OGH 4Ob69/15y

OGH4Ob69/15y19.5.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. C***** B.V., *****, 2. B***** GmbH, *****, beide vertreten durch Salomonowitz Horak, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. E***** GmbH, 2. B***** GmbH, und 3. DI Y*****, alle vertreten durch Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen Unterlassung, Beseitigung, Veröffentlichung, Rechnungslegung und Zahlung (Gesamtstreitwert 52.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien (Revisionsinteresse 51.000 EUR) gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. Februar 2015, GZ 5 R 166/14i‑42, womit das Teilurteil des Handelsgerichts Wien vom 22. Juli 2014, GZ 57 Cg 96/12m‑37, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Das Berufungsgericht verpflichtete die Beklagten mit Teilurteil, es ab sofort in der Europäischen Union im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, die Zeichen Chrysa und/oder Chrysamed, insbesondere in einer bestimmten grafischen Gestaltung und/oder unter Verwendung der Farbkombination grün‑orange/weiß, wobei die Farben durch eine wellenförmige Linie voneinander getrennt sind, insbesondere in näher bezeichneten Formen und/oder ähnliche Zeichen unter Verwendung des Wortstamms Chrysa, insbesondere Chrysamethrin, insbesondere in näher beschriebener grafischer Gestaltung für Produkte für Garten und Landwirtschaft, insbesondere Schädlingsbekämpfungs-mittel, Pflanzenschutzmittel etc und/oder Anwendungsgeräte zu benützen, insbesondere solche Produkte mit diesen Zeichen herzustellen, anzubieten, zu bewerben, in Verkehr zu bringen, zu den genannten Zwecken zu besitzen, ein‑ oder auszuführen, insbesondere im Internet, insbesondere unter den Begriff „Chrysamed“ oder „Chrysamethrin“ enthaltenden und/oder ähnlichen Domains, insbesondere auch durch wirtschaftliche Verwertung solcher Domains, insbesondere auch durch Übertragung solcher Domains auf Dritte und/oder Zurverfügungstellung an Dritte, und/oder an solchen Handlungen mitzuwirken; überdies die Erstbeklagte gegenüber der Erstklägerin insbesondere auch durch Verwendung des Wortes Chrysamed als Bestandteil ihrer Firma und für den Geschäftszweck „Herstellung und Vertrieb von Insektiziden“ und/oder mit der Herstellung und/oder dem Handel von Produkten für die Garten‑ und Landwirtschaft und ähnliche Geschäftszweige. Darüber hinaus erließ das Berufungsgericht ein Beseitigungsbegehren, das auch die Entfernung sämtlicher Inhalte im Zusammenhang mit Produkten für die Garten‑ und Landwirtschaft von den unter den „Chrysamed“ enthaltenden Domains zugänglichen Websites sowie die Löschung dieser Domanis umfasste. Weiters verurteilte das Berufungsgericht die Beklagten zur Rechnungslegung über die durch näher bezeichnete Verletzungshandlungen erzielte Umsätze und ermächtige die Klägerinnen zur Urteilsveröffentlichung in näher beschriebener Weise sowohl in der „Kronenzeitung“ als auch der deutschen Fachzeitschrift „TASPO“ sowie entsprechender Einschaltungen im Internet.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagten vermögen in ihrer außerordentlichen Revision, mit der sie die Abweisung sämtlicher Klagebegehren weiter verfolgen, keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Ob nach den im konkreten Fall gegebenen Umständen Verwechslungsgefahr besteht, bildet ‑ von hier nicht vorliegender grober Fehlbeurteilung im Einzelfall abgesehen ‑ keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0112739).

Als rein beschreibend werden nur Zeichen verstanden, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschlossen werden kann und die als beschreibender Hinweis auf das damit bezeichnete Objekt, Unternehmen, Ware oder Dienstleistung verstanden werden (RIS‑Justiz RS0066456, RS0117763). Dies ist dann der Fall, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (17 Ob 1/08h‑Feeling mwN). Bei bloßen Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit des zu kennzeichnenden Gegenstands liegt keine beschreibende Angabe vor (RIS‑Justiz RS0090799). Enthält das Zeichen nur Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend (RIS‑Justiz RS0109431 [T3]). Dabei müssen die beteiligten Verkehrskreise „sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von den Anmeldungen erfassten Waren und Dienstleistungen“ herstellen können (EuGH C‑326/01P Universaltelefonbuch, RN 33).

Es ist jedenfalls vertretbar, wenn das Berufungsgericht die Marke Chrysal für chemische Produkte für die Landwirtschaft und Blumenzucht, natürliche und künstliche Düngemittel, Blumenschutzmittel, Insektizide, Funizide und Herbizide als nicht rein beschreibend auffasst, weil höchstens eine Andeutung über die Bestimmung der Ware vorliegt (Chrysal erinnert an die Pflanzengattung Chrysantheme, der insektenvernichtende oder abhaltende Wirkung zugeschrieben wird). Die Warenidentität oder ‑ähnlichkeit in Bezug auf die zu beurteilenden Zeichen sowie deren Ähnlichkeit ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig.

Von der Rechtsprechung zur Wiederholungsgefahr ist das Berufungsgericht nicht abgewichen. Wer seine Handlung im Prozess verteidigt und weiterhin ein Recht zu diesem Verhalten behauptet, in der Regel schon dadurch zu erkennen gibt, dass es ihm um die Vermeidung weiterer Eingriffe nicht ernstlich zu tun ist (RIS‑Justiz RS0031772, RS0079564). Ob aufgrund der Umstände des Falls die Gefahr einer Wiederholung hätte verneint werden können, hat im Übrigen keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und ist daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz RS0044460 [T3], RS0042818).

Der in den Spruch aufgenommene Zusatz „insbesondere durch wirtschaftliche Verwertung solcher Domains, insbesondere auch durch Übertragung solcher Domains auf Dritte und/oder zur Verfügungstellung an Dritte“ ist zweifellos dahin zu verstehen, dass eine Nutzung des Zeichens als Bestandteil der Domain dann zu unterlassen ist, wenn es zur Kennzeichnung der näher genannten Waren erfolgt. Die Vorinstanzen verboten nicht die Verwertung bestimmter Domains schlechthin, sondern ‑ im Rahmen der beispielhaften Aufzählung unter „insbesondere“ ‑ die markenverletzende Verwendung des verwechslungsfähigen Kennzeichens. Die Argumentation der Revisionswerber, die ihnen auferlegte Unterlassungsverpflichtung gehe über das hinaus, wozu sie nach materiellem Recht verpflichtet wären (vgl RIS‑Justiz RS0037461, RS0122725), geht daher ins Leere.

Wenn sich die Beklagten mit dem Argument mangelnder Unterscheidungskraft der Marke sowie fehlender Wiederholungsgefahr gegen das wider sie erlassene Verbot der Firmenverwendung wenden, sind die darauf zu verweisen, dass die berufungsgerichtliche Beurteilung der Verwechslungsgefahr einerseits und der Wiederholungsgefahr andererseits jedenfalls vertretbar ist.

Gegen das schon in erster Instanz erlassene Vernichtungsgebot wandten sich die Beklagten in ihrer Berufung lediglich mit dem Vorbringen, sie seien zur Vernichtung von Gegenständen verpflichtet worden, ohne Rücksicht darauf, ob sich diese auch in ihrer Verfügungsmacht befänden. Dass die Beklagten über die zu löschenden Domains nicht verfügungsbefugt wären, haben sie hingegen nicht releviert. Dies erstmals in der Revision geltend zu machen, ist nicht zulässig.

Das für die Urteilsveröffentlichung vorauszusetzende Aufklärungsinteresse im konkret zu beurteilenden Einzelfall wirft in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf (RIS‑Justiz RS0079820 [T20], RS0079737 [T16]). Bereits das Erstgericht hat den Vertrieb der markenverletzenden Produkte (auch) in Deutschland festgestellt, unter anderem durch Verwendung auf den deutschen Markt ausgerichteter Domains. Ob der Vertrieb auch über 1.795 Fachgeschäfte erfolgte, ist im Hinblick auf die angeordnete Urteilsveröffentlichung in einer deutschen Fachzeitschrift ohne Belang.

Die außerordentliche Revision ist daher zurückzuweisen.

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