VwGH 2008/09/0218

VwGH2008/09/021816.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des BOL Dipl.Päd. R W in R, vertreten durch Dr. Erhard Hackl, Dr. Karl Hatak und Mag. Markus Weixlbaumer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Hofgasse 7, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Landeslehrer für Berufsschulen beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 5. Juni 2008, Zl. BGD-010399/4-2008-Zei/Obe, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe, zu Recht erkannt:

Normen

LDG 1984 §29 Abs2;
LDG 1984 §70 Abs1 Z3;
LDG 1984 §71 Abs1;
LDG 1984 §73 Abs1;
LDG 1984 §94a Abs3 Z5;
VwGG §42 Abs2 Z1;
LDG 1984 §29 Abs2;
LDG 1984 §70 Abs1 Z3;
LDG 1984 §71 Abs1;
LDG 1984 §73 Abs1;
LDG 1984 §94a Abs3 Z5;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Strafausspruch wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen, das heißt hinsichtlich des Schuldspruches, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Disziplinaranzeige des Landesschulrates für Oberösterreich vom 9. August 2007 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe am 26. Juni 2007 um 20:21 Uhr an der Berufsschule XY in R seinem Kollegen A. 10,-- EUR von seinem Schreibtisch im Konferenzzimmer entwendet und dadurch gegen seine allgemeinen Dienstpflichten im Sinn des § 29 Abs. 1 und 2 LDG 1984 verstoßen.

Mit Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss vom 24. September 2007 wurde wegen dieser Dienstpflichtverletzungen das Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet und die mündliche Verhandlung anberaumt.

Nach dem Inhalt des darüber aufgenommenen Protokolls wurde im Anschluss an die von der Disziplinarkommission durchgeführte mündliche Verhandlung das Disziplinarerkenntnis mündlich wie folgt verkündet:

"Die Kommission kam zu dem Schluss, dass (der Beschwerdeführer) für schuldig befunden wird, am 26.6.2007 vom Schreibtisch von Herrn (A.) im Konferenzzimmer der Berufsschule XY in R EUR 10,-- entwendet zu haben.

Es wird eine Disziplinarstrafe in Form einer Geldstrafe von EUR 7.000,-- verhängt.

Erschwerend wirkten sich aus: die angespannte Situation in der Kollegenschaft an der Schule, der Missbrauch des Vertrauens der Kollegenschaft sowie die lange Zeit, die nicht zur Wiedergutmachung der Wegnahme genutzt wurde.

Als mildernd wirkten sich aus: die Unbescholtenheit von Herrn (Beschwerdeführer), seine physische und psychischen Einschränkungen sowie die Tatsache, dass er sich sofort einer Behandlung unterzogen hat."

In der schriftlichen Ausfertigung dieses Disziplinarerkenntnisses erster Instanz vom 26. November 2007 lautete der Spruch wie folgt:

"1. Herr (der Beschwerdeführer) ist schuldig, seine Dienstpflichten verletzt zu haben, indem er am 26.06.2007 um 20:21 Uhr im Konferenzzimmer der Berufsschule XY in R seinem Kollegen (A.) zwei 5-Euro Scheine, die dieser auf seinem Tisch liegen hatte, entwendet hat.

Rechtsgrundlagen der Entscheidung:

§ 29 Abs 1 und 2 Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 (LDG), BGBl 302/1984, in Verbindung mit § 2 Schulorganisationsgesetz 1962 (SchOG), BGBl 242/1962, und § 17 Schulunterrichtsgesetz 1986 (SchUG), BGBl I 1986/472, in der jeweils geltenden Fassung.

2. Über (den Beschwerdeführer) wird eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 7.000,-- (in Worten: Euro siebentausend) als Disziplinarstrafe verhängt.

Rechtsgrundlage der Entscheidung:

§ 70 Abs 1 Z 3 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 (LDG), BGBl 302/1984, in der geltenden Fassung.

3. Herrn (dem Beschwerdeführer) wird der Ersatz der Kosten des Disziplinarverfahrens auferlegt.

Rechtsgrundlage der Entscheidung:

§ 86 Abs 2 Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 (LDG),

BGBl 302/1984, in der geltenden Fassung."

Gegen dieses Disziplinarerkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er die mangelnde Identität des gegen ihn gerichteten Schuldvorwurfs einerseits im verkündeten Erkenntnis und andererseits in der Ausfertigung dieses Erkenntnisses rügte und im Übrigen bestritt, durch seine (zugestandene) Tat ein disziplinär relevantes Verhalten gesetzt zu haben.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. Juni 2008 wurde dieser Berufung in der Schuldfrage keine, hinsichtlich des Strafausmaßes jedoch teilweise Folge gegeben und die über den Beschwerdeführer verhängte Geldstrafe auf eine solche in der Höhe eines Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage herabgesetzt sowie festgestellt, dass ein Ersatz der Kosten des Disziplinarverfahrens zu entfallen habe. Kosten des Berufungsverfahrens seien ebenfalls nicht zu ersetzen.

Die belangte Behörde begründete zunächst in formalrechtlicher Hinsicht ihre Entscheidung dahingehend, Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens sei das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung gewesen, was auch bereits im vorausgegangenen Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss deutlich zum Ausdruck gekommen sei. Auch aus dem gesamten Inhalt der Verhandlungsschrift vom 29. Oktober 2007 sei klar ersichtlich, dass die Verhandlung ausschließlich wegen des allfälligen Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung durch den Beschwerdeführer durchgeführt worden sei. Die von ihm vorgebrachten Einwände, der Spruch des Disziplinarerkenntnisses (erster Instanz) entspreche nicht dem Wortlaut des im Anschluss an die mündliche Verhandlung verkündeten Spruches, sei materiellrechtlich ohne Relevanz. Im Übrigen gälten formalrechtliche Mängel durch die gegen den Bescheid eingeräumte Berufungsmöglichkeit grundsätzlich als saniert.

In materiellrechtlicher Hinsicht zitierte die belangte Behörde zunächst die Bestimmungen des § 29 Abs. 1 und 2 LDG 1984 und führte sodann aus, die dem Landeslehrer obliegenden Unterrichts-, Erziehungs- und Verwaltungsaufgaben ergäben sich unter anderem aus den im Schulrecht festgelegten Verpflichtungen, wie dem § 17 Abs. 1 SchUG, wonach der Lehrer in eigenständiger und verantwortlicher Unterrichts- und Erziehungsarbeit die Aufgabe der Österreichischen Schule zu erfüllen habe. Da die Schule vom Vertrauen der Allgemeinheit in die Sachlichkeit bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben getragen werde, sei dem Landeslehrer zufolge der Bestimmung des § 29 Abs. 2 LDG 1984 aufgetragen, sich dieses Vertrauen zu erhalten. Es handle sich grundsätzlich um ein auf das dienstliche Verhalten des Landeslehrers gerichtetes Gebot, dass aber allenfalls auch außerdienstliches Verhalten betreffen könne. Gegen diese Bestimmungen habe der Beschwerdeführer verstoßen, da er unbestrittenerweise zwei ihm nicht gehörende 5- Euro Scheine an sich genommen habe. Diesen Sachverhalt habe der Beschwerdeführer weder in der mündlichen Verhandlung vor der Erstbehörde noch in seiner Berufung bestritten. Dieses Verhalten stehe in massiven Widerspruch zur Aufgabe der Österreichischen Schule und zu den Dienstpflichten eines Landeslehrers. Der Einwand des Beschwerdeführers, dass keine Dienstpflichtverletzung vorliege, da kein strafrechtlich relevantes Verhalten gesetzt worden sei, sei ohne Relevanz, da die Durchführung eines Disziplinarverfahrens keinesfalls voraussetze, dass ein gerichtlicher Straftatbestand erfüllt sein müsse. Der Begriff "Dienstpflichtverletzung" sei unabhängig von der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung zu sehen. Im Disziplinarverfahren gehe es ausschließlich um die Beurteilung der dienstrechtlichen Komponente des Verhaltens des Lehrers, also um die Frage, ob das Vertrauen in die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben gegeben sei. Diese Frage werde in einem allenfalls strafgerichtlichen Verfahren nicht beurteilt. Es sei daher im vorliegenden Fall ohne rechtliche Bedeutung, dass keine strafgerichtliche Verurteilung erfolgt, sondern dem Beschwerdeführer im Wege der Diversion ein Bußgeld in der Höhe von 1.370,-- EUR auferlegt worden sei. Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers komme es auch nicht darauf an, ob die Tat öffentlich begangen worden oder in der Öffentlichkeit bekannt geworden sei. Ausschlaggebend sei nur, ob das vorgeworfene Verhalten seinem objektiven Inhalt nach geeignet sei, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch den Beamten in Frage zu stellen. Der Beschwerdeführer, dem gerade als Lehrer gegenüber den ihm anvertrauten Schülern eine Vorbildstellung zukomme, habe durch das von ihm gesetzte Verhalten das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben verletzt und damit einen Verstoß gegen die ihm auferlegten Dienstpflichten begangen.

Im Rahmen der Erwägungen zur Strafbemessung führte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 71 Abs. 1 LDG 1984 aus, auf Grund der Schwere der Tat könne mit einem Verweis oder einer bloßen Geldbuße nicht das Auslangen gefunden werden. Als besondere Milderungsgründe seien jedoch die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, sein Tatsachengeständnis, sein Bemühen um Schadenswiedergutmachung sowie die Tatsache, dass er sich auf Grund der damals vorhandenen psychischen Einschränkungen sofort einer Behandlung unterzogen habe, ins Treffen zu führen. Im Verein mit seinem bisher untadeligen Wirken als Landeslehrer und in Anlehnung an seine persönlichen Verhältnisse (Sorgepflichten für zwei Kinder, Kreditrückzahlungen) könne davon ausgegangen werden, dass sich der spezialpräventive Erfolg beim Beschwerdeführer bereits auch bei der Verhängung einer geringeren Strafe einstelle. Aus diesem Grunde sei die von der Behörde erster Instanz verhängte Geldstrafe auf die aus dem Spruch ersichtliche Höhe herabzusetzen gewesen. Vom Ersatz der Verfahrenskosten erster Instanz sowie der Verfahrenskosten des Berufungsverfahrens sei Abstand zu nehmen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 29 Abs. 1 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. Nr. 302/1984 - LDG 1984, ist der Landeslehrer verpflichtet, die ihm obliegenden Unterrichts-, Erziehungs- und Verwaltungsaufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung hat der Landeslehrer in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Gemäß § 70 Abs. 1 LDG 1984 in der Fassung BGBl. Nr. 297/1995 sind Disziplinarstrafen

  1. 1. der Verweis,
  2. 2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,

    3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage,

    4. die Entlassung.

    Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist in den Fällen des Abs. 1 Z. 2 und 3 von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Landeslehrer auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses bzw. im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.

    Gemäß § 71 Abs. 1 LDG 1984 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Dabei ist jedoch darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Landeslehrer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinne nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landeslehrers Bedacht zu nehmen.

    Gemäß § 73 Abs. 1 LDG 1984 ist von der Verfolgung abzusehen, wenn der Landeslehrer wegen einer gerichtlich oder verwaltungsbehördlich strafbaren Handlung rechtskräftig verurteilt wurde, sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des strafbaren Tatbestandes erschöpft und anzunehmen ist, dass die Verhängung einer Disziplinarstrafe nicht erforderlich ist, um den Landeslehrer von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

    Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes wiederholt der Beschwerdeführer seine bereits in der Berufung vertretene Rechtsansicht, die schriftliche Ausfertigung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses entspreche nicht dem mündlich verkündeten Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission, was die belangte Behörde hätte aufgreifen müssen. Erstmals in der schriftlichen Ausfertigung dieses erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses sei ihm die Verletzung seiner Dienstpflichten vorgeworfen worden. Damit lägen aber zwei Disziplinarerkenntnisse vor, wobei letzteres schon allein deswegen rechtswidrig sei, weil es sich im Hinblick auf das mündlich verkündete Disziplinarerkenntnis um eine res judicata handle und nicht nochmals neu über die gegenständliche Angelegenheit hätte entschieden werden dürfen. Durch Bestätigung der schriftlichen Ausfertigung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses habe die belangte Behörde den Grundsatz verletzt, dass der mündlich verkündete Bescheid bereits mit seiner Verkündung als erlassen gelte. Für die Frage aber, mit welchem Inhalt ein mündlicher Bescheid erlassen worden sei, sei nicht die schriftliche Bescheidausfertigung, sondern jene Urkunde entscheidend, die über den Bescheidinhalt und die Tatsache der Verkündung gemäß § 62 Abs. 2 AVG angefertigt worden sei. Sei in der schriftlichen Ausfertigung eines Bescheides ein wesentliches Merkmal der Tatumschreibung abweichend dargestellt, sei diese schriftliche Ausfertigung als selbständiger Bescheid und nicht bloß als Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides anzusehen. Als solcher verstoße er gegen das Prinzip der Unwiderrufbarkeit eines Bescheides und sei mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet (jeweils mit Belegzitaten aus der hg. Judikatur). Im Gegensatz zum mündlich verkündeten erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis sei im schriftlich ausgefertigten Erkenntnis ein Kostenspruch enthalten gewesen; auch die Formulierung hinsichtlich der Geldstrafe von EUR 7.000,-- sei anders gewählt worden.

    Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass es auch für den Beschwerdeführer im Sinne der Aufrechterhaltung seiner Rechtsschutzmöglichkeiten keinen Zweifel geben konnte, dass der normative Inhalt jenes Erkenntnisses, das anschließend an die Disziplinarverhandlung, deren Gegenstand durch den Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss vom 24. September 2007 bestimmt war, verkündet worden war, die Beendigung des wegen des in diesem Beschluss gegen ihn erhobenen Vorwurfs anhängig gemachten Disziplinarverfahrens im Sinne eines Schuldspruches bezweckte. Gegenstand dieses Disziplinarverfahrens konnte aber - auch für den Beschwerdeführer klar erkennbar - nur die durch die zugestandene Tat verwirklichte Dienstpflichtverletzung sein, wie sie im Einleitungs- und Verhandlungsbeschluss bereits (vollständig) enthalten war. Wenn daher auch die Formulierung des Schuldspruches, wie sie sich aus dem Protokoll über die Disziplinarverhandlung vor der Disziplinarkommission vom 29. Oktober 2007 ergibt, nicht exakt dem Wortlaut des in der schriftlichen Ausfertigung dieses Disziplinarerkenntnisses enthaltenen Schuldspruches entspricht, handelt es sich bei der mit 5. Juni 2008 datierten schriftlichen Ausfertigung des Disziplinarerkenntnisses erkennbar nicht um die Erlassung eines selbständigen (zusätzlich und unabhängig von dem in der Disziplinarverhandlung vom 29. Oktober 2007 mündlich verkündeten Disziplinarerkenntnis) ergangenen Bescheides, sondern um die erstmalige schriftliche Ausfertigung des mündlich am 29. Oktober 2007 verkündeten Disziplinarerkenntnisses. Dass die Protokollierung des verkündeten Disziplinarerkenntnisses in dessen Spruch lediglich formell etwas ungenauer formuliert wurde, ändert daran ebenso wenig wie der bei der mündlichen Verkündung des Disziplinarerkenntnisses unterlaufene Begründungsmangel (der im Übrigen weder in der Berufung noch in der Beschwerde gerügt wird), weil der normative Gehalt dieses Erkenntnisses nach dem Inhalt der erfolgten Beurkundung unzweifelhaft zu erkennen ist (vgl. auch Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, 2. Auflage, S. 133 f). Die lediglich präzisierende Ausfertigung des Spruches des Disziplinarerkenntnisses erster Instanz vom 5. Juni 2008 hält sich vielmehr im Rahmen des mündlich verkündeten Disziplinarerkenntnisses vom 29. Oktober 2007 und fügt ein wesentliches Spruchelement (Schuld- und Strafausspruch), das nicht bereits in diesem mündlich verkündeten Bescheid (in der Form wie er beurkundet wurde) enthalten war, weder hinzu noch ändert sie ein solches inhaltlich ab. Nur eine Änderung wesentlicher Spruchelemente wurde in den von der Beschwerde ins Treffen geführten hg. Erkenntnissen vom 18. November 1998, Zl. 98/03/0207, vom 26. Februar 2002, Zl. 2002/03/0158 und vom 28. April 2004, Zl. 2003/03/0021, als unzulässig angesehen. Eine solche wesentliche Abweichung liegt aber nicht vor, wenn die schriftliche Ausfertigung bloß formell etwas abweichend vom mündlich verkündeten Bescheid formuliert ist, der normative Inhalt der ausgefertigten Fassung aber mit jenem der mündlich verkündeten übereinstimmt (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 21. Januar 1994, Zl. 93/09/0048). Dass in der mündlich verkündeten Formulierung - anders als in der schriftlichen Ausfertigung - nicht ausdrücklich ausgesprochen wurde, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten seine Dienstpflichten verletzt hat, ist entgegen dem Vorbringen der Beschwerde irrelevant, weil nach der mündlich verkündeten Formulierung der Beschwerdeführer wegen des näher umschriebenen Verhaltens für schuldig befunden und damit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wurde, dass ihm dieses Verhalten als Dienstpflichtverletzung zugerechnet wird. Dass dies in der schriftlichen Ausfertigung ausdrücklich ausgesagt wurde, bewirkt daher keine Änderung des normativen Inhalts. Insofern lag keine res iudicata hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruches des erstinstanzlichen Bescheides vor. Die in der schriftlichen Ausfertigung enthaltene Kostenentscheidung - die sich in der protokollierten Fassung des mündlich verkündeten Bescheides nicht findet - wurde mit dem angefochtenen Bescheid jedoch ersatzlos aufgehoben, sodass der Beschwerdeführer insoweit in keinen Rechten verletzt ist.

    Der Beschwerdeführer machte auch geltend, das erstinstanzliche Verfahren habe weder ergeben noch zu einer Sachverhaltsfeststellung geführt, dass er die 10,-- EUR "gestohlen" habe. Der angefochtene Bescheid sehe den Begriff einer Dienstpflichtverletzung unabhängig von der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung und somit nur in der Entfernung der zwei 5-Euro Scheine, die der Beschwerdeführer lediglich "an sich genommen" habe. Es sei daher davon auszugehen, dass gar kein Diebstahl vorgelegen, sondern lediglich "ein Ausleihen von zwei 5- Euro Scheinen ohne das Wissen des Eigentümers" erfolgt sei. Eine disziplinäre Handlung sei darin nicht zu sehen, zumal diese Verhaltensweise die dem Beschwerdeführer obliegenden Unterrichts-, Erziehungs- und Verwaltungsaufgaben nicht berührten. Das Vertrauen der Allgemeinheit sei durch diese Handlung nicht beeinträchtigt worden, sodass eine Verletzung der allgemeinen Dienstpflichten nicht vorliege. Objektiv sei ein "Ausleihen" von 10,-- EUR, "auch wenn der Eigentümer vorerst nicht informiert" worden sei, nicht geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch ihn in Frage zu stellen. Zu berücksichtigen wäre auch gewesen, dass von Seiten der Schulleitung die Tat durch eine nicht genehmigte Überwachung der Lehrerschaft durch eine Kamera sowie die Mitarbeit eines Kollegen als agent provocateur ans Tageslicht gekommen sei und eher von einem Beweismittelverbot im gegenständlichen Verfahren und nicht von einem disziplinären Verhalten des Beschwerdeführers auszugehen gewesen wäre.

    Auf die strafrechtliche Tatbestandsmäßigkeit der vom Beschwerdeführer zu verantwortenden Tat als "Diebstahl" kommt es jedoch nicht an. Es trifft zwar zu, dass für die Disziplinarbehörden kein aus der Diversion ableitbarer Sachverhalt vorlag, der Bindungswirkung gemäß § 73 Abs. 2 LDG 1984 hätte entfalten können, weil das gerichtliche Strafverfahren wegen dieser Tat gegen den Beschwerdeführer im Rahmen einer Diversion nach § 90a StPO (in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 19/2004) eingestellt worden war. Der Beschwerdeführer hat aber weder im verwaltungsbehördlichen Verfahren noch in der Beschwerde die Tatsache geleugnet, dass er die zwei ihm nicht gehörenden Geldscheine vom Tisch seines Kollegen ohne dessen Einwilligung genommen hat; er unterzieht diese lediglich einer anderen rechtlichen Beurteilung.

    Der Beschwerdeführer macht unter Hinweis auf § 73 Abs. 1 LDG 1984 geltend, diese Vorschrift sei weder von der ersten Instanz noch von der belangten Behörde berücksichtigt worden. Die belangte Behörde hat aber den disziplinären Gehalt der - insoweit unbestritten gebliebenen - Tat zutreffend beurteilt. Wenn sie in diesem Zusammenhang damit argumentiert, dieses Verhalten stehe in massivem Widerspruch zur Aufgabe der Österreichischen Schule und zu den allgemeinen Dienstpflichten eines Landeslehrers, insbesondere im Hinblick auf seine Vorbildfunktion, kann dem nicht entgegengetreten werden. Es kann auch aus diesem Grunde dahin gestellt bleiben, ob durch die inkriminierte Handlung ein strafrechtlicher Tatbestand verwirklicht wurde, kommt es in einem Disziplinarverfahren doch ausschließlich auf die dienstrechtliche Relevanz derselben an. Dass aber die Wegnahme eines Geldbetrages vom (nicht für jedermann frei zugänglichen, da im Konferenzzimmer stehenden) Schreibtisch ohne vorherige Einwilligung des Eigentümers (eine nachträgliche Information ist dabei ebenso wenig relevant wie die nicht nach außen getretene Absicht, den Betrag irgendwann zu retournieren) gerade unter Kollegen nicht mit den Dienstpflichten eines Lehrers vereinbar ist, liegt auf der Hand. Ein Lehrer, der die ihm anvertrauten Schüler unterrichtet und ihnen gegenüber Vorbildfunktion haben soll, verletzt diese an ihn gestellten Anforderungen, wenn er sich - unter welchen prekären finanziellen Verhältnissen auch immer - an fremdem Eigentum vergreift. Auf die näheren Umstände kommt es bei Qualifikation dieser Tat als disziplinäres Vergehen nicht an. Zutreffend hat die belangte Behörde daher in der vom Beschwerdeführer zugestandenen Handlung eine Verletzung seiner Dienstpflichten im Sinne des § 29 Abs. 2 LDG 1984 gesehen.

    Insoweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Disziplinarkommission habe in völlig unzulässiger Weise Vorfälle (Bosheitsakte) in der Vergangenheit mit der gegenständlichen Dienstpflichtverletzung verknüpft und in der Strafbemessung berücksichtigt, was die belangte Behörde zu Unrecht nicht aufgegriffen habe, übersieht er, dass die belangte Behörde derartige zusätzliche Feststellungen gar nicht getroffen hat oder in ihre Begründung zur Strafbemessung hat einfließen lassen; sie hat vielmehr unter Berücksichtigung der von ihr berücksichtigten Milderungsgründe die von der Behörde erster Instanz verhängte Disziplinarstrafe deutlich herabgesetzt. Erschwerungsgründe hat sie nicht angenommen.

    Im Rahmen der Bekämpfung der Strafbemessung rügte der Beschwerdeführer auch, die belangte Behörde habe keinerlei Sachverhaltsfeststellungen getroffen, aus denen ersichtlich wäre, warum es überhaupt einer Strafe bedürfe, um ihn von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Hätte sie ihre amtswegige Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung befolgt, wäre sie zum Schluss gekommen, dass der Beschwerdeführer sowohl in der Kollegenschaft als auch in der Schülerschaft äußerst beliebt sei, der gegenständliche Vorfall zu keiner Schädigung des Amtes der Schule oder der Lehrer oder des Beamten geführt habe und daher auch eine Disziplinarverurteilung nicht notwendig gewesen wäre. Er monierte darüber hinaus, es sei unberücksichtigt geblieben, dass er bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in Widerspruch stehe, die Tat nur aus Unbesonnenheit begangen habe, die Tat mehr durch eine besonders verlockende Gelegenheit verleitet als mit vorher gefasster Absicht begangen worden sei, der Beschwerdeführer auf eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende bedrückende Notlage zur Tat bestimmt worden sei und er die Tat unter Umständen begangen habe, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kämen, die Tat bereits vor längerer Zeit begangen worden sei und er sich seither wohl verhalten habe und schlussendlich dadurch selbst betroffen sei, weil er durch die Tat bzw. deren Folgen gewichtige tatsächliche und rechtliche Nachteile erlitten habe. Wären die gesamten Milderungsgründe berücksichtigt worden, hätte das "Strafverfahren" eingestellt bzw. mit Verweis beendet werden müssen. Insgesamt erachtete der Beschwerdeführer die ausgesprochene Strafe als nicht schuld- und tatangemessen.

    Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer allerdings eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Insbesondere ist er damit im Recht, wenn er geltend macht, die belangte Behörde habe sich mit den spezial- und generalpräventiven Strafbemessungskriterien nicht ausreichend auseinandergesetzt.

    Nach der oben wiedergegebenen Begründung ihres Bescheides war für die belangte Behörde zunächst gemäß § 71 Abs. 1 LDG 1984 die Schwere der Dienstpflichtverletzung ausschlaggebend. Zutreffend verweist aber der Beschwerdeführer darauf, dass er bereits in der Berufung geltend gemacht hat, die strafrechtlichen Milderungstatbestände des § 34 Abs. 1 Z. 2, 7, 9, 10, 11, 15, 18 und 19 StGB seien zusätzlich zu den von der belangten Behörde angenommenen erfüllt gewesen, was eine über den bereits im Rahmen der Diversion bezahlten Betrag hinausgehende Bestrafung aus spezialpräventiven Gründen nicht erforderlich gemacht hätte. Darauf ist die belangte Behörde in ihrer Begründung nicht eingegangen. Sie hat lediglich die Auffassung vertreten, dass Milderungsgründe wie die Unbescholtenheit, das Tatsachengeständnis, das Bemühen um Schadenswiedergutmachung, die psychischen Beeinträchtigungen und das bisherige untadelige Wirken des Beschwerdeführers vor Begehung der Dienstpflichtverletzungen in Ansehung der angenommenen objektiven Schwere der Dienstpflichtverletzung nicht zum Tragen kommen könnten. Sie hat sich damit zu der oben dargelegten Rechtslage, wonach bei der Beurteilung der Schwere der Dienstpflichtverletzung alle geltend gemachten, der Aktenlage nach oder auf Grund der Ergebnisse einer mündlichen Verhandlung zu berücksichtigenden Milderungsgründe einzubeziehen sind, in Widerspruch gesetzt. Die belangte Behörde hätte dabei auch beachten müssen, dass es zwar im Sinne des § 94a Abs. 3 Z. 5 LDG 1984 unter den dort geregelten Voraussetzungen im Ermessen der Behörde liegt, von der Durchführung einer Verhandlung abzusehen, sie aber von diesem Ermessen auf eine dem Sinn des Gesetzes entsprechende Weise Gebrauch zu machen hat, was unter Umständen eine nähere Begründung erfordern oder dem Absehen von der Durchführung einer Verhandlung entgegenstehen kann. In diesem Sinne darf sie insbesondere auch dann nicht vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 94a Abs. 3 Z. 5 LDG 1984 ausgehen (und demnach nicht von einer mündlichen Berufungsverhandlung absehen), wenn der Sachverhalt nicht hinreichend geklärt wurde, der Berufungsbehörde ergänzungsbedürftig oder in entscheidenden Punkten nicht richtig erscheint, wenn rechtlich relevante Neuerungen vorgetragen werden oder wenn die Berufungsbehörde ihre Entscheidung auf zusätzliche Ermittlungsergebnisse stützen will (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. August 2008, Zl. 2007/09/0088, und die dort angegebene weitere Judikatur). Die belangte Behörde hätte sich daher mit den geltend gemachten Milderungsgründen und der sich daraus ergebenden Strafbemessungsschuld des Beschwerdeführers und der bereits erfolgten strafrechtlichen Ahndung (Diversion) - allenfalls nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung - auseinander zu setzen gehabt. Dies begründet eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes; es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Bedachtnahme auf alle maßgeblichen Gesichtspunkte hinsichtlich der Strafbemessung zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.

    Der Strafausspruch war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

    Im Übrigen jedoch, das heißt hinsichtlich des Schuldausspruches, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

    Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

    Wien, am 16. September 2009

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