Normen
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
EMRK Art6 Abs1
EMRK Art13
ZPO §568
EO §37, §42, §44
VfGG §7 Abs1, §62a Abs1 Z9
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2020:G299.2020
Spruch:
I. Der Antrag auf Aufhebung des §37 des Gesetzes vom 27. Mai 1896, über das Exekutions- und Sicherungsverfahren (Exekutionsordnung – EO), RGBl. Nr 79/1896, idF BGBl Nr 343/1989 wird abgewiesen.
II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Gestützt auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG, begehrt der Antragsteller
"§568 des Gesetzes vom 1. August 1895, über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung — ZPO), StF: RGBI. Nr 113/1895, in der geltenden Fassung sowie §37 des Gesetzes vom 27. Mai 1896, über das Exekutions- und Sicherungsverfahren (Exekutionsordnung — EO), StF: RGBI. Nr 79/1896, in der geltenden Fassung als verfassungswidrig aufzuheben.
in eventu
§568 des Gesetzes vom 1. August 1895, über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung — ZPO), StF: RGBI. Nr 113/1895, in der geltenden Fassung sowie §§37, 38, 39, 41, 42, 44, 206, 375, 376, 432, 439 Abs3 des Gesetzes vom 27. Mai 1896, über das Exekutions- und Sicherungsverfahren (Exekutionsordnung — EO), StF: RGBI. Nr 79/1896, in der geltenden Fassung"
als verfassungswidrig aufzuheben.
II. Rechtslage
1. Der sowohl im Haupt- als auch im Eventualantrag angefochtene §568 des Gesetzes vom 1. August 1895, über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung – ZPO), RGBl. 113/1895, lautet:
"Verhältnis zum Afterbestandnehmer.
§. 568.
Alle gegen den Bestandnehmer erwirkten Aufkündigungen, Aufträge, Entscheidungen und Verfügungen, welche das Bestehen oder die Auflösung eines Bestandvertrages über einen der im § 560 bezeichneten Gegenstände betreffen, sind auch gegen den Afterbestandnehmer wirksam und vollstreckbar, sofern nicht ein zwischen dem Afterbestandnehmer und dem Bestandgeber bestehendes Rechtsverhältnis entgegensteht."
2. Die maßgeblichen – im Eventualantrag angefochtenen – Bestimmungen des Gesetzes vom 27. Mai 1896, über das Exekutions- und Sicherungsverfahren (Exekutionsordnung – EO), RGBl. 79/1896, idF BGBl I 122/2017 lauten:
"Widerspruch Dritter.
§. 37.
(1) Gegen die Execution kann auch von einer dritten Person Widerspruch erhoben werden, wenn dieselbe an einem durch die Execution betroffenen Gegenstande, an einem Theile eines solchen oder an einzelnen Gegenständen des Zubehöres einer in Execution gezogenen Liegenschaft ein Recht behauptet, welches die Vornahme der Execution unzulässig machen würde.
(2) Ein solcher Widerspruch ist mittels Klage geltend zu machen; die Klage kann zugleich gegen den betreibenden Gläubiger und gegen den Verpflichteten gerichtet werden, welche in diesem Falle als Streitgenossen zu behandeln sind.
(3) Für diese Klage ist, je nachdem sie vor oder nach Beginn des Executionsvollzuges angebracht wird, das Gericht, bei dem die Bewilligung der Execution in erster Instanz beantragt wurde, oder das Executionsgericht zuständig.
(4) Wenn der Klage rechtskräftig stattgegeben wird, ist die Execution einzustellen.
§. 38.
(1) Muss eine der in den §§35, 36 und 37 bezeichneten Klagen im Sinne der vorstehenden Bestimmungen bei einem Bezirksgerichte angebracht werden, so ist dieses Gericht zur Verhandlung und Entscheidung über die Klage zuständig, wenngleich die Streitsache sonst zur sachlichen Zuständigkeit eines Gerichtshofes gehören würde.
(2) Für Verfahren nach den §§35, 36 und 37 kann die inländische Gerichtsbarkeit nach §104 Abs1 oder 3 JN nicht begründet werden.
(3) Der Abs2 ist insoweit zur Gänze oder zum Teil nicht anzuwenden, als nach Völkerrecht oder besonderen gesetzlichen Anordnungen ausdrücklich anderes bestimmt ist.
Einstellung, Einschränkung und Aufschiebung der Execution.
§. 39.
(1) Außer den in den §§. 35, 36 und 37 angeführten Fällen ist die Execution unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Executionsacte einzustellen:
1. wenn der ihr zugrunde liegende Executionstitel durch rechtskräftige Entscheidung für ungiltig erkannt, aufgehoben oder sonst für unwirksam erklärt wurde;
2. wenn die Execution auf Sachen, Rechte oder Forderungen geführt wird, die nach den geltenden Vorschriften der Execution überhaupt oder einer abgesonderten Executionsführung entzogen sind;
3. wenn die Execution auf Grund von Urtheilen oder Vergleichen, die gemäß §. 2 der Civilprocessordnung ohne Mitwirkung eines gesetzlichen Vertreters zustande gekommen sind, auf solches Vermögen eines Minderjährigen geführt wird, auf das sich seine freie Verfügung nicht erstreckt;
4. wenn die Execution gegen eine Gemeinde oder eine als öffentlich und gemeinnützig erklärte Anstalt gemäß §. 15 für unzulässig erklärt wurde;
5. wenn die Execution aus anderen Gründen durch rechtskräftige Entscheidung für unzulässig erklärt wurde;
6. wenn der Gläubiger das Executionsbegehren zurückgezogen hat, wenn er auf den Vollzug der bewilligten Execution überhaupt oder für eine einstweilen noch nicht abgelaufene Frist verzichtet hat, oder wenn er von der Fortsetzung des Executionsverfahrens abgestanden ist;
7. wenn der Verpflichtete im Falle des §.12 nach Bewilligung der Execution in Ausübung seines Wahlrechtes eine andere als diejenige Leistung bewirkt hat, auf welche die Execution gerichtet ist;
8. wenn sich nicht erwarten lässt, dass die Fortsetzung oder Durchführung der Execution einen die Kosten dieser Execution übersteigenden Ertrag ergeben wird;
9. wenn die erteilte Bestätigung der Vollstreckbarkeit rechtskräftig aufgehoben wurde;
10. wenn die Exekution nicht durch einen Exekutionstitel gedeckt ist oder diesem die Bestätigung der Vollstreckbarkeit fehlt;
11. wenn die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels rechtskräftig aufgehoben wurde.
(2) In den unter Z1, 6 und 7 angegebenen Fällen erfolgt die Einstellung nur auf Antrag, sonst kann sie auch von amtswegen erfolgen; der Einstellung von amtswegen hat jedoch in den unter Z2 und 3 angegebenen Fällen, sofern nicht schon eine rechtskräftige Entscheidung über die Unzulässigkeit der Executionsführung vorliegt, eine Einvernehmung der Parteien vorauszugehen. Wenn auf Geldforderungen Exekution geführt wird, gilt die dem Exekutionsgericht erstattete Anzeige des Drittschuldners über die Unzulässigkeit der Exekutionsführung (§294 Abs4) als Antrag auf Einstellung der Exekution. Im Falle der Einstellung nach Abs1 Z6 kann die Zustellung des Einstellungsbeschlusses an den Antragsteller unterbleiben.
(3) Wird auf Ungültig- oder Unwirksamerklärung oder auf Aufhebung des Exekutionstitels geklagt, so kann der Antrag auf Einstellung der Exekution mit der Klage verbunden werden.
(4) Mit dem Antrag auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit kann der Antrag auf Einstellung der Exekution nach Abs1 Z9 verbunden werden. Dieser Antrag ist, wenn er nicht bei dem Gericht eingebracht wird, das die Bestätigung der Vollstreckbarkeit erteilt hat, an dieses zur Erledigung zu leiten.
[…]
§. 41.
(1) Treten die in den §§. 35 bis 37, 39 und 40 bezeichneten Einstellungsgründe nur hinsichtlich einzelner der in Execution gezogenen Gegenstände oder eines Theiles des vollstreckbaren Anspruches ein, so hat statt der Einstellung eine verhältnismäßige Einschränkung der Execution stattzufinden.
(2) Außerdem ist die Execution einzuschränken, wenn sie in größerem Umfange vollzogen wurde, als zur Erzielung vollständiger Befriedigung des Gläubigers nothwendig ist. Der Entscheidung über einen darauf gerichteten Antrag hat eine Einvernehmung des betreibenden Gläubigers voranzugehen.
[…]
§. 42.
(1) Die Aufschiebung (Hemmung) der Execution kann auf Antrag angeordnet werden:
1. wenn eine Klage auf Ungiltig- oder Unwirksamerklärung oder auf Aufhebung eines der im §. 1 angeführten, einer bewilligten Execution zugrunde liegenden Executionstitels erhoben wird;
2. wenn in Bezug auf einen der im §. 1 angeführten Executionstitel die Wiederaufnahme des Verfahrens oder die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt oder wenn die Aufhebung eines Schiedsspruches (§. 1 Z16) im Klagewege beantragt wird;
2a. wenn gegen das der Exekution zu Grunde liegende Berufungsurteil außerordentliche Revision (§505 Abs4 ZPO) erhoben worden ist;
3. wenn gemäß §39 Abs1 Z2 bis 4, 6, 8 und 10 oder §40 die Einstellung der Exekution beantragt wird;
4. wenn die Execution wegen eines Anspruches stattfindet, der von einer Zug um Zug zu bewirkenden Gegenleistung des betreibenden Gläubigers abhängig ist, und der Gläubiger weder die ihm obliegende Gegenleistung bewirkt hat, noch dieselbe zu bewirken oder sicherzustellen bereit ist;
5. wenn Einwendungen nach den §§35 oder 36 gerichtlich geltend gemacht werden oder Klage nach §37 erhoben wird, wenn aus anderen Gründen auf Unzulässigerklärung der Exekution geklagt wird (§39 Abs1 Z5) oder wenn Einwendungen gegen den Anspruch bei der Behörde erhoben werden, von welcher einer der in §1 Z10 und 12 bis 14 angeführten Exekutionstitel ausgegangen ist;
6. wenn eine Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger (§. 813 a. b. G. B.) bewilligt wird;
7. wenn der die Execution bewilligende Beschluss des Gerichtes mittels Recurs angefochten wird;
8. wenn gegen einen Vorgang des Executionsvollzuges Beschwerde geführt wird und die für die Entscheidung darüber erforderliche Einvernehmung der Parteien oder sonstigen Betheiligten nicht unverzüglich stattfinden kann (§. 68);
9. wenn die Aufhebung oder Abänderung der rechtskräftigen Vollstreckbarerklärung beantragt wird;
10. wenn gegen die Anpassung des Exekutionstitels Widerspruch erhoben wird.
(2) Die Aufschiebung der Exekution kann ferner in den Fällen des §7, Absatz 3 und 4, auf Begehren der Stelle, der die Aufhebung obliegt, oder auf Antrag eines Beteiligten angeordnet werden.
(3) Mit dem Antrag auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit kann der Antrag auf Aufschiebung der Exekution verbunden werden. Dieser Antrag ist, wenn er nicht bei dem Gericht eingebracht wird, das die Bestätigung der Vollstreckbarkeit erteilt hat, an dieses zur Erledigung zu leiten.
[…]
§. 44.
(1) Die Bewilligung der Executionsaufschiebung hat zu unterbleiben, wenn die Execution begonnen oder fortgeführt werden kann, ohne dass dies für denjenigen, der die Aufschiebung verlangt, mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachtheiles verbunden wäre.
(2) Die Aufschiebung der Exekution ist von einer entsprechenden Sicherheitsleistung des Antragstellers abhängig zu machen:
1. wenn die Tatsachen, auf die sich die Einwendungen gegen den Anspruch oder gegen die Exekutionsbewilligung (§§35 und 36) stützen, nicht durch unbedenkliche Urkunden dargetan sind;
2. wenn ein naher Angehöriger des Verpflichteten (§32 Insolvenzordnung) oder eine mit ihm in Hausgemeinschaft lebende Person später als 14 Tage nach dem Exekutionsvollzuge die Widerspruchsklage (§37) erhebt und der Kläger nicht bescheinigt, daß er von dem Vollzuge erst kurz vor oder nach Ablauf dieses Zeitraumes Kenntnis erlangen konnte und daß er die Klage ohne unnötigen Aufschub eingebracht hat;
3. wenn die Aufschiebung der Exekution die Befriedigung des betreibenden Gläubigers zu gefährden geeignet ist. Treten erst nach Bewilligung der Aufschiebung Umstände ein, die eine solche Gefährdung wahrscheinlich machen, so kann demjenigen, auf dessen Ansuchen die Aufschiebung bewilligt wurde, auf Antrag aufgetragen werden, innerhalb einer bestimmten Frist Sicherheit zu leisten, widrigens die Exekution wieder aufgenommen werden würde.
(3) Bei der Entscheidung über einen Aufschiebungsantrag nach §42 Abs1 Z2a sind die Erfolgsaussichten der außerordentlichen Revision nicht zu prüfen.
(4) Bei Bewilligung der Aufschiebung hat das Gericht anzugeben, für wie lange die Execution aufgeschoben sein soll.
(5) Ein aufgeschobenes Executionsverfahren wird, sofern nicht für einzelne Fälle etwas anderes angeordnet ist, nur auf Antrag wieder aufgenommen.
[…]
Ausscheiden eines betreibenden Gläubigers
§. 206.
Erfolgt die Einstellung oder Aufschiebung aus einem Grunde, der nicht in gleicher Weise gegen alle Gläubiger wirkt, die das Versteigerungsverfahren betreiben (§§35 bis 37, 39, 40, 188, 200 Z3, 200a, 201), so ist das Versteigerungsverfahren zugunsten der übrigen betreibenden Gläubiger fortzusetzen.
[…]
§. 375.
(1) Zur Bewilligung von Exekutionshandlungen ist in den Fällen der §§370, 371 Z1 bis 3, 371a und 372 das Prozeßgericht erster Instanz oder das Gericht, bei dem die Rechtsangelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit in erster Instanz anhängig war, im Fall des §371 Z4 das Exekutionsgericht zuständig. In den Fällen der §§370, 371 Z1 bis 3, 371a und 372 kann um die Bewilligung von Exekutionshandlungen auch beim Exekutionsgericht angesucht werden, wenn dem Antrag eine Ausfertigung der Entscheidung oder der Verfügung und eine Amtsbestätigung über die Erhebung der Berufung, der Revision oder des Widerspruchs (§371 Z1, §371a) oder über die Anbringung des Wiedereinsetzungsantrags (§371 Z3) angeschlossen ist.
(2) In dem bewilligenden Beschlusse ist der zu sichernde Betrag sammt Nebengebüren und durch Hinweisung auf den Umstand, von welchem der Eintritt der Vollstreckbarkeit des Anspruches abhängt, der Zeitraum anzugeben, für dessen Dauer die Sicherung gewährt wird. §§54b bis 54f sind nicht anzuwenden.
§. 376.
(1) Die Vollziehung der bewilligten Executionshandlungen hat auf Antrag zu unterbleiben und die bereits vollzogenen Executionshandlungen sind aufzuheben:
1. wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Geldforderung, zu deren Gunsten eine Executionshandlung bewilligt wurde, schon zur Zeit dieser Bewilligung berichtigt oder hinlänglich sichergestellt war;
2. wenn glaubhaft gemacht wird, dass diese Forderung derzeit berichtigt oder hinlänglich sichergestellt ist, insbesondere wenn der Verpflichtete den Betrag der zu sichernden Forderung sammt Nebengebüren in barem Gelde oder in Wertpapieren zu Gerichtshanden erlegt; bei verzinslichen Forderungen müssen auch die Zinsen für die ganze Zeit der bewilligten Sicherung erlegt werden;
3. wenn die Geldforderung, zu Gunsten deren die Executionshandlung bewilligt wurde, dem Gläubiger rechtskräftig aberkannt oder wenn deren Erlöschung rechtskräftig festgestellt wird;
4. wenn im Falle des §. 371 Z3 dem Wiedereinsetzungsgesuche rechtskräftig stattgegeben wird.
(2) In den unter Z1, 3 und 4 bezeichneten Fällen hat der betreibende Gläubiger alle durch die Bewilligung, den Vollzug und die Wiederaufhebung der Executionshandlungen entstandenen Kosten zu tragen und den dem Verpflichteten verursachten Schaden zu ersetzen. Ist die Exekution auf Grund eines Versäumungsurteils, gegen das Widerspruch erhoben ist, bewilligt worden, so tritt die Schadenersatzpflicht nicht ein, wenn dem betreibenden Gläubiger bei der Einleitung und der Fortsetzung der Exekution keine grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.
[…]
Zweiter Abschnitt
Sonstige Begleitregelungen
Geschäftsverteilung bei exekutionsrechtlichen Klagen und Anträgen
§432. (1) Klagen und Anträge nach den §§35 und 36 zwischen Ehegatten aus dem Eheverhältnis sowohl während als auch nach Auflösung der Ehe, zwischen eingetragenen Partnern aus dem Partnerschaftsverhältnis sowohl während als auch nach Auflösung der Partnerschaft sowie zwischen Eltern und Kindern aus dem Eltern-Kind-Verhältnis gehören in die für die Familienrechtssache zuständige Abteilung.
(2) Alle sonstigen Klagen nach den §§17, 35, 36 und 37 sind von der mit Exekutionssachen befassten Abteilung zu bearbeiten.
[…]
Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen zur EO-Novelle 2008
§439. (1) […]
(3) §1 Z2 und 13, §54b Abs1 Z1, §71a Abs2, §§87, 97 bis 119, 121 bis 132, 134, 138 Abs1, §§144, 150 Abs1a, §§152a, §170 Z8a, §355 Abs1, §§358, 363 und 371 Z2 in der Fassung der EO-Novelle 2008 sind anzuwenden, wenn der Exekutionsantrag nach dem 29. Februar 2008 bei Gericht einlangt.
[…]"
III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Der Antragsteller ist Kläger eines beim Bezirksgericht ***** anhängigen Verfahrens gemäß §37 EO (sog Exszindierungsklage). Das Bezirksgericht ***** wies mit Urteil vom 26. Juni 2020, **********, das Klagebegehren, eine Räumungsexekution für unzulässig zu erklären, ab. Begründend führte das Bezirksgericht ***** auf das Wesentliche zusammengefasst das Folgende aus:
In einem Verfahren zur Geschäftszahl ************ sei die Lebensgefährtin des Klägers (und Antragstellers im verfassungsgerichtlichen Verfahren) schuldig erkannt worden, ein Einfamilienhaus, bestehend aus sämtlichen Räumen und Nebenräumen samt Garten, von ihren Fahrnissen zu räumen und dem Vermieter zu übergeben. Das Gericht sei in diesem Verfahren davon ausgegangen, dass ausschließlich die Lebensgefährtin Mieterin sei. Mit Beschluss vom 12. Juli 2019 wurde dem Vermieter auf Grund des genannten Urteils die Räumungsexekution gegen die Lebensgefährtin bewilligt. Gegen diese Räumungsexekution richte sich die vorliegende Exszindierungsklage, in welcher der Kläger (und Antragsteller im verfassungsgerichtlichen Verfahren) behaupte, er habe eigenständige Rechte gegenüber dem Vermieter und sei daher von der Räumung der Liegenschaft (mit)betroffen.
Unstrittig sei nach den Feststellungen des Bezirksgerichtes *****, dass die Räumung mit Beschluss vom 18. Februar 2020 aufgeschoben worden wäre, sofern € 5.760,– als Sicherheitsleistung erbracht worden wären. Dieser Betrag sei jedoch nicht bezahlt worden. In weiterer Folge sei die Räumung am 27. Februar 2020 tatsächlich vollzogen worden. Weitere Feststellungen seien aus den nachstehenden rechtlichen Erwägungen nicht erforderlich. Die Räumungsexekution sei mit der Übergabe des zu räumenden Gegenstandes an den betreibenden Gläubiger beendet, selbst wenn noch Fahrnisse des Verpflichteten zurückgeblieben sein sollten. Sehe man von der Bestimmung von Kosten oder von dem in §349 Abs2 EO geregelten Verkauf verwahrter Gegenstände ab, sei mit der Beendigung der Räumung auch die Tätigkeit des Exekutionsgerichtes beendet; vor allem bestehe keine gesetzliche Grundlage dafür, dass das Exekutionsgericht die vollzogene Räumung wieder rückgängig machen könne. Das Rechtsschutzinteresse des Exszindierungsklägers ende deshalb mit der Einstellung oder Beendigung der Exekution. Aus diesen Gründen sei das Klagebegehren abzuweisen gewesen.
2. Gegen dieses Urteil erhob der Antragsteller Berufung und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels unter einem den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag. Darin legt der Antragsteller seine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die angefochtenen Gesetzesbestimmungen wie folgt dar:
"IV. Rechtslage
Grundlage der Vorgangsweise des Vermieters und des Gerichtes im Exekutionsverfahren ist §568 ZPO. Die Bestimmung normiert dem Wortlaut nach zunächst eine Drittwirkung eines rechtskräftigen Räumungstitels gegen Afterbestandnehmer. Dies wird prinzipiell so verstanden, dass ein derartiges Urteil auch gegen Afterbestandnehmer, die nicht Partei des Räumungsprozesses waren, mittels Räumung vollstreckt werden kann. Die Bestimmung bedeutet jedoch nach der herrschenden Auslegung und Judikatur auch mehr, nämlich, dass eine Partei, die ein selbstständiges Recht am Objekt behauptet, auf den Exszindierungsprozess nach §37 EO verwiesen ist (OGH 3 Ob 87/85). Zusammenfassend normiert diese Bestimmung also, dass eine Exekution gegen Jedermann, der das Objekt faktisch innehat, vollstreckt werden kann, sobald auch nur gegen eine Person ein Räumungstitel besteht. Wer eigenständige Rechte behauptet, kann diese nur im Exszindierungsprozess geltend machen.
Der Exszindierungsprozess ist aber so ausgestaltet, dass eine Entscheidung in der Sache nur dann ergeht, wenn der Schluss der mündlichen Verhandlung 1. Instanz vor der tatsächlich durchgeführten Räumung liegt. Ist die Exekution beendet, so endet das Rechtschutzinteresse des Exszindierungsklägers (OGH 3 Ob 32/07p). Eine Aufschiebung der Exekution auf Antrag des Exszindierungsklägers ist zwar möglich, aber nicht zwingend. Dies bedeutet im Ergebnis: Werden durch die tatsächliche Räumung Fakten geschaffen, kann der Dritte, der ein unmittelbares Recht gegen den Vermieter behauptet, dieses nicht mehr geltend machen, weil ein Urteil gegen eine andere Person Drittwirkung besitzt.
V. Präjudizialität der Norm und Auswirkungen auf das Gerichtsverfahren
Die Präjudizialität des §37 EO ist evident, weil auf dieser Bestimmung die eingebrachte Klage sowie das Urteil unmittelbar beruhen. §568 ZPO ist präjudiziell, weil dies die Grundlage dafür ist, dass der Antragsteller überhaupt erst auf die Exszindierungsklage verwiesen ist. Ohne die genannte Bestimmung, könnte eine Räumungsexekution gegen ihn faktisch nicht vollstreckt werden […].
Für den Fall der Aufhebung der angefochtenen Normen aus den angeführten Gründen, müsste das Zivilgericht über die Rechte des Antragstellers entscheiden.
VI. Verfassungswidrigkeit der angefochtenen Normen
1. Verletzung des Art6 EMRK:
a) Nach Art6 EMRK hat Jedermann das Recht auf ein faires Verfahren vor einem unabhängigen Gericht über zivilrechtliche Ansprüche. Eine Person, die wie der Antragsteller im Anlassfall, behauptet das Recht zum Gebrauch eines Objektes auf Grund eines Mietvertrages zu besitzen, hat – wenn dies von der Gegenseite bestritten wird – das Recht, dass darüber in einem fairen Prozess, in dem dieser seine Rechte geltend machen kann, abgesprochen wird.
Durch die in §568 ZPO vorgesehene unmittelbare Drittwirkung des Räumungstitels, wird einem Betroffenen wie dem Antragsteller jedoch dieses Recht verwehrt. Der Betroffene wird nicht Partei des Erkenntnisverfahrens, kann sich also selbst gegen einen Räumungstitel nicht zur Wehr setzen. Ist der Räumungstitel rechtskräftig, so kann dieser aber dennoch gegen den betroffenen Dritten vollstreckt werden. Dieser ist auf die Exszindierungsklage nach §37 EO verwiesen, wobei er jedoch dann keine urteilsmäßige Absprache über sein Recht erhält, wenn durch die faktische Durchführung der Exekution Fakten geschaffen werden. Der Abspruch über sein Recht in einem fairen Verfahren wird ihm daher verweigert. Dies verletzt Art6 EMRK.
b) Der Antragsteller verkennt nicht, dass die angefochtenen Bestimmungen vor Missbrauch schützen sollen. Es soll verhindert werden, dass ein Bestandnehmer die Räumung faktisch verhindert, indem er das Räumungsobjekt selbst weitergibt. Dies ist ein legitimes Anliegen, entbindet den Gesetzgeber aber nicht von der Pflicht einem Dritten einen fairen Prozess zu gewähren. Selbst wenn man den Exszindierungsprozess als jenes Verfahren ansieht, dass dieses Recht gewährleisten soll, dann ist es jedenfalls unverhältnismäßig, wenn dieser faktisch automatisch endet, sobald die Exekution beendet ist.
2. Verletzung des Art1 1. ZPEMRK:
Verletzt wird aus den in Punkt 2. genannten Gründen auch das Grundrecht auf Schutz des Eigentums. Die Regelung ermöglicht de facto eine Enteignung eines Betroffenen auf Grund der Drittwirkung eines Urteiles ohne diesem einen effektiven Rechtsweg zu eröffnen.
3. Verletzung des Art13 EMRK:
Die angefochtenen Bestimmungen verletzen aus den genannten Gründen auch Art13 EMRK, weil kein effektiver Rechtschutz gegeben ist. Die Rechtschutzmöglichkeiten für betroffene Dritte, wie dem Antragsteller, müssen so ausgestaltet sein, dass diese die Möglichkeit haben ihre Rechte geltend machen zu können. Dieses Prinzip wird verletzt, wenn einem Urteil unmittelbare Drittwirkung zugebilligt wird, gleichzeitig aber keine Möglichkeit geschaffen wird einem betroffenen Dritten effektiven Rechtschutz zu gewähren. Dies zeigt sich im konkreten Fall insbesondere auch dadurch, dass eine Entscheidung im Exszindierungsprozess gerade deshalb verweigert wird, weil die Räumung bereits zuvor vollstreckt wurde. Der Exszindierungsprozess müsste zumindest so ausgestattet sein, dass dieser nicht durch die Beendigung der Exekution ebenso automatisch endet."
3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit des Antrages teilweise bestreitet und den darin erhobenen Bedenken wie folgt entgegentritt:
"[I.] 4. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
4.1. Zu §568 ZPO:
4.1.1. §568 ZPO regelt die Wirksamkeit von gegen den Bestandnehmer erwirkten Exekutionstiteln auf den Unterbestandnehmer (lby in Fasching/Konecny ZPO3 IV/1 §568 Rz. 1). Nach dem Wortlaut der Bestimmung sind alle Exekutionstitel, die gegen den Bestandnehmer erwirkt wurden, auch gegen den Unterbestandnehmer wirksam und vollstreckbar. Die Beendigung des Bestandvertrages zwischen dem Bestandgeber und dem Bestandnehmer und eine in diesem Zusammenhang erwirkte Räumungsentscheidung wirkt daher auch für den Unterbestandnehmer (vgl lby in Fasching/Konecny ZPO3 IV/1 §568 Rz. 11 f). Mit §568 ZPO geht – im Einklang mit §349 Abs1 EO – einher, dass die Exekution auch gegenüber Dritten Personen vollzogen werden kann, die ihre Rechtsposition nicht vom Bestandgeber (sondern vom Bestandnehmer) ableiten. Diese Bestimmung ändert allerdings nichts daran, dass eine allfällige Räumungspflicht ausschließlich den Bestandnehmer und nicht etwa auch den Unterbestandnehmer trifft. Die Exekution kann daher nur gegen den Bestandnehmer bewilligt werden, da nur dieser aus dem Exekutionstitel verpflichtet ist (RIS-Justiz RS0000352; vgl auch lby in Fasching/Konecny ZPO3 IV/1 §568 Rz. 12 mwN). Schließlich trifft den Bestandnehmer auch die Pflicht, die Räumung der Bestandsache auch durch diejenigen Personen sicherzustellen, die ihre Benützungsbefugnis aus einer Gestattung durch ihn bzw aus einem Rechtsverhältnis mit ihm ableiten (lby in Fasching/Konecny ZPO3 IV/1 §568 Rz. 14). §568 ZPO ermächtigt demnach den Bestandgeber auch nicht dazu, eine gegen den Bestandnehmer im Exekutionsverfahren erwirkte Räumungsentscheidung auch gegen den Unterbestandnehmer exekutiv durchzusetzen. Im Ergebnis bewirkt sie vielmehr nur, dass der Bestandgeber nicht auch eine eigene Räumungsklage gegen den Unterbestandnehmer einbringen muss, sondern mit einem Exekutionsverfahren gegen den Bestandnehmer auch die Delogierung des Unterbestandnehmers und seiner Fahrnisse erreichen kann (lby in Fasching/Konecny ZPO3 IV/1 §568 Rz. 12).
4.1.2. Voraussetzung der in §568 ZPO angeordneten Rechtsfolge ist zunächst, dass ein Bestandvertrag (§1091 ABGB) zwischen dem Bestandgeber und dem Bestandnehmer vorgelegen hat. Der Bestandnehmer muss also Haupt-, Untermieter oder Pächter des zu räumenden Objekts gewesen sein (vgl lby in Fasching/Konecny ZPO3 IV/1 §568 Rz. 2). Zudem muss eine 'gegen den Bestandnehmer' erwirkte Entscheidung über die Auflösung des Bestandvertrags vorliegen (vgl dazu ausführlich sowie insbesondere auch zur Frage, ob davon auch eine Aufkündigung durch den Bestandnehmer erfasst ist, lby in Fasching/Konecny ZPO3 IV/1 §568 Rz. 3 bis 7 jeweils mwN).
4.1.3. Betroffen von der Rechtsfolge des §568 ZPO sind nach hM (nur) jene Personen, die ihr Benützungsrecht lediglich vom Bestandnehmer ableiten (zB RIS-Justiz RS0000352; lby in Fasching/Konecny ZPO3 IV/1 §568 Rz. 13). Personen, die eigene Rechte an einer Bestandsache aus einem Rechtsverhältnis mit dem Bestandgeber haben, sind nach dem ausdrücklichen Wortlaut des §568 letzter Halbsatz ZPO dagegen nicht von der Rechtsfolge erfasst.
4.1.4. Ein Unterbestandnehmer iSv. §568 ZPO hat in dem den Bestandnehmer betreffenden Exekutionsverfahren keine Parteistellung, da ihn im Exekutionsverfahren auch keine Pflichten treffen (vgl lby in Fasching/Konecny ZPO3 IV/1 §568 Rz. 12 mwN). Er kann im Prozess gegen den Bestandnehmer aber auf dessen Seite als Nebenintervenient auftreten (wobei in der Lehre umstritten ist, ob es sich dabei um eine einfache oder eine streitgenössische Nebenintervention handelt, vgl lby in Fasching/Konecny ZPO3 IV/1 §568 Rz. 16).
4.1.5. Will eine Person, die als Unterbestandnehmer iSv §568 ZPO angesehen wird, geltend machen, dass §568 ZPO auf sie gar nicht anwendbar ist – insbesondere weil sie selbständige Rechte an dem Bestandgegenstand aufgrund eines unmittelbaren Rechtsverhältnisses mit dem Bestandgeber hat –, kann sie Exszindierungsklage gemäß §37 EO (s dazu unten Pkt. I.4.2.) erheben (RIS-Justiz RS0000907; vgl lby in Fasching/Konecny ZPO3 IV/1 §568 Rz. 14). Dabei kann sie gemäß §42 Abs1 Z5 EO die Aufschiebung des gegen den Bestandnehmer geführten Exekutionsverfahrens beantragen (s dazu näher unten Pkt. I.4.2.6.). Daneben besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Vollzugsbeschwerde gemäß §68 EO, um Rechtswidrigkeiten des Exekutionsvollzuges geltend zu machen, da diese sowohl den Parteien des Exekutionsverfahrens als auch allen Beteiligten, in deren Interessen durch die bekämpfte Maßnahme eingegriffen wird, offen steht (Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §68 Rz. 8).
4.1.6. §568 ZPO war bereits in der Stammfassung der Zivilprozessordnung, RGBI. Nr 113/1895, enthalten. In den Gesetzesmaterialien wird dazu lediglich festgehalten, dass die Regelung bereits in der kaiserlichen Verordnung vom 16. November 1858, RGBI. Nr 213/1858, bzw im Gesetz vom 2. Mai 1873, RGBI. Nr 93/1873, enthalten war (Materialien zu den österreichischen Civilprozessgesetzen, herausgegeben vom k.k. Justizministerium, Band I [1897] 377 f).
4.2. Zu §37 EO:
4.2.1. Das Exekutionsverfahren bezieht sich auf die Rechtssphäre des Verpflichteten, darf aber grundsätzlich Rechte Dritter nicht beeinträchtigen. Um Dritten Rechtsschutz zu gewährleisten, räumt ihnen die Exekutionsordnung zwar nicht die Stellung eines Beteiligten im Exekutionsverfahren ein und sind auch ihre Rechte nicht von Amts wegen oder über Parteivorbringen zu wahren. Sie haben jedoch gemäß §37 EO die Möglichkeit, ihre Rechte an einem Gegenstand, der von der Exekution betroffen ist, mit einer Exszindierungsklage gemäß §37 EO geltend zu machen (Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §37 Rz. 1 f). Mit der Exszindierungsklage kann somit letztlich erreicht werden, dass ein (auf die Rechte Dritter 'abgeirrtes') Exekutionsverfahren wieder auf die Parteien bzw die Rechte der verpflichteten Partei beschränkt wird.
4.2.2. Gemäß §37 Abs1 EO kann gegen die Exekution von einer dritten Person Widerspruch erhoben werden, wenn diese an einem durch die Exekution betroffenen Gegenstand, an einem Teil eines solchen oder an einzelnen Gegenständen des Zubehörs einer in Exekution gezogenen Liegenschaft ein Recht behauptet, das die Vornahme der Exekution unzulässig machen würde. Ein solcher Widerspruch ist gemäß §37 Abs2 EO mittels Klage geltend zu machen. Zuständig ist, je nachdem, ob die Klage vor oder nach Beginn des Exekutionsvollzuges angebracht wird, das Gericht, bei dem die Bewilligung der Exekution in erster Instanz beantragt wurde, oder das Exekutionsgericht. Wird der Klage rechtskräftig stattgegeben, ist die Exekution einzustellen (§37 Abs4 EO).
4.2.3. Mit der Exszindierungsklage gemäß §37 EO kann ein Dritter an einem Gegenstand, der von der Exekution betroffen ist, oder an Zubehör zu der in Exekution gezogenen Liegenschaft materielle Rechte geltend machen, die die Unzulässigkeit der Exekution bewirken (Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §37 Rz. 3). Geltend gemacht werden können alle nach materiellem Recht bestehenden, sowohl dinglichen als auch obligatorischen Rechte, wenn sie durch eine Exekutionsführung beeinträchtigt werden (Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §37 Rz. 7 mwN). Dementsprechend können auch Bestandrechte an dem der Exekution unterliegenden Objekt geltend gemacht werden (s ausführlich Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §37 Rz. 27 ff.). So ist etwa der Mieter einer unbeweglichen Sache zum Widerspruch gegen jede Exekution berechtigt, die nicht aufgrund eines Exekutionstitels geführt wird, der gegen ihn gerichtet ist, wenn sie in seine Rechtsstellung eingreift (OGH 15.3.1989, 3 Ob 29/89 mwN). Ein solcher Fall läge etwa auch vor, wenn der Mieter sein Benützungsrecht an der zu räumenden Liegenschaft nicht vom Verpflichteten des Exekutionsverfahrens ableitet, sondern auf Grund eines eigenen oder eines von einer anderen Person abgeleiteten Bestandrechts zur Benützung berechtigt ist (Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §37 Rz. 27 mwN; vgl auch OGH 17.9.1985, 3 Ob 58/86).
4.2.4. Gegenstand der Exszindierungsklage und damit ihr Ziel ist die Beseitigung der Anlassexekution. Es handelt sich um eine auf die Unzulässigerklärung der Exekution gerichtete Rechtsgestaltungsklage (Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §37 Rz. 51; Geroldinger/Holzner in Deixler/Hübner, Kommentar zur Exekutionsordnung §37 EO Rz. 6 ua unter Verweis auf die Gesetzesmaterialien). Die Exszindierungsklage setzt daher die Anhängigkeit einer bewilligten Exekution voraus. Sie kann grundsätzlich bis zur Einstellung der Exekution oder ihrer Beendigung (s dazu §39 EO) eingebracht werden (vgl OGH 29.3.2007, 3 Ob 33/07k). Wird die Exekution vor dem Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz eingestellt oder beendet oder wird der Vollzugsakt, der den Eingriff in das Recht des Exszindierungswerbers bewirkte, aufgehoben, ist die Klage abzuweisen (Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §37 Rz. 47 mwN). Eine Räumungsexekution ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes mit der Übergabe des zu räumenden Gegenstandes an den betreibenden Gläubiger beendet (OGH 7.9.1994, 3 Ob 1068/94 mwN).
4.2.5. Im Verfahren über die Exszindierungsklage geht es daher nicht um die Feststellung des materiellen, der Exekution entgegenstehenden Rechts des Klägers. Die Frage nach dem Vorliegen des Rechts, das als Exszindierungsgrund geltend gemacht wird (wie zB des Bestandrechts), bildet im Exszindierungsprozess bloß eine Vorfrage (Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §37 Rz. 51).
4.2.6. Eine Exszindierungsklage stellt gemäß §42 Abs1 Z5 EO einen Grund zur Aufschiebung der Exekution dar. Die Aufschiebung führt zu einer Unterbrechung des Exekutionsverfahrens mit dem Ziel, die Klärung der in Frage stehenden Grundlagen des Exekutionsverfahrens in einem Zwischenverfahren abzuwarten (Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §42 Rz. 2). Die Aufschiebung ist gemäß §44 Abs2 Z2 EO zwingend vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen, wenn ein naher Angehöriger des Verpflichteten oder eine mit ihm in Hausgemeinschaft lebende Person später als 14 Tage nach dem Exekutionsvollzug die Exszindierungsklage erhebt und der Kläger nicht bescheinigt, dass er vom Vollzug erst kurz vor oder nach Ablauf dieses Zeitraumes Kenntnis erlangen konnte und dass er die Klage ohne unnötigen Aufschub eingebracht hat (Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §37 Rz. 69). Der Zweck einer Sicherheitsleistung gemäß §44 Abs2 Z2 EO besteht vor allem in der Vorbeugung vor ungerechtfertigten Verzögerungen des Exekutionsverfahrens (Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §44 Rz. 21, 27). Ihre Höhe ist daher an der Wahrscheinlichkeit des Klagserfolgs (vgl RIS-Justiz RS0103124, RS0001522, RS0001542) und auch an der finanziellen Leistungsfähigkeit des Antragstellers (so Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §44 Rz. 42) auszurichten. Sind die Voraussetzungen des §44 Abs2 Z2 EO nicht erfüllt, kann die Aufschiebung gemäß §44 Abs2 Z3 EO vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden, wenn die Aufschiebung geeignet ist, die Befriedigung des betreibenden Gläubigers zu gefährden (Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §44 Rz. 21 mwN). Die Höhe dieser Sicherheitsleistung ist nach der Höhe des Schadens zu bemessen, der dem betreibenden Gläubiger als Folge der Aufschiebung entstehen könnte (Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §44 Rz. 35). Sind sowohl die Voraussetzungen nach §44 Abs1 Z1 oder 2 EO als auch nach der nachfolgenden Z3 gegeben, ist für die Höhe der Sicherheitsleistung ebenfalls auf die Gefährdung des betreibenden Gläubigers abzustellen (OGH 29.1.2001 3 Ob 180/00t).
4.2.7. §37 EO wurde mit der Stammfassung der EO, des Gesetzes über das Executions- und Sicherungsverfahren (Executionsordnung), RGBI. Nr 79/1896, eingeführt. In den Gesetzesmaterialien wird dazu Folgendes (auszugsweise) ausgeführt (Materialien zu den österreichischen Civilprozessgesetzen, herausgegeben vom k.k. Justizministerium, Band I [1897] 477):
'Die Exekutionsführung kann auch Dritten, bisher an derselben nicht betheiligten Personen zu Beschwerden Anlaß geben; zunächst deshalb, weil die Executionsführung in die eigene Rechtssphäre einer solchen unbetheiligten Person übergreift, deren Rechte ohne Vorhandensein eines Haftungsverhältnisses verletzt. Solche Beschwerden mußten auf den Weg der Klage verwiesen werden (§35), weil es sich hier um Erzielung einer rechtskräftigen Entscheidung handelt, die nach allen Seiten hin sich wirksam erweisen soll, und diese gesteigerte Wirkung dem richterlichen Ausspruch nur durch die Form des Urtheils gesichert werden kann. Diese Klage, die Exszindierungsklage des heutigen Rechtes, ist bestimmt, ein Ausschlußrecht einer Person gegenüber der auf das Vermögen einer anderen Person geführten Exekution zur Geltung zu bringen. (...) Daß bei der Auswahl des zur Behandlung zuständigen Gerichtes auf den Inhalt und Charakter des zur Begründung des Widerspruchs behaupteten Rechtes gar keine Rücksicht genommen wird, ist grundsätzlich dadurch gerechtfertigt, daß eben nicht über dieses Recht, sondern lediglich über die Statthaftigkeit der Executionsführung zu entscheiden ist, und diese Frage zweifellos in den Complex der durch das Gesetz den Executionsgerichten zugewiesenen Cognition fällt (...) Die Bestimmungen des Entwurfes dürften zugleich einem etwa möglichen Mißbrauche der Widerspruchsklage zum Zwecke der Executionsverzögerung entgegenzuwirken geeignet sein (...).'
II. Zum Anlassverfahren und zur Zulässigkeit:
1. Der Antragsteller hat aus Anlass eines gegen seine Lebensgefährtin geführten Exekutionsverfahrens betreffend einen Bestandgegenstand Exszindierungsklage erhoben und vorgebracht, dass er aufgrund einer mündlichen Mietvereinbarung mit dem Vermieter – und damit eines eigenen Titels neben dem Mietvertrag, der mit seiner Lebensgefährtin abgeschlossen worden war – berechtigt sei, den Bestandgegenstand zu gebrauchen. In der Exszindierungsklage hat er begehrt, die Räumungsexekution für unzulässig zu erklären. Das Bezirksgericht ***** hat das Klagebegehren mit Urteil vom 26. Juni 2020 abgewiesen. Begründend wird im Urteil im Wesentlichen ausgeführt, dass die Räumung mit Beschluss vom 18. Februar 2020 aufgeschoben worden sei, wenn EUR 5.760,00 als Sicherheitsleistung erbracht werden, dieser Betrag aber nicht bezahlt worden sei. Die Räumung sei daher am 27. Februar 2020 vollzogen worden. Die Räumungsexekution sei beendet, es bestehe keine gesetzliche Grundlage dafür, dass das Exekutionsgericht die vollzogene Räumung wieder rückgängig machen könne. Da das Rechtschutzinteresse eines Exszindierungsklägers mit der Einstellung oder Beendigung der Exekution ende, sei das Klagebegehren abzuweisen. Gegen dieses Urteil hat der Antragsteller Berufung erhoben. Der vorliegende Parteiantrag auf Normenkontrolle wurde anlässlich dieser Berufung gestellt.
2.1. Ein Parteiantrag auf Normenkontrolle kann gemäß §62 Abs2 VfGG nur dann gestellt werden, wenn das angefochtene Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw wenn die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht der Antragsteller wäre. Der Antrag hat darzulegen, inwiefern das Gericht das Gesetz anzuwenden und welche Auswirkungen die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes auf die beim Gericht anhängige Rechtssache hätte. Eine Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG setzt daher voraus, dass die angefochtenen Gesetzesbestimmungen in der vor dem ordentlichen Gericht entschiedenen Rechtssache präjudiziell sind (vgl zB VfSlg 20.010/2015; 19.11.2015, G498/2015 ua; 13.10.2016, G33/2016 ua; 30.11.2016, G286/2016; 14.6.2017, G26/2017).
2.2. Der Antragsteller beschränkt seine Ausführungen zur Präjudizialität des §568 ZPO auf das Vorbringen, dass diese Bestimmung die Grundlage dafür sei, dass er überhaupt erst auf die Exszindierungsklage verwiesen sei. Für den Fall der Aufhebung der angefochtenen Normen müsste das Zivilgericht über die Rechte des Antragstellers entscheiden.
Nach Auffassung der Bundesregierung ist die Anwendbarkeit des §568 ZPO im Anlassverfahren denkunmöglich:
2.2.1. Der vorliegende Parteiantrag auf Normenkontrolle wurde anlässlich der Berufung gegen ein Urteil über eine Exszindierungsklage gemäß §37 EO gestellt. Eine Exszindierungsklage gemäß §37 EO steht Personen zu, die von einer Exekution betroffen sind, ohne dass sie selbst Partei des Exekutionsverfahrens waren. Die Klage ermöglicht es diesen Personen, materielle Rechte geltend zu machen, die sie an dem Gegenstand, der von der Exekution betroffen ist, oder an Zubehör zu der in Exekution gezogenen Liegenschaft haben, und die die Exekution unzulässig machen (s oben Pkt. I.4.2.3.). §568 ZPO betrifft dagegen nur Personen, die ihr Recht an der betreffenden Bestandsache nur vom Bestandnehmer ableiten und daher gerade keine entsprechenden materiellen Rechte an einer Bestandsache haben (s oben Pkt. I.4.1.3.). §568 ZPO ist in Konstellationen (wie der vorliegenden) von vornherein nicht anwendbar, in der sich ein Bestandgeber und eine Person gegenüberstehen, die behauptet, ihr Benützungsrecht nicht vom Bestandnehmer (hier: der Beklagten im Titelverfahren, dessen Titel vollstreckt wird), sondern aus einer eigenen Rechtsbeziehung zum Bestandgeber abzuleiten (s §568 letzter Halbsatz ZPO). In einem solchen Fall ist die betroffene dritte Person zur Geltendmachung ihres Benützungsrechts auf die Exszindierungsklage verwiesen (vgl oben Pkt. I.4.1.5.).
2.2.2. Bei Beurteilung der Begründetheit einer Exszindierungsklage ist lediglich als Vorfrage zu prüfen, ob der Exszindierungskläger materielle Rechte an dem der Exekution unterliegenden Gegenstand – im vorliegenden Fall der Bestandsache – hat oder nicht. Stellt sich heraus, dass der Exszindierungskläger keine materiellen Rechte hat, ist die Exszindierungsklage abzuweisen. Entgegen der offenbaren Auffassung des Antragstellers wird dadurch aber §568 ZPO selbst nicht angewendet, da diese Bestimmung keine Anordnung über die Rechtsposition von Personen enthält, die eigene Rechte an der Bestandsache haben (zu haben behaupten). In einem Verfahren über eine Exszindierungsklage, die anlässlich einer Räumungsexekution erhoben wurde – und wie es dem vorliegenden Parteiantrag auf Normenkontrolle zugrunde liegt – mangelt es dem §568 ZPO daher an Präjudizialität.
2.2.3. §37 EO und §568 ZPO stehen nach Ansicht der Bundesregierung auch in keinem untrennbaren Zusammenhang zueinander: Entgegen der Auffassung des Antragstellers entfaltet §568 ZPO keine Rechtswirkungen dahingehend, dass er auf die Exszindierungsklage verwiesen war, sondern ergibt sich dies schlicht aus dem Umstand, dass der Bestandgeber des Anlassverfahrens das Exekutionsverfahren – im Hinblick auf den nur ihn und die Lebensgefährtin des Antragstellers betreffenden Exekutionstitel (das im Zivilverfahren ergangene Räumungsurteil) – nur gegen die Lebensgefährtin des Antragstellers geführt hat. Jeder Dritte, der von einer – gegen eine andere verpflichtete Partei geführten – Exekution betroffen ist, und materielle Rechte am Exekutionsgegenstand behauptet, ist auf die Exszindierungsklage verwiesen (s oben Pkt. I.4.2.1.). Die Aufhebung des §568 ZPO hätte daher ausgehend vom Anlassverfahren nicht zur Folge, dass der Antragsteller nicht auf die Exszindierungsklage verwiesen wäre. §568 ZPO erhielte bei Aufhebung allein des §37 EO auch weder einen völlig veränderten Inhalt (zB VfSlg 19.413/2011; VfGH 15.10.2016, G339/2015) noch entstünde ein sprachlich unverständlicher Torso (zB VfSlg 19.972/2015; VfGH 7.10.2015, G662/2015). Auch liegt im Hinblick auf die vom Antragsteller erhobenen Bedenken (s dazu unten Pkt. III.2.) kein untrennbarer Zusammenhang vor (zB VfSlg 15.129/1998).
2.3. Aus diesen Gründen ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der Antrag hinsichtlich §568 ZPO unzulässig ist.
3. Hinsichtlich des Eventualantrages auf Aufhebung des §568 ZPO und der §37, 38, 39, 41, 42, 44, 206, 375, 376, 432, 439 Abs3 EO wird zudem angemerkt, dass es der Antragsteller unterlassen hat, die Präjudizialität der – im Vergleich zum Hauptantrag – zusätzlich angefochtenen Bestimmungen der EO darzulegen bzw zu begründen, ob und inwiefern all diese Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Auch hat der Antragsteller nur Bedenken gegen §37 EO und §568 ZPO, nicht aber gegen alle anderen angefochtenen Bestimmungen der EO dargelegt. Der Eventualantrag erweist sich daher nicht nur hinsichtlich §568 ZPO, sondern auch hinsichtlich der §§38, 39, 41, 42, 44, 206, 375, 376, 432, 439 Abs3 EO als unzulässig.
III. In der Sache:
1. Die Bundesregierung verweist einleitend auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach dieser in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen beschränkt ist und ausschließlich beurteilt, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (vgl zB VfSlg 19.160/2010, 19.281/2010, 19.532/2011, 19.653/2012). Die Bundesregierung beschränkt sich daher im Folgenden auf die Erörterung der im Antrag dargelegten Bedenken.
2. Der Antragsteller bringt vor, dass die angefochtenen Bestimmungen gegen das Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK, die Eigentumsfreiheit gemäß Art1 [1.] ZPEMRK und das Recht auf eine wirksame Beschwerde gemäß Art13 EMRK verstoßen. Durch §568 ZPO werde einem Betroffenen wie dem Antragsteller das Recht, dass über zivilrechtliche Ansprüche in einem fairen Prozess abgesprochen wird, verwehrt. Eine von §568 ZPO betroffene Person werde nicht Partei des Erkenntnisverfahrens, könne sich also selbst gegen einen Räumungstitel nicht zur Wehr setzen, sondern sei auf die Exszindierungsklage gemäß §37 EO verwiesen. Dennoch erhalte sie keine urteilsmäßige Absprache über ihr Recht, wenn durch die faktische Durchführung der Exekution Fakten geschaffen werden. Es sei unverhältnismäßig, dass der Exszindierungsprozess automatisch ende, sobald die Exekution beendet sei. Dies verletze Art6 EMRK. Aus diesen Gründen werde auch das Recht auf eine wirksame Beschwerde gemäß Art13 EMRK sowie die Eigentumsfreiheit gemäß Art1 [1.] ZPEMRK verletzt. Die angefochtenen Bestimmungen ermöglichten de facto eine Enteignung eines Betroffenen auf Grund der Drittwirkung eines Urteils ohne diesem einen effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen.
3.1. Gemäß Art6 EMRK hat über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen sowie über strafrechtliche Anklagen ein unabhängiges, unparteiisches und auf Gesetz beruhendes Gericht zu entscheiden. Dieses Recht muss effektiv gewährleistet werden. Art6 EMRK garantiert nicht nur das Recht, ein Gerichtsverfahren einzuleiten, sondern auch das Recht, eine Entscheidung des Gerichts zu erhalten (vgl EGMR 29.11.2016 [GK] Lupeni Greek Catholic Parish ua gg Rumänien, Appl 76942/11 Z86 mwN). Das Recht auf Zugang zu einem Gericht nach Art6 Abs1 EMRK stellt jedoch kein absolutes Recht dar, sondern ist unter dem Vorbehalt verhältnismäßiger Einschränkungen gewährleistet. Solche Einschränkungen sind zulässig, solange sie ein legitimes Ziel verfolgen und soweit ein vernünftiges Verhältnis zwischen den eingesetzten Mitteln und den damit angestrebten Zielen besteht (vgl EGMR 15.11.2007, Khamidov gegen Russland, Appl 72118/01, Rz 155 mwN; vgl Grabenwarter/Pabel, EMRK6 [2016] §24, Rz 53).
3.2. §568 ZPO hat (bei materieller Betrachtungsweise) zur Folge, dass ein gegen einen Bestandnehmer geführtes Exekutionsverfahren auch einen Unterbestandnehmer bzw all jene Personen umfasst, die ihr Benützungsrecht (allein) vom Bestandnehmer – und damit aus dem Hauptbestandvertrag – ableiten (s dazu oben Pkt. I.4.1.1.). §568 ZPO ist dagegen ausdrücklich nicht anwendbar, wenn zwischen dem Unterbestandnehmer und dem Bestandgeber ein Rechtsverhältnis besteht, d.h. wenn der Unterbestandnehmer seine Benützungsbefugnis nicht vom Bestandnehmer bzw aus dem Hauptbestandvertrag, sondern aus einer mit dem Bestandgeber geschlossenen Vereinbarung ableitet (s dazu oben Pkt. I.4.1.3.). Die Bestimmung ermöglicht es einem Bestandgeber (lediglich), eine Räumung auch gegenüber Personen durchzusetzen, denen nicht er selbst, sondern sein Bestandnehmer Nutzungsrechte eingeräumt hat und die er daher unter Umständen gar nicht kennt. Er muss gegen diese Personen keine gesonderte Räumungsklage einbringen.
3.4. Ein von §568 ZPO betroffener Unterbestandnehmer hat insofern in dem gegen den Bestandnehmer geführten Exekutionsverfahren zwar keine Parteistellung. Er kann aber als Nebenintervenient auf Seite des Bestandnehmers auftreten. Zudem kann er allfällige eigene Rechte an der Bestandsache, die die Exekution unzulässig machen würden, mittels Exszindierungsklage geltend machen (s dazu oben Pkt. I.4.1.5. sowie zur Exszindierungsklage Pkt. I.4.2.). Die Exszindierungsklage ist auf die Beseitigung der Anlassexekution gerichtet. Über die Exszindierungsklage entscheidet bis zum Beginn des Exekutionsvollzuges das Bewilligungsgericht, danach das Exekutionsgericht (Jakusch in Angst/Oberhammer EO3 §37 Rz. 57).
3.5. Mit der Exszindierungsklage gemäß §37 EO kann ein Unterbestandnehmer daher eigene Rechte an der Bestandsache geltend machen und somit (im Falle ihres Erfolges) die Exekution verhindern (da die Rechtsfolge des §568 ZPO bei Vorliegen eigener, vom Bestandnehmer unabhängiger Rechte an der Bestandsache nicht eintritt). Stellt sich daher auf Grund einer Exszindierungsklage etwa im Fall einer Räumungsexekution heraus, dass die Räume des Verpflichteten von einer anderen Person als Mieter (oder auch als Mit-Mieter) bewohnt werden, ist die Räumungsexekution einzustellen (vgl Klicka in Angst/Oberhammer EO3 §349 Rz 25 mwN). Über die Exszindierungsklage entscheidet ein unabhängiges Gericht. Sie eröffnet einem, von §568 ZPO betroffenen Unterbestandnehmer somit einen effektiven Zugang zu einem Gericht iSv. Art6 EMRK. Wenngleich dieser daher keine Parteistellung im Exekutionsverfahren gegen den Bestandnehmer hat, steht ihm ein faires Verfahren iSv Art6 EMRK zur Geltendmachung und Durchsetzung eigener Rechte an der Bestandsache zur Verfügung. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Exszindierungsklage grundsätzlich abzuweisen ist, wenn die Exekution beendet ist (s dazu oben Pkt. I.4.2.4.), da ein Exszindierungskläger jedenfalls die Möglichkeit hat, gemäß §42 Abs1 Z5 EO eine Aufschiebung der Exekution zu erwirken, bis über die Exszindierungsklage entschieden worden ist (s dazu oben Pkt. I.4.2.6.). Dass eine solche Aufschiebung bei Vorliegen der Voraussetzungen des §44 Abs2 Z2 EO zwingend von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen ist bzw gemäß §44 Abs2 Z3 EO von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden kann, führt nach Auffassung der Bundesregierung zu keinem anderen Ergebnis: Ausgehend (insbesondere) von den in den genannten Bestimmungen vorgesehenen Voraussetzungen für die Vorschreibung einer Sicherheitsleistung sowie den Regelungen betreffend deren Höhe (s dazu oben Pkt. I.4.2.6.), vermag die Bundesregierung darin keine unverhältnismäßige Beschränkung des Zugangs zu Gericht gemäß Art6 EMRK zu erkennen. Bedenken gegen die Sicherheitsleistung aus dem Grund des Rechts auf einen effektiven Zugang zu Gericht gemäß Art6 EMRK würden im Übrigen nicht die angefochtenen Bestimmungen, sondern jene Bestimmungen betreffen, die die Sicherheitsleistung regeln. Diese wurden jedoch nicht angefochten.
Vor diesem Hintergrund verstoßen die angefochtenen Bestimmungen nach Auffassung der Bundesregierung nicht gegen das Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK.
4. Zum behaupteten Verstoß gegen die Eigentumsfreiheit gemäß Art1 [1.] ZPEMRK verweist der Antragsteller im Wesentlichen auf sein Vorbringen zu Art6 EMRK. Sollte der Schutzbereich der Eigentumsfreiheit gemäß Art1 [1.] ZPEMRK überhaupt auch Nutzungsrechte eines Bestand- (bzw Unterbestand‑)nehmers an einem Bestandgegenstand umfassen (verneinend in Bezug auf ein bloßes Wohnrecht: EKMR (ZulE] 12.1.1992, Durini gg Italien, Appl 19217/91, sowie in Bezug auf Wohnen ohne Rechtsbeziehung mit der vermietenden Partei: EKMR [ZulE] 15.6.1986, S. gg Vereinigtes Königreich, Appl 11716/85), können diesem Vorbringen daher die obigen Ausführungen betreffend Art6 EMRK entgegen gehalten werden. Aus diesen ergibt sich, dass die angefochtenen Bestimmungen einem von §568 ZPO betroffenen Unterbestandnehmer einen effektiven Rechtsweg zur Geltendmachung und Durchsetzung seiner Rechte an der Bestandsache eröffnen. Die angefochtenen Bestimmungen verstoßen somit auch nicht gegen die Eigentumsfreiheit gemäß Art1 [1.] ZPEMRK.
5.1. Art13 EMRK normiert ein Recht auf eine Beschwerde gegen die Verletzung eines Konventionsrechtes (vgl den Wortlaut des Art13 EMRK: 'Everyone whose rights and freedoms as set forth in this Convention are violated ...'). Das Recht auf eine wirksame Beschwerde gemäß Art13 EMRK kann somit nur in Verbindung mit einem anderen materiellen Konventionsrecht geltend gemacht werden (Grabenwarter/Pabel, EMRK6 [2016], §24 Rz. 184).
5.2. Der Antragsteller behauptet einen Verstoß gegen das Recht auf eine wirksame Beschwerde gemäß Art13 EMRK, ohne es ausdrücklich mit einem anderen Konventionsrecht in Verbindung zu setzen. Das Vorbringen geht daher bereits aus diesem Grund ins Leere. Abgesehen davon wurde bereits dargelegt, dass einem von §568 ZPO betroffenen Unterbestandnehmer mit der Exszindierungsklage gemäß §37 EO jedenfalls ein effektives Rechtsmittel zur Verfügung steht, um eigene Rechte an einer Bestandsache geltend zu machen und durchzusetzen (vgl dazu VfGH 23.6.2020, E555/2020 mwN, wonach mit dem Recht auf 'wirksame Beschwerde' gemäß Art13 EMRK derselbe Gedanke 'effektiven Rechtsschutzes' wie von Art6 EMRK zum Ausdruck gebracht wird). Die angefochtenen Bestimmungen verstoßen somit auch nicht gegen das Recht auf eine wirksame Beschwerde gemäß Art13 EMRK.
6. Zusammenfassend wird daher festgehalten, dass die angefochtenen Bestimmungen nach Ansicht der Bundesregierung nicht verfassungswidrig sind."
4. Der Beklagte im zivilgerichtlichen Verfahren hat als beteiligte Partei im verfassungsgerichtlichen Verfahren eine Äußerung erstattet, in der er den verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers gegen die angefochtenen Gesetzesbestimmungen Folgendes entgegenhält:
"Gem. Artikel 139 Abs1 Z4 oder Artikel 140 Abs1 Z1 litd B‑VG besteht für den Antragssteller (ASt) die Möglichkeit, mit der Einbringung eines Rechtsmittels gegen eine erstinstanzliche Entscheidung einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung einer gesetzeswidrigen Verordnung oder eines verfassungswidrigen Gesetzes zu stellen.
Antragslegitimiert ist jedoch nur jemand, der durch die Gerichtsentscheidung in seinen Rechten verletzt worden ist und der auch bescheinigen kann, dass die Aufhebung des Gesetzes präjudiziell für das Rechtsmittelverfahren ist. Der ASt hat daher auszuführen, in wie fern das Gericht die angegriffene Rechtsvorschrift anzuwenden hat deren Aufhebung beantragt wird und welche Auswirkung die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes auf die bei Gericht anhängige Rechtssache hätte.
Bei Gericht anhängig ist ein Exszindierungsverfahren. Hinsichtlich der Präjudizialität des §37 EO unterlässt es der ASt konkrete Ausführungen zu treffen. Er führt lediglich aus, dass die Präjudizialität des §37 EO evident sei, zumal die eingebrachte Klage sowie das Urteil auf dieser Bestimmung beruhen.
Ausführungen hinsichtlich der Auswirkung der Entscheidung des VfGH auf das Gerichtsverfahren unterlässt der ASt zur Gänze. Die Gesetzesbeschwerde ist allein deshalb schon nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Auch die Ausführungen zur Präjudizialität des §568 ZPO des ASt begründen keine Legitimation zum Antrag. Es fehlt auch hier an der notwendigen Bescheinigung, dass die Aufhebung dieser Bestimmung präjudiziell für das Rechtsmittelverfahren ist. Der ASt unterlässt es auch hier wieder auszuführen, inwiefern das Gericht die angegriffene Rechtsvorschrift anzuwenden hat und welche Auswirkungen die Entscheidung des VfGH auf die bei Gericht anhängige Rechtssache hätte. Es wird hier lediglich ausgeführt, dass §568 ZPO präjudiziell sei, weil dies die Grundlage dafür sei, dass der ASt überhaupt erst auf die Exszindierungsklage verwiesen ist. Diese Ausführungen legitimieren nicht zu einem Antrag auf Gesetzesprüfung gem. Artikel 140 Abs1 Z1 litb B‑VG. Da der Antragsteller kein Afterbestandnehmer ist und dies nicht einmal selbst in seinem Antrag behauptet kann die Bestimmung des §568 ZPO nicht angewendet werden. Eine Präjudizialität des §568 ZPO ist daher nicht gegeben.
Auch wenn keine Legitimation bzw diese nicht hinreichend bescheinigt wird zum Antrag auf Gesetzesprüfung besteht, tätigt der AG nachstehende Ausführungen hinsichtlich der einzelnen angeführten Bestimmungen:
1. Ausführungen zu §568 ZPO
§568 ZPO spricht das Verhältnis von einander abgeleiteter Bestandsverhältnisse an, insbesondere für den Fall der Beendigung des Hauptbestandverhältnisses und erklärt die gegen den ehemaligen Hauptbestandnehmer erwirkten Entscheidungen auch für dessen Afterbestandnehmer für wirksam. Mangels Vorliegen eines Afterbestandverhältnisses kommt der §568 ZPO, im gegenständlich bei Gericht anhängigen Verfahren (dem Exszindierungsverfahren) ohnehin nicht zur Anwendung.
2. Ausführungen zu §37 EO
Aus dieser Bestimmung resultiert unter anderem, dass der Mieter einer unbeweglichen Sache aufgrund seines Bestandsrechts - ähnlich einem dinglich Berechtigten - zum Widerspruch gegen jede Exekution berechtigt ist, die nicht aufgrund eines gegen ihn gerichteten Exekutionstitels geführt wird und in seine Rechtstellung eingreift. Dies ist vor allem bei Räumungsexekutionen der Fall, wenn der Exszindierungswerber sein Benützungsrecht an der zu räumenden Liegenschaft nicht vom Verpflichteten ableitet, sondern aufgrund eines eigenen Bestandsrechts zur Benützung berechtigt ist (vgl Mini, Exekutionsverfahren4, RZ391).
Der ASt verkennt, dass die Anwendung des §37 EO ein eigenes Bestandsrecht zur Benützung voraussetzt. Wie sich im Titelverfahren herausstellte, in dem der Räumungstitel gab es auch kein eigenes Bestandsrecht zur Benützung für den ASt.
Der Ast hat die Exszindierungsklage eingebracht.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***** zu GZ ************ vom 18.02.2020, wurde dem Antragsteller die Möglichkeit eingeräumt, durch Erlegung einer Sicherheitsleistung eine Aufschiebung der bereits mit Beschluss vom 12. Juli 2019 bewilligten Räumungsexekution zu erreichen. Da der Antragsteller diese Sicherheitsleistung damals nicht erbracht hat, hat dieser selbst den Rechtsschutz, der ihm zu Teil geworden wäre, verwirkt.
Wenn der Ast nun davon spricht, dass kein Rechtsschutz und damit eine Verletzung der Artikel 6 EMRK, Artikel 1 1. ZP EMRK und Artikel 13 EMRK bestehen würde ist dies unrichtig. Ein hinreichender Rechtsschutz im Exszindierungsverfahren ist durch die Möglichkeit der Aufschiebung einer bereits bewilligten Räumungsexekution (eventuell auch unter Auferlegung einer Sicherheitsleitung) gewährleistet. Der Umstand, dass der ASt von diesem Rechtsschutzinstrument gegenständlich keinen Gebrauch machte liegt in dessen Sphäre. Er selbst hat die bestehende Rechtsschutzmöglichkeit nicht ausgenutzt.
Das Rechtsschutzinteresse des Exszindierungsklägers ist mit der Einstellung oder Beendigung der Exekution beendet und stellt dies ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dar (RS0001266).
Die ständige Rechtsprechung des OGH, dass das Rechtsschutzinteresse des Exszindierungsklägers mit der Einstellung oder der Beendigung der Exekution beendet ist, ist nicht verfassungswidrig und stellt auch keine Verletzung der vom ASt angeführten Menschenrechte dar, zumal wie bereits ausgeführt in diesem Verfahren ein ausreichender Rechtsschutz besteht. Die angeführten Artikel 6 EMRK, Artikel 1 1. ZP EMRK und Artikel 13 EMRK sind durch Anwendung der Bestimmungen des §568 ZPO und des §37 EO sohin auch nicht verletzt."
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit des Antrages
1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels. Nach §62a Abs1 erster Satz VfGG kann eine Person, die als Partei in einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben.
1.2. Der vorliegende Antrag wurde aus Anlass der Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichtes ***** vom 26. Juni 2020, ***********, gestellt. Mit diesem Urteil wurde die Rechtssache in erster Instanz durch ein ordentliches Gericht entschieden (Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG).
1.3. Als Kläger ist der Antragsteller des verfassungsgerichtlichen Verfahrens Partei des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht, womit er zur Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG berechtigt ist.
1.4. Dem Erfordernis der Einbringung aus Anlass eines Rechtsmittels hat der Antragsteller jedenfalls dadurch Rechnung getragen, dass er den vorliegenden Antrag und das Rechtsmittel gegen das genannte Urteil des Bezirksgerichtes ***** am selben Tag erhoben und eingebracht hat (vgl VfSlg 20.074/2016).
Im Übrigen geht der Verfassungsgerichtshof auf Grund einer entsprechenden Mitteilung des Bezirksgerichtes ***** davon aus, dass das erhobene Rechtsmittel rechtzeitig und zulässig ist.
1.5. Ein auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützter Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes oder von bestimmten Stellen eines solchen kann gemäß §62 Abs2 VfGG nur dann gestellt werden, wenn das Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht des Antragstellers wäre. Eine Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG setzt daher voraus, dass die angefochtene Bestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des ordentlichen Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl VfSlg 20.010/2015, 20.029/2015).
1.5.1. Das Erstgericht hat in seinem Urteil §37 EO angewendet, weil dem Verfahren vor dem Bezirksgericht ***** eine Exszindierungsklage nach dieser Bestimmung zugrunde liegt, über die in der genannten Entscheidung abgesprochen wurde. Bei der Exszindierungsklage nach §37 EO handelt es sich nicht um ein Exekutionsverfahren iSd §62a Abs1 Z9 VfGG (VfSlg 20.060/2016; VfGH 11.6.2019, G97/2019), sodass der Antrag insofern zulässig ist.
1.5.2. Die Bundesregierung weist zutreffend darauf hin, dass das Erstgericht die angefochtene Bestimmung des §568 ZPO in seinem Urteil nicht angewendet hat. §568 ZPO bestimmt, dass gegen den Bestandnehmer erwirkte Exekutionstitel auch gegenüber dem Unterbestandnehmer wirken und gegen diesen vollstreckbar sind. Im letzten Halbsatz stellt §568 ZPO lediglich (deklarativ) klar, dass dies nicht gilt, wenn der Afterbestandnehmer ein eigenständiges Rechtsverhältnis zum Bestandgeber hat, das diesen zur Benützung der Sache berechtigt. §568 ZPO regelt somit (lediglich) die Rechtswirkungen, die ein gegen den Bestandnehmer erwirkter Exekutionstitel gegenüber dem Unterbestandnehmer hat.
Im vorliegenden Verfahren nach §37 EO bringt der Antragsteller im verfassungsgerichtlichen Verfahren aber gerade nicht vor, dass er lediglich ein Unterbestandnehmer ist, sondern dass er gegenüber dem Vermieter eine eigene Rechtsposition hat, die er mit der Exszindierungsklage durchsetzen möchte. Eine Anwendung des §568 ZPO in dem Verfahren nach §37 EO ist somit denkunmöglich, weswegen der Antrag hinsichtlich §568 ZPO jedenfalls mangels Präjudizialität zurückzuweisen ist.
1.5.3. Hinsichtlich der im Eventualantrag zusätzlich zu §37 EO angefochtenen Bestimmungen der Exekutionsordnung (§§38, 39, 41, 42, 44, 206, 375, 376, 432 und 439 Abs3 EO) ist die Präjudizialität im gerichtlichen Verfahren für den Verfassungsgerichtshof nicht erkennbar und besteht auch kein untrennbarer Zusammenhang mit der Bestimmung des §37 EO. Darüber hinaus hat der Antragsteller keine eigenständigen (zuordenbaren) Bedenken gegen diese Bestimmungen dargelegt, sodass der Antrag insofern als unzulässig zurückzuweisen ist (vgl zB VfSlg 11.150/1986, 11.888/1988, 13.710/1994, 13.851/1994 und 14.802/1997).
1.6. Soweit sich der Antrag auf §37 EO bezieht, ist er daher – da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind – zulässig; im Übrigen ist er unzulässig.
2. In der Sache
Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).
Der Antrag ist nicht begründet.
2.1. Der Antragsteller ist auf das Wesentliche zusammengefasst der Ansicht, dass §37 EO gegen das Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK verstoße. Eine Person, die – wie der Antragsteller – behauptet, auf Grund eines Mietvertrages ein Recht zur Benutzung einer Sache zu haben, habe auch das Recht, dass darüber in einem fairen Prozess abgesprochen werde. Der Betroffene werde auf Grund des §568 ZPO nicht Partei des Erkenntnisverfahrens und könne sich daher gegen einen Räumungstitel nicht zur Wehr setzen. Der Antragsteller sei auf §37 EO verwiesen, der jedoch keine urteilsmäßige Absprache über sein Recht bewirke, wenn durch die Durchführung der Exekution "Fakten geschaffen" würden. Dadurch werde ein Abspruch über das bestehende Recht in einem Art6 EMRK entsprechenden Verfahren verhindert. Der Antragsteller verkenne nicht, dass die angefochtenen Bestimmungen vor Missbrauch schützen sollten. Es solle verhindert werden, dass ein Bestandnehmer die Räumung faktisch verhindere, indem er das Räumungsobjekt weitergebe. Dies sei ein legitimes Anliegen, entbinde den Gesetzgeber jedoch nicht von seiner Pflicht, ein faires Verfahren zu gewährleisten. Selbst wenn man den Exszindierungsprozess als jenes Verfahren ansähe, das dieses Recht gewährleisten solle, sei es jedenfalls unverhältnismäßig, wenn dieses faktisch automatisch ende, sobald die Exekution beendet sei. Aus den genannten Gründen verstoße §37 EO auch gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK sowie gegen das Recht auf einen effektiven Rechtsbehelf gemäß Art13 EMRK.
2.2. Art6 Abs1 EMRK garantiert das Recht auf Zugang zu einem unabhängigen, unparteiischen und auf Gesetz beruhenden Gericht in Bezug auf zivilrechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen sowie strafrechtliche Anklagen, wobei über die Sache in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt werden muss. Dieses Recht gilt allerdings nicht absolut; der Zugang zu einer gerichtlichen Überprüfung kann Beschränkungen unterworfen werden, solange mit diesen ein legitimes Ziel verfolgt, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprochen und nicht in den Wesensgehalt des Rechts eingegriffen wird (EGMR 17.7.2003, Fall Luordo, Appl 32.190/96 [Z85]; 15.11.2007, Fall Khamidov, Appl 72.118/01 [Z155]). Weiterhin ist der Garantie des Art6 Abs1 EMRK bereits dann hinreichend Rechnung getragen, wenn eine einzige gerichtliche Instanz über die Sache entscheidet (vgl VfSlg 20.160/2017).
2.3. Die – mit "Widerspruch Dritter" bezeichnete – Exszindierungsklage gemäß §37 EO dient dem Zweck, eine Beeinträchtigung von Rechten Dritter durch die Exekutionsführung hintanzuhalten (vgl Jakusch, §37 EO, in: Angst/Oberhammer [Hrsg.], EO3, 2015, Rz 1 ff.). Hat ein Dritter daher ein Recht an der Sache, das die Exekution unzulässig macht, kann er sich mit der – auf Erklärung der Unzulässigkeit der Exekution in Bezug auf ein bestimmtes Objekt gerichteten – Exszindierungsklage zur Wehr setzen und die Sache vor der Vollstreckung bewahren (vgl zu Bestandrechten Jakusch, §37 EO, in: Angst/Oberhammer [Hrsg.], EO3, 2015, Rz 27 ff.).
2.4. Die behaupteten Verfassungswidrigkeiten liegen aus den folgenden Gründen nicht vor:
2.4.1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Dritte, soweit er (auch) Unterbestandnehmer ist, im Titelprozess gegen den Hauptbestandnehmer keinesfalls schutzlos ist. Der Hauptmieter ist nämlich gemäß §2 Abs2 zweiter Satz MRG verpflichtet, den Untermieter unverzüglich von einer Auflösung des Hauptmietvertrages zu verständigen, damit dieser seine Rechte wahrnehmen kann. Insbesondere kann der Unterbestandnehmer im Prozess gegen den Hauptbestandnehmer als Nebenintervenient beitreten (lby, §568 ZPO, in: Fasching/Konecny [Hrsg.], Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen3 IV/1, 2019, Rz 16), um Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens zu nehmen.
2.4.2. Der Antragsteller ist darüber hinaus auch darauf zu verweisen, dass es ihm – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – offen gestanden wäre, in einem eigenständigen zivilgerichtlichen Verfahren ein Nutzungsrecht gegenüber dem Vermieter geltend zu machen.
2.4.3. Soweit die Bedenken des Antragstellers §37 EO betreffen, wendet er sich im Wesentlichen gegen die – auch im Urteil des Erstgerichtes ins Treffen geführte – Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, wonach das Rechtsschutzinteresse des Exszindierungsklägers mit der Einstellung oder Beendigung der Exekution ende (vgl OGH 29.3.2007, 3 Ob 32/07p; vgl auch Jakusch, §37 EO, in: Angst/Oberhammer [Hrsg.], EO3, 2015, Rz 47). Es widerspreche Art6 EMRK, dass ab diesem Zeitpunkt kein Rechtsschutz mehr bestehe.
Auch diesem Vorbringen ist nicht zu folgen. Die Exekutionsordnung kennt nämlich Schutzmechanismen, die verhindern sollen, dass der Dritte – wie der Antragsteller moniert – durch die faktische Durchführung der Exekution vor vollendete Tatsachen gestellt wird. So sehen die §§42 ff. EO die Möglichkeit einer Aufschiebung der Exekution vor. Insbesondere kann nach §42 Abs1 Z5 EO die Aufschiebung (Hemmung) der Exekution angeordnet werden, wenn eine Klage nach §37 EO erhoben wird. Gemäß §44 Abs2 EO kann die Aufschiebung der Exekution von der Leistung einer Sicherheit abhängig gemacht werden, nämlich wenn die Tatsachen, auf die sich die Einwendungen gegen den Anspruch oder gegen die Exekutionsbewilligung stützen, nicht durch unbedenkliche Urkunden dargetan sind (Z1), wenn ein naher Angehöriger des Verpflichteten oder eine mit ihm in Hausgemeinschaft lebende Person später als 14 Tage nach dem Exekutionsvollzug eine Exszindierungsklage erhebt und der Kläger nicht bescheinigt, dass er von dem Vollzug erst kurz vor oder nach Ablauf dieses Zeitraumes Kenntnis erlangen konnte und dass er die Klage ohne unnötigen Aufschub eingebracht hat (Z2) oder wenn die Aufschiebung der Exekution geeignet ist, die Befriedigung des betreibenden Gläubigers zu gefährden (Z3). Im vorliegenden Verfahren wurde laut dem Urteil des Bezirksgerichtes ***** zunächst eine Aufschiebung der Exekution gegen Leistung einer Sicherheit bewilligt; der vom Gericht festgesetzte Betrag wurde jedoch nicht bezahlt, weswegen die Exekution letztlich fortgesetzt wurde.
2.5. Zusammengefasst bestehen für den Dritten mehrere Rechtsschutzmöglichkeiten, die insgesamt den Anforderungen des Art6 EMRK entsprechen. So kann der Dritte entweder im Prozess gegen den Hauptbestandnehmer als Nebenintervenient beitreten oder eigenständige Rechte gegen den Vermieter in einem davon getrennten Zivilprozess geltend machen. Sobald eine gerichtliche Räumungsentscheidung vorliegt, kann der Dritte mit einer Klage nach §37 EO allfällige Rechte gegenüber dem Vermieter geltend machen. Darüber hinaus sehen die §§42 ff. EO die Möglichkeit vor, die Aufschiebung der Exekution – allenfalls gegen Leistung einer Sicherheit – zu erwirken.
2.6. Angesichts der dargestellten – mannigfaltigen – Rechtsschutzmöglichkeiten kann der Verfassungsgerichtshof nicht erkennen, dass der zulässigerweise angefochtene §37 EO das Recht auf ein faires Verfahren nach Art6 EMRK (iVm Art13 EMRK) verletzt.
2.7. Aus denselben Erwägungen liegt auch keine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK vor.
V. Ergebnis
1. Die ob der Verfassungsmäßigkeit des §37 EO erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher insoweit abzuweisen.
Im Übrigen ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
3. Kosten sind nicht zuzusprechen, weil es im Falle eines Antrages gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG Sache des zuständigen ordentlichen Gerichtes ist, über allfällige Kostenersatzansprüche nach den für sein Verfahren geltenden Vorschriften zu erkennen (zB VfSlg 20.102/2016, 20.112/2016).
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