European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0009:2016:03400R00044.16I.0616.000
Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung der Rechtsabteilung des Patentamts wird geändert und lautet:
«Die internationale Marke IR 1238933 „BEACHBODY“ wird in nachstehender Klasse für folgende Dienstleistungen zum Schutz in Österreich zugelassen:
38 Electronic transmission and streaming of digital media content for others via global and local computer networks; streaming of audio, visual and audiovisual material via a global computer network.»
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung
Die Antragstellerin ist Inhaberin dieser internationalen Wortmarke IR 1238933 mit Priorität vom 30.10.2014 (US 86440212)
BEACHBODY,
eingetragen für diese Dienstleistungen der Klasse
38 Electronic transmission and streaming of digital media content for others via global and local computer networks; streaming of audio, visual and audiovisual material via a global computer network.
Die Antragstellerin brachte zum Zulassungsantrag vor, diese aus einem prägnanten und kurzen Wort bestehende Marke besitze Unterscheidungskraft, eigne sie sich doch hervorragend als Kennzeichen für die beantragten Dienstleistungen, zumal die Definition einer Marke und ihrer Eintragungsfähigkeit allein nach § 1 MSchG zu beurteilen sei. Die Unterscheidungskraft werde zusätzlich durch die Tatsache untermauert, dass der „distinktive Bestandteil“ ihres Firmennamens ebenfalls BEACHBODY laute. Richtig sei zwar, dass die Marke mühelos als „Strandfigur“ übersetzt werden könne, doch habe dieser Begriff keinen Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen; er sei daher auch nicht direkt beschreibend, sondern „im höchsten Maße“ kennzeichnungskräftig.
Mit dem angefochtenen Beschluss verweigerte das Patentamt den Schutz in Österreich zur Gänze. Der Antragstellerin sei zwar zuzustimmen, dass nur Dienstleistungen registriert würden. Der Schutzzulassung stehe dennoch § 4 Abs 1 Z 4 MSchG entgegen, denn danach werde nicht zwingend vorausgesetzt, dass das Zeichen bereits als beschreibende Angabe verwendet wird, sondern dass es dazu geeignet ist.
Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass die beteiligten Verkehrskreise ein Zeichen im geschäftlichen Verkehr üblicherweise in Zusammenhang mit den damit zu kennzeichnenden Dienstleistungen sehen und es in der nächstliegenden sinnvollen Bedeutung verstehen. Der Begriff BEACHBODY werde mühelos mit „Strandfigur“ übersetzt. Es gebe unzählige Anbieter, die Fitness-, Ernährungs- und Work-out-Tipps anbieten. Davon ausgehend werde die banale Marke als reine Sachangabe verstanden, dass die so bezeichneten Dienstleistungen die Erreichung einer „schönen Strandfigur“ zum Gegenstand, Inhalt oder Ziel hätten. Es handle sich um eine reine Sach- und Inhaltsangabe. Das Zeichen sei demnach ohne jeden sonstigen, insbesondere grafischen Zusatz nicht geeignet, die „angemeldeten Waren“ nach ihrer Herkunft zu unterscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss erkennbar nur aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Rekurs ist berechtigt.
1.1. Rechtsfolge der beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf vorgenommenen Registrierung einer internationalen Marke ist grundsätzlich, dass sie in jedem Vertragsstaat (auf den sich der Schutz erstreckt, vgl Art 3bis Abs 1 MMA und Art 3ter PMMA) so geschützt ist, wie wenn sie in jedem der betroffenen Vertragsländer unmittelbar hinterlegt (eingetragen) worden wäre (Art 4 Abs 1 S 1 MMA, Art 4 Abs 1 lit a S 1 PMMA; Koppensteiner, Markenrecht4 243; 4 Ob 128/03g; Om 4/10).
1.2. Die Behörde eines Verbandslandes, der eine internationale Registrierung notifiziert wurde, kann diese wie eine nationale Anmeldung prüfen, sie ist bei der Prüfung allerdings gemäß Art 5 MMA/PMMA auf die in Art 6quinquies Teil B Z 2 der PVÜ genannten Gründe beschränkt (Ullrich in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 2 Rz 84 f).
1.3. Im Fall der Versagung des Schutzes einer internationalen Marke durch das österreichische Patentamt hat der Antragsteller dieselben Rechtsmittel, die er hätte, wäre ein Eintragungsantrag im Schutzverweigerungsland gestellt worden, er kann dagegen also auch mit Rekurs nach § 37 MSchG vorgehen (Koppensteiner, Markenrecht4 243 mwH; Ullrich in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 2 Rz 101).
2. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.
2.1. Ob einer Waren-/Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (Koppensteiner, Markenrecht4 82; RIS-Justiz RS0079038).
Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen mit anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (C‑108/97, Chiemsee; C‑104/00 P, Companyline; EuG T‑471/07, Tame it [Rn 15] mwN; C‑398/08, Vorsprung durch Technik; RIS-Justiz RS0118396; zuletzt etwa 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix, oder 4 Ob 49/14f, My TAXI).
2.2. Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11, OXI-Effekt mwN; 4 Ob 38/06a, Shopping City mwN; RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft die Eintragung verhindert, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen (OBm 3/12, Lounge.at, unter Hinweis auf BGH I ZB 22/11, Starsat; OBm 1/13, Malzmeister mwN; ähnlich RIS-Justiz RS0122383). Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist (vgl EuGH C‑104/01, Orange, Rn 58 und 59; C‑64/02, Das Prinzip der Bequemlichkeit).
2.3. Die Unterscheidungskraft ist anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde, nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit zu prüfen (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 4 Rz 57; 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix mwN). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 4 Rz 67 mwN der Rsp; Ingerl/Rohnke, MarkenG3 § 8 Rz 73; C‑104/01, Orange, Rn 46 und 63;RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS‑Justiz RS0114366 [T5]).
2.4. Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG (Art 3 Abs 1 lit b bis d MarkenRL) sind zwar nach der Rsp des EuGH gesondert zu prüfen (C‑304/06, Eurohypo). Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke aber dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft dieser Dienstleistungen (C‑304/06 P, Eurohypo, Rn 69); eine beschreibende Marke iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG und Art 3 Abs 1 lit c MarkenRL ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG und Art 3 Abs 1 lit b MarkenRL (C‑363/99, Postkantoor, Rn 86). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (OM 10/09, Lümmeltütenparty; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS; 4 Ob 49/14f, My TAXI).
2.5. Nach der Rechtsprechung des EuGH gelten Zeichen dann als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne Weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt das Publikum muss sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (C‑326/01, Universaltelefonbuch, Rn 33 mwN; C‑494/08 P, Pranahaus; vgl zuletzt auch 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS =RIS-Justiz RS0122383 [T1]; RS0117763, RS0066456, RS0066644).
2.6. Enthält das Zeichen dem gegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431 [T3]; RS0090799, RS0066456; 4 Ob 116/03t, immofinanz; 17 Ob 27/07f, ländleimmo; OBm 1/12, Die grüne Linie).
Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, solange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen. Stellt also ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff her, ohne etwas Bestimmtes über die Herstellung oder Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen, liegt keine beschreibende Angabe vor (17 Ob 33/08i, happykauf mwN; OBm 3/12, Lounge.at).
Ist die angemeldete Marke mit anderen Worten nicht geeignet, beim Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art, Natur oder Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen hervorzurufen, ohne dass noch weitere Überlegungen über die mit einer bestimmten Bezeichnung erzielte Aussage erforderlich wären, besitzt sie Unterscheidungskraft (vgl OBm 3/11, Atelier Prive; OBm 2/13, Primera ua; 4 Ob 66/02p, Cornetto).
2.7. Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RIS-Justiz RS0066644).
2.8. Ob Begriffe, die einer Fremdsprache entnommen sind, unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s = wbl 2005, 387, car care; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache selbst nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping City). Englisch ist als wichtigste Handelssprache in Österreich die geläufigste Fremdsprache (Koppensteiner, Markenrecht4 84 mwN; RIS-Justiz RS0066456; 4 Ob 36/14v, selective/line).
3. Auf dieser Grundlage hat das Zeichen Unterscheidungskraft.
3.1. Das Patentamt hat als beteiligte Verkehrskreise nicht nur jenen der Konsumenten benannt, sondern auch „Dritte“, die Streamingangebote bereitstellen möchten. Dieser Einschätzung schließt sich das Rekursgericht an, weil das Patentamt damit erkennbar auch auf die Fachkreise – und damit im Ergebnis auf die relevanten Verkehrskreise – abstellt (RIS-Justiz RS0079038).
3.2. Die Antragstellerinhat bereits im Verfahren erster Instanz nicht bezweifelt, dass die Marke in Österreich mühelos als „Strandfigur“ übersetzt wird (ON 4, Punkt 5.). Das Rekursgericht legt daher dieses unstrittige (und auch zutreffende) Verständnis der beteiligten Verkehrskreise seinen weiteren Ausführungen zugrunde.
3.3. Ausgehend davon ist für die maßgebliche Frage der Registrierbarkeit zu prüfen, ob die Marke – ihren Schutzumfang ins Kalkül ziehend – eine relevanten Interpretationsaufwand erfordert oder von einem uneinheitlichen Begriffsverständnis auszugehen ist.
In Übereinstimmung mit der Argumentation im Rekurs ist das Rekursgericht der Ansicht, dass dem Zeichen Unterscheidungskraft zukommt, weil es nicht nach § 4 Abs 1 Z 4 MSchG beschreibend ist und weil die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG besteht. Die Firma der Antragstellerin ist hingegen nicht bedeutend, weil das Zeichen ausgehend vom Registerstand zu prüfen ist und es daher nicht darauf ankommt, welches Unternehmen mit welchem Unternehmensgegenstand der Anmelder betreibt und unter welcher Firma er selbst auftritt.
Auch wenn BEACHBODY sofort und ohne jeden Zweifel als „Strandfigur“ verstanden wird, so ändert dies nichts an der im Rahmen des Eintragungsverfahrens stets anzustellenden Prognose, die sich auf den konkreten Schutzumfang zu beziehen hat (RIS-Justiz RW0000784), der sich hier – vereinfacht gesagt – im Wesentlichen auf elektronischen Übertragungen und das Streaming von digitalen Medieninhalten für Dritte erstreckt. Ähnlich wie der Rekurs vorträgt sieht auch das Rekursgericht zwischen diesem Schutzbereich und dem Begriffsverständnis des Zeichens nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit daher keinen unmittelbar auf der Hand liegenden Sach- oder Sinnzusammenhang. Es liegt nicht nahe, die Marke BEACHBODY als Information über die Art der mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen (noch stärker vereinfacht: das Bereitstellen von Videodateien über das Internet) zu verstehen, sondern es ist viel eher anzunehmen, dass sie als Hinweis auf die Herkunft dieser Dienstleistungen aufgefasst wird: Im Sinn des Rekursvortrags (Punkt 6.) kommt es – ausgehend vom abstrakten Schutzumfang – nicht ohne weitere Gedankenoperation in Betracht, eine Strandfigur mit solchen Dienstleistungen in Verbindung zu bringen, weswegen das Zeichen auch nicht beschreibend iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist.
Die vom Patentamt im angefochtenen Beschluss (S 2) unter Verweis auf „unzählige Anbieter“, die Fitness-, Ernährungs- und/oder Workout-Tipps anbieten, zitierten Domains vermögen an diesem prognostizierten, nicht sofort und ohne Umschweife gewonnenen Verständnis nichts zu ändern.
3.4. Wenn überhaupt besteht daher ein nur vages Begriffsverständnis. Enthält aber ein Zeichen nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (oben Pkt 2.6.; OLG Wien 34 R 73/14a, STYLEBOOK, LOOKBOOK).
Ist die Marke demnach nicht geeignet, bei den beteiligten Verkehrskreisen mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art oder die Eigenschaft der damit bezeichneten Waren oder Dienstleistungen hervorzurufen, besitzt sie Unterscheidungskraft (vgl 4 Ob 66/02p, Cornetto; 4 Ob 69/15y, Chrysal; OLG Wien 34 R 96/14h, FLATPROVIDER; 34 R 62/14h, CLIP-TUBE; 34 R 32/14x, DEEPSEARCH uva).
4. Grundsätzlich können Rekursentscheidungen im Verfahren außer Streitsachen nach Maßgabe des § 62 AußStrG mit Revisionsrekurs angefochten werden. Dessen ungeachtet wäre ein Rechtsmittel der allein hiezu legitimierten Antragstellerin zurückzuweisen, weil ihr Rekurs vollständig erfolgreich war und sie durch die Entscheidung des Rekursgerichts nicht beschwert ist (RIS-Justiz RS0006880 uva). Der Revisionsrekurs ist daher jedenfalls unzulässig; ein Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands entfällt.
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