Normen
B-VG Art17, Art140 Abs1 Z1 litc
EnergiekostenausgleichsG 2022
VfGG §7 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2022:G226.2022
Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. Antrag
Mit dem zu G226/2022 protokollierten, auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG gestützten Antrag begehrt die Antragstellerin unter anderem, der Verfassungsgerichtshof möge
"folgende Bestimmungen des Energiekostenausgleichsgesetzes 2022 – EKAG 2022 (BGBl I Nr 37/2022), kundgemacht am 08.04.2022, gemäß Art140 Abs3 B‑VG iVm §64 Abs1 VfGG als verfassungswidrig aufheben:
a) in §1 Abs2 den Satz 'Auf den Energiekostenausgleich besteht kein Rechtsanspruch.'
b) in §2 Abs1 die Wortfolge 'aus einem Stromlieferungsvertrag'
c) in §2 Abs2 die Wortfolge 'der mit der Zahlungsverpflichtung aus dem Stromlieferungsvertrag für den Haushalt verrechnet wird'
d) in §5 Abs3 lita die Wortfolge 'des aus dem Stromlieferungsvertrag'
e) in §5 Abs3 litb die Wortfolge 'sowie Bestätigung, dass die Person der Zahlungsverpflichtete aus dem Stromlieferungsvertrag für den Haushalt ist' sowie
f) in §5 Abs3 lite die Wortfolge 'aus dem Stromlieferungsvertrag'"
II. Rechtslage
Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes, mit dem ein Energiekostenausgleich eingeführt wird (Energiekostenausgleichsgesetz 2022 – EKAG 2022), BGBl I 37/2022, lauten auszugsweise wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen bzw Wortfolgen sind hervorgehoben):
"Gegenstand des Energiekostenausgleichs
§1. (1) Gegenstand dieses Bundesgesetzes ist die finanzielle Entlastung von Haushalten durch einen Gutschein in Höhe von 150 Euro zur Verminderung der Kostenbelastung aus einer Stromrechnung (Energiekostenausgleich).
(2) Auf den Energiekostenausgleich besteht kein Rechtsanspruch.
(3) […]
Begünstigte und Höhe
§2. (1) Durch den Energiekostenausgleich wird eine natürliche Person begünstigt, die aus einem Stromlieferungsvertrag für einen Haushalt, in dem sie an einem Tag im Zeitraum vom 15. März 2022 bis 30. Juni 2022 ihren Hauptwohnsitz (§1 Abs7 Meldegesetz 1991 – MeldeG, BGBl Nr 9/1992, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 54/2021) hat, zahlungsverpflichtet ist, sofern die Einkünfte der Person(en), die im Haushalt den Hauptwohnsitz hat/haben, den Wert gemäß §3 Abs1 nicht überschreiten. Dabei gilt:
1. Ein Mehrpersonenhaushalt liegt vor, wenn an einer Adresse mehr als eine natürliche Person mit ihrem Hauptwohnsitz im zentralen Melderegister (ZMR, §16 MeldeG) eingetragen ist und die Personen bei gemeinsamer Lebensführung zusammenwohnen.
2. Für den Einpersonenhaushalt gilt:
a) Ein Einpersonenhaushalt liegt vor, wenn an einer Adresse eine einzige Person mit ihrem Hauptwohnsitz im ZMR eingetragen ist.
b) Mehrere Einpersonenhaushalte liegen vor, wenn an einer Adresse mehrere Personen mit ihrem Hauptwohnsitz im zentralen ZMR eingetragen sind und diese Personen bei getrennter Lebensführung getrennt wohnen.
3. Für die Beurteilung sind ausschließlich die Verhältnisse am 15. März 2022 (§5 Abs1) bzw – in Fällen des §5 Abs4 – des Zeitpunktes der Anforderung des Gutscheins maßgebend.
(2) Der Energiekostenausgleich beträgt 150 Euro pro Begünstigtem und Haushalt. Er wird einmalig in Form eines Gutscheines gewährt, der mit der Zahlungsverpflichtung aus dem Stromlieferungsvertrag für den Haushalt verrechnet wird.
[…]
§5. (1) An jede Adresse in Österreich, die zum 15. März 2022 für eine oder mehrere Personen als Hauptwohnsitz im ZMR ausgewiesen ist, ist ein Gutschein über 150 Euro im Wege einer Briefsendung zu versenden.
(2) Der Gutschein enthält eine eindeutige Nummer, einen QR-Code und eine Hauptwohnsitzadresse.
(3) Für Zwecke der Einlösung des Gutscheines ist dieser um folgende Informationen zu ergänzen:
a) Name und Geburtsdatum sowie – falls vorhanden – E-Mail-Adresse und Telefonnummer des aus dem Stromlieferungsvertrag für den Haushalt Zahlungsverpflichteten als Begünstigtem aus dem Gutschein (§2 Abs1).
b) Firma des Stromlieferanten sowie Bestätigung, dass die Person der Zahlungsverpflichtete aus dem Stromlieferungsvertrag für den Haushalt ist.
c) Die Vervollständigung oder Bekanntgabe der Zählpunktbezeichnung.
d) Die Bestätigung, dass die Höhe der Einkünfte der Person(en), die im Haushalt ihren Hauptwohnsitz hat/haben, die Grenze gemäß §3 Abs1 nicht überschreitet.
e) Die Bestätigung, dass der aus dem Stromlieferungsvertrag für den Haushalt Zahlungsverpflichtete an der Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet ist (§2 Abs1).
(4) Die Informationen gemäß Abs2 sind von der begünstigten Person bis längstens 31. Oktober 2022 in elektronischer Form bekannt zu geben. Soweit das nicht möglich oder zumutbar ist, sind sie bis längstens 31. Oktober 2022 im Wege einer Briefsendung an die am Gutschein angegebene Adresse zu retournieren.
(5) Personen, die im Wege der Versendung (§5 Abs1) bis 30. Juni 2022 keinen Gutschein erhalten haben und begünstigt sind, können bis 31. August 2022 einen Gutschein für ihren Haushalt, in dem sie zum Zeitpunkt der Anforderung ihren Hauptwohnsitz haben, anfordern; für diesen Fall ist Abs4 ebenfalls anzuwenden. Im Fall des Verlustes eines Gutscheines kann die neuerliche Zusendung des Gutscheines angefordert werden."
III. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Die Wohnung der Antragstellerin, an der sie ihren Hauptwohnsitz gemeldet hat, befindet sich auf einer im Alleineigentum ihres ehemaligen Ehegatten stehenden Liegenschaft. Auf dieser steht ein aus einem Alt- sowie einem Neubau bestehendes Haus mit jeweils einer Wohnung mit je eigener Adresse. Die Wohnungen werden getrennt bewohnt und bilden jeweils einen eigenen Haushalt. Die Wohnungen verfügen über einen gemeinsamen Stromverbrauchszähler und es besteht für beide nur ein Stromlieferungsvertrag, der zwischen dem Stromlieferungsunternehmen und dem ehemaligen Ehegatten der Antragstellerin abgeschlossen wurde. Der Stromverbrauch wird zwischen der Antragstellerin und ihrem ehemaligen Ehegatten abgerechnet. Der Antragstellerin wurde an ihre Adresse per Post ein sogenannter "Energiekostengutschein" zugestellt.
2. Die Antragstellerin bringt auf das Wesentliche zusammengefasst zu ihrer Antragslegitimation Folgendes vor:
2.1. Die Antragstellerin sei durch die angefochtenen Bestimmungen bzw Wortfolgen des EKAG 2022 unmittelbar in ihren Rechten betroffen, die es ihr nicht erlauben, den erhaltenen "Energiekostengutschein" einzulösen und damit einen Energiekostenausgleich zu erhalten. Die Antragstellerin führe zwar einen eigenen Haushalt und auch die sonstigen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Energiekostenausgleiches seien mit der Ausnahme erfüllt, dass die Antragstellerin keine Zahlungsverpflichtung aus dem Stromlieferungsvertrag für den Haushalt treffe.
2.2. Zur Frage, ob der Antragstellerin ein anderer zumutbarer Weg offenstehe, die Frage der Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen bzw Wortfolgen an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 B‑VG heranzutragen, bringt die Antragstellerin lediglich vor, dass es ihr nicht möglich sei, die behauptete Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen bzw Wortfolgen auf anderem Weg geltend zu machen.
3. Die Antragstellerin legt ihre Bedenken zusammengefasst wie folgt dar:
Die Anknüpfung des Gesetzes an das Vorliegen eines Stromlieferungsvertrages erscheine zwar auf den ersten Blick sachlich gerechtfertigt, in Konstellationen wie der ihren führe dies allerdings dazu, dass trotz Bestehens separater Haushalte nur die Vertragspartnerin bzw der Vertragspartner des Stromlieferungsunternehmens berechtigt sei, den Energiekostenausgleich in Anspruch zu nehmen. Obwohl die Antragstellerin und ihr ehemaliger Ehegatte Strom verbrauchen und Stromkosten bezahlen müssten, könne nur eine der beiden Personen den Energiekostenausgleich beziehen. Eine sachliche Rechtfertigung dafür sei nicht erkennbar, weshalb die angefochtenen Regelungen zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führen würden. Diese Überlegung würde auch für andere Konstellationen gelten, so etwa für Mehrfamilienwohnhäuser, für die lediglich ein Stromlieferungsvertrag bestehe, der jedoch der Stromversorgung aller darin befindlichen Haushalte, die getrennt geführt würden, diene. Die angefochtenen Bestimmungen bzw Wortfolgen würden daher dem in Art2 StGG, Art7 Abs1 B‑VG, Art66 des Staatsvertrages von Saint-Germain sowie Art20 GRC normierten Gleichbehandlungsgebot widersprechen.
4. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in welcher sie auszugsweise Folgendes ausführt:
"Zur Zulässigkeit:
[…] Zum zumutbaren Umweg
[…] Der als Gutschein ausgestaltete Energiekostenausgleich stellt eine Unterstützungs- bzw Förderungsmaßnahme dar und wird vom Bund im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung gewährt. Die Voraussetzungen, um die Begünstigung zu erhalten, sind im EKAG 2022 festgelegt und knüpfen insbesondere an eine aufrechte Verpflichtung aus einem Stromlieferungsvertrag sowie weitere persönliche Voraussetzungen an. Gesetzlich wird klargestellt, dass es gemäß §1 Abs2 EKAG 2022 keinen Rechtsanspruch auf den Energiekostenausgleich gibt. Ebenso bestand auch betreffend die aus Anlass der COVID-19 Pandemie gewährten Unterstützungsleistungen kein Rechtsanspruch (siehe AB 1377 d.B. XXVII. GP 1). Diesbezügliche Streitigkeiten waren in zivilgerichtlichen Verfahren zu klären. Der Rechtsschutz für Akte der Privatwirtschaftsverwaltung, somit auch für privatrechtliche Subventionsverhältnisse, obliegt nicht den Gerichten öffentlichen Rechts, sondern wird durch die ordentlichen Gerichte wahrgenommen. Aus der Fiskalgeltung der Grundrechte (vgl etwa OGH 23.12.2014, 1 Ob 218/14m; 24.2.2003, 1 Ob 272/02k) folgt, dass Betroffene bei im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung erbrachten Leistungen einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf haben, dass ihnen solche Förderungen in gleichheitskonformer Weise und nach sachlichen Kriterien ebenso wie anderen Förderungswerbern gewährt werden (VfSlg 20.397/2020, S 713). Ein entsprechender Individualantrag in Bezug auf die (Nicht-)Gewährung von COVID‑19 Förderungen wurde sohin vom VfGH unter Verweis auf das Vorliegen eines zumutbaren Umwegs als unzulässig zurückgewiesen (vgl VfGH 7.10.2021, G88/2021 ua).
Der VfGH sieht einen zumutbaren Weg, um eine Verfassungswidrigkeit geltend zu machen, nicht nur im Fall bereits anhängiger gerichtlicher Verfahren, sondern auch im Fall der Möglichkeit, solche anhängig zu machen, gegeben (siehe dazu VfGH 27.11.2019, G134/2019 mwN; vgl dazu auch Rohregger, Art140 B‑VG, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 6. Lfg. [2003], Rz 181). Besondere, außergewöhnliche Umstände, die die Zumutbarkeit der Anrufung eines ordentlichen Gerichtes im vorliegenden Fall in Frage stellen, wurden von der Antragstellerin nicht behauptet und sind auch nicht ersichtlich (vgl nur VfGH 28.11.2019, G14/2019).
Nach Ansicht der Bundesregierung stünde der Antragstellerin der Weg offen, die Gewährung des Energiekostenausgleichs zivilgerichtlich einzuklagen. Im Zuge dieses Verfahrens könnte die Antragstellerin die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes durch das Gericht gemäß Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG anregen sowie aus Anlass eines gegen die erstinstanzliche Gerichtsentscheidung erhobenen Rechtsmittels im Wege eines Parteiantrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG ihre Bedenken an den Verfassungsgerichtshof herantragen.
[…] Zum Anfechtungsumfang
[…] Der Antrag erweist sich nach Ansicht der Bundesregierung aus mehreren Gründen als unzulässig:
Zunächst hat das Aufhebungsbegehren der Antragstellerin betreffend die Wortfolgen in §2 Abs1 und 2 sowie in §5 Abs3 lita und e EKAG 2022 zur Folge, dass ein (teilweise) grammatikalisch unrichtiger und unverständlicher Regelungstorso zurückbleibt. Die von der Anfechtung betroffenen Absätze würden im Fall der Aufhebung inhaltsleer zurückbleiben und wären keiner Anwendung mehr zugänglich. Die übrig gebliebenen Gesetzesteile würden lediglich von einer Zahlungsverpflichtung für einen Haushalt sprechen. Um welche Zahlungsverpflichtung, für die nach dem EKAG 2022 eine Begünstigung zu gewähren wäre, es sich dabei handelt, bleibt danach völlig im Unklaren. In §2 Abs2 EKAG 2022 wäre der Beistrich des Relativsatzes mitanzufechten gewesen, um einen aus grammatikalischer Sicht richtigen Gesetzestext zu gewährleisten. Abseits eines grammatikalisch unrichtigen, nicht mehr lesbaren Regelungstorsos führte die begehrte Aufhebung in §5 Abs3 lita EKAG 2022 zum bereits erwähnten undifferenzierten Abstellen auf eine Zahlungsverpflichtung für einen Haushalt. Da der im Fall der Aufhebung der beantragten Wortfolgen in §2 Abs1 und 2 sowie in §5 Abs3 lita und e EKAG 2022 verbleibende Rest als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre, erweist sich der Antrag in Hinblick darauf als unzulässig.
Des Weiteren würde die Aufhebung der beantragten Wortfolgen, die im Wesentlichen den Passus 'aus dem Stromlieferungsvertrag' betreffen, dazu führen, dass die vom Gesetzgeber intendierte Konkretisierung der Zahlungsverpflichtung eliminiert werden würde. Wie bereits dargestellt, wäre es in der Folge unverständlich, in Bezug auf welche Zahlungsverpflichtung der Energiekostenausgleich gewährt werden soll. Die Folge wäre, dass jede für einen Haushalt bestehende Zahlungsverpflichtung eine Begünstigtenstellung im Sinn des EKAG 2022 begründet. Eine Energiekostenentlastungsmaßnahme an irgendeine Zahlungsverpflichtung für einen Haushalt zu knüpfen, entbehrt jeder Sinnhaftigkeit. Die Intention der gegenständlichen Gesetzesmaßnahme war es, eine 'zielgerichtete Maßnahme zum Ausgleich der aktuell verschärften Preissituation in Bezug auf Energiekosten' vorzusehen (siehe IA 2314/A XXVII. GP ). Wenn die konkretisierende Einschränkung der Entlastung hinsichtlich der Kosten aus einem Stromlieferungsvertrag infolge der beantragten Aufhebung wegfällt, wird eine gesetzliche Situation geschaffen, die dem vom Gesetzgeber intendierten Inhalt nicht mehr entspricht. Die Aufhebung bloßer Teile des EKAG 2022 würde demnach zu einem völlig veränderten, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbaren Inhalt führen, weshalb sich der Antrag auch in dieser Hinsicht als unzulässig erweist.
Schließlich ist unklar, inwiefern die Aufhebung des Ausschlusses eines Rechtsanspruches in §1 Abs2 EKAG 2022 die behauptete Ungleichbehandlung beseitigen würde. Nach Ansicht der Antragstellerin ergebe sich die Gleichheitswidrigkeit dadurch, dass es für die Begünstigung in Bezug auf den Energiekostenausgleich auf einen aufrechten Stromlieferungsvertrag und eine Verpflichtung daraus ankäme. Auch ein Rechtsanspruch auf den Energiekostenausgleich würde nichts an den Anspruchsvoraussetzungen ändern. Es wäre weiterhin eine Verpflichtung der natürlichen Person aus dem Stromlieferungsvertrag gesetzliche Bedingung für die Begünstigung. Wenn aber der Anfechtungsumfang derart abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde, erweist sich der Antrag als unzulässig. Das ist vorliegend in Bezug auf §1 Abs2 EKAG 2022 der Fall.
[…] Zur Darlegung der Bedenken
[Den] Anforderungen nach §62 VfGG wird der gegenständliche Antrag nicht gerecht, weil die Bedenken nicht den einzelnen im Antrag angefochtenen Bestimmungen zugeordnet werden (vgl VfSlg 19.317/2011). Die Antragstellerin trägt lediglich pauschal vor, dass die Anknüpfung an die Verpflichtung aus einem Stromlieferungsvertrag mit dem Gleichheitsgrundsatz in Widerspruch stünde. Während dieses global geäußerte Bedenken allenfalls den angefochtenen Wortfolgen in §2 Abs1 und 2 sowie §5 Abs3 lita, b und e EKAG 2022, in denen es um die Zahlungsverpflichtung aufgrund eines Stromlieferungsvertrages geht, zugeordnet werden könnte, ist dies nach Ansicht der Bundesregierung in Bezug auf §1 Abs2 EKAG 2022 nicht ohne weiteres möglich. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern der Ausschluss eines Rechtsanspruches auf Erhalt eines Energiekostenausgleichs die gleichheitsrechtlichen Vorgaben verletzen würde.
[…] Aus diesen Gründen ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der Antrag zur Gänze unzulässig ist.
[…] In der Sache:
[…] Zu den gleichheitsrechtlichen Bedenken
[…] Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass der rechtspolitische Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Gewährung von Beihilfen generell ein weiter ist (so VfSlg 8605/1979; zur Studienförderung vgl VfSlg 18.638/2008; vgl weiters VfSlg 14.694/1996, 16.542/2002 zu familienpolitischen Maßnahmen). Wenn der Gesetzgeber nicht in Freiheiten eingreift, sondern Förderungen bzw Beihilfen vergibt, kommt ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu (siehe Pöschl, in: Merten/Papier [Hrsg.], Handbuch der Grundrechte2, Band VII/1, §14 Rz 49). In einer jüngsten Entscheidung zur Gewährung von Förderungen nach dem ABBAG-Gesetz hat der Gerichtshof den weiten Beurteilungsspielraum sowohl für hoheitlich als auch privatwirtschaftlich gewährte Förderungen betont (vgl VfGH 15.12.2021, G233/2021 ua).
Aufgrund der schon vor Ausbruch des Ukraine-Krieges eingetretenen Teuerung vor allem im Bereich Energie hat die Bundesregierung am 23. Februar 2022 ein 1,7 Milliarden Euro schweres Entlastungspaket vorgestellt, um die steigenden Preise abzufedern. Eine darin enthaltene Maßnahme war der Energiekostenausgleich für nahezu alle Haushalte (vgl https://www.bmf.gv.at/presse/pressemeldungen/2022/februar/energiekostenausgleich.html ). Die Auszahlung soll über einen Gutschein erfolgen, den jeder Haushalt 'automatisch und direkt per Post' erhält. Diese Gutscheine wurden an rund vier Millionen Haushalte verschickt. Sie orientieren sich an den Zählpunkten und an der Hauptwohnsitz-Meldung. Die Gutscheine können dann analog und digital bei einer zentralen Stelle eingelöst werden. Die Gutschrift wird automatisch bei der nächsten Jahresabrechnung zum Abzug gebracht. Die Energieversorger werden den Kunden die 150 Euro auf der Jahresabrechnung direkt abziehen.
Die gesetzliche Grundlage für den Energiekostenausgleich bildet das Energiekostenausgleichsgesetz 2022 – EKAG 2022, BGBl I Nr 37/2022. Dieses normiert den Regelungsinhalt, die Begünstigten und die Abwicklung des Energiekostenausgleichs. Im Bericht des Finanzausschusses ist zu §1 EKAG 2022, der den Gegenstand des Energiekostenausgleichs zum Inhalt hat, das Folgende zu lesen (AB 1377 d.B. XXVII. GP 1f.): 'Als zielgerichtete Maßnahme zum Ausgleich der aktuell verschärften Preissituation in Bezug auf Energiekosten sollen Haushalte einmalig über einen als Gutschein ausgestalte[te]n Energiekostenausgleich in Höhe von 150 Euro entlastet werden. Dadurch sollen finanzielle Problemlagen entschärft und gleichzeitig die Kaufkraft breiter Bevölkerungsschichten gestärkt werden.
Der Energiekostenausgleich wird bei Vorliegen der Voraussetzungen allen Haushalten in Österreich gewährt; es besteht darauf allerdings – vergleichbar mit den aus Anlass der Covid-19-Pandemie gewährten Unterstützungsleistungen – kein Rechtsanspruch.
Klargestellt wird, dass der Energiekostenausgleich einkommensteuer- und abgabenfrei ist. Es kommt auch zu keiner Kürzung von Stromkosten, die gegebenenfalls als steuerliche Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind (zB im Rahmen der Kosten für ein steuerliches Arbeitszimmer im Haushalt).
Abs4 schließt zudem eine Anrechnung auf den laufenden Sozialhilfebezug aus; damit ist sichergestellt, dass die Leistung die betroffenen Haushalte ungekürzt erreicht.'
§2 EKAG 2022 regelt, wer durch den Energiekostenausgleich begünstigt ist und in welcher Form die Entlastung erfolgt. Danach ist begünstigt, wer einen Stromlieferungsvertrag für einen Haushalt hat und daraus gegenüber dem Stromlieferanten zahlungsverpflichtet ist. Unter Haushalt ist sowohl ein Ein- als auch Mehrpersonenhaushalt zu verstehen, wobei auf den Hauptwohnsitz nach dem zentralen Melderegister abzustellen ist. Im Ausschussbericht finden sich einige Beispiele, die Fälle von Mehrfachmeldungen an einer Adresse für Zwecke der Begünstigung nach dem EKAG 2022 erläutern. Für den vorliegenden Fall wird auf folgendes Beispiel hingewiesen (AB 1377 d.B. XXVII. GP 2): 'Die Adresse Y ist für die Personen G und H nach dem ZMR deren Hauptwohnsitz. G und H leben getrennt. Es liegen zwei Einpersonenhaushalte vor. Sofern für beide Einpersonenhaushalte ein eigener Stromliefervertrag vorliegt, sind beide Einpersonenhaushalte begünstigt.' Wenn es demgegenüber nur einen Zähler (Stromlieferungsvertrag) für mehrere Haushalte an einer Adresse gibt, kann nur ein Gutschein eingelöst werden (vgl AB 1377 d.B. XXVII. GP 4).
Wie sich aus den Darstellungen im Ausschussbericht ergibt, war das Gesetzesvorhaben von der Intention getragen, einfache und praktikable Regelungen zu schaffen. Das EKAG 2022 wurde zur finanziellen Entlastung der Haushalte durch einen Gutschein in Höhe von 150 Euro zur Verminderung der Kostenbelastung aus einer Stromrechnung (Energiekostenausgleich) beschlossen, wie §1 Abs1 leg cit unmissverständlich zum Ausdruck bringt. Es handelt sich dabei um eine Fördermaßnahme, um die Mehrkostenbelastung aus einer Stromrechnung abzufedern (vgl im Gegensatz dazu bspw. die Maßnahmen im Einkommensteuergesetz 1988 zur Abfederung der allgemeinen Teuerung durch das Teuerungs-Entlastungspaket, BGBl I Nr 93/2022, wie den Teuerungsabsetzbetrag und die Teuerungsprämie).
Die Förderung ist dabei bewusst so angelegt, dass die Entlastung im Zuge einer Direktverrechnung des Gutscheins unmittelbar bei den Stromlieferanten erfolgt. Das gewährleistet einerseits eine unbürokratische Abwicklung und stellt andererseits sicher, dass es zu keiner missbräuchlichen Inanspruchnahme und Mehrfachförderung kommt, indem etwa eine (indirekte) Kostenbelastung oder das Bestehen eines eigenen Haushaltes vorgetäuscht wird. Andernfalls würde es für eine zuschussgewährende Stelle in einer beträchtlichen Anzahl von Fällen einen erheblichen Aufwand und mitunter wohl ein intensives Eindringen in die private Sphäre der betreffenden Personen (vgl VfSlg 18.549/2008) bedeuten, tatsächlich zu verifizieren, ob familiär verbundene Personen in einem gemeinsamen Haushalt leben oder nicht. Vor diesem Hintergrund ist es nicht unsachlich, die Förderung an die Zahlungsverpflichtung aus einem Stromlieferungsvertrag zu binden und jedem Haushalt für einen Stromlieferungsvertrag den Zuschuss zukommen zu lassen.
Ein Gesetz ist nicht schon dann gleichheitswidrig, wenn sein Ergebnis nicht in allen Fällen als befriedigend angesehen wird. Nicht jede Härte im Einzelfall, die eine einheitliche Regelung mit sich bringt, kann bereits als unsachlich gewertet werden. Dem Gesetzgeber muss es gestattet sein, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen (vgl VfSlg 11.616/1988, 14.694/1996, 16.361/2001, 16.641/2002). Insbesondere wurde eine Verringerung des Verwaltungsaufwandes als anzuerkennendes Motiv des Gesetzgebers beurteilt (vgl VfSlg 20.115/2016 mwN). Der Gesetzgeber darf nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auf den Regelfall abstellen (vgl zB VfSlg 14.841/1997, 16.124/2001 und 16.771/2002); dass dabei Härtefälle entstehen, macht das Gesetz nicht gleichheitswidrig (vgl zB VfSlg 11.615/1988, 14.841/1997).
Diese Judikatur trägt dem Umstand Rechnung, dass es dem Gesetzgeber unmöglich ist, im Rahmen einer generell-abstrakten Normsetzung jeden einzelnen Lebenssachverhalt abzubilden. Als Folge dieser zulässigen Durchschnittsbetrachtung können Härtefälle auftreten. Sind solche Härtefälle (bzw Systemfehler) für den Gesetzgeber nicht zumutbar vorherzusehen, dann kann ihm auch kein Vorwurf gemacht werden, wenn er für diese Fälle keine Ausnahmeregelung vorgesehen hat (vgl Holoubek, Art7, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 14. Lfg. [2018] Rz 139). Weiters ist der Umfang der zu erwartenden Verfahren zu berücksichtigen. Eine typisierende Betrachtungsweise ist daher umso eher dann zulässig, je größer der zu bewältigende Verfahrensanfall ist und je schwieriger und aufwändiger die Ermittlungstätigkeit wäre (siehe dazu Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz [2008] 251).
Dem Gesetzgeber kann nicht als 'unsachliche Betrachtungsweise' unterstellt werden, dass er von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht, der zufolge jeder Mensch, der einen Haushalt führt, für diesen Haushalt auch über einen auf seinen Namen lautenden Stromlieferungsvertrag verfügt oder zumindest eine andere in seinem Haushalt lebende Person den Stromlieferungsvertrag abgeschlossen hat.
Durch den Energiekostenausgleich werden Menschen begünstigt, die über einen Hauptwohnsitz in Österreich und einen Stromlieferungsvertrag (mit der damit verbundenen Zählpunktbezeichnung) für diesen verfügen und die gesetzlich festgelegte Einkommenshöhe nicht überschreiten. Das Bestehen einer Zahlungsverpflichtung aus einem Stromlieferungsvertrag steckt dabei den Anwendungsbereich ab, der gemäß §1 EKAG 2022 Gegenstand des Energiekostenausgleichs sein soll ('Verminderung der Kostenbelastung aus einer Stromrechnung'). Die Anknüpfung an einen aufrechten Stromlieferungsvertrag macht die Abwicklung über die Stromanbieter möglich. Die gesetzlich vorgesehene Direktverrechnung des Gutscheins mit der Jahresabrechnung ließe sich anders nicht administrieren. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auch die große Anzahl an Haushalten, die als Begünstigte nach dem EKAG 2022 in Betracht kommen, zu berücksichtigen.
Das Erfordernis des Bestehens einer Zahlungsverpflichtung aus einem aufrechten Stromlieferungsvertrag für den Haushalt beruht somit ausschließlich auf sachlichen Gründen. Im Interesse einer möglichst treffsicheren Entlastung und einer effizienten Abwicklung ist für die Begünstigung aus dem Energiekostenausgleich daher für jeden Haushalt das Vorliegen einer Zahlungsverpflichtung aus einem Stromlieferungsvertrag erforderlich.
Die Antragstellerin hat in ihrem Antrag selbst ausgeführt, aus Kostenersparnisgründen auf das Einbauen eines Stromzählers verzichtet zu haben und in weiterer Folge (wohl aus demselben Grund) auch keinen Stromlieferungsvertrag auf ihren Namen abgeschlossen zu haben. Diese Gestaltung entspricht allerdings nicht dem 'Regelfall', den der Gesetzgeber vor Augen hat und für den die Förderung ausgelegt ist.
[…] Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Wortfolgen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."
IV. Zulässigkeit
1. Der Antrag ist unzulässig.
2. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.
Nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).
3. Die Antragstellerin bringt vor, dass es ihr nicht möglich sei, die behauptete Rechtsverletzung auf anderem Weg zu bekämpfen und ihr somit kein anderer Weg offen stünde, um die Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Bestimmungen bzw Wortfolgen geltend zu machen. Diese Rechtsansicht vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu teilen:
3.1. Bei dem nach den angefochtenen Bestimmungen bzw Wortfolgen gewährten Energiekostenausgleich handelt es sich um eine Unterstützungs- bzw Förderungsmaßnahme, die der Gesetzgeber im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung (Art17 B‑VG) bereitstellt (vgl zu krisenbedingten Förderungsmaßnahmen VfSlg 20.397/2020; VfGH 7.10.2021, G88/2021 ua).
Aus der Fiskalgeltung der Grundrechte (vgl etwa OGH 23.12.2014, 1 Ob 218/14m; 24.2.2003, 1 Ob 272/02k) folgt, dass Betroffene bei im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung erbrachten Leistungen wie der vorliegenden einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf haben, dass ihnen diese in gleichheitskonformer Weise und nach sachlichen Kriterien ebenso wie anderen Förderungswerbern gewährt werden (vgl VfSlg 20.397/2020; VfGH 7.10.2021, G88/2021 ua). Dass §1 Abs2 EKAG 2022 vorsieht, dass auf die Gewährung des Energiekostenausgleiches kein Rechtsanspruch besteht, steht diesem Anspruch nicht entgegen.
Es handelt sich demnach bei dem nach den angefochtenen Bestimmungen bzw Wortfolgen gewährten Energiekostenausgleich um eine bürgerliche Rechtssache iSd §1 JN, welche in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fällt.
3.2. Die Einleitung eines zivilgerichtlichen Verfahrens ist der Antragstellerin auch zumutbar:
3.2.1. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist es grundsätzlich zumutbar, den Klagsweg zu beschreiten und im gerichtlichen Rechtsstreit Bedenken gegen präjudizielle Vorschriften vorzubringen (vgl zB VfSlg 8979/1980, 8890/1980, 9394/1982, 9695/1983, 9926/1984, 10.445/1985, 10.785/1986, 11.551/1987, 11.759/1988, 11.890/1988, 12.046/1989, 12.775/1991, 16.653/2002, 18.778/2009). Danach ist nicht schon auf Grund des Prozessrisikos und der damit verbundenen Kostenfolgen, wegen der damit verbundenen Zeitdauer oder mangelnder Erfolgsaussichten davon auszugehen, dass die Beschreitung des Gerichtsweges unzumutbar ist (vgl VfSlg 15.030/1997, 16.664/2002, 16.708/2002, 18.777/2009; VfGH 6.6.2014, G24/2014; 7.10.2021, G88/2021 ua). Prozesskosten im gerichtlichen Verfahren stehen der Zumutbarkeit, ein solches Verfahren anzustrengen, grundsätzlich nicht entgegen, wenn nicht ein außergewöhnlicher Fall vorliegt (VfSlg 10.445/1985).
Der Verfassungsgerichtshof hat diese Rechtsprechung damit begründet, dass es der Partei – auch schon vor der mit 1. Jänner 2015 in Kraft getretenen B‑VG-Novelle BGBl I 114/2013 – möglich war, ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die vom Gericht anzuwendenden Bestimmungen vorzutragen und das antragsberechtigte Gericht zur Antragstellung zu veranlassen.
Jedes (ordentliche) Gericht ist verpflichtet, bei Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der anzuwendenden Bestimmungen einen Antrag auf Normenprüfung zu stellen (Art139 Abs1 Z1 B‑VG bzw Art140 Abs1 Z1 lita iVm Art89 Abs2 B‑VG). Außerdem erkennt der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 Z4 bzw Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG über die Gesetz- bzw Verfassungsmäßigkeit einer Bestimmung auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht entschiedenen Rechtssache in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.
Vor diesem Hintergrund müssen somit in den Fällen einer Gerichtszuständigkeit besondere, außergewöhnliche Umstände vorliegen, die die Einbringung eines Individualantrages zulässig machen könnten. Andernfalls würde eine Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes eintreten, welche mit dem Grundsatz der Subsidiarität von Individualanträgen nach Art139 bzw Art140 B‑VG im Sinne der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nicht im Einklang stünde (vgl auch VfGH 14.6.2017, G16/2017; 15.6.2015, G182/2014 ua; 11.3.2015, V106/2014 ua).
3.2.2. Unter Beachtung dieser Ausgangslage vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu erkennen, dass im Fall der Antragstellerin Umstände vorlägen, nach denen die Einbringung eines Individualantrages ausnahmsweise zulässig wäre:
Die Antragstellerin hat es bereits im erstinstanzlichen Verfahren in der Hand, das zuständige Gericht zu veranlassen, einen entsprechenden Antrag auf Normenkontrolle hinsichtlich der angefochtenen Bestimmungen bzw Wortfolgen zu stellen, oder nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens einen Parteiantrag auf Normenkontrolle einzubringen.
4. Der Antrag ist daher schon aus diesem Grund unzulässig.
V. Ergebnis
1. Der Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
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