Spruch:
In der Medienrechtssache der Antragstellerin Maria W***** gegen die Antragsgegnerin K***** GmbH & Co KG, AZ 24 Hv 38/07d des Landesgerichts Linz, verletzen
1./ der Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 28. April 2009, AZ 8 Bs 123/09h (ON 72 des Hv-Akts), in Ansehung der Kassation des erstgerichtlichen Beschlusses verbunden mit dem Auftrag zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung § 89 Abs 2 zweiter Satz StPO idF BGBl I 2004/19 und § 39 Abs 1 MedienG;
2./ der Beschluss des Landesgerichts Linz vom 28. September 2009, GZ 24 Hv 38/07d-80, und
3./ der Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 18.November 2009, AZ 8 Bs 357/09w (ON 92 des Hv-Akts),
soweit jeweils ein Anspruch der Antragsgegnerin auf Ersatz der Kosten der Veröffentlichung nach § 8a Abs 5 MedienG dem Grund nach verneint wurde, § 39 Abs 1 MedienG.
Text
Gründe:
In der Medienrechtssache der Antragstellerin Maria W***** gegen die Antragsgegnerin K***** GmbH & Co KG, AZ 24 Hv 38/07d des Landesgerichts Linz, stellte die Antragstellerin mit Beziehung auf Veröffentlichungen in der K***** Zeitung, Ausgabe Oberösterreich vom 14., 15. und 16. September 2006, einen (selbstständigen) Antrag auf Entschädigung nach §§ 6 Abs 1, 7 Abs 1, 7a Abs 1 und 7b Abs 1 MedienG sowie Anträge auf Veröffentlichung einer kurzen Mitteilung über das eingeleitete Verfahren gemäß § 8a Abs 5 (§ 37 Abs 1) MedienG und auf Urteilsveröffentlichung gemäß § 8a Abs 6 MedienG (ON 1).
Mit Beschluss vom 26. April 2007 (ON 11) ordnete der Einzelrichter - mit summarischer Bezeichnung der in Rede stehenden Veröffentlichungen im darin näher beschriebenen, einheitlich gefassten Text („… In den Ausgaben der O***** vom 14. September 2006, 15. September 2006 und 16. September 2006 wurde … berichtet … Wegen dieser Artikel hat die Antragstellerin … einen Antrag gemäß §§ 6 ff MedienG gestellt …“) - gemäß § 8a Abs 5 MedienG die Veröffentlichung einer kurzen Mitteilung über das eingeleitete Verfahren an. Einer dagegen erhobenen Beschwerde der Antragsgegnerin gab das Oberlandesgericht Linz als Beschwerdegericht mit Beschluss vom 22. Mai 2007 (ON 17) nicht Folge.
Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 18. Juli 2007 (ON 24) wurde mit Beziehung auf sämtliche in Rede stehenden Veröffentlichungen, hinsichtlich jener vom 14. und 15. September 2006 gestützt auf § 6 Abs 1 MedienG und in Betreff jener vom 16. September 2006 aus dem Grund des § 7 Abs 1 MedienG, der Antragstellerin ein (vgl aber § 8 Abs 2 MedienG) Entschädigungsbetrag von 4.500 Euro zuerkannt und der Antragsgegnerin überdies gemäß § 8a Abs 6 MedienG die Urteilsveröffentlichung aufgetragen. Der dagegen erhobenen Berufung der Antragsgegnerin wegen Nichtigkeit gab das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht mit Urteil vom 13. November 2007 (ON 31) Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht.
Mit Urteil des Landesgerichts Linz vom 13. Februar 2008 (ON 39) wurden sämtliche Anträge der Antragstellerin abgewiesen und diese gemäß § 390 Abs 1 StPO iVm § 8a Abs 1 MedienG zum Ersatz der Verfahrenskosten verpflichtet. Mit Urteil vom 20. Mai 2008 (ON 45) gab das Oberlandesgericht Linz als Berufungsgericht der dagegen erhobenen Berufung der Antragstellerin wegen Nichtigkeit sowie des Ausspruchs über die Schuld (diese im Übrigen implizit - in den Entscheidungsgründen - verwerfend) teilweise Folge, hob das angefochtene Urteil in Betreff der Veröffentlichung vom 14. September 2006 auf und erkannte in diesem Umfang dahin zu Recht, dass der Antragstellerin nach §§ 6 Abs 1 und 7b Abs 1 MedienG eine Entschädigung von 1.500 Euro zuerkannt und der Antragsgegnerin überdies (in diesem Umfang) gemäß § 8a Abs 6 MedienG die Urteilsveröffentlichung aufgetragen wurde. Im Übrigen wurde ausgesprochen, dass der Antragsgegnerin die im Zusammenhang mit der Veröffentlichung vom 14. September 2006 stehenden (sämtlichen) Verfahrenskosten und der Antragstellerin die im Zusammenhang mit den Veröffentlichungen vom 15. und 16. September 2006 stehenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last fallen.
Mit Schriftsatz vom 19. Juni 2008 (ON 49) beantragte die Antragsgegnerin - soweit hier von Interesse -, der Antragstellerin gemäß § 39 Abs 1 MedienG Kosten der Veröffentlichung der Mitteilung nach § 8a Abs 5 MedienG in Höhe von 9.815,40 Euro aufzuerlegen. Mit Beschluss des Landesgerichts Linz vom 24. Februar 2009 (ON 61) wurden der Antragsgegnerin von der Antragstellerin zu ersetzende Veröffentlichungskosten in Höhe von 981,54 Euro (mit einer die Abweisung des Mehrbegehrens auf generalisierende Beurteilungsgrundlagen stützenden und damit in Anbetracht des gesetzlichen Bemessungsmaßstabs einer Festsetzung nach freier Überzeugung [§ 273 ZPO; § 39 Abs 1 fünfter Satz MedienG iVm § 38a Abs 2 dritter Satz MedienG] aus § 23 Abs 1 StPO nicht beanstandbaren Begründung) zuerkannt.
Der dagegen (in Betreff der Teilabweisung) erhobenen Beschwerde der Antragsgegnerin (ON 62) gab das Oberlandesgericht Linz als Beschwerdegericht mit Beschluss vom 28. April 2009, AZ 8 Bs 123/09h (ON 72 des Hv-Akts), Folge, indem es den angefochtenen Beschluss (im Umfang der Abweisung des Kostenmehrbegehrens) aufhob und dem Erstgericht die neue Entscheidung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung auftrug. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der in Rede stehende Kostenersatzanspruch nach § 39 Abs 1 MedienG ein zivilrechtlicher Anspruch sei, weshalb die Verfahrensgarantien des Art 6 (Abs 1) MRK einzuhalten und solcherart „bei verfassungskonformer Interpretation von der Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung auszugehen“ sei.
Mit Beschluss vom 28. September 2009, GZ 24 Hv 38/07d-80, wies das Landesgericht Linz - nach öffentlicher mündlicher Verhandlung - den Antrag, der Antragstellerin gemäß § 39 Abs 1 MedienG den Ersatz der Kosten für die Veröffentlichung nach § 8a Abs 5 MedienG „in Höhe von 9.815,40 Euro“ an die Antragsgegnerin aufzuerlegen, unter gleichzeitiger Verpflichtung der Antragsgegnerin zum Ersatz der Kosten des Verfahrens nach § 39 MedienG ab. Dies mit der Begründung, dass dem Medieninhaber nach dem Wortlaut des § 39 Abs 1 MedienG und dem Zweck der Bestimmung des § 8a Abs 5 MedienG ein Anspruch auf Ersatz der Kosten einer Veröffentlichung nach § 8a Abs 5 MedienG nur zustehe, wenn „das gesamte Verfahren“ ohne einen Schuldspruch, eine Einziehung oder eine Urteilsveröffentlichung im selbstständigen Verfahren beendet wurde. Eine Teilung der Kosten einer (wie hier) einheitlich erfolgten Veröffentlichung über die Verfahrenseinleitung in einen Teil, der sich in der Folge als gerechtfertigt erweist, sowie in einen solchen, hinsichtlich dessen eine Verfahrensbeendigung ohne Schuldspruch, Einziehung oder Urteilsveröffentlichung erfolgt, sei daher nach dem Gesetz nicht vorzunehmen. Der Kostenersatzanspruch der Antragsgegnerin sei daher schon dem Grund nach abzuweisen, wobei hinzukomme, dass die Anführung der Daten der Veröffentlichungen vom 15. und 16. September 2006 in der gemäß § 8a Abs 5 MedienG aufgetragenen Veröffentlichung (hinsichtlich derer die Anträge der Antragstellerin abgewiesen worden waren) schon nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin keine weiteren Kosten verursacht habe.
Der dagegen erhobenen Beschwerde der Antragsgegnerin (ON 86) gab das Oberlandesgericht Linz als Beschwerdegericht mit Beschluss vom 18. November 2009, AZ 8 Bs 357/09w (ON 92 des Hv-Akts), teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass die Antragstellerin der Antragsgegnerin Kosten der Veröffentlichung nach § 8a Abs 5 MedienG in Höhe von 981,54 Euro zu ersetzen hat. Im Übrigen wurde das Mehrbegehren abgewiesen und der Ausspruch der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Tragung der Kosten des Verfahrens nach § 39 MedienG aufgehoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kostenteilzuspruch bloß Folge der vom angefochtenen Beschluss nicht abänderbaren Teilrechtskraft des (von der Antragstellerin unbekämpft gelassenen) Beschlusses des Landesgerichts Linz vom 24. Februar 2009 punkto Kostenzuspruch sei; überdies stehe kein Kostenersatzanspruch zu. Denn ausgehend davon, dass die Mitteilung über das eingeleitete Verfahren auch in Betreff der beiden Artikel, hinsichtlich welcher die Antragstellerin nicht durchgedrungen ist, keine zusätzlichen Veröffentlichungskosten mit sich gebracht habe, bestehe, da vorliegend die Antragstellerin hinsichtlich eines Artikels mit ihren Ansprüchen durchgedrungen ist, „mit Blick darauf, dass der gegenständlichen Mitteilung auch dieser Antrag zu Grunde gelegt war, kein Anlass, die Antragstellerin zum Ersatz dieser Kosten, und sei es auch nur anteilig ([im Verhältnis ihres Unterliegens] zu zwei Dritteln) zu verpflichten“.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, stehen die Beschlüsse des Landesgerichts Linz vom 28. September 2009 sowie des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 28. April 2009 und vom 18. November 2009 mit dem Gesetz nicht im Einklang:
1./ Gemäß § 89 Abs 2 zweiter Satz StPO in der (bis 31. Dezember 2010 geltenden) Fassung des Strafprozessreformgesetzes, BGBl I 2004/19, hatte das Beschwerdegericht - von der Ausnahme bei (zurückzuweisenden) verspäteten Rechtsmitteln oder solchen, die von nicht legitimierten Personen eingebracht wurden (§ 89 Abs 2 erster Satz StPO), abgesehen - stets in der Sache selbst zu entscheiden. Die vom Oberlandesgericht Linz als Beschwerdegericht mit Beschluss vom 28. April 2009, AZ 8 Bs 123/09h, vorgenommene Aufhebung des Beschlusses des Landesgerichts Linz vom 24. Februar 2009 (ON 61), verbunden mit dem Auftrag an das Erstgericht, neuerlich in der Sache über den Antrag der Antragsgegnerin auf Kostenersatz abzusprechen, war im Gesetz nicht vorgesehen (RIS-Justiz RS0123977). Eine Kassation zwecks Durchführung einer - wie im Folgenden darzulegen ist, gesetzlich nicht angeordneten - mündlichen Verhandlung sieht auch, wie der Vollständigkeit halber anzumerken ist, § 89 Abs 2a StPO in der (seit 1. Jänner 2011 geltenden) Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl I 2010/111, nicht vor.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über den Grund und die Höhe des Kostenersatzanspruchs nach § 39 Abs 1 MedienG ordnet das (in dieser Bestimmung zuletzt durch BGBl I 2005/49 reformierte) Gesetz im Unterschied zu § 41 Abs 5 vierter Satz MedienG nicht an. Eine analoge Anwendung des § 41 Abs 5 vierter Satz MedienG auf die Fälle des § 39 Abs 1 MedienG scheidet mangels planwidriger Lücke mit Blick auf die gemeinsame Novellierung dieser beiden Bestimmungen (mit der Mediengesetznovelle 2005) aus. Auch eine Art 6 Abs 1 MRK einbeziehende verfassungskonforme Interpretation führt nicht zur Annahme einer planwidrigen, im Weg analoger Anwendung einer für den geregelten Fall nicht geltenden Bestimmung zu schließenden Lücke. Denn nach Art 6 Abs 1 erster Satz MRK hat zwar (ua) jedermann Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen zu entscheiden hat, doch ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unter Berücksichtigung der Anforderungen an Verfahrensökonomie und -effektivität ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung dennoch zulässig, nämlich insbesondere dann, wenn der Fall aufgrund der Akten und schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann. Das trifft auch hier zu. Denn unbeschadet des (im Sinn der Konvention) zivilrechtlichen Charakters des gegenständlichen Anspruchs auf Ersatz der Veröffentlichungskosten handelt es sich bei der vorliegenden Entscheidung um eine solche, die dem nach mündlicher Verhandlung in der Hauptsache ergangenen Urteil nachfolgt und - bei klarem Sachverhalt und nicht besonders komplexer Rechtsfrage (vgl EGMR 20. November 2003, Faugel gegen Österreich, Nr 58674/00) - keine über die Einsichtnahme in Urkunden hinausgehende Beweisaufnahme erfordert. Wenngleich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht verboten ist, ist sie doch- der Begründung des Oberlandesgerichts zuwider - in solchen Fällen kein „Muss“ (15 Os 45/10x, EvBl-LS 2010/180; RIS-Justiz RS0126341; RS0125586 [T1 und T2]; vgl Rami, ÖJZ 2010, 371).
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 28. April 2009 (ON 72), steht demnach mit dem Gesetz insofern nicht im Einklang, als entgegen § 89 Abs 2 zweiter Satz StPO idF BGBl I 2004/19 die abschließende Entscheidung in der Sache unterblieben ist und in der Begründung ausgeführt wurde, dass über die Frage der Höhe der Veröffentlichungskosten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Erstgericht grundsätzlich erforderlich sei.
2./ § 39 Abs 1 MedienG (in der seit 1. Juli 2005 geltenden Fassung der bereits erwähnten Mediengesetznovelle 2005, BGBl I 2005/49) gewährt unter der Überschrift „Ersatz für Veröffentlichungskosten“ für den Fall, dass eine Mitteilung nach § 8a Abs 5 MedienG oder nach § 37 MedienG veröffentlicht, „das Verfahren aber beendet wird, ohne dass ein Schuldspruch ergeht, auf Einziehung oder Urteilsveröffentlichung im selbständigen Verfahren erkannt oder dem Antragsteller eine Entschädigung zuerkannt wird“, dem Medieninhaber gegen den Privatankläger oder Antragsteller neben dem Recht, eine kurze Mitteilung darüber zu veröffentlichen und den Ersatz dieser Kosten zu begehren, einen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Veröffentlichung der Mitteilung nach § 8a Abs 5 MedienG oder nach § 37 MedienG.
Die von dieser Kostenersatzbestimmung erfasste Anordnung der Veröffentlichung einer Mitteilung über das Verfahren nach § 37 MedienG oder - im selbstständigen Entschädigungsverfahren - nach § 8a Abs 5 MedienG ist eine auf einer Verdachtslage beruhende vorläufige Sicherungsmaßnahme (vgl 12 Os 96, 97/89; Polley in Berka/Höhne/Noll/Polley, MedienG² §§ 37 und 39, jeweils Rz 2). Falls sich der „Verdacht“, dass der objektive Tatbestand eines Medieninhaltsdelikts hergestellt worden ist (§ 7 MedienG) oder die Anspruchsvoraussetzungen nach §§ 6 bis 7c MedienG vorliegen (§ 8a Abs 5 MedienG), nach Verfahrensdurchführung als unbegründet erweist, sieht § 39 Abs 1 MedienG als Ausgleich der Folgen jener (somit als ex nunc unberechtigt erkannten) Provisorialmaßnahme entsprechende „Entschädigungs“-Ansprüche des Medieninhabers gegen den Privatankläger oder Antragsteller vor (Polley, aaO § 39 Rz 2).
Auf verschiedene real konkurrierende Sachverhalte - etwa wie hier auf Veröffentlichungen in Ausgaben an verschiedenen Tagen einer Tageszeitung - bezogene Entschädigungsansprüche nach §§ 6 bis 7c MedienG begründen regelmäßig selbstständige Verfahrensgegenstände, über die gesondert (durch Zuspruch oder Abweisung) abzusprechen ist (vgl RIS-Justiz RS0107487 = 14 Os 33/97). Der Umstand, dass jene selbstständigen Entschädigungsansprüche in einem Antrag gemeinsam geltend gemacht werden und darüber in ein und demselben Verfahren gemeinsam verhandelt und entschieden wird, vermag an der (auch prozessualen) Selbstständigkeit der jeweiligen Entschädigungsansprüche nichts zu ändern. Unter „Verfahren“, dessen - nach dem Prozessstandpunkt des Medieninhabers für diesen - günstiger Ausgang nach § 39 Abs 1 MedienG Tatbestandsvoraussetzung der Kostenersatzansprüche ist, versteht das Gesetz somit (unter gesetzessystematischen und teleologischen Auslegungsgesichtspunkten) jedes der ungeachtet einer (auch formlosen) Verfahrensverbindung selbstständigen, über mehrere, jeweils real konkurrierende Sachverhalte betreffende Entschädigungsansprüche absprechende (Einzel-)Verfahren.
Dringt daher der Antragsteller mit einem Teil mehrerer (wenngleich gemeinsam geltend gemachter) real konkurrierender Sachverhalte, nämlich mehrere Veröffentlichungen betreffende Entschädigungsansprüche nach §§ 6 bis 7c MedienG nicht durch, so hat der Medieninhaber nach § 39 Abs 1 MedienG Anspruch auf Ersatz der diesem Verfahrensgegenstand entsprechenden Kosten der Veröffentlichung einer Mitteilung nach § 8a Abs 5 MedienG oder nach § 37 MedienG. Lassen sich (wie hier) die Kosten der Veröffentlichung einer der in Rede stehenden Mitteilungen - etwa aufgrund der summarisch auf sämtliche inkriminierten Veröffentlichungen bezogenen einheitlichen Fassung derselben - nicht den jeweiligen von unterschiedlichem Prozessausgang betroffenen Verfahrensgegenständen zuordnen, so hat dies nicht den Entfall des Kostenersatzanspruchs nach § 39 Abs 1 MedienG, sondern vielmehr, entsprechend dem Gedanken eines Kostenersatzes zufolge Obsiegens, einen Ersatzanspruch des Medieninhabers im Betrag der seiner Obsiegensquote entsprechenden anteiligen Veröffentlichungskosten - vorliegend somit im Umfang von zwei Dritteln derselben - zur Folge.
Die Verneinung eines Anspruchs der Antragsgegnerin auf Ersatz der Kosten der Veröffentlichung nach § 8a Abs 5 MedienG (dem Grunde nach) mit den Beschlüssen des Landesgerichts Linz vom 28. September 2009 und des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 18. November 2009 war daher rechtlich verfehlt.
Einer Zuerkennung konkreter Wirkung (§ 292 letzter Satz StPO iVm § 41 Abs 6 zweiter Satz MedienG; vgl dazu auch RIS-Justiz RS0124740) steht jedenfalls Art 1 des 1. ZPMRK entgegen. Denn die rechtskräftige Verneinung des obgenannten Anspruchs der Antragsgegnerin begründet eine geschützte Rechtsposition der Antragstellerin (ua EGMR 18. 1. 2007 Nr 55531/00, Sitkov gegen Russland). Eine Beseitigung derselben nach Rechtskraft der Entscheidung unter gleichzeitigem Eingriff in diese Position würde eine Verletzung des Art 1 des 1. ZPMRK darstellen, unabhängig davon, ob die Entscheidung im Hinblick auf das öffentliche Interesse einer richtigen Rechtsanwendung gerechtfertigt ist (EGMR 3. 4. 2008 Nr 3236/03, Ponomaryov gegen Ukraine). Nur innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach (Zustellung) der letztinstanzlichen innerstaatlichen Entscheidung (Art 35 MRK) - innerhalb dieser Frist müssen Antragsteller mit der Möglichkeit einer Anfechtung der Entscheidung durch den Antragsgegner mittels Individualbeschwerde beim EGMR oder mit Erneuerungsantrag gemäß § 363a StPO beim Obersten Gerichtshof (ohne vorangegangene Befassung des EGMR) rechnen - sowie darüber hinaus auch im Fall einer tatsächlich (rechtzeitig) erfolgten Anfechtung in diesem Sinn stünde das Prinzip der Rechtssicherheit dem nicht entgegen (RIS-Justiz RS0124798, RS0124838). Anzumerken bleibt, dass die höchstgerichtliche Feststellung einer Gesetzesverletzung Bindungswirkung in einem allfälligen Amtshaftungsverfahren (SZ 68/133, SZ 67/55; Mader in Schwimann, ABGB3 VII) hat.
Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die der Aufhebung des Ausspruchs der Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Tragung der Kosten des Verfahrens nach § 39 MedienG mit Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Beschwerdegericht vom 18. November 2009 zu Grunde gelegte Rechtsansicht dem Gesetz entspricht, weil ein gesonderter Ausspruch über die Kosten dieses Verfahrens im Gesetz nicht vorgesehen ist und sich die Ersatzpflicht dieser Verfahrenskosten vielmehr nach der grundsätzlichen Kostenentscheidung (zu den Bemessungskriterien hinsichtlich der konkreten Kosten von Vertretungshandlungen vgl dagegen § 395 Abs 2 StPO) gemäß § 389 Abs 1 StPO bzw § 390 Abs 1 StPO iVm § 8a Abs 1 MedienG richtet.
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