OGH 4Ob49/14f

OGH4Ob49/14f23.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Markenrechtssache der Antragstellerin T***** GmbH, *****, vertreten durch Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Anmeldung der österreichischen Wortbildmarke AM 2671/2011, über die Beschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss der Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamts vom 25. Juni 2013, GZ Bm 34/2012‑4, mit welchem der Beschluss der Rechtsabteilung des Österreichischen Patentamts vom 7. Mai 2012, GZ AM 2671/2011‑4, bestätigt wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00049.14F.0423.000

 

Spruch:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird zum Teil bestätigt, zum Teil abgeändert, dass sie nunmehr zu lauten hat:

„1. Der zu Nummer AM 2671/2011 eingebrachte Antrag, die Wortbildmarke 'My TAXI' in das Markenregister einzutragen, wird hinsichtlich folgender Dienstleistung abgewiesen:

Klasse 38: Telefonvermittlung im Rahmen eines Call Centers, nämlich Übermittlung von Telefonanrufen zur Taxivermittlung.

 

2. Im Übrigen wird dem Antrag, die Wortbildmarke 'My TAXI' in das Markenregister einzutragen, für folgende Dienstleistungen stattgegeben:

Klasse 35: Werbung, Geschäftsführung, Unter-nehmensverwaltung, Büroarbeiten;

Klasse 41: Durchführung von Veranstaltungen zur Unterhaltung.

 

Begründung:

Mit Anmeldung vom 26. 5. 2011 beantragte die Anmelderin die Registrierung einer Wortbildmarke für zuletzt folgende Dienstleistungen:

Klasse 35: Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten;

Klasse 38: Telefonvermittlung im Rahmen eines Call Centers, nämlich Übermittlung von Telefonanrufen zur Taxivermittlung;

Klasse 41: Durchführung von Veranstaltungen zur Unterhaltung.

 

Die Marke hat folgendes Aussehen:

Die Rechtsabteilung des Österreichischen Patentamts teilte der Anmelderin mit Schreiben vom 14. 9. 2011 und 20. 1. 2012 folgende Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Eintragung des angemeldeten Zeichens in das Markenregister mit:

Hauptfunktion einer Marke sei es, Waren und Dienstleistungen so zu kennzeichnen, dass sie von den Konsumenten einem Unternehmen zugeordnet werden könnten. Ausschließlich beschreibende Zeichen könnten daher nicht als Marke registriert werden. Der allgemein gebräuchliche Begriff „Taxi“ bezeichne ein Verkehrsmittel zur Personenbeförderung; das Possesivpronomen „my“ (= englisch: mein) weise im Geschäftsverkehr auf die Anpassung der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen an individuelle Kundenwünsche hin. Die grafische Ausgestaltung des Zeichens (einfache schwarze Schrift auf gelbem Feld) trage zu seiner Unterscheidungskraft nichts bei. Die beteiligten Verkehrskreise (Verbraucher, kommerzielle Kunden) fassten daher das angemeldete Zeichen nur als Hinweis auf, dass die so bezeichneten Dienstleistungen unmittelbar mit Taxis in Zusammenhang stünden und individuell an Kundenwünsche angepasst seien. Das Zeichen sei daher gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG wegen fehlender Unterscheidungskraft ohne Nachweis der Verkehrsgeltung von einer Registrierung als Marke ausgeschlossen.

Die mit zwei Monaten bestimmte Frist zur Erbringung des Verkehrsgeltungsnachweises wurde von der Anmelderin nicht genützt. Sie hielt den Ausführungen der Rechtsabteilung des Patentamts entgegen, dass die Kombination der beiden im Zeichen verwendeten Worte eine neue Einheit bilde, die den beteiligten Verkehrskreisen nicht geläufig sei. In Verbindung mit der grafischen Ausgestaltung sei das angemeldete Zeichen ausreichend unterscheidungskräftig.

Die Rechtsabteilung des Österreichischen Patentamts wies mit Beschluss vom 7. 5. 2012 den zu AM 2671/2011 eingebrachten Antrag auf Eintragung der Wortbildmarke ab. Zur Begründung wurde auf die Amtsschreiben vom 14. 9. 2011 und 20. 1. 2012 verwiesen.

Die Rechtsmittelabteilung des Österreichischen Patentamts wies mit Beschluss vom 25. 6. 2013 die Beschwerde der Anmelderin ab. Von der Registrierung als Marke seien Zeichen ohne Unterscheidungskraft ausgeschlossen, weil sie ungeeignet seien, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, nämlich als Herkunftshinweis für Waren und Dienstleistungen zu dienen. Solches treffe auf Zeichen zu, die bei der Vermarktung der betreffenden Waren oder Dienstleistungen gemeinhin verwendet würden. Im Fall eines zusammengesetzten Zeichens sei zu prüfen, ob die Wortverbindung ein zusätzliches Merkmal aufweise, das Unterscheidungskraft des Zeichens in seiner Gesamtheit bewirke. Das angemeldete Zeichen werde vom Publikum, dem die aus dem Englischen stammenden Begriffe geläufig seien, mühelos als „Mein Taxi“ verstanden und als eindeutiger Hinweis auf den Gegenstand der für die Markenanmeldung in Anspruch genommenen Dienstleistungen (nämlich Taxidienstleistungen) aufgefasst, verbunden mit dem Hinweis, dass diese Dienstleistungen auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten seien. Das Zeichen werde hingegen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst. Dessen grafische Gestaltung einschließlich der verwendeten Standardschrift gehe über eine werbemäßig übliche Beschriftung nicht hinaus, sei nicht phantasiehaft und bewirke keine Unterscheidungskraft.

Der Beschluss wurde den Vertretern der Antragstellerin am 23. 12. 2013 zugestellt, die am 21. 2. 2013 einen an den Obersten Gerichtshof gerichteten Revisionsrekurs beim Oberlandesgericht Wien im Weg des Elektronischen Rechtsverkehrs einbrachten. Das Oberlandesgericht Wien legte das Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vor.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Revisionsrekurs ist zulässig: Nach Auflösung des Obersten Patent- und Markensenats mit Inkrafttreten der Patent- und Markenrechts-Novelle 2014 am 1. 1. 2014 ist nun zur Entscheidung im Rechtsmittelverfahren gegen Entscheidungen der Rechtsmittelabteilung des Patentamts, die vor dem 31. 12. 2013 gefasst worden sind, der Oberste Gerichtshof zuständig (§ 176b Abs 5 PatG 1970).

2. Das Rechtsmittel ist nur zum Teil berechtigt.

2.1. Die Anmelderin verweist darauf, dass der Oberste Gerichtshof in einem beim Handelsgericht Wien von einem Mitbewerber gegen die Anmelderin geführten Verfahren das Zeichen des Mitbewerbers „My Taxi“ als kennzeichnungskräftig beurteilt habe. Er macht darüber hinaus geltend, die Rechtsmittelabteilung des Patentamts habe der angemeldeten Marke zu Unrecht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen; es genüge, dass sie vom Publikum zumindest neben ihrer Eigenschaft als bloße Werbemitteilung auch als Herkunftshinweis verstanden werde. Solches sei hier der Fall: Der von den Vorinstanzen abgeleitete mögliche Sinngehalt des Wortbestandteils werde nicht ohne weitere Überlegungen und interpretative Zwischenschritte erkannt, sondern es bedürfe dazu einiger gedanklicher Operationen. Damit unterscheide sich die Marke von werbeüblichen Anpreisungen. Die Kürze und Prägnanz des Wortbestandteils spreche für seine Unterscheidungskraft. Die Vorinstanzen hätten auch den gediegenen, eleganten Gesamteindruck der Grafik verkannt, die auf das Wesentliche reduziert sei; solches stehe ihrer Unterscheidungskraft nicht entgegen.

2.2. Von der Registrierung als Marke sind Zeichen ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben (§ 4 Abs 1 Z 3 MSchG).

2.3. Eine Marke ist unterscheidungskräftig im Sinne des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware oder Dienstleistung somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Nur unter dieser Bedingung kann eine Marke ihre Hauptfunktion als betrieblicher Herkunftshinweis erfüllen (EuGH Rs C 108/97 ‑ Chiemsee Rn 46; EuGH Rs C 39/97 ‑ Canon Rn 154; 4 Ob 38/06a ‑ Shopping City; 4 Ob 89/06a ‑ Gmundner Keramik; RIS‑Justiz RS0118396; vgl auch RS0079038 [T3]).

2.4. Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 ‑ 5 MSchG (Art 3 Abs 1 lit b ‑ d MarkenRL) sind zwar nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gesondert zu prüfen. Unterscheidungskraft fehlt bei einer (Wort‑)Marke aber jedenfalls dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft; eine beschreibende Marke iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG und Art 3 Abs 1 lit c MarkenRL ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG und Art 3 Abs 1 lit b MarkenRL. Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (4 Ob 11/14t mwN).

2.5. Eine Marke ist beschreibend, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und sie daher als Hinweis auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung, nicht jedoch als Herkunftsangabe, verstehen (RIS‑Justiz RS0109431). Dabei müssen die beteiligten Verkehrskreise „sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von den Anmeldungen erfassten Waren und Dienstleistungen“ herstellen können (EuGH C‑326/01 P ‑ Universaltelefonbuch, C‑494/08 P ‑ Pranahaus). Enthält das Zeichen demgegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung geschützt (4 Ob 230/01d ‑ internet.factory; 4 Ob 116/03t ‑ immofinanz; 17 Ob 27/07f ‑ ländleimmo; RIS‑Justiz RS0109431 [T3], RS0090799, RS0066456).

3.1. Die Beurteilung, ob das Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft vorliegt, erfolgt anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde (4 Ob 10/14w; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 4 Rn 57).

3.2. Bei der Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen, abzustellen (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 4 Rn 67 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des VwGH und des EuGH in FN 113; Eisenführ in Eisenführ/Schennen, GMV4 Art 7 Rn 67; vgl auch RIS‑Justiz RS0079038 [T1]).

3.3. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH I ZB 22/11 ‑ Starsat; OPM 3/12 ‑ lounge.at).

3.4. Für Mehrwortzeichen und Werbeslogans gelten die gleichen Grundsätze (EuGH Rs C‑398/08 P ‑ Vorsprung durch Technik Rn 35).

3.5. Ihre Schutzfähigkeit ist als bloß beschreibend nur dann zu verneinen, wenn der Satz oder Satzteil nur eine Aussage über die Ware oder Dienstleistung selbst enthält, die sie beschreibt (EuGH Rs C‑517/99 ‑ Bravo Rn 40; vgl Rs C-64/02 ‑ Das Prinzip der Bequemlichkeit Rn 31 ff; 17 Ob 15/07s - we will rock you; RIS‑Justiz RS0122385).

3.6. Entscheidend ist, ob der Verkehr aus dem Slogan zumindest gleichzeitig auch einen Herkunftshinweis entnimmt (EuGH Rs C‑398/08 P ‑ Vorsprung durch Technik Rn 45).

3.7. Diese Regeln gelten auch für Worte, die dem Grundwortschatz bekannter Fremdsprachen, namentlich des Englischen angehören (Koppensteiner, Markenrecht4 84 mit Beispielen in FN 184).

4.1. Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, hat die Entscheidung der Rechtsmittelabteilung nur insoweit Bestand, als sie die Dienstleistung der Klasse 38 (Telefonvermittlung im Rahmen eines Call Centers, nämlich Übermittlung von Telefonanrufen zur Taxivermittlung) betrifft.

4.2. Betreffend diese Dienstleistung ist die Wortbildmarke der Anmelderin nicht kennzeichnungskräftig, weil nach der im Eintragungsverfahren gebotenen Prognose zu erwarten ist, dass sie vom Publikum ‑ das insoweit über ausreichende Englischkenntnisse verfügt ‑ in ihrem (im Vordergrund stehenden) Wortteil ohne weitere Überlegungen und gedankliche Zwischenschritte ausschließlich als beschreibender Hinweis auf die damit bezeichnete Dienstleistung (Hilfestellung beim Auffinden eines freien Taxis) verstanden wird.

4.3. An diesem zu erwartenden Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise ändert auch der grafische Anteil der Wortbildmarke nichts. Dieser bestimmt nämlich den Gesamteindruck der Marke nicht entscheidend mit, da er sich in der Verwendung gängiger Buchstabentypen erschöpft und damit gegenüber dem Wortbestandteil der Marke völlig in den Hintergrund tritt. Auf diese Weise vermag die Grafik keine eigenständige Unterscheidungskraft zu bewirken.

4.4. Der entscheidende Unterschied in der Beurteilung der Kennzeichnungskraft gegenüber dem beim Handelsgericht Wien geführten Gerichtsverfahren im Kennzeichenstreit zwischen der Anmelderin und einer Mitbewerberin liegt darin, dass der Kennzeichenstreit nicht die Dienstleistung des Betriebs einer Taxivermittlung über Telefon, sondern das Produkt „Anwender-Software für Mobiltelefone“ betraf.

4.5. Für ein auf Mobiltelefonen zu verwendendes Computerprogramm (App) ist das (übersetzt lautende) Zeichen „mein Taxi“ nicht glatt beschreibend, weil es vielschichtig ist und etwa auch auf ein Computerspiel oder eine Datensammlung zu Taxiunternehmen hindeutet, und sich damit für das Publikum nicht sofort und ohne Denkprozess oder Interpretationsaufwand ein konkreter und direkter Bezug zwischen dem Zeichen und den charakteristischen Eigenschaften der damit bezeichneten Ware (Programm, das eine Telefonverbindung zum nächstgelegenen freien Taxi herstellt und das dem Taxilenker den Standort des Anrufers anzeigt) herstellen lässt.

5. Anderes gilt hingegen für die Dienstleistung der Klasse 41 (Durchführung von Veranstaltungen zur Unterhaltung) und der Klasse 35 (Werbung, Geschäftsführung, Unternehmensverwaltung, Büroarbeiten), da das angemeldete Zeichen vom Publikum nicht unmittelbar gedanklich mit der Art, Natur oder Beschaffenheit von Unterhaltungsveranstaltungen oder den in Klasse 35 genannten Dienstleistungen in Verbindung gebracht wird und daher keinen beschreibenden Inhalt aufweist. Nur in diesem Umfang ist der Beschwerde Folge zu geben.

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