Normen
AVG §58
AVG §58 Abs2
AVG §59
AVG §59 Abs1
AVG §60
AVG §68
B-VG Art133 Abs4
B-VG Art133 Abs6 Z1
VwGG §25a Abs4a
VwGG §26 Abs1 Z1
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGG §42 Abs2 Z3
VwGG §42 Abs2 Z3 litb
VwGG §42 Abs2 Z3 litc
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §29
VwGVG 2014 §29 Abs1
VwGVG 2014 §29 Abs2
VwGVG 2014 §29 Abs2a
VwGVG 2014 §29 Abs4
VwGVG 2014 §29 Abs5
VwGVG 2014 §48 Abs1
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019140558.L00
Spruch:
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Begründung
A. Verfahrensgang und angefochtene Entscheidungen
1 Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin sind miteinander verheiratet und die Eltern der minderjährigen Drittrevisionswerberin. Sie sind georgische Staatsangehörige.
2 Der Erstrevisionswerber stellte am 6. April 2015, die Zweit‑ und Drittrevisionswerberin am 5. August 2016 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Diese Anträge wurden zusammengefasst damit begründet, dass der Erstrevisionswerber in Tiflis ein Geschäft für Autoersatzteile betrieben habe. Ein Beamter der georgischen Finanzpolizei, der mit einem Konkurrenten des Erstrevisionswerbers verwandt sei, habe „dieses Geschäft“ beschlagnahmt. Dem Erstrevisionswerber sei eine große Menge Marihuana untergeschoben worden, weshalb er eine Gefängnisstrafe habe verbüßen müssen. Nach seiner Entlassung habe er versucht, sein Geschäft zurückzuerlangen, woraufhin er unter anderem von Polizisten bedroht und zusammengeschlagen worden sei. In der Folge sei ein Freund und Geschäftspartner, der sich in der gleichen Situation befunden habe, ermordet worden, sodass sich der Erstrevisionswerber zur Flucht entschieden habe. Er leide an Hepatitis A und C.
3 Mit den Bescheiden jeweils vom 28. Juni 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Anträge der Revisionswerber im zweiten Rechtsgang (erneut) ab, erteilte ihnen keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen die Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung nach Georgien zulässig sei. Es sprach aus, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe, und erkannte Beschwerden gegen diese Entscheidungen die aufschiebende Wirkung ab. Hinsichtlich des Erstrevisionswerbers sprach das BFA weiters aus, dass er das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 25. Oktober 2016 verloren habe.
4 Gegen diese Bescheide erhoben die Revisionswerber Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).
5 Dieses Gericht führte am 29. Oktober 2019 eine Verhandlung durch und verkündete an deren Ende die angefochtenen Erkenntnisse, mit denen es die Beschwerden jeweils als unbegründet abwies und die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG für jeweils nicht zulässig erklärte.
6 Die Erkenntnisse wurden über Antrag der Revisionswerber vom BVwG am 7. Jänner 2020 schriftlich ausgefertigt. In den Entscheidungsgründen der schriftlichen Ausfertigung hält das BVwG fest, dass nicht festgestellt werden könne, dass die Revisionswerber den von ihnen behaupteten Gefährdungen ausgesetzt gewesen seien und im Fall einer Rückkehr auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefahr ausgesetzt sein würden. Weiters könne nicht festgestellt werden, dass die Revisionswerber im Fall einer Rückkehr über keine Existenzgrundlage verfügten. Die Revisionswerber hätten ‑ so das BVwG auch mit näheren Ausführungen zu Verlauf und Behandelbarkeit von Hepatitis A und C ‑ keine Krankheiten, die nicht in Georgien behandelbar wären. Die Pflege und Obsorge der minderjährigen Drittrevisionswerberin sei durch ihre Eltern gesichert. Weiters legte das BVwG seine Erwägungen zum Privat‑ und Familienleben der Revisionswerber dar und kam zum Ergebnis, dass im Rahmen einer Gesamtabwägung die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung überwögen.
7 Gegen diese Erkenntnisse richten sich die vorliegenden außerordentlichen Revisionen. Sie bringen zu ihrer Zulässigkeit vor, dass die (in der Niederschrift über die mündliche Verkündung festgehaltene) Begründung des mündlich verkündeten Erkenntnisses wegen ihrer Lückenhaftigkeit eine Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof verhindere. Es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob eine ‑ wie hier ‑ vor Revisionserhebung ergehende schriftliche Ausfertigung eines mündlich verkündeten Erkenntnisses die Mängel der mündlichen Verkündung sanieren könne. Weiters weiche die schriftliche Ausfertigung im normativen Teil ‑ konkret: in der Nennung der angewendeten Rechtsvorschriften im Spruch ‑ von der mündlichen Verkündung ab. Schließlich sei auch die schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses unzureichend begründet, weil das BVwG keine eigenen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat der revisionswerbenden Parteien treffe, sondern lediglich auf jene des BFA verweise. Hätte sich das BVwG mit den Länderberichten, insbesondere im Hinblick auf die in Georgien weit verbreitete Korruption, und dem Beschwerdevorbringen auseinandergesetzt, so wäre es zum Ergebnis gekommen, dass diese miteinander in Einklang zu bringen seien, wodurch „bei Unterstellung der Glaubwürdigkeit der Revisionswerber wiederum ein anderes Verfahrensergebnis denkbar“ sei. Das BVwG habe sich nicht mit der Situation von Kindern, welche oft von Kinderarmut und Mangelernährung sowie der besorgniserregenden Lage hinsichtlich Kinderrechten betroffen seien, befasst sowie keine individuellen Feststellungen zum Verlauf und der Verlaufsprognose der Hepatitiserkrankung des Erstrevisionswerbers getroffen.
8 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat, nachdem der Verwaltungsgerichtshof das Vorverfahren eingeleitet hatte, keine Revisionsbeantwortung erstattet.
B. Die Revisionen erweisen sich als unzulässig.
1. Allgemeines
9 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
12 Zur Beurteilung, ob das Zulässigkeitsvorbringen in den Revisionen eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darlegt, ist vorab zu klären, ob die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Erkenntnisse im Revisionsverfahren allein an den bei deren mündlichen Verkündung mitgeteilten Gründen, oder (auch) an der schriftlichen Entscheidungsausfertigung zu messen ist.
2. Mündlich verkündete Erkenntnisse, denen (bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes) keine schriftliche Ausfertigung nachfolgt
13 2.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Rechtsprechung zu den Wirkungen der mündlichen Verkündung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung und den daraus zu ziehenden Konsequenzen für deren Bekämpfbarkeit im Beschluss vom 13. Oktober 2015, Fr 2015/03/0007, VwSlg. 19216 A, folgendermaßen zusammengefasst:
„Bezüglich der Erlassung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ist der Zustellung einer Entscheidung ihre mündliche Verkündung gleichzuhalten. Mit der mündlichen Verkündung wird die Entscheidung unabhängig von der in § 29 Abs. 4 VwGVG geforderten Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung rechtlich existent (insofern einschlägig etwa VwGH vom 23. November 2009, 2009/05/0139).
Dies korrespondiert der Regelung des § 26 Abs. 1 Z 1 VwGG, wonach die sechswöchige Revisionsfrist in den Fällen des Art 133 Abs. 6 Z 1 B‑VG dann, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung beginnt, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber nur mündlich verkündet wurde, jedoch mit dem Tag der Verkündung.
In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass vor dem Hintergrund des § 29 VwGVG keine Bedenken gegen die Möglichkeit der Anfechtung bereits des nur mündlich verkündeten Erkenntnisses bestehen (vgl. VwGH 15. Dezember 2014, Ro 2014/04/0068, samt den dort verwiesenen Erkenntnissen vom 21. Jänner 2009, 2007/21/0404, und vom 11. November 2010, 2008/20/0448, mwH; vgl. VfGH vom 20. Juni 2015, E 163/2014, unter Hinweis auf VwGH 15. Dezember 2014, Ro 2014/04/0068). Wird eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung nach der Verkündung schon vor Zustellung der Entscheidungsausfertigung beim Verwaltungsgerichtshof angefochten, ist das Revisionsrecht der revisionswerbenden Partei konsumiert und kann nach erfolgter Zustellung der Ausfertigung nicht nochmals ausgeübt werden (vgl idS VwGH 23. Februar 2000, 99/09/0240).
Für die Frage, ob und mit welchem Inhalt ein mündlicher Bescheid erlassen wurde, ist nicht die Ausfertigung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, sondern jene Urkunde entscheidend, die über den Entscheidungsinhalt und die Tatsache der Verkündung nach dem auch betreffend § 29 VwGVG einschlägigen § 62 Abs. 2 AVG angefertigt wurde (vgl. § 17 VwGVG; siehe dazu VwGH 26. Februar 2003, 2002/03/0158; VwGH 16. September 2009, 2008/09/0218, mwH). Dazu ist es insbesondere erforderlich, dass die gemäß § 62 Abs. 2 AVG zu erstellende Niederschrift nach den Regelungen des § 14 Abs. 5 AVG unterschrieben wird (vgl. idS VwGH vom 30. September 2010, 2007/09/0315 (VwSlg 17.968A/2010)).
Das Fehlen der Wiedergabe der Begründung der Entscheidung im Protokoll hat auf die Rechtsgültigkeit ihrer (wenn auch inhaltlich fehlerhaften) Erlassung durch mündliche Verkündung keinen Einfluss (vgl. VwGH 15. Dezember 2014, Ro 2014/04/0068, mwH; vgl idS etwa auch VwGH vom 19. September 2006, 2005/05/0258; VwGH vom 11. November 2010, 2008/20/0448). Enthält das verkündete Erkenntnis entgegen dem § 29 VwGVG keine Begründung (zur Begründungspflicht des Verwaltungsgerichtes vgl. etwa VwGH vom 15. Dezember 2014, Ro 2014/04/0068, mwH), ist die davon betroffene Partei allerdings an der entsprechenden Geltendmachung ihrer Rechte vor dem Verwaltungsgerichtshof behindert, worin ein wesentlicher Mangel des vom Verwaltungsgericht geführten Verfahrens erblickt werden kann (vgl. idS etwa VwGH vom 19. September 2006, 2005/05/0258); Gleiches gilt, wenn die Entscheidungsgründe im Verkündungsprotokoll bloß unter Verweis auf die schriftliche Ausfertigung bzw. grob lückenhaft ‑ d.h. insbesondere unter völliger Auslassung eines wesentlichen Begründungselementes (Feststellung des maßgebenden Sachverhalts, Beweiswürdigung, rechtliche Beurteilung, vgl. etwa VwGH vom 18. Februar 2015, Ra 2014/03/0045, mwH) ‑ dargestellt werden (vgl. dazu VwGH vom 15. Dezember 2014, Ro 2014/04/0068). Mit der Verkündung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung steht einer neuerlichen im Wesentlichen gleichen Entscheidung der Einwand der entschiedenen Sache entgegen (vgl. § 32 Abs. 1 Z 4 VwGVG; vgl. dazu auch VwGH 21. Jänner 1994, 93/09/0048). An die Verkündung dieser Entscheidung knüpft daher auch ihre Unwiderrufbarkeit an, weshalb die schriftliche Entscheidungsausfertigung nicht in einem wesentlichen Spruchelement von der verkündeten Entscheidung abweichen darf (vgl. idS VwGH vom 18. November 1998, 98/03/0207 (VwSlg 15.026 A/1998), VwGH vom 16. September 2009, 2008/09/0218).
Da vor diesem Hintergrund eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung bereits im Wege ihrer Verkündung erlassen wird, wird mit dieser Form der Erlassung der Entscheidung auch die behördliche Entscheidungsfrist gewahrt (VwGH vom 23. Juni 2015, Ro 2015/05/0011, mwH; vgl. VfGH vom 30. Juni 2015, E 1629/2014).
Nach § 29 Abs. 4 VwGVG ist jedenfalls eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtes zuzustellen. Damit besteht ein Anspruch der Partei auf Zustellung einer solchen Ausfertigung. Wird eine mündlich verkündete Entscheidung nicht innerhalb der Revisionsfrist beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft, steht dies der Erhebung einer Revision gegen die später zugestellte Ausfertigung nicht entgegen, zumal (wie erwähnt) die sechswöchige Revisionsfrist in den Fällen des Art 133 Abs. 6 Z 1 B‑VG dann, wenn das Erkenntnis dem Revisionswerber zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung beginnt (vgl. etwa VwGH vom 8. Mai 2008, 2006/06/0266, mwH).“
14 2.2. Gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG ist das Erkenntnis (nur) mit den „wesentlichen Entscheidungsgründen“ zu verkünden. Ob die Begründung in diesem Sinn ausreichend ist, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab und stellt nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG dar, wenn ‑ etwa durch das vollständige Fehlen einer Begründung, eine bloß formelhafte Scheinbegründung oder eine die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof verunmöglichende Lückenhaftigkeit ‑ die Rechtssicherheit beeinträchtigt ist (VwGH 30.6.2016, Ra 2016/21/0178, VwSlg. 19408 A).
15 In diesem Zusammenhang ist auch die mit der Novelle BGBl. I Nr. 24/2017 eingeführte Möglichkeit der Ausfertigung eines Erkenntnisses in gekürzter Form nach § 29 Abs. 5 VwGVG zu beachten. Voraussetzung dafür ist, dass auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof von den Parteien verzichtet oder nicht eine (volle) Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG beantragt wurde. Die Revision gegen ein mündlich verkündetes Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs. 4a VwGG nur zulässig, wenn ein solcher Antrag gestellt wurde. Daraus ist einerseits abzuleiten, dass die schriftliche (Voll‑)Ausfertigung und die darin aufzunehmende Begründung ‑ neben der Information der Parteien von den umfassenden Gründen ‑ vornehmlich der Überprüfbarkeit der Entscheidung durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts dienen sollen. Andererseits kann die mit dieser Gesetzesänderung offenbar beabsichtigte Entlastung der Verwaltungsgerichte (vgl. die Erläuterungen zur vergleichbaren Bestimmung des § 417a Zivilprozessordnung im Rahmen der Erweiterten Wertgrenzen‑Novelle 1989, 888 BlgNR 17. GP 20: „Rationalisierungsmaßnahme“) nur dann eintreten, wenn an die in der Niederschrift festgehaltene Begründung des mündlich verkündeten Erkenntnisses geringere Anforderungen gestellt werden als an die Begründung im Rahmen einer (vollen) schriftlichen Ausfertigung im Sinne des § 29 Abs. 4 VwGVG.
16 Entspricht die (in der Niederschrift über die mündliche Verkündung festgehaltene) Begründung eines verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses diesen Anforderungen, ergeht aber ‑ nunmehr: trotz Antrages gemäß § 29 Abs. 2a Z 1 iVm Abs. 5 VwGVG ‑ keine schriftliche Ausfertigung, so misst der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit der Entscheidung allein an den mündlich verkündeten Entscheidungsgründen (vgl. VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0191, mwN). Erfüllt sie diese Anforderungen jedoch nicht, indem sie etwa auf Begründungsausführungen in der schriftlichen Ausfertigung verweist, die jedoch in der Folge nicht vorliegt, so führt dies zur Aufhebung des Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG, weil die lückenhafte Darstellung der Entscheidungsgründe eine Überprüfung der angefochtenen Entscheidung verhindert (VwGH 15.12.2014, Ro 2014/04/0068; vgl. auch VwGH 16.1.2020, Ra 2019/21/0360; zum Fall einer ‑ trotz Antrages auf [vollständige] Ausfertigung gesetzwidrig erfolgten ‑ Anfertigung bloß einer gekürzten Ausfertigung vgl. VwGH 27.8.2020, Ra 2020/21/0269).
3. Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes
17 Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes vor der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz war ein bloß mündlich verkündeter Bescheid, der entgegen den gesetzlichen Vorgaben nicht innerhalb angemessener Frist schriftlich ausgefertigt wurde, uneingeschränkt an der in der Verhandlungs‑ bzw. Niederschrift vorgenommenen Beurkundung zu messen (VfSlg. 19.708/2012).
18 In seiner Judikatur zu Entscheidungen der Verwaltungsgerichte war der Verfassungsgerichtshof zunächst mit solchen Fällen befasst, in denen trotz Aufforderung oder Ankündigung (bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes) keine schriftliche Ausfertigung der mündlich verkündeten Erkenntnisse erfolgte. In diesem Zusammenhang sprach der Verfassungsgerichtshof zunächst aus, dass es jedenfalls den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung gerichtlicher Entscheidungen widerspreche, wenn sich die Begründung der Entscheidung weder aus der Niederschrift der mündlichen Verkündung noch aus einer schriftlichen Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG ergebe. Eine derart begründungslos ergangene Entscheidung sei einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof nicht zugänglich und daher mit Willkür belastet (VfSlg 20.267/2018; idS auch VfGH 11.6.2019, E 183/2019; 28.11.2019, E 3541/2019; jeweils unter Bezugnahme auf eine „(zeitnahe) schriftliche Ausfertigung“). Ergibt sich hingegen die Begründung der Entscheidung zwar nicht aus der Niederschrift der mündlichen Verkündung, wohl aber aus der schriftlichen Ausfertigung gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG, so widerspreche dies nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung gerichtlicher Entscheidungen. Die Entscheidung sei vielmehr ohne weiteres einer nachprüfenden Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof zugänglich und daher nicht mit Willkür belastet (VfSlg 20.321/2019, Punkt 4.2. der Entscheidungsgründe).
19 In der Folge sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses, die im Zuge des verfassungsgerichtlichen Vorverfahrens erfolge, den Mangel des Fehlens der wesentlichen Entscheidungsgründe in der mündlichen Verkündung nicht beseitigen könne (VfGH 13.12.2019, E 2855/2019 ua; 21.1.2020, E 3875/2019 ua). Zuletzt dehnte er diese Rechtsprechung ‑ offenbar in Abkehr von VfSlg. 20.321/2019 ‑ auch auf Fälle aus, in denen die schriftliche Ausfertigung noch vor Beschwerdeerhebung erfolgte (VfGH 9.6.2020, E 4424/2019: schriftliche Ausfertigung über sechs Monate nach Verkündung; VfGH 17.6.2020, E 370/2020: Zustellung der schriftlichen Ausfertigung zwölf Tage nach mündlicher Verkündung).
4. Fehlerhaft mündlich verkündete Erkenntnisse, denen eine schriftliche Ausfertigung nachfolgt
20 4.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu einem Fall, in dem die schriftliche Ausfertigung eines mündlich verkündeten Bescheides eines unabhängigen Verwaltungssenates erst nach Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erfolgte, festgehalten, dass es keiner Auseinandersetzung mit den behaupteten Begründungsmängeln des mündlich verkündeten Bescheides bedürfe, weil allfällige derartige Mängel durch die inzwischen erfolgte Zustellung der schriftlichen Bescheidausfertigung geheilt würden. Angesichts der vom Beschwerdeführer gegen diese schriftliche Bescheidausfertigung wahrgenommenen Rechtsschutzmöglichkeit der Ergänzung seiner Beschwerde sei er ‑ auch unter Bedachtnahme auf die Konsumation seines Beschwerderechtes durch die zulässige Beschwerdeerhebung gegen den mündlich verkündeten Bescheid ‑ durch die gerügten Begründungsmängel des mündlich verkündeten Bescheides zudem auch nicht mehr in den von ihm behaupteten Rechten verletzt und derartigen Verfahrensfehlern sei (durch die schriftliche Bescheidausfertigung) die Wesentlichkeit genommen (VwGH 6.3.1997, 95/09/0250). In der Folge wurde in diesem Sinn wiederholt im Fall von aufhebenden Entscheidungen ausdrücklich darauf abgestellt, dass der in einer unzureichenden Begründung gelegene Verfahrensmangel „bis zur vorliegenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes nicht geheilt worden ist“ (VwGH 22.1.2009, 2007/21/0404, VwSlg 17603 A; 11.11.2010, 2008/20/0448).
21 4.2. Daran ist auch für die Behandlung von Entscheidungen der Verwaltungsgerichte und dagegen erhobenen Revisionen festzuhalten. Die Nichteinhaltung der Bestimmungen über die mündliche Verkündung nach § 29 Abs. 2 VwGVG („mit den wesentlichen Entscheidungsgründen“), über die Begründung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen nach den §§ 58 und 60 AVG iVm § 17 VwGVG, und/oder über die Verpflichtung zur Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung nach § 29 Abs. 4 VwGVG stellt eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar. Für eine Aufhebung eines Erkenntnisses oder Beschlusses wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften ist es nach § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG weiterhin erforderlich, dass (nunmehr:) das Verwaltungsgericht bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschriften zu einem anderen Erkenntnis oder Beschluss hätte kommen können, es muss also die „Relevanz“ des Verfahrensfehlers vorliegen.
22 Der Revisionswerber hat die Entscheidungswesentlichkeit des Mangels konkret zu behaupten. Er darf sich nicht darauf beschränken, einen Verfahrensmangel (nur) zu rügen, ohne die Relevanz für den Verfahrensausgang durch ein konkretes tatsächliches Vorbringen aufzuzeigen (VwGH 11.5.2017, Ro 2014/08/0021, mwN).
23 In der Regel wird die Relevanz von Mängeln der Begründung der mündlich verkündeten Entscheidung wegfallen, wenn eine schriftliche Ausfertigung vorliegt, die diese Mängel behebt. Es ist nämlich zu erwarten, dass bei Einhaltung der verletzten Vorschrift (wenn also die Richterin oder der Richter die wesentlichen Entscheidungsgründe iSd § 29 Abs. 2 VwGVG verkündet hätte), sie oder er gerade jene Begründung (zusammengefasst) mitgeteilt hätte, die der von ihr oder ihm verfassten schriftlichen Ausfertigung zugrunde liegt.
24 Eine Aufhebung des Erkenntnisses würde in einer solchen Konstellation bei unveränderter Sach‑ und Rechtslage typischerweise dazu führen, dass das Verwaltungsgericht ‑ ohne weitere Verhandlung und damit auch ohne mündliche Verkündung ‑ unmittelbar erneut ein Erkenntnis erlässt, das der ursprünglichen schriftlichen Ausfertigung entspricht. Der Revisionswerber könnte dieses daraufhin wiederum nur mit einer Argumentation bekämpfen, die er bereits in der Revision gegen das ursprüngliche Erkenntnis ausgeführt hat oder ausführen hätte können. Es käme also insgesamt lediglich zu einer Verlängerung der Verfahrensdauer samt erhöhtem Aufwand für alle Beteiligten, ohne dass damit eine Verbesserung des Rechtsschutzes verbunden wäre.
25 Lediglich in Ausnahmefällen wird ohne Bedachtnahme auf den näheren Inhalt der schriftlichen Ausfertigung davon auszugehen sein, dass ein für das Ergebnis des Verfahrens relevanter Verfahrensmangel gegeben ist. Wenn etwa zwischen der Verkündung der Entscheidung und ihrer schriftlichen Ausfertigung ein Richter‑ bzw. Besetzungswechsel stattgefunden hat und dem Protokoll über die mündliche Verkündung gar keine Entscheidungsgründe entnommen werden können, kann nicht mehr überprüft werden, ob der die schriftliche Ausfertigung unterfertigende („neue“) Richter zusätzliche Begründungselemente anführt, die ohne seine Teilnahme an der Verhandlung auch einen Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz gemäß § 48 Abs. 1 VwGVG bedeuten würden (zur Aufhebung des Erkenntnisses aus diesem Grund vgl. VwGH 26.2.2020, Ra 2019/09/0154).
26 4.3. Ein Begründungsmangel führt jedenfalls dann zu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in weiterer Folge zur Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof, wenn er derart grob ist, sodass er entweder die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert (vgl. VwGH 14.9.2015, Ra 2014/17/0009, 0010). Dieser Aspekt eines solcherart eklatanten Begründungsmangels fällt aber dann weg, wenn ‑ wie im vorliegenden Verfahren ‑ die schriftliche Ausfertigung des bekämpften Erkenntnisses oder Beschlusses zeitlich vor der Erhebung der Revision zugestellt wird (so bereits im Ergebnis VwGH 19.4.2016, Ra 2016/11/0033; vgl. idS noch VfSlg 20.321/2019, Punkt 4.2. der Entscheidungsgründe). In diesem Fall steht dem Revisionswerber auch die volle Revisionsfrist nach Vorliegen der schriftlichen Ausfertigung zur Verfügung, weil diese nach § 26 Abs. 1 Z 1 VwGG mit der Zustellung des Erkenntnisses beginnt.
27 4.4. Im Ergebnis wird selbst eine erst nach Revisionserhebung ‑ aber vor Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof ‑ zugestellte schriftliche Ausfertigung für das Revisionsverfahren beachtlich sein und insofern allfälligen Mängeln der mündlich verkündeten Begründung die Wesentlichkeit nehmen. Ein Revisionswerber ist zwar aufgrund der Konsumation des Revisionsrechtes gehindert, nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung eines mündlichen verkündeten Erkenntnisses eine weitere (zweite) Revision einzubringen (VwGH 27.6.2016, Ra 2016/11/0059, 0068; 21.11.2017, Ra 2017/03/0082). Es ist ihm jedoch möglich, eine Revisionsergänzung vorzunehmen (vgl. die oben zitierten Ausführungen in VwGH 6.3.1997, 95/09/0250, zum Beschwerdeverfahren).
28 Soweit eine solche Revisionsergänzung auch die Begründung der Zulässigkeit der Revision betrifft, steht ihr in diesem Fall auch nicht jene Judikatur (etwa VwGH 30.10.2018, Ra 2017/05/0111, Rn 11) entgegen, wonach ein in einem erst nach Ablauf der Revisionsfrist eingebrachten Schriftsatz erstattetes (ergänzendes) Vorbringen bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht zu berücksichtigen ist. Denn es bildet die mündliche Verkündung des Erkenntnisses mit seiner schriftlichen Ausfertigung eine Einheit (VwGH 26.2.2020, Ra 2019/09/0154, unter Bezugnahme auf VwGH 29.5.1996, 93/13/0255). Ergibt sich daher erst durch die schriftliche Ausfertigung und die darin hervorkommende Begründung des angefochtenen Erkenntnisses die Zulässigkeit der Revision, so bezieht sich diese zwar auf das Erkenntnis als solches, wird aber erst nachträglich offenbar. In einem solchen Fall muss es dem Revisionswerber auch möglich sein, die Revisionszulässigkeit im Nachhinein, also ‑ unter der Voraussetzung der rechtzeitigen Erhebung der Revision ‑ auch nach Ablauf der Revisionsfrist, aufzuzeigen (idS zu vergleichbaren Konstellationen, in denen die Revision etwa infolge der ex‑tunc‑Wirkung der Aufhebung einer anderen Entscheidung nachträglich zulässig werden kann, vgl. VwGH 25.6.2016, Ra 2015/12/0032, Rn 44; VwGH 21.11.2017, Ra 2017/12/0082, Rn 39f).
5. Abweichungen zwischen mündlich verkündeten Erkenntnissen und schriftlicher Ausfertigung
29 Wenn das Verwaltungsgericht vom mündlich verkündeten Spruch des Erkenntnisses abweicht und der schriftlichen Ausfertigung einen anderen normativen Inhalt verleiht als der mündlich verkündeten Entscheidung, liegt schon wegen des Verstoßes gegen das Prinzip der Unwiederholbarkeit und Unabänderlichkeit (res iudicata) eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes vor (VwGH 23.11.2016, Ra 2015/04/0039; 28.2.2017, Ra 2016/01/0164, 0165; 15.4.2019, Ra 2018/16/0209; 4.5.2020, Ra 2019/16/0214, in diesem Sinne auch VfGH 11.6.2019, E 671/2019).
30 Eine Änderung wesentlicher Spruchelemente liegt allerdings nicht vor, wenn die schriftliche Ausfertigung bloß formell etwas abweichend von der mündlich verkündeten Entscheidung formuliert ist, der normative Inhalt der ausgefertigten Fassung aber mit jenem der mündlich verkündeten übereinstimmt (VwGH 15.4.2019, Ra 2018/16/0209; 4.5.2020, Ra 2019/16/0214).
31 Weicht wiederum die Begründung der schriftlichen Ausfertigung in einem wesentlichen Punkt von jener ab, die in der Niederschrift zur mündlichen Verkündung dokumentiert ist, sodass nicht nachvollzogen werden kann, welche tragenden Überlegungen tatsächlich für die getroffene Entscheidung ausschlaggebend waren, so liegt ein relevanter Begründungsmangel der angefochtenen Entscheidung vor (VwGH 3.10.2016, Ra 2016/02/0160, mwN). Demgegenüber liegt allein in einer lediglich ausführlicheren (und nicht der mündlichen Verkündung widersprechenden) Begründung in der schriftlichen Ausfertigung kein Begründungsmangel (VwGH 13.2.2020, Ra 2019/19/0398).
6. Zulässigkeit der vorliegenden Revisionen
32 6.1. Die schriftliche Ausfertigung der bekämpften Erkenntnisse wurde den Vertretern der Revisionswerber zugestellt, bevor die Revisionen erhoben wurden. Das Revisionsvorbringen, wonach trotz Vorliegens der schriftlichen Entscheidungsausfertigung lediglich die mündliche verkündete Entscheidung samt deren protokollierte Begründung maßgeblich sei, trifft nach dem oben Gesagten nicht zu. Den Revisionen gelingt es im Hinblick darauf nicht, eine Relevanz jener Begründungsmängel („Lückenhaftigkeit“) dazulegen, die sie ausschließlich den mündlich verkündeten Entscheidungsgründen anlasten.
33 6.2. Die in den Revisionen aufgezeigte Abweichung des Spruchs der verkündeten Erkenntnisse von der schriftlichen Ausfertigung beschränkt sich auf Unterschiede in der Angabe der angewendeten Rechtsvorschriften (zusätzliche Anführung des § 13 AsylG 2005 in der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses betreffend den Erstrevisionswerber; Anführung von Fundstelle und Fassung des FPG mit „BGBl 100/2005 idgF“ in der mündlichen Verkündung, jedoch nur „BGBl 100/2005“ in der schriftlichen Ausfertigung betreffend den Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin). Eine normative Veränderung der Entscheidung ist damit jedoch nicht verbunden, sodass mit dem darauf Bezug nehmenden Vorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wird. Im Übrigen würde selbst das Unterbleiben der Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen im Spruch der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (iSd § 59 AVG iVm § 17 VwGVG) nicht zur Aufhebung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung führen, wenn deren Begründung ‑ wie hier ‑ eindeutig erkennen lässt, auf welche Vorschriften sie sich stützt (VwGH 14.11.2019, Ra 2019/22/0214, mwN).
34 6.3. Die Revisionen weisen zwar zutreffend darauf hin, dass das BVwG auch in der schriftlichen Ausfertigung der Erkenntnisse keine Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat getroffen, sondern insofern auf den Bescheid der belangten Behörde verwiesen hat, und nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Fällen, in denen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat nicht einmal in den wesentlichen Punkten wiedergegeben werden, sondern zur Gänze fehlten, ein Begründungsmangel vorliegt (VwGH 19.4.2018, Ra 2017/20/0491, mwN). Mit dem bloßen Hinweis darauf, dass bei einer Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen vor dem Hintergrund der Feststellungen der belangten Behörde ein anderes Verfahrensergebnis denkbar wäre, wird die Relevanz desselben jedoch nicht dargetan.
35 6.4. Schließlich lassen die Revisionen auch mit dem Vorbringen, es fehlten eine Auseinandersetzung mit der Situation von Kindern sowie individuelle Feststellungen zum Verlauf und der Verlaufsprognose der Hepatitiserkrankung des Erstrevisionswerbers, eine Darlegung vermissen, welche Feststellungen ‑ über die vom Verwaltungsgericht getroffenen hinaus ‑ bei Vermeidung dieser Verfahrensmängel zu treffen gewesen wären (zu den Anforderungen an die Geltendmachung von Feststellungsmängeln vgl. etwa VwGH 26.2.2020, Ra 2020/20/0049, mwN).
7. Ergebnis
36 In den Revisionen werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ‑ in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat ‑ in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am 23. September 2020
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