VwGH Ra 2020/16/0114

VwGHRa 2020/16/01144.5.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und den Hofrat Mag. Straßegger, die Hofrätin Dr. Reinbacher, den Hofrat Dr. Bodis und die Hofrätin Dr. Funk‑Leisch als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Amesberger, über die Revision des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 29. Juni 2020, LVwG 61.26‑504/2020‑9, betreffend Einwendungen gegen einen Rückstandsausweis in Angelegenheiten des Steiermärkischen Kanalabgabengesetzes (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: R GmbH in B, vertreten durch die Kapp & Partner Rechtsanwälte GmbH in 8054 Seiersberg, Kärntner Straße 532), zu Recht erkannt:

Normen

AbgEO §12
AbgEO §12 Abs1
AbgEO §13
AbgEO §15
AbgEO §16
AbgEO §17
BAO §198
BAO §224
BAO §229
EO §1 Z13
EO §35
EO §35 Abs1
EO §36
EO §40
EO §41
EO §7 Abs4
KanalabgabenG Stmk 1955 §5 Abs3
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2020160114.L00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Landeshauptstadt Graz hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.106,40 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 3. April 2017 schrieb der Stadtsenat der Stadt Graz (revisionswerbende Behörde) der H KG einen Kanalisationsbeitrag in näher angeführter Höhe vor. Die H KG habe auf einem im Kanalanschlussverpflichtungsbereich liegenden Grundstück (verfahrensgegenständliches Grundstück) ‑ als damalige Eigentümerin ‑ ein für gewerbliche Zwecke zu nutzendes Gewächshaus errichtet und dessen Fertigstellung im Jahr 2014 gemeldet. Die gegen diese Vorschreibung durch die H KG ergriffenen Rechtsmittel blieben erfolglos (vgl. zur Vorgeschichte VwGH 11.9.2018, Ra 2018/16/0135), womit in Folge deren Rechtskraft eintrat.

2 Mit Bescheid vom 12. Oktober 2017 schrieb die revisionswerbende Behörde der H KG ‑ auf Grund der nicht fristgerechten Entrichtung des fälligen Kanalisationsbeitrags ‑ einen Säumniszuschlag sowie Mahngebühren in näher angeführter Höhe vor. Der vorgeschriebene Betrag wurde unstrittig mit Zahlung vom 24. Juni 2019 vollständig entrichtet.

3 Mit Bescheid vom 20. Juni 2018 schrieb die revisionswerbende Behörde der H KG ‑ auf Grund der bewilligten Aussetzung der Einhebung der offenen Abgabenforderungen ‑ Aussetzungszinsen in näher angeführter Höhe vor. Die Aussetzungszinsen wurden ‑ nach Erhebung einer dagegen gerichteten Beschwerde durch die H KG ‑ mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes vom 15. April 2019 mit einem geringfügig höheren Betrag neu festgesetzt. Der vorgeschriebene Betrag wurde unstrittig mit Zahlung vom 24. Juni 2019 vollständig entrichtet.

4 Anfang des Jahres 2017 erwarb die Mitbeteiligte das verfahrensgegenständliche Grundstück von der H KG. Im Zeitpunkt des Erwerbes haftete der vorgeschriebene Kanalisationsbeitrag zum Großteil aus.

5 Am 26. April 2019 wurde durch die revisionswerbende Behörde über den noch offenen Kanalisationsbeitrag (samt Säumniszuschlägen, Mahngebühren und Aussetzungszinsen) ein Rückstandsausweis gemäß § 229 BAO ‑ gegenüber der Mitbeteiligten als nunmehrige Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundstückes ‑ ausgestellt und der Rückstand für vollstreckbar erklärt. In Folge wurde die gerichtliche Exekution durch Zwangsversteigerung des verfahrensgegenständlichen Grundstückes ‑ aufgrund des gemäß § 5 Abs. 3 Steiermärkisches Kanalabgabengesetz 1955, LGBl. Nr. 71/1955, bestehenden gesetzlichen Pfandrechtes ‑ zunächst bewilligt und anschließend ‑ aufgrund der durch die Mitbeteiligte erhobenen Einwendungen gegen den Exekutionstitel (Rückstandsausweis) ‑ aufgeschoben.

6 Mit Schreiben vom 28. Mai 2019 stellte die Mitbeteiligte bei der revisionswerbenden Behörde einen Antrag gemäß § 7 Abs. 4 EO sowie einen ‑ nicht revisionsgegenständlichen ‑ Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides über das Bestehen oder Nichtbestehen der im Rückstandsausweis ausgewiesenen Abgabenschuld der Mitbeteiligten.

7 Mit Bescheid vom 27. Juni 2019 wies die revisionswerbende Behörde beide Anträge ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies die revisionswerbende Behörde mit Beschwerdevorentscheidung ab, woraufhin die Mitbeteiligte einen Vorlageantrag stellte.

8 Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark der Beschwerde hinsichtlich des Antrages gemäß § 7 Abs. 4 EO Folge und änderte den Spruch des angefochtenen Bescheides vom 27. Juni 2019 dahingehend ab, dass sich der Rückstandsausweis vom 26. April 2019 als rechtswidrig erweise und samt Vollstreckbarkeitsbestätigung aufgehoben werde (Spruchpunkt I). Hinsichtlich des ‑ nicht revisionsgegenständlichen ‑ Antrages auf Erlassung eines Feststellungsbescheides wies das Landesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab (Spruchpunkt II). Es sprach weiters aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

9 Das Landesverwaltungsgericht führte nach ausführlicher Darstellung des Verwaltungsgeschehens und Feststellung des ‑ unstrittigen ‑ Sachverhaltes zum Spruchpunkt I in rechtlicher Hinsicht ‑ auf das Wesentliche zusammengefasst ‑ aus, die von der Mitbeteiligten erhobenen Einwendungen gegen den Rückstandsausweis und dessen beantragte Aufhebung seien als Antrag auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit gemäß § 7 Abs. 4 EO zu qualifizieren. In der Bestreitung der Rechtmäßigkeit der Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung liege gleichzeitig die Bestreitung, dass die Ausstellung des Rückstandsausweises über die korrekte, in ihm genannte Summe nicht rechtmäßig sei, weil der Rückstandsausweis nur rechtmäßig sei, wenn er ausschließlich vollstreckbare Forderungen berücksichtige. Verfahrensgegenständlich sei daher zu prüfen gewesen, ob alle im Rückstandsausweis ausgewiesenen Abgabenforderungen dem Grunde und der Höhe nach zu Recht bestünden und es sich um offene, rechtmäßig bestehende (bescheidmäßig begründete) Zahlungspflichten der in Anspruch genommenen Schuldnerin handle.

10 Der im Rückstandsausweis angeführte Betrag sei insofern nicht richtig, als sämtliche offenen Säumnisgebühren, Mahngebühren und Aussetzungszinsen mit Zahlungen vom 24. Juni 2019 beglichen worden seien. Ausständig sei lediglich der Kanalisationsbeitrag in näher angeführter Höhe. Es erweise sich daher, dass der zur Exekution gebrachte Betrag nicht in dieser Höhe offen sei bzw. die gegen den Rückstandsausweis eingebrachten Einwendungen zumindest hinsichtlich der ausgewiesenen Höhe des Rückstandes richtig seien, womit der Rückstandsausweis samt Bestätigung der Vollstreckbarkeit aufzuheben sei.

11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision, zu der die Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung ‑ in der sie die Zuerkennung von Kostenersatz beantragt ‑ erstattet hat.

12 Zur Zulässigkeit wird von der revisionswerbenden Behörde im Wesentlichen geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil das Landesverwaltungsgericht eine Rechtswidrigkeit des Rückstandsausweises als Exekutionstitel angenommen habe, weil nach dessen Erlassung Zahlungen erfolgt seien. In solchen Fällen sehe allerdings § 35 iVm § 41 EO das Rechtsinstitut der (teilweisen) Einstellung des Exekutionsverfahrens vor, die jedoch nicht gegen den Exekutionstitel, sondern gegen den Anspruch wirke.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14 Die Revision ist zulässig, sie erweist sich jedoch im Ergebnis als nicht begründet.

15 Die Mitbeteiligte stellte mit dem ‑ verfahrenseinleitenden ‑ Schreiben vom 28. Mai 2019 einen „Antrag auf Aufhebung der Bestätigung des Rückstandsausweises gem. § 7 Abs. 4 EO iVm § 15 Abs. 2 AbgEO“ an die revisionswerbende Behörde und begründete diesen Antrag mit inhaltlichen und formellen Mängeln des Rückstandsausweises.

16 Gemäß § 7 Abs. 4 EO sind Anträge auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit für einen der in § 1 Z 13 EO angeführten Exekutionstitel ‑ zu denen u.a. die über direkte Steuern und Gebühren ausgefertigten vollstreckbaren Rückstandsausweise gehören ‑ bei jener Stelle anzubringen, von der der Exekutionstitel ausgegangen ist, somit bei der Titelbehörde. Die Prüfung der materiellen Gesetzmäßigkeit und Richtigkeit eines derartigen Rückstandsausweises muss daher stets im Verwaltungsweg erfolgen (vgl. OGH 18.7.2002, 3 Ob 255/01y; 22.11.1995, 1 Ob 627/95; 12.5.1993, 3 Ob 1/93).

17 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Antrag auf Aufhebung des Rückstandsausweises auch als Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsklausel, die Teil des Rückstandsausweises ist, zu verstehen (vgl. VwGH 10.3.2022, Ra 2020/15/0103). Ein Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeit eines Rückstandsausweises ist der Sache nach auch die Bestreitung der Richtigkeit des Rückstandsausweises, dessen Teil die Vollstreckbarkeitsklausel ist. Im Falle des Rückstandsausweises liegt nämlich zwischen der Schaffung des Titels und der Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung in der Regel nicht ein Zeitraum, wie er sonst zwischen der Schaffung des Titels und der Erteilung der Vollstreckbarkeitsbestätigung liegt, womit eine ungeachtet des Bestehens des Exekutionstitels allein gegen den Eintritt der Vollstreckbarkeit gerichtete Einwendung hiebei nicht denkbar ist (vgl. VwGH 21.3.2005, 2004/17/0168, mwN).

18 Einwendungen gegen die Richtigkeit des Rückstandsausweises (samt Vollstreckbarkeitsbestätigung) können grundsätzlich nur auf Umstände gestützt werden, die bereits im Zeitpunkt der Ausstellung des Rückstandsausweises eingetreten waren (vgl. VwGH 2.7.2015, 2012/16/0247); die Rechtmäßigkeit des Rückstandsausweises ist dementsprechend nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Erlassung zu beurteilen (vgl. VwGH 17.11.2014, 2012/17/0376, mwN; vgl. dazu bereits die Gesetzesmaterialien zur AbgEO, ErlRV 788 BlgNR 5. GP 34, wonach Gegenstand eines Antrags nach § 15 AbgEO ausschließlich „Gesichtspunkte, die bereits im Zeitpunkt des Entstehens des Exekutionstitels gegeben waren“, sein können; vgl. auch Liebeg, Die Abgabenexekutionsordnung2, § 15 Rz 1 mit Hinweis auf Reeger/Stoll, Abgabenexekutionsordnung 56; vgl. OGH 14.12.2010, 3 Ob 189/10f; Jakusch in Angst/Oberhammer, EO3 § 7 EO Rz 103, mwN). Dies gilt ‑ jedenfalls im Hinblick auf die Vollstreckung von Abgabenforderungen ‑ für das gerichtliche und abgabenbehördliche Vollstreckungsverfahren gleichermaßen, zumal nach der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte das Verfahren (und der Instanzenzug), in dem die Rechtmäßigkeit des Rückstandsausweises geprüft wird, nach den für das Titelverfahren geltenden Vorschriften zu führen ist (vgl. VwGH 7.4.1995, 94/02/0539; OGH 21.12.2015, 9 ObA 151/15v; 12.5.1993, 3 Ob 97/92; 30.11.1988, 1 Ob 635/88; vgl. dazu Jakusch, aaO § 7 EO Rz 108, mwN), womit die Prüfung eines gemäß § 229 BAO erlassenen Rückstandsausweises ‑ der zu den in § 1 Z 13 EO angeführten Exekutionstiteln gehört ‑ auf Grundlage der Bestimmungen der BAO und der AbgEO zu erfolgen hat (vgl. in diesem Sinn VwGH 29.5.2013, 2013/16/0036; 21.3.2005, 2004/17/0168, und 25.3.2004, 2002/16/0266, jeweils mwN).

19 Wenn auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf § 15 AbgEO gestützte Vorbringen, denen nicht oder nicht voll entsprochen wird, von der Behörde als Einwendungen gegen die Durchführung der Vollstreckung nach § 13 AbgEO (entsprechend dem ‑ wenn auch weiter reichenden ‑ Impugnationsbegehren [„Impugnationsklage“] gemäß § 36 EO) in Behandlung zu nehmen sind und darüber mit Bescheid abzusprechen ist (vgl. VwGH 9.11.2011, 2009/16/0175, mwN), bewirkt dies nicht, dass die Bestreitung des Eintritts der Vollstreckbarkeit ‑ nunmehr und damit anders als bei Anträgen nach § 15 AbgEO ‑ auch auf Umstände gestützt werden kann, die nach Ausstellung des Rückstandsausweises eingetreten sind (vgl. Liebeg, aaO, § 13 Rz 4). Derartige ‑ nach Ausstellung des Rückstandsausweises eingetretene ‑ Umstände, können ausschließlich im Rahmen der in § 12 AbgEO geregelten Einwendungen Berücksichtigung finden (vgl. VwGH 25.3.1994, 92/17/0129; 24.10.2002, 2000/15/0141; vgl. zur Abgrenzung Liebeg, aaO, § 12 Rz 1 f sowie § 13 Rz 4 und 12; vgl. zum entsprechenden Rechtsinstrument des Oppositionsantrages [„Oppositionsklage“] gemäß § 35 Abs. 1 EO Jakusch, aaO § 35 EO Rz 2 [„Oppositionsklage bzw Oppositionsantrag greifen somit nicht in die Rechtskraft des Exekutionstitels ein.“] und 52, mwN). Diese Einwendungen richten sich dementsprechend nicht gegen den Exekutionstitel (Rückstandsausweis), der sich aufgrund später eintretender Umstände nicht als nachträglich rechtswidrig erweisen kann, sondern gegen den zu vollstreckenden Abgabenanspruch (vgl. VwGH 25.3.2004, 2002/16/0266).

20 Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2022 (AbgÄG 2022), BGBl. I Nr. 108/2022, wurde dieser Grundsatz mittlerweile auch ausdrücklich in der AbgEO gesetzlich verankert ‑ wiewohl die geänderten Bestimmungen im Revisionsfall noch nicht anzuwenden sind ‑ und das Verhältnis zwischen den Einwendungen nach § 15 AbgEO und jenen nach § 13 AbgEO ‑ im Sinne des bereits Ausgeführten und der bisherigen Rechtsprechung ‑ klargestellt: Zum einen wurde § 15 Abs. 2 AbgEO gestrichen, zum anderen § 13 Abs. 1 AbgEO dahingehend neu gefasst, dass ‑ ergänzend zur ebenfalls vorgenommenen Änderung der Überschrift zu § 13 AbgEO in „Einwendungen gegen den Exekutionstitel“ ‑ von dieser Bestimmung nur Einwendungen gegen einen „Exekutionstitel (§ 4) aus Gründen, die bereits im Zeitpunkt seiner Ausfertigung vorgelegen sind“ erfasst sind. In den Gesetzesmaterialien (ErlRV 1534 BlgNR 27. GP 45 f) wird zu diesen Änderungen ‑ entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. erneut VwGH 10.3.2022, Ra 2020/15/0103, mwN) ‑ ausgeführt, dass eine Bestreitung der Vollstreckbarkeit gleichzeitig immer eine Bestreitung des Umstandes sei, dass ein Rückstandsausweis zu Recht ausgestellt wurde, und es werden die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Rückstandsausweises dargelegt; aufgrund der Möglichkeit der Erhebung von Einwendungen gegen die Ausstellung des Rückstandsausweises gemäß § 13 Abs. 1 AbgEO bleibe für die bis dahin normierte, gesonderte Befugnis in § 15 Abs. 2 AbgEO, die Aufhebung der Vollstreckbarkeitsklausel zu beantragen, „keine praktische Anwendung“ mehr.

21 Werden nach Ausfertigung eines Rückstandsausweises die vorgeschriebenen Abgaben - zum Teil oder zur Gänze - getilgt, stellt dies eine den Anspruch aufhebende Tatsache gemäß § 12 Abs. 1 AbgEO (vgl. Liebeg, aaO, § 12 Rz 8) bzw. gemäß § 35 Abs. 1 EO (vgl. Jakusch, aaO § 35 EO Rz 23) dar. Die Einwendung dieser Tatsache steht insoweit der weiteren Vollstreckung entgegen, die in weiterer Folge gemäß § 16 AbgEO (bzw. § 40 EO) einzustellen oder - bei teilweiser Tilgung - gemäß § 17 AbgEO (bzw. § 41 EO) entsprechend einzuschränken ist. Die Tilgung der Abgabenforderung nach Ausfertigung des Rückstandsausweises bewirkt allerdings ‑ wie in der Amtsrevision zutreffend ausgeführt ‑ entgegen der Rechtsansicht des Landesverwaltungsgerichtes im angefochtenen Erkenntnis nicht dessen Rechtswidrigkeit (vgl. VwGH 17.11.2014, 2012/17/0376, mwN). Dafür spricht auch, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein vollstreckbarer Rückstandsausweis nicht nur einen gültigen Exekutionstitel darstellt, sondern auch einen Titel sui generis für das „Behaltendürfen“ des exekutiv hereingebrachten oder unter exekutivem Druck geleisteten Geldbetrages, womit dessen Beseitigung ‑ nach Zahlung ‑ den Weg für die Rückforderbarkeit des Geleisteten eröffnen würde (vgl. VwGH 10.6.2002, 2002/17/0063; 27.4.2022, Ra 2020/08/0156, mwN).

22 Der verfahrensgegenständliche Rückstandsausweis erweist sich jedoch aus einem anderen Grund - auf den sich die Mitbeteiligte sowohl im verfahrenseinleitenden Antrag als auch in der erstatteten Revisionsbeantwortung beruft - als rechtswidrig.

23 Gemäß § 229 BAO hat ein Rückstandsausweis insbesondere Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen sowie den Betrag der Abgabenschuld zu enthalten. Der Rückstandsausweis muss demnach die Person des Verpflichteten sowie die Art und den Umfang der geschuldeten Leistung eindeutig bezeichnen. Die Nennung der Person, die die Leistung zu erbringen hat und die Art der Leistung müssen ‑ jedenfalls bei Rückstandsausweisen, die auf Leistungsgebote enthaltenden Bescheiden (wie insbesondere Abgabenfestsetzungsbescheide und Haftungsbescheide) beruhen ‑ mit den Leistungsgeboten übereinstimmen (vgl. VwGH 29.9.1997, 96/17/0454; 28.3.1985, 84/16/0070; vgl. dazu auch Stoll, BAO‑Kommentar 2378; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 229 Anm 6; Ritz/Koran, BAO7, § 229 Tz 4; Stoll, Das Steuerschuldverhältnis 168).

24 Die revisionswerbende Behörde hat mit Bescheid vom 3. April 2017 der H KG ‑ als Eigentümerin des verfahrensgegenständlichen Grundstückes (§ 5 Abs. 1 Kanalabgabengesetz) im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht (§ 2 Abs. 3 Kanalabgabengesetz) ‑ einen Kanalisationsbeitrag vorgeschrieben. Dieser Bescheid liegt dem von der Mitbeteiligten bekämpften Rückstandsausweis unstrittig zugrunde: Darin ist als „Art des Rückstandes“ der Kanalisationsbeitrag „lt. Bescheid vom 03.04.2017“ ausgewiesen. Im Rückstandsausweis wird jedoch die Mitbeteiligte als Schuldnerin ‑ des mit dem Bescheid vom 3. April 2017 vorgeschriebenen Kanalisationsbeitrages ‑ angeführt.

25 Da der Rückstandsausweis und der diesem zugrundeliegenden Leistungsbescheid an verschiedene Personen adressiert sind, erweist sich ersterer ‑ vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen ‑ schon aus diesem Grund als rechtswidrig.

26 Ob der dargestellte Grundsatz, wonach die im Rückstandsausweis als Schuldner bezeichnete Person mit dem Adressaten des zugrundeliegenden Leistungsbescheides übereinstimmen muss, auch dann anzuwenden ist, wenn ‑ insbesondere im Zusammenhang mit grundstücksbezogenen Abgaben, wie vorliegend ‑ ein Abgabenbescheid im Falle eines Eigentumsübergangs dem Erwerber gegenüber unmittelbar Rechtswirkungen entfaltet („in‑rem‑Wirkung“ oder „dingliche Wirkung“; vgl. dazu etwa VwGH 17.11.2008, 2005/17/0077; 27.5.2008, 2005/17/0206; 29.3.2004, 2003/17/0303, jeweils mwN), worauf die Ausführungen der revisionswerbenden Behörde hindeuten, kann dahingestellt bleiben, weil den Bestimmungen des Steiermärkischen Kanalabgabengesetzes eine derartige Wirkung nicht entnommen werden kann.

27 Die Bestimmung des § 5 Abs. 3 letzter Satz Kanalabgabengesetz, wonach für den Kanalisationsbeitrag (samt Nebengebühren) auf dem Grundstück ein gesetzliches Pfandrecht haftet, enthält weder eine Regelung für einen Schuldnerwechsel noch für einen Schuldnerbeitritt hinsichtlich der bereits entstandenen Abgabenverbindlichkeit. Die Anordnung einer (bloßen) Pfandhaftung macht einen allfälligen neuen Eigentümer der Liegenschaft nicht zum Abgabenschuldner, sondern beschränkt vielmehr dessen Haftung auf den Pfandgegenstand, somit die Liegenschaft (vgl. VwGH 17.5.2004, 2003/17/0246, und 8.9.2005, 2005/17/0005, zur vergleichbaren Bestimmung des § 15 Abs. 1 Steiermärkisches Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995).

28 Die Revision war aus den oben dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

29 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 4. Mai 2023

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