VwGH 2000/03/0149

VwGH2000/03/014925.6.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des FG in F, vertreten durch Dr. Erich Aichinger und Mag. Hermann Köck, Rechtsanwälte in 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 22, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (nunmehr Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) vom 24. März 2000, Zl. 290.096/1-II/C/121/00, betreffend eisenbahnrechtliche Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: HS GmbH in F, vertreten durch Mag. Werner Landl & Mag. Martin Edelmann, Rechtsanwaltpartnerschaft in 4840 Vöcklabruck, Stadtplatz 36), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
EisenbahnG 1957 §19;
EisenbahnG 1957 §34 Abs4;
EisenbahnG 1957 §40 Abs1;
AVG §8;
EisenbahnG 1957 §19;
EisenbahnG 1957 §34 Abs4;
EisenbahnG 1957 §40 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei hat mit Schreiben vom 17. September 1999 beim Landeshauptmann von Oberösterreich um die Erteilung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung für die Errichtung einer Anschlussbahn vom Bahnhof F in ihr Betriebsgelände angesucht. Der Beschwerdeführer wurde zu der erstinstanzlichen Verhandlung am 14. Oktober 1999 nicht geladen. In dem am 13. Oktober 1999 beim Landeshauptmann von Oberösterreich eingelangten Schreiben machte der Beschwerdeführer geltend, dass er Partei des vorliegenden Verfahrens sei, und erhob Einwendungen, die dahin gingen, dass sein Haus, das in Holzbauweise errichtet sei, durch den Betrieb der geplanten Anschlussbahn einer Brandgefahr durch Funkenflug ausgesetzt werde. Es sei der an der Grundgrenze bestehende Holzzaun einer Brandgefährdung ausgesetzt, weshalb er die Einholung eines Gutachtens eines Brandsachverständigen beantrage. Auch werde seine Liegenschaft und sein Haus durch die Anschlussbahn insbesondere Erschütterungen ausgesetzt, die zu Rissen am Innenputz und Mauerwerk und zu statischen Veränderungen seines Hauses führen könnten. Weiters sei in Bezug auf seinen Brunnen das Versickern der Wasserzufuhr zu befürchten. Seine Liegenschaft befände sich im Gefährdungsbereich gemäß § 39 Abs. 2 Eisenbahngesetz. Bei dem vorgesehenen Abstand werde für ihn eine Gesundheitsgefährdung durch elektromagnetische Strahlung bewirkt. Weiters sei mit einer gesundheitsgefährdenden Lärmentwicklung zu rechnen. Mit einer gesundheitsgefährdenden Lärm- und Lichteinwirkung müsse "rund um die Uhr" gerechnet werden. Auch diesbezüglich wäre ein Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Elektrosicherheitstechnik, Schalltechnik und Medizin einzuholen.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. Dezember 1999 wurde der Mitbeteiligten die eisenbahnrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Anschlussbahn vom Bahnhof in ihr Betriebsgelände zum Bau und Betrieb erteilt. In der Begründung dieser Entscheidung setzte sich der Landeshauptmann von Oberösterreich mit der Frage der Parteistellung des Beschwerdeführers auseinander und führte insbesondere aus, dass der Feuerbereich bei der Errichtung der vorliegenden Bahn nicht zum Tragen komme, da nach der Erklärung des Betreibers der Einsatz von Dampftriebfahrzeugen nicht beabsichtigt sei. Vielmehr würden seitens des betriebsführenden Eisenbahnunternehmens, den Österreichischen Bundesbahnen, ausschließlich Dieseltriebfahrzeuge und elektrisch betriebene Triebfahrzeuge verwendet werden. Zum Gefährdungsbereich werde bemerkt, dass es sich beim Haus des Beschwerdeführers um ein Wohngebäude mit zwei Wohnungen handle, das zentral mit Heizöl extra leicht befeuert werde. Lagerungen von brennbaren Flüssigkeiten, Gasen oder explosionsgefährdeten Stoffen fänden auf der Liegenschaft nicht statt. Eine Gefährdung der Anschlussbahn, die von der Liegenschaft des Beschwerdeführers ausgehe, sei infolge des Abstandes auch in einem Brandfall nicht gegeben. Dabei seien die Besonderheiten der einfachen Betriebsverhältnisse auf der Anschlussbahn entsprechend berücksichtigt. Es liege "somit ein Gefährdungsbereich nach § 39 Eisenbahngesetz im jetzigen Zustand außerhalb der Liegenschaft" des Beschwerdeführers. Aus den angeführten Feststellungen ergebe sich, dass der Beschwerdeführer keine Parteistellung habe, da er nicht Eigentümer einer Liegenschaft sei, die in einem Feuerbereich liege bzw. die wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müsse.

Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und ausgesprochen, dass die Einwendungen des Beschwerdeführers gemäß dem Schreiben vom 12. Oktober 1999, wiederholt in der Verhandlung vom 14. Oktober 1999, gemäß § 8 AVG i.V.m. § 34 Abs. 4 Eisenbahngesetz mangels Parteistellung zurückgewiesen werden. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass auf Grund des verfahrensgegenständlichen Eisenbahnvorhabens keine direkte Grundinanspruchnahme erfolge. Der Bauverbotsbereich gemäß § 38 Eisenbahngesetz komme für den Bereich einer Anschlussbahn nicht mehr zur Anwendung, ausgenommen, wenn dem Eisenbahnunternehmen Gemeinnützigkeit (§ 53 Abs. 1 Eisenbahngesetz) zuerkannt werde. Weiters seien Liegenschaften, die im Gefährdungsbereich gemäß § 39 Eisenbahngesetz lägen, nicht allein schon wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich als "betroffene" Liegenschaften anzusehen, sondern nur dann, wenn sie wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müssten, und zwar wegen des zur Genehmigung beantragten Bauvorhabens. Nur in diesem Falle käme dem Eigentümer einer im Gefährdungsbereich gelegenen Liegenschaft Parteistellung zu. Die Behörde erster Instanz habe angenommen, dass die Liegenschaft selbst bei einer Lage im Gefährdungsbereich in Hinsicht auf das zur Genehmigung beantragte Bauvorhaben keinen Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müsse, weil es ausgeschlossen erscheine, dass von ihnen eine Gefahr für den Bestand der zu errichtenden Bahnanlagen ausgehen könne. Gemäß § 40 Eisenbahngesetz seien Anlagen jeder Art in einer Entfernung bis zu 50 m von der Mitte des äußersten Gleises sicher gegen Zündung durch Funken herzustellen, zu erhalten und zu erneuern, wenn Dampftriebfahrzeuge im Betrieb stünden oder ihr Einsatz nach Erklärung des Betreibers beabsichtigt sei. Aus den Verfahrensakten der erstinstanzlichen Behörde gehe hervor, dass die Antragstellerin keinerlei Fahrten mit Dampflokomotiven durchführen werde. § 40 Eisenbahngesetz komme somit nicht zum Tragen. Einwendungen, mit denen Immissionen - insbesondere Lärm - geltend gemacht würden, hätten keine Verletzung der nach dem Eisenbahngesetz gewährleisteten subjektiven öffentlichen Rechte zum Inhalt. Diese Einwendungen beträfen zivilrechtliche Ansprüche, die gemäß § 35 Abs. 2 Eisenbahngesetz auf den Zivilrechtsweg zu verweisen seien. Dadurch, dass dies spruchgemäß unterblieben sei, sei kein Parteienrecht verletzt worden. Die Einwendungen des Beschwerdeführers hinsichtlich Brandgefahr durch Funkenflug in Bezug auf seine Liegenschaft, der Gefahr von Erschütterungen seiner Liegenschaft bzw. seines Hauses samt Gefahr einer Rissbildung an der Brunnenanlage sowie Gesundheitsgefährdungen durch elektromagnetische Strahlung und Lärmentwicklung, seien daher mangels Parteistellung abzuweisen gewesen. Über die vom Beschwerdeführer beantragte Parteistellung bzw. die erhobenen Einwendungen habe die erstinstanzliche Behörde im Spruch zwar nicht abgesprochen, in der Begründung habe sich der Landeshauptmann im Rahmen des Ermittlungsverfahrens mit der Parteistellung des Beschwerdeführers ausreichend auseinander gesetzt.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 4 Eisenbahngesetz 1957, BGBl. Nr. 60 (im Folgenden: EisbG), sind Parteien im Sinne des § 8 AVG im eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren gemäß §§ 32 ff EisbG, insbesondere der Bauwerber, die Eigentümer der betroffenen Liegenschaften, die an diesen dinglich Berechtigten, die Wasserberechtigten und die Bergwerksberechtigten. Betroffene Liegenschaften sind außer den durch den Bau selbst in Anspruch genommenen Liegenschaften auch die, die in dem Bauverbotsbereich (§ 38) oder in den Feuerbereich (§ 40) zu liegen kommen, sowie die, die wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich (§ 39) Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müssen.

Gemäß § 39 Abs. 1 EisbG i.d.F. BGBl. Nr. 452/1992 ist in der Umgebung von Eisenbahnanlagen (Gefährdungsbereich) die Errichtung von Anlagen oder die Vornahme sonstiger Handlungen verboten, durch die der Bestand der Eisenbahn oder ihr Zugehör oder die regelmäßige und sichere Betriebsführung, insbesondere die freie Sicht auf Signale oder bei schienengleichen Eisenbahnübergängen, gefährdet wird.

Gemäß § 40 Abs. 1 leg. cit. sind Anlagen jeder Art in einer Entfernung bis zu fünfzig Meter von der Mitte des äußersten Gleises sicher gegen Zündung durch Funken (zündungssicher) herzustellen, zu erhalten und zu erneuern, wenn Dampftriebfahrzeuge in Betrieb stehen oder ihr Einsatz nach Erklärung des Betreibers beabsichtigt wird.

Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die Behörde zu der Frage, ob eine Gefährdung vorliege, kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und die beantragten Sachverständigengutachten nicht eingeholt habe. Sie habe damit auch kein Ermittlungsverfahren zur Frage der Parteistellung des Beschwerdeführers durchgeführt. Hätte die belangte Behörde ein Brandsachverständigengutachten eingeholt, hätte dies ergeben, dass eine Gefährdung seiner Liegenschaft "durch Funkenflug der elektrischen Leitung einerseits und andererseits durch Bremseinrichtungen" gegeben sei und damit seine Liegenschaft im Feuerbereich zu liegen komme. Es hätte sich dann auch ergeben, dass die Liegenschaft des Beschwerdeführers durch die Errichtung der Anschlussbahn einer Brandgefahr ausgesetzt werde.

Gemäß der hg. Judikatur (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 20. September 1995, Zl. 95/03/0069) sind Liegenschaften, die im Gefährdungsbereich liegen, nicht allein schon wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich als "betroffene" i.S.d. § 34 Abs. 4 EisenbahnG anzusehen, sondern nur dann, wenn sie wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich wegen des zur Genehmigung beantragten Bauvorhabens Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müssen. Nur in diesem Fall kommt dem Eigentümer einer im Gefährdungsbereich gelegenen Liegenschaft Parteistellung im Verfahren zu.

Soweit der Beschwerdeführer das Ermittlungsverfahren betreffend den Gefährdungsbereich für nicht ausreichend hält, ist ihm entgegenzuhalten, dass er in diesem Zusammenhang jedenfalls die Wesentlichkeit dieses allfälligen Verfahrensmangels nicht dartut. So wird nicht begründet, warum die Beurteilung der belangten Behörde, es erscheine ausgeschlossen, dass von der Liegenschaft des Beschwerdeführers im Sinne des § 39 Abs. 1 leg. cit. eine Gefahr für den Bestand er zu errichtenden Bahnanlage ausgehen könne, wobei sie sich dabei auf die vorgelegten Planunterlagen berief, unzutreffend sein könnte. Im Übrigen macht der Beschwerdeführer im vorliegenden Zusammenhang gar keine Gefährdungen geltend, die sich von seinem Grundstück auf den Bestand der Eisenbahn bzw. die Betriebsführung auswirken könnten.

Wenn der Beschwerdeführer weiters argumentiert, dass seine Liegenschaft im Feuerbereich zu liegen komme, da eine Gefährdung durch Funkenflug der elektrischen Leitung und durch die Bremseinrichtungen der Anschlussbahn gegeben sei, ist ihm entgegenzuhalten, dass § 40 Abs. 1 leg. cit. darauf abstellt, dass auf der fraglichen Eisenbahnstrecke Dampftriebfahrzeuge in Betrieb stehen oder ihr Einsatz nach Erklärung des Betreibers beabsichtigt wird. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass sich aus den Akten der erstinstanzlichen Behörde ergebe, dass die Mitbeteiligte keinerlei Fahrten mit Dampflokomotiven durchführen werde. Im Hinblick auf diesen vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen Umstand hat die belangte Behörde zutreffend abgeleitet, dass eine Parteistellung des Beschwerdeführers auch im Lichte des § 40 Abs. 1 EisbG nicht in Frage kommt.

Soweit der Beschwerdeführer die Behandlung der von ihm geltend gemachten Immissionen, wie Lärm, Erschütterungen (Rissbildung), Gefährdung der Trinkwasserversorgung, Gesundheitsgefährdung durch elektromagnetische Strahlung rügt, ist ihm zunächst zu entgegnen, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung von Immissionen für sich allein keine Parteistellung im eisenbahnrechtlichen Sinne zu begründen vermag. Im Übrigen kann aus solchen Einwendungen auch von Parteien im eisenbahnrechtlichen Verfahren gemäß § 34 Abs. 4 EisbG keine Verletzung subjektivöffentlicher Rechte abgeleitet werden (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 20. September 1995, Zl. 95/03/0069). Unabhängig von dem nicht bestehenden Mitspracherecht einer Partei des eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahrens im Hinblick auf Immissionen hat die belangte Behörde in Vollziehung des § 19 leg. cit. von Amts wegen verschiedene Ermittlungen (u.a. Einholung von Gutachten) zur Frage der Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Personen durch das vorliegende Eisenbahnvorhaben vorgenommen. Soweit der Beschwerdeführer diese Ermittlungshandlungen rügt, steht ihm - wie dargelegt - in dieser Hinsicht kein Mitspracherecht zu.

Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, er sei in seinem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden, weil eine Entscheidung über seine Einwendungen und Parteistellung erst durch die Behörde zweiter Instanz gefällt worden sei.

Auch diesem Vorbringen des Beschwerdeführers kann nicht gefolgt werden. Die erstinstanzliche Behörde hat zwar über die Einwendungen des Beschwerdeführers nicht ausdrücklich abgesprochen. In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides wurde näher dargelegt, dass dem Beschwerdeführer keine Parteistellung zukomme, da er nicht Eigentümer einer Liegenschaft sei, die in einem Feuerbereich liege oder die wegen ihrer Lage im Gefährdungsbereich Veränderungen oder Beschränkungen unterworfen werden müsse. Wenn nun erst die Behörde zweiter Instanz den dieser Begründung entsprechenden Spruch getroffen hat, ist nicht ersichtlich, in welchen Rechten der Beschwerdeführer dadurch verletzt sein könnte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 25. Juni 2002

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