OGH 4Ob619/74

OGH4Ob619/7418.2.1975

SZ 48/15

Normen

ABGB §364a
Gewerbeordnung 1973 §74
ABGB §364a
Gewerbeordnung 1973 §74

 

Spruch:

Zur Auslegung der Begriffe "behördlich genehmigte Anlage"

Nur wenn die Genehmigung der Anlage auf Grund eines Verfahrens erfolgt, in dem die Berücksichtigung der Interessen der Nachbarn in derselben oder doch in gleich wirksamer Weise vorgesehen ist wie im Verfahren zur Genehmigung von Betriebsanlagen nach der Gewerbeordnung, ist es gerechtfertigt, dem Grundnachbarn das auf Grund seines Eigentumsrechtes an sich gegebene Untersagungsrecht zu nehmen und ihn auf einen Ersatzanspruch zu verweisen. Baugenehmigungsverfahren und sicherheitspolizeiliche Genehmigungsverfahren entsprechen diesen Erfordernissen nicht

OGH 18. Feber 1975, 4 Ob 619/74 (OLG Linz 1 R 126/74; LG Feldkirch 5 Cg 2228/73)

Text

Die Klägerin ist Hälfteeigentümerin der Liegenschaft EZ 566 KG F, bestehend aus der Gartenparzelle 13/7 und der Bauparzelle 590. Auf dieser Bauparzelle befindet sich das Wohnhaus B-gasse 16, in dem die Klägerin wohnt. Die beklagte Partei ist Eigentümerin der benachbarten Liegenschaft EZ 449 KG F, bestehend aus der Bauparzelle 442 (Schießstand und Wohnhaus, G-weg 2) sowie aus den Parzellen 13/2 und 13/4.

Die Klägerin begehrt von der beklagten Partei die Unterlassung von Lärmimmissionen, soweit diese durch den Schießbetrieb auf der Liegenschaft der beklagten Partei hervorgerufen werden und soweit sie 55 dB, in eventu 60 dB, übersteigen. Sie behauptet, sie habe ihr Wohnhaus im Jahre 1956 bezogen. Damals habe die beklagte Partei den Schießstand nur in geringem Umfang benützt und Waffen verwendet, die keine besondere Lärmbelästigung entwickelten. Im Jahre 1966 sei der Karabinerstand an der Nordseite des Schießstandgebäudes wieder instandgesetzt und seither im zunehmenden Ausmaß benützt worden. Der Pistolenstand an der Ostseite des Gebäudes mit Schußrichtung gegen den K-Felsen habe bis 1966 nur provisorisch bestanden und sei selten verwendet worden. Im Jahre 1966 sei dieser Pistolenschießstand mit modernsten Anlagen für intensiven Schießbetrieb ausgestattet worden. Auch er werde seit 1966 in ständig steigendem Maße zu Schießübungen und Wettkämpfen verwendet. Dementsprechend habe auch das Schießtraining zugenommen. Die Lärmbelästigung sei während der vom Frühjahr bis zum Spätherbst eines jeden Jahres dauernden Schießsaison so stark, daß sie in der Nachbarschaft nicht einmal bei geschlossenen Fenstern zu ertragen sei. Sie übersteige bei weitem das für Wohnsiedlungsgebiete zumutbare Maß. Durch die unregelmäßigen Abgaben von Schüssen und den dadurch bedingten Überraschungs- und Erwartungseffekt stelle das stundenlange Schießen eine besondere Nervenbelastung dar und beeinträchtige ganz erheblich die ortsübliche Benützung des im Miteigentum der Klägerin stehenden Grundstückes. Durch die jahrelange nervliche Belastung infolge der geschilderten Lärmimmissionen sei bereits eine Gesundheitsschädigung der Klägerin eingetreten. Sie leide an nervlichem Erschöpfungszustand und sei nicht mehr in der Lage, regelmäßig ihre Hausarbeiten zu verrichten.

Die beklagte Partei wendet ein, das Wohnhaus der Klägerin liege in einem ausgesprochen unruhigen und lauten Wohngebiet. Der sehr starke Zugsverkehr auf der Bahnstrecke unterhalb des Hauses der Klägerin verursache eine wesentliche Lärmbeeinträchtigung; desgleichen der starke Autoverkehr auf der steil ansteigenden B-gasse, die am Hause der Klägerin vorbeiführe. Die Klägerin habe ihr Grundstück mit allen Lasten gekauft. Zu diesen zähle auch die durch den Schießbetrieb verursachte Lärmeinwirkung. Der Konsens zur Inbetriebnahme des Schießstandes sei bereits am 14. Juli 1910 erteilt worden. Während des zweiten Weltkrieges sei der Schießstand mit Zustimmung der damaligen Verwaltungsbehörden erweitert und ausgebaut worden. Insbesondere sei damals der Pistolenschießstand mit Schußrichtung nach Osten errichtet und auch bereits zu Wettkämpfen benützt worden. Der Klägerin habe beim Erwerb der Liegenschaft bekannt sein müssen, daß auf dem nahegelegenen Schießstand der beklagten Partei voller Schießbetrieb ausgeübt werde. Der Schießbetrieb werde nicht nur von der beklagten Partei, sondern auf Grund eines Abkommens auch von Zollwache, Gendarmerie den Gemeindesicherheitswachen und den Justizwachebeamten des Gefangenhauses F benützt. Die Schießübungen dieser Beamten seien behördlich angeordnet worden und dienten ihrer Ausbildung. Es bestehe daher ein wesentliches öffentliches Interesse am Betrieb des Schießstandes, das die privaten Interessen der Klägerin überwiege. Der durch den Schießbetrieb verursachte Lärm sei ortsüblich, da das Scheibenschießen in F auf lange Tradition zurückblicken könne.

Das Erstgericht gab unter Abweisung des Mehrbegehrens dem Klagebegehren in Ansehung der 60 dB übersteigenden Lärmimmissionen statt. Es ging dabei von folgendem festgestellten Sachverhalt aus:

Der Schießstand der beklagten Partei wurde in den Jahren 1909/1910 an der Stelle errichtet, an der er sich heute befindet. Dem Bau vorausgegangen war eine kommissionelle (Bau-)Verhandlung vom 2. Mai 1908 unter dem Vorsitz des Stadthaltereirates v. A. Bei dieser Verhandlung, an der auch Anrainer teilnahmen, wurden bereits Bedenken wegen der Lärmbelästigung angemeldet. Es wurde laut Verhandlungsprotokoll vorgesehen, die Lärmbelästigung durch die Anbringung einer 200 m langen Schallblende zu vermindern. Eine solche Lärmschutzanlage ist, wenn sie jemals errichtet wurde, heute jedenfalls nicht mehr vorhanden. Der Konsens zur Benützung des Schießstandes wurde unter Auflage verschiedener Sicherheitsvorkehrungen mit Bescheid vom 14. Juli 1910 erteilt.

Auf Grund der Verordnung des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 31. Mai 1924 wurde am 28. Juni 1924 eine weitere kommissionelle Besichtigung durchgeführt, zu der keine Anrainer beigezogen wurden. Auf Grund dieser Besichtigung wurde mit Bescheid vom 8. Juli 1924 der beklagten Partei erneut die Benützungsbewilligung unter einigen sicherheitspolizeilichen Auflagen erteilt.

Im Jahre 1936 wurde der Schießstand, der bis dahin nur mit Ständen für Weiten von 150 m und 300 m ausgestattet war, durch eine Pistolen- und Kleinkaliberanlage erweitert. Die Schußrichtung dieser neu errichteten Stände lag wie bisher nach Norden (sie ist daher nicht ident mit den später angebauten Pistolenständen mit Schußrichtung Osten). Wegen der erforderlichen baulichen Veränderungen wurde eine Bauverhandlung an Ort und Stelle anberaumt, zu der auch die Anrainer, darunter auch die Rechtsvorgängerin der Klägerin, geladen wurden. Bei dieser Verhandlung erhoben die Anrainer keine Einwände gegen die Errichtung der Kleinkaliber- und Pistolenschießanlage. Mit Bescheid der Stadt F vom 20. April 1936 wurde die Baubewilligung erteilt.

Während des zweiten Weltkrieges wurde in den Jahren 1943/44 der Schießstand im wesentlichen in der Form und Größe ausgebaut, in der er sich heute befindet. Insbesondere wurde damals die Anlage um den Pistolenschießstand mit Schußrichtung Osten erweitert. Dieser Um- bzw. Ausbau wurde im Einvernehmen mit den damaligen Verwaltungsbehörden, aber, soweit ersichtlich, ohne Beiziehung der Anrainer durchgeführt.

Bis etwa zum Jahre 1930 wurde auf dem Schießstand nur mit Stutzen, ab 1930 auch mit Armeegewehren geschossen. In den dreißiger Jahren kam dann das Schießen mit Kleinkaliber auf. Während des zweiten Weltkrieges wurde sowohl mit Groß- als auch mit Kleinkalibergewehren und Pistolen geschossen. Während des Krieges wurde auch bereits auf dem neu gebauten Pistolenschießstand geschossen. Damals herrschte reger Schießbetrieb. Bei sogenannten Kreisschießen versammelten sich etwa 4000, bei Landesschießen 400 bis 600 Schützen.

In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg ruhte, bedingt durch die französische Besatzungsmacht, der Schießbetrieb. Nach dem Abzug der französischen Truppen ging man im Jahre 1958 daran, den Schießsport zu reaktivieren. In diesem Jahre fand das erste Landesschießen nach dem Kriege statt. In der Folge gewann der Schießsport mehr und mehr Anhänger. Der Schießbetrieb nahm dementsprechend zu. Ende der fünfziger-, anfangs der sechziger Jahre kam auch das Pistolenschießen wieder in Schwung. Es wurde eine eigene Vorarlberger Pistolenmannschaft aufgebaut, die auf dem Schießstand der beklagten Partei trainierte und auch schon bald Wettkämpfe, so z. B. die Staatsmeisterschaften 1962 und 1963 organisierte. Seitdem im Jahre 1963 auch in B ein Pistolenschießstand eröffnet wurde, trainierte ein Teil der Pistolenschützen dort. Der überwiegende Teil blieb allerdings in F, da der Großteil der Pistolenschützen aus dem Oberland stammt. Auch das Mannschaftstraining wurde weiterhin in F durchgeführt.

Im Jahre 1966 schloß die beklagte Partei mit verschiedenen Verbänden der Exekutive (Zollwache, Gendarmerie, Gemeindesicherheitswachen, Justizwachebeamten) Vereinbarungen, die im wesentlichen eine Beteiligung dieser Organisationen an der technischen Verbesserung und Renovierung des Schießstandes vorsahen, wogegen den Exekutivbeamten das Recht eingeräumt wurde, den Schießstand für ihr Training und für die Austragung ihrer Wettkämpfe zu benützen. Insbesondere die Zollwache beteiligte sich am Ausbau des Schießstandes mit erheblichen finanziellen Mitteln und mit intensivem Arbeitseinsatz. Dadurch erwarb die Zollwache das Recht, das sogenannte Zollwacheschießen auf dem Schießstand der beklagten Partei durchzuführen, das zur Ausbildung der Wachebeamten vom Bundesministerium für Finanzen vorgeschrieben wird, und das bis dahin auf improvisierten Schießplätzen durchgeführt werden mußte, auf denen die Sicherheit der Teilnehmer nicht ausreichend gewährleistet war.

Bei der Renovierung des Schießstandes im Jahre 1966 wurde der Pistolenschießstand technisch weitgehend verbessert, indem ein automatischer Rücklauf der Scheiben eingerichtet wurde. Die Schützen waren dann nicht mehr gezwungen, selbst zur Zielscheibe zu gehen, um die Resultate abzulesen, vielmehr konnten die Scheiben automatisch zurückgeholt werden. Außerdem wurden die Bahnen für die Scheibenwagen betoniert und die Schießstände verbessert. Diese Automatisierung des Pistolenschießstandes erhöhte dessen Kapazität; d. h., es können (innerhalb einer bestimmten Zeit) mehr Schüsse abgegeben werden. Darüber hinaus wurde auch der Karabinerstand auf 150 m-Distanz wieder instandgesetzt, der damals völlig verfallen war. Mit Schreiben vom 7. November 1966 teilte die Stadtgemeinde F der beklagten Partei mit, daß sie unter bestimmten Auflagen mit der Wiederaufnahme des Schußbetriebes auf dem 150 m-Stand einverstanden sei. Bei einer Kommissionierung am 6. Juni 1967 wurde von der Stadtgemeinde festgestellt, daß der Stand vorschriftsmäßig ausgeführt wurde. Die Genehmigung zur Benützung des Standes wurde von seiten der Stadt nicht in Bescheidform erteilt. Die Stadtgemeinde leitete ihr Zustimmungsrecht und die Befugnis, sicherheitspolizeiliche Auflagen zu erteilen, nicht aus ihrer hoheitsrechtlichen Gewalt, sondern aus ihrer Eigenschaft als Eigentümer der Gp. 10 ab, die bei Benützung des 150 m-Standes überschossen wird. Mit der technischen Verbesserung und dem Ausbau des Pistolenschießstandes war die Stadt F nicht befaßt, da für diese Veränderungen keine Baubewilligung erforderlich war und die Vollziehung der sicherheitspolizeilichen Maßnahmen nicht in die Kompetenz der Gemeinde fällt.

Die Klägerin erwarb die Gp. 13/7 mit der Bp. 590 mit Kaufvertrag vom 16. Juni 1955 zusammen mit ihrem Ehegatten je zur Hälfte zum Preis von 60 S pro m2. Sie erbaute auf diesem Grundstück ein Einfamilienhaus und zog dort mit ihrem Gatten im Jahre 1956 ein. Der Kaufpreis der Liegenschaft war für damalige Verhältnisse eher hoch. Die Nähe des Schießstandes wurde bei der Kaufpreisermittlung nicht preismindernd in Rechnung gestellt. Über den Schießstand wurde anläßlich der Kaufverhandlungen überhaupt nicht gesprochen.

Der Klägerin war zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbes bekannt, daß sich in der Nähe der Schießstand befand. Eine nennenswerte Lärmbelästigung bestand damals nicht, da der Schießbetrieb erst im Jahre 1958 wieder aufgenommen wurde. Bis zum Jahre 1966 hielt sich die Belästigung der Anrainer durch den Schießbetrieb trotz Zunahme der Schießveranstaltungen noch in erträglichen Grenzen, was wohl vor allem darauf zurückzuführen war, daß die Schützen der beklagten Partei vornehmlich mit Kleinkalibergewehren schossen, der Karabinerstand noch nicht in Betrieb und der Pistolenschießstand noch nicht automatisiert war und daher erheblich weniger intensiv benützt werden konnte.

Auf Grund der Wiederherstellung des Karabinerstandes und der Automatisierung des Pistolenstandes im Jahre 1966, sowie durch die Einbeziehung der Exekutive in den Schießbetrieb stieg die Lärmbelästigung seit dieser Zeit beträchtlich, was nicht zuletzt darauf zurückzuführen ist, daß die Exekutivbeamten vorwiegend mit Dienstpistolen und Karabinern, also besonders lautstarken Waffen, schießen und die Pistolenschützen in den letzten Jahren hauptsächlich das besonderen Lärm verursachende olympische Schnellfeuer und das Schießen mit der Standardpistole praktizieren.

Die Schießsaison dauert von April bis Ende Oktober. Es findet jährlich ein Landesschießen statt, das etwa 2 bis 3 Wochen dauert und während dessen Dauer praktisch den ganzen Tag geschossen wird. Jährlich einmal wird das sogenannte Zollwacheschießen abgehalten, das 9 Tage dauert und das besonders lärmintensiv ist, da hauptsächlich mit Dienstpistolen und Karabinern geschossen wird. Weiters werden jedes Jahr etwa 10 Pistolenwettkämpfe ausgetragen. Einige besonders qualifizierte Pistolenschützen trainieren seit Erlassung der Schießordnung jeden Mittwoch und Donnerstag, jeden Dienstag trainiert ganztägig die Exekutive. Schießveranstaltungen finden während der Schießsaison zumindest an der überwiegenden Zahl der Wochenenden statt. Jeden Sonntagvormittag ist allgemeiner Schießbetrieb. Im Jahre 1974 wurde seit April auch an Freitagen vermutlich von der Gendarmerie trainiert. Genauere Feststellungen über die Anzahl der Schießveranstaltungen, der abgegebenen Schüsse und der Tage, an denen geschossen wird, konnten mangels vollständiger Aufzeichnungen nicht getroffen werden.

Die seit 1966 eingetretene Intensivierung der Lärmbelästigung veranlaßte den Gatten der Klägerin, Dr. R, zunächst bei der Stadt F und dann auch bei der Finanzlandesdirektion um Abhilfe anzusuchen. Das Amt der Stadt F teilte mit Schreiben vom 23. Juni 1971 im wesentlichen mit, daß die rechtlichen Möglichkeiten, Abhilfe zu schaffen, geprüft worden seien, aber keine Grundlage zum Einschreiten gefunden worden sei. Nach weiteren Beschwerden des Dr. R über die vom Schießstand ausgehende Lärmbelästigung bemühte sich die Stadtgemeinde F um eine Vermittlung zwischen den Kontrahenten. Als deren Ergebnis kam am 2. Juni 1971 eine Aussprache zwischen Dr. R und den Vertretern der beklagten Partei zustande. Bei dieser Aussprache schlossen die Streitteile einen vorläufigen Kompromiß über eine Schießeinteilung.

Dr. R erklärte, das Ergebnis dieser Verbesserungsversuche abzuwarten, bevor er weitere rechtliche Schritte unternehme. Die beklagte Partei war zwar bemüht, einen geordneten Ablauf in den Schießbetrieb zu bringen; doch hatten diese Bemühungen nur teilweise Erfolg, da sich verschiedene Schützen oder Gruppen von Schützen einfach nicht an diese Schießordnung halten und die beklagte Partei offenbar nicht in der Lage ist, eine wirksame Kontrolle auszuüben.

Der Schießstand liegt in einer Entfernung von zirka 100 m vom Haus der Klägerin. Er besteht aus einem mehrstöckigen Gebäude, in dem im Erdgeschoß eine Gastwirtschaft, im 1. Stock der Kleinkaliberschießstand mit Schußrichtung Norden, im 2. Stock der Schießstand für Karabiner ebenfalls mit Schußrichtung Norden und im

3. Stock der Pistolenschießstand mit Schußrichtung nach Osten untergebracht sind. Im Pistolenschießstand sind 10 Stände, in den Anlagen im 1. und 2. Stock je 20 Stände untergebracht.

Das Haus der Klägerin liegt am Stadtrand von F in einem Gebiet mit relativ schwacher Lärmbelästigung. Die Lärmeinwirkung durch die Eisenbahn und den Verkehrslärm der B-gasse fällt nicht stark ins Gewicht. Der energieäquivalente Dauerschallpegel liegt (ohne Schießlärm) bei 49.5 dB, der Grundgeräuschpegel definiert als jener Schallpegel, der zu 95% der Meßzeit überschritten wurde, liegt bei 43 dB. Häufige Spitzen, definiert als jener Pegel, der in 5% der Meßzeit überschritten wurde, liegt bei 54 dB. Diese, allein aus den Umgebungsgeräuschen resultierenden Geräuscheinwirkungen entsprechen der Lärmbelästigung in einem städtischen Wohngebiet im Sinne der vom österreichischen Arbeitsring für Lärmbekämpfung ausgearbeiteten Richtlinien. Für solche städtische Wohngebiete ist eine Lärmbelästigung von 55 dB zumutbar.

Nach den Richtlinien des österreichischen Arbeitsringes für Lärmbekämpfung ist die zumutbare Lärmbelästigung wie folgt klassifiziert:

1. Sondergebiet Krankenhaus und Erholungsgebiet, Kur- und Fremdenverkehrsgebiet mit einer Grenze der zumutbaren Störung von 45 dB.

2. Wohngebiet in Vororten, Wochenendhausgebiet, ländliches Wohngebiet mit einer Grenze der zumutbaren Störung von 50 dB.

3. Städtisches Wohngebiet, Gebiet für Bauten, land- und forstwirtschaftliche Betriebe mit Wohnungen mit einer Grenze der zumutbaren Störungen von 55 dB.

4. Kerngebiete (Büros, Geschäfte, Handel, Verwaltung, Wohnungen), Gebiet für Betriebe und Lärmemission mit einer Grenze der zumutbaren Störung von 60 dB.

5. Gebiet für Betriebe mit geringer Lärmemission mit einer Grenze der zumutbaren Störung von 65 dB.

6. Industriegebiet mit einer Grenze der zumutbaren Störung von 70 dB.

Bei vollem Schießbetrieb am Schießstand der beklagten Partei ergibt sich der energieäquivalente Dauerschallpegel mit 62.5 dB, mit häufigen Spitzen von 70 dB.

Die im Zuge des Lokalaugenscheines durchgeführten Schießübungen mit verschiedenen Waffen ergaben folgende Werte:

Zentralfeuer ........................ mit maximalen Spitzen bei 80

dB, olympisches Schnellfeuer ............ mit maximalen Spitzen bei

70 dB, Übungsschießen mit Dienstpistolen ...................... mit

maximalen Spitzen 75-78 dB, Karabiner und Pistolenschießen,

gemischt, häufige Spitzen bei.............................. 75-78

dB, Kleinkaliberpistolenschießen, häufige Spitzen .................

60 dB.

Bei Kleinkaliber-Gewehrschießen liegt die Lärmbelästigung etwas unter der vom Kleinkaliber-Pistolenschießen.

Nach den Richtlinien des österreichischen Arbeitsringes für Lärmbekämpfung gilt als Lärmstörung jede Erhebung von 10 dB über den Grundpegel. Die durch den Schießbetrieb der beklagten Partei ausgelösten, auf das Grundstück der Klägerin einwirkenden Geräusche sind daher eindeutig als Lärmstörung im Sinne dieser Richtlinien zu qualifizieren. Die beim Schießbetrieb herrschende Lärmbelastung entspricht etwa den Meßergebnissen an einer stark frequentierten Ausfahrtsstraße, wobei der Impulscharakter der Schüsse und die unregelmäßigen Intervalle bei der Schußabgabe das Nervensystem besonders belasten.

Aus ärztlicher Sicht läßt sich über die Auswirkungen des Schießbetriebes auf den menschlichen Organismus im allgemeinen und den Gesundheitszustand der Klägerin im besonderen folgendes sagen:

Eine tatsächliche Schädigung des Gehörganges (der Schnecke) tritt erst bei 85 dB ein. Dieser Wert wird hier nicht erreicht. Deshalb ist eine Schädigung des Gehörsinnes der Klägerin durch den Schießbetrieb nicht zu befürchten. Bei der Klägerin bestehen folgende Beschwerden: Zum Teil Einschlaf- und besonders aber Durchschlafstörungen. Seit Herbst 1972 3-4 kg Gewichtsverlust; nervös gereizt; hält nichts mehr aus, nicht mehr belastbar; etwas verstärktes Schwitzen; zum Teil vorn, zum Teil rückwärts Schmerzen an der Stirne und am Nacken beiderseits, fast täglich seit 3-4 Jahren; Schmerzen in beiden Armen bis zu den Händen von der Schulter bis in die Fingerspitzen.

Als Ergebnis diagnostizierte der untersuchende Arzt: nervöser Erschöpfungszustand, Lärmschaden, Schulter-Arm-Syndrom beiderseits bei cervikalem Hartspann.

Es besteht die Potentielle Möglichkeit, daß diese Beschwerden auf den Schießbetrieb zurückzuführen sind. Ein Beweis oder auch nur eine Wahrscheinlichkeit für einen Kausalzusammenhang läßt sich jedoch nicht ermitteln. Abstrakt gesehen, d. h. ohne Bezug auf die Person der Klägerin, sind Geräuscheinwirkungen ab 45 dB geeignet, Gesundheitsstörungen, ab 65 dB Gesundheitsgefährdungen und ab 85 dB Gesundheitsschädigungen hervorzurufen. Eine besonders ungünstige psychische Reaktion bewirkt der Schießlärm wegen seines Impulscharakters, der Unregelmäßigkeit der Intervalle und der negativen psychischen Einstellung der Betroffenen zu diesem Geräusch.

In rechtlicher Beziehung führte das Erstgericht aus, die Klägerin leite das Recht, die Immissionen zu verbieten, aus der Bestimmung des § 364 Abs. 2 ABGB ab. Diese Bestimmung gewährt dem Eigentümer eines Grundstückes das Recht, von Nachbargrundstücken ausgehende Immissionen zu untersagen, wenn diese das ortsübliche Ausmaß überschreiten und die ortsübliche Benützung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen. § 364a ABGB schwäche dieses Untersagungsrecht auf einen Schadenersatzanspruch ab, wenn die Einwirkung durch Bergwerksanlagen oder behördlich genehmigte Anlagen verursacht werde. Diese Bestimmung komme im vorliegenden Falle jedoch nicht zum Tragen, da entgegen der Auffassung der beklagten Partei deren Schießstand nicht als behördlich genehmigte Anlage in diesem Sinne anzusehen sei. § 364a ABGB sei im Jahre 1916 durch § 12 der III. Teilnovelle mit dem Zweck in das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch eingebaut worden, die mit zunehmender Industrialisierung akut gewordenen Einwirkungen der Industrie auf Nachbargrundstücke zu regeln und einen billigen Ausgleich zwischen den Interessen des Grundbesitzes und der Industrie zu schaffen. Dabei sei es Absicht des Gesetzgebers gewesen, zu verhindern, daß mit großem Kapitalaufwand errichtete Betriebe in ihrem Bestand gefährdet werden. Diese Bestimmung sei daher vorwiegend zum Schutze der Industrie geschaffen worden. Daher seien unter "behördlich genehmigten Anlagen" weder solche zu verstehen, die bloß einer baubehördlichen Genehmigung unterliegen, noch solche, die kulturellen, sportlichen und ähnlichen Zwecken dienen. Eine behördlich genehmigte Anlage im Sinne des § 364a ABGB sei vielmehr nur eine solche, die nach § 26 oder §§ 28 ff GewO genehmigt worden sei. Es widerspräche daher dem Gesetzeszweck, die Bestimmung des § 364a ABGB auf Anlagen auszudehnen, die nicht gewerbebehördlich genehmigt worden seien und nicht wirtschaftlichen, sondern sportlichen oder kulturellen Zwecken dienen. Die Beschränkung der Nachbarn behördlich genehmigter Anlagen auf den Schadenersatzanspruch gehe von dem Gedanken aus, daß im Zuge des Genehmigungsverfahrens eines gewerblichen Betriebes auch den betroffenen Nachbarn Parteistellung zukomme und ihre Interessen dabei ausreichend berücksichtigt würden. Im vorliegenden Falle seien die Anrainer lediglich den Bauverhandlungen im Jahre 1910 und 1936 beigezogen worden. Soweit darüber hinaus behördliche Genehmigungen überhaupt erteilt worden seien, sei die jedenfalls ohne Beiziehung der Anrainer geschehen, und zwar insbesondere bei der Errichtung des Pistolenschießstandes (Richtung Osten), der die Hauptquelle der Lärmbelästigung darstelle. Ebensowenig sei ein Verwaltungsverfahren unter Beiziehung der Anrainer durchgeführt worden, als der Karabinerschießstand im Jahre 1966 neu eröffnet worden sei. Auch von diesem Gesichtspunkt aus sei das Vorliegen einer behördlich genehmigten Anlage im Sinne des § 364a ABGB zu verneinen.

Auch die weitere Untersagungsvoraussetzung, daß die vom Grundstück der beklagten Partei ausgehenden Lärmimmissionen das nach den örtlichen Verhältnissen übliche Ausmaß überschreiten und die ortsübliche Benützung des zur Hälfte im Eigentum der Klägerin stehenden Grundstückes beeinträchtigen, liege vor. Eine ständige Lärmentwicklung durch Abgabe von Schüssen sei in einem Wohngebiet nicht ortsüblich. Daran ändere auch nichts, daß der Schießstand F. auf lange Tradition zurückblicke und die beklagte Partei Wahrerin kultureller und sportlicher Interessen sei. Die vom Grundstück der beklagten Partei ausgehende Lärmbelästigung übersteige bei weitem das zumutbare Ausmaß und beeinträchtige daher die ortsübliche Benützung des Grundstückes der Klägerin, insbesondere einen geruhsamen Aufenthalt im Garten, aber auch jede Konzentration erfordernde Arbeit im Hause bei geöffneten Fenstern.

Dem Untersagungsbegehren der Klägerin stehe der Umstand nicht entgegen, daß diese in Kenntnis der Immissionen ihr Grundstück erworben habe. Die Frage der Priorität des störenden und des gestörten Betriebes sei nämlich keine Tatbestandsvoraussetzung des § 364 ABGB. Allerdings habe die Klägerin mit dem Erwerb des Grundstückes in unmittelbarer Nähe des Schießstandes ein gewisses Maß an Lärmimmissionen in Kauf genommen und in diesem Umfang ihren Unterlassungsanspruch verloren. Daran ändere auch nichts die Tatsache, daß der Schießstand zum Zeitpunkt des Grundstückserwerbes nicht in Betrieb gewesen sei, denn es sei vorhersehbar gewesen, daß er in absehbarer Zeit wieder eröffnet werde. In Kauf genommen habe die Klägerin allerdings nur den Schießbetrieb, der im Rahmen der Schützengilde gepflogen worden sei, also hauptsächlich die beim Schießen mit Kleinkaliber (Gewehr und Pistole) verursachten Lärmimmissionen. Nicht vorhersehbar gewesen sei für die Klägerin die Ausweitung des Schießbetriebes einerseits durch die Intensivierung des Pistolenschießens, die durch die Automatisierung des Pistolenstandes ermöglicht worden sei, und die Einbeziehung der Exekutivbeamten in den Schießbetrieb seit dem Jahre 1966. In diesem Ausmaße stehe daher der Klägerin ein Unterlassungsanspruch zu. Die Klägerin habe beim Erwerb der Liegenschaft auch vertraglich nicht die Last übernommen, die Lärmeinwirkung zu dulden. Die beklagte Partei könne einen solchen Duldungsanspruch auch nicht auf den Titel der Ersitzung stützen, da nach § 1500 ABGB das aus der Ersitzung oder Verjährung erworbene Recht demjenigen, welcher im Vertrauen auf die öffentlichen Bücher noch vor der Einverleibung desselben eine Sache oder ein Recht an sich gebracht habe, zu keinem Nachteil gereichen könne, es sei denn, daß der Servitut beim Grundstückserwerb offenkundig ausgeübt worden sei. Da aber zum Zeitpunkt des Erwerbes der Liegenschaft durch die Klägerin die "Servitut" überhaupt nicht ausgeübt worden sei, könne sie die Klägerin nicht belasten. Darüber hinaus sei auch zu bezweifeln, ob die das ortsübliche Maß übersteigende und damit widerrechtliche Erzeugung von Lärmimmissionen überhaupt Grundlage für einen rechtlichen Besitz der beklagten Partei habe sein können, denn es fehle hier wohl an der Voraussetzung der redlichen Besitzausübung.

Schließlich stehe dem Untersagungsanspruch der Klägerin auch der Einwand der beklagten Partei nicht entgegen, die Abhaltung von Schießveranstaltungen der Exekutivbeamten geschehe in Ausübung von Hoheitsrechten. Zwar stehe gegenüber der Ausübung von Hoheitsrechten kein Untersagungsrecht zu. Grundnachbar im Sinne des § 364 ABGB sei im vorliegenden Fall aber die beklagte Partei, die nicht Trägerin von Hoheitsrechten sei. Wenn sie auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen Behörden, die Träger von Hoheitsrechten seien, die Benützung ihres Schießstandes erlaube, so könne dies keinen Einfluß auf die Rechtsbeziehungen der Streitteile haben, mögen auch intern diese Behörden in Ausübung von Hoheitsrechten Schießübungen für die ihnen unterstellten Beamten anordnen. Bei der Festlegung der Grenze des der Klägerin im eingeschränkten Umfang zustehenden Untersagungsanspruches sei davon auszugehen, daß die Klägerin eine Lärmbelästigung, wie sie beim Kleinkaliberpistolenschießen (beim Kleinkalibergewehrschießen sei sie etwas geringer) entstehe, grundsätzlich in Kauf genommen habe, wobei die dabei entwickelten Geräuschimmissionen bei 60 dB liegen. In diesem Rahmen sei der Unterlassungsanspruch der Klägerin gerechtfertigt. Insoweit sei dem Klagebegehren stattzugeben, im darüber hinausgehenden Umfang dieses aber abzuweisen gewesen.

Die Berufungen der beklagten Partei und der Nebenintervenientin (Republik Österreich) gegen den stattgebenden Teil des erstgerichtlichen Urteiles blieben erfolglos. Das Berufungsgericht ging von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes aus und teilte auch die rechtliche Beurteilung dieses Sachverhaltes durch das Erstgericht. Es verwies vor allem darauf, daß der Begriff einer "behördlich genehmigten Anlage" im Sinne des § 364a ABGB nach dem Zweck und nicht nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ausgelegt werden müsse. Einer nur auf den Wortlaut abgestellten Auslegung stehe schon entgegen, daß auch eine Baugenehmigung eine "behördliche Genehmigung" sei, aber nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung Anlagen, die bloß einer baubehördlichen Genehmigung unterliegen, keine "behördlich genehmigten" Anlagen im Sinne des § 364a ABGB seien. Den Zweck der Bestimmung des § 364a ABGB habe aber das Erstgericht schon richtig dahin erkannt, daß sie die mit zunehmender Industrialisierung aufgetretenen Einwirkungen von Betriebsanlagen auf Nachbargrundstücke regeln und einen Ausgleich zwischen den Interessen der Industrie und denen der Grundbesitzer schaffen wollte. Daher seien "behördlich genehmigte Anlagen" im Sinne des § 364a ABGB nur solche, die nach § 26 oder §§ 28 ff. GewO (1859) genehmigt wurden. Da die Anlage der beklagten Partei nicht gewerbebehördlich, sondern nur baubehördlich und allenfalls sicherheitsbehördlich genehmigt worden sei und nicht wirtschaftlichen, sondern sportlichen oder kulturellen Zwecken diene, sei sie keine "behördlich genehmigte Anlage" im Sinne des § 364a ABGB. Das Erstgericht habe mit Recht nicht das Schießen auf der Anlage der beklagten Partei allgemein, sondern nur in besonders lärmintensiven Arten verboten. Die Steigerung der Lärmbelästigung durch Wiedereröffnung des Karabinerstandes und die Verwendung besonders lautstarker Waffen, die erst nach dem Jahre 1966 eingetreten sei, habe zur Folge gehabt, daß die Lärmbelästigung der Nachbarn das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß sehr erheblich übersteigt. Auf ein öffentliches Interesse könne sich die beklagte Partei, die Grundnachbarin der Klägerin sei, als privater Verein nicht berufen.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionen der Beklagten und der Nebenintervenientin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In beiden Revisionen wird die Ansicht der Untergerichte bekämpft, daß der Schießstand der beklagten Partei keine "behördlich genehmigte Anlage" im Sinne des § 364a ABGB sei. Es sei zwar richtig, daß auf Anlagen, die lediglich auf Grund einer Baugenehmigung errichtet wurden, diese Bestimmung nicht anzuwenden sei. Es sei aber unzutreffend, den Anwendungsbereich dieser Bestimmung auf solche Anlagen zu beschränken, die einer gewerbebehördlichen Genehmigung unterliegen; es genüge vielmehr schon, daß, wie im vorliegenden Fall, neben der Baugenehmigung eine Genehmigung der zuständigen Sicherheitsbehörde erteilt worden sei.

Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden.

Nach § 364a ABGB werden bei Beeinträchtigung durch von einer Bergwerksanlage oder einer behördlich genehmigten Anlage ausgehende (mittelbare) Einwirkungen die Rechte des betroffenen Nachbarn auf "Ersatz des zugefügten Schadens" beschränkt. Es wird ihm also statt des ihm auf Grund seines Eigentums an sich zustehenden Anspruches, die Unterlassung der die Benützung seines Grundstückes beeinträchtigenden Einwirkungen zu verlangen, ein Ersatzanspruch eingeräumt, der diese Eigentumsbeschränkung ausgleichen soll; diese Regelung hat daher eine Ähnlichkeit mit dem Rechtsinstitut der Enteignung (MietSlg. 23.035; EvBl. 1957/19; SZ 45/7, 36/67; Steininger in JBl. 1965 418 u. a.). Es handelt sich bei dieser Bestimmung um eine Ausnahmeregelung wie bei jener des § 364 Abs. 2 ABGB, wonach dem Eigentümer des Nachbargrundstückes die Untersagung solcher (mittelbarer) Einwirkungen verwehrt ist, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß nicht übersteigen und die ortsübliche Benützung seines Grundstückes nicht wesentlich beeinträchtigen. In beiden Fällen muß davon ausgegangen werden, daß das Untersagungsrecht des Eigentümers des der Einwirkung ausgesetzten Grundstückes die Regel und sein Wegfall die Ausnahme ist (Klang in Klang[2] II, 168, 174; MietSlg. 23.035). Daraus wurde abgeleitet, daß derjenige, der sich gegenüber einem Untersagungsanspruch des Nachbarn darauf berufen will, daß seine die Umgebung gefährdende oder belästigende Betriebsanlage behördlich genehmigt worden sei, diese Genehmigung durch Vorlage eines entsprechenden Bescheides nachzuweisen hat (MietSlg. 23.035).

Daß der Wegfall des Untersagungsrechtes des betroffenen Grundnachbarn die Ausnahme ist, muß aber auch bei der Beurteilung des Inhaltes der Bestimmung des § 364a ABGB in der Weise berücksichtigt werden, daß sie im Zweifel nicht ausdehnend, sondern einengend auszulegen ist. Gewiß ist es richtig, daß ein Gesetz nach den Verhältnissen ausgelegt werden muß, wie sie im Zeitpunkt seiner Anwendung bestehen und der Inhalt einer gesetzlichen Bestimmung grundsätzlich aus ihrem Wortlaut objektiv zu erschließen ist (3 Ob 102/74 u. a.). Das schließt aber nicht aus, bei der Beurteilung der Bedeutung eines im Gesetz verwendeten Begriffes auf den Zweck dieses Gesetzes und die Entstehungsgeschichte zurückzugreifen, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzes mehrere Auslegungsmöglichkeiten zuläßt (SZ 22/1; JBl. 1957, 513).

Hinsichtlich des in der Bestimmung des § 364a ABGB verwendeten Ausdruckes "behördlich genehmigte Anlage" hat das Berufungsgericht bereits zutreffend darauf hingewiesen, daß eine nur auf den Wortlaut abgestellte Auslegung dieses Begriffes schon deswegen versagt, weil dann auch eine baubehördliche Genehmigung für die Anlage ausreichte, um sie dieser Bestimmung zu unterstellen, dies aber von Lehre und Rechtsprechung allgemein abgelehnt wird (Klang in Klang[2] II, 174; Ehrenzweig, System[2] I/2, 134; Gschnitzer, Sachenrecht, 61; Moser, ÖJZ 1974/377; EvBl. 1957/19 u. a.). Mit Recht haben daher die Untergerichte bei der Auslegung dieser Bestimmung auf den Anlaß und den Zweck ihrer Einführung durch die dritte Teilnovelle zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch Bedacht genommen. Sie wurde nach dem Vorbild des § 26 der deutschen Gewerbeordnung in der Annahme geschaffen, daß sich die Gefahren und Nachteile der ortsüblichen Immissionen von selbst ausgleichen; wer Immissionen durch einen Gewerbebetrieb im ortsüblichen Ausmaß dulden muß, hat die Möglichkeit, selbst ein Gewerbe zu betreiben und die dadurch erzeugten Einwirkungen seinem Nachbarn zuzumuten. Dadurch sollte der im Zuge der Industrialisierung akut gewordene Interessengegensatz zwischen Gewerbetreibenden und den Nachbarn ihrer Betriebsanlagen ausgeglichen werden. Man ging davon aus, daß die Errichtung und der Betrieb einer Anlage zur Ausübung eines Gewerbes einer behördlichen Genehmigung bedarf, die in einem Verfahren erteilt wird, in dem auf die Interessen der Nachbarn ausreichend Bedacht genommen wird. Nach § 25 der damals geltenden GewO 1859 war nämlich die Genehmigung der Betriebsanlage bei allen Gewerben notwendig, welche mit besonderen für den Gewerbebetrieb angelegten Feuerstätten, Dampfmaschinen, sonstigen Motoren oder Wasserwerken betrieben werden oder welche durch gesundheitsschädlichen Einflüsse, durch die Sicherheit bedrohende Betriebsarten, durch üblen Geruch oder durch ungewöhnliche Geräusche die Nachbarschaft zu gefährden oder zu belästigen geeignet sind. Da der Eigentümer des Nachbargrundstückes im Verfahren über die Genehmigung einer Betriebsanlage nach der Gewerbeordnung wegen der ihm zukommenden Parteistellung (Hellbling, 1960, 648) seine Interessen geltend machen kann und andererseits ein öffentliches Interesse daran anerkannt wurde, daß die nach Durchführung des vorgesehenen Verfahrens errichteten Betriebe in ihrem Bestand nicht mehr gefährdet werden, war es gerechtfertigt, dem durch Einwirkung auf sein Grundstück beeinträchtigten Nachbarn keinen Untersagungsanspruch, sondern nur mehr einen Ausgleichsanspruch in Geld zuzubilligen (Gschnitzer, Sachenrecht, 59; MietSlg. 23.035). Dies gilt als Grundsatz trotz dem Umstand, daß dem Grundnachbarn das Untersagungsrecht auch dann nicht zusteht, wenn die Einwirkung auf das Nachbargrundstück im Einzelfall bei der behördlichen Verhandlung über die Errichtung der Betriebsanlage nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Dies wurde offenbar deswegen bestimmt, um über die Berechtigung des Bestandes einer Anlage, die nach Durchführung des vorgesehenen Verfahrens errichtet wurde und deren Erhaltung die Beschränkung des Eigentums des Grundnachbarn bezweckt (SZ 20/184) keine Zweifel und Streitigkeiten mehr aufkommen zu lassen.

Eine Anwendung der Bestimmung des § 364a ABGB über den Anwendungsbereich des Vorbildes des § 26 der deutschen GewO, der sich nur auf gewerbliche Anlagen bezieht, hinaus erfolgte zwar bei Anlagen, die nach bestimmten Sondergesetzen einer Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb bedürfen (z. B. Eisenbahnen, Flughäfen; Klang in Klang[2], 174; Moser, ÖJZ 1974, 377), ist aber nicht bereits durch jede andere behördliche Genehmigung der Anlage als eine Baugenehmigung für diese gerechtfertigt. Nur wenn die Genehmigung der Anlage auf Grund eines Verfahrens erfolgt, in dem die Berücksichtigung der Interessen der Nachbarn in derselben oder doch in gleich wirksamer Weise vorgesehen ist wie im Verfahren zur Genehmigung von Betriebsanlagen nach der Gewerbeordnung, ist es gerechtfertigt, dem Grundnachbarn das auf Grund seines Eigentumsrechtes an sich gegebene Untersagungsrecht zu nehmen und ihn auf einen Ersatzanspruch zu verweisen.

Daß dies dann nicht der Fall ist, wenn nur eine Baugenehmigung für die Anlage vorliegt, ist - wie bereits betont - allgemein anerkannt. Aber auch eine sicherheitspolizeiliche Genehmigung erscheint nicht ausreichend, um die Anlage als "behördlich genehmigt" im Sinne des § 364a ABGB zu beurteilen, weil auch sie keine Gewähr dafür bietet, daß auf die Berücksichtigung der Interessen der Nachbarn ausreichend Bedacht genommen wird, weil dieses Verfahren nur die Zulässigkeit des Betriebes der Anlage nach einem bestimmten, eng begrenzten, Gesichtspunkt, nämlich dem der Sicherheit der Benützer der Anlage und seiner Umgebung zum Gegenstand hat. Im Verfahren zur Genehmigung einer Betriebsanlage nach der Gewerbeordnung sind aber die Interessen der Nachbarschaft in einem viel weiteren Umfang zu berücksichtigen, weil auch die Unterbindung gesundheitsschädlicher oder belästigender Einwirkungen auf ein zumutbares Maß Voraussetzung für die Bewilligung des Baues und des Betriebes der Anlage ist. Dieser Zweck des Verfahrens über die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage wird auch in der nunmehr geltenden Gewerbeordnung 1973 festgelegt. Auch dort wird zwischen der Gefährdung von Leben oder Gesundheit (unter anderem) der Nachbarn oder des Eigentums der Nachbarn und der Belästigung der Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder auf andere Weise unterschieden (§ 74 Abs. 2 Z 1 und 2). Eine Genehmigung der Behörde ist erforderlich, wenn die Betriebsanlage geeignet ist, auch nur eine dieser Einwirkungen auf die Nachbarschaft zu verursachen. Das für die Schaffung der Bestimmung des § 364a ABGB maßgebliche Bestreben, einen Ausgleich zwischen dem Interesse an der Entwicklung der Wirtschaft und dem Interesse am Schutz des Nachbarn herzustellen (Herz, ÖJZ 1967, 7), kommt somit auch in der GewO 1973 zum Ausdruck (vgl. Mache - Kinscher, GewO 1973, 86). Der Zweck dieser gesetzlichen Bestimmung hat sich somit seit seiner Schaffung nicht verändert, so daß auch die Bedachtnahme auf die nunmehr gegebenen Verhältnisse keinen Anhaltspunkt für eine andere Auslegung dieser Bestimmung ergibt, als sie bisher vorgenommen wurde.

Dem Einwand der Revisionen, daß der im ursprünglichen Entwurf zur Bestimmung des § 364a ABGB gebrauchte Ausdruck "behördlich konzessioniert" durch die Worte "behördlich genehmigt" ersetzt worden sei und daraus geschlossen werden müsse, daß diese Bestimmung zwar nach der ursprünglichen Absicht nur Anlagen betreffen sollte, die einer Konzessionierung nach der Gewerbeordnung bedurften, sie aber durch die angeführte Änderung des Entwurfes auf alle Anlagen ausgedehnt werden sollte, für welche die Genehmigung durch irgendeine Behörde vorgesehen ist, muß entgegengehalten werden, daß dann nicht einzusehen wäre, warum gerade die Genehmigung durch die Baubehörde, die einhellig als nicht ausreichend angesehen wird, nicht genügen sollte. Überdies hat bereits Klang (174) darauf verwiesen, daß die Worte "behördlich genehmigt" des Gesetzestextes nichts anderes bedeuten als die Worte "behördlich konzessioniert" des Entwurfes. Eine sachliche Abgrenzung des Begriffes "behördlich genehmigte Anlage-" kann nur darin gefunden werden, daß der Zweck der Bestimmung des § 364a ABGB berücksichtigt und geprüft wird, ob für die Erteilung der Genehmigung zur Errichtung der Anlage die Durchführung eines Verfahrens vorgesehen war, in welchem die Interessen der Nachbarn allgemein und nicht nur nach einem bestimmten Gesichtspunkt zu berücksichtigen waren. War ein solches Verfahren nicht vorgesehen oder ist die Erteilung der Genehmigung nach Durchführung eines solchen Verfahrens nicht nachgewiesen, steht § 364a ABGB einem Unterlassungsbegehren eines Nachbarn nicht entgegen (Moser, 382; MietSlg. 23.035). Da eine gewerbebehördliche oder dem Zweck der Bestimmung des § 364a ABGB in gleichem Maße entsprechende Genehmigung der Schießstätte der beklagten Partei nicht nachgewiesen ist, konnte sich die beklagte Partei gegenüber dem Unterlassungsbegehren der Klägerin nicht mit Erfolg darauf berufen, bei dieser Schießstätte handle es sich um eine "behördlich genehmigte Anlage" im Sinne dieser Gesetzesstelle.

Die beklagte Partei macht allerdings in ihrer Revision weiter geltend, die Untergerichte hätten zu Unrecht angenommen, daß die Lärmeinwirkungen auf das Grundstück der Klägerin das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten.

Auch dieser Einwand ist nicht berechtigt.

Ob die vom Nachbargrundstück einwirkenden Belästigungen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß übersteigen, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (SZ 45/7; EvBl. 1973/26). Der Ausdruck "örtlich" ist nicht in dem Sinne zu verstehen, daß es auf die Verhältnisse innerhalb der gesamten politischen Gemeinde ankomme. Maßgebend sind vielmehr die Lage des beeinträchtigten Grundstückes zu dem, von dem die Störung ausgeht, und die Verhältnisse in der unmittelbaren Umgebung beider Liegenschaften. Hiebei kommt es nicht nur auf die Intensität, sondern auch auf die Art der Einwirkung und den Grad ihrer Störungseignung an. Richtig ist, daß auch auf den Charakter der Gegend (z. B. unverbautes Gebiet, Wohngegend, Industriegegend), die herkömmliche Übung (z. B. Betrieb von Buschenschenken) und das öffentliche Interesse (z. B. Anlage und Erhaltung von Straßenbauten oder Betrieb öffentlicher Verkehrsanlagen) Bedacht genommen werden muß (EvBl. 1973/26; SZ 25/221). Andererseits muß etwas, was auf einem einzigen Grundstück in der Gemeinde herkömmlich ist, noch nicht ortsüblich sein. Die Störung muß auch nur so weit geduldet werden, als sie mit dem Betrieb der störenden Anlage notwendig verbunden ist (Klang, 172). Der beeinträchtigte Grundnachbar muß im allgemeinen eine durch die normalerweise voraussehbare Entwicklung begrundete Zunahme der Einwirkungen hinnehmen, nicht aber eine schlagartige Verstärkung (Moser, ÖJZ 1974, 377/378).

Nach dem festgestellten Sachverhalt hielt sich im vorliegenden Fall die Belästigung der Nachbarn durch den Betrieb auf der Schießstätte der beklagten Partei bis zum Jahre 1966 noch in erträglichen Grenzen, weil vornehmlich mit Kleinkalibergewehren geschossen wurde. Erst im Jahre 1966 nahm die Lärmbelästigung plötzlich und beträchtlich zu. Der Grund war aber nicht nur die von der Revision in den Vordergrund gestellte Wiedereröffnung des Karabinerschießstandes, sondern wesentlich auch die Automatisierung des Pistolenschießstandes, die Einbeziehung der Exekutive in den Schießbetrieb, die besonders lautstarke Waffen (Dienstpistolen und Karabiner) verwendete, und der Umstand, daß die Pistolenschützen in den letzten Jahren hauptsächlich das besonders lärmverursachende olympische Schnellfeuer und das Schießen mit der Pistole ausübten. Es ist daher auch unter Berücksichtigung des Umstandes, daß auf der Schießstätte der beklagten Partei schon früher mit Karabinern geschossen wurde, nicht richtig, daß schon vor dem Jahre 1966 ein Schießbetrieb mit der Lärmbelästigung der Nachbarn üblich war, welche über das nach der Entscheidung des Erstgerichtes zulässige Maß hinausging und die beklagte Partei ein Recht zur Ausübung eines Schießbetriebes ohne diese Beschränkung erworben habe, welches die Klägerin dulden müsse. Der Behauptung der Revision, daß die von der Schießstätte der beklagten Partei ausgehende Lärmeinwirkung durch den Verkehrslärm vernichtet werde, steht die Feststellung entgegen, daß das Haus der Klägerin in einem Gebiet mit relativ geringer Lärmbelästigung liegt und der energieäquivalente Dauerschallpegel bei 49.5 dB, der Grundgeräuschpegel bei 43 dB liegt, während bei vollem Schießbetrieb am Schießstand der beklagten Partei ein energieäquivalenter Dauerschallpegel von 62.5 dB mit häufigen Spitzen von 70 dB gegeben ist und diese Werte noch erheblich überschritten werden. Die Untergerichte haben diese Werte ihrer Entscheidung zugrunde gelegt und damit das zulässige Maß der Lärmeinwirkung entgegen der Behauptung der Revision nicht nach den allgemein in Wohngegenden gegebenen Verhältnissen, sondern nach jenen des vorliegenden Falles beurteilt. Sie sind dabei mit Recht von jener Lärmintensität, welche in der Umgebung des Hauses der Klägerin ohne den Schießbetrieb gegeben ist, und nicht von jener ausgegangen, welche nach allgemeinen Richtlinien für städtische Wohngebiete noch zumutbar angesehen wird. Sie haben auf dieser Grundlage beurteilt, bis zu welchem Maß die festgelegten Werte durch eine Lärmeinwirkung durch den Betrieb der Schießstätte der beklagten Partei überschritten werden dürfen. Es bestehen bei dieser Sachlage keine Bedenken gegen die Auffassung, daß Lärmeinwirkungen von mehr als 60 dB, das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten. Eine solche Lärmeinwirkung muß daher die Klägerin, insbesondere auch deswegen nicht mehr hinnehmen, weil es sich bei dem von der Schießstätte ausgehenden Lärm um einen solchen handelt, der nicht nur wegen seiner Stärke, sondern vor allem wegen seiner Art als besonders störend und unangenehm empfunden wird. Nach den festgestellten Folgen dieser Lärmeinwirkungen für die Benutzbarkeit des Grundstückes der Klägerin zu Wohnzwecken besteht auch kein Zweifel, daß diese wesentlich beeinträchtigt ist.

An der Ausübung des Schießsportes mit derart intensiven Einwirkungen auf die Nachbarschaft kann auch ein öffentliches Interesse, dem sich das Interesse der Klägerin an einer nicht wesentlich beeinträchtigten Benützung ihres Grundstückes unterordnen müßte, selbst dann nicht anerkannt werden, wenn die große Tradition dieses Sportes in der Gegend der Schießstätte der beklagten Partei berücksichtigt wird. Schon das Erstgericht hat hervorgehoben, daß eine Minderung der Lärmbelästigung nicht nur durch Einschränkung des Schießbetriebes, sondern auch durch Errichtung entsprechender Lärmschutzeinrichtungen, die nach den Verfahrensergebnissen keineswegs unmöglich ist, erreicht werden kann. Es wurde auch bereits betont, daß auch die Gewerbeordnung 1973 ein Recht der Nachbarn gewerblicher Betriebsanlagen anerkannt, daß die davon ausgehenden Beeinträchtigungen auf ein zumutbares Maß beschränkt werden, und am Schutz der Nachbarn ebenso ein öffentliches Interesse besteht wie an der Errichtung und am Bestand solcher Anlagen (vgl. § 77 GewO 1973; Mache - Kinscher GewO 1973, 86). Das öffentliche Interesse kann daher nicht einseitig vom Standpunkt desjenigen beurteilt werden, der eine Anlage mit beeinträchtigenden Einwirkungen auf die Nachbarschaft betreibt. Es kann aber insbesondere dann nicht anerkannt werden, wenn die Beeinträchtigung nicht notwendig mit dem Betrieb der Anlage verbunden ist, sondern durch Schutzeinrichtungen abgestellt oder doch auf ein tragbares Maß vermindert werden kann und wenn keine ausreichende Notwendigkeit (z.

B. wegen des Zweckes der Anlage, wie dies bei einer Verkehrsanlage

zutrifft) gegeben ist, die Anlage an einem Ort zu betreiben, an dem

sie eine Beeinträchtigung über das nach den dort gegebenen

Verhältnissen gewöhnliche Maß hinaus bewirkt. Ob und in welchem

Umfang Beeinträchtigungen durch andere Anlagen z. B. durch solche

zur Ausübung eines anderen Sportes und insbesondere durch solche,

die von einer Gebietskörperschaft in Ausübung ihres Hoheitsrechtes

betrieben werden, geduldet werden müssen, ist hier nicht zu

entscheiden. Es kommt vielmehr, wie bereits betont, auf die Umstände

des Einzelfalles an, und es ist daher nur zu prüfen, in welchem

Ausmaß die Einwirkungen von der Schießstätte der beklagten Partei

auf das Grundstück der Klägerin zulässig sind. Auf die allgemein

gehaltenen Ausführungen der Revisionen über eine Erschwerung oder

Verhinderung von Sportveranstaltungen oder der Schießausbildung von

Sicherheitsorganen als angebliche Folge der Anerkennung eines

Rechtes der Nachbarn, über das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß hinausgehende Einwirkungen zu untersagen, ist daher nicht einzugehen. Entscheidend ist vielmehr nur, daß nach den im vorliegenden Fall gegebenen Verhältnissen der Klägerin mit Recht zugestanden wurde, von der beklagten Partei zu verlangen, daß beim Betrieb ihrer Schießstätte Lärmeinwirkungen von mehr als 60 dB auf das Grundstück der Klägerin vermieden werden. Der Revision dagegen, daß dem Klagebegehren insoweit stattgegeben wurde, mußte somit ein Erfolg versagt bleiben.

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