OLG Wien 34R69/16s

OLG Wien34R69/16s26.7.2016

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke IR 1208559 über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 30.12.2015, IR 800/2014‑12, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0009:2016:03400R00069.16S.0726.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung der Rechtsabteilung des Patentamts wird geändert und lautet:

«Der Widerspruch gegen die Schutzzulassung der Marke IR 1208559 wird abgewiesen.»

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

 

Begründung

Die Antragstellerin beruft sich auf ihre Wortbildmarke

a) IR 176609 (Registrierdatum 28.4.1954):

eingetragen für die Waren der Klassen

1 Matières collantes avec une addition résineuse, colle, matières collantes, glutens, dextrine, mastics, colle d’amidon, mastics pour le cuir, apprêts, matières à tanner, amidon pour la gomme (dextrine), soude, Matières collantes Matières collantes avec une addition résineuse, colle, matières collantes, glutens, dextrine, mastics, colle d’amidon, mastics pour le cuir, apprêts, matières à tanner, amidon pour la gomme (dextrine), soude, dissolvants pour graisses, amidon

2 Mastics

3 Cirages, matières à astiquer et à conserver le cuir, apprêts, encaustiques, produits de parfumerie, soude à blanchir, substances pour laver, matières à détacher, matières à nettoyer et à polir (sauf pour le cuir), matières à récurer, produits pour rincer et laver les ustensiles de ménage et de cuisine, les organes de machines, les bouteilles, le linge et les vêtements, produits de nettoyage pour bouteilles, pots et tonneaux, produits pour nettoyer les fenêtres, substances pour laver les tapis, produits pour déshuiler et nettoyer les métaux et la porcelaine, amidon et préparation d’amidon pour la lessive

4 Matières à conserver le cuir

16 Matières collantes avec une addition résineuse, colle, Matières collantes avec une addition résineuse, colle, matières collantes, glutens, colle d’amidon

17 Mastics

und ihre Wortmarken

b) AT 21649 (Anmeldedatum 13.5.1938)

SILAN,

eingetragen für die Waren der Klassen 1, 2, 3 und 16 sowie

c) CTM 3423456 (Anmeldedatum 22.10.2003):

SILAN,

eingetragen für die Waren der Klassen

1 Destilliertes Wasser; Appreturmittel für Textilien

3 Wasch- und Bleichmittel, Weichspülmittel für Wäsche, Spül-, Einweich- und Aufhellungsmittel für die Wäsche, Wäschestärke, Fleckenentfernungsmittel; Duftstoffe für die Wäsche; Duftkissen; Putz- und Poliermittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, ätherische Öle als Duftmittel für Wäschezwecke, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel.

Sie widersprach der Schutzzulassung der internationalen Wortmarke (angegriffene Marke) IR 1208559 (Registrierdatum 28.4.2014)

HydroPurSilan,

eingetragen für die Waren der Klasse

1 Chemical products for industrial purposes, in particular compositions for the impregnation and hydrophobization of surfaces.

Die Marken und die dafür eingetragenen Waren seien zur Verwechslung geeignet.

Die Antragsgegnerin bestritt in ihrer am 2.4.2015 eingelangten Äußerung die Verwechselbarkeit und erhob die Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarken gemäß § 29b Abs 3 MSchG.

In Erwiderung darauf legte die Antragstellerin mit der am 14.8.2015 eingelangten Eingabe Nachweise zur Benützung der Widerspruchsmarken vor.

Die Antragsgegnerin replizierte, dass sich aus den Nachweisen nur eine rechtserhaltende Benutzung ausschließlich für „Weichspüler“ ergebe. Die Benutzung für „Wasch- und Bleichmittel“ sei nicht nachgewiesen worden.

In weiterer Folge legte die Antragstellerin keine Unterlagen mehr vor.

Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Patentamt dem Widerspruch mit der wesentlichen Begründung statt, dass sich aus den vorgelegten Unterlagen für den relevanten Beobachtungszeitraum vom 28.4.2009 bis 27.4.2014 eine ernsthafte Benützung für die Waren „Weichspülmittel für Wäsche“ ableite. Die Waren „Weichspüler“ seien eine Unterkategorie des Oberbegriffs der „Wasch- und Bleichmittel“, die auf einem gemeinsamen, einheitlichen Wasch- und Putzmittelmarkt angeboten werden. Weiters würden Weichspüler in ihrer Zweckbestimmung und in ihren Eigenschaften mit Spül-, Einweich- und Aufhellungsmittel für die Wäsche, Duftstoffe für die Wäsche, ätherischen Ölen als Duftmittel für Wäschezwecke, Soda, Bleichsoda, übereinstimmen. Somit gelte die ernsthafte, markenmäßige Benutzung auch für diese Waren. Bei der gegebenen Warenähnlichkeit sei auch eine solche in klanglicher, begrifflicher und schriftbildlicher Hinsicht zu bejahen. Aufgrund der vollständigen Aufnahme von SILAN in die angegriffene Marke sei insgesamt die Verwechslungsgefahr zu bejahen.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss abzuändern und der internationalen Marke in Österreich in dem bei der WIPO beantragten eingeschränkten Umfang Schutz zu gewähren.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

1. Die Antragsgegnerin weist zunächst darauf hin, dass sie die Einschränkung des Warenverzeichnisses bei der WIPO beantragt habe, nämlich auf „Chemical products for industrial purposes, namely anti-graffiti compositions for the impregnation and hydrophobization of surfaces“ (auf Deutsch: „Chemische Erzeugnisse für gewerbliche Zwecke, nämlich Anti-Graffiti-Mittel für die Imprägnierung und Hydrophobisierung von Oberflächen“).

Inhaltlich beanstandet sie die Beurteilung der Benutzungsunterlagen, der Waren- sowie der Zeichenähnlichkeit und der Verwechslungsgefahr insgesamt als rechtsfehlerhaft. Eine Benutzung von Waren einer selbstständigen Untergruppe könne nicht die rechtserhaltende Benutzung für einen im Warenverzeichnis enthaltenen Oberbegriff glaubhaft machen. Die Integrationstheorie sei in Wahrheit nur im Anfechtungsverfahren, nicht jedoch bei Kollisionsfällen anzuwenden. Eine Warenähnlichkeit sei deshalb nicht gegeben, weil der Verwendungszweck, die Vertriebskanäle, das Zielpublikum und die Art der Verwendung unterschiedlich seien. Die wechselseitigen Waren können einander nicht ergänzen oder ersetzen. Zudem seien „Wasch- und Bleichmittel“, wäre ihre Benutzung nachgewiesen, Produkte zur Reinigung von Wäsche.

Es bestünden sowohl visuelle als auch akustische Unterschiede, sodass auch keine Zeichenähnlichkeit gegeben sei. Konsumenten, die einen Weichspüler namens SILAN erwerben wollten, würden diesen nicht mit einem Anti-Graffiti-Mittel für die Imprägnierung und Hydrophobisierung von Oberflächen namens HydroPurSilan verwechseln und auch nicht annehmen, die beiden Produkte hätten den gleichen Hersteller oder Ursprung.

2. Gemäß § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG kann auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke erfolgen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.

2.1 Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RIS-Justiz RS0066553 [T13]). Daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind – zumindest während der Fünfjahresfrist des § 33a MSchG – ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden (Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 30 Rz 5 f mwN).

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören – ausgehend vom Registerstand – insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl C‑39/97 , Cannon/Canon, Rn 23; Koppensteiner, Markenrecht4 117 mwN bei FN 108).

2.2 Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB C‑191/11 P , Yorma’s, Rn 43; vgl auch EuG T‑599/10 , Eurocool, Rn 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159, T‑One mwN; ÖBl 2003, 182, Kleiner Feigling ua; RIS‑Justiz RS0121500 [insb T4], RS0121482, RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; jüngst 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 51 ff mwN).

2.3 Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere die Ähnlichkeit der Marken, ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (vgl RIS-Justiz RS0121482).

So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (C‑39/97 , Cannon/Canon). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RIS‑Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04d, Firn; 17 Ob 36/08f, Kobra/cobra‑couture.at; Koppensteiner, Markenrecht4 111 mwN).

2.4 Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (RIS‑Justiz RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2§ 10 Rz 94 mwN; Koppensteiner, Markenrecht4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (ÖBl 1979, 45, Texhages/Texmoden; ÖBl 1991, 93, quattro/Quadra; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; RIS‑Justiz RS0078944; C‑342/97 , Lloyd, Rn 26).

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zudem eine Rechtsfrage und daher grundsätzlich auch keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227, Ritter/Knight; stRsp RIS-Justiz RS0043640).

2.5 Die Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a = ÖBl 1998, 246, GO; 4 Ob 55/04y = RIS‑Justiz RS0079190 [T22]; 17 Ob 36/08f, Kobra/Cobra).

Auch bei Wortzeichen muss für eine Verwechslungsgefahr eine Übereinstimmung in einem der drei genannten Kriterien bestehen (RIS-Justiz RS0079571, RS0079190 [T22]; Om 4/02, Kathreiner). Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, weil sich der Geschäftsverkehr meist an diesem – sofern er unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem den Wortbestandteil im Gedächtnis behält (RIS-Justiz RS0066779). Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher regelmäßig auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154, Preishammer; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; 4 Ob 119/02g; 4 Ob 10/03d, More).

Maßgebend sind auch hier der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels).

3. Das Patentamt ging in Erledigung des Einwands, die Antragstellerin benutze ihre Marken nicht für alle eingetragen Waren, von folgender Gegenüberstellung aus, zu der festzuhalten ist, dass die Verwendung der englischen und französischen Sprache im Rekurs nicht gerügt wird:

Widerspruchsmarken

angegriffene Marke

IR 176 609

Klasse 3: soude à blanchir, substances pour laver, préparation d’amidon pour la lessive

[Bleichmittel, Waschmittel, Stärkemittel für Wäsche]

IR 1208559

Klasse 1: Chemical products for industrial purposes, in particular compositions for the impregnation and hydrophobization of surfaces

[Chemische Produkte für Industriezwecke, insbesondere Verbindungen für die Imprägnierung und Feuchtigkeitsabweisung von Oberflächen]

AT 21649

Soda, Bleichsoda, Waschmittel

CTM 3423456

Klasse 3: Wasch- und Bleichmittel, Weichspülmittel für Wäsche, Spül-, Einweich- und Aufhellungsmittel für die Wäsche, Duftstoffe für die Wäsche, ätherische Öle als Duftmittel für Wäschezwecke

  

Dabei kann, wie noch zu zeigen sein wird, die Frage dahingestellt bleiben, ob ein Benutzungsnachweis für „Bleichmittel“ auch die Benutzung für die übrigen dargestellten Waren umfasst (Rekurs Punkt II.).

4.1 Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (C‑39/97 , Cannon/Canon [Rn 23]; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 102 mwN). Die Nähe zwischen den fraglichen Waren muss geeignet sein, bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Vorstellung hervorzurufen, dass die Waren, wenn sie mit dem gleichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, unter der Kontrolle eines einzelnen Unternehmens erbracht werden, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann. Es ist auf die Verkehrsauffassung nach den berechtigten Verbrauchererwartungen abzustellen (vgl 4 Ob 225/03x, Lumina, 4 Ob 180/02d, Opus One).

Für die Auslegung des Warenverzeichnisses ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im Prioritätszeitpunkt abzustellen. Die im Warenverzeichnnis verwendeten Gattungsbezeichnungen sind entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem objektiven Verkehrsverständnis auszulegen. Die im Nizzaer Abkommen festgelegte Klassifikation der Waren dient ausschließlich Verwaltungszwecken. Es ist nicht entscheidend, ob die Waren jeweils in der selben Klasse aufscheinen (Om 3/09, Arccos/Archos).

Beim Ähnlichkeitsvergleich sind einander ergänzende Waren solche, zwischen denen ein enger Zusammenhang besteht, weil die eine Ware für die Verwendung der anderen Ware unverzichtbar oder bedeutsam ist, sodass der Verbraucher annehmen könnte, die Herstellung beider Waren liege in der Verantwortung des selben Unternehmens (funktionelle Komplementarität). Vom Fehlen der Verwechslungsgefahr kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn trotz der Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren von Vornherein ausgeschlossen ist (vgl Punkt 2.3).

4.2 Die bei der WIPO beantragte Einschränkung des Warenverzeichnisses ist für das Rekursverfahren nicht von Relevanz, weil schon aufgrund des bisher eingetragenen Warenverzeichnisses keine Warenähnlichkeit besteht. Die Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren könnte ohnedies nur nach dem objektiven Verkehrsverständnis anhand des (derzeitigen) Registerstandes vorgenommen werden (vgl 4 Ob 225/03x, Lumina, 4 Ob 180/02d, Opus one).

5. Die Klasse 1 enthält im Wesentlichen chemische Erzeugnisse für gewerbliche, wissenschaftliche, fotografische, land-, garten und forstwirtschaftliche Zwecke, einschließlich solcher, die zur Herstellung von Erzeugnissen dienen, die in andere Klassen fallen; die Klasse 3 hingegen enthält im Wesentlichen Putzmittel und Mittel für die Körper- und Schönheitspflege. Davon ausgehend sind im Vergleich das Zielpublikum, die Art der Verwendung und damit auch der Verwendungszweck sowie die Vertriebskanäle vollkommen unterschiedlich. Dass die Waren der Antragstellerin aus einer Kombination verschiedener chemischer Inhaltsstoffe bestehen, ist zwar zutreffend, fällt aber mangels einer funktionalen Komplementarität beim Ähnlichkeitsvergleich nicht ins Gewicht.

Die vom Patentamt als relevant angesehenen Waren der Widerspruchsmarken betreffen ausschließlich Dinge, die mit der Pflege von Wäsche zu tun haben, wenn diese auch industriell (und nicht nur im Haushalt) verwendet werden (können).

Dem stehen die Waren der angegriffene Marke gegenüber, die vom Text her nur industriell verwendet werden und die „speziell“ oder „insbesondere“ („in particular“) der Oberflächenbehandlung dienen. Die Assoziation mit Wäsche liegt hier fern, denn auch bei der Imprägnierung von „Wäsche“ (oder noch allgemeiner von „Kleidungsstücken“) würde man nicht von „Oberflächenimprägnierung“ sprechen.

Im Ergebnis ist daher auch mit Blick auf alle vom Patentamt als relevant angesehenen Waren der Widerspruchsmarken nicht davon auszugehen, dass mit Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass die Waren als vom gleichen Hersteller stammend aufgefasst werden.

6. Da keine Warenähnlichkeit gegeben ist, muss die Zeichenähnlichkeit nicht geprüft werden. Auch die Frage der Benutzungsnachweise stellt sich nicht mehr.

Im Ergebnis war der Widerspruch abzuweisen.

7. Da die Entscheidung keine bisher von der Rechtsprechung unbeantworteten Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufweist und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist, ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

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