Normen
AVG §52;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art144;
DPL NÖ 1972 §31 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2;
VwGG §42 Abs3;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017120082.L00
Spruch:
I. den Beschluss gefasst:
Soweit sich die Revision gegen die im angefochtenen Erkenntnis vorgenommene Feststellung des Entfalls der Bezüge für den Zeitraum vom 14. Juli 2016 bis 30. Oktober 2016 richtet, wird sie zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
In Ansehung der Feststellung des Entfalls der Bezüge für den Zeitraum vom 31. Oktober 2016 bis 4. Dezember 2016 wird das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Niederösterreich hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich.
2 Zur Vorgeschichte wird auch auf VwGH, 13.9.2017, Ra 2017/12/0003, verwiesen.
3 Insbesondere wurde dem Revisionswerber mit Schreiben der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Juni 2016 u. a. folgende Weisung erteilt:
"3. Sie haben jede weitere krankheitsbedingte
Dienstverhinderung durch ein entsprechendes amtsärztliches Gutachten der Amtsärzte der Abteilung Gesundheitswesen beim Amt der NÖ Landesregierung (Haus 15b, Zimmer 314) ab dem ersten Tag der Dienstverhinderung nachzuweisen. Sollten Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sein, den Amtsarzt persönlich aufzusuchen, ist eine Bestätigung der ‚Transportunfähigkeit' von Ihrem Arzt (Hausarzt, Facharzt,...) vorzulegen."
4 Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 21. November 2016 wurde in Erledigung einer Beschwerde des Revisionswerbers (u.a.) festgestellt, dass in Ansehung der oben wiedergegebenen Weisung Befolgungspflicht bestehe.
5 Mit dem vorzitierten hg. Erkenntnis vom 13. September 2017 wurde die eben erwähnte im Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 21. November 2016 getroffene Feststellung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben. Auf die Entscheidungsgründe dieses aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.
6 Der Revisionswerber war seit 14. Juli 2016 vom Dienst abwesend. In seiner Krankmeldung berief er sich auf seinen psychischen Zustand als Ursache der Dienstverhinderung.
7 Die Dienstbehörde veranlasste die Einholung eines Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie sowie psychotherapeutische Medizin, Dr. B, zur Abklärung der medizinischen Seite der Dienstfähigkeit des Revisionswerbers. In einem am 12. Oktober 2016 erstatteten Gutachten gelangte Dr. B - zusammengefasst - zur Auffassung, dass der psychische Zustand des Revisionswerbers seiner Dienstfähigkeit nicht entgegen stehe. In diese Beurteilung flossen auch die vom Revisionswerber dem Sachverständigen im Zuge der Anamnese geschilderten Schlafstörungen mit ein.
8 Am 31. Oktober 2016 stützte der Revisionswerber im Zuge einer weiteren "Krankmeldung" seine fortgesetzte Abwesenheit vom Dienst (zusätzlich) auf eine erlittene Prellung seines rechten Unterarmes.
9 Mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 28. November 2016 wurde festgestellt, dass der Revisionswerber "im Zeitraum vom 14. Juli 2016 bis zu seinem neuerlichen Dienstantritt oder bis zur Befolgung der Weisung zur amtsärztlichen Untersuchung" den Anspruch auf Bezüge und Nebengebühren verloren habe.
10 In Ansehung des Zeitraumes vom 14. Juli 2016 bis 30. Oktober 2016 stützte die Dienstbehörde ihre Beurteilung im Wesentlichen auf das erwähnte Gutachten des Sachverständigen Dr. B. In Ansehung des Zeitraumes ab dem 31. Oktober 2016 gründete die Niederösterreichische Landesregierung ihre Feststellung betreffend den Entfall der Bezüge darauf, dass es der Revisionswerber entgegen der ihm am 20. Juni 2016 erteilten Weisung unterlassen habe, seine krankheitsbedingte Dienstabwesenheit infolge Prellung des rechten Unterarmes durch ein amtsärztliches Sachverständigengutachten zu rechtfertigen.
11 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, über welche am 10. Mai 2017 eine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, in welcher der Sachverständige sein Gutachten, insbesondere betreffend die Auswirkung von Schlafstörungen auf den Gesundheitszustand des Revisionswerbers, mündlich erörterte.
12 In der Verhandlung beantragte der Vertreter des Revisionswerbers die Einholung eines (weiteren) Gutachtens aus dem "neurologischen psychiatrischen Bereich", weil "Dr. B seiner Funktion nicht ausreichend gerecht worden sei, da er zu den Schlafstörungen keine ausreichende Befundung und Begutachtung durchgeführt" habe.
13 Ohne diesem Beweisantrag nachzukommen wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 10. Mai 2017 die Beschwerde des Revisionswerbers ab und bestätigte den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe, dass die verfügte Einstellung der Bezüge und Nebengebühren mit 4. Dezember 2016 geendet habe.
14 Es sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
15 In Ansehung des Zeitraumes vom 14. Juli 2016 bis 30. Oktober 2016 ging das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich - gestützt auf das Gutachten Dris. B - davon aus, dass der Revisionswerber dienstfähig gewesen sei. Auf die gegenteilige Krankenstandsbestätigung seiner behandelnden Ärzte habe er nicht vertrauen dürfen, weil ein und derselbe psychische Zustand auch schon zuvor von Dr. B in einem Gutachten vom 10. Dezember 2015 dahingehend beurteilt worden sei, dass er der Dienstfähigkeit nicht entgegen stehe. Diese Begutachtung sei dem Revisionswerber durch die Dienstbehörde schon vor dem 14. Juli 2016 zur Kenntnis gebracht worden.
16 Zur Schlüssigkeit des Gutachtens Dris. B führte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich Folgendes aus:
"Der Beschwerdeführer behauptet im Wesentlichen mangelnde Schlüssigkeit des Gutachtens vom 12. Oktober 2016, insbesondere eine falsche Beurteilung der Schlafstörungen des Beschwerdeführers, ohne diesem Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten. Der Sachverständige hat in seiner öffentlich mündlichen Befragung sämtliche Fragen nachvollziehbar mit dem Ergebnis beantwortet, dass die im Gutachten beschriebene Anamnese - auch hinsichtlich der Schlafstörungen - den Angaben des Beschwerdeführers zum Untersuchungszeitpunkt für den Beurteilungszeitraum entspricht. Weiters führte er aus, dass selbst unter der Annahme eines höheren als dem bei der Untersuchung vom Beschwerdeführer berichteten Ausmaßes an Schlafstörungen die medizinische Beurteilung im Ergebnis keine andere gewesen wäre.
Die vom Sachverständigen bei der Aufnahme des Befundes anzuwendende Methode unterliegt nicht der Disposition der Parteien des Verwaltungsverfahrens, sondern hängt ausschließlich von objektiven fachlichen Gesichtspunkten ab (VwGH 20.05.2009, 2008/12/0114). Insoweit geht auch die Kritik des Beschwerdeführers an der Methode des Gutachters ins Leere.
Vor diesem Hintergrund erscheint das bescheidtragende Gutachten nicht nur in seinen Schlussfolgerungen nachvollziehbar, sondern darüber hinaus in seinen Sachverhaltsannahmen als nicht substantiiert bestritten. Damit steht die Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers im hier relevanten Zeitraum objektiv fest."
17 Für den Zeitraum vom 31. Oktober 2016 bis 4. Dezember 2016 ging das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich davon aus, dass der Revisionswerber eine zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung im Verständnis des § 31 Abs. 2 der Dienstpragmatik der niederösterreichischen Landesbeamten 1972, LGBl. 2200 (im Folgenden: DPL 1972), verweigert habe. Mit der ihm erteilten Weisung vom 20. Juni 2016 sei ihm nämlich aufgetragen worden, schon am ersten Tag einer krankheitsbedingten Dienstverhinderung von sich aus die Einholung eines amtsärztlichen Sachverständigengutachtens zu veranlassen. Auf Grund des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 21. November 2016 stehe rechtskräftig fest, dass in Ansehung der zitierten Weisung Befolgungspflicht bestehe.
18 Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil das vorliegende Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche, noch es an einer solchen Rechtsprechung fehle. Schließlich sei die bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
19 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die am 20. Juli 2017 erhobene außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Revisionswerber macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Erkenntnisses sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, es aus diesen Gründen aufzuheben; nicht bekämpft werde die Begrenzung der Feststellungswirkung mit 4. Dezember 2016.
20 Die Niederösterreichische Landesregierung erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher die Zurückweisung der Revision, hilfsweise deren Abweisung als unbegründet beantragt wird.
21 Zur maßgeblichen Rechtslage wird in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf deren Wiedergabe in dem bereits mehrfach zitierten hg. Erkenntnis vom 13. September 2017 verwiesen.
22 Bei der hier mit dem angefochtenen Erkenntnis vorgenommenen Feststellung des Entfalles von Bezügen und Nebengebühren handelt es sich um einen zeitraumbezogenen Abspruch, welcher insofern auch teilbar ist. Dies hat auch zur Folge, dass die Zulässigkeit der Revision in Ansehung eines Teilzeitraumes nicht die Zulässigkeit derselben in Ansehung anderer Teilzeiträume begründet, in denen die ins Treffen geführte grundsätzliche Rechtsfrage keine Rolle spielt.
I. Zur Zulässigkeit der Revision, soweit sie sich auf den Zeitraum vom 14. Juli 2016 bis 30. Oktober 2016 bezieht:
23 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
24 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
25 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
26 In Ansehung des unter I. genannten Teilzeitraumes ging das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vom Vorliegen der Dienstfähigkeit des Revisionswerbers aus. In diesem Zusammenhang spielen somit Zulassungsgründe, die mit der Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der Weisung vom 20. Juni 2016 zusammenhängen, keine Rolle.
27 Auf diesen Teilzeitraum bezieht sich lediglich folgender Teil der Zulassungsbegründung:
"Ich habe eine Ergänzung des Sachverständigenbeweises in der mündlichen Verhandlung im Hinblick darauf beantragt, dass erst in dieser Verhandlung eine wesentliche Sachverständigenaussage getätigt wurde, die offensichtlich - auch ausgehend von der allgemeinen Lebenserfahrung - falsch ist. Der Sachverständige hatte nämlich behauptet, dass auch bei Vorhandensein von Schlafstörungen, die er seiner Begutachtung nicht zugrunde gelegt hatte, diese nicht anders ausgefallen wäre. Er hat hierbei keinerlei Begrenzung bezüglich des Ausmaßes der Schlafstörungen zum Ausdruck gebracht und sich zu deren Auswirkungen nicht geäußert. Ich konnte selbstverständlich nicht quasi auf Vorrat einen eigenen Sachverständigen bei der Verhandlung mithaben, dennoch wird vom Landesverwaltungsgericht argumentiert, dass ich dem Sachverständigengutachten nicht mit eigenen Ausführungen entgegengetreten bin und dass meinem bezughabenden Beweisantrag nicht Folge zu geben war."
28 Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass der Revisionswerber keine Gutachtensergänzung, sondern die Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens beantragt hat.
29 Im Falle des Vorliegens eines schlüssigen Sachverständigengutachtens ist die Einholung eines weiteren Gutachtens aus demselben Fachgebiet in aller Regel nicht geboten. Wie das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zutreffend ausführte, kann einem schlüssigen Sachverständigengutachten lediglich mit einem fachlich fundierten Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten werden (VwGH 16.2.2017, Ra 2016/05/0026).
30 Vorliegendenfalls hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich das Gutachten Dris. B unter Berücksichtigung seiner Ergänzung in der mündlichen Verhandlung als schlüssig qualifiziert. Ob ein Gutachten in seiner konkreten Ausgestaltung zu Recht als schlüssig qualifiziert wurde, stellt keine grundsätzliche Rechtsfrage, sondern eine einzelfallbezogene Beurteilung dar, welche jedenfalls dann keine Zulässigkeit der Revision begründet, wenn sie zumindest vertretbar ist.
31 In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass es nach den Entscheidungsgründen des angefochtenen Erkenntnisses auf die Schlüssigkeit der - nach Auffassung des Revisionswerbers offenkundig falschen - Annahme des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung, wonach seine Beurteilung der Dienstfähigkeit auch dann zutreffend wäre, wenn die Schlafstörungen das im schriftlichen Gutachten angenommene Ausmaß überstiegen hätten, gar nicht ankommt. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ist nämlich - von der Zulassungsbegründung unbekämpft - davon ausgegangen, dass der Sachverständige seiner Begutachtung ohnedies Schlafstörungen in dem vom Revisionswerber in der Anamnese geschilderten Umfang zu Grunde gelegt hat.
32 Vor diesem Hintergrund kann die Beurteilung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich, das Gutachten sei hinsichtlich der entscheidungswesentlichen Fragen schlüssig, jedenfalls nicht als unvertretbar qualifiziert werden und wirft daher - unabhängig von ihrer Richtigkeit in jeder Hinsicht - keine grundsätzliche Rechtsfrage im Verständnis des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf.
33 Soweit das Zulassungsvorbringen in diesem Zusammenhang offenbar davon ausgeht, dass das (allfällige) Erfordernis der Vorlage eines Privatgutachtens sich erst auf Grund der mündlichen Erörterungen des Gutachtens durch den Sachverständigen Dr. B in der mündlichen Verhandlung ergeben habe, ist ihm - unvorgreiflich der Frage der Richtigkeit dieser Auffassung - jedenfalls entgegenzuhalten, dass es dem Revisionswerber freigestanden wäre, eine Erstreckung der mündlichen Verhandlung zur Vorlage eines Privatgutachtens zu beantragen. Der hier vom Revisionswerber gestellte Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens eines vom Gericht zu bestellenden Sachverständigen ist davon zu unterscheiden.
34 Aus diesen Erwägungen war die Revision, soweit sie sich gegen die auf den unter I. genannten Zeitraum bezogene Feststellung richtet, in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
II. Zur Revision gegen die Feststellung, soweit sie sich auf den Zeitraum zwischen dem 31. Oktober und dem 4. Dezember 2016 bezieht:
35 Bezugnehmend auf diesen Zeitraum wirft die Zulassungsbegründung die Frage auf, ob die Missachtung einer Weisung, welche nicht nur rechtswidrig sei, sondern - bei richtiger rechtlicher Beurteilung - auch keine Befolgungspflicht auslöse, eine "Verweigerung einer zumutbaren Teilnahme an einer ärztlichen Untersuchung" im Verständnis des § 31 Abs. 2 DPL 1972 darstellen könne. Zwar habe das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich in seinem Erkenntnis vom 21. November 2016 festgestellt, dass der Revisionswerber die in Rede stehende Weisung zu befolgen habe. Der Revisionswerber habe dieses Erkenntnis aber vor dem Verwaltungsgerichtshof mit Revision angefochten und gehe davon aus, dass die Feststellungswirkung des Erkenntnisses vom 21. November 2016 noch vor Entscheidung über die hier gegenständliche Revision beseitigt werde.
36 Im Hinblick auf das Zutreffen der diesbezüglichen "Prognose" der Revision infolge des zwischenzeitlichen Ergehens des bereits mehrfach zitierten hg. Erkenntnisses vom 13. September 2017 zeigt dieses Vorbringen die Zulässigkeit, aber auch die inhaltliche Berechtigung der Revision, soweit sie sich auf den unter II. genannten Zeitraum bezieht, auf:
37 Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ist im vorliegenden Erkenntnis ausschließlich deshalb von einer Wirksamkeit der vom Revisionswerber missachteten Weisung vom 20. Juni 2016 ausgegangen, weil das im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses dem Rechtsbestand angehörige Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 21. November 2016 die Befolgungspflicht der in Rede stehenden Weisung rechtskräftig festgestellt hatte.
38 Die Rückwirkung der Aufhebung des zuletzt genannten Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich durch den Verwaltungsgerichtshof wäre im Rahmen eines Verfahrens über eine zulässige Revision jedenfalls zu beachten (vgl. VwGH 25.5.2016, Ra 2015/12/0032, Rn 43).
39 Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem zuletzt zitierten Erkenntnis im Zusammenhang mit einer Erkenntnisaufhebung durch den Verfassungsgerichtshof ausführte, kann hiedurch eine Revision nachträglich zulässig werden, wenn sich als Folge dieser Rückwirkung erstmals eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auftut, welche der Revisionswerber - sei es auch im Nachhinein - gesondert als Zulässigkeitsgrund umschreibt (VwGH a.a.O., Rn 44).
40 Diese Zulassungsvoraussetzung ist auch in einem Fall wie dem vorliegenden gegeben, wenn der Revisionswerber im Zulassungsvorbringen auf die Anhängigkeit des Revisionsverfahrens betreffend das Bindungswirkung entfaltende Erkenntnis hinweist und jene grundsätzliche Rechtsfrage umschreibt, welche sich im Falle einer Stattgebung der bereits anhängigen Revision für den nunmehr anhängig gemachten Revisionsfall ergibt, was hier geschehen ist. In diesem Fall ist eine nachträgliche Geltendmachung der tatsächlichen Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof als Zulassungsgrund nicht erforderlich.
41 Wie sich aus dem bereits mehrfach zitierten hg. Erkenntnis vom 13. September 2017 ergibt, entfaltete die hier gegenständliche Weisung keine Befolgungspflicht bzw. Wirksamkeit. Vor diesem Hintergrund konnte ihre Nichtbefolgung aber auch keine Weigerung der Teilnahme an einer zumutbaren ärztlichen Untersuchung darstellen, weil dieser Tatbestand ausschließlich auf wirksame Anordnungen der Dienstbehörde im Verständnis des § 36 Abs. 2 DPL 1972 abstellt. Eine solche lag aber - wie sich aus den Entscheidungsgründen des Erkenntnisses vom 13. September 2017 ergibt - nicht vor.
42 Soweit sich das angefochtene Erkenntnis auf den unter II. genannten Zeitraum bezog, war es daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
43 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 50 VwGG im Zusammenhang mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.
Wien, am 21. November 2017
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