Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der erstrichterliche Aufschiebungsbeschluß unter Erhöhung des Betrages der von der Aufschiebungswerberin zu erlegenden Sicherheit auf S 80.000.-- und mit der Anordnung wiederhergestellt wird, daß die Exekution fortzusetzen ist, wenn der Unterschiedsbetrag von S 70.000,-- an Sicherheit nicht binnen vierzehn Tagen ab Zustellung dieses Beschlusses erlegt wird.
Die Aufschiebungswerberin ist schuldig, der betreibenden Partei die mit S 2.263,40 (darin S 205,76 Umsatzsteuer) bestimmten Rekurskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die betreibende Partei ist schuldig, der Aufschiebungswerberin die Kosten des Revisionsrekurses von S 2.966,40 (darin S 494,40 Umsatzsteuer) binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Auf Grund des vollstreckbaren, die Mieterin zur Zahlung rückständiger Mietzinse von S 120.869,62 sA und zur Räumung der gemieteten Gasthausräumlichkeiten im Haus Heigerleinstraße 1, 1160 Wien, verpflichtenden Urteiles vom 9.Feber 1988, GZ 4 C 466/86-13, hat das Erstgericht am 11.April 1988 die Exekution durch zwangsweise Räumung des Bestandgegenstandes bewilligt. In ihrer am 23.Juni 1988 beim Erstgericht zu 4 C 1419/88b erhobenen Exszindierungsklage machte Berta T*** geltend, sie habe den Bestandgegenstand vor der Verpflichteten als Mieterin benützt. Das gegen sie ergangene Versäumungsurteil sei infolge ihres Widerspruches aufgehoben worden. Die gegen sie vorgenommene Delogierung sei wirkungslos. Sie sei weiter Mieterin der Gasthausräume und befinde sich im Besitz des Bestandobjektes. Sie beantrage daher die Aufschiebung der Exekution.
Das Erstgericht schob die Exekution gegen eine Sicherheit von S 10.000,-- auf, weil gegen die Aufschiebungswerberin die Räumungsexekution auf Grund eines nicht rechtskräftigen Titels geführt und das Mietverhältnis weder durch die zwangsweise Räumung noch durch die spätere Vermietung an die nunmehr Verpflichtete beendet worden sei.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß über den Rekurs der betreibenden Partei ab. Es wies den Aufschiebungsantrag ab und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Am 7.Feber 1986 sei auf Grund des zu 4 C 57/87 des Erstgerichtes gefällten Versäumungsurteiles vom 27.September 1985 gegen die Aufschiebungswerberin die zwangsweise Räumung des Bestandobjektes vollzogen worden. Erst später habe sie beantragt, ihr das Versäumungsurteil zuzustellen, und dann Widerspruch erhoben. Infolge dieses Widerspruchs sei das Versäumungsurteil aufgehoben worden. Nach Einschränkung des Begehrens der Vermieterin auf Kostenersatz sei die Aufschiebungswerberin vom Erstgericht mit Urteil vom 21.August 1987, GZ 4 C 57/87-20, zum Ersatz der Prozeßkosten verhalten worden. Das Erstgericht sei im Räumungsexekutionstitel der vorliegenden Exekution davon ausgegangen, daß die Aufschiebungswerberin "Vormieterin" und die Verpflichtete seit dem 1.März 1986 Hauptmieterin des Bestandgegenstandes gewesen seien. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Aufschiebungswerberin sich im Besitz des Bestandobjektes befinde. Die Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles drohe der Aufschiebungswerberin nicht, wenn gegen die Verpflichtete die zwangsweise Räumung vollzogen werde. Gegen sie selbst sei die Räumung schon am 7. Feber 1986 vollzogen worden. Sie könne kein Interesse daran haben, daß die Räumung gegen die Verpflichtete nicht vollzogen werde und diese im Mietobjekt verbleibe. Die sonst bei der Räumungsexekution offenkundige Gefahr des unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles sei nicht anzunehmen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Aufschiebungswerberin ist zulässig (§ 78 EO; § 528 Abs 2 ZPO und § 502 Abs 4 Z 2 ZPO) und teilweise berechtigt.
Der Vorwurf der Rechtsmittelwerberin, der Prozeßakt 4 C 1419/88b des Erstgerichtes sei dem Rekursgericht nicht vorgelegt worden, geht ins Leere, denn diese Akten waren bei der Vorlage an das Rechtsmittelgericht angeschlossen und wurden erst nach Entscheidung durch das Rekursgericht am 10.November 1988 zurückgestellt. Daß es der Aufschiebungswerberin gelungen ist, sich wieder in den Besitz des Bestandobjektes zu setzen, hat die betreibende Partei nicht bestritten (S 53). Der Räumungsvollzug nach § 349 EO erfaßt neben dem Verpflichteten alle Personen, die Rechte nur von ihm ableiten. Gegen Personen, die kraft eigenen Rechts oder namens einer anderen Person als des aus dem Titel Verpflichteten zum Verbleib in dem zu räumenden Objekt berechtigt sind, hat der Exekutionstitel (Vollzugsauftrag) keine Kraft (Heller-Berger-Stix 2495;
MietSlg 16.703; SZ 53/148). Stellt sich beim Vollzug heraus, daß die Räume des Verpflichteten von einem dritten Mieter benützt werden, so ist die Räufmungsexekution einzustellen (Heller-Berger-Stix 2499;
Rsp 1929/385; MietSlg 2719; 19.586). Bei der Räumungsexekution ist der Vermögensnachteil durch Verlust der Wohnung oder der Geschäftsräumlichkeit in der Regel offenkundig (Heller-Berger-Stix 548).
Dem wahren Mieter steht gegen die Exekution durch zwangsweise Räumung des vermeintlichen Mieters die Widerspruchsklage nach § 37 EO zu (Heller-Berger-Stix 463; SZ 7/204; MietSlg 4863 ua). Da beim Vollzug zweifelhaft bleiben kann, ob die Räume vom Verpflichteten oder von einer Person benützt werden, die nur abgeleitete Rechte geltend machen kann, oder aber von jemandem, der eigene Rechte geltend macht, und der Vollstrecker auch nicht immer in der Lage sein wird zu klären, in welchem Umfang er auf Grund des Exekutionstitels die Räumung vollziehen darf, wenn zugleich ein anderer Benützer eigene Mietrechte behauptet, muß es dem Exszindierungskläger auch zustehen, eine Aufschiebung der Räumungsexekution bis zur Entscheidung über seinen Anspruch auf Unzulässigerklärung der Exekutionsführung zu erwirken. Da die Klagsführung auch nicht von vorneherein aussichtslos erscheint - inzwischen hat das Erstgericht dem Klagebegehren stattgegeben -, wurde die Exekution zu Recht aufgeschoben. Der Betrag der Sicherheit ist mit S 10.000,-- allerdings zu gering bemessen und war daher unter Bestimmung einer Frist zum Erlag des Unterschiedsbetrages mit Abwägung der voraussichtlichen Prozeßdauer und des Mietzinsbetrages auf S 80.000,-- zu erhöhen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO und auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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