VwGH 2007/09/0088

VwGH2007/09/008826.2.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des M G in N, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Singerstraße 12/9, gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 25. Jänner 2007, Zl. 88/8-DOK/06, betreffend Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;
BDG 1979 §105;
BDG 1979 §123;
BDG 1979 §124;
BDG 1979 §125a Abs2;
BDG 1979 §125a Abs3 idF 1998/I/123;
BDG 1979 §125a Abs3 Z5 idF 1998/I/123;
BDG 1979 §125a Abs3;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
B-VG Art130 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
AVG §66 Abs4;
BDG 1979 §105;
BDG 1979 §123;
BDG 1979 §124;
BDG 1979 §125a Abs2;
BDG 1979 §125a Abs3 idF 1998/I/123;
BDG 1979 §125a Abs3 Z5 idF 1998/I/123;
BDG 1979 §125a Abs3;
BDG 1979 §92 Abs1 Z4;
B-VG Art130 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I. Der im Jahr 1961 geborene Beschwerdeführer stand als Oberoffizial in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war vom 1. Oktober 1990 bis zur gegenständlichen Entlassung im Postdienst (Gesamtzustelldienst der ZB XY Wien) tätig.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Disziplinarerkenntnis hat die belangte Behörde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in teilweiser Stattgebung der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 28. Juli 2006 (im Spruchpunkt I; Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof;

Schreibfehler im Original) ausgesprochen:

"A) (Der Beschwerdeführer) ist schuldig,

1. den Vorladungen zum Anstaltsarzt an nachstehend angeführten Terminen nicht nachgekommen zu sein:

22.02.2006 11.00 Uhr

24.02.2006 10.00 Uhr

03.03.2006 10.00 Uhr

31.03.2006 10.00 Uhr

05.04.2006 11.00 Uhr

2. dem Dienst in der Zeit vom 24.3.2006 bis 3.4.2006 unentschuldigt ferngeblieben zu sein.

Durch das in Spruchpunkt A)1. angeführte Verhalten hat der (Beschwerdeführer) gegen seine Dienstpflichten gemäß § 44 Abs. 1 iVm § 52 Abs. 2 BDG iSd § 91 leg. cit. schuldhaft verstoßen.

Im Grunde des § 51 Abs. 2 letzter Satz BDG gilt die Abwesenheit des (Beschwerdeführers) vom Dienst an den genannten Tagen daher als nicht gerechtfertigt.

Hinsichtlich seines in Spruchpunkt A)2. angeführten Verhaltens hat der (Beschwerdeführer) seine Dienstpflicht gemäß § 48 Abs. 1 iSd § 91 BDG schuldhaft verletzt.

B) Hingegen wird (der Beschwerdeführer) von den Vorwürfen,

a) er sei den Vorladungen zum Anstaltsarzt am 6.3.2006, 10.00 Uhr, und am 9.3.2006, 10.00 Uhr, nicht nachgekommen, in dubio freigesprochen.

b) er sei am 20.2.2006 sowie in der Zeit vom 22.2.2006 bis zum 23.3.2006 dem Dienst unentschuldigt ferngeblieben, in dubio freigesprochen.

c) er sei in der Zeit vom 4.4.2006 bis zum 9.4.2006 sowie am 24.4.2006 dem Dienst unentschuldigt ferngeblieben freigesprochen."

Im Weiteren gab die belangte Behörde (im Spruchpunkt II) der Berufung wegen Strafe keine Folge und bestätigte die von der Erstinstanz verhängte Disziplinarstrafe der Entlassung.

Ihre Begründung zur Bestätigung des Schuld- und Strafausspruches stützte die belangte Behörde - im Anschluss an eine weitgehende Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheides und von Teilen des Berufungsvorbringens sowie neben Zitierung der maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen und Darlegung der von ihr im vorliegenden Fall als relevant erachteten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - im Wesentlichen auf nachstehende Erwägungen (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Zu Spruchpunkt I)A)1. ... ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Die in Spruchpunkt 1. des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses angeführten anstaltsärztlichen Termine 22.2.2006, 11.00 Uhr, 24.2.2006, 10.00 Uhr, 3.3.2006, 10.00 Uhr,

31.3. 2006, 10.00 Uhr, und 5.4.2006, 11.00 Uhr, wurden dem (Beschwerdeführer) gegenüber der Aktenlage nach mit schriftlichen Weisungen vom 22.2.2006, vom 23.2.2006, vom 2.3. 2006, vom 30.3.2006 und vom 4.4.2006 angeordnet.

Diese Weisungen wurden ihm von den dafür zuständigen

Organwaltern rechtswirksam erteilt.

...

Die Personalämter der Österreichischen Post AG haben in ihrer

Funktion als Dienstbehörden das Dienstrechtsverfahrensgesetz (DVG)

und - subsidiär - das AVG anzuwenden.

...

Es war daher ... sogar geboten, wenn sich das Personalamt Wien als die für den (Beschwerdeführer) zuständige Dienstbehörde der ihm zur Verfügung stehenden Ärzte (Amtsärzte, Anstaltsärzte) bediente und diese beizog, um die Überprüfung des Gesundheitszustandes des (Beschwerdeführers) iSd § 52 Abs. 2 BDG vorzunehmen. Ein Wahlrecht des Beamten dahingehend, dass er mit der Durchführung der genannten Untersuchungen Ärzte seines Vertrauens beauftragen könnte, besteht somit nicht.

...

Dass der (Beschwerdeführer) die angeführten amtsärztlichen Termine nicht wahrnahm und den diesbezüglichen schriftlichen Weisungen somit objektiv nicht nachkam, wird auch von diesem selbst nicht in Abrede gestellt. Hinsichtlich des Termins am 5.4.2006 hat er im Übrigen ausdrücklich eingestanden, den Amtsarzt entgegen der ihm erteilten Weisung nicht aufgesucht zu haben.

Was das Berufungsvorbringen betrifft, der (Beschwerdeführer) habe an den genannten Tagen wegen seiner Schmerzzustände jeweils private Ärzte aufsuchen und/oder Therapieeinheiten absolvieren müssen, weshalb er die in Rede stehenden anstaltsärztlichen Untersuchungstermine nicht habe wahrnehmen können, die Rechtsauffassung, die Vorladung zum Anstaltsarzt ginge dem Besuch eines privaten Arztes vor, sei im Übrigen unhaltbar, ist Folgendes auszuführen:

Seitens des (Beschwerdeführers) wurde letztlich nicht geltend gemacht, es sei ihm aus gesundheitlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar gewesen, die angeordneten amtsärztlichen Termine wahrzunehmen.

Angesichts der im Verfahren unwidersprochen gebliebenen Feststellung der Erstinstanz, dass der (Beschwerdeführer) von seinem Wohnort N bis zu seiner Dienststelle in XY in Wien mit dem Pkw eine Anfahrtszeit von lediglich 40 Minuten benötigt, wäre es ihm - nach Konsultierung der Ärzte seines Vertrauens, nach Verabreichung einer Injektion bzw. nach Absolvierung einer verordneten Therapieeinheit - auch nach Auffassung des erkennenden Senates möglich und auch zumutbar gewesen, - etwa durch Ausleihen eines Pkws oder auf andere Weise - für eine entsprechende Beförderung seiner Person nach Wien zu den amtsärztlichen Terminen zu sorgen, um - erforderlichenfalls nach vorheriger telefonischer Verständigung des anstaltsärztlichen Büros, dass er sich etwas verspäten werde - die angeordneten Untersuchungstermine weisungsgemäß wahrnehmen zu können.

Die Argumentation des (Beschwerdeführers) ist daher auch nach Ansicht der Disziplinaroberkommission nicht geeignet, Entschuldigungsgründe hinsichtlich der objektiv verwirklichten Weisungsverstöße (Ignorieren von Vorladungen zum Amtsarzt in insgesamt fünf Fällen) darzutun. Dem (Beschwerdeführer) sind seine gegenständlichen disziplinär relevanten Verhaltensweisen somit subjektiv vorwerfbar.

Dadurch hat der (Beschwerdeführer) ihm rechtsgültig erteilte Weisungen mehrfach nicht befolgt und gegen seine Dienstpflichten gemäß § 44 Abs. 1 iVm § 52 Abs. 2 BDG iSd § 91 leg. cit. schuldhaft verstoßen.

Im Grunde des § 51 Abs. 2 letzter Satz BDG gilt die Abwesenheit des (Beschwerdeführers) vom Dienst an den genannten Tagen daher als nicht gerechtfertigt.

Hinsichtlich des 22.2.2006 wird in der Berufung im Übrigen eingestanden, dass der (Beschwerdeführer) seine Erkrankung nicht durch ein ärztliches Attest belegt hat, sodass seine Abwesenheit vom Dienst schon aus diesem Grund nicht gerechtfertigt war.

Zu Spruchpunkt I)A)2.:

...

Der Aktenlage nach hat die Dienstbehörde ihre rechtliche Wertung, dass nämlich die vom (Beschwerdeführer) hinsichtlich seiner orthopädischen Beschwerden geltend gemachte Dienstunfähigkeit von ihr nicht als Rechtfertigungsgrund für seine Abwesenheit vom Dienst akzeptiert werde, spätestens mit Zustellung der Disziplinaranzeige vom 21.3.2006, d.h. am 23.3.2006 (vgl. AS 84) mitgeteilt.

Für die Zeit davor ist die rechtliche Beurteilung der Dienstbehörde, dass der (Beschwerdeführer) dem Dienst unerlaubt fernblieb, für den erkennenden Senat zwar durchaus nachvollziehbar, aufgrund der Aktenlage kann allerdings nicht belegt werden, ob ihm diese Wertung der Dienstbehörde bereits vor dem 23.3.2006 in einer dieser zurechenbaren und für den Bediensteten nachvollziehbaren Weise zur Kenntnis gebracht wurde.

Der (Beschwerdeführer) konnte hinsichtlich der Frage, ob er im Hinblick auf seine orthopädischen Beschwerden nach wie vor dienstunfähig sei, sohin jedenfalls ab dem 23.3.2006 keinesfalls mehr auf die Richtigkeit der von ihm vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und somit auf das Vorliegen einer Rechtfertigung für seine Dienstverhinderung vertrauen (...). Eine allenfalls vorhandene subjektive Einschätzung des Vorliegens einer seine Dienstunfähigkeit bewirkenden orthopädischen Erkrankung konnte demnach auch keinen 'ausreichenden Entschuldigungsgrund' darstellen.

Ein ausreichender Entschuldigungsgrund für ein eigenmächtiges Fernbleiben des (Beschwerdeführers) vom Dienst hat spätestens ab dem genannten Zeitpunkt nicht mehr bestanden, weil aus der dem (Beschwerdeführer) von der Dienstbehörde durch Zustellung der Disziplinaranzeige vom 21.3.2006 mitgeteilten übereinstimmenden medizinischen Beurteilung mehrerer von der Dienstbehörde zugezogener Ärzte schlüssig und nachvollziehbar hervorgeht, dass der Beamte aufgrund seines Gesundheitszustandes während der in Rede stehenden Zeiträume in der Lage war, den an ihn gestellten dienstlichen Anforderungen als Gesamtzusteller der Zustellbasis XY Wien zu entsprechen.

Aufgrund der fachlichen Beurteilung der von der Dienstbehörde wiederholte Male (15 Untersuchungen durch Anstaltsärzte, drei fachärztliche Gutachten) beigezogenen Ärzte war der (Beschwerdeführer) im Tatzeitraum durch die von ihm angegebene orthopädische Erkrankung an einer ordnungsgemäßen Dienstleistung nicht verhindert; auch war nach mehrfacher amtsärztlicher Beurteilung weder die Gefahr der Verschlimmerung dieser Erkrankung des (Beschwerdeführers) durch seine Dienstleistung als Gesamtzusteller gegeben noch stellte die Dienstleistung für den Beamten eine objektiv unzumutbare Unbill dar.

Ein ausreichender Entschuldigungsgrund für ein eigenmächtiges Fernbleiben des (Beschwerdeführers) vom Dienst bestand daher jedenfalls zwischen dem 24.3.2006 und dem 3.4.2006 nicht, weil er sich spätestens ab dem 23.3.2006 nicht mehr zu Recht auf seinen guten Glauben hinsichtlich der Rechtfertigung seiner Abwesenheit vom Dienst berufen konnte.

Dem (Beschwerdeführer) ist hinsichtlich des genannten Zeitraumes daher eine iSd § 91 BDG schuldhaft begangene Dienstpflichtverletzung gemäß § 48 Abs. 1 leg. cit. anzulasten."

Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass die dem Beschwerdeführer angelasteten Verfehlungen des ungerechtfertigten Fernbleibens vom Dienst und der Nichtbefolgung rechtswirksam erteilter dienstlicher Weisungen, welche den Kernbereich der Dienstpflichten jedes Beamten, nämlich die Einhaltung der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden (§ 48 Abs. 1 BDG) und die Gehorsamspflicht (§ 44 Abs. 1 leg. cit.) betreffen, auf Grund ihrer Schwere im Ergebnis seine Entlassung rechtfertigen. Dabei wertete die Disziplinaroberkommission das vom Spruchpunkt I)A)2. umfasste disziplinäre Fehlverhalten des Beschwerdeführers als im Sinne des § 93 Abs. 2 BDG schwerste Dienstpflichtverletzung und zog die in Spruchpunkt I)A)1. genannten wiederholten Weisungsverstöße als Erschwerungsgrund heran. Die wiederholte ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst an insgesamt elf Arbeitstagen sei objektiv eine so schwer wiegende Beeinträchtigung des Dienstbetriebes und auch des korrekten Verhaltens gegenüber der Kollegenschaft und der Allgemeinheit, dass dadurch das Vertrauen der Allgemeinheit in die Korrektheit der Amtsführung des Beschuldigten unwiederbringlich zerstört und dieser für eine weitere Dienstverrichtung untragbar sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und Ersatz für den Vorlageaufwand begehrt.

II. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

II.1. Die folgenden Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979) lauten in der maßgeblichen Fassung (§ 44 idF BGBl. I Nr. 10/1999, § 48 idF BGBl. I Nr. 142/2000, § 51 idF BGBl. Nr. 333/1979, § 52 idF BGBl. I Nr. 90/2006, § 92 idF BGBl. Nr. 297/1995 und § 125a idF BGBl. I Nr. 123/1998):

"Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten

§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

(2) ...

...

Dienstplan

§ 48. (1) Der Beamte hat die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden einzuhalten, wenn er nicht vom Dienst befreit oder enthoben oder gerechtfertigt vom Dienst abwesend ist. Die tatsächlich erbrachte Dienstzeit ist, sofern nicht wichtige dienstliche Interessen entgegenstehen, automationsunterstützt zu erfassen.

(2) ...

Abwesenheit vom Dienst

§ 51. (1) ...

(2) Ist der Beamte durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert, so hat er seinem Vorgesetzten eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn der Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen, wenn er dem Dienst länger als drei Arbeitstage fernbleibt oder der Vorgesetzte oder der Leiter der Dienststelle es verlangt. Kommt der Beamte dieser Verpflichtung nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt.

Ärztliche Untersuchung

§ 52. (1) Bestehen berechtigte Zweifel an der für die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erforderlichen gesundheitlichen Eignung des Beamten, so hat sich dieser auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen.

(2) Der infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens vom Dienst abwesende Beamte hat sich auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen. Wenn es zur zuverlässigen Beurteilung erforderlich ist, sind Fachärzte heranzuziehen. Eine Anordnung im Sinne des ersten Satzes ist spätestens drei Monate nach Beginn der Abwesenheit vom Dienst und sodann in Abständen von längstens drei Monaten zu erteilen.

...

Disziplinarstrafen

§ 92. (1) Disziplinarstrafen sind

  1. 1. der Verweis,
  2. 2. die Geldbuße bis zur Höhe eines halben Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderzulage,

    3. die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderzulage,

    4. die Entlassung.

    ...

    Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten und Absehen von der mündlichen Verhandlung

§ 125a. (1) ...

(2) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Disziplinarsenat kann ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn der Sachverhalt infolge Bindung an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils eines Strafgerichtes oder eines Straferkenntnisses eines unabhängigen Verwaltungssenates zugrunde gelegte Tatsachenfeststellung hinreichend geklärt ist.

(3) Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Disziplinaroberkommission kann ungeachtet eines Parteienantrages Abstand genommen werden, wenn

  1. 1. die Berufung zurückzuweisen ist,
  2. 2. die Angelegenheit an die erste Instanz zu verweisen ist,
  3. 3. ausschließlich über eine Berufung gegen die Auferlegung eines Kostenersatzes zu entscheiden ist,

    4. sich die Berufung ausschließlich gegen die Strafbemessung richtet oder

    5. der Sachverhalt nach der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint."

    II.2. Im vorliegenden Fall rügt der Beschwerdeführer, dass ihm die gegenständlichen Weisungen zum Dienstantritt bzw. zum Erscheinen beim Anstaltsarzt nicht von den hiefür zuständigen Organen erteilt worden seien.

    Dazu ist festzuhalten, dass der angefochtene Bescheid dazu keine Feststellungen enthält, sondern sich auf die unsubstantiierte Behauptung, die Weisungen seien von den zuständigen Organwaltern erteilt worden, beschränkt. In der Gegenschrift wird seitens der belangten Behörde zu den diesbezüglichen Einwendungen des Beschwerdeführers nichts ausgeführt. Schon aus diesem Grund kann daher der Schuldspruch zu Spruchpunkt I)A)1. nicht Bestand haben.

    Des Weiteren kommt der Beschwerde auch deshalb Berechtigung zu, weil die belangte Behörde keine Berufungsverhandlung durchgeführt hat:

    Der Beschwerdeführer hat in seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Disziplinarerkenntnis u.a gerügt, dass keine Feststellungen zum tatsächlichen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers getroffen worden seien; dazu brachte er vor, dass aus den ärztlichen Stellungnahmen der seitens des Dienstgebers zugezogenen Ärzten jeweils eindeutig hervorgehe, dass Untersuchungen nicht durchgeführt, sondern lediglich die mitgebrachten bzw. übermittelten Befunde eingesehen und aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer seinen Pullover aus- und anziehen habe können bzw. ein unauffälliges Gangbild bestanden habe, die Tatsache seiner Dienstfähigkeit abgeleitet worden sei. Dem Ergebnis der (zugestandenen) Untersuchung vom 21. Februar 2006 wird entgegengehalten, dass der Beschwerdeführer am Vortag bei seinem Orthopäden eine Injektion erhalten habe und diese Injektionen jeweils zwei bis drei Tage gewirkt haben, womit erklärbar sei, dass er sich anlässlich dieser Untersuchung halbwegs habe bewegen können. Tatsächlich habe sich im Zuge seiner Behandlung bei Dr. A S, einem Facharzt für Orthopädie und orthopädische Chirurgie, herausgestellt, dass der Beschwerdeführer an einer Instabilität im Segment L5/S1 mit pseudoradikulärer Ausstrahlung und Impingement der linken Schulter leide, wobei der Arzt darauf hingewiesen habe, dass bildgebend keine degenerativen Veränderungen feststellbar seien, dies jedoch typisch für ein Instabilitätsproblem sei. Darüber hinaus habe er auch ein fachärztliches Gutachten der ihn behandelnden Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. E S vom 9. April 2006 vorgelegt, aus dem klar ersichtlich sei, dass er an einer schweren psychischen Erkrankung leide, eine schwere körperliche Erkrankung bestehe und der Beschwerdeführer demnach in den Ruhestand versetzt werden sollte, da die Erhaltung der Arbeitsfähigkeit völlig ausgeschlossen sei.

    Die belangte Behörde hat den zuletzt aufgezeigten Umstand lediglich in der Weise berücksichtigt, dass auf Grund dieses von Dr. E S (bereits mit Befundbericht vom 4. April 2006) diagnostizierten neuen - nicht orthopädisch begründeten - Krankheitsbildes dem Beschwerdeführer zugestanden wurde, dieser Diagnose vertrauen zu dürfen, sodass sein Fernbleiben vom Dienst infolge seiner depressiven Erkrankung während des Zeitraumes vom

    4. bis 9. April 2006 als gerechtfertigt angesehen wurde und deshalb zum diesbezüglichen Tatvorwurf - vgl. Spruchpunkt I)B)c. - ein Freispruch erfolgte. Da sich hinsichtlich der vom Schuldspruch zweiter Instanz umfassten Fakten auch aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung kein Hinweis ergab, dass der Sachverhalt zur Frage der Dienstfähigkeit geklärt scheint, hätte im Rahmen einer gemäß § 125a Abs. 3 Z. 5 BDG 1979 durchzuführenden Berufungsverhandlung eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Einwänden des Beschwerdeführers erfolgen müssen.

    Angesichts des § 66 Abs. 4 AVG hat die Disziplinaroberkommission die §§ 123f BDG 1979 anzuwenden (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 3. Auflage 2003, 464f) und daher - wovon auch § 125a Abs. 3 BDG 1979 ausgeht - gemäß § 124 BDG 1979 im Berufungsverfahren eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Zu den Abs. 2 und 3 leg. cit. hat der Verwaltungsgerichtshof in einem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 14. November 2007, Zl. 2005/09/0115, wie folgt ausgeführt:

    "5. Die Beschwerdeführerin macht auch geltend, die beantragte Berufungsverhandlung sei zu Unrecht unterblieben. Die belangte Behörde hat sich in dieser Hinsicht auf § 125a Abs. 2 BDG 1979 gestützt und dazu ausgeführt, der Sachverhalt sei 'infolge Bindung' an die Tatsachenfeststellung des Strafgerichtes 'hinreichend geklärt'.

    Dazu ist aus Anlass des vorliegenden Falles vor allem klarzustellen, dass es unter den in § 125a Abs. 2 und 3 BDG 1979 geregelten Voraussetzungen im Ermessen der Behörde liegt, von der Durchführung einer Verhandlung abzusehen. Von diesem Ermessen ist auf eine dem Sinn des Gesetzes entsprechende Weise Gebrauch zu machen, was unter Umständen eine nähere Begründung erfordern oder dem Absehen von der Durchführung einer Verhandlung entgegenstehen kann. In diesem zuletzt genannten Sinn ist auch an der in den hg. Erkenntnissen vom 6. November 2006, Zl. 2005/09/0053, vom 20. November 2006, Zl. 2005/09/0078, und vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0080, für die dort jeweils behandelte Verfahrenskonstellation getroffenen Aussage über das Erfordernis einer mündlichen Berufungsverhandlung - entgegen dem noch im Erkenntnis vom 26. Juni 2006, Zl. 2005/09/0041, vertretenen Standpunkt - im Ergebnis festzuhalten (vgl. zur Ermessensausübung beim Absehen von der Verhandlung sinngemäß Walter/Thienel, Die Verwaltungsverfahrensnovellen 1998 (1999) 187-190). Ob es im Sinn des Gesetzes sein kann, etwa bei der Prüfung der Frage der spezialpräventiven Notwendigkeit einer Entlassung der Beschwerdeführerin von einer Berufungsverhandlung abzusehen und ob die zwingenden Voraussetzungen dafür überhaupt gegeben wären, wird die belangte Behörde - je nachdem, zu welchen Überlegungen sie in Bezug auf die für die Strafbemessung noch zu klärenden Fragen im Einzelnen gelangen sollte - im fortgesetzten Verfahren zu beurteilen haben."

    Ebenso wenig wie im Fall des zitierten Erkenntnisses eines verstärkten Senates enthält auch der im vorliegenden Fall angefochtene Bescheid eine Begründung dafür, weshalb die belangte Behörde von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absah, auch dies belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit.

    Darüber hinaus leidet der angefochtene Bescheid auch an (weiteren) Begründungsmängeln:

    Gemäß § 60 AVG, der gemäß § 67 AVG für Berufungsbescheide gilt, sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (§§ 37 ff AVG), die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dies erfordert in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrundegelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheides geführt haben (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1995, Zl. 92/07/0184). Die genannte Zusammenfassung wird in Bezug auf die Beweiswürdigung kurz ausfallen können, wenn keine einander widersprechenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vorliegen. Bei Widersprüchen zwischen den Behauptungen und Angaben der Verfahrenspartei und sonstigen Ermittlungsergebnissen bedarf es aber einer klaren und übersichtlichen Zusammenfassung der maßgeblichen, bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen, damit der Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung der Behörde auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit überprüfen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2002/08/0106). Nicht oder unzureichend begründete Bescheide hindern den Verwaltungsgerichtshof, seiner Rechtskontrollaufgabe, wie sie im § 41 Abs. 1 VwGG zum Ausdruck kommt, insoweit zu entsprechen, als derartige Bescheide inhaltlich auch keine Überprüfung "auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes" zulassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2004, Zl. 2001/08/0020).

    Diesen Anforderungen kommt der angefochtene Bescheid, der lediglich - ohne nähere Darlegung der Untersuchungsergebnisse - die Dienstfähigkeit im Tatzeitraum zum Spruchpunkt I)A)2. bejaht, nicht nach: Im angefochtenen Bescheid fehlen insbesondere ausreichende Feststellungen zum Krankheitsbild bzw. Gesundheitszustand des Beschwerdeführers bei Gesamtbetrachtung der relevanten Zeiträume, um einerseits (unter Heranziehung der ebenso darzulegenden dienstlichen Aufgaben) dessen Dienstfähigkeit bzw. andererseits beurteilen zu können, ob es ihm aus gesundheitlichen Gründen zumutbar gewesen ist, die angeordneten amtsärztlichen Termine wahrzunehmen.

    Des Weiteren ist aber auch die Rechtsansicht der belangten Behörde verfehlt, wonach diese die Dienstfähigkeit im Faktum I)A)2. damit begründet, dass der Beschwerdeführer ab Zugang (23. März 2006) der Disziplinaranzeige vom 21. März 2006 nicht mehr auf die Richtigkeit der von ihm vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und somit auf das Vorliegen einer Rechtfertigung für seine Dienstverhinderung vertrauen habe dürfen:

    Die Disziplinaranzeige vom 21. März 2006 betrifft den Vorwurf von Dienstpflichtverletzungen im Zeitraum zwischen 22. Februar und 15. März 2006 und enthält keinerlei Angaben zum Krankheitsbild des Beschwerdeführers bzw. zu einer übereinstimmenden medizinischen Beurteilung mehrerer von der Dienstbehörde zugezogener Ärzte. Der Beschwerdeführer wurde nach der Aktenlage nach Zugang der Disziplinaranzeige (erstmals wieder) am 27. März 2006 zum Anstaltsarzt zur Prüfung der Dienstunfähigkeit ab 15. März 2006 wegen eines (von seinem praktischen Arzt bescheinigten) Bandscheibenvorfalles (der sich offenkundig erst nach der letzten anstaltsärztlichen Untersuchung am 14. März 2006 ereignet haben konnte) vorgeladen. Dabei handelte es sich um eine behauptete (neue) Erkrankung, die nicht Gegenstand der früheren Untersuchungen war und nicht den Hintergrund zur Disziplinaranzeige bilden konnte, sodass der Beschwerdeführer (ungeachtet der Wertung der späteren Untersuchungsergebnisse) zumindest bis zum 27. März 2007, als erstmalig ein konkret zu diesem neuen Vorbringen gegenteiliges Untersuchungsergebnis des Anstaltsarztes vorlag, auf die Richtigkeit der von ihm beigebrachten ärztlichen Bescheinigungen vertrauen durfte. Schon deshalb kann auch ein für den Beschwerdeführer günstigeres Ergebnis nicht ausgeschlossen werden, zumal die belangte Behörde das zu Spruchpunkt I)A)2. behandelte Faktum als schwerste Dienstpflichtverletzung wertete.

    Zusammengefasst reichen daher die Feststellungen der belangten Behörde für eine abschließende disziplinarrechtliche Beurteilung nicht aus. Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde daher nach Durchführung einer Berufungsverhandlung eindeutige Feststellungen zum Krankheitsbild bzw. Gesundheitszustand des Beschwerdeführers, zu seiner Dienstfähigkeit bzw. zur Zumutbarkeit des Erscheinens beim Anstaltsarzt hinsichtlich der vom Schuldspruch des angefochtenen Bescheides umfassten Fakten zu treffen und darauf aufbauend allfällige disziplinarrechtliche Folgen zu beurteilen haben. Für das fortgesetzte Verfahren wird die belangte Behörde für den Fall, dass sie zu einem Schuldspruch gelangt, auch zu berücksichtigen haben, inwiefern der im fachärztlichen Gutachten der Dr. E S vom 9. April 2006 festgestellte depressive Zustand des Beschwerdeführers in der Vergangenheit tatsächlich vorlag und allenfalls einen Milderungsgrund bei der Strafbemessung darstellt. II. 3 Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

    Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

    Wien, am 26. Februar 2009

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