European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E126660
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
I. Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird, insofern sie sich gegen die teilweise Aufhebung des Ersturteils richtet und damit als Rekurs zu behandeln ist, als unzulässig zurückgewiesen.
II. Den außerordentlichen Revisionen beider Parteien wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden hinsichtlich der Unterlassungsbegehren dahin abgeändert, dass sie als Teilurteil einschließlich der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile lauten:
„1. Die beklagte Partei ist gegenüber den klagenden Parteien zur ungeteilten Hand schuldig, binnen neun Monaten alle Lärmstörungen zu unterlassen, die an der Grundstücksgrenze der Liegenschaft der klagenden Parteien EZ * GB * durch die *bahn * (insbesondere die ungeöffnete Talstation samt Einrichtungen und die erste Stütze) einen energieäquivalenten Dauerschallpegel von mehr als 55 dB – in den Abendstunden (ab 18:00 Uhr): mehr als 53 dB – verursachen.
2. Die darüber hinausgehenden Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei gegenüber den klagenden Parteien zur ungeteilten Hand jeweils binnen 14 Tagen schuldig,
a) Lärmstörungen zu unterlassen, die an der Grundstücksgrenze der Liegenschaft der klagenden Parteien EZ * GB * durch die *bahn * (insbesondere die ungeöffnete Talstation samt Einrichtungen und die unterste Stütze) einen energieäquivalenten Dauerschallpegel zwischen 48 und 55 dB – in den Abendstunden: zwischen 48 und 53 dB – verursachen;
b) es zu unterlassen, durch den Betrieb der *bahn * auf der EZ * GB * der klagenden Parteien Schlagschatten von mehr als 20 Minuten pro Tag oder 20 Stunden pro Jahr zu verursachen,
werden abgewiesen.
3. Die Entscheidung über die Kosten erster und zweiter Instanz bleibt dem Endurteil vorbehalten.“
III. Im Übrigen – somit in Hinsicht auf das Begehren auf Zahlung von 100.000 EUR sA – werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Entscheidungsgründe:
zu I.:
Rechtliche Beurteilung
Gegen einen im Berufungsverfahren ergehenden Beschluss des Berufungsgerichts ist, soweit mit ihm das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen hat, der Rekurs nur zulässig, wenn das Berufungsgericht dabei ausgesprochen hat, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist (§ 519 Abs 1 Z 2 ZPO).
Das Berufungsgericht hob das Ersturteil hinsichtlich des Feststellungsbegehrens auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück. Das Berufungsgericht ließ den Rekurs nicht zu. Insoweit sich die außerordentliche Revision der Beklagten gegen die Urteilsaufhebung und Zurückverweisung an die erste Instanz richtet, ist sie als Rekurs zu werten, der gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO jedoch unzulässig ist.
Zu II.:
Die Kläger und die Beklagte sind Eigentümer aneinandergrenzender Liegenschaften in einem Tourismusort mit etwa 700 Einwohnern. Die Liegenschaft der Kläger samt Haus, Terrasse und Garten befindet sich in Nähe der Talstation und unfern der Trasse der von der Beklagten im Dezember 2007 in Betrieb genommenen Gondelseilbahn. Die Gondelseilbahn ersetzte den bis dahin auf der selben Trasse geführten Doppelsessellift.
Die Beklagte errichtete die Seilbahn aufgrund der ihr vom Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie mit Bescheid vom 20. 6. 2007 erteilten Baubewilligung. Mit weiterem Bescheid des Bundesministeriums vom 29. 8. 2007 wurde der Beklagten eine Konzession nach den Bestimmungen des Seilbahngesetzes 2003 (im Folgenden: SeilbG) auf 40 Jahre verliehen. Die Betriebspflicht wurde auf die Zeiträume vom 20. 12. bis 31. 3. und vom 1. 6. bis 15. 9. jedes Jahres festgelegt. Mit Bescheid des Bundesministeriums vom 4. 12. 2007 wurde der Beklagten die Betriebsbewilligung nach dem SeilbG erteilt. Das Verwaltungsverfahren wurde nach den Vorschriften des SeilbG durchgeführt. Die Kläger hatten sich als Parteien beteiligt und rechtzeitig Einwendungen gegen die gegenüber dem Betrieb des alten Sessellifts zu erwartenden höheren Schallimmissionen erhoben. In den Genehmigungsbescheiden wurde kein dB-Wert festgelegt, der nicht überschritten werden darf.
Der Erstkläger nutzt die Liegenschaft seit den 1990er Jahren durchgängig als Hauptwohnsitz und hält sich auf ihr zu ca 70 % auf. Seine Ehegattin, die Zweitklägerin, hat einen anderen Hauptwohnsitz; sie hält sich auf der Liegenschaft zu 40 bis 50 % auf. Im unteren Stock des Hauses betreiben die Kläger eine Ferienwohnung.
Die Gondelseilbahn ist ca neun bis zehn Monate pro Jahr täglich von 8:30 Uhr bis 17:00 Uhr und einmal pro Woche zusätzlich bis 22:00 Uhr in Betrieb. Dazwischen gibt es immer wieder einmal Sonderfahrten für spezielle Veranstaltungen. Die Beklagte ist bemüht, die Gastronomen dazu anzuhalten, die Gäste rechtzeitig wieder ins Tal zu schicken, damit alle Personen bis 22:00 Uhr heruntergebracht und der Betrieb der Gondelseilbahn pünktlich beendet werden kann; die Einhaltung dieser Zeit gelang bis dato nicht immer. In den Stoßzeiten (samstags und sonntags von 8:30 Uhr bis ca 10:30 Uhr oder längstens 11:00 Uhr an besonders stark besuchten Tagen) wird die Gondelseilbahn mit einer Geschwindigkeit von 6 m/sec betrieben. Anschließend wird die Geschwindigkeit auf ca 3 oder 3,5 m/sec reduziert. Wenn die Bahn in den Stoßzeiten nicht mehr mit der Geschwindigkeit von 6 m/sec fahren würde, entstünden lange Wartezeiten für die Schifahrer, was sich negativ auf den Tourismus im Tal auswirken würde.
Vor der Talstation der Gondelseilbahn befinden sich zwei Stützen unmittelbar hintereinander mit je acht Niederhaltungsrollen pro Seite, also insgesamt 16 Rollen pro Seilführungsseite. Die Gondelseilbahn verursacht Betriebsgeräusche, die von ihrer Antriebsmotorik sowie vom Tragseil und den Kuppelklemmen ausgehen, wenn diese über die Stützenrollen und durch die dortigen Niederhaltungsrollen geführt werden, sowie weiters aus dem notwendigen Entkuppeln und Abbremsen der Gondeln bei der Einfahrt in die Talstation entstehen.
Der Schallimmissionswert (energieäquivalenter Dauerschallpegel) an der Grundstücksgrenze zwischen der Liegenschaft der Kläger und der Liegenschaft, auf der die Gondelseilbahn[-talstation] errichtet wurde, beträgt 52,8 dB bei einer Betriebsgeschwindigkeit von 3 m/sec und 58,6 dB bei einer Betriebsgeschwindigkeit von 6 m/sec, jeweils ohne (als solchen lärmdämpfenden) Schnee. Letzterer Wert überschreitet die Immissionsgrenzwerte der Raumplanung und auch den gesundheitsrelevanten Grenzwert nach ÖAL-RL 6/18 von 55 dB. Empfehlenswert wäre insbesondere auch aus gesundheitlicher Sicht ein energieäquivalenter Dauerschallpegel von 53 dB (an der Grundstücksgrenze), wobei vereinzelte Spitzen bis zu 55 dB erträglich und zumutbar wären.
Die relativ hohe Seilführung der Gondelseilbahn erschwert praktikable Lärmschutzmaßnahmen an der Grundstücksgrenze. Grund für die hohe Seilführung war, dass die Straße an der Talstation unter den Seilen durchgebaut wurde. Ob dies auch anders möglich gewesen wäre bzw welche Nachteile damit verbunden gewesen wären, kann nicht festgestellt werden.
Der ortsübliche Schallimmissionswert im betreffenden Tourismusort beträgt 55 dB. Der Basispegel, das ist der Mindestschallimmissionswert, der im Ort immer vorhanden ist (ohne Betrieb der Seilbahn), beträgt 48 dB. Der ortsübliche Schallimmissionswert in den Abendstunden beträgt 53 dB.
Der vom vormaligen Sessellift, der ebenso regelmäßig von morgens bis abends in Betrieb war, ausgehende Lärm war geringer als jener der Gondelseilbahn. Die Schallimmissionen der Gondelseilbahn der Beklagten sind in Art und Ausmaß typisch für eine Gondelseilbahn, deren Talstation nicht bis ganz nach vorne eingehaust ist (keine geschlossene Bauweise). Seit mehreren Jahren werden Seilbahnen üblicherweise geschlossen gebaut. Die technische Ausführung der Gondelseilbahn der Beklagten, insbesondere auch die technische Konstruktion der ersten Stütze, ist ebenfalls üblich und typisch für Gondelseilbahnen.
Eine mögliche und auch wirtschaftlich verhältnismäßige Maßnahme zur Reduzierung der Schallimmissionen wäre die Anbringung einer Verkleidung mit entsprechenden, zB pyramidenförmigen Schalldämmelementen an der Talstation. Die Kosten hiefür würden zumindest 55.000 EUR netto betragen. Mit dieser Maßnahme könnte ein energieäquivalenter Dauerschallpegel von 53 dB an der Grundstücksgrenze der Kläger erreicht werden.
Eine weitere mögliche, jedoch weniger effektive Maßnahme zur Reduzierung der Schallimmissionen wäre die Verkleidung der Stütze 1 mit Schalldämmelementen, wobei die Befestigung über eine Stahlkonstruktion im Abstand von 1 m an den Rohren der Seilfangeinrichtung erfolgen könnte. Für die Demontage müssten die Seilhebeböcke bei den Stützen verlängert werden; die Demontage und Wartung könnte dann bei Bedarf mit Hubzügen erfolgen. Diese Maßnahme wäre technisch sehr schwierig und aufwändig, es müsste auch einiges weg‑ bzw umgebaut werden. Die Kosten hiefür würden zumindest 25.000 EUR netto betragen. Mit dieser Maßnahme allein kann nicht mit Sicherheit ein energieäquivalenter Dauerschallpegel von 53 dB an der Grundstücksgrenze der Kläger erreicht werden, die derzeitigen Schallimmissionen könnten damit aber reduziert werden.
Eine dritte mögliche Maßnahme zur Reduzierung der Schallimmissionen wäre eine Schallschutzwand. Eine solche würde keine besonders hohen Kosten verursachen und wäre auch technisch nicht schwierig umzusetzen. Die Wand müsste aber so hoch sein, dass die Schallwellen deutlich über das Haus der Kläger gehen; die Höhe müsste ca 7 bis 10 Meter betragen. Der Nachteil wäre das optische Erscheinungsbild einer solchen Wand und die Reduzierung des Ausblicks, auch vom Haus der Kläger aus betrachtet. Es kann nicht festgestellt werden, ob eine seilbahnbehördliche Bewilligung und eine Baubewilligung für so eine Schallschutzwand erteilt werden würde.
In den letzten zehn Jahren entstand beim Betrieb der Gondelseilbahn der Beklagten ein Verlust von rund 3,5 Millionen EUR. Nur zusätzliche Einlagen und Haftungserklärungen der beiden Hauptgesellschafter – zweier Gemeinden – verhinderten eine Insolvenz der Beklagten.
Die Kläger nahmen mit ihrer am 3. 7. 2008 eingebrachten Klage die Beklagte nach Klagsänderungen zuletzt wie aus dem Spruch ersichtlich wegen des von der Seilbahn ausgehenden Lärms und des von ihr bewirkten Schlagschattens auf Unterlassung, Zahlung von 100.000 EUR und Feststellung in Anspruch. Sie brachten hierzu vor, die neue Gondelseilbahn sei viel lauter als der alte Sessellift, wodurch die ortsübliche Benutzung ihrer Liegenschaft verunmöglicht werde. Hinzu kämen ebenso äußerst enervierende Licht-Schatten-Wechsel („Schlagschatten“). Bei der Gondelseilbahn handle es sich zwar um eine „gemeinwichtige Anlage“, es könnten aber zumutbare Maßnahmen gesetzt werden, um die unzumutbaren und ortsunüblichen Beeinträchtigungen zu vermeiden; insbesondere wäre die Talstation einzuhausen und an der ersten Stütze eine Schallschutzverkleidung anzubringen.
Die Beklagte wandte – soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse – ein, dass die von der Gondelseilbahn ausgehenden Immissionen ortsüblich seien und die ortsübliche Benutzung der Liegenschaft der Kläger nicht wesentlich beeinträchtigten sowie dass der Ort durch die Gondelseilbahn geprägt sei. Diese sei eine behördlich genehmigte Anlage im Sinne des § 364a ABGB und zudem eine „gemeinwichtige Anlage“ im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Es bestünden keine Unterlassungsansprüche, das Nachbarrecht habe sich dem öffentlichen Interesse an der Gondelseilbahn unterzuordnen.
Das Erstgericht erkannte die Beklagte für schuldig, binnen 14 Tagen alle Lärmstörungen zu unterlassen, die an der Grundstücksgrenze der Kläger durch die Gondelseilbahn, insbesondere die ungeöffnete Talstation, einen energieäquivalenten Dauerschallpegel von mehr als 53 dB verursachen. Im Übrigen wies es das Klagebegehren ab.
Das Erstgericht ging hinsichtlich der Lärmimmissionen im Wesentlichen von dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt aus und traf darüber hinaus Feststellungen zum Thema „Schlagschatten“. Zu den Lärmimmissionen führte das Erstgericht aus, dass es sich bei der Gondelseilbahn um eine sogenannte gemeinwichtige Anlage handle. Da die Behörde in den Bescheiden keine bestimmten Grenzwerte festgesetzt habe, seien von den Klägern solche Immissionen hinzunehmen, die für den Betrieb der Anlage typisch und auch nicht durch wirtschaftlich zumutbare Vorkehrungen hintangehalten oder verringert werden könnten. Es gäbe wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen, die die derzeitigen Schallimmissionen auf das gesundheitlich unbedenkliche und auch ortsübliche Maß von 53 dB reduzieren würden. Die Kläger hätten insofern einen Unterlassungsanspruch. Bei gemeinwichtigen Anlagen bestehe hinsichtlich der durch zumutbare Maßnahmen nicht vermeidbaren ortsunüblichen Immissionen kein Ausgleichsanspruch, sodass das Zahlungs‑ und das Feststellungsbegehren abzuweisen seien.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten zur Gänze, der Berufung der Kläger teilweise Folge und änderte mit der angefochtenen Entscheidung das Ersturteil dahingehend ab, dass es die Unterlassungsbegehren gänzlich abwies und die Beklagte dem Grunde nach zur Zahlung von 100.000 EUR sA verurteilte. Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens hob das Berufungsgericht – ohne Zulassung des Rekurses – das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache insofern zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene und gegen die teilweise Stattgebung des Unterlassungsbegehrens gerichtete Berufung der Beklagten sei berechtigt, weil die Kläger im Verwaltungsverfahren Parteistellung gehabt hätten. Bei der von einem Nachbarn erhobenen Einwendung, dass die Lärmimmissionen einer Genehmigung entgegenstünden, handle es sich nämlich um ein subjektives öffentliches Recht, das im Behördenverfahren geltend gemacht werden könne. Folglich liege aber eine behördlich genehmigte Anlage im Sinne des § 364a ABGB vor. Das stehe Unterlassungsansprüchen der Kläger entgegen, soweit die zum Gegenstand der Klage gemachten Immissionen solche seien, die typisch mit dem genehmigten Betrieb verbunden seien. Sowohl die Lärmbeeinträchtigung als auch die Schattenwürfe seien für den Seilbahnbetrieb typische Einwirkungen auf den Nachbargrund.
Anzuwenden sei somit § 364a ABGB. Die Voraussetzungen seiner Anwendung, dass eine Immission vorliege, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreite und die ortsübliche Benutzung des klägerischen Grundstücks wesentlich beeinträchtige, seien erfüllt, weil feststehe, dass bei einer Betriebsgeschwindigkeit von 6 m/sec ein Schallimmissionswert von 58,6 dB erreicht und damit der Immissionsgrenzwert der Raumplanung und auch der gesundheitsrelevante Grenzwert von 55 dB überschritten werde. Daraus könne zwanglos gefolgert werden, dass eine Beeinträchtigung der Kläger in der ortsüblichen Benutzung ihres Grundstücks vorliege. Folglich stehe ihnen dem Grunde nach ein schadensvergütender, verschuldensunabhängiger nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch zu.
Gegen diese Entscheidung richten sich die außerordentlichen Revisionen beider Seiten. Die Beklagte strebt eine Abänderung des Urteils im gänzlich klagsabweisenden Sinn an, die Kläger eine Abänderung dahin, dass ihrem Begehren auf Unterlassung von Lärmstörungen, insoweit diese 53 dB übersteigen, und ihrem Unterlassungsbegehren wegen des Schlagschattens stattgegeben werde. Hilfsweise wird jeweils ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt. Als Revisionsgrund wird jeweils unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht; die Kläger rügen weiters Verfahrensmängel des Berufungsverfahrens. Hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Unterlassung von Lärmimmissionen bis 53 dB blieb das Berufungsurteil unbekämpft.
Die Parteien beantragen in der ihnen vom Obersten Gerichtshof jeweils freigestellten Revisionsbeantwortung, die außerordentliche Revision der Gegenseite zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Beide außerordentlichen Revisionen sind zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und auch zum Teil berechtigt.
Aus Zweckmäßigkeitsgründen werden die außerordentlichen Revisionen gemeinsam behandelt.
1. Die von den Klägern gerügten Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
2.1. Die Kläger stützen ihre Begehren auf §§ 364 Abs 2 und 364a ABGB. Erstgenannte Bestimmung gewährt dem Eigentümer eines Grundstücks das Recht, von Nachbargrundstücken ausgehende Immissionen zu untersagen, wenn diese das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benützung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen. Erfolgt die Beeinträchtigung durch eine behördlich genehmigte Anlage, werden die Rechte des betroffenen Nachbarn durch § 364a ABGB auf den Ersatz des zugefügten Schadens beschränkt. Statt des ihm an sich zustehenden Unterlassungsanspruchs wird ihm ein verschuldensunabhängiger Ersatzanspruch eingeräumt, der die zu duldende Eigentumsbeschränkung ausgleichen soll (2 Ob 57/09k [Pkt 1.] mwH).
2.2. Die in § 364 Abs 2 ABGB gebrauchten Ausdrucke „örtlich“ und „ortsüblich“ sind nicht in dem Sinne zu verstehen, dass es auf die Verhältnisse innerhalb der gesamten politischen Gemeinde ankomme. Maßgebend sind vielmehr die Lage des beeinträchtigten Grundstücks zu dem, von dem die Störung ausgeht, und die Verhältnisse in der unmittelbaren Umgebung beider Liegenschaften (RS0010678 [T2]; RS0010653 [T3]). In der Regel hängt die Ortsüblichkeit von Immissionen in dem zu betrachtenden Raum davon ab, ob schon eine größere Anzahl von Grundstücken dieses Gebiets so genutzt wird, dass Einwirkungen von ihnen ausgehen, die den zu beurteilenden Immissionen entsprechen (RS0010653 [T17]). Unter besonderen Umständen können aber auch etwa schon ein einziger Großbetrieb (3 Ob 591/87), eine große Sportanlage (3 Ob 586/78; 6 Ob 611/82 = MietSlg 34.033) oder – hier von Relevanz – Bahnanlagen (6 Ob 668/81) den Charakter eines Raumes prägen. In der zuletzt zitierten Entscheidung kam der Oberste Gerichtshof daher auch zum Ergebnis, dass Einwirkungen, die der Betrieb einer Eisenbahn üblicherweise mit sich bringt, zu den Umständen gehören, die den Charakter der Landschaft formen, und dass sie daher als ortsüblich anzusehen sind. Auch eine Seilbahnanlage wie die hier streitgegenständliche ist für die Beurteilung des maßgeblichen Raumes prägend.
2.3. Übersteigen Immissionen das ortsübliche Ausmaß und nimmt der Nachbar dies mehr als drei Jahre unbeanstandet hin, so ist nach einem Teil der Rechtsprechung die Ortsüblichkeit unter Berücksichtigung der zunächst untersagbaren Mehrbelastung zu beurteilen, sodass ein Anspruch auf Unterlassung der Immissionen nicht mehr besteht (7 Ob 361/97g; 3 Ob 201/99a).
Dass schon das mehrjährige Hinnehmen einer Immission durch den Betroffenen diese ortsüblich machen könne, lehnt ein anderer Teil der Rechtsprechung ab (5 Ob 65/03z; 1 Ob 263/06t; dazu RS0117865). Begründung hierfür ist, dass die Umgebung, die der in § 364 Abs 2 ABGB verwendete Begriff „Ort“ umschreibt, sich im Regelfall nicht auf das emittierende und das oder die davon wesentlich beeinträchtigte(n) Grundstück(e) reduzieren lässt, die „örtlichen Verhältnisse“ weiträumiger zu verstehen sind und es um Gebiets- bzw Stadtteile („Viertel“) mit annähernd gleichen Lebens- und Umweltbedingungen geht (5 Ob 65/03z).
Wie bereits ausgeführt liegt hier aber ein Ausnahmefall vor, weil die Seilbahnanlage den für die Beurteilung maßgeblichen Raum prägt. In einem solchen Fall ist kein Grund ersichtlich, warum vom betroffenen Anrainer über drei Jahre unbeanstandet gebliebene Immissionen der den Raum prägenden Seilbahnanlage nicht ortsüblich werden sollen.
2.4. Die Kläger begehrten mit ihrer Klage an Unterlassung zunächst nur jene von Schallimmissionen in näher beschriebenem Ausmaß. Erst mit Klagsänderung vom 6. 5. 2011 und damit mehr als drei Jahre nach Inbetriebnahme der Gondelseilbahn im Dezember 2007 begehrten sie von der Beklagten auch die Unterlassung der Beeinträchtigung ihrer Liegenschaft durch „Licht- und Schatteneffekte (Schlagschatten)“ in näher beschriebenem Ausmaß. Die Licht- und Schatteneffekte (Schlagschatten) sind damit bereits ortsüblich geworden und schon deshalb nicht untersagbar. Erörterungen zum Immissionsbegriff des § 364 Abs 2 ABGB können daher unterbleiben (vgl statt vieler Holzner in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 364 Rz 8 ff). Hinsichtlich des Schlagschattens war daher der außerordentlichen Revision der Kläger der Erfolg zu versagen.
3.1. Die unzulässige Einwirkung wird nach § 364 Abs 2 ABGB zum einen durch das Kriterium, dass sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreitet, zum anderen durch jenes, dass sie die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigt, bestimmt. Da die beiden Kriterien kumulativ vorliegen müssen, sind selbst ortsunübliche Immissionen zu dulden, wenn sie die ortsübliche Nutzung des Grundstücks nicht wesentlich beeinträchtigen, sowie auch ortsübliche, obwohl die ortsübliche Nutzung des Grundstücks durch sie wesentlich beeinträchtigt wird (idS 7 Ob 286/03i mwN).
Nach den Feststellungen beträgt der ortsübliche Schallimmissionswert 55 dB, in den Abendstunden beträgt er 53 dB. Insoweit die Gondelseilbahn jeweils lauter ist, ist daher das erste Kriterium des § 364 Abs 2 ABGB erfüllt.
Für das Kriterium der wesentlichen Beeinträchtigung der ortsüblichen Benutzung des Grundstücks durch die Einwirkung kommt es bei Lärm nicht nur auf den Geräuschpegel, sondern auch auf die Lästigkeit des Lärms an (Winner in Rummel/Lukas, ABGB4 § 364 ABGB Rz 34). Die Lästigkeit kann je nach Lärmquelle eine unterschiedliche Ursache haben, insbesondere in der Tonhöhe, der Dauer und der Eigenart der Geräusche begründet sein (vgl RS0010557). So wird zum Beispiel ein Tennisplatz wegen der Impulsartigkeit der mit ihm einhergehenden Geräusche als lästig empfunden (8 Ob 635/92; 3 Ob 53/14m). Nach den Feststellungen verursacht die Gondelseilbahn Betriebsgeräusche, die von ihrer Antriebsmotorik sowie vom Tragseil und den Kuppelklemmen ausgehen, wenn diese über die Stützenrollen und durch die Niederhaltungsrollen geführt werden, sowie aus dem notwendigen Entkuppeln und Abbremsen der Gondeln bei der Einfahrt in die Talstation entstehen. Zum (kontinuierlichen) Lärm der Antriebsmotorik kommen damit zwei impulsartige Lärmquellen – das periodische Entkuppeln und Abbremsen der Gondeln bei der Einfahrt in die Talstation und das Passieren der Rollen bei den Stützen – hinzu. Dass hierdurch die ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Kläger – mit dem darauf errichteten Haus samt Terrasse und Garten – in einem Tourismusort wesentlich beeinträchtigt wird, liegt auf der Hand. Auch die zweite Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 364 Abs 2 ABGB ist damit – entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht der Beklagten – jedenfalls erfüllt. Ob sich die wesentliche Beeinträchtigung der Benützung der Liegenschaft auch daraus ergibt, dass der von der Gondelseilbahn ausgehende Lärm zumindest teilweise den gesundheitsrelevanten Grenzwert nach ÖAL-RL 6/18 von 55 dB überschreitet, bedarf daher keiner weiteren Erörterung.
Da § 364 Abs 2 ABGB dem Eigentümer des betroffenen Grundstücks das Recht zur Untersagung insoweit gibt, als die Einwirkung das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreitet und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigt, ist jedoch aufgrund des feststehenden unterschiedlichen ortsüblichen Schallimmissionswerts untertags und in den Abendstunden– nach dem allgemeinen Sprachgebrauch beginnt der Abend um 18:00 Uhr – zwischen diesen zu differenzieren.
3.2. Die Beklagte argumentiert, dass die Kläger erst seit 1979 Eigentümer der Liegenschaft seien und, zumal damals bereits die Bergbahn auf der identen Trasse existiert habe, sie als „hinzugezogene Nachbarn“ keinen Abwehr- und keinen Ausgleichsanspruch hätten. Damit wird aber übergangen, dass der bis 2007 bestehende Sessellift leiser als die jetzige Gondelseilbahn war. Als diese errichtet wurde, waren die Kläger bereits lange vor Ort.
4. Vom Vorliegen einer behördlich genehmigten Anlage im Sinne des § 364a ABGB ist grundsätzlich nur dann auszugehen, wenn die Genehmigung in einem Verfahren erfolgte, in welchem die Berücksichtigung der Interessen der Nachbarn in derselben oder doch in gleich wirksamer Weise vorgesehen ist, wie etwa grundsätzlich in Verfahren zur Genehmigung von Betriebsanlagen nach der Gewerbeordnung. Die Pflicht des Nachbarn zur Duldung der Immissionen besteht in solchen Fällen daher nur dann, wenn die Genehmigung der Anlage nach Abwägung der widerstreitenden Interessen in einem Verfahren erteilt wurde, in welchem ihm rechtliches Gehör gewährt worden ist (2 Ob 57/09k [Pkt 1.] mwH). Dazu muss der Nachbar das Recht gehabt haben, durch Antrags- und Rechtsmittelbefugnis den Gang des Verfahrens und insbesondere die Sammlung der Entscheidungsgrundlagen zu beeinflussen (4 Ob 137/03f mwH; Brenn, Glosse zu 1 Ob 47/15s in ÖJZ 2016, 875). Es reicht daher nicht hin, dass eine Behörde von Amts wegen verpflichtet ist, entsprechende Auflagen zu erteilen, wenn Immissionen das ortsübliche Maß überschreiten, aber nicht– durch Antrags- und Rechtsmittelbefugnis des Nachbarn – gewährleistet ist, dass dies auch tatsächlich geschieht.
4.1. Im Verfahren über die Baugenehmigung nach dem SeilbG (§§ 31 bis 45) kommt Anrainern Parteistellung zu, wenn sie Eigentümer einer „betroffenen“ Liegenschaft sind. Eine solche liegt vor, wenn sie durch den Bau selbst in Anspruch genommen wird, im Bauverbotsbereich liegt oder wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden könnte (§ 40 SeilbG). Der Bauverbotsbereich erstreckt sich gemäß § 53 SeilbG bis zwölf Meter beiderseits des äußeren Seilstrangs. Ob das Grundstück der Kläger im Bauverbotsbereich liegt (oder wegen seiner Lage im durch § 55 SeilbG definierten Gefährdungsbereich Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden könnte), steht nicht fest. Selbst wenn dies der Fall wäre, hätten die Kläger aber hinsichtlich der Lärmimmissionen im Baugenehmigungsverfahren keine Möglichkeit gehabt, diese nicht nur einzuwenden, sondern auch eine hierüber ergehende Entscheidung der Verwaltungsbehörde im Rechtsmittelweg überprüfen zu lassen. In der Baugenehmigung ist gemäß § 41 Abs 1 SeilbG (nur) „über alle gegen das Bauvorhaben erhobenen Einwendungen sowie über alle sonst vom Bauvorhaben berührten Interessen zu entscheiden, soweit es sich nicht um zivilrechtliche Ansprüche handelt; diese sind auf den Zivilrechtsweg zu verweisen“. Zu entscheiden ist damit im Rahmen der Baugenehmigung nur über Einwendungen, welche die Verletzung subjektiv öffentlicher Rechte beinhalten, worunter diejenigen Rechtsansprüche verstanden werden, die das SeilbG den Parteien konkret einräumt. Die Rechtslage entspricht dabei jener im Eisenbahnrecht (vgl Schnorr, Österreichisches Seilbahnrecht [2013] 103 ff, 107 f; Haidlen, Das österreichische Seilbahnrecht3 [2019] 59 ff):
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zum Eisenbahngesetz (EisbG) kann ein Eigentümer einer betroffenen Liegenschaft erfolgreich nur solche Nachteile einwenden, durch die er unmittelbar beeinträchtigt ist. Die geltend gemachten Rechte müssen mit seinem Eigentum untrennbar verbunden und im EisbG als subjektiv-öffentliche Nachbarrechte ausgebildet sein (VwGH 2005/03/0094; Ra 2016/03/0027 mwN). Einwendungen betreffend Lärm und andere Immissionen betreffen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs keine nach dem EisbG gewährleisteten subjektiven öffentlichen Rechte, weil sie nicht auf eine aus öffentlich-rechtlichen Regelungen erwachsene Rechtsstellung abgestellt sind, sondern – allenfalls – zivilrechtliche Ansprüche, etwa nach § 364a ABGB, zum Gegenstand haben (VwGH 2005/03/0094; 2007/03/0027; Kind, Lärmrecht [1999] 169). Wenn durch die Verwirklichung des zur Genehmigung eingereichten Projekts Personen in ihrem Leben oder in ihrer Gesundheit Schaden erleiden können, hat die Vorschreibung entsprechender Auflagen zur Begegnung eines solchen Schadens von Amts wegen zu geschehen, ohne dass aber den betroffenen Personen darauf ein Rechtsanspruch zustünde (VwGH 2007/03/0027 mwH; idS auch VwGH 95/03/0338; 2000/03/0149; aus der Literatur Hauer, Nachbarschutz und Eisenbahnbau [2002] 20; Netzer in Altenburger/N. Raschauer, Kommentar zum Umweltrecht [2014] § 31f EisbG Rz 3).
Damit kam den Klägern im seilbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren keine Parteistellung im Hinblick auf die streitgegenständlichen Lärmimmissionen zu.
4.2. Anders als durch § 40 SeilbG für das Baubewilligungsverfahren bestehen für das seilbahnrechtliche Konzessions- (§§ 21 bis 29 SeilbG) und Betriebsbewilligungsverfahren (§§ 46 bis 48 SeilbG) keine Regelungen über die Parteistellung. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu unter Anknüpfung an die Judikatur zum EisbG ausgesprochen, dass aus § 40 SeilbG nicht abgeleitet werden kann, dass die in der Bestimmung Genannten (insbesondere betroffene Liegenschaftseigentümer) Parteistellung auch in anderen seilbahnrechtlichen Verfahren, wie etwa im Konzessions- oder im Betriebsbewilligungsverfahren hätten (VwGH 2009/03/0009, 2010/03/0039; Ra 2018/03/0118). Für das Konzessionsverfahren wurde in den Gesetzesmaterialien zudem ausdrücklich festgehalten, dass den Grundeigentümern und Anrainern keine Parteistellung zukommt (ErläutRV 204 BlgNR 22. GP 9). Im seilbahnrechtlichen Konzessions- und Betriebsbewilligungsverfahren kommt in der Regel überhaupt nur dem Konzessionswerber bzw Seilbahnunternehmen Parteistellung zu. Es ist von einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers auszugehen, die Parteistellung von Eigentümern betroffener Liegenschaften auf das Baugenehmigungsverfahren zu beschränken (so auch jüngst LVwG Salzburg 405-2/104/1/2-2018 unter Hinweis auf die „unmissverständlichen“ Gesetzesmaterialien).
4.3. Damit kam den Klägern in den Verwaltungsverfahren nach dem SeilbG – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – keine Parteistellung zu, die eine Anwendung des § 364a ABGB rechtfertigen würde. Mit dessen Anwendung lässt sich daher die Abweisung der wegen Lärmimmissionen erhobenen Unterlassungsansprüche der Kläger nicht rechtfertigen.
5.1. Der Senat hat in der einen Hubschrauberlandeplatz betreffenden Entscheidung 8 Ob 128/09w (dazu RS0126291) die Ansicht vertreten, dass, wenn der Nachbar in dem Verwaltungsverfahren keine Parteistellung hatte, es – jedenfalls wenn keine Betriebspflicht besteht, die die Beeinträchtigungen zwingend bedingt – bei der Möglichkeit der Untersagung nach § 364 Abs 2 ABGB bleibt. Hinsichtlich der Ortsüblichkeit im Sinne des § 364 Abs 2 ABGB vertrat der Senat dabei die Ansicht, dass bei Eintritt einer Änderung des Charakters des Ortsbereichs unter dem Aspekt des Lärmschutzes durch zum Schutz höherwertiger Güter wie des Lebens und der Gesundheit erforderliche Rettungsflüge dies als erwartbare Entwicklung noch als „ortsüblich“ im Sinne des § 364 ABGB angesehen werden kann, wenn a. die Grenzen der Bewilligung und deren Auflagen nicht überschritten werden, b. damit keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen für die Anrainer entstehen, c. nur die Rettungsflüge im tatsächlich aus gesundheitlichen Gründen erforderlichen Ausmaß durchgeführt werden und d. der Betreiber alle Maßnahmen trifft, um die Lärmbelastung für die Anrainer möglichst gering zu halten (siehe Pkt III. der Entscheidung). Weil in jenem Fall keine Betriebspflicht bestand (siehe Pkt II.4.6.3.7. der Entscheidung), blieb die Frage der Unverzichtbarkeit der Parteistellung für den Ausschluss des Unterlassungsanspruchs nach § 364a ABGB im Fall des Bestehens einer Betriebspflicht offen.
5.2. Hier besteht eine Betriebspflicht. Eine nicht durch zumutbare Schalldämmmaßnahmen vermeidbare Gefährdung der Gesundheit ist nicht ersichtlich.
Gerade hier kann auch auf die neuere Rechtsprechung verwiesen werden. Nach dieser sind bei „gemeinwichtigen Anlagen“ Unterlassungsansprüche nach § 364 Abs 2 ABGB grundsätzlich auch dann ausgeschlossen, wenn den betroffenen Nachbarn keine verfahrensrechtliche Parteistellung eingeräumt wird, im Bewilligungsverfahren aber – wie auch hier; vgl erneut VwGH 2007/03/0027 – auf ihre schutzwürdigen Interessen immerhin generell Rücksicht zu nehmen ist (1 Ob 47/15s; 1 Ob 194/17m; dazu RS0130587). Eine solche Anlage ist dadurch gekennzeichnet, dass bei ihr ein gegenüber dem Normalfall des § 364a ABGB – gewerbliche Betriebsanlage – erheblich gesteigertes öffentliches Interesse an ihrem Betrieb besteht, wie es etwa bei Verkehrseinrichtungen wie Straßen, Flughäfen und Eisenbahnanlagen der Fall ist. Eine solche Anlage dient unmittelbar dem Gemeinwohl, das Interesse an ihr geht damit über das öffentliche „volkswirtschaftliche“ Interesse am Bestehen einer Anlage, wie sie ein Gewerbebetrieb darstellt, hinaus. Als Indiz für ein besonderes Allgemeininteresse an einer somit „gemeinwichtigen“ Anlage wird in der Rechtsprechung etwa die Möglichkeit des Betreibers zur allenfalls notwendigen Enteignung zu Zwecken des Anlagenbaus und -betriebs sowie eine gesetzlich angeordnete Betriebspflicht herangezogen. Bei einer solchen Anlage widerspräche eine Unterlassungspflicht unmittelbar dem Interesse der Allgemeinheit, was nach dieser Rechtsprechung rechtfertigt, den Unterlassungsanspruch des Einzelnen hintanzustellen und an seine Stelle einen Ersatzanspruch im Sinne des § 364a ABGB treten zu lassen (vgl die zitierten Entscheidungen sowie Kerschner/Wagner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 364a Rz 53 ff). Auch bei gemeinwichtigen Anlagen ist aber nach dieser Rechtsprechung der Betreiber nicht zu Immissionen jeglicher Art und Intensität berechtigt. Es ist vielmehr anerkannt, dass die Duldungspflicht der Nachbarn schon nach der ratio der Regelung des § 364a ABGB mit der Reichweite der erteilten Genehmigung begrenzt ist: Werden von der Behörde bestimmte Grenzwerte festgesetzt, sind diese jedenfalls einzuhalten; ansonsten sind von den Nachbarn (nur) solche Immissionen hinzunehmen, die für den Betrieb der genehmigten Anlage typisch sind und auch nicht durch wirtschaftlich zumutbare Vorkehrungen hintangehalten oder verringert werden können (1 Ob 47/15s; 1 Ob 194/17m).
5.3. Die neue Rechtsprechung hat jedenfalls für den – hier vorliegenden – Fall, dass das besondere Allgemeininteresse auf Gesetzesebene anerkannt ist, indem nicht nur eine Enteignung von Nachbarn vom Gesetzgeber ermöglicht wird, um die Anlage errichten und betreiben zu können (siehe § 97 SeilbG), sondern der Gesetzgeber zudem auch eine öffentlich-rechtliche Pflicht zu deren Betrieb statuiert (siehe § 25 Abs 2 SeilbG; vgl Kerschner/Wagner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 364a Rz 57, 60), und durch zumutbare Vorkehrungen Gesundheitsbeeinträchtigungen vermieden werden können, erhebliche Argumente für sich und führt zum selben Ergebnis.
Ob im Fall, dass sich die ortsunüblichen und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigenden Immissionen nicht durch zumutbare Maßnahmen vermeiden lassen und der Nachbar im Verwaltungsverfahren keine Parteistellung hatte, sich die Versagung des Unterlassungsanspruchs dadurch rechtfertigen lässt, dass es sich um eine gemeinwichtige Anlage handelt, könnte fraglich sein. So wurde in der Literatur gegen die neue Rechtsprechung ins Treffen geführt, dass es sich um Eingriffe in durch die EMRK gesicherte Rechte des Nachbarn handelt und dieser nach Art 13 EMRK ein Recht auf eine wirksame Beschwerde gegen solche Eingriffe hat (eingehend Angyan, Verfassungsrechtliche Aspekte der Parteistellung im zivilen Nachbarrecht, ZfV 2017, 43 ff, insb 52). Auch wurde in Glossen zur Entscheidung 1 Ob 47/15s auf die Entscheidung des EGMR vom 25. 9. 2014, 29878/09, in der Rechtssache Anderson/Schweden hingewiesen, in welcher die fehlende Möglichkeit der Anrainer einer geplanten Eisenbahnstrecke, deren Verlauf inhaltlich überprüfen zu lassen, als Verletzung des Art 6 EMRK qualifiziert wurde (Kerschner, JBl 2016, 321 ff; Kolbitsch/Prankl/Messner, ZVR 2017, 202 f). Als Folge der neuen Rechtsprechung hätten Nachbarn weder im Verwaltungsverfahren noch im Zivilverfahren einen Anspruch auf Beseitigung der Grundrechtsverletzungen (Angyan, Die Voraussetzung der Parteistellung bei gemeinwichtigen Anlagen – Ein Beitrag anlässlich 1 Ob 47/15s, RdW 2016, 741 [743]). Zumal der besagte Fall, dass mit zumutbaren Vorkehrungen die die Grenzen des § 364 Abs 2 ABGB überschreitenden Immissionen nicht hintangehalten werden können, hier nicht vorliegt, können Erörterungen dazu aber unterbleiben.
6. Dass der Störer alle zumutbaren Maßnahmen zu setzen hat, um die Belastung für den gestörten Anrainer möglichst gering zu halten, wurde vom Senat bereits in der Entscheidung 8 Ob 128/09w – Hubschrauberlandeplatz – vertreten (dort Pkt II.4.7.3; ebenso Brenn, ÖJZ 2016, 875). Soweit Maßnahmen zumutbar sind, besteht auch nach der neuen Rechtsprechung ein Unterlassungsanspruch, sodass von dieser im Ergebnis wieder ein Unterlassungsanspruch gewährt wird (Schneider, Glosse zu 1 Ob 47/15s in ÖJZ 2016, 875 [876]). Damit erweist sich sowohl nach 8 Ob 128/09w als auch der neuen Rechtsprechung als entscheidend, ob der Beklagten Maßnahmen zur Hintanhaltung der die Grenzen des § 364 Abs 2 ABGB überschreitenden Maßnahmen zumutbar sind:
6.1. So wie stets (RS0044088) hängt auch die erforderliche Zumutbarkeitsprüfung von den konkreten Umständen ab (vgl Brenn, ÖJZ 2016, 875; M. Bydlinski in ÖJZ 2017, 572 [OGH‑Cercle zu 1 Ob 47/15s]). Die Zumutbarkeitsprüfung hat im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zu erfolgen (Brenn in OGH‑Cercle aaO).
6.2. Es steht fest, dass mit der Anbringung einer Verkleidung mit entsprechenden, zB pyramidenförmigen Schalldämmelementen an der Talstation ein energieäquivalenter Dauerschallpegel von 53 dB an der Grundstücksgrenze der Kläger erreicht werden könnte, wofür Kosten von (zumindest) 55.000 EUR netto entstünden. Höhere Kosten stehen nicht fest; die Behauptungs‑ und Beweislast hierfür lag bei der Beklagten. Der Betrag von 55.000 EUR fällt im Vergleich mit der generellen finanziellen Leistungsfähigkeit des Inhabers einer Gondelseilbahn – eine solche hat bereits Errichtungskosten in Millionenhöhe – nicht ins Gewicht. Hinzu kommt, dass die Konzession der Beklagten für 40 Jahre besteht und auf das Jahr gerechnet somit nur ein Mehraufwand von 1.375 EUR entstünde. Folglich ist ihr die in Rede stehende Vorkehrung zumutbar.
6.3. Damit erweist sich das Ersturteil in seinem das Unterlassungsbegehren stattgebenden Teil als grundsätzlich richtig; es war mit der nach der Tageszeit erforderlichen Differenzierung in teilweiser Stattgebung der außerordentlichen Revision der Kläger wiederherzustellen.
7. Der Richter kann bei Unterlassungsklagen eine angemessene Leistungsfrist festlegen, wenn die Unterlassungspflicht die Pflicht zur Änderung eines Zustands einschließt (RS0041260 [T2]). Dies ist hier der Fall, zumal die Unterlassungspflicht von einer zumutbaren Vorkehrung, nämlich der Setzung bestimmter Baumaßnahmen, ausgeht. Für diese erscheint eine Leistungsfrist von neun Monaten angemessen.
Zu III.:
Die Kläger begehren an Zahlung 100.000 EUR samt Zinsen. 45.000 EUR werden gefordert, weil – so das Vorbringen der Kläger – der Verkehrswert der Liegenschaft als Folge der Lärmimmissionen und des Schattenwurfs um mindestens diesen Betrag gemindert sei, und jeweils 10.000 EUR für die Jahre 2009 bis 2013 und (anteilig) das erste Halbjahr 2014, weil bei Seilbahnbetrieb weder ein Aufenthalt im Freien, zum Beispiel auf der Terrasse, noch ein dauerhaftes Bewohnen des Hauses erträglich sei.
III.1. Neben dem – wie bereits ausgeführt hier gegebenen – Untersagungsrecht des Grundeigentümers nach § 364 Abs 2 ABGB besteht – zumindest grundsätzlich – keine verschuldensunabhängige Eingriffshaftung wie nach § 364a ABGB (6 Ob 180/05x). Nicht ausgeschlossen wäre trotz gegebener Abwehrlage jedoch ein Ersatzanspruch analog § 364a ABGB (Kerschner/Wagner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 364a Rz 196; zur analogen Anwendung des § 364a ABGB allgemein jüngst 5 Ob 21/19b mzwN). Weiters wären durch die Grenzen des § 364 Abs 2 ABGB überschreitende Immissionen verursachte Schäden unter der Voraussetzung des Verschuldens und der Rechtswidrigkeit nach allgemeinem Schadenersatzrecht zu ersetzen (6 Ob 180/05x mwN; Holzner in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.04 § 364 Rz 17).
Gleichgültig, von welcher Anspruchsgrundlage man im vorliegenden Fall ausgeht, erweist sich derzeit das Zahlungsbegehren der Kläger als unschlüssig:
III.2. Es muss jedenfalls Berücksichtigung finden, dass für nach § 364 Abs 2 ABGB hinzunehmende Immissionen kein Zahlungsanspruch besteht. Der Geschädigte kann nur den Ersatz jenes Schadens begehren, der gerade durch die über das zu duldende Maß hinausgehenden Immissionen hervorgerufen wird (8 Ob 523/92; Holzner in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.04 § 364a Rz 10 mwN). Die Kläger wären daher gehalten darzulegen, dass (und gegebenenfalls in welchem Ausmaß) ihnen durch die Seilbahn ein Schaden entsteht, der über jenen hinausgeht, den die Seilbahn für sie auch dann mit sich brächte, wenn sie stets nur ortsüblich laut wäre. Anzumerken ist, dass – wie bereits dargelegt – wegen des Schattenwurfs kein Anspruch nach § 364 Abs 2 ABGB besteht, weshalb insofern auch kein Zahlungsanspruch denkbar ist.
III.3. Grundsätzlich möglich ist zwar ein Ersatzanspruch für die merkantile Wertminderung der Liegenschaft (vgl 6 Ob 180/05x; RS0037927 [T8]; Holzner in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 364 Rz 17). Weil den Klägern – wie dargestellt – ein Unterlassungsanspruch zusteht, ist die Minderung des objektiven Verkehrswerts der Liegenschaft aber bloß vorübergehend (vgl Wagner, Verkehrswertminderung durch Mobilfunkanlagen – Zugleich eine Besprechung der Entscheidung OGH 3. 11. 2005, 6 Ob 180/05x, RdU 2006, 100 [102]: Wiederherstellung des ursprünglichen Verkehrswerts durch Unterlassungsklage). In einem solchen Fall besteht ein Ersatzanspruch nur im Fall eines konkreten Verwertung‑ oder Nutzungsausfalls (1 Ob 74/09b; Kerschner/Wagner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang 3 § 364a Rz 205, 207). Eine konkrete Verkaufsmöglichkeit haben die Kläger ebenso wenig behauptet wie dass ihnen in Hinsicht auf die Ferienwohnung im Haus aufgrund der ortsunüblich lauten Seilbahn Einkünfte in bestimmtem Ausmaß entgingen.
Soweit die Kläger jährlich 10.000 EUR fordern, weil bei Seilbahnbetrieb weder ein Aufenthalt im Freien noch ein dauerhaftes Bewohnen des Hauses erträglich sei, so wird nicht schlüssig dargelegt, worin konkret der Schaden liegt und worauf sich der Ersatzanspruch und dessen Berechnung stützt (vgl allgemein zur mangelnden Ersatzfähigkeit bloß psychischer Beeinträchtigungen 1 Ob 658/82 = EvBl 1983/82 [belästigende Geruchsimmissionen]; Kerschner/Wagner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 § 364a Rz 326; Holzner in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.04 § 364a Rz 10 mwH; zum Ersatz bei Gesundheitsschäden vgl Gimpel-Hinteregger, Grundfragen der Umwelthaftung [1994] 323 f; Koziol, Eingriffs‑ und Gefährdungshaftung im Nachbarrecht, RdW 2013, 3 [5 f, 9]).
III.4. Das Gericht darf die Parteien in seiner Entscheidung nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die sie nicht beachtet haben und auf die sie das Gericht nicht aufmerksam gemacht hat (RS0037300). Das Verbot von Überraschungsentscheidungen gilt auch für den Obersten Gerichtshof (Rassi in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 §§ 182, 182a ZPO Rz 99 mwN). Es ist daher notwendig, dass das Erstgericht die Rechtslage mit den Parteien erörtert und ihnen Gelegenheit gegeben wird, angesichts der Rechtslage erheblich erscheinendes Vorbringen zu erstatten und entsprechende Beweisanbote zu machen. Insofern war folglich in Stattgebung des in der außerordentlichen Revision der Beklagten enthaltenen Eventualbegehrens das Grundurteil des Berufungsgerichts nach § 393 Abs 1 ZPO aufzuheben und die Rechtssache insofern zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
IV. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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