BVwG W153 2186047-1

BVwGW153 2186047-126.11.2018

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §13 Abs2 Z1
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2018:W153.2186047.1.01

 

Spruch:

W153 2186047-1/22E

 

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Guinea, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.01.2018, Zl. 1146167009-170342529, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.10.2018, zu Recht erkannt:

 

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

 

I. Verfahrensgang:

 

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Guinea, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 19.03.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz.

 

Bei der niederschriftlichen Erstbefragung vom 19.03.2017 gab der Beschwerdeführer (BF) zu seinen Fluchtgründen an, dass er nach dem Tod seiner Eltern zum Christentum habe konvertieren müssen, da er von seinem Onkel, ein Christ, aufgenommen worden sei. Die restlichen Familienmitglieder hätten den BF danach als Ungläubigen behandelt. Aus Guinea sei er letztlich geflohen, weil er mit dem Auto seiner verstorbenen Mutter einen Mann überfahren habe, der an seinen Verletzungen gestorben sei. Da dessen Eltern den BF aus Rache hätten töten wollen, sei er mit Hilfe des Pastors seiner Kirchengemeinde aus seiner Heimat geflohen und über Mali, Algerien, Libyen, Italien, die Schweiz und Deutschland nach Österreich gekommen. Zu seinem Gesundheitszustand gab er an, an XXXX zu leiden.

 

Nachdem der BF in der Erstbefragung angab, im XXXX geboren worden und demnach minderjährig zu sein, wurde eine Altersfeststellung veranlasst, die eine Minderjährigkeit des BF zum Zeitpunkt der Asylantragstellung ergab.

 

Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 09.08.2017 das Geburtsdatum des BF mit XXXX festgesetzt, und das Asylverfahren gem. § 28 AsylG zugelassen.

 

Am 07.08.2017 wurde der BF einer niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA unterzogen und hinsichtlich seiner Fluchtgründe, dass er nach dem Tod seines Vaters nicht bei seinem Onkel, sondern bei einem Freund seines Vaters, der Pastor sei, gelebt habe. Bei jenem in der Erstbefragung geschilderten Unfall habe es sich auch nicht um das Auto seiner Mutter, sondern um jenes des besagten Pastors gehandelt.

 

Am 08.08.2017 langten ärztliche Schreiben den BF betreffend beim BFA ein. Es handelt sich hierbei um Laborauswertungen sowie einen ärztlichen Befundbericht vom 10.04.2017, in dem u.a. der Verdacht auf XXXX diagnostiziert wurde.

 

Mit Beschluss eines Landesgerichtes vom 17.08.2017 wurde über den BF die Untersuchungshaft verhängt. Mit Urteil eines Landesgerichtes vom 04.09.2017 wurde der BF wegen eines Suchtmitteldelikts zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von XXXX verurteilt.

 

Am 20.09.2017 wurde der BF erneut vor dem BFA einvernommen. Hierbei führte er seine Fluchtgründe näher aus. Bei dem Unfall mit dem Auto des Pastors sei die Tochter eines Militärs gestorben. Nunmehr befürchte er, die Eltern des toten Mädchens würden ihn töten wollen.

 

Mit Verfahrensanordnung vom 20.09.2017 wurde dem BF der Verlust seines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet gemäß § 13 Absatz 2 AsylG wegen Straffälligkeit mitgeteilt.

 

Am 20.12.2017 wurde der BF von der zuständigen Stelle wegen massiver Störung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit in der Unterkunft durch Streitereien mit Körpereinsatz und generellem Nichteinhalten der Hausordnungsregeln verwarnt.

 

Mit Bescheid des BFA vom 11.01.2018 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Guinea abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem BF wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG nach Guinea zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gem. § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG wurde festgestellt, dass der BF das Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 20.09.2017 verloren habe (Spruchpunkt VI.). Gem. § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.) und mitgeteilt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VIII.).

 

In der Beschwerde vom 12.02.2018 wurden zunächst die der Entscheidung zugrunde gelegten Länderfeststellungen als mangelhaft erachtet. Sodann wurde unter Zitierung eines Berichtes auf die schlechte Menschenrechtslage in Guinea hingewiesen und es wurden Ausführungen zur innerstaatlichen Fluchtalternative getätigt. Dem BFA wurde vorgeworfen, dass es seine Ermittlungspflicht verletzt habe, da es konkrete Fragen bezüglich relevanter Sachverhaltselemente unterlassen habe. Sofern das BFA die vermeintliche Unglaubwürdigkeit des BF auf vermeintliche Widersprüche gestützt habe, hätten diese bei einer näheren Auseinandersetzung mit dem Fluchtvorbringen des BF leicht aufgelöst werden können. Zum Beweis dafür werde der Antrag auf neuerliche Einvernahme des BF und Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt. Darüber hinaus hätte die belangte Behörde prüfen müssen, ob der BF aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Fulla einer möglichen Gruppenverfolgung ausgesetzt sei. In Guinea bestehe eindeutig eine Gruppenverfolgung von Angehörigen der Fulla durch die Mandingo-Regierung. Der BF sei einer regelmäßigen Verfolgung aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit und seiner unterstellten politischen Gesinnung ausgesetzt gewesen. Geschäfte von Angehörigen der Fulla (auch jenes, in dem der BF tätig gewesen sei) seien ausgeraubt und niedergebrannt worden. Bei Demonstrationen seien Fulla willkürlich von der Polizei festgenommen worden und könne dies dem BF jederzeit drohen. Ihm stehe auch keine innerstaatliche Fluchtalternative offen. Hinsichtlich der vom BFA ausgesprochenen Abweisung des subsidiären Schutzes sei zu sagen, dass der BF keinen Kontakt mehr zu seinen Familienangehörigen und nie eine Berufsausbildung absolviert habe. Erschwerend komme hinzu, dass er sich seit vielen Jahren nicht mehr in seinem Heimatland aufgehalten habe. Zudem sei die Sicherheitslage im gesamten Staatsgebiet Guineas überaus prekär und angespannt. Betreffend die Erlassung eines Einreiseverbotes sei der belangten Behörde vorzuwerfen, keine Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des BF vorgenommen zu haben und die vermeintlich von ihm ausgehende Gefährdung nicht im erforderlichen Ausmaß geprüft zu haben.

 

Die Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Entscheidung (W153 2186047-1/2E) vom 27.02.2018 als unbegründet abgewiesen. Dagegen wurde erfolgreich eine außerordentliche Revision an den VwGH erhoben und mit Entscheidung vom 02.08.2018 (VwGH Ra 2018/19/0133-10) wurde diese wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Das Bundesverwaltungsgericht habe es verabsäumt eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

 

Am 30.10.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht im Beisein eines bevollmächtigten Vertreters und einer Dolmetscherin für die Sprache Französisch eine öffentliche mündliche Verhandlung statt. Der BF wurde ausführlich zu seinen Fluchtgründen und zu seiner Person befragt.

 

Seitens des BF wurden ein Empfehlungsschreiben eines Fußballvereins, eine Bestätigung einer Volkshochschule über den Besuch von Brückenmodulen in Deutsch, Mathematik, Englisch und Politischer Bildung, eine Teilnahmebestätigung über individuelle Bildungsberatung und eine Bestätigung einer Gemeinde über gemeinnützige Tätigkeiten sowie ein Rezept eines Psychosozialen Dienstes, eine Terminvereinbarung bei einem psychosozialen Dienst und eine Honorarnote von einem Zahnarzt vorgelegt.

 

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

1. Feststellungen:

 

Zur Person und den Fluchtgründen des BF wird festgestellt:

 

Die Identität des BF steht nicht fest. Er ist Staatsbürger Guineas und Angehöriger der Volksgruppe der Fulla. Geboren und aufgewachsen in Conakry, hat er dort 10 Jahre lang die Schule besucht. Er ist ledig und hat keine Kinder.

 

In Guinea befinden sich Verwandte, zu denen der BF schon seit 2010 keinen Kontakt mehr hat, und ein Freund seines Vaters, bei dem er von Ende 2010 bis zu seiner Ausreise gelebt hat. Dieser Bekannte, Pastor genannt, finanzierte dem BF die Reise nach Europa und es ist davon auszugehen, dass der BF zu diesem weiterhin Kontakt hat bzw. mit diesem rasch wieder Kontakt aufnehmen kann.

 

Der BF reiste schlepperunterstützt nach Europa und stellte am 19.03.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, wobei er zu diesem Zeitpunkt noch knapp minderjährig war.

 

Aufgrund einer medizinischen Altersfeststellung wurde das Geburtsdatum des BF mit XXXX festgesetzt.

 

Festgestellt wird, dass der BF in Guinea keiner asylrelevanten individuellen Verfolgung ausgesetzt war und er keine solche, im Falle einer Rückkehr, zu befürchten hat. Er ist mit hoher Wahrscheinlichkeit aus wirtschaftlichen Gründen illegal nach Europa eingereist.

 

So konnte der BF eine Verfolgung wegen einer angeblichen Konversion vom Islam zum Christentum in seinem Heimatstaat nicht glaubhaft machen. Ebenso wenig glaubwürdig ist, dass ihm in Guinea eine konkrete asylrelevante Verfolgung aufgrund eines Autounfalls mit Todesfolge droht.

 

Auch eine konkrete asylrelevante Verfolgung mit maßgeblicher Intensität wegen einer politischen Tätigkeit oder seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Fulla konnte nicht festgestellt werden. Angehörigen dieser Volksgruppe stehen zudem im Falle einer Verfolgung in Conakry durch einzelne Gruppen wegen ihrer Volkszugehörigkeit auch eine innerstaatliche Fluchtalternative in Gebieten, die mehrheitlich von Fulla bewohnt werden, zur Verfügung.

 

Somit wird festgestellt, dass dem BF im Falle seiner Rückkehr nach Guinea keine Verfolgung aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aus seiner politischen Gesinnung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

 

Zur Rückkehrsituation des BF wird Folgendes festgestellt:

 

Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der BF Gefahr liefe, im Herkunftsstaat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt zu sein. Grundsätzlich ist die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln in Guinea gewährleistet und es herrscht keine Hungersnot.

 

Der BF selbst ist arbeitsfähig und hat Schulbildung, sodass er im Herkunftsstaat zumindest durch einfache Arbeit das nötige Einkommen erzielen könnte, um sich eine Existenzgrundlage zu schaffen.

 

In seinem Heimatland lebt zumindest sein Bekannter, der Pastor, der ihm die Reise nach Europa finanziert hat, von dem er Hilfe erwarten kann.

 

Der BF ist seit Dezember 2017 bei einem psychosozialen Dienst in Therapie und ihm wurden Medikamente verschrieben, die er bei Bedarf einnehmen soll. Weiters wurde er 2017 auf Verdacht auf XXXX untersucht. Diesbezügliche medizinische Befunde, die diesen Verdacht bestätigen, wurden nicht vorgelegt. Somit wird festgestellt, dass der BF -unter Berücksichtigung der bei ihm gestellten Diagnose - nicht an dermaßen schweren physischen oder psychischen oder akut lebensbedrohlichen Erkrankungen leidet, welche eine Rückkehr nach Guinea iSd Art. 3 EMRK unzulässig machen würden.

 

Zum Privat- und Familienleben des BF wird festgestellt:

 

In Österreich befinden sich keine Familienangehörigen oder nahen Verwandten des BF. Es lebt lediglich ein Cousin in Österreich, zu dem der BF keinen näheren Kontakt hat.

 

Der BF verbrachte den Großteil seines Lebens im Herkunftsstaat. Er reiste im März 2017 illegal in Österreich ein und hielt sich nur aufgrund eines vorläufigen Aufenthaltsrechts als Asylwerber im österreichischen Bundesgebiet auf.

 

Der BF hat sein Aufenthaltsrecht in Österreich verloren, da er bereits einige Monate nach seiner Asylantragstellung in Österreich strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Am 04.09.2017 wurde der BF von einem Landesgericht wegen eines Suchtmitteldeliktes zu einer Freiheitsstrafe von XXXX , rechtskräftig verurteilt.

 

Der BF verfügt in Österreich über keine schützenswerten familiären oder privaten Bindungen. Er spricht schon akzeptabel Deutsch, besucht einen Vorbereitungskurs für den Pflichtschulabschluss und ist integrationswillig. Er wohnt in einer Asylunterkunft, lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Auch wenn er zeitweise ehrenamtlich tätig ist, war er in Österreich noch nicht erwerbstätig.

 

Es wird daher festgestellt, dass eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration des BF in Österreich nicht vorliegt. Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

 

Zur Lage im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

 

Zur Situation in Guinea werden folgende Feststellungen aus dem BFA-Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 08.03.2017 sowie Berichte aus der Beschwerde zitiert:

 

Politische Lage

 

Guinea ist ein Zentralstaat mit verfassungsmäßig starker Stellung des Präsidenten. Die Republik Guinea von heute ist geprägt von einem demokratischen Aufbruch nach dem kurzzeitigen Militärregime unter Moussa Dadis Camara (2008-2010). Zuvor war Guinea trotz politischer Öffnung unter dem autoritären Regime von Präsident Lansana Conté bestimmt. Die ersten freien Präsidentschaftswahlen 2010 endeten in der Stichwahl mit einem sehr knappen Ergebnis. Der teilweise erbittert geführte Wahlkampf von 2010 war Ausgangspunkt für eine Lagerbildung in der guineischen Politik ("Regierungsmehrheit" gegen "Opposition"), die in den folgenden Jahren immer wieder zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen führte und bis zu den Präsidentschaftswahlen 2015 anhielt (AA 12 .2016a). In den ersten Präsidentschaftswahlen 2010 gewann Alpha Condé (Rassemblement du Peuple Guinéen RPG) und setzte sich erneut bei den Präsidentschaftswahlen am 11.10.2015 durch, diesmal im ersten Wahlgang (AA 12 .2016a; vgl. USDOS 13.4.2016).

 

Die neue Verfassung trat im Mai 2010 in Kraft. Sie sieht eine fünfjährige Amtszeit des Präsidenten mit einmaliger Wiederwahlmöglichkeit vor. Der direkt vom Volk gewählte Präsident ist gleichzeitig der Chef der Exekutive (AA 12 .2016a; vgl. CIA 12.1.2017). Er ernennt den Premierminister und die Minister. Der Präsident bestimmt vor allem die Außen- und Sicherheitspolitik sowie die strategischen wirtschaftlichen Entscheidungen. In ihrem organisatorischen Teil ist die Verfassung dem französischen Modell nachgebildet. Neben dem gewählten Parlament gibt es einen aus Vertretern der Spitzenverbände und gesellschaftlichen Gruppen zusammengesetzten Wirtschafts- und Sozialrat als Beratungsgremium sowie weitere Institutionen wie das Verfassungsgericht, den Nationalen Medienrat (Conseil Nationale de Communication), den Obersten Gerichtshof und den Rechnungshof (AA 12 .2016a).

 

Wahlen auf Ebene der Gemeinden (Bürgermeister und Gemeinderäte) haben seit Inkrafttreten der neuen Verfassung nicht stattgefunden. Die Durchführung von Kommunalwahlen noch vor den Präsidentschaftswahlen im Oktober 2015 war - im Zusammenhang mit der Erstellung des Wählerverzeichnisses und der Besetzung der Wahlbüros - eine zentrale Forderung der Opposition, der jedoch nicht nachgekommen wurde. Kommunalwahlen waren für das erste Halbjahr 2016 vorgesehen, sind aber zwischenzeitlich auf Februar 2017 terminiert (AA 12 .2016a).

 

Die Parlamentswahlen wurden bis September 2013 mehrfach verschoben (BS 2016). Die Regierungspartei Rally of the Guinean People (Rassemblement du Peuple Guinéen, RPG) von Alpha Condé erzielte dabei 53 von 114 Sitzen. Durch die "Rainbow Alliance" Koalition mit sieben kleineren Parteien, die jeweils einen Sitz haben, kam die Regierungspartei auf eine Mehrheit im Parlament. Die von Cellou Dalein Diallo geführte Oppositionspartei UFDG hält nunmehr 37 Sitze, andere Parteien halten 17 Sitze (BS 2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

Sicherheitslage

 

In Guinea bestehen politische Spannungen, die sich auch zu Sicherheitsrisiken aufbauen können. In Conakry sowie im Inneren des Landes kommt es regelmäßig zu Demonstrationen, die zum Teil zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen ethnischen und politischen Gruppen und den Sicherheitskräften führen (EDA 16.2.2017; vgl. BMEIA 24.2.2017). Die Kriminalitätsrate hat sowohl in Conakry, als auch im Landesinneren stark zugenommen. Bewaffnete Raubüberfälle und Diebstähle sind häufig (BMEIA 24.2.2017; vgl. FD 21.2.2017). Aufgrund der für den Großteil der Bevölkerung sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage gibt es in Conakry, aber auch im Landesinneren, immer wieder Akte des Vandalismus und Straßenblockaden. Auch bandenmäßige Gewaltkriminalität ist zunehmend verbreitet; nachts werden häufig Überfälle auf Passanten, Wohnhäuser und Geschäfte verübt. Die Anzahl gemeldeter Raubmorde, teilweise durch bewaffnete Täter in Uniformen, hat zugenommen. Die Sicherheitskräfte versuchen diese schwere Kriminalität ihrerseits mit Einsatz von Feuerwaffen einzudämmen, wodurch die Gefahr steigt, von verirrten Kugeln getroffen zu werden (AA 24.1.2017). Die südlichen Grenzgebiete zu Liberia, Sierra Leone und Côte d'Ivoire sind aufgrund ethnischer Spannungen gefährlich (BMEIA 24.2.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Rechtsschutz/Justizwesen

 

Obwohl die Verfassung und die Gesetze die Unabhängigkeit der Justiz vorsehen, fehlt es dem Justizsystem an Unabhängigkeit und es ist unterfinanziert, ineffizient und offen korrupt. Das Justizsystem ist gekennzeichnet von zahlreichen Problemen wie z.B. geringes Budget, das Fehlen von qualifizierten Anwälten und Untersuchungsrichtern sowie einem veralteten und restriktiven Strafgesetzbuch (USDOS 13.4.2016). Die Autonomie der guineischen Justiz ist stark beeinträchtigt. Sie bietet praktisch keinen Rechtschutz für normale Bürger (BS 2016). Aufgrund des korruptionsanfälligen formalen Justizsystems vertrauen viele Bürger auf das traditionelle Rechtssystem (USDOS 13.4.2016; vgl. BS 2016). Fälle, die dort nicht zur Zufriedenheit der Beteiligten gelöst werden können, werden an das formale Justizsystem übergeben. Die Stimme der Frau hat im traditionellen Rechtssystem weniger Gewicht als jene des Mannes. Das Gesetz sieht die Unschuldsvermutung, die Unabhängigkeit der Richter, die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, das Recht auf einen Verteidiger und das Recht der Berufung vor; jedoch werden diese Rechte in der Praxis nicht konsistent geachtet (USDOS 13.4.2016).

 

Trotz der bestehenden Probleme, hat das Justizministerium begonnen, das Justizwesen wesentlich zu reorganisieren, um die Rechtsprechung zu verbessern (HRW 12.1.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

Sicherheitsbehörden

 

Die dem Verteidigungsministerium unterstellte Gendarmerie und die nationale Polizei unter dem Ministerium für Sicherheit teilen sich die nur unzulänglich definierte Verantwortung für die innere Sicherheit. Die Armee ist für die Sicherheit nach außen verantwortlich, spielt jedoch auch im Bereich der inneren Sicherheit eine Rolle. Per Gesetz sind das Militär, die Gendarmerie und die Polizei dazu befugt, Verhaftungen durchzuführen. Gesetzlich ist allerdings nur die Gendarmerie dazu ermächtigt, Verhaftungen von Angehörigen des Militärs und der Polizeikräfte durchzuführen. Es gibt auch spezielle Polizei- und Gendarmerie- Einheiten, wie das Anti-Verbrechen Büro und das Generalsekretariat des Vorsitzes, verantwortlich für besondere Einsätze im Kampf gegen Drogen und organisierte Kriminalität (USDOS 13.4.2016).

 

Die Polizei bleibt weiterhin unterbezahlt, inadäquat ausgerüstet und ineffizient. Es gibt mehrere Berichte über Sicherheitsdienstbehörden, die ihre Befehle ignorieren und auf übermäßige Gewalt zurückgreifen (USDOS 13.4.2016). Es gibt außerdem zahlreiche Vorwürfe über unprofessionelles Verhalten, Diebstahl und Erpressung (HRW 12.1.2017). Sicherheitskräfte folgen nur selten dem Strafgesetzbuch und verwaltungskonforme Kontrollen über die Polizei sind ineffektiv (USDOS 13.4.2016). Disziplin innerhalb der und zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte scheinen sich zu verbessern (HRW 12.1.2017). Mitglieder der Sicherheitskräfte sind jedoch in mehreren Vorfällen von exzessiver Gewaltanwendung (BS 2016) oder Misshandlung von Häftlingen verwickelt, als Reaktion auf Proteste und Kriminalität (HRW 12.1.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

Folter und unmenschliche Behandlung

 

Obwohl die Verfassung und die Gesetze Folter und unmenschliche Behandlung verbieten, verwenden Beamte weiterhin solche Praktiken und bleiben ungestraft (USDOS 13.4.2016).

 

Berichten zufolge wurden in mehreren Fällen Gefangene misshandelt und manchmal gefoltert (HRW 12.1.2017). Die Wachen foltern, verprügeln und vergewaltigen die Häftlinge, darunter auch Kinder. Menschenrechtsaktivisten geben an, dass die schlimmsten Misshandlungen bei der Festnahme oder in den Haftanstalten der Gendarmerie vorkommen (USDOS 13.4.2016).

 

Guinea hat im Juli einem neuen Strafgesetzbuch zugestimmt, das u.a. und zum ersten Mal Folter unter Strafe stellt (AI 5.7.2016; HRW 12.1.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

Korruption

 

Korruption ist in Guinea weit verbreitet und bleibt weiterhin ein Problem. Während das Gesetzt strafrechtliche Folgen für die Korruption von Beamten vorsieht, wird das Gesetz nicht wirksam umgesetzt und Beamte sind häufig ungestraft in korrupte Praktiken verwickelt (USDOS 13.4.2016). Öffentliche Gelder werden für den privaten Gebrauch oder für illegitime öffentliche Zwecke, wie das Kaufen teurer Fahrzeuge für Regierungsangestellte, missbraucht. Grundstücksverkäufe und geschäftliche Verträge waren im Allgemeinen nicht transparent (USDOS 13.4.2016). Korruption spielt auch in Gerichtsverfahren eine Rolle (USDOS 5.7.2016). Geschäfte finden oft durch Zahlung von Bestechungsgeldern statt. Obwohl es verboten ist, Bestechungsgeld zu zahlen, werden diese Gesetze nicht durchgesetzt (USDOS 5.7.2016).

 

Open Society Initiative West Africa und Transparency International gaben an, dass 61% von befragten privaten Haushalten aufgefordert wurden ein Bestechungsgeld für nationale Dienstleistungen und 24% für lokale Dienstleistungen zu zahlen. 24% gaben an, verkehrsbedingte Bestechungsgelder an Polizisten gezahlt zu haben, 24% für bessere medizinische Behandlung, 19% für bessere Wasser- oder Stromdienstleistungen und 8% für bessere gerichtliche Behandlung (USDOS 5.7.2016).

 

Guinea belegte auf dem Korruptionsindex von Transparency International im Jahr 2016 den 142. von 176 Plätzen (TI 2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

Allgemeine Menschenrechtslage

 

Die Menschenrechte sind zwar gesetzlich garantiert, werden aber von einer noch schwachen Justiz bisher nicht ausreichend geschützt. Menschenrechtsübergriffe staatlicher Stellen, besonders seitens der Sicherheitskräfte, werden noch nicht systematisch verfolgt (AA 12 .2016a; AI 16.2.2016). Insgesamt hat sich die Menschenrechtslage aber seit Beginn der Demokratisierung 2010 kontinuierlich verbessert (AA 12 .2016a). Die sozialen und wirtschaftlichen Menschenrechte werden jedoch durch die sehr große Armut der Bevölkerung eingeschränkt (AA 12 .2016a). Die gravierendsten Menschenrechtsprobleme im Land sind lebensbedrohliche Haftbedingungen, Verweigerung eines fairen Verfahrens sowie Gewalt und Diskriminierung gegen Frauen und Mädchen (USDOS 13.4.2016). Berichte über Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitsbeamte sind zurückgegangen. Behörden zeigen erhöhte Bereitschaft diejenigen zu untersuchen und sanktionieren, die in Menschenrechtsverletzungen beteiligt sind (HRW 12.1.2017).

 

Obwohl die Verfassung und die Gesetze Meinungs- und Pressfreiheit gewährleisten (USDOS 13.4.2016; vgl. AA 12 .2016b), schränkt die Regierung diese Freiheiten ein. Unabhängige und oppositionseigene Medien sind aktiv und drücken ein weites Spektrum von Ansichten aus (USDOS 13.4.2016). Wichtigstes Medium bleibt aber noch - auch angesichts der hohen Analphabetenrate - das Radio. Seit 2006 gibt es eine ganze Reihe von teilweise populären privaten Radiosendern. Auch das frühere Fernsehmonopol von RTG ist mittlerweile von mehreren privaten TV-Stationen durchbrochen. Die Ausstrahlung bleibt jedoch noch auf die Hauptstadtregion und einzelne Orte im Landesinnern beschränkt. Die aktuelle Berichterstattung von Medienredaktionen verlegt sich aber mehr und mehr in das Internet (AA 12 .2016b), obwohl nach Angaben von International Telecommunication Union 2014 nur 1,72% Zugang zum Internet hatten. Das Internet wird von der Regierung weder unterbrochen noch zensiert (USDOS 13.4.2016). Eingriffe durch staatliche Zensur finden nur im Ausnahmefall statt und wurden oft nach scharfer Kritik der Zivilgesellschaft wieder zurückgenommen. Maßnahmen des Staates oder Dritter gegen Journalisten bleiben daher überwiegend Einzelfälle (AA 12 .2016b). Dennoch können Journalisten teuer dafür bezahlen, wenn sie den Präsidenten kritisieren. Im World Press Freedom Index 2016 belegt Guinea Platz 108 von 180 (RSF 30.6.2016).

 

Die Verfassung sieht Versammlungsfreiheit vor, die Regierung schränkt dieses Recht jedoch ein. Das Gesetz verbietet jedes Treffen, das ethnischen oder rassischen Charakter hat, oder jede Versammlung, die die nationale Einheit bedrohen könnte. Für öffentliche Versammlungen ist eine Anmeldung mindestens drei Werktage vorher einzuholen. Lokale Behörden können Demonstrationen verbieten, wenn sie der Ansicht sind, dass die öffentliche Ordnung bedroht ist. Behörden können Veranstalter außerdem für eventuelle Gewaltvorfälle und Zerstörung von Eigentum zur Rechenschaft ziehen (USDOS 13.4.2016). In der Praxis werden Versammlungen, die ohne Ankündigung gehalten werden, als nicht autorisiert angesehen und werden oft gewaltsam aufgelöst (FH 27.1.2016).

 

Die Verfassung und Gesetze gewährleisten Vereinigungsfreiheit, und die Regierung respektiert dieses Recht üblicherweise auch in der Praxis (USDOS 13.4.2016). Vorschriften zur offiziellen Anerkennung für öffentliche, soziale, kulturelle, religiöse oder politische Vereinigungen sind nicht aufwendig, obwohl bürokratische Verzögerungen in einigen Fällen die Registrierung neuer Vereinigungen verhindern (USDOS 13.4.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Haftbedingungen

 

Die Haftbedingungen in zivilen Gefängnissen, die dem Justizministerium unterstehen, sind weiterhin inhuman, lebensbedrohlich (USDOS 13.4.2016) und weit unter internationalen Standards (HRW 12.1.2017). Allerdings nahm das Justizministerium Schritte zur Verbesserung der Gefängnisverwaltung und dies führte zu einer starken Reduzierung der aufgezeichneten Zahl der unterernährten Gefangenen und einigen Verbesserungen im Gesundheitsdienst der Gefängnisse (HRW 12.1.2017).

 

Misshandlung, schlechte sanitäre Einrichtungen, Unterernährung, Krankheiten, mangelnde medizinische Betreuung (USDOS 13.4.2016) und Überbelegung der Gefängnisse sind weit verbreitet (HRW 12.1.2017). Die Regierung gestattet Gefängnisbesuche durch lokale humanitäre und religiöse Organisationen, welche bedürftige Inhaftierte mit medizinischer Betreuung und Nahrung versorgen. Dem Roten Kreuz (ICRC) wird der regelmäßige Zugang zu allen zivilen Gefängnissen ermöglicht, und es führt weiter Partnerschaftsprogramme mit Gefängnis- und Sicherheitsbehörden durch, um die Haftbedingungen zu verbessern. Die Regierung gestattet internationalen Organisationen und NGOs auch den Zugang zu von der Gendarmerie geführten Gefängnissen. Die Haftbedingungen in Militärgefängnissen können nicht verifiziert werden, da die Regierung den Zutritt zu diesen generell verwehrt (USDOS 13.4.2016).

 

Quellen:

 

 

 

Religionsfreiheit

 

Ca. 87% der Bevölkerung sind Muslime. 8% sind Christen und ca. 4% gehören anderen bzw. keinen Religionen an (CIA 12.1.2017).

 

Die Verfassung sieht einen säkularen Staat vor, verbietet religiöse Diskriminierung und legt Glaubens- und Religionsfreiheit fest (USDOS 10.8.2016). Der Islam spielt eine große Rolle im öffentlichen Leben. Religiöse Toleranz und Ablehnung fundamentalistischer Strömungen sind jedoch erklärte Staatsziele und gesellschaftliche Praxis. Fundamentalistische Strömungen haben traditionell geringe Bedeutung, doch gibt es unter den Muslimen auch teilweise radikalere Tendenzen, ablesbar unter anderem an einer Zunahme der früher unbekannten Praxis der Vollverschleierung. Die katholische und die anglikanische Kirche spielen gesellschaftlich, besonders im Bildungsbereich, eine bedeutende Rolle (AA 12 .2016a).

 

Quellen:

 

 

 

 

Ethnische Minderheiten

 

Guinea ist ein multiethnisches Land mit über 25 unterschiedlichen Gruppen (AA 12 .2016a). Die Bevölkerung besteht zu etwa 33.9% aus Peuhl (auch Peul, Fulla, Fulbe, Fulani; v.a. Mittelguinea), 31,1% aus Malinke (v.a. Oberguinea) und 19,1% aus Soussou (v.a. Niederguinea) (CIA 12.1.2017; vgl. USDOS 13.4.2016). Die restliche Bevölkerung sind Angehörige kleinerer ethnischer Gruppen, wie die Kpelle, Kissi und Toma (CIA 12.1.2017). Conakry und andere große urbane Zentren wie Kankan sind ethnisch heterogen (USDOS 13.4.2016).

 

Die Beziehungen zwischen den Volksgruppen waren in der Vergangenheit nicht immer spannungsfrei, vor allem nicht unter den zahlreichen kleinen Gruppen in der Region Waldguinea. Zuletzt kam es dort 2013 zu schweren gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen zwei lokalen Volksgruppen (AA 12 .2016a). Während das Gesetz rassische und ethnische Diskriminierung verbietet, kommt es zu ethnischer Diskriminierung im Bereich des Arbeitsmarktes, der ethnische Segregation von Wohnvierteln, und der Präsenz ethnisch geprägter Rhetorik in politischen Kampagnen. Gezielte ethnische Gewalt ereignet sich ebenfalls (USDOS 13.4.2016). Periodisch kommt es zu politischen und ethnischen Spannungen mit Verletzen und Toten (BMEIA 24.2.2017).

 

Die gegenwärtige Regierung scheint die ethnische Gruppe des Präsidenten, die Malinké, zu bevorzugen und die Fulbe und andere ethnische Minderheitengruppen auszuschließen. Condé hat wenig Interesse gezeigt, Ministerposten unter Vertretern aller ethnischen Gruppen zu teilen. Dies führt zur Distanzierung zwischen der RPG und den Oppositionsparteien und somit ist Condés ethnische Gruppe, die Malinké, überrepräsentiert und die Fulbe sind unterrepräsentiert (BS 2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Bewegungsfreiheit

 

Das Gesetz garantiert uneingeschränkte Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr, und die Regierung respektiert diese Rechte auch üblicherweise in der Praxis. Die Regierung fordert von allen Bürgern, die älter als 18 Jahre sind, einen Ausweis mitzuführen, welchen sie auf Verlangen an den Checkpoints vorzuweisen haben. Polizei und Sicherheitskräfte halten weiterhin Personen an Straßensperren an, um Bestechungsgeld zu verlangen und schränken dadurch die Reisefreiheit und die Sicherheit der Reisenden ein (USDOS 13.4.2016). In Conakry und auch im Landesinneren gibt es Straßensperren; Schikanen durch Zoll, Militär und Polizei sind häufig (BMEIA 24.2.2017).

 

Quellen:

 

 

 

Grundversorgung und Wirtschaft

 

Guinea gehört trotz großer wirtschaftlicher Ressourcen (größte Bauxitvorkommen der Welt, reiche Vorkommen an Eisenerz, Nickel, Gold, Diamanten, Wasserkraft, großes landwirtschaftliches Anbaupotenzial) zu den ärmsten Ländern der Welt (AA 12 .2016c). Der Anteil der Bevölkerung, der pro Tag von weniger als 2 US-Dollar leben muss, beträgt knapp 70% (AA 12 .2016a). Fruchtbare Böden, reiche Vorkommen an Bodenschätzen, abwechslungsreiche Landschaften und einen Hafen als Tor zur Welt - Guinea erfüllt anscheinend alle Voraussetzungen, damit sich Wirtschaft, Gesellschaft und Tourismus im Land entwickeln können. Bisher gelang es der politischen Klasse jedoch nicht, das große wirtschaftliche Potenzial für die Entwicklung des Landes zu nutzen. Stattdessen sind politische Unruhen, Streiks und Korruption an der Tagesordnung. Auf dem Human Development Index der Vereinten Nationen rangiert Guinea auf den hinteren Positionen. Seit Mitte der 1990er-Jahre ist die Armut der rund elf Millionen Einwohner noch weiter gestiegen (GIZ o.D.).

 

Quellen:

 

 

 

 

Medizinische Versorgung

 

Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch hoch problematisch. Die ärztliche Versorgung in Conakry ist begrenzt (AA 24.2.2017). Das öffentliche Gesundheitswesen ist nur sehr eingeschränkt vorhanden und wurde von der Ebola-Epidemie (Anm.: Ausbruch Ende 2013) stark in Mitleidenschaft gezogen. Schwere Erkrankungen und Verletzungen müssen im Ausland (Senegal oder Europa) behandelt werden (BMEIA 24.2.2017). Die Apotheken in Guinea haben ein begrenztes Sortiment wichtiger Standardmedikamente, häufig europäischer Herkunft. Medikamentenfälschungen mit unsicherem Inhalt kommen vor (AA 24.2.2017). In Guinea beträgt die Lebenserwartung 54 Jahre (AA 12 .2016a). Medizinische Versorgungsstationen sind zwar unzureichend, aber trotzdem verbreitet. Die öffentlichen Gesundheitsausgaben liegen derzeit bei 1,8% des BIP. Die Sozialausgaben im Rahmen der Condés Regierung liegen leicht über denen der früheren Verwaltungen (BS 2016).

 

Soziale Sicherheitsnetze sind kaum vorhanden. Die Ebola-Epidemie hat gezeigt, dass Guinea unfähig war, ihren Bürgern eine Gesundheitsversorgung zur Verfügung zu stellen, obwohl das Gesundheitssystem deutlich besser als in den benachbarten Sierra Leona und Guinea-Bissau ist. Grundsätzlich besteht ein nationaler Sozialversicherungsfonds, aber der Anteil der Guineer, die dazu beitragen oder davon profitieren, ist äußerst gering (BS 2016).

 

Im April 2015 startete die Regierung ein Sanierungsplan im Gesundheitssystem für 2015-2017, der sich auf die Rekrutierung und Ausbildung von medizinischem Personal, den Bau oder Wiederaufbau der Infrastruktur und die Entwicklung der medizinischen Forschung konzentriert (UNHRC 21.1.2016)

 

In Guinea sind derzeit keine Ebolainfektionen bekannt (AA 24.2.2017). Die Ebola-Epidemie wurde im Juni 2016 von der Weltgesundheitsorganisation für beendet erklärt (BMEIA 24.2.2017).

 

Quellen:

 

 

 

 

 

 

Rückkehr

 

Die Regierung kooperiert mit UNHCR und anderen Hilfsorganisationen um Flüchtlingen, Staatenlosen und Asylwerbern Schutz und Hilfe zu bieten (USDOS 13.4.2016). IOM Guinea arbeitet derzeit mit mehr als 25 Ländern an Rückkehr und Reintegrationsprojekten zusammen, um eine große Zahl an Rückkehrern von und nach Guinea zu unterstützen. Dabei ermöglichte IOM zwischen 2013 und 2014 mehr als 2.500 Guineern die Rückkehr und Reintegration. Von diesen Projekten profitieren auf ihren Antrag wartende Asylwerber sowie abgewiesene Asylwerber. Guineische Flüchtlinge, die aus dem Ausland zurückkehren, stehen besonders unter Druck und dem Staat ist es nicht möglich, ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen (IRB 28.7.2016).

 

ERIN (European Reintegration Instrument Network) ist ein gemeinsames Rückkehr- und Reintegrationsprojekt von 18 ERIN Partnerstaaten (Österreich, Australien, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg, Malta, Norwegen, die Niederlande, Rumänien, Spanien, Schweden, die Schweiz und das Vereinigte Königreich). Das einjährige Projekt (Juni 2016 - Mai 2017) wird weitgehend durch die EU-Kommission finanziert. Guinea betreffend sind die Schwerpunkte u.a. die geförderte freiwillige Rückkehr, Reintegrationsunterstützung und der Aufbau von Kapazitäten. Die Reintegrationshilfen umfassen z.B. Service bei der Ankunft, Hilfe bei Arbeitsplatzsuche und Unterstützung bei einer Geschäftsgründung sowie vorrübergehende Unterbringung. Zusätzliche Reinitegrationsdienste werden für unbegleitete Minderjährige geboten (ERIN 10.11.2016).

 

Quellen:

 

 

 

 

In der Beschwerde wurde auf folgende Berichte hingewiesen:

 

USDOS - US Department of State: Country Report on Human Rights Practices 2016 - Guinea, 03. März 2017, (vgl.http://www.ecoi.net/local_link/337184/479947_de.html , Zugriff am 05.05. 2017)

 

Im Bericht des US Department of State über die Menschenrechtslage in Guinea im Jahr 2016 wird angeführt, dass es nach wie vor schwersten Menschenrechtsprobleme in Guinea gibt, wie beispielsweise lebensbedrohliche Zustände in Haftanstalten, die Verweigerung eines fairen Verfahrens, die Gewalt und Diskriminierung von Frauen und Mädchen, einschließlich sexuellem Missbrauch, erzwungener und frühzeitiger Ehe sowie weibliche Genitalverstümmelung. Zudem sind in Guinea unter anderem Tötungen durch Sicherheitskräfte, die Verwendung von übermäßiger Kraft gegen Zivilbevölkerung einschließlich Folter, um beispielsweise Konfessionen zu extrahieren, willkürliche Verhaftungen, langwierige Untersuchungshaft und unbestimmte Inhaftierung, einschließlich der politischen Gefangenschaft nach wie vor existent. Weitere Probleme sind Streitigkeiten innerhalb der Familien aufgrund der Zugehörigkeit, Beschränkungen der Presse- und Versammlungsfreiheit, Korruption auf allen Regierungsebenen, Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und Menschenhandel, einschließlich Kinderkinderarbeit.

 

Zu einer innerstaatlichen Fluchtalternative

 

ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Guinea: Möglichkeiten für einen jungen Angehörigen der Fulla (auch: Fulani, Fulbe, Peul, Peuhl, Peulh) ohne Unterstützung durch Familie oder Freunde und ohne spezifische Berufsausbildung, seine Existenzgrundlage zu sichern (vor allem in Conakry) (Erwerbsmöglichkeiten; soziale Unterstützung) [a-9362-3 (9364)], 09. November 2015 (vgl. http://www.ecoi.net/local_link/316330/455123_de.html , Zugriff am 05.05.2017) Erwerbsmöglichkeiten

 

Das deutsche Auswärtige Amt (AA) erwähnt in seinen Länderinformationen zu Guinea (Stand: Juli 2015) Folgendes: Guinea zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Der Anteil der Bevölkerung, der pro Tag von weniger als 2 US Dollar leben muss beträgt knapp 70%, die Lebenserwartung liegt bei 54 Jahren." (AA, Juli

 

2015)

 

Die offizielle chinesische Nachrichtenagentur Xinhua schreibt in einem Artikel vom Mai 2013, dass laut Angaben des guineischen Ministers für Sport und Jugendbeschäftigung die Arbeitslosigkeit bei jungen Menschen unter 25 Jahren trotz der Bemühungen der Regierung und ihrer technischen und finanziellen Partner eine zunehmend beunruhigende Dimension annehme. Rund 60 Prozent der jungen Menschen seien von Arbeitslosigkeit oder Unterbeschäftigung betroffen.

 

Diese hohe Arbeitslosenrate bei jungen Menschen erkläre sich teilweise durch eine Politik der Marginalisierung sowie durch einen Mangel an Qualifikationen bei diesen Menschen, so der Artikel weiters: [...] Wirtschaftslage und zum Arbeitsmarkt an, dass sich das Ausmaß der Armut vor dem Hintergrund einer schwierigen Wirtschaftslage von 53 Prozent im Jahr 2007 auf 55,2 Prozent im Jahr 2012 vergrößert habe.

 

Die Arbeitslosigkeit bei jungen Menschen gehöre zu den großen Sorgen der Behörden. Von ihr seien 15 Prozent der jungen Menschen mit Sekundarschulausbildung, 42 Prozent der jungen Menschen mit Abschluss einer technischen berufsbildenden Schule sowie 61 Prozent der Jungen mit Universitätsabschluss betroffen. Abgesehen von den jungen Menschen in Bildungseinrichtungen seien 70 Prozent der Menschen unter 25 Jahre, ungeachtet ihres Bildungsniveaus oder ihres Wohnortes, mit fehlender Beschäftigung konfrontiert. So stelle sich die Situation dar, wie sie im Strategiepapier zur Reduzierung der Armut im Zeitraum 2013 bis 2015, das vom Wirtschafts- und Finanzministerium mit Unterstützung technischer und finanzieller Partner ausgearbeitet worden sei, beschrieben werde.

 

In Guinea gebe es kein Arbeitsamt. Das Missverhältnis zwischen Ausbildung und Beschäftigung stelle ein großes Problem bei der beruflichen Integration der jungen Menschen dar.

 

Gegenwärtig habe sich der Staat vollständig aus dem Produktionssektor und dem Handelssektor zurückgezogen und überlasse die Initiative aktiven Privatpersonen. So müsse eine Person, die sich selbstständig machen wolle, ihr eigenes Geld investieren, da der Staat für solche Zwecke praktisch keine Kredite mehr vergebe. Institutionen wie die Weltbank würden alle Möglichkeiten untersuchen, die zur Verfügung stehen würden, um aktiv an der Entwicklung des Privatsektors des Landes teilnehmen zu können. Sehr häufig würden diese Institutionen

 

Privatpersonen und -unternehmen Finanzierungen gewähren.

 

Wie IOM weiters anmerkt, seien nur die Angestellten großer Unternehmen in der nationalen Sozialversicherungskasse registriert:

[...]

 

Ein im Juni 2015 veröffentlichter Artikel auf Le Point Afrique, einer französischen Nachrichten- und Informationswebsite, die sich mit Afrika beschäftigt, geht auf die Situation junger Menschen in der guineischen Hauptstadt Conakry ein.

 

Wie der Artikel anführt, sei die junge Bevölkerung, egal ob gebildet oder nicht, in vollem Ausmaß von Arbeitslosigkeit betroffen. Manchmal hätten die arbeitslosen jungen Leute keine andere Wahl, als auf Kosten einer dritten Person zu leben. So habe der 33-jährige arbeitslose Abdoulaye angegeben, dass er verheiratet sei, dies angesichts seiner Arbeitslosigkeit allerdings nicht leicht sei. Von seinen Freunden, die als Taxifahrer arbeiten würden, erhalte das Paar ein wenig Geld, um seine täglichen Ausgaben decken zu können. Bevölkerung sehr und selbst die Personen, die eine Arbeit hätten, würden sehr schlecht bezahlt. Rund 80 Prozent der jungen ArbeitnehmerInnen erhielten keine angemessene Bezahlung: [...]

 

Das Integrated Regional Information Network (IRIN), eine Nachrichtenagentur, die sich auf humanitäre Themen fokussiert, und bis Jänner 2015 ein Projekt des Amtes der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer

 

Angelegenheiten (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, UN OCHA) gewesen ist, erwähnt in einem im September 2013 veröffentlichten Artikel, viele junge GuineerInnen und EntwicklungshilfeexpertInnen seien der Ansicht, dass die junge Bevölkerung in Guinea, die mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung des Landes ausmache, ins Abseits gedrängt worden sei und es an umfassenden Strategien für diesen Bevölkerungsteil fehle. Laut Mamadou Dian Baldé von der internationalen NGO Terre des Hommes (TdH) fehle es den Bemühungen der Regierung, für gewöhnlich von NGOs unterstützte Projekte, an Kontinuität ("[e]fforts [...] are one-off"). Die Programme seien zersplittert, außerdem gebe es keine dynamische, umfassende vom Staat koordinierte Politik.

 

Das Ausmaß der Jugendarbeitslosigkeit betrage laut Regierungsstatistiken geschätzte 60 Prozent. Guineas im Jahr 2011 eingerichtete Kommission für Friedenskonsolidierung habe die Beschäftigung von jungen Menschen und Frauen als eine der drei obersten Prioritäten aufgelistet.

 

Der Artikel führt weiters den Fall des 19-jährigen Amara Camara an, der sein Studium in N'zérékoré unterbrochen habe und nach Conakry gezogen sei, um dort Arbeit zu finden und so seine alternden Eltern unterstützen zu können. Camara verkaufe nun Kleidung auf einem Markt, auf dem VerkäuferInnen, die meisten von ihnen HochschulabsolventInnen, gebrauchte Kleidung und gebrauchte Schuhe verkaufen würden. Den vor den Parlamentswahlen (vom 28. September 2013, Anm. ACCORD) getätigten Versprechungen der Regierung, wonach Mechanismen eingerichtet würden, um jungen Menschen zu helfen, sich zu bewerben und Jobs zu erhalten, stehe man skeptisch gegenüber, da bei der Jobfindung seit jeher Beziehungen und nicht Fähigkeiten zählen würden:[...]"

 

2. Beweiswürdigung:

 

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt des BFA, insbesondere den Niederschriften sowie aus der Einvernahme in der mündlichen Verhandlung.

 

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich in der mündlichen Verhandlung davon überzeugen, dass die Fluchtvorbringen des BF unglaubwürdig und auch nicht asylrelevant sind.

 

Wie das BFA im angefochtenen Bescheid bereits darlegte, stellte der BF zwar die vage Behauptung auf, dass er in seiner Heimat einmal wegen seiner Konversion zum Christentum und andererseits wegen eines von ihm verursachten Autounfalls mit Todesfolge vom Vater des Opfers verfolgt werde. Es wäre nun aber die Aufgabe des BF gewesen, diese Verfolgungsgefahr auch glaubhaft zu machen. Der BF hat jedoch seine Flucht nur auf pauschale Verfolgungsbehauptungen gestützt. So konnte er nicht glaubhaft darlegen, warum er konkret wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit als Fulla verfolgt werde. Er hat diesbezüglich lediglich angegeben, dass sein Vater als Aktivist einer politischen Partei am 28.09.2009 bei einer Demonstration getötet worden sei. Außerdem sei das Haus der Familie bei jeder Demonstration zerstört worden und sie hätten immer wieder ins Heimatdorf des Vaters fliehen müssen. Seit 2009 haben sich jedoch die politischen Verhältnisse geändert, auch wenn vom Bundesverwaltungsgericht nicht verkannt wird, dass es in Guinea weiterhin zu ethnischen Spannungen kommt (siehe Länderfeststellungen oben S 7).

 

Der BF selbst ist nach dem Tod des Vaters bei dessen Freund, dem Pastor, in geordneten Verhältnissen aufgewachsen und konnte keine Verfolgung, die er aufgrund seiner Volkszugehörigkeit erlitten haben soll, darlegen. Außerdem hat der BF solche Schwierigkeiten bis zur Erhebung der Beschwerde gänzlich unerwähnt gelassen bzw. über Nachfrage in der Einvernahme vom 20.09.2017 sogar explizit ausgeschlossen.

 

Der BF war auch nicht in der Lage plausible Beweggründe für seine Konversion zum christlichen Glauben anzugeben. So behauptete er, er sei Katholik geworden. Doch die Bezeichnung des Bekannten seines Vaters, bei dem er zuletzt aufgewachsen ist, als Pastor sowie der Name der Kirche, Jehova-Tempel, sowie die geschilderte Taufzeremonie deuten auf eine andere christliche Religionsgemeinschaft hin. Zur Konversion meinte er lediglich, dass er mit Moslems gelebt und im Zuge dessen gemerkt habe, dass ihm diese Lebensart nicht zusagen würde. Er habe gesehen, wie Christen leben würden, und habe sich dies auch für sich gewünscht. In Österreich gehe er zu keiner Kirche, da er hier niemanden habe, der gemeinsam mit ihm hingehen würde, aber er bete. Im Widerspruch dazu erwähnte er bei der mündlichen Verhandlung mit Nigerianern eine Kirche in der Nähe des Westbahnhofs besucht zu haben. Zuletzt sei er in der Kirche seines Aufenthaltsortes gewesen. Der BF gab darüber hinaus selbst zu, nicht viel über seinen neuen Glauben gelernt zu haben. Auf Nachfrage konnte er nicht einmal über das Gebet "Vater unser" Auskunft geben und beantwortete die Frage mit "im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes". Wäre er in Guinea Katholik geworden, hätte ihm der französische Text in Erinnerung geblieben sein müssen. Zur behaupteten Konversion des BF ist dem BFA jedenfalls Recht zu geben, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, eine solche glaubhaft darzutun. Entscheidend ist aber, dass der BF keine GFK-relevante Verfolgung in Zusammenhang mit seiner nicht glaubhaften Konversion zum Christentum dargelegt hat. So hat er lediglich vorgebracht, deshalb nunmehr von seinem Onkel und dessen Familie gehasst und nicht mehr als deren Familienmitglied angesehen zu werden. In der mündlichen Verhandlung aber gab er auch noch an, dass er, als er beim Pastor lebte, weiterhin in der Nähe seiner Verwandten gewohnt habe. Von Übergriffen oder Bedrohungen hat er diesbezüglich jedoch nichts berichtet. Darüber hinaus kann weder aus den Länderberichten des BFA noch aus denen in der Beschwerde eine systematische Verfolgung oder Bestrafung von Konvertiten seitens des Staates in Guinea entnommen werden.

 

Zu den gravierenden Widersprüchen bei den Fluchtgründen wird festgestellt, dass die Erstbefragung "insbesondere" der Ermittlung der Identität und der Reiseroute eines Fremden dient und sich nicht auf die "näheren" Fluchtgründe zu beziehen hat, ein Beweisverwertungsverbot ist damit jedoch nicht normiert. Das BFA und das Bundesverwaltungsgericht können somit im Rahmen ihrer Beweiswürdigung durchaus die Ergebnisse der Erstbefragung in ihre Beurteilung miteinbeziehen.

 

Daher sind dem BF zu Recht unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Erstbefragung, die nicht primär der Ermittlung von Fluchtgründen dient, und unter Berücksichtigung seiner damaligen Minderjährigkeit - er wurde vier Monate später volljährig - Widersprüche zur weiteren Befragung vorzuhalten. So hat der BF - entgegen den anderslautenden Angaben später - in der Erstbefragung gemeint, gerade wegen seines Onkels zum Christentum konvertiert zu sein, da dieser Christ sei.

 

Zum weiteren Fluchtvorbringen hat er in der Erstbefragung wiederum ausgeführt, den Unfall mit dem Auto seiner Mutter verursacht zu haben, wohingegen er dies später berichtigte und angab, es habe sich um das Auto des Pastors gehandelt.

 

Zum zentralen Fluchtvorbringen hat der BF bei der mündlichen Verhandlung nunmehr ausgeführt, dass ihm 2016, am Tag der Champions League, der Pastor sein Auto zum Waschen gegeben habe. Der Pastor sei abwesend gewesen und er habe das Auto gewaschen. Dann sei er mit dem Auto hin und her gefahren. Zu diesem Zeitpunkt habe er gerade Auto fahren gelernt. Im Hof habe es einen Wasserhahn gegeben, zu dem alle Nachbarn zum Wasserholen gekommen seien. Das Mädchen des Nachbarn habe gerade Wasser geholt und sei weggegangen, als er sie mit dem Auto erfasst und umgestoßen habe. Sie habe sich nicht mehr bewegt. Der BF habe gebremst und das Auto sei stehen geblieben. Dort stehe ein Kokosbaum. Er sei nach vorne geschleudert worden und mit dem Kopf gegen das Lenkrad geprallt. Dabei habe er sich die Zähne angestoßen und auf der Lippe geblutet. Er sei aus dem Auto gestiegen und in Panik verfallen.

 

Nunmehr schilderte der BF sehr emotionell, dass er nicht gewusst habe, was er tun solle. Er habe gesehen, wie das Mädchen geweint habe und er habe es umarmen wollen. Sie habe seinen Namen gerufen und er habe sie umarmen wollen. Das Mädchen sei am Boden gelegen und habe nicht mehr aufstehen können. Aufheben habe er sie nicht können, da sie zu schwer gewesen sei. Die Anwesenden hätten dann gesagt, er müsse weg, da der Vater des Unfallopfers ein böser Mensch sei. Er sei beim Militär (Leutnant der Gendarmerie) und habe im Viertel sehr viele Probleme bereitet. Beispielsweise habe er öfters in der Nacht mit einem Gewehr umhergeschossen und bei Demonstrationen sei er immer mit seinen Leuten da gewesen und habe geschossen. Der BF habe das Mädchen nicht alleine lassen wollen, er habe wirklich helfen wollen. Alle hätten herumgeschrien und gesagt, er solle flüchten. Da habe er totale Panik bekommen und sei zu einem Freund gelaufen. Dort habe er sich dann versteckt. Der Pastor habe ihn dann angerufen und ihm mitgeteilt, dass das Mädchen im Spital verstorben sei und die Familie des Mädchens gerade sein Haus verwüste. Der Pastor habe ihn gefragt, wo er sei und ihm gesagt, er solle auf keinen Fall dieses Haus verlassen, da der Vater des Mädchens bewaffnet unterwegs sei und ihn umbringen wolle. Er habe dann dort noch eine Nacht verbracht und sei am nächsten Tag vom Pastor zu einem seiner Freunde, in einem anderen Stadtviertel, gebracht worden. Am dritten Tag, um 23 Uhr, sei dann der Pastor gekommen und er sei nach Mali gebracht worden. Auf Nachfrage warum er so genau wisse, dass der Pastor um 23 Uhr gekommen sei, sagte der BF, dass er sich daran erinnere. Sie seien genau um 23 Uhr weggefahren. Er habe auf die Uhr gesehen. Den Tag der Flucht wisse er aber nicht.

 

Erst auf Nachfrage gab er nunmehr in der mündlichen Verhandlung an, dass nicht nur der Vater des Opfers ihn suche, sondern auch die Polizei. Das wisse er alles vom Pastor, der ihm diese Informationen telefonisch weitergegeben habe.

 

Eine besonders krasse Unstimmigkeit im Vorbringen des BF im behördlichen Verfahren fiel auf, als er danach gefragt wurde, ob es beim Brand des Hauses des Pastors - bei der mündlichen Verhandlung sprach er von Verwüstung des Hauses - Verletzte gegeben habe. Diesbezüglich gab er zuerst an, dass sich der jüngere Bruder des Pastors und dessen Sohn zu diesem Zeitpunkt im Haus befunden hätten. Dann wiederum soll beim Brand die Tochter des Bruders des Pastors verletzt worden sein. Darauf angesprochen, meinte der BF plötzlich, eigentlich den Sohn des Bruders des Pastors gemeint zu haben. "Dieser Sohn sei ein weiblicher Sohn; es sei eine Tochter".

 

Solche Unstimmigkeiten haben sich aufgrund der teilweise schwer verständlichen Aussprache des BF (Mädchen "fille" und Sohn "fils" klingen im Französischen ähnlich) aufgeklärt, doch diese waren nicht entscheidungsrelevant. Aufgrund des persönlichen Eindrucks, den das Bundesverwaltungsgericht vom BF in der Verhandlung gewonnen hat, steht außer Zweifel, dass der BF einfach versucht hat, Verfolgungsgründe zu konstruieren. Beispielsweise konnte der BF kein genaues Datum des Unfalls und der Flucht nennen. Der Tag der Champions League ist sehr ungenau, da es im Jahr mehrere Spiele in dieser Liga gibt. Andererseits verlor sich der BF im Details und bestand darauf, dass ihn - wie oben dargelegt - der Pastor genau um 23 Uhr aufgesucht habe. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass der BF einen solchen selbst erlebten oder gesehenen Unfall zu einer fluchtrelevanten Geschichte ausgebaut hat. Dafür spricht, dass das Mädchen nach seinen Ausführungen gar nicht so schwer verletzt zu sein schien. Jedenfalls konnte es noch den Namen des BF ausrufen. Dass sie dann im Spital verstarb, der Vater des Opfers ein Angehöriger des Militärs ist, der BF von diesem bedroht wird und er von der Polizei gesucht wird, wird als gesteigertes Vorbringen gewertet. Hinzu kommt die als Schutzbehauptung zu bewertende Angabe des BF, dass er wegen des Verlustes seines Telefons keinen Kontakt mehr zum Pastor habe und ihm somit jedes soziale Netzwerk in Guinea fehle.

 

Insgesamt gesehen konnte somit vom BF eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung im Herkunftsstaat nicht glaubhaft gemacht werden.

 

Hingegen sind seine Angaben über seine eigene wirtschaftliche Not als Kind und sein Wunsch nach einem wirtschaftlich besseren Leben in Europa glaubwürdig. Jedoch lebte der BF seit 2010 bei einem Pastor, er musste nicht arbeiten, konnte zur Schule gehen und wurde ausreichend versorgt. Der Pastor hat ihn auch die Reise nach Europa finanziert. Es ist daher davon auszugehen, dass der BF mit diesem wieder Kontakt aufnehmen und mit deren Hilfe rechnen kann.

 

Die vorliegenden Länderfeststellungen zu Guinea verweisen auf eine Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen und der BF konnte nicht substantiiert begründen, dass die Behörde die Länderberichte selektiv ausgewertet habe. Die vom BF vorgelegten Berichte konnten jedenfalls die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit der Entscheidung der Behörde substantiell nicht entkräften.

 

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht die Problematik der ethnischen Konflikte in Guinea, doch selbst im Fall einer tatsächlichen Bedrohung ergibt sich aus den Länderfeststellungen, dass es für eine Einzelperson im Regelfall möglich und zumutbar ist, sich in einem Landesteil, im konkreten Fall in Gebieten seiner Volksgruppe, niederzulassen und sich auf diese Weise mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einer Gefahr zu entziehen.

 

Die Feststellungen zur strafrechtlichen Verurteilung des BF ergeben sich aus dem Urteil eines Landesgerichtes vom 04.09.2017.

 

Die Feststellung, wonach der BF zum Zeitpunkt der Asylantragstellung in Österreich noch minderjährig war, ergibt sich aus dem eingeholten Altersgutachten vom 21.04.2017.

 

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus den Angaben des BF und den vorgelegten ärztlichen Unterlagen (insbesondere aus dem ärztlichen Befundbericht vom 10.04.2017). Diesbezüglich wurde kein Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu tangieren.

 

Zahlreiche Unterlagen (vgl. oben S 4) belegen zwar, dass der BF den Aufenthalt in Österreich intensiv nützt, um sich rasch in die österreichische Gesellschaft zu integrieren. Trotzdem ergeben sich aus dem Verfahren keine Umstände für das Vorliegen einer entscheidungserheblichen Integration des BF in Österreich.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

 

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

 

Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen (zulässigen) Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht (vgl auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU ) verweist). Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005) offensteht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG 2005) gesetzt hat.

 

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459; 28.05.2009, 2008/19/1031). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (VwGH 28.05.2009, 2008/19/1031; 06.11.2009, 2008/19/0012). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011; 28.05.2009, 2008/19/1031). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (VwGH 15.03.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid (bzw. das Asylerkenntnis) erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 09.03.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).

 

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl (VwGH 15.03.2001, 99/20/0036; 15.03.2001, 99/20/0134). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 29.03.2001, 2000/20/0539; 17.03.2009, 2007/19/0459).

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 17.09.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256).

 

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinn ist die Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat nicht gewillt oder nicht in der Lage sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793).

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich im gegenständlichen Fall, dass die behauptete Furcht des BF, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht vorliegt. Sein Fluchtvorbringen war als unglaubwürdig zu beurteilen und außerdem stünde im Fall ethnischer Konflikte in Conakry jedenfalls eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.

 

Im Verfahren haben sich auch sonst keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen.

 

Die allgemeine Lage im Heimatstaat ist nicht dergestalt, dass bereits jedem, der sich dort aufhält, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste.

 

Auch aus der wirtschaftlich schlechten Lage in Guinea lässt sich für den BF eine Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht herleiten, denn eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellt nach ständiger Judikatur des VwGH keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar (vgl. VwGH 28.06.2005, 2002/01/0414). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.

 

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abzuweisen.

 

Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

 

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

 

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

 

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

 

Gemäß § 8 Abs. 3 und § 11 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Asylantrag auch in Bezug auf den subsidiären Schutz abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

 

Die Voraussetzungen dafür, einem Asylwerber gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 subsidiären Schutz zu gewähren, unterscheiden sich im Ergebnis nicht von jenen nach § 8 Abs. 1 AsylG 1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 in Verbindung mit § 57 Abs. 1 FrG (VwGH 19.02.2004, 99/20/0573; 28.06.2005, 2005/01/0080), weshalb zur Auslegung die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesen Bestimmungen herangezogen werden kann.

 

Nach dieser Rechtsprechung ist Voraussetzung für eine positive Entscheidung betreffend den subsidiären Schutz, dass eine konkrete, den Asylwerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 MRK gewährleisteten oder anderer in § 8 Abs. 1 AsylG 2005 erwähnter Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Landes in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinn des § 57 Abs. 1 FrG gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 08.06.2000, 99/20/0203; 17.09.2008, 2008/23/0588). Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 20.06.2002, 2002/18/0028; 06.11.2009, 2008/19/0174).

 

Der Asylwerber hat glaubhaft zu machen, dass er aktuell bedroht sei, dass die Bedrohung also im Fall seiner Abschiebung in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewendet werden kann. Gesichtspunkte der Zurechnung der Bedrohung im Zielstaat zu einem bestimmten "Verfolgersubjekt" sind nicht von Bedeutung; auf die Quelle der Gefahr im Zielstaat kommt es nicht an (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509; 22.08.2006, 2005/01/0718). Diese aktuelle Bedrohungssituation ist mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender Angaben darzutun, die durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden (VwGH 02.08.2000, 98/21/0461; 25.01.2001, 2001/20/0011). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

 

Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK wurde im vorliegenden Fall Folgendes erwogen:

 

Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Jedoch kann die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr rechnen muss, im Zielstaat einer dem Art. 3 widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 30; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 124-125).

 

Es ist auch ständige Rechtsprechung des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ; es hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers, etc. Das Leid, das sich aus einer natürlich auftretenden Krankheit ergibt, kann von Art. 3 EMRK erfasst sein, wenn es durch eine Behandlung - seien es Haftbedingungen, eine Ausweisung oder sonstige Maßnahmen - verschlimmert wird, für welche die Behörden verantwortlich gemacht werden können (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 29; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 134).

 

Im vorliegenden Fall liegen nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen keinerlei Umstände vor, welche eine Rückkehr des BF in den Herkunftsstaat als unzulässig erscheinen ließen, zumal in diesem Staat weder eine objektiv extreme Gefahrenlage in dem geschilderten Sinn noch eine konkrete Gefährdung des BF aus in seiner Person gelegenen Gründen zu befürchten ist. Es trifft zwar nach den Länderberichten zu, dass die Wirtschaftslage als ungünstig zu bezeichnen ist, doch kann im Sinn der maßgeblichen Rechtsprechung keineswegs von einer realen Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK für Rückkehrer schlechthin, etwa aufgrund eines landesweiten Bürgerkrieges oder einer Hungersnot, ausgegangen werden.

 

Aus dem Vorbringen des BF sowie aus den Länderberichten lässt sich insbesondere keineswegs eine reale Gefahr ableiten, dass etwa ein arbeitsfähiger Mann in diesem Staat keinerlei Existenzgrundlage vorfindet oder sonst einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein könnte. Demnach kann nicht davon ausgegangen werden, dass der BF, der arbeitsfähig ist, in Guinea in seiner Existenz bedroht wäre. Er hat jedenfalls wie jeder Rückkehrer auch die Möglichkeit, Unterstützung bei der Familie, Verwandten und Bekannten zu suchen.

 

Im Übrigen wird auf die in den Länderfeststellungen angeführten Rückkehr- und Reintegrationsprojekte verwiesen, um deren Teilnahme sich der BF für weitere Unterstützung bemühen könnte.

 

Das Vorliegen dermaßen akuter und schwerwiegender Erkrankungen, welche im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat allenfalls zu einer Überschreitung der hohen Eingriffsschwelle des Art. 3 EMRK führen könnten, wurde im Verfahren nicht dargelegt. Der BF hat vorgebracht, an XXXX zu leiden. Diesbezüglich wurde in dem vorgelegten ärztlichen Befundbericht vom 10.04.2017 ausgeführt, dass eine Abklärung betreffend XXXX XXXX eingeleitet worden sei. Anschließend sei eine Befundbesprechung vorgesehen, um zu differenzieren, ob es sich um einen Trägerstatus oder eine chronische behandlungsbedürftige Infektion handle. Zudem wurde dem BF eine Kontrolle der Leber nach 3 und 6 Monaten empfohlen. Bei Anstieg der Leberwerte ohne Ansteigen bei HBV-DNA, wäre eine Therapie zu überlegen. Obwohl der BF in der Einvernahme vom 20.09.2017 aufgefordert wurde, innerhalb der nächsten drei Wochen aktuelle Unterlagen zu seinem Gesundheitszustand vorzulegen, langten bis heute keine weiteren ärztlichen Schreiben beim erkennenden Gericht ein. Aus dem Akteninhalt ergeben sich jedenfalls keine Hinweise auf akute medizinische Notfälle oder auf die Notwendigkeit einer stationären Spitalsbehandlung des BF, woraus ein Rückschluss auf einen stabilen Krankheitszustand zulässig ist. Der BF gab in der mündlichen Verhandlung nunmehr an, dass er seit Dezember 2017 bei einem psychosozialen Dienst in Therapie sei und ihm Medikamente verschrieben wurden, die er bei Bedarf einnehmen soll.

 

Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und jener des Verfassungsgerichtshofes hat auch - aus dem Blickwinkel des Art. 3 EMRK - im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden; dies selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich und kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gäbe (siehe VfSlg. 18.407/2008; nach diesen Kriterien hat auch der Verwaltungsgerichtshof wiederholt beurteilt, ob die Abschiebung eines Kranken zulässig ist - vgl. dazu etwa VwGH 10.12.2009, 2008/19/0809 ua. und VwGH 28.04.2010, 2008/19/0139 ua.).

 

Es sind weiters keine Umstände amtsbekannt, dass in Guinea aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Art. 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, ist die Situation in Guinea auch nicht dergestalt, dass eine Rückkehr des BF für diesen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

 

Letztlich stellen sich also die Gefahren in Guinea in hohem Maße als spekulativ dar. Im Sinn der maßgeblichen Rechtsprechung kann nicht von einer realen Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK ausgegangen werden, sodass die Voraussetzungen für die Gewährung des subsidiären Schutzes nicht vorliegen. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides war daher vor diesem Hintergrund gem. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

 

Zu Spruchpunkt III., IV. und V. des angefochtenen Bescheides:

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird.

 

Vorerst wird festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 nicht vorliegen, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd § 57 Abs. 1 Z 3 FPG wurde.

 

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist.

 

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

 

"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

 

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

 

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

 

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

 

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

 

4. der Grad der Integration,

 

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

 

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

 

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

 

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

 

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

 

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl.I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

 

Zu einer möglichen Verletzung von Art. 7 GRC bzw. Art. 8 EMRK wurde im vorliegenden Fall erwogen:

 

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

 

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

 

Bei dieser Interessenabwägung sind zu berücksichtigen die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung, die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die näheren Umstände der Zumutbarkeit der Übersiedlung des Partners in das Heimatland des Beschwerdeführers sowie die Frage, inwieweit die Dauer des Asylverfahrens dem Beschwerdeführer anzulasten ist (EGMR 12.01.2010, 47486/06, A. W. Khan, RN 39; 24.11.2009, 1820/08, Omojudi, RN 41;

VfGH 07.10.2010, B 950/10; 01.07.2009, U 992/08 und U 1104/08;

29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 bis 0219).

 

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

 

Die zeitliche Komponente spielt eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwH).

 

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

 

Die Interessensabwägung nach den Gesichtspunkten des Art. 8 Abs. 2 EMRK, insbesondere der öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen, führt im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass der Eingriff in das Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens als in einer demokratischen Gesellschaft notwendig und verhältnismäßig zu beurteilen ist.

 

Der BF verfügte zu keinem Zeitpunkt über einen regulären Aufenthaltstitel in Österreich, sondern stützte den Aufenthalt vielmehr nur auf das vorläufige Aufenthaltsrecht aufgrund des gegenständlichen unbegründeten Antrages auf internationalen Schutz. Ein schützenswertes Privat- oder Familienleben des BF wurde nicht dargelegt bzw. kam im Zuge des Verfahrens nicht hervor.

 

In Österreich befinden sich keine Familienangehörigen oder nahen Verwandten des BF. Es lebt lediglich ein Cousin in Österreich, zu dem der BF keinen näheren Kontakt hat.

 

Der BF verbrachte den Großteil seines Lebens im Herkunftsstaat. Er reiste im März 2017 illegal in Österreich ein und hielt sich nur aufgrund eines vorläufigen Aufenthaltsrechts als Asylwerber im österreichischen Bundesgebiet auf.

 

Der BF hat sein Aufenthaltsrecht in Österreich verloren, da er bereits einige Monate nach seiner Asylantragstellung in Österreich strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Am 04.09.2017 wurde der BF von einem Landesgericht wegen eines Suchtmitteldeliktes zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 Monaten bedingt nachgesehen für eine Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt.

 

Der BF spricht zwar schon akzeptabel Deutsch (A2-Niveau), besucht einen Vorbereitungskurs für den Pflichtschulabschluss und ist integrationswillig. Er wohnt in einer Asylunterkunft, lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Auch wenn er zeitweise ehrenamtlich tätig ist, war er in Österreich noch nicht erwerbstätig. Ein negativer Aspekt ist der Umstand, dass der BF während seines bisher kurzen Aufenthaltes in Österreich bereits straffällig geworden ist. Die strafgerichtliche Verurteilung des BF im Bereich der Suchtmittelkriminalität spricht jedenfalls gegen eine Integration seiner Person in Österreich.

 

Außerdem kann nach der oben angeführten Rechtsprechung des VwGH bei einer Aufenthaltsdauer von weniger als drei Jahren, trotz Integrationswilligkeit, von einem schützenswerten Privatleben in Österreich nicht ausgegangen werden.

 

Trotz seiner Integrationsfortschritte liegt somit entscheidungserhebliche individuelle Integration des BF in Österreich nicht vor.

 

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

 

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen liegen ebenfalls nicht vor.

 

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

 

Nach § 50 Abs. 1 FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

 

Nach § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG 2005).

 

Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

 

Die Zulässigkeit der Abschiebung des BF in seinen Herkunftsstaat ist gegeben, da den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz zugrunde liegenden Feststellungen zufolge keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

 

Zu Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides:

 

Gemäß § 13 Abs. 1 AsylG ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechts (Absatz 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt.

 

Gemäß § 13 Abs. 2 AsylG verliert ein Asylwerber sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet, wenn

 

1. dieser straffällig geworden ist (§ 2 Absatz 3);

 

2. gegen den Asylwerber wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die nur vorsätzlich begangen werden kann, eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft eingebracht worden ist;

 

3. gegen den Asylwerber Untersuchungshaft verhängt wurde (§§ 173 ff StPO) oder

 

4. der Asylwerber bei der Begehung eines Verbrechens (§17 StGB) auf frischer Tat betreten worden ist.

 

Wird der Asylwerber in den Fällen der Ziffer 2 bis 4 freigesprochen, tritt die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung der Straftat zurück oder wird das Strafverfahren eingestellt, lebt das Aufenthaltsrecht rückwirkend mit dem Tag des Verlustes wieder auf.

 

Gemäß § 13 Abs. 4 AsylG hat das Bundesamt im verfahrensabschließenden Bescheid über den Verlust des Aufenthaltsrechts abzusprechen.

 

§ 2 Abs. 3 AsylG 2005 besagt, dass ein Fremder im Sinne dieses Bundesgesetzes straffällig geworden ist, wenn er

 

1. wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt, oder

 

2. mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist

 

rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Der BF hat gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG sein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Abs. 1 AsylG ex lege durch die rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 Monate bedingt nachgesehen für eine Probezeit von drei Jahren, verloren. Somit war der Verlust des Aufenthaltsrechts, welcher dem BF mit Verfahrensanordnung vom 20.09.2017 mitgeteilt wurde, rechtmäßig.

 

Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides:

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG bezüglich eines Einreiseverbotes lauten:

 

"§ 53 (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

 

(Anm.: Abs. la aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

 

(2) ...

 

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

 

1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

 

...

 

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

 

..."

 

Nach dieser Rechtslage setzt also die Erlassung des verhängten, mit einer Rückkehrentscheidung zu verbindenden Einreiseverbotes gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 FPG voraus, dass bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen stelle eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar. Als bestimmte, eine solche Gefährdung indizierende Tatsache hat nach der Z 1 des § 53 Abs. 3 FPG insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Bei der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289; 24.03.2015, Ra 2014/21/0049).

 

Bei der Entscheidung betreffend die Verhängung eines Einreiseverbots ist - abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Fremden - darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237). Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen, wobei im Allgemeinen auch der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen einer mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt (VwGH 16.10.2014, Ra 2014/21/0039). Darüber hinaus ist bei der Entscheidung über die Dauer des Einreiseverbots auch auf die privaten und familiären Interessen des Fremden Bedacht zu nehmen (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0002).

 

Hinsichtlich der Dauer des Einreiseverbotes waren die zulässige Höchstdauer von zehn Jahren sowie die im gegenständlichen Fall tatsächlich verhängte Freiheitsstrafe, die teilweise bedingte Strafnachsicht sowie das Privat- und Familienleben zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat zu Recht beurteilt, dass die Erlassung eines Einreiseverbotes in der Dauer von drei Jahren gerechtfertigt und notwendig sei, um die vom BF ausgehende schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern.

 

Der BF wurde bereits wenige Monate nach seiner Asylantragstellung im österreichischen Bundesgebiet wegen eines Suchtmitteldeliktes zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten, davon 6 Monaten bedingt nachgesehen unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren, rechtskräftig verurteilt. Auch wenn er seine Tat bereut und sich nunmehr um Integration bemüht berührt dies gemäß der Rechtsprechung des VwGH die aus der Begehung eines Suchtgiftdeliktes abzuleitende Gefahr eines BF für die öffentliche Ordnung und Sicherheit (insbesondere die Gesundheit Dritter) wegen der besonderen Gefährlichkeit der Suchtmittelkriminalität ein Grundinteresse der Gesellschaft und könne im Hinblick darauf selbst die Gründung einer Familie sowie die berufliche und soziale Integration des Bf keinen ausreichenden Anlass dafür bieten, von einem Wegfall der Gründe auszugehen, die zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes geführt haben (VwGH vom 22.05.2007, Zl. 2006/21/0115). Im Hinblick auf die "verheerende Wirkung von Drogen auf das Leben von Menschen" gab auch der EGMR wiederholt sein Verständnis für die Bestimmtheit der Mitgliedstaaten im Vorgehen gegenüber Personen, die an der Verbreitung von Drogen aktiv mitwirken, zum Ausdruck (vgl. EGMR, 19.02.1998, Dalia gegen Frankreich, Nr. 154/1996/773/974; EGMR vom 30.11.1999, Baghli gegen Frankreich, Nr. 34374/97). Die Argumentation in der Beschwerde das ausgesprochene Einreiseverbot stütze sich lediglich auf die Verurteilung des BF auf eine bedingte Haftstrafe, er sei seit seiner Verurteilung nicht mehr straffällig geworden und unter Berücksichtigung einer Gefährlichkeitsprognose sowie der Rechtsprechung sei die Erlassung eines Einreiseverbots weder gerechtfertigt noch notwendig, wird diesbezüglich nicht geteilt.

 

Auf Grund des durch geführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich das erlassene Einreiseverbot somit dem Grunde und der Höhe nach als gerechtfertigt.

 

Zu Spruchpunkt VIII. des angefochtenen Bescheides:

 

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

 

Da derartige besondere Umstände vom BF nicht behauptet und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

 

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

 

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

 

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten der angefochtenen Bescheide wiedergegeben.

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