausdruck kommt, dass die in den auf Grund des ABBAG‑Gesetzes erlassenen Verordnungen vorgesehenen finanziellen Maßnahmen den begünstigten Unternehmen auch tatsächlich zukommen sollen.

Der (kategorische) Ausschluss eines Anspruches auf Gewährung von finanziellen Maßnahmen erweist sich daher als Verletzung des aus dem Gleichheitsgrundsatz erfließenden Sachlichkeitsgebotes. Daran ändert auch die in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg 20.397/2020) und des Obersten Gerichtshofes (vgl OGH 23.12.2014, 1 Ob 218/14m; 23.5.2018, 3 Ob 83/18d) anerkannte Fiskalgeltung der Grundrechte nichts, weil diese voraussetzt, dass zunächst (irgend‑)einem Unternehmen die entsprechende Leistung gewährt wurde, was dann zur Folge hat, dass andere vergleichbare Unternehmen in einem vergleichbaren Zusammenhang einen Anspruch auf Gleichbehandlung und damit ebenfalls einen (abgeleiteten) Anspruch auf Gewährung der Leistungen haben.

2.4.3.3. Da §3b Abs2 ABBAG gegen das Sachlichkeitsgebot verstößt und schon aus diesem Grund als verfassungswidrig aufzuheben ist, hat der Verfassungsgerichtshof nicht mehr zu prüfen, ob §3b Abs2 ABBAG aus den im Prüfungsbeschluss genannten Gründen auch gegen das Eigentumsgrundrecht gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK oder das rechtsstaatliche Prinzip verstößt.

2.5. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich veranlasst, das Nachstehende zur Klarstellung festzuhalten:

2.5.1. Die vorliegende Aufhebung hat keine Auswirkungen auf bereits zum Zeitpunkt des Beginns der mündlichen Verhandlung in diesem Gesetzesprüfungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof anhängige (Quasi‑)Anlassfälle. Durch die vorliegende Aufhebung verliert die COFAG als beklagte Partei der jeweiligen gerichtlichen Anlassverfahren nicht ihre Rechtspersönlichkeit.

2.5.2. Der Verfassungsgerichtshof erachtet es als notwendig, für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesbestimmungen eine Frist zu setzen, weil der Gesetzgeber auf Grund dieses Erkenntnisses gehalten ist, für die weitere Ausübung der aktuell der COFAG übertragenen Tätigkeiten und die (voraussichtlich notwendige) Abwicklung der COFAG nähere Regelungen zu erlassen. Der Verfassungsgerichtshof hält, wie in Punkt 2.5.1. im Zusammenhang mit den (Quasi‑)Anlassfällen ausgeführt, ergänzend fest, dass durch die Aufhebung der in Prüfung gezogenen Bestimmungen die COFAG nicht ihre Rechtspersönlichkeit verliert und auch nicht gehindert ist, weiterhin – bis zur gesetzlichen Neuregelung – die ihr bisher übertragenen Tätigkeiten auszuüben.

IV. Ergebnis

1. §2 Abs1 Z3, §2 Abs2 Z7, §2 Abs2a, §3b Abs2 und §6a des Bundesgesetzes über die Einrichtung einer Abbaubeteiligungsaktiengesellschaft des Bundes (ABBAG‑Gesetz), BGBl I 51/2014, idF BGBl I 228/2021 sind als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstellen gründet sich auf Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B‑VG.

3. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B‑VG.

4. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B‑VG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Z3 BGBlG.

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