VfGH G33/2016 ua

VfGHG33/2016 ua13.10.2016

Zurückweisung von Parteianträgen auf Aufhebung von Bestimmungen des StGB betreffend die Anhaltung im Maßnahmenvollzug als zu eng gefasst

Normen

B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
StGB §21, §25, §47
StVG §157 ff
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
StGB §21, §25, §47
StVG §157 ff

 

Spruch:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Anträge

Die vom selben Rechtsanwalt vertretenen Antragsteller befinden sich jeweils im Maßnahmenvollzug nach §21 Abs2 StGB. Sie beantragen als Partei der durch die Beschlüsse des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht vom 21. Jänner 2016, Z 188 BE 172/15m, bzw. vom 30. März 2016, Z 183 BE 225/14t, bzw. vom 30. Mai 2016, Z 181 BE 164/15h, entschiedenen Rechtssachen gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG die Aufhebung der Wortfolge "nur unter Bestimmung einer Probezeit bedingt" in §47 Abs1 StGB sowie des §47 Abs2 StGB, in eventu der §§21 und 47 StGB sowie der §§157 bis 178a StVG wegen Verstoßes gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) nach Art5 EMRK.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des StGB lauten (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Gesetzesbestimmungen sind hervorgehoben):

"Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher

§21. (1) Begeht jemand eine Tat, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist, und kann er nur deshalb nicht bestraft werden, weil er sie unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§11) begangen hat, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, so hat ihn das Gericht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen, wenn nach seiner Person, nach seinem Zustand und nach der Art der Tat zu befürchten ist, daß er sonst unter dem Einfluß seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde.

(2) Liegt eine solche Befürchtung vor, so ist in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher auch einzuweisen, wer, ohne zurechnungsunfähig zu sein, unter dem Einfluß seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad eine Tat begeht, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist. In einem solchen Fall ist die Unterbringung zugleich mit dem Ausspruch über die Strafe anzuordnen.

(3) Als Anlasstaten im Sinne der Abs1 und 2 kommen mit Strafe bedrohte Handlungen gegen fremdes Vermögen nicht in Betracht, es sei denn, sie wurden unter Anwendung von Gewalt gegen eine Person oder unter Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben (§89) begangen.

[…]

Dauer der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen

§25. (1) Vorbeugende Maßnahmen sind auf unbestimmte Zeit anzuordnen. Sie sind so lange zu vollziehen, wie es ihr Zweck erfordert. Die Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher darf jedoch nicht länger als zwei Jahre dauern, die Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter nicht länger als zehn Jahre.

(2) Über die Aufhebung der vorbeugenden Maßnahme entscheidet das Gericht.

(3) Ob die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher oder in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter noch notwendig ist, hat das Gericht von Amts wegen mindestens alljährlich zu prüfen.

[…]

Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehungverbundenen vorbeugenden Maßnahme

§47. (1) Aus einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher sind die Eingewiesenen stets nur unter Bestimmung einer Probezeit bedingt zu entlassen. Aus einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher und aus einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter sind die Eingewiesenen unbedingt zu entlassen, wenn die Anhaltezeit (§25 Abs1) abgelaufen ist oder im Fall der Anhaltung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher eine Fortsetzung oder Ergänzung der Entwöhnungsbehandlung keinen Erfolg verspräche, sonst unter Bestimmung einer Probezeit nur bedingt.

(2) Die bedingte Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme ist zu verfügen, wenn nach der Aufführung und der Entwicklung des Angehaltenen in der Anstalt, nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen anzunehmen ist, daß die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, nicht mehr besteht.

(3) Wird der Rechtsbrecher aus einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher oder aus einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher vor Ablauf der Strafzeit bedingt oder unbedingt entlassen, so ist nach §24 Abs1 letzter Satz vorzugehen.

(4) Die Entscheidung, daß die Überstellung des Rechtsbrechers in die Anstalt für gefährliche Rückfallstäter nicht mehr notwendig ist (§24 Abs2), steht einer bedingten Entlassung aus der Anstalt für gefährliche Rückfallstäter gleich."

2. Mit ihrem Eventualantrag begehren die Antragsteller – neben der Aufhebung der §§21 und 47 StGB zur Gänze – die Aufhebung des gesamten Vierten Teiles des Strafvollzugsgesetzes, der den Vollzug der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen regelt. Dieser Teil des StVG lautet auszugsweise:

"Vierter TeilVollzug der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen

Erster AbschnittAnordnung des Vollzuges der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen

§157. (1) Für die Anordnung des Vollzuges der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen gelten die §§3 bis 5 und 7 dem Sinne nach, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird.

(2) Ist der Vollzug einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme drei Jahre, nachdem die Maßnahme vollstreckbar geworden ist, noch nicht eingeleitet worden, so darf die Maßnahme nur vollzogen werden, wenn festgestellt wird, daß die Gefährlichkeit, gegen die sich die Maßnahme richtet, noch besteht. Die Entscheidung, daß die Gefährlichkeit nicht mehr besteht, steht einer bedingten Entlassung aus der betreffenden Maßnahme gleich.

(3) Für die Entscheidung nach Abs2 gilt §7 dem Sinne nach.

Zweiter AbschnittEinrichtungen und Behörden des Vollzuges der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen

Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher

§158. (1) Die Unterbringung geistig abnormer Rechtsbrecher ist in den dafür besonders bestimmten Anstalten oder in den dafür besonders bestimmten Außenstellen der Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen zu vollziehen, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird. §8 Abs4 gilt dem Sinne nach.

(2) In den Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher darf auch der Strafvollzug an Strafgefangenen durchgeführt werden, die wegen ihres psychischen Zustandes in anderen Vollzugsanstalten nicht sachgemäß behandelt werden können oder die sich wegen psychischer Besonderheiten nicht für den allgemeinen Vollzug eignen. Dies gilt für den Vollzug der Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher und für den Vollzug der Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter dem Sinne nach.

[...]

(5) Die Unterbringung nach §21 Abs2 des Strafgesetzbuches darf auch in besonderen Abteilungen der Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen vollzogen werden.

[…]

Dritter AbschnittUnterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher

Zwecke der Unterbringung

§164. (1) Die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher soll die Untergebrachten davon abhalten, unter dem Einfluß ihrer geistigen oder seelischen Abartigkeit mit Strafe bedrohte Handlungen zu begehen. Die Unterbringung soll den Zustand der Untergebrachten soweit bessern, daß von ihnen die Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen nicht mehr zu erwarten ist, und den Untergebrachten zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepaßten Lebenseinstellung verhelfen.

(2) Soweit die Zeit der Anhaltung auf die zugleich mit ihrer Anordnung ausgesprochene Strafe anzurechnen ist (§24 Abs1 des Strafgesetzbuches), soll der Vollzug auch den Unwert des der Verurteilung zugrunde liegenden Verhaltens aufzeigen.

[…]

Unterbringung nach §21 Abs2 des Strafgesetzbuches

§166. Für den Vollzug der Unterbringung nach §21 Abs2 des Strafgesetzbuches gelten folgende besondere Bestimmungen:

1. Die Untergebrachten sind zur Erreichung der Vollzugszwecke (§164) entsprechend ihrem Zustand ärztlich, insbesondere psychiatrisch, psychotherapeutisch, psychohygienisch und erzieherisch zu betreuen. Soweit danach Abweichungen von den Bestimmungen über den Vollzug der Unterbringung (§167) erforderlich sind, hat der Anstaltsleiter diese Abweichungen im Rahmen des §165 Abs1 Z1 und 2 anzuordnen.

[...]"

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1.1. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 24. Oktober 2012, Z143 Hv 108/12v, wurde der Antragsteller zu G33/2016 wegen des Verbrechens der (teils versuchten) Brandstiftung nach §§169 Abs1, 15 StGB sowie des Vergehens der Sachbeschädigung nach §125 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten verurteilt; unter einem wurde er gemäß §21 Abs2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Das urteilsmäßige Strafende fiel auf den 23. November 2013.

Am 7. Mai 2014 sowie am 22. September 2014 beantragte der Antragsteller die bedingte Entlassung aus der Maßnahme. Die Abweisung dieser Anträge seitens des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht wurde zufolge Beschlusses des Oberlandesgerichtes Wien vom 4. November 2014 rechtskräftig. Mit Beschluss vom 21. Jänner 2016 ("Entscheidung über die Notwendigkeit der weiteren Anhaltung in einer Anstalt") stellte das Landesgericht für Strafsachen Wien erneut fest, dass die – weitere – Unterbringung des Antragstellers in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß §21 Abs2 StGB notwendig sei, und wies, gestützt auf §47 Abs1 und 2 StGB, dessen Antrag auf bedingte Entlassung abermals ab.

Dagegen erhob der Antragsteller mit Schriftsatz vom 8. Februar 2016 Beschwerde. Am selben Tag stellte er beim Verfassungsgerichtshof den zu G33/2016 protokollierten Parteiantrag.

1.2. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. Mai 2009, Z 31 Hv 35/09f, wurde der Antragsteller zu G108, 109/2016 wegen des Verbrechens des versuchten, teils schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren verurteilt und unter einem gemäß §21 Abs2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Gleichzeitig wurde die am 9. November 2006 vom Landesgericht St. Pölten ausgesprochene bedingte Entlassung aus dem Vollzug einer Freiheitsstrafe wegen §§207 Abs1, 15 (teils versuchter schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen) und 207a Abs3 StGB (pornographische Darstellung Minderjähriger) widerrufen. Das urteilsmäßige Strafende fiel auf den 23. Mai 2011.

Mit Beschluss des Vollzugsgerichtes vom 25. September 2015 wurde die weitere Anhaltung des Antragstellers beschlossen und dessen Antrag auf bedingte Entlassung abgewiesen. Das Oberlandesgericht Wien gab der dagegen erhobenen Beschwerde Folge und hob die Entscheidung auf.

Nach Verfahrensergänzung wurde vom Erstgericht mit Beschluss vom 30. März 2016, Z183 BE 225/14t, abermals die Notwendigkeit der Fortsetzung der Anhaltung festgestellt und der Antrag auf bedingte Entlassung abgewiesen.

Dagegen erhob der Antragsteller am 14. April 2016 Beschwerde und brachte am selben Tag den zu G108, 109/2016 protokollierten Parteiantrag ein.

1.3. Der Antragsteller zu G207/2016 wurde mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 17. März 2006, Z 24 Hv 30/06k, wegen des Verbrechens der versuchten Vergewaltigung nach §§15, 201 Abs1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Jahren verurteilt; gleichzeitig wurde er gemäß §21 Abs2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Das errechnete Strafende war der 13. November 2008.

Mit Beschluss vom 30. Mai 2016 stellte das Landesgericht für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht gemäß §47 Abs1 und 2 StGB fest, dass die weitere Unterbringung des Antragstellers gemäß §21 Abs2 StGB erforderlich sei.

Gegen diesen Beschluss erhob der Antragsteller am 15. Juni 2016 Beschwerde und brachte am selben Tag den zu G207/2016 protokollierten Parteiantrag ein.

2. Die Antragsteller begründen ihre Parteianträge im Wesentlichen gleichlautend damit, dass die Anhaltung rechtswidrig geworden sei, weil in den Fällen der ersten beiden Antragsteller zwischen den anlassgebenden Gerichtsbeschlüssen und der Rechtskraft der davor ergangenen Überprüfungsentscheidungen (entgegen der Vorschrift des §25 Abs3 StGB) mehr als 15 bzw. 30 Monate verstrichen seien; dem Antragsteller zu G207/2016 wiederum seien jahrelang erforderliche Therapiemaßnahmen bzw. aktuell Vollzugslockerungen vorenthalten worden; die angefochtenen Bestimmungen stünden mithin in verfassungswidriger Weise der grundrechtlich gebotenen sofortigen Entlassung der Antragsteller aus der Maßnahme entgegen.

IV. Zur Zulässigkeit

1.1. Ein Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes oder von bestimmten Stellen eines solchen gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG kann gemäß §62 Abs2 VfGG nur gestellt werden, wenn das Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw. wenn die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht der Antragsteller wäre. Eine Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG setzt daher voraus, dass die angefochtenen Gesetzesbestimmungen in der vor dem ordentlichen Gericht entschiedenen Rechtssache präjudiziell sind (vgl. zB VfGH 7.10.2015, G224/2015 ua.; 19.11.2015, G498/2015 ua.).

1.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 19.832/2013, 19.892/2014; VfGH 9.12.2015, G165/2015), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Aus dieser Grundposition folgt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. VfSlg 19.684/2012, 19.746/2013; VfGH 9.10.2015, G152/2015). Dagegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen, soweit die Präjudizialität für den gesamten Antrag gegeben ist, nicht zur Gänze unzulässig, sondern führt, ist der Antrag in der Sache begründet, im Falle der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfSlg 19.684/2012, 19.746/2013; VfGH 9.12.2015, G433/2015).

Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.933/2014).

2.1. Mit den hier maßgeblichen, den Parteianträgen zugrunde liegenden Beschlüssen hat das Landesgericht für Strafsachen Wien als Vollzugsgericht ausgesprochen, dass die weitere Anhaltung der Antragsteller in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß §21 Abs2 StGB, in die sie mit den in Pkt. III.1.1., III.1.2. und III.1.3. erwähnten Urteilen des Landesgerichtes für Strafsachen Wien bzw. des Landesgerichtes Innsbruck eingewiesen wurden, wegen Fortbestandes ihrer spezifischen Gefährlichkeit notwendig sei. Die auf bedingte Entlassung aus der Maßnahme gerichteten Anträge der Antragsteller zu G33/2016 und G108, 109/2016 wurden unter einem gemäß §47 Abs2 StGB abgewiesen.

2.2. Die Antragsteller hegen im Wesentlichen das Bedenken, dass die angefochtene(n) Bestimmung(en) insoweit gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) nach Art5 EMRK verstößt (verstoßen), als sie für den Fall, dass das Verfahren hinsichtlich der Notwendigkeit der weiteren Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach §21 Abs2 StGB eine bestimmte Dauer (nämlich die in §25 Abs3 StGB für die periodische Prüfung normierte Jahresfrist) überschreitet (G33/2016 bzw. G108, 109/2016) bzw. die Anhaltung sonst – etwa, weil Therapiemaßnahmen oder rechtzeitige Maßnahmen zur Wiedereingliederung (Vollzugslockerungen) unterblieben sind (G207/2016) – rechtswidrig (geworden) ist, nicht die Entlassung des Untergebrachten aus der vorbeugenden Maßnahme vorsieht (vorsehen).

2.3. Der Sitz der allfälligen Verfassungswidrigkeit in Bezug auf das Fehlen einer Entlassungsmöglichkeit bei rechtswidriger Überschreitung der Entscheidungsfrist (§25 Abs3 StGB) bzw. bei rechtswidrigem Unterbleiben von Therapiemaßnahmen (§166 Abs2 StVG) liegt jedenfalls auch in den – allerdings nicht (mit-) angefochtenen – Vorschriften des §25 Abs1 zweiter Satz und Abs3 StGB. Schon allein deshalb erweisen sich sowohl das jeweilige Haupt- als auch das jeweilige Eventualbegehren als zu eng gefasst.

Die Anträge sind daher insgesamt als unzulässig zurückzuweisen. Bei diesem Ergebnis hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob weitere Prozesshindernisse bestehen.

2.4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte