Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 3.264,-- (darin enthalten S 544,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung
Aufgrund des Rückstandsausweises der Beklagten vom 5.2.1992, I 1312, dessen Vollstreckbarkeit gemäß § 45 Abs.3 Ingenieurkammergesetz (IngKG) am selben Tag bestätigt wurde, wurde ihr mit Beschluß des Erstgerichtes vom 11.2.1992, AZ 21 E 953/92, zur Hereinbringung des Betrags von S 22.836,-- samt Anhang (= Rückstand viertes Quartal 1991, Säumniszuschlag, Mahnspesen, Gerichtsgebühren und Kosten) die Fahrnisexekution bewilligt.
Am 6.4.1992 erhob der Kläger gegen die Exekutionsführung in erster Linie gemäß § 35 EO Einwendungen gegen den Anspruch (dieser Teil seiner Klage wurde bereits rechtskräftig zurückgewiesen), hilfsweise aber auch Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung gemäß § 36 EO. Gemäß § 16 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen der Beklagten seien Rückstände nicht mehr einzufordern, wenn der Rückstand die Höhe von zwei Jahresbeiträgen übersteigt. Diese Voraussetzungen seien gegeben, weil der Kläger spätestens seit 15.7.1989 keine Beiträge zu den Wohlfahrtseinrichtungen mehr schulde. Dadurch sei, wenn nicht schon der Anspruch erloschen wäre, auf jeden Fall die Exekution unzulässig geworden.
Die beklagte Partei bestritt, daß die Voraussetzungen des § 16 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen gegeben seien. Der in Exekution gezogene Betrag aus dem Titel des Beitragsrückstands sei innerhalb der Zweijahresfrist mittels Exekution geltend gemacht worden. Der Kläger könne sich nicht dadurch der Zahlung entziehen, daß trotz Exekutionsführung bei ihm keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden worden seien, er den Ablauf der Zweijahresfrist abwarte, und sich dadurch einer finanziellen Verpflichtung entziehe.
Das Erstgeircht gab dem auf § 36 EO gestützten Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil und das dieser Entscheidung zugrundeliegende Verfahren ab Klagszustellung als nichtig auf und wies die auf § 36 EO gestützte Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück. Es stehe nicht für alle Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung aufgrund eines verwaltungsbehördlichen Exekutionstitels oder wie hier eines Rückstandsausweises eines Selbstverwaltungskörpers der Rechtsweg offen. Der Rechtsweg sei insbesondere dann unzulässig, wenn es um die sachliche Überprüfung eines solchen Exekutionstitels oder um die Richtigkeit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit gehe. Im vorliegenden Fall habe die Beklagte lange nach Ablauf der gemäß § 16 Abs.2 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen maßgeblichen Frist (15.7.1991) neuerlich einen Rückstandsausweis über die Beiträge des Klägers für das vierte Quartal 1991 ausgefertigt und diesen mit Vollstreckbarkeitsbestätigung versehen. Ob diese Vorgangsweise rechtmäßig sei, stelle eine Frage der materiellen Gesetzmäßigkeit und Richtigkeit des Rückstandsausweises dar, die im Verwaltungsweg entschieden werden müsse. Es könne daher auch dahingestellt bleiben, ob in der Bestimmung des § 16 Abs.2 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen ein Exekutionsverzicht zu erblicken sei.
Der Rekurs des Klägers ist nicht berechtigt
Rechtliche Beurteilung
Die Vollstreckung, d.i. die zwangsweise Durchsetzung von individuell festgesetzten Verpflichtungen, verwaltungsbehördlicher Bescheide durch das Gericht ist immer nach den gerichtlichen Verfahrensvorschriften zu vollziehen (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5 Rz 968, 970, 972, 981). Die Vollstreckung individueller Akte ist eine eigenständige Aufgabe der Vollziehung, die von der Kompetenz zur Sachentscheidung verschieden ist. Das Exekutionsverfahren setzt zwar eine Sachentscheidung voraus, ist aber nicht Fortsetzung des der Sachentscheidung vorangegangenen Verfahrens (Mayer, Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden im Vollstreckungsverfahren 107 f).
Die Fahrnisexekution wurde aufgrund eines Rückstandsausweises der Beklagten bewilligt, dessen Vollstreckbarkeit gemäß § 45 Abs.3 IngKG von der Beklagten bestätigt worden war. Nach heute herrschender Ansicht handelt es sich zwar bei der Vollstreckbarkeitsbestätigung einer Verwaltungsbehörde nicht um einen Bescheid, sondern um eine Beurkundung (VfSlg. 5725; VwSlg. 1098/A; Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze II 565; Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4 1119; Walter-Mayer aaO Rz 988). Diese Beurkundung ist für alle Exekutionsgerichte bindend (Heller-Berger-Stix4 207, 435). Nach § 7 Abs.4 EO sind Anträge auf Aufhebung einer gesetzwidrig oder irrtümlich erteilten Vollstreckbarkeitsbestätigung für einen der im § 1 Z 13 EO oder § 3 Abs.2 VVG genannten Exekutionstitel bei jener Stelle einzubringen, von der der Exekutionstitel ausgegangen ist. Über solche Anträge hat die Verwaltungsbehörde bescheidmäßig, wiederum die Gerichte bindend, abzusprechen (Ringhofer aaO; Hauer-Leukauf aaO; Walter-Mayer aaO Rz 1014). Für eine auf die angebliche Unrichtigkeit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit gestützte Impugnationsklage ist der Rechtsweg daher verschlossen (Heller-Berger-Stix4 aaO). Da der Kläger seine hilfsweise erhobenen Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung darauf stützt, daß die Vollstreckbarkeit des Titels schon zu jenem Zeitpunkt weggefallen sei, als die Beklagte die Vollstreckbarkeitsbestätigung erteilte, ist - sollte dies überhaupt einen Grund für die Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit bilden können - der Rechtsweg nach § 7 Abs.4 EO ausgeschlossen.
Der Kläger hat nicht ausdrücklich vorgebracht, daß die Beklagte auf die Exekution wegen des von ihr betriebenen Anspruchs verzichtet habe. Er hat aber die Bestimmung des § 16 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen zitiert, was man allenfalls als Tatsachenvorbringen bezüglich eines Exekutionsverzichtes werten könnte. Ein Exekutionsverzicht würde einen Impugnationsgrund bilden, der mit Rechtsgestaltungsklage nach § 36 EO geltend zu machen ist (Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht3 126; Petschek-Hämmerle-Ludwig, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht 83). Wie schon das Berufungsgericht richtig ausführte, erübrigt sich aber die Prüfung der Frage, ob in der Bestimmung des § 16 Abs.2 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen ein Exekutionsverzicht zu erblicken sei, weil der hier maßgebliche Rückstandsausweis lange nach Ablauf der im § 16 Abs.2 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen genannten Frist erlassen und mit Vollstreckbarkeitsbestätigung versehen wurde, die Beklagte es also in Kenntnis der genannten Bestimmung für richtig befunden hat, einen vollstreckbaren Exekutionstitel gegen den Kläger zu schaffen. Die Prüfung der materiellen Gesetzmäßigkeit und Richtigkeit des Rückstandsausweises muß aber im Verwaltungsweg erfolgen. Im übrigen stellt die Erklärung durch eine generelle Norm, daß ein bescheidmäßig festgestellter Anspruch nach Ablauf einer gewissen Frist nicht mehr vollstreckt werden darf, keinen Exekutionsverzicht dar (siehe 3 Ob 97/92).
Dem Rekurs ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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