Spruch:
I. Die Bezeichnung der viertbeklagten Partei wird wie folgt berichtigt:
4.) a) Brigitte N*****
b) Reimar N*****
c) Sandra N*****
d) mj. Christian N*****
e) mj. Paula N*****
f) mj. Johannes N*****.
II. Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden, ausgenommen die von der klagenden Partei nicht bekämpfte und rechtskräftige Abweisung der Mehrbegehren durch das Erstgericht, aufgehoben. Dem Erstgericht wird insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
I. Der Viertbeklagte ist am 30. 9. 2007 verstorben. Aufgrund der Einantwortung der Verlassenschaft an die im Spruch genannten Erben mit Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 23. 2. 2009, GZ 1 A 194/07g-21, ist die Bezeichnung der Partei gemäß § 235 Abs 5 ZPO zu berichtigen.
II. Der Kläger ist Alleineigentümer der Liegenschaften 3280/3, 3329/3, 3212, 3329/1 (Baufläche) und 3329/1 (Grünfläche) sowie Miteigentümer der Liegenschaften 3277 (1/4), 878 (5/16), 3038/8 (1/2) und 1571 (1/2). Auf dem Grundstück 3038/8, das der Erstbeklagte etwa im Jahr 1970 in Bestand genommen hatte und das bis Jahresende 2050 an die Zweitbeklagte vermietet ist, befindet sich die vom Erstbeklagten errichtete Tankstelle Shell Nord. Eigentümer der Grundstücke 1366 und 1572 ist seit 1999 der Drittbeklagte, gegen den das Verfahren mittlerweile rechtskräftig abgeschlossen ist. Der Vater des Erstbeklagten errichtete dort schon in den 50er Jahren die Tankstelle Shell Süd. Ca 1970 übernahm der Erstbeklagte den Betrieb. Beide Tankstellen wurden bis Mitte der 90er Jahre zunächst vom Erstbeklagten, danach (auch) von der Zweitbeklagten und von 1999 bis 2004 von der Shell Tankstellenbetriebs GmbH geführt, bis sie von der B***** Betriebs GmbH übernommen wurden. 1970 verpachtete die Mutter und Rechtsvorgängerin des Klägers das Grundstück 1571 an den Viertbeklagten und eine Aktiengesellschaft, deren Rechtsnachfolgerin die Fünftbeklagte ist. Dort wurde eine Avanti-Tankstelle errichtet und bis 1977 vom Viertbeklagten betrieben. Der Siebentbeklagte war der damalige Filialleiter. Danach betrieb der Siebentbeklagte bis 2004 die Tankstelle als Stationär mit eigenen Leuten. Die Bestandrechte gingen vom Viertbeklagten auf die Sechstbeklagte über. Das Bestandverhältnis endete während des laufenden Verfahrens am 30. 6. 2007. Seit dem Jahr 2004 wird die Tankstelle nicht mehr betrieben.
Bei Kontrollbohrungen im Mai 1999 wurden auf den Tankstellengrundstücken Shell Nord und Süd Verunreinigungen mit möglicher Auswirkung auf das Grundwasser festgestellt, wovon der Kläger am 7. 9. 1999 erfuhr. Im Herbst 1999 wurde auch der Standort der Avanti Tankstelle untersucht. Der Betrieb der drei Tankstellen hatte zu einer erheblichen Kontamination durch massive Eintragungen von Kohlenwasserstoffen geführt, die älter als 15 Jahre sind. Die Kohlenwasserstoffe wurden in den durchlässigen Sand- und Kiesschichten mit dem Grundwasserstrom verdriftet. Die von der Behörde angeordneten Sanierungsmaßnahmen führten zum vorgegebenen Ergebnis der Reduzierung der Schadstoffbelastung im Grundwasser; sie förderten aber nur den Abbau von flüchtigen und biologisch leichter abbaubaren Kohlenwasserstoffkomponenten. Die sich nur langsam abbauende bzw im Boden verbleibende Restkontamination aus Kohlenwasserstoffen führte - mit Ausnahme des nicht kontaminierten Grundstücks 3212 - zu einer Minderung des Verkehrswerts der Grundstücke und Grundstücksanteile des Klägers. Die derzeitige Nutzung der Grundstücke ist infolge der Tiefenlage der Kontamination nicht beeinträchtigt. Eine Nutzung des Grundwassers zum Eigengebrauch oder für gewerbliche Zwecke (zB Nutzwasser, Wasser-Wärmepumpe) ist aber im Einflussbereich der Kontamination nicht möglich. Bei einer allfälligen Verwertung der Grundstücke sind umwelttechnisch bedingte Einschränkungen (zB bei der Errichtung von Tiefbauten oder Tiefgründungen) und imagebedingte Einschränkungen gegeben. Im Fall eines Aushubs im Grundwasserschwankungsbereich fallen zusätzliche Aufwendungen für Arbeitserschwernis und Kosten der Entsorgung auf speziellen Deponien an. Wie es zu den Schadstoffeinlagerungen kam und wer diese konkret verursachte, kann nicht festgestellt werden. Die Schadstoffeinlagerungen sind nicht auf einen Unglücksfall zurückzuführen. Die Kontaminierung der Grundstücke 3038/8, 3277, 878 und 3280/3 ist nur auf Schadstoffeintragungen im Bereich der Tankstelle Shell Nord zurückzuführen. Die Kontaminierung des Grundstücks 3329/1 (Grünfläche) steht im Zusammenhang mit Schadstoffeintragungen im Bereich der Tankstellen Shell Nord und Avanti. Ursache für die Kontaminierung der Grundstücke 1571 und 3329/1 (Baufläche) sind Schadstoffeintragungen auf allen drei Tankstellen. Dort, wo die Kontaminierung von mehreren Tankstellen verursacht wurde, lässt sich nicht feststellen, welchen Beitrag jede einzelne Tankstelle dazu geleistet hat.
Der Kläger begehrte (aufgeschlüsselt nach Grundstücken und teils solidarisch: ON 148/III) den Ersatz der Wertminderung bzw der merkantilen Wertminderung und die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden als Resultat der bis 1999 erfolgten Schadstoffeintragungen. Er stützte seine Ansprüche - soweit noch relevant - auf die Verletzung bestandvertraglicher (Schutz-)Pflichten und die nachbarrechtliche Haftung nach § 364a ABGB.
In der Verhandlung vom 16. 3. 2007 (ON 148/III) anerkannten die erst- und zweitbeklagte Partei ohne Widmung 54.502 EUR und das Feststellungsbegehren mit Ausnahme einer Haftung für das Grundstück 3329/3. Der Drittbeklagte anerkannte 2.000 EUR und das Feststellungsbegehren betreffend die Grundstücke 1571 und 3329/1 (Baufläche). Ein Teilanerkenntnisurteil in diesem Sinne wurde gefällt. Im Übrigen wurden die Klagebegehren bestritten.
Das Erstgericht gab den (restlichen) Klagebegehren großteils statt. Die (entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts richtige) Abweisung des Mehrbegehrens (S 3 Ersturteil Absatz 2 und 5) blieb unbekämpft. Es bejahte die nachbarrechtliche und/oder bestandvertragliche Haftung sämtlicher Beklagten - mit Ausnahme des Drittbeklagten.
Das - mit Ausnahme des Drittbeklagten - von allen Beklagten in der Hauptsache angerufene Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinn einer gänzlichen Abweisung der Klagebegehren ab. Schadenersatzansprüche gegen die Bestandnehmer (§ 1111 ABGB) würden grundsätzlich nachbarrechtliche Ansprüche wegen Beschädigung der in Bestand gegebenen Grundstücke ausschließen. Diese Schadenersatzansprüche seien einerseits vor Beendigung des Bestandverhältnisses nicht berechtigt (Tankstelle Nord) und bestünden andererseits nur gegen denjenigen, der zum Zeitpunkt der Rückstellung der Bestandsache Bestandnehmer gewesen sei. Dies treffe insbesondere nicht auf die viert- und fünftbeklagte Partei zu. Der Kläger habe keinen ausreichenden Kausalzusammenhang zwischen einem konkreten vertrags- oder rechtswidrigen Verhalten eines Vertragspartners und den eingetretenen Kontaminierungen bewiesen, was aber Voraussetzung für eine verschuldensabhängige Haftung wegen Verletzung vertraglicher Pflichten gegenüber dem Kläger als Bestandgeber sowie Eigentümer der Nachbargrundstücke gewesen wäre. Nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche nach § 364a ABGB wegen jener Kontaminierungen, die von den vermieteten Tankstellengrundstücken ausgegangen seien, sich aber auf benachbarte, nicht vermietete Grundstücke des Klägers ausgewirkt hätten, scheiterten daran, dass der Kläger bzw seine Rechtsvorgängerin als Eigentümer der vermieteten Liegenschaften anders als sonstige Nachbarn jede Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Betreiber der Anlagen gehabt hätte, um eine potentielle Gefährdung seiner benachbarten Grundstücke auszuschließen. § 364a ABGB billige dem Geschädigten deshalb einen Ersatzanspruch zu, weil er im Interesse des Nachbarn Eingriffe in sein Eigentum hinnehmen müsse, die über die normale Duldungspflicht (§ 364 Abs 2 ABGB) hinausgingen. Dem Geschädigten müsse ein Abwehrrecht genommen sein, das ihm sonst nach dem Inhalt seiner dinglichen oder sonstigen Berechtigung zugestanden wäre. Von der Kontamination durch die nicht vom Kläger vermietete Tankstellenliegenschaft (Tankstelle Süd) seien nur die Grundstücke 1571 und 3329/1 betroffen, für die der Kläger zuletzt nur 38.700 EUR Wertminderung verlangt habe. Diese Summe sei niedriger als der von den beiden Betreibern und in Betracht kommenden Störern (Erstbeklagter und Zweitbeklagte) anerkannte Betrag von 54.502 EUR.
Das Berufungsgericht bewertete den Wert des Entscheidungsgegenstands jeweils mit über 20.000 EUR und ließ die ordentliche Revision zu. Letzteren Ausspruch begründete es mit fehlender höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu der Frage, ob ein Eigentümer mehrerer Grundstücke in dieser Eigenschaft gegenüber dem Bestandnehmer eines „benachbarten seiner Grundstücke" nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche für sich in Anspruch nehmen könne.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist zulässig und mit ihrem - von der beantragten Abänderung umfassten - Aufhebungsantrag berechtigt.
Ansprüche gegen (frühere) Bestandnehmer und den Siebentbeklagten (Tankstellen Nord und Avanti):
1.) Aus § 1098 ABGB ergibt sich die Verpflichtung des Bestandnehmers zur „schonenden Ausübung" seines Bestandrechts (Würth in Rummel3 § 1098 ABGB Rz 1). Beschädigen der Bestandnehmer oder ihm nach Inhalt und Zweck des Bestandvertrags zuzurechnende Personen wie zB Familienangehörige, Hausgenossen, Gäste und Handwerker (Binder in Schwimann3 § 1111 ABGB Rz 8) das Bestandobjekt, gewährt § 1111 ABGB dem Bestandgeber einen verschuldensabhängigen Schadenersatzanspruch (Würth aaO § 1111 ABGB Rz 2; Iro in KBB2 § 1111 ABGB Rz 1), der innerhalb einer einjährigen Präklusivfrist nach Rückstellung des Bestandobjekts geltend zu machen ist (Iro aaO Rz 3 mwN). Der Bestandnehmer haftet dem Bestandgeber aber nicht nur für die am Bestandgegenstand selbst verursachten Schäden, sondern nach allgemeinen vertraglichen Grundsätzen auch für die Beschädigung sonstiger Güter des Bestandgebers, mit denen er im Rahmen des Bestandverhältnisses in Berührung kommt, wie dies bei Beschädigung der an das Bestandobjekt angrenzenden Grundstücke des Vermieters der Fall ist (1 Ob 152/02p mwN). Klar ist, dass eine Kontaminierung durch eine Tankstelle nicht jedenfalls bei der Grenze des Tankstellengrundstücks Halt macht, sondern sich auf unmittelbar angrenzende Grundstücke sowie auf andere im örtlichen Nahebereich zum Tankstellengrundstück gelegene Nachbargrundstücke fortsetzen kann, wie dies hier der Fall war. Diese aus der Sicht des Bestandnehmers erkennbare Gefahrensituation rechtfertigt es, in den Schutzbereich der beiden Bestandverträge nicht nur die unmittelbar an das jeweilige Tankstellengrundstück angrenzenden Liegenschaften des Bestandgebers (Klägers) einzubeziehen. In den Schutzbereich sind aber nur die Nachbargrundstücke einzubeziehen, die bereits zum Schädigungszeitpunkt bzw (hier) innerhalb des (nach den getroffenen Feststellungen nicht exakt abgrenzbaren) Schädigungszeitraums im Eigentum des Klägers bzw seiner Rechtsvorgänger als Bestandgeber der Grundstücke 3038/8 und 1571 standen, was bei den Grundstücken 3280/3 und 3329/1 strittig ist. Das Erstgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen. Standen diese Grundstücke innerhalb des Schädigungszeitraums noch nicht im Eigentum des Klägers bzw seiner Rechtsvorgänger als Bestandgeber, bestehen keine vertraglichen Schadenersatzansprüche, sondern unter den noch zu erörternden Voraussetzungen des § 364a ABGB nur nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche.
2.) Unstrittig ist, dass sowohl auf Bestandgeberseite (Kläger) als auch auf Bestandnehmerseite aufgrund des Eintritts der jeweiligen Rechtsnachfolger in die beiden Bestandverträge jeweils eine Vertragsübernahme erfolgt ist. Die Rechtsnachfolger haben die gesamte vertragliche Rechtsstellung ohne Änderung des Inhalts oder der rechtlichen Identität des bisherigen Schuldverhältnisses übernommen (Neumayr in KBB² § 1406 ABGB Rz 5 f; 1 Ob 152/02p mwN), was auch die Haftung des eintretenden Bestandnehmers für die bereits erfolgte Beschädigung des Bestandgegenstands (Kontaminierung) durch Rechtsvorgänger im Sinn des § 1111 ABGB betrifft (1 Ob 152/02p; Würth aaO § 1111 ABGB Rz 4). Das Gleiche hat für die aus den allgemeinen (bestand-)vertraglichen Grundsätzen abgeleitete Haftung, soweit es um die Beschädigung der im Schädigungszeitraum im Eigentum des Bestandgebers stehenden, in den Schutz des Bestandvertrags einbezogenen, benachbarten Grundstücke geht, zu gelten. Aufgrund der Vertragsübernahme können derartige Schadenersatzansprüche nur gegen den letzten Bestandnehmer geltend gemacht werden; das sind die Zweitbeklagte (Grundstück 3038/8) bzw die Sechstbeklagte (Grundstück 1571). Nach ihrem Ausscheiden aus dem Vertragsverhältnis bestehen gegen die früheren Bestandnehmer keine vertraglichen Schadenersatzansprüche mehr.
3.) Der Schadenersatzanspruch nach § 1111 ABGB ist zwar primär auf Naturalrestitution gerichtet, umfasst aber nicht nur die Wiederherstellung des Bestandobjekts, sondern auch den Ersatz sonstiger Vermögensschäden (Würth aaO § 1111 ABGB Rz 1 mwN). Er ist dem Bestandgeber dann bereits vor Ende des Bestandvertrags bzw Rückstellung des Bestandobjekts zuzubilligen, wenn die ordnungsgemäße Rückstellung in Frage steht oder ein sonstiges berechtigtes Interesse wie die Gefahr einer eintretenden irreversiblen Substanzschädigung besteht (Binder aaO § 1111 ABGB Rz 1; vgl RIS-Justiz RS0020826). Bei der bereits eingetretenen Wertminderung des Bestandobjekts stehen ein aufrechtes Bestandverhältnis (Grundstück 3038/8) bzw ein erst nach Klagseinbringung beendetes Bestandverhältnis (Grundstück 1571) einem Schadenersatzanspruch nach § 1111 ABGB im konkreten Fall nicht entgegen. Das Interesse des Klägers, noch vor Ablauf der Bestandzeit diesen, aufgrund der verbleibenden Bodenkontamination eingetretenen Schaden, der in der Wertminderung seines Eigentums besteht, zu verlangen, ist gerechtfertigt. Die Zweitbeklagte (derzeitige Bestandnehmerin des Grundstücks 3038/8) steht - ebenso wie die Sechstbeklagte ([frühere] Bestandnehmerin des Grundstücks 1571) - auf dem Standpunkt, der Kläger könne nicht mehr als die Rückstellung der Grundstücke in Form der von der Behörde angeordneten - und bereits durchgeführten - Sanierung verlangen (ON 195 S 4 unten und S 5; ON 194 S 6). Er (bzw seine Rechtsvorgänger) hätten selbst die Grundstücke zum Betrieb von Tankstellen in Bestand gegeben und jahrelang einen entsprechend vorteilhaften Bestandzins erzielt. Die Erfüllung der Verpflichtung des Bestandnehmers, das Bestandobjekt nach Ablauf der Bestandzeit in völlig unkontaminertem Zustand (soferne dies überhaupt möglich ist) zurückzustellen, ist damit zweifelhaft. Die einjährige Präklusivfrist (§ 1111 Satz 2 ABGB) spielt bei beiden Bestandobjekten keine Rolle: Für das Grundstück 3038/8 ist sie aufgrund des bis 2050 befristeten Bestandvertrags gar nicht in Gang gesetzt worden; soweit es das Grundstück 1571 betrifft, wurde das Bestandverhältnis erst nach Klagseinbringung beendet. Eine Rückstellung vor diesem Zeitpunkt wurde weder behauptet noch festgestellt.
4.) Voraussetzung für einen Schadenersatzanspruch ist der vom Kläger zu erbringende Nachweis des Schadens und des Kausalzusammenhangs. Nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung betrifft die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB nur das Verschulden (RIS-Justiz RS0022686). Es bleibt an sich grundsätzlich Sache des Geschädigten, die Pflichtverletzung und den dadurch verursachten Schaden zu beweisen (1 Ob 151/01i = SZ 74/159; 9 ObA 200/02f ua). Der Kläger hat in der Klage vorgebracht, das Entweichen der Erdölprodukte in den Grundwasserstrom hätte durch zumutbare Maßnahmen leicht verhindert werden können, und es spreche das Austreten einer derart großen Menge von Kohlenwasserstoffen für eine auffallende Sorglosigkeit. Er ordnet die Schadensverursachung insbesondere einer unsachgemäßen Benutzung der zentralen Füllschächte zu (ON 1 S 10). Nach den bei Binder aaO § 1111 ABGB Rz 6 FN 13 zitierten Judikaturnachweisen (LGZ Wien 45 R 669/81 = MietSlg 33.183; OLG Wien 13 R 218/83 = MietSlg 35.208) genügt für den Nachweis der Kausalität die überwiegende Verursachungswahrscheinlichkeit seitens des Bestandnehmers. Die Ursache für die Kontamination steht hier zwar nicht fest, mit der Einschränkung, dass ein Unglücksfall nicht Ursache war. Festgestellt wurde aber, dass der Betrieb der Tankstellen zu massiven Eintragungen von Kohlenwasserstoffen geführt hatte. Der - vom Kläger vorgebrachte - typische Geschehensablauf (dazu Rechberger in Rechberger ZPO³ Vor § 266 ZPO Rz 22) spricht für eine Verursachung im Rahmen des „normalen" Betriebs und nicht für Ausnahmesituationen wie zB die Beschädigung durch Dritte, deren Verhalten den Bestandnehmern nicht zuzurechnen wäre. Das rechtfertigt den Anscheinsbeweis zugunsten des Klägers, bei ordnungsgemäßem Betrieb der Tankstelle wäre es nicht zu einer Kontamination gekommen, und damit die Annahme eines objektiv sorgfaltswidrigen Verhaltens.
5.) Der vom Kläger geltend gemachte verschuldensunabhängige Ausgleichsanspruch nach § 364a ABGB (Eccher in KBB2 § 364a ABGB Rz 5) betrifft nicht die Fälle, in denen die Einwirkung vom Grundstück des Beeinträchtigten selbst ausgeht (1 Ob 36/84 = RIS-Justiz RS0010500; vgl 7 Ob 189/07f = RIS-Justiz RS0122861). Eine nachbarrechtliche Haftung scheidet aus, wenn zwischen den betroffenen Nachbarn eine vertragliche Regelung über die gegenseitigen Rechte und Pflichten besteht. In diesem Fall ist nur diese für die Ausübung und Grenzen der beiderseitigen Rechte und Pflichten maßgeblich (RIS-Justiz RS0010642; RS0010569). Im Verhältnis zu seinen (früheren) Vertragspartnern stehen (standen) grundsätzlich dem Kläger bzw seinen Rechtsvorgängern bei Verletzung vertraglicher Verpflichtungen Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche zu, und zwar sowohl hinsichtlich der Bestandobjekte als auch der in den Schutzbereich der Bestandverträge einzubeziehenden (dazu Punkt 1) Nachbargrundstücke. Im Gegensatz zu einem „sonstigen" Nachbarn, der nicht zugleich Bestandgeber ist, mussten der Kläger bzw seine Rechtsvorgänger die Maßnahme nicht praktisch hinnehmen (vgl RIS-Justiz RS0010668). Das Vertragsrecht bot den betroffenen Bestandgebern die Möglichkeit zur Abhilfe. Diese Subsidiarität des nachbarrechtlichen Ausgleichanspruchs gilt grundsätzlich auch im Verhältnis zum Siebentbeklagten, dessen (allfälliges schadensverursachendes) Verhalten auch während seiner unternehmerischen Tätigkeit ab 1977 dem jeweiligen Bestandnehmer zuzurechnen gewesen wäre. Soweit es die kontaminierten Nachbargrundstücke betrifft, hängt die Subsidiarität von den Eigentumsverhältnissen innerhalb des Schädigungszeitraums ab (s Punkt 1). Entgegen der Meinung des Revisionswerbers ist eine - auch neben nachbarrechtlichen Ansprüchen zulässige (1 Ob 153/07t; 8 Ob 565/84) - Haftung aufgrund eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter nicht relevant: Der geschädigte Eigentümer (auch) der benachbarten Grundstücke ist ja gleichzeitig Bestandgeber und Vertragspartner, nicht aber ein in den Schutzbereich eines zwischen dem faktischen Schädiger (Werkunternehmer) und einem Grundstückseigentümer geschlossenen Vertrags einbezogener Dritter (dazu 1 Ob 153/07t mwN).
6.) Nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche nach § 364a ABGB setzen den Betrieb einer behördlich bewilligten Anlage oder eine diesem Fall analoge Situation, die zB bei einer Baubewilligung den Anschein der Gefahrlosigkeit und damit der Rechtmäßigkeit der bewilligten Maßnahme schafft (RIS-Justiz RS0010668), voraus. Dass diese Anspruchsvoraussetzung beim Betrieb der Tankstellen verwirklicht ist, wird von den Beklagten nicht bezweifelt. Der Ausgleichsanspruch hängt weiters vom Vorliegen mittelbarer Immissionen ab, die im Sinn des § 364 Abs 2 ABGB das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Ausmaß überschreiten und die ortsübliche Nutzung des betroffenen Grundstücks wesentlich beeinträchtigen (Eccher aaO § 364 ABGB Rz 9), was unter Hinweis auf die (nicht festgestellte) Lage im Gewerbegebiet und die nach der bereits erfolgten Sanierung nicht gegebene Einschränkung der derzeitigen Nutzung bestritten wird (Revisionsbeantwortung des [vormals] Viertbeklagten: ON 192 S 10). Festgestellt wurde aber, dass ursprünglich eine massive Kontamination durch den Tankstellenbetrieb vorlag und zu einer Beeinträchtigung des Grundwassers führte, die grundsätzlich nur in einem sehr eingeschränkten Maß zu dulden ist (vgl Eccher aaO § 364 ABGB Rz 11 mwN). Erst die umfangreichen Sanierungsarbeiten hatten zur Folge, dass die verbliebene Restkontamination die derzeitige Nutzung der (teils landwirtschaftlichen Zwecken gewidmeten: Obstgarten) Grundstücke nicht beeinträchtigt und eine Beeinträchtigung nur mehr durch die Wertminderung gegeben ist. Die Immissionen waren damit aufgrund ihres Ausmaßes als unzulässig zu werten. Ihre Folgen wurden zwar teilweise beseitigt, was aber nur für die Frage des (ersatzfähigen) Schadensausmaßes relevant ist.
7.) Der Ausgleichsanspruch bedeutet volle Schadloshaltung (RIS-Justiz RS0037927). Er erfasst die (vom Kläger auch behauptete: ON 1 S 9) merkantile Wertminderung (10 Ob 113/98k mwN; Spielbüchler in Rummel³ § 364a ABGB Rz 9), die aufgrund der festgestellten imagebedingten Einschränkungen bei einer Verwertung gegeben ist. Eine vorübergehende Minderung des objektiven Verkehrswerts wäre zwar nur dann zu ersetzen, wenn sie in einem konkreten Verwertungs- oder Nutzungsausfall besteht (Spielbüchler aaO). Eine nur vorübergehende Minderung ist aber bei einer verbleibenden Restkontamination, die den Verkehrswert/Verkaufswert wegen des Ausschlusses der Grundwassernutzung und bestimmter Tiefbaumaßnahmen reduziert, nicht anzunehmen.
8.) Gegner des Anspruchs nach § 364a ABGB ist jeder, der ein Grundstück nutzt, wie ein dinglich oder obligatorisch Berechtigter und ein faktischer Nutzer (Eccher aaO § 364 ABGB Rz 16; vgl Spielbüchler aaO Rz 7). Voraussetzung ist die Beherrschung der Störungsquelle durch den Nutzer, der damit nicht für eine unvermeidliche Drittstörung haftet (Eccher aaO). Nach diesen Kriterien ist die Passivlegitimation nicht nur der im Schädigungszeitraum obligatorisch berechtigten Bestandnehmer, sondern auch des Siebentbeklagten zu bejahen. Dieser hat jahrelang (von 1977 bis 2004) als Stationär (Tankstellenpächter) mit eigenen Leuten die Avanti-Tankstelle betrieben. Sein mit der Sechstbeklagten als Bestandnehmerin bestandenes Vertragsverhältnis, das nach seinen Behauptungen (s Revisionsbeantwortung ON 190 S 4) die Art und Weise der Durchführung der Kundenbedienung, das Erscheinungsbild des Personals vorgeschrieben und die Vertriebsmöglichkeit von Fremdprodukten eingeschränkt haben soll, ändert daran nichts: Der Betrieb der Tankstelle erfolgte nicht nur unmittelbar durch ihn bzw seine Mitarbeiter, sondern (auch) in seinem Interesse, nämlich ihm als Tankstellenpächter Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu verschaffen. Eine völlig fehlende Einflussmöglichkeit auf die Kontaminierungsquelle (= Betrieb der Tankstelle) ist zu verneinen. Die Erwägungen zum Kausalzusammenhang zwischen einem schadensverursachenden Verhalten der Bestandnehmer und der Kontamination (Punkt 4: Verursachung im Rahmen des normalen Betriebs, keine „Drittschädigung") gelten auch für den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch.
9.) Der durch Einzelrechtsnachfolge übertragbare (7 Ob 189/07f; Spielbüchler aaO § 364a ABGB Rz 8) nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch steht demjenigen zu, der zum Schädigungszeitpunkt Eigentümer des betroffenen Grundstücks war (Spielbüchler aaO). Bei Gesamtrechtsnachfolge gehen auch die nachbarrechtlichen Ausgleichsansprüche über. Die Aktivlegitimation des Klägers wurde nicht bestritten; sie ist auch kein Thema des Revisionsverfahrens.
10.) Nicht berechtigt ist der Einwand der Verjährung. Der Kläger hat erst am 7. 9. 1999 von der Kontamination erfahren. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 Satz 1 ABGB, die mit Kenntnis des Schadens und des Schädigers beginnt, gilt nicht nur für den aus bestandvertraglichen Nebenpflichten (Beschädigung der Nachbargrundstücke) abgeleiteten Schadenersatzanspruch, sondern auch für den nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch (Spielbüchler aaO § 364a ABGB Rz 10). Die am 29. 8. 2002 eingebrachte Klage ist damit nicht verjährt.
11.) Nach § 1302 Satz 2 ABGB haften alle Schädiger solidarisch, wenn sich ihr Anteil an der Beschädigung nicht bestimmen lässt. Diese Bestimmung gilt auch für verschuldensunabhängige Ausgleichsansprüche (Reischauer in Rummel³ § 1302 ABGB Rz 2a).
Ansprüche gegen den Erstbeklagten und die Zweitbeklagte wegen Betriebs der Tankstelle Süd:
Die Subsidiarität des nachbarrechtlichen Anspruchs nach § 364a ABGB gegenüber vertraglichen Ansprüchen kommt hier nicht zum Tragen, weil hinsichtlich dieser Tankstelle kein Bestandverhältnis zu dem/den geschädigten Nachbarn bestand. Die Kontaminierung durch diese Tankstelle hat zur Wertminderung der Grundstücke 1571 und 3329/1 (Baufläche) im Ausmaß von 31.100 EUR beigetragen.
Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht nach einer exakteren zeitlichen Eingrenzung des Schädigungszeitraums Feststellungen über die Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken 3280/3 und 3329/1 (Baufläche und Grünfläche) zu treffen haben. Erst nach Klärung dieser Frage ist eine, dem Klagebegehren entsprechende und unter Berücksichtigung des ungewidmeten Anerkenntnisses des Erstbeklagten und der Zweitbeklagten vorzunehmende endgültige Zuordnung möglich, welche Partei mit welchem Betrag solidarisch haftet.
Die Kostenentscheidung des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.
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