Spruch:
Es verletzen
1./ der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13. August 2007, GZ 94 Hv 31/04y-24, § 17 Abs 5 MedienG iVm § 1 Abs 1 Z 1 UStG und § 1 Abs 1 WerbeabgabenG,
2./ der Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 31. Dezember 2008, AZ 17 Bs 233/07z (ON 28), § 89 Abs 2 zweiter Satz StPO sowie § 17 Abs 5 MedienG (auch) iVm § 1 Abs 1 Z 1 UStG und § 1 Abs 2 WerbeabgabenG,
3./ der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 27. März 2009, GZ 94 Hv 31/04y-37, § 17 Abs 5 MedienG (auch) iVm § 1 Abs 1 Z 1 UStG und § 1 Abs 2 WerbeabgabenG,
4./ der Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 21. September 2009, AZ 17 Bs 180/09h (ON 41), § 88 Abs 1 StPO iVm § 89 Abs 1 StPO.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 21. September 2009, AZ 17 Bs 180/09h (ON 41), wird aufgehoben und es wird dem Oberlandesgericht Wien die neue Entscheidung über die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 27. März 2009, GZ 94 Hv 91/04y-37, aufgetragen.
Text
Gründe:
In der Medienrechtssache der Antragstellerin G***** registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung gegen die Antragsgegnerin K***** Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Co KG wegen §§ 14, 18 MedienG, AZ 94 Hv 31/04y des Landesgerichts für Strafsachen Wien, hob der Oberste Gerichtshof aufgrund einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes mit Urteil vom 26. September 2006, AZ 11 Os 73/06d, 11 Os 74/06a (ON 20), das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 19. Juli 2004, GZ 94 Hv 31/04y-9, soweit darin auf teilweise Veröffentlichung der beantragten Gegendarstellung erkannt worden war, und das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 14. September 2005, AZ 17 Bs 337/04 (ON 15), mit dem der Berufung der Antragsgegnerin nicht Folge gegeben worden war, auf und erkannte in der Sache selbst auf Abweisung des Begehrens der Antragstellerin, die Antragsgegnerin als Medieninhaberin der periodischen Druckschrift „K*****“ zu einer - im Urteil wiedergegebenen - Gegendarstellung zu verpflichten.
Unter einem wurde die Antragsgegnerin gemäß § 17 Abs 4 MedienG ermächtigt, binnen eines Monats ab Zustellung dieser Entscheidung den textlich vorgegebenen Inhalt dieses Urteils zu veröffentlichen. Die Antragstellerin wurde zur Zahlung des Entgelts für die zu Unrecht erwirkte Veröffentlichung der Gegendarstellung und für die Veröffentlichung der von der obigen Ermächtigung betroffenen Einschaltung (§ 17 Abs 5 MedienG) sowie zum Kostenersatz verurteilt.
Mit Beschluss vom 13. August 2007, GZ 94 Hv 31/04y-24, bestimmte das Landesgericht für Strafsachen Wien das von der Antragstellerin der Antragsgegnerin zu zahlende Entgelt für die zu Unrecht erwirkte Veröffentlichung der Gegendarstellung sowie für die Veröffentlichung der Einschaltung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 26. September 2006 mit insgesamt 101.385,59 Euro, nämlich zu erstem Punkt mit 46.528,97 Euro (darin enthalten 20 % Umsatzsteuer und 5 % Werbeabgabe), und zu zweitem Punkt mit 54.856,62 Euro (darin enthalten 20 % Umsatzsteuer und 5 % Werbeabgabe). Unter einem verpflichtete es die Antragstellerin zur Zahlung dieser Beträge.
Das Erstgericht ging dabei davon aus, dass sich das Einschaltungsentgelt nach § 17 Abs 5 MedienG nach dem üblichen Tarif für Inserate und Werbeeinschaltungen zuzüglich aller Steuern und Abgaben richte und demnach auch die Umsatzsteuer und die Werbeabgabe („fiktive Kosten“) umfasse.
Aus Anlass der dagegen erhobenen Beschwerde der Antragstellerin hob das Oberlandesgericht Wien als Beschwerdegericht mit Beschluss vom 31. Dezember 2008, AZ 17 Bs 233/07z (ON 28), diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf. Eine solche wäre im Hinblick auf die zivilrechtliche Natur des Anspruchs unter dem Gesichtspunkt des Art 6 MRK grundsätzlich erforderlich. Im Übrigen würde das Erstgericht im zweiten Rechtsgang zu beachten haben, dass in Ansehung der „ersten“ Veröffentlichung vom 28. April 2004 (gemeint: der Gegendarstellung) § 39 MedienG aF zur Anwendung käme. Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Wien zur „alten Rechtslage“ wären die Kosten der Veröffentlichung nach § 17 Abs 5 MedienG solche, die von dem Medium üblicherweise für eine Veröffentlichung außerhalb des redaktionellen Teils verlangt werden würden; sie würden sich daher nach dem üblichen Tarif für Inserate und Werbeeinschaltungen richten und auch Abgaben und Steuern nach dem Wiener Anzeigenabgabengesetz und dem Umsatzsteuergesetz umfassen. Die „zweite“ Veröffentlichung wäre hingegen zeitlich nach Inkrafttreten der Mediengesetznovelle 2005, BGBl I Nr 49/2005, erfolgt, weshalb im Hinblick auf den geänderten Wortlaut des § 39 MedienG („... Ersatz der Kosten der Veröffentlichung …“ anstelle zuvor „… Entrichtung des üblichen Einschaltentgelts …“) nicht der Inseratentarif heranzuziehen wäre, sondern nur die tatsächlich entstandenen Kosten zuzusprechen wären.
Mit Beschluss vom 27. März 2009 (ON 37) sprach das Erstgericht aus, die Antragstellerin habe der Antragsgegnerin gemäß § 17 Abs 5 MedienG einen Betrag von insgesamt 47.028,97 Euro zu ersetzen. Dieser setze sich zusammen aus 46.528,97 Euro für die zu Unrecht bewirkte Veröffentlichung der Gegendarstellung vom 24. Juli 2004 und 500 Euro als Kosten für die Veröffentlichung der Einschaltung des Urteils vom 28. Februar 2007. Begründend führte es aus, die Höhe des zu ersetzenden Einschaltungsentgelts für die Veröffentlichung der Gegendarstellung ergebe sich aus der schlüssigen Rechnungsaufstellung der Antragsgegnerin, der zutreffend der übliche Tarif für Inserate und Werbeeinschaltungen, einschließlich Umsatzsteuer und Abgaben nach dem Wiener Anzeigenabgabegesetz, zu Grunde liege. Für die zweite Veröffentlichung, nämlich jene vom 28. Februar 2007, stünden lediglich die tatsächlich entstandenen Kosten zu, welche mangels Nachvollziehbarkeit der von der Antragsgegnerin vorgelegten Kalkulation unter Berücksichtigung einer Arbeitszeit von nicht mehr als einer Stunde und entsprechender Materialkosten mit insgesamt 500 Euro festzulegen seien.
Dieser Beschluss wurde in der Verhandlung am 27. März 2009 (ON 36) mündlich verkündet. Noch am selben Tag übermittelte die Antragsgegnerin per webERV die „Anmeldung der Beschwerde“ gegen diesen Beschluss (ON 38). Nach Zustellung einer Beschlussausfertigung langte am 28. April 2009 neuerlich auf elektronischem Weg die schriftliche Ausführung der Beschwerde (ON 39) beim Erstgericht ein.
Diese Beschwerde wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 21. September 2009, AZ 17 Bs 180/09h (ON 41), als unzulässig zurückgewiesen, weil gemäß § 88 Abs 1 StPO die Beschwerde nicht nur den angefochtenen Beschluss erkennen lassen müsse, sondern darüber hinaus anzugeben habe, worin die Verletzung des Rechts bestehen solle. Die fälschlich als „Anmeldung der Beschwerde“ bezeichnete Eingabe vom 27. März 2009 werde dieser Anforderung nicht gerecht, weil sie keine Anhaltspunkte dafür enthalte, welche durch den bezeichneten Beschluss erfolgte „Rechtsverletzung“ angefochten werde. Es handle sich daher nicht um eine Beschwerde. Die Beschwerdeausführung vom 28. April 2009, die inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen entspreche, sei aber verspätet eingebracht worden.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt, stehen die Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13. August 2007 und vom 27. März 2009 ebenso wie die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 31. Dezember 2008 und vom 21. September 2009 im folgenden Umfang mit dem Gesetz nicht im Einklang:
1./a./ Gemäß § 89 Abs 2 zweiter Satz StPO hat das Beschwerdegericht stets in der Sache selbst zu entscheiden. Eine Ausnahme macht das Gesetz nur bei verspäteten Rechtsmitteln und solchen, die von nicht legitimierten Personen eingebracht wurden (RIS-Justiz RS0123977 [T2]); diese sind zurückzuweisen.
Die Kassation eines angefochtenen Beschlusses, verbunden mit dem Auftrag an das Erstgericht, neuerlich in der Sache über den betreffenden Antrag abzusprechen, ist hingegen im Gesetz nicht vorgesehen.
b./ Hat das Berufungsgericht nach § 17 Abs 5 erster Satz MedienG den Antragsteller zur Zahlung eines Einschaltungsentgelts für die zu Unrecht erwirkte Veröffentlichung der Gegendarstellung oder der nachträglichen Mitteilung und für die Veröffentlichung des Berufungsurteils verurteilt, so ist gemäß dem zweiten Satz dieser Bestimmung über die Höhe dieser Kosten auf Antrag mit Beschluss zu entscheiden.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Höhe dieses Kostenersatzanspruchs des Antragsgegners ordnet das Gesetz nicht an. Dies im Unterschied zu § 41 Abs 5 vierter Satz MedienG, wonach - dem Urteil des EGMR vom 21. März 2002, A.T. gegen Österreich, Nr 32636/96, Rechnung tragend - im Fall der Einstellung des Verfahrens a limine (§ 485 Abs 1 Z 4 bis 6 StPO in der damals geltenden Fassung) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu entscheiden ist.
Die analoge Anwendung des § 41 Abs 5 vierter Satz MedienG auf den Fall des § 17 Abs 5 zweiter Satz MedienG würde die Annahme einer planwidrigen Lücke voraussetzen. Gegen eine solche spricht jedoch zum einen der Umstand, dass der Gesetzgeber die erstgenannte Bestimmung 2005 novelliert hat, § 17 Abs 5 MedienG jedoch unverändert ließ und seither keine diesbezüglich bedeutsame sonstige Veränderung der Rechtslage oder Rechtsprechung erfolgt ist.
Zum anderen führt auch eine Art 6 Abs 1 MRK einbeziehende verfassungskonforme Interpretation nicht zur Annahme einer planwidrigen, im Wege analoger Anwendung einer für den geregelten Fall nicht geltenden Bestimmung zu schließenden Lücke. Nach Art 6 Abs 1 erster Satz MRK hat zwar (ua) jedermann Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf dem Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen zu entscheiden hat. Nach der Rechtsprechung des EGMR ist unter Berücksichtigung der Anforderungen an Verfahrensökonomie und -effektivität ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung aber dennoch zulässig, nämlich insbesondere dann, wenn der Fall aufgrund der Akten und schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (vgl zum Ganzen 15 Os 153/09b, 154/09z).
Das trifft auch hier zu. Denn unbeschadet des (im Sinn der Konvention) zivilrechtlichen Charakters des gegenständlichen Anspruchs auf Ersatz des Einschaltungsentgelts handelt es sich bei der vorliegenden Entscheidung (nur) über die Höhe desselben um eine solche, die dem nach mündlicher Verhandlung in der Hauptsache ergangenen Urteil nachfolgt und - bei klarem Sachverhalt und nicht besonders komplexer Rechtsfrage (vgl EGMR 20. November 2003, Faugel gegen Österreich, Nr 58674/00) - keine über die Einsichtnahme in Urkunden hinausgehende Beweisaufnahme erfordert. Wenngleich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht verboten ist, ist sie doch - der Begründung des Oberlandesgerichts zuwider - in solchen Fällen kein „Muss“ (vgl Rami, ÖJZ 2010, 371).
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 31. Dezember 2008, AZ 17 Bs 233/07z (ON 28), steht demnach mit dem Gesetz insofern nicht im Einklang, als entgegen § 89 Abs 2 zweiter Satz StPO die abschließende Entscheidung in der Sache unterblieben und § 17 Abs 5 zweiter Satz MedienG zuwider in der Begründung ausgeführt wurde, dass über die Frage der Höhe des Einschaltengelts die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Erstgericht grundsätzlich erforderlich sei.
2./ Nach § 88 Abs 1 StPO hat die Beschwerde den Beschluss, Antrag oder Vorgang, auf den sie sich bezieht, anzuführen und anzugeben, worin die Verletzung des Rechts bestehen soll. Sie ist binnen 14 Tagen ab Bekanntmachung oder ab Kenntnis der Nichterledigung oder Verletzung des subjektiven Rechts schriftlich oder auf elektronischem Weg beim Gericht einzubringen oder mündlich zu Protokoll zu geben.
Entgegen der alten Rechtslage hat die Beschwerde nunmehr (auch) anzugeben, worin eine Rechtsverletzung bestehen soll. Das Fehlen eines solchen Vorbringens beeinträchtigt jedoch die Zulässigkeit der Beschwerde nicht. Die Beschwerde ist nämlich nur aus den - bereits oben angeführten - im § 89 Abs 2 erster Satz StPO genannten Gründen zurückzuweisen. Außer diesen Fällen hat das Rechtsmittelgericht nach § 89 Abs 2 zweiter Satz StPO jedoch stets in der Sache zu entscheiden und dabei gegebenenfalls auch Umstände zu berücksichtigen, die nach dem bekämpften Beschluss eingetreten oder bekannt geworden sind. Daraus folgt, dass bis zur Entscheidung des Rechtsmittelgerichts wirksam weiteres Vorbringen erstattet werden kann. Bei diesem Rechtsmittel kennt das Gesetz - nach wie vor - keine „Einmaligkeit“ in dem Sinn, dass Beschwerdevorbringen nur in einer einzigen Schrift erstattet werden dürfte (RIS-Justiz RS0118014).
Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin in ihrer noch am Tag der Verkündung des Beschlusses dem Gericht auf elektronischem Weg übermittelten „Anmeldung der Beschwerde“ (ON 38) den angefochtenen Beschluss deutlich genug bezeichnet und mit dem Schriftsatz vom 28. April 2009 (ON 39) ein umfangreiches Beschwerdevorbringen erstattet. Da die Beschwerde demnach weder verspätet noch von einem Unberechtigten eingebracht worden war, verstößt ihre Zurückweisung durch das Oberlandesgericht Wien als Beschwerdegericht mit Beschluss vom 21. September 2009, AZ 17 Bs 180/09h (ON 41), gegen § 88 Abs 1 StPO iVm § 89 Abs 2 StPO.
3./a./ Wurde aufgrund eines Urteils erster Instanz eine Gegendarstellung oder nachträgliche Mitteilung veröffentlicht und wird einer gegen das Urteil erhobenen Berufung ganz oder teilweise Folge gegeben, so ist der Antragsteller gemäß § 17 Abs 4 MedienG auf sein Verlangen zu ermächtigen, binnen einer angemessenen Frist jene Teile des Berufungsurteils in einer dem § 13 MedienG entsprechenden Form zu veröffentlichen, deren Mitteilung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit erforderlich ist. Ferner ist der Antragsteller nach Abs 5 leg cit zur Zahlung eines Einschaltungsentgelts für die zu Unrecht erwirkte Gegendarstellung oder nachträgliche Mitteilung und für die Veröffentlichung des Berufungsurteils zu verurteilen.
Unter „Einschaltungsentgelt“ ist nach herrschender Auffassung jener Betrag zu verstehen, der sich aus dem für das konkrete Medium zur Zeit der jeweiligen Veröffentlichung üblichen Tarif für Inserate und Werbeeinschaltungen ergibt (Rami in WK² § 17 MedienG Rz 24 mwN). Das Einschaltungsentgelt umfasst nicht nur die dem Medieninhaber durch die Veröffentlichung entstandenen Kosten; es soll den Medieninhaber vielmehr gänzlich schadlos halten, mit anderen Worten einen effektiven Ausgleich dafür bieten, dass er in der Hauptsache - ex post betrachtet - zunächst zu Unrecht in Anspruch genommen worden ist.
Zu einem Abgehen von dieser, dem klaren Wortlaut („Entgelt“) folgenden Auslegung bietet auch die Mediengesetznovelle 2005 keinen Anlass. Diese hat zwar durch die Neufassung des § 39 MedienG insofern eine Änderung gebracht, als der Medieninhaber danach im Fall eines Freispruchs oder der Abweisung eines selbständigen Antrags für eine kurze Mitteilung über die Einleitung des Verfahrens nach § 8a Abs 5 MedienG oder § 37 MedienG anstelle des (bisherigen) Anspruchs auf das „übliche Einschaltungsentgelt“ (§ 39 Abs 2 MedienG aF) nur mehr einen solchen auf Ersatz der - erheblich darunter liegenden (MatRV 784 BlgNR 22. GP 24) - „Kosten“ dieser Veröffentlichungen hat; die für das Gegendarstellungsverfahren (§ 9 MedienG) und das Verfahren über die nachträgliche Mitteilung über den Ausgang eines Strafverfahrens (§ 10 MedienG) geltende Bestimmung des § 17 MedienG ist aber unberührt geblieben.
Da sich die beiden letztgenannten Verfahren auch sonst erheblich von anderen Verfahren nach dem Mediengesetz unterscheiden (vgl die §§ 14 bis 19 MedienG), veranlasst die Änderung des Wortlauts des hier nicht anzuwendenden § 39 MedienG keine Übertragung der darin zum Ausdruck kommenden Zielsetzung auf diese Verfahren. Dagegen spricht auch die ebenfalls im Rechtsbestand belassene „Härteklausel“ des § 17 Abs 5 zweiter Satz MedienG, die im Fall einer inhaltlichen Gleichsetzung des Begriffs des Einschaltungsentgelts mit jenem der (Selbst-)Kosten sinnentleert wäre.
b./ Im Hinblick darauf, dass das Einschaltungsentgelt den Medieninhaber für die Veröffentlichung der Gegendarstellung oder der nachträglichen Mitteilung, welche er unentgeltlich vorzunehmen hatte, und jene des Berufungsurteils entschädigen soll, umfasst es Steuern und Abgaben nur insoweit, als der Medieninhaber solche abzuführen bzw zu entrichten hat. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung einer Gegendarstellung und eines Berufungsurteils, das die Verpflichtung zur Veröffentlichung der Gegendarstellung nachträglich verneint, hat der Medieninhaber aber weder Umsatzsteuer abzuführen noch die Werbeabgabe zu entrichten.
Nach § 1 Abs 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen der Umsatzsteuer Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
Unter einer Leistung im Sinn des Umsatzsteuerrechts versteht man ein von der leistenden Person gewolltes Verhalten gegenüber einem anderen, das einen eigenständigen wirtschaftlichen Gehalt besitzt und mit dem der andere einen individuellen Nutzen erlangt (Wieland in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-Kommentar 1.07 § 1 Rz 17). Voraussetzung für die Steuerbarkeit der Handlung ist daher neben dem selbständigen wirtschaftlichen Gehalt derselben und dem entsprechenden Leistungswillen des Leistenden die Entgeltlichkeit der Leistung. Dabei muss die Leistung deshalb erbracht werden, um eine Gegenleistung zu erhalten, und die Gegenleistung deshalb aufgewendet werden, um die konkrete Leistung zu bekommen, somit ein Leistungsaustausch stattfinden (Wieland aaO Rz 81).
Der Zahlung eines Einschaltungsentgelts nach § 17 Abs 5 MedienG liegt demnach keine umsatzsteuerpflichtige Leistung zugrunde. Die Zahlung wird nämlich nicht vorgenommen, weil oder damit der Medieninhaber die Gegendarstellung veröffentlicht, sondern aus anderen Gründen. Die Gegendarstellung hatte der Medieninhaber vielmehr dem gerichtlichen Auftrag folgend unentgeltlich zu veröffentlichen. Die nachträgliche Zuerkennung eines „Entgelts“ - im Sinn eines echten Schadenersatzes - ändert nichts daran, dass ein nach dem Umsatzsteuergesetz unverzichtbarer Leistungsaustausch in diesem Fall nicht stattgefunden hat (vgl RIS-Justiz RS0005745, RS0030181).
Für das Einschaltungsentgelt, das der Medieninhaber für die Veröffentlichung des Berufungsurteils erhält, gilt im Ergebnis dasselbe. Auch dabei handelt es sich nicht um eine umsatzsteuerpflichtige Leistung des Medieninhabers, fehlt es doch schon an einem vom Leistenden verschiedenen Leistungsempfänger, der dadurch einen wirtschaftlichen Vorteil erhielte. Diese Veröffentlichung nimmt der Medieninhaber nämlich - unbeschadet dessen, dass der Antragsteller dafür aufzukommen hat - ausschließlich im eigenen Interesse vor (vgl Burger, Der Leistungsbegriff im Umsatzsteuergesetz 20 f).
Weder bei der Veröffentlichung der Gegendarstellung noch bei jener des Berufungsurteils handelt es sich um eine dem Werbeabgabegesetz 2000 zu unterstellende Werbeeinschaltung (vgl § 1 Abs 1 iVm Abs 2 Werbeabgabegesetz 2000). Voraussetzung für eine solche ist nämlich, dass die Einschaltung eine (werbende) Information enthält und dafür ein Entgelt bezahlt wird (EBRV 87 BlgNR 21. GP, zu § 1 Abs 1). Einschaltungen, die aufgrund einer gesetzlichen oder gerichtlichen Verpflichtung erfolgen, fallen nicht unter den Steuergegenstand. Denn § 2 Abs 1 Werbeabgabegesetz 2000 normiert, dass Bemessungsgrundlage der Werbeabgabe das Entgelt ist, das der Übernehmer des Auftrags dem Auftraggeber in Rechnung stellt, womit klar zum Ausdruck gebracht ist, dass das Vorliegen eines rechtsgeschäftlichen Auftrags Voraussetzung für die Werbeabgabepflicht ist (Rami in WK2 MedienG § 17 Rz 30; vgl Durchführungserlass des BMF zur Werbeabgabe, GZ 140607/I-IV/14/00, AFÖ 2000/121, veröffentlicht in SWK 2000/19, 508). Abgesehen davon besteht in den Fällen gesetzlich oder gerichtlich angeordneter Veröffentlichungen in aller Regel auch weder die Intention, eine Werbewirkung zu erzielen, noch am Markt angebotene Leistungen anzupreisen, weshalb eine Werbeleistung nicht vorliegt (Leithner, Kurzkommentar zur Werbeabgabe [2001] 53, 85).
Eine Werbeabgabe ist daher dafür nicht zu entrichten. Bei der Bestimmung des Einschaltungsentgelts hat die - in anderen Fällen vom Medieninhaber zu entrichtende - Werbeabgabe somit außer Betracht zu bleiben.
Der in der Äußerung der Antragsgegnerin zur Nichtigkeitsbeschwerde vertretenen Meinung zuwider ist es in Hinblick auf die aufgezeigte Gesetzeslage für diese Beurteilung ohne Bedeutung, ob aufgrund der gesellschaftlichen Konstruktionen im Bereich der Antragstellerin ihr oder der M***** GmbH nach der „Praxis der Abgabenbehörden“ Umsatzsteuer und Werbeabgabe vorgeschrieben werden.
Die Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 13. August 2007 (ON 24) und vom 27. März 2009 (ON 37) sowie der Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 31. Dezember 2008, AZ 17 Bs 233/07z (ON 37), verletzen daher insoweit, als sie in Ansehung der Veröffentlichung der Gegendarstellung dem der Antragsgegnerin zu ersetzenden Einschaltungsentgelt auch 20 % Umsatzsteuer und 5 % Werbeabgabe hinzurechnen, das Gesetz in der Bestimmung des § 17 Abs 5 MedienG iVm § 1 Abs 1 Z 1 UStG und § 1 Abs 2 Werbeabgabegesetz 2000. Soweit die beiden letztgenannten Beschlüsse betreffend die Urteilsveröffentlichung lediglich von einem Anspruch der Medieninhaberin auf Ersatz der (Selbst-)Kosten ausgehen, verletzen sie das Gesetz ebenfalls in der Bestimmung des § 17 Abs 5 MedienG.
Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs war im gegenständlichen Verfahren nur insofern mit konkreter Wirkung zu verknüpfen, als lediglich der Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 21. September 2009, AZ 17 Bs 180/09h (ON 41), der der Antragsgegnerin, der im Verfahren nach dem Mediengesetz die Stellung der Angeklagten zukommt, zum Nachteil gereicht, aufzuheben und dem Oberlandesgericht Wien die neuerliche Entscheidung über die Beschwerde der Antragsgegnerin aufzutragen war. Dieses darf zwar den Zuspruch von insgesamt 47.028,97 Euro nicht zum Nachteil der Antragsgegnerin verringern, wird aber bei der insgesamt vorzunehmenden Neuberechnung den Wegfall von Umsatzsteuer und Werbeabgabe auch hinsichtlich des Entgelts für die zu Unrecht erwirkte Veröffentlichung der Gegendarstellung zu berücksichtigen haben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)