OGH 7Ob361/97g

OGH7Ob361/97g26.11.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Schalich und Dr.Tittel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Adelaide P*****, vertreten durch Dr.Dieter Stromberger, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Gemeinde W*****, W*****, vertreten durch den Bürgermeister Franz Z*****, dieser vertreten durch Dr.Johann Quendler und Dr.Alexander Klaus, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Unterlassung (Streitwert S 60.000,--), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgericht vom 12.Juni 1997, GZ 2 R 145/97v-91, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Villach vom 14.Februar 1997, GZ 16 C 562/93i-80, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten erster Instanz.

Text

Begründung

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstückes *****/5 der KG U***** in der Gemeinde W*****. Sie wohnt in dem darauf aufgrund einer Baubewilligung vom 23.12.1988 errichteten, im September 1990 bezugsfertig gewordenen Wohnhaus mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn. Gegenüber diesem Grundstück - niveaumäßig etwas tiefer - liegen die der beklagten Gemeinde gehörigen Grundstücke 113/1 bis 3 der KG U*****. Auf den Grundstücken 113/1 und 113/3 hat die beklagte Partei eine Sportanlage errichtet, auf welcher im Winter "Eisplatzveranstaltungen" verschiedener Art stattfinden. Die genannten Grundstücke waren früher als Grünland landwirtschaftlicher Nutzung dienend gewidmet und wurden 1986 in Bauland/Dorfgebiet umgewidmet. Die beklagte Gemeinde betrieb auf ihren Grundstücken ursprünglich eine Mülldeponie, die 1983 in einen von der Bevölkerung kaum angenommenen Kinderspielplatz umgewandelt wurde; für diesen wurde auch die landschaftsschutzbehördliche Bewilligung erteilt. Im Winter 1986/1987 wurde damit begonnen, auf einem Teil des Grundstückes 113/2 Wasser aufzuspritzen, um einen Eislaufplatz für eine Gasthausmannschaft mit der Bezeichnung "EC L*****" zu schaffen. Dieser Mannschaft wurde die Benützung des Eislaufplatzes dreimal pro Woche gestattet, wobei etwa acht Spieler in der Zeit von 18 bis 20 Uhr trainierten. Auch eine andere Gruppe von Eishockeyspielern durfte dort an Sonntagen trainieren, im übrigen war die Benützung des Eislaufplatzes für Schlittschuhläufer vorgesehen. Ursprünglich stand weder eine Toiletteanlage noch ein Umkleideraum zur Verfügung. Diese Baulichkeiten wurden erst im Jahr 1990 geschaffen. Der erwähnte Gasthausverein löste sich nach zwei Jahren mehr oder weniger auf, nachdem häufiges Tauwetter im Winter 1987/1988 die Schaffung einer geeigneten Eisfläche nicht oft verwirklichen ließ. Der Eislaufplatz wurde ab eben diesem Zeitpunkt auch von Schülern der Volksschule D***** im Rahmen des Turnunterrichts vormittags und im Rahmen unverbindlicher Leibesübungen nachmittags benützt. Jeweils am Ende der Wintersaison (März) wurde die 1986/87 angebrachte Holzumrandung für die Eisfläche weggeschafft und Kunstdünger aufgebracht, damit das Eis schneller schmilzt und das Gras besser wachse. Im Sommer wurden Fußballtore aufgestellt und es wurde Fußball gespielt, allerdings nicht vereinsmäßig, sondern unregelmäßig von Burschen aus der Umgebung. Die beklagte Gemeinde beabsichtigte aber in weiterer Folge, die gegenständlichen Grundstücke als sportlichen Mittelpunkt zu sichern. Waren es anfangs relativ nur wenige, die die gegenständlichen Flächen zum Eishockeyspielen, teilweise auch zum Eisstockschießen (an Wochentagen von 19 bis 21 Uhr, also nicht turniermäßig) und im Sommer im wesentlichen zum Fußballspielen benützten, wobei eine wesentliche Lärmbeeinträchtigung dadurch nicht verursacht wurde, kam es ab 1987 dazu, daß ein geplanter Veranstaltungsbetrieb eingerichtet wurde. In diesem Jahr gab es aber nur 12 aufgezeichnete "Aktivitäten" auf dem Eislaufplatz, die überwiegend aber nur während der Dauer von zwei bis drei Stunden ab 17 Uhr abgehalten wurden. Im Jahr 1988 gab es 21 aufgezeichnete "Aktivitäten", meist ebenfalls nur für relativ wenige Stunden, oft nicht einmal für eine ganze Stunde. Die Benützung der Eisfläche erfolgte damals auch meist nur von den noch verbliebenen Spielern der Gasthausmannschaft L*****, im weit geringeren Umfang als früher. Wenn Eisstock geschossen wurde, so nicht turniermäßig, sondern nur durch etwa zwei Stunden hindurch. Im Zeitpunkt der Baubewilligungsverhandlung für das klägerische Wohnhaus am 20.12.1988 vormittags wurde der Eislaufplatz von niemandem benützt, die Klägerin konnte nicht erkennen, daß in ihrer Nachbarschaft eine Sportstätte, von der nennenswerte Lärmimmissionen ausgehen könnten, betrieben werde. Der Klägerin war auch von keiner Seite Mitteilung in diesem Sinne gemacht worden, ebenso nicht, daß geplant sei, dort eine Sportstätte zu errichten. Im Jahr 1988 war die Benützung des Eislaufplatzes zwar gegenüber 1987 angestiegen, jedoch nicht wesentlich. Erst im Winter 1990, also nach Fertigstellung und Bezug ihres Hauses, erfuhr die Klägerin eine Lärmbelästigung, die von den Grundstücken der beklagten Gemeinde ausging. Weil es aber in diesem Winter nur ein bis zwei Eisstockturniere gab, im übrigen wurde eisgelaufen und Eishockey gespielt, aber weitaus weniger, nachdem ja der erwähnte Verein "L*****" sich mehr oder weniger aufgelöst hatte, war die Lärmbelästigung noch keine unerträgliche. Die Klägerin versuchte, sich durch den Einbau von Lärmschutzfenstern zu schützen. 1990 kam es zur Planung eines Umkleidehauses. Tatsächlich wurde jedoch 1991 auf dem Grundstück 113/3 ein Sporthaus errichtet, welches auch Vereinen, Gruppen und Parteien zum Teil kostenlos und nicht nur für Zwecke, die mit einem Sport im Zusammenhang stehen, zur Verfügung gestellt wurde. Im Winter 1991/92 kam es zu einer wesentlichen Steigerung auf dem Betrieb des Eislaufplatzes. Es wurde das Eisstockschießen turniermäßig durchgeführt. Die Häufigkeit dieser Turniere steigerte sich in der Saison 1992/93, in der es neun Turniere gab, die von 6,30 Uhr bis 13 Uhr, und drei Turniere, die von 16 Uhr bis 19 Uhr ausgetragen wurden. Die Vorbereitungsarbeiten für diese turniermäßige Ausrichtung von Eissportveranstaltungen begannen am Tag vor der Veranstaltung nach 22 Uhr, wobei unter anderem das Abschieben des Eises mit einer Maschine nicht unbeträchtlichen Lärm verursachte. In der Folge kam es dazu, daß praktisch an allen Wochenenden, soweit es die Witterung zuließ, Eisstockturniere bzw Eishockeyturniere abgehalten wurden, wobei die Aktivitäten in diesem Zusammenhang schon oft um 6 Uhr früh begannen und mit einer Unterbrechung in der Mittagszeit bis in die späten Abendstunden andauerten. Die Eisstockturniere haben derart zugenommen, daß teilweise im Gemeinderat den Benützungsordnungen nicht mehr zugestimmt wurde, zumal diese Turniere zu Lasten der Kinder gingen, die während dieser Veranstaltungen nicht Eislaufen konnten. Darüberhinaus kam es zu Veranstaltungen von Eisdiskos und auch zu einer wesentlichen Zunahme der Eisläufer im Rahmen des Publikumslaufes. In der Benützungsordnung vom 24.November 1992 heißt es, daß die seit der Errichtung des Sporthauses vorhandene Lautsprecheranlage den Veranstaltern zur Verfügung stehe. Die Öffnungszeit des Platzes wurde von 9 bis 20 Uhr angesetzt, ausgenommen Eisstockturniere und Eishockeyturniere. Für das Sporthaus erteilte sich die beklagte Gemeinde eine Baubewilligung; im Bauverfahren wurde der Klägerin von der Gemeinde eine Parteistellung aberkannt; als ihr diese durch einen Bescheid der Kärntner Landesregierung zuerkannt wurde, war der Bau bereits vollendet. Um den geänderten Verhältnissen Rechnung zu tragen, widmete die beklagte Gemeinde am 7.9.1992 ihre Grundstücke als Grünland - Erholung und Sport um. Damit wurden nachträglich die Voraussetzungen für die Errichtung des Sporthauses vom Gesichtspunkt der Flächenwidmung erfüllt. Im Zusammenhang mit den Arbeiten zur Errichtung des Sporthauses wurde der Aussichtsweg (eine Ortschaftsverbindungsstrecke, über welche die gegenständlichen Grundstücke erreicht werden können) ebenso wie ein Teil der Fläche des Grundstückes 113/2 im Ausmaß von 30 x 20 m asphaltiert; letzterer Teil wird als Umkehrplatz für den Schülerautobus verwendet. Diese Fläche wird auch als Parkplatz von den Besuchern des Sporthauses und des Eislaufplatzes benützt. Im übrigen wird diese asphaltierte Fläche von Kindern und Erwachsenen auch als "Spielplatz" verwendet. Eine ausdrückliche Widmung dieses asphaltierten Teiles des Grundstückes 113/2 als öffentliche Straße ist durch einen Verwaltungsakt nicht erfolgt.

In keinem der behördlichen Verfahren wurden die subjektiven nachbarlichen Interessen der Klägerin berücksichtigt. Die Grundstücke der Klägerin bzw die der Beklagten liegen im Süden des Siedlungsraumes von U*****. Sie grenzen im Norden und Osten an teilweise bebautes Bauland - Dorfgebiet, Grünland und Wald, im Süden nur an Grünland-Wald bzw landwirtschaftliches Grünland und im Westen an landwirtschaftliches Grünland an. Die gegenständlichen Grundstücke liegen in mehreren 100 m Entfernung von der nächsten geschlossenen Bebauung.

Die ortsübliche Schallimmission entsteht ausschließlich durch den Kfz-Verkehr auf der zwischen der Sportanlage und dem Grundstück der Klägerin vorbeiführenden Gemeindestraße (Aussichtsweg), weil keine Gewerbe- bzw landwirtschaftlichen Betriebe in der näheren Umgebung angesiedelt sind. Der von den Grundstücken der beklagten Partei ausgehende Lärm wird durch dort ausgeübte sportliche Aktivitäten im besonderen durch Eisstockschießen und Eishockeyspielen, durch die Lautsprecheranlage sowie das Schreien und Lärmen des Publikums bei Veranstaltungen ausgelöst. Dazu kommen auch noch die sozialen Geräusche wie die durch das Zu- und Wegfahren der Spieler, Besucher und Zuseher mit PKW's, die Geräusche im Rahmen der Benützung des Sporthauses, in dem auch alkoholische Getränke ausgeschenkt werden, insbesondere durch alkoholisierte Besucher. Auch im Sommer kommt es seit der Errichtung des Sportplatzes zu vergleichbaren Lärmimmissionen wie im Winter. Die Lärmmessungen ergaben, daß der ortsübliche Dauerschallpegel von 46 dB auf der klägerischen Liegenschaft, der im wesentlichen durch den Verkehrslärm, der von der Gemeindestraße ausgeht, durch den von den Liegenschaften der beklagten Gemeinde ausgehenden Lärm ganz wesentlich überschritten wird, wobei bei Eisstockturnieren ein spezifischer Dauerschallpegel von 60 bis 61 mit Schallpegelspitzen von 70 bis 78 dB gemessen wurde. Durch Eislaufveranstaltungen mit Musikwiedergabe und Information über Lautsprecher wurde ein Beurteilungspegel von 61 bis 65 dB mit Schallpegelspitzen von 70 bis 79 dB hervorgerufen. All dies ergibt eine Steigerung des ortsüblichen Schallausmaßes im Wohnzimmer der Klägerin um 14 bis 19 dB. Im Innenraum wurde bei geschlossenen Fenstern und geschlossener Balkontüre, die aus zweifachem Isolierglas bestehen, in der Raummitte folgende Schallimmission gemessen:

Dauerschallpegel Eissportanlage 37,5 dB

Basispegel 29,9 dB

mittlerer Spitzenpegel 45,9 dB

Maximalpegel 61,1 dB.

Im Wohnzimmer war deutlich das Rufen von Namen und Musikstücken mit tief frequentierten Geräuschen zu hören, der Anteil an informationshaltigem Lärm betrug 20 %, der impulsartige Lärm (der durch das Zusammenstoßen der Eisstöcke, Schlagen der Pucks gegen die Bande entsteht) 80 % der Meßzeit. Die Schallpegelspitzen ergaben sich durch Zusammenstoßen von Eisstöcken mit 74 bis 78 dB, bei Schlagen des Pucks an die Platzbegrenzung mit 75 bis 79 dB, gleichzeitiges Rufen oder Beifall mehrerer Personen von 70 bis 74 dB, sowie Musik, Ansprachen oder Interviews über den Lautsprecher 74 bis 77 dB.

Nach Veranstaltungen bzw Beendigung des Publikumslaufes wird mit einer motorbetriebenen Kehrmaschine der Platz gesäubert, wobei sich im Zusammenhalt mit den Kfz-Abfahrtsgeräuschen ein Schallpegelausmaß weit über dem Grundschallpegel mit Schallspitzen bis zu 78,6 dB ergibt. Insgesamt ergibt sich durch die von den Grundstücken der beklagten Gemeinde ausgehenden Geräusche eine Anhebung des ortsüblichen Schallpegels von 46 dB um 14 bis 19 dB. Dieser Lärm ist auch von besonderer Lästigkeit, weil er sich durch eine Aneinanderreihung von Immissionsspitzen ergibt. Dieser Lärm, der aber auch in nächtlichen Ruhezeiten auftritt, beinhaltet einen Lärmreiz, der so stark ist, daß er zum Aufwachen führt, wobei beispielsweise ein Schallreiz von 45 dB immerhin 45 % der Schläfer schon aufweckt. Musiklärm bringt fast zwanghaft eine erhöhte Zuwendung seitens des lärmgeplagten Menschen mit sich, zumal die Erwartungshaltung, vom nächsten Lärm getroffen zu werden, als besonders störend empfunden wird. Es ist gesicherte medizinische Erkenntnis, daß Lärmeinwirkungen, wie sie im gegenständlichen Fall nach ihrem Ausmaß, ihrer Art und ihrer Dauer vorliegen, zu psychischen Störungen, aber auch zu Erkrankungen führen. Die erst seit Errichtung des Hauses der Klägerin eingetretene massive Steigerung der Lärmimmission hat zu einer Erkrankung der Klägerin geführt, und zwar zu einer Gesundheitsstörung im Bereich des Magen- und Darmtraktes. Darüberhinaus wurde auch eine konkrete Gesundheitsgefährdung ihres Gatten bewirkt, letzteres muß auch für den Sohn der Klägerin gelten, zumal dieser lärmbedingt häufig in der Nacht aufwacht. Auch eine Beeinträchtigung des Familienlebens der Klägerin ist infolge der Lärmimmission und der dadurch herbeigeführten Folgen eingetreten.

Die Klägerin begehrte, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, die von den der beklagten Partei gehörigen Grundstücken 113/1, 113/2 und 113/3 ausgehenden Lärmeinwirkungen auf das der Klägerin gehörige Grundstück 167/5 durch Eishockeyspiele, Eisstockturniere, Eisdiskos, Publikumslauf und sonstige Veranstaltungen, soweit diese Einwirkungen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß von 46 dB überschreiten, zu unterlassen. Bei Errichtung des Wohnhauses sei der Klägerin nicht erkennbar gewesen, daß auf den Grundstücken der beklagten Partei eine Sportanlage errichtet werde, zumal weder eine Flutlichtanlage noch Eishockeybanden errichtet gewesen seien. Aufgrund der Witterungsverhältnisse im Winter 1988/89 sei es unmöglich gewesen, eine Eisfläche zu erzeugen. Weder am Tag der Bauverhandlung am 20.Dezember 1988 noch zur Zeit der Vermessung des Grundstücks der Klägerin im Jänner 1988 sei eine Eisfläche vorhanden gewesen. Vor der Wintersaison 1990/91 habe die beklagte Partei den Eislaufplatz um das Doppelte auf das nunmehrige Ausmaß vergrößert und auf dem Grundstück 113/3 ein Sporthaus mit Veranstaltungsräumlichkeiten errichtet. Außerhalb der Wintersaison stelle die beklagte Partei den Platz für Fußballturniere, Sommerfeste und ähnliches zur Verfügung, wobei jeweils auch die Lautsprecheranlage Verwendung finde. Es handle sich um keine genehmigte Anlage im Sinn des § 364a ABGB.Durch das Eisstockschießen, das Eishockeyspielen, die Eisdiskos, das Platzherrichten und die sonstigen Sportveranstaltungen, verbunden mit ständigem Zu- und Abfahren von Kraftfahrzeugen, sei für die Klägerin und ihre Familie eine unzumutbare Lärmentwicklung gegeben. Durch die Veranstaltungen der Beklagten ergebe sich eine Steigerung des ortsüblichen Schallausmaßes von 14 bis 19 dB. Die Lärmbelästigung dauere das ganze Jahr über. In der schneefreien Zeit werde von Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern Landhockey gespielt. Die Ballspieler schlügen mit den Schlägern auf den Asphalt, würden schreien und lärmen und Bälle über den Zaun in den Garten der Klägerin schießen. Es würde auch Fußball und Tennis mit außergewöhnlicher Lärmerregung gespielt. Die Beklagte treffe keine Vorkehrungen zur Verhinderung dieses Lärms. Es würden die Lautsprecher der Anlage auf das Haus der Klägerin gerichtet und dadurch der Schallpegel dieser Geräte direkt auf das Haus der Klägerin gestrahlt. Die Lärmerregung würde an mehreren Tagen der Woche durch mehrere Stunden hindurch 46 dB überschreiten. Durch die vom Grundstück der Beklagten ausgehenden Lärmimmissionen seien die Klägerin, ihr Gatte und ihr mj. Sohn bereits gesundheitlich geschädigt. Sie litten ua an Schlafstörungen und nervösen Reizzuständen. Die eingetretenen massiven Gesundheitsstörungen könnten nicht mehr als vorübergehend bezeichnet und durch kurzfristige Erholungsphasen nicht mehr beseitigt werden. Mittlerweile leide die Klägerin an einer Gastritis, Kopfschmerzen, Sehstörungen sowie Ein- und Durchschlafstörungen. Ihr Ehegatte leide wegen des Lärms an Schmerzen im Brustbereich, verbunden mit Atemnot und Angstgefühlen sowie Ein- und Durchschlafstörungen.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, der Eislaufplatz sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft V***** vom 3.Dezember 1985 landschaftsbehördlich genehmigt worden. Der Eislaufplatz sei bereits zu einer Zeit betrieben worden, als die Klägerin ihr Wohnhaus noch nicht errichtet gehabt habe. Bei Errichtung des Wohnhauses sei der Klägerin die Existenz des Eislaufplatzes bekannt gweesen. Die Benützung des Eislaufplatzes erfolge nur zu Tageszeiten, nicht während der Nacht. Der Eislaufplatz sei in einem "Kälteloch" gelegen, sodaß auch im Dezember 1988 Eisbildung möglich gewesen sei. Aufgrund der umlaufenden Planken sei der Eislaufplatz unabhängig von der Witterung erkennbar gewesen. Die Beklagte habe außerdem im Jahr 1988 eine 2 x 1 m große Hinweistafel aufgestellt. Bei Inbetriebnahme des Eislaufplatzes am 20.Dezember 1986 habe sich sein Ausmaß auf etwa 1600 m2 belaufen, das jetzige Ausmaß betrage 1426 m2. Auch sei bereits im Jahr 1986 eine Flutlichtanlage und eine Bande installiert gewesen. Spätestens im Dezember 1986 sei dieser Teil der Gemeinde Wernberg durch den Eislauf- und Sportplatz geprägt gewesen. Die Immissionen seien daher ortsüblich, zumal eine angemessene Entwicklung im Rahmen des technischen Fortschritts zulässig sei. Die Benützung des Sporthauses etwa auch für diverse Sitzungen sei ebenfalls ortsüblich. Das Grundstück 113/2 sei Bestandteil des öffentlichen Wegenetzes, also öffentliches Gut. Der streitige Rechtsweg sei daher unzulässig; es bestehe kein Unterlassungsanspruch, sondern allenfalls nur ein Entschädigungsanspruch. Hinsichtlich des Grundstücks 113/2 sei die beklagte Partei daher passiv nicht legitimiert.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die beklagte Partei betreibe auf ihren Grundstücken keine genehmigte Anlage im Sinne des § 364a ABGB. Die von diesen Grundstücken auf jenes der Beklagten ausgehenden Lärmimmissionen überstiegen das ortsübliche Ausmaß und beeinträchtigten daher wesentlich die ortsübliche Benutzung der Liegenschaft der Klägerin zu Wohn- und Schlafzwecken. Eine "schlagartige" Verstärkung des Lärms, wie sie im vorliegenden Fall wiederholt auftrete, müsse die Klägerin nicht hinnehmen.

Das Berufungsgericht hob über Berufung der Beklagten dieses Urteil auf und erklärte nach Bewertung des Streitgegenstandes als mit S 50.000,-- übersteigend die Erhebung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Es erachtete die Mängel- und Beweisrüge der beklagten Partei für unbegründet und kam rechtlich zum Ergebnis, daß das Urteilsbegehren der Klägerin bestimmt und der Einwand der Unzulässigkeit des Rechtsweges unbegründet sei. Obwohl die Steigerung des Grundgeräuschpegels von 46 dB bis zu 79 dB eine ganz beträchtlich ins Gewicht fallende Lärmbelästigung der Klägerin darstelle, könne noch nicht abschließend beurteilt werden, ob die Voraussetzungen nach § 364 Abs 2 ABGB vorliegen, weil auf die Verhältnisse per Dezember 1988 abzustellen sei; zu diesem Zeitpunkt habe sich der Wille der Klägerin, ihr Grundstück zu Wohnzwecken zu benützen, konkretisiert. Ein allenfalls davor liegender Erwerb des Grundstückes durch die Klägerin oder dessen Umwidmung in Bauland erscheine für die Ortsüblichkeit von Lärmimmissionen nicht maßgebend, weil damit noch kein Nachbarinteresse der Klägerin im Sinne des § 364 Abs 2 ABGB augenscheinlich geworden sei. Die Anlage eines Spiel- und Sportplatzes außerhalb des verbauten Gebietes sei in ländlichen Gemeinden üblich und liege im sportlichen Interesse. Die von den Aktivitäten auf dem Grundstück der Beklagten im Jahr 1988 ausgehenden Lärmbelästigungen seien daher ortsüblich und von der Klägerin zu dulden gewesen. Daß diese Aktivitäten im Jahre 1988 einen Dauerschallpegel von über 46 dB verursacht hätten, ergebe sich schon allein aufgrund der Tatsache, daß die gemessenen 46 dB sich allein aufgrund des Lärms, der von der Gemeindestraße ausgehe, ergäben. Wieviel Dezibel aber als Dauerschallpegel bei Aktivitäten auf der Sportstätte der beklagten Partei Ende 1988 entstanden sind, sei bisher noch nicht erhoben worden. Darüberhinaus wäre die Klägerin aufgrund der Prägung der Gegend durch eine gemeindeeigene Sportstätte verpflichtet, ein durch die normalerweise voraussehbare Entwicklung begründete Zunahme der Einwirkungen hinzunehmen. Dies sei bislang mit den Parteien nicht erörtert worden. Ob und allenfalls inwieweit ein öffentliches Interesse an der Errichtung einer Sportstätte für Gemeindebürger die ebenfalls zu schützenden persönlichen und privaten Interessen der Klägerin überwiege, könne noch nicht beurteilt werden. Dazu bedürfe es einer Erörterung einerseits zur Frage der Notwendigkeit, die Sportstätte neben dem Grundstück der Klägerin zu betreiben, sowie andererseits zu den Möglichkeiten, den Lärm auf das ortsübliche Ausmaß zu reduzieren.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs der Klägerin ist nicht berechtigt.

Der Untersagungsanspruch nach § 364 Abs 2 ABGB besteht dann, wenn die auf den betroffenen Grund wirkenden Einflüsse einerseits das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Ausmaß übersteigen und zugleich die ortsübliche Benutzung dieser Liegenschaft wesentlich beeinträchtigen. Lärmeinwirkungen sind mittelbare Immissionen, die nur so weit, als sie das ortsübliche Ausmaß überschreiten und die ortsübliche Benützung wesentlich beeinträchtigen, verboten werden können. Die örtlichen Verhältnisse sind in beiden Richtungen zu beachten, sowohl für das Maß der Immission als auch für das Maß der Beeinträchtigung. Wesentlich sind neben dem Grad und der Dauer der Einwirkung sowie ihrer Störungseignung auch das Herkommen und das öffentliche Interesse. Die vom Gesetz gebrauchten Ausdrücke "örtlich" und "ortsüblich" sind nicht im Sinne einer politischen Gemeinde zu verstehen; die Beantwortung der Frage, ob die Beeinträchtigung des "nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß" übersteigt, ist auch nicht auf das beeinträchtigte Grundstück allein abzustellen, entscheidend sind vielmehr die Lage des beeinträchtigten Grundstückes zu jenem, von dem die Störung ausgeht, sowie die Verhältnisse in der unmittelbaren Umgebung beider Liegenschaften (vgl SZ 45/98 uva). Der Oberste Gerichtshof hatte, abgesehen von der im gegenständlichen Verfahren ergangenen Provisorialentscheidung, sich unter anderem mit der Lästigkeit des Lärms einer Musikkapelle (ImmZ 1985, 398), einer automatischen Kegelbahn (SZ 45/98), einer Schießsportstätte (SZ 48/15), eines Tanzcafes (6 Ob 543/80), einer Tennisanlage (ecolex 1993, 451) sowie von sich automatisch in der Nacht einschaltenden Kühlaggregaten (7 Ob 2326/96a) zu beschäftigen; in all diesen Entscheidungen wurde auf die Besonderheit und Andersartigkeit der Lärmbelästigung Bedacht genommen, aber auch ausgeführt, daß zu duldender Straßenlärm nicht bedeute, daß auch andersartiger, nach den konkreten örtlichen Verhältnissen übermäßiger Lärm hingenommen werden müsse.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Immission ortsüblich ist, kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Beurteilung an. Allmählich wachsende Immissionen können das Maß des Zulässigen ebenso erhöhen wie Änderungen in den Benützungsgepflogenheiten oder in der Bewertung bestimmter Beeinträchtigungen. Eine übliche (voraussehbare) Zunahme der Immissionen ist hinzunehmen (wie stärkerer Besuch einer renovierten Sportanlage: SZ 52/53, oder eine Verlegung von Spielen in die Abendstunden trotz Flutlichtanlage und Lautsprecherverstärkung:

MietSlg 34.033). Die Plötzlichkeit der Veränderung ist zwar nicht maßgebliches Kriterium (vgl Spielbüchler in Rummel ABGB2 § 364 Rz 15). Doch muß sich der beeinträchtigte Nachbar eher gegen eine schlaghafte Lärmverstärkung zur Last setzen dürfen. Nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist es, seit wann die Immission vorkommt. Ob der Beschwerte bei Erwerb seines Grundstückes bereits mit einer derartigen Einwirkung rechnen mußte, ist nur dann beachtlich, wenn es sich um eine Immission handelt, deren Ursache für den Charakter der Umgebung von Bedeutung ist, wie etwa die Immission durch einen Bahnbetrieb (vgl SZ 54/158) oder eine bereits bestehende große Sportanlage (vgl SZ 52/53 und MietSlg 34.033). In der Entscheidung ecolex 1993, 451 wurde eine Prägung der Landschaft durch eine vier Plätze aufweisende Tennisanlage verneint.

Geht man auch von der Feststellung aus, daß die Klägerin zum Zeitpunkt der Bauverhandlung im Dezember 1988 nicht erkannte, daß sich in ihrer Nachbarschaft eine Sportstätte befindet, von der nennenswerte Lärmimmissionen ausgehen könnten, und sie auch von niemandem darüber informiert wurde, muß ihr doch entgegengehalten werden, daß sie bei einer ihr möglichen Besichtigung der Umgebung ihres Grundstückes neben dem Kinderspielplatz auch einen Eislaufplatz bzw eine Wiese, auf der den Witterungsverhältnissen entsprechend Wasser für einen Eislaufplatz aufgebracht werden konnte sowie auch zwei Masten für eine Flutlichtanlage hätte sehen können. Die Eisläufern dadurch eröffnete Möglichkeit entsprach der Ausnützung einer für einen Eislaufplatz geeigneten Grundfläche, auf der witterungsabhängig eine wohl eher beschränkte Anzahl von Personen für ein paar Stunden schlittschuhlaufen konnten, nicht aber einer Eissportanlage, weil die für einen Dauerbetrieb erforderlichen Umkleideräume, WC's samt der sonstigen für eine solche Sportanlage erforderliche Infrastruktur fehlten. Aus der Wahrnehmung einer derartigen Situation allein konnte daher wohl noch nicht erkannt werden, daß dort eine Sportanlage entstehen wird, wie sie ab 1990 errichtet worden ist und von ihrer Art und von ihrem Umfang her eine ganz wesentliche Steigerung der Aktivitäten und damit von Lärmimmissionen auf das Grundstück der Klägerin zuläßt.

Wann aus einer Überschreitung des bis dahin Ortsüblichen eine Änderung des Üblichen wird, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Die Untersagungsmöglichkeit kann nicht schon von vornherein an der Anerkennung eines neuen Standards scheitern. Andererseits ist die Ortsüblichkeit kein Fall der (für dingliche Rechte an Liegenschaften 30jährigen) Ersitzung und dieser nur entfernt ähnlich. Ausschlaggebend wird die mit der Verwendung der Begriffe "gewöhnlich" und "ortsüblich" verbundene Absicht des Gesetzgebers sein, nicht auf lange Dauer, sondern auf das Hinnehmen des Zustandes abzustellen. Dem entspricht am besten der in der gesamten Rechtsordnung für dieses Anliegen übliche Zeitraum von drei Jahren (vgl Spielbüchler aaO; aM Jabornegg, ÖJZ 1983, 365). Nimmt der betroffene Anrainer eine Lärmsteigerung durch mehr als 3 Jahre unbeanstandet hin, so ist die "Ortsüblichkeit" unter Berücksichtigung des neu hinzugekommenen Lärms zu beurteilen. Nach den getroffenen Feststellungen eskalierte die von den Grundstücken der beklagten Partei ausgehende Lärmbelästigung wesentlich etwa 1992, so daß für die Beurteilung der Ortsüblichkeit der Geräuschpegel der davor liegenden 3 Jahre maßgeblich ist. Zur Beurteilung der Ortsüblichkeit ist daher in Ergänzung bzw Abänderung des Aufhebungsauftrages des Berufungsgerichtes die Erhebung der von der Anlage der beklagten Partei ausgehenden Lärmbelästigung innerhalb der letzten drei Jahre vor der Klagsführung (das ist der 26.3.1993) durch Ergänzung des Sachverständigengutachtens durch Ermittlung (Schätzung) eines Geräuschpegels unter Einbeziehung der damals vom Grundstück der Beklagten ausgehenden Geräusche erforderlich. Nach dem Ergebnis dieser Ermittlungen wird allenfalls eine entsprechende Anpassung des Klagebegehrens vorzunehmen sein.

Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, kann ein Überwiegen des öffentlichen Interesses dann nicht anerkannt werden, wenn die Beeinträchtigung nicht notwendig mit dem Betrieb der Anlage verbunden ist, sondern durch Schutzeinrichtungen abgestellt oder doch auf ein tragbares Maß vermindert werden kann und wenn keine ausreichende Notwendigkeit besteht, die Anlage an einem Ort zu betreiben, an dem sie eine Beeinträchtigung über das nach den dort gegebenen Verhältnissen gewöhnliche Maß hinaus an Lärm bewirkt (vgl SZ 48/15).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.

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