OGH Bsw39954/08; Bsw40660/08 (RS0129575)

OGHBsw39954/08; Bsw40660/0819.4.2023

Rechtssatz

Wo die Meinungsäußerungsfreiheit gegen das Recht auf Achtung des Privatlebens abzuwägen ist, sind folgende Kriterien ausschlaggebend: Zunächst ist nach dem Beitrag zu fragen, den die Fotos oder Artikel zu einer Debatte von allgemeinem Interesse leisten. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Rolle oder Funktion der betroffenen Person und die Art der Aktivitäten, über die berichtet wird. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Privatpersonen und Personen, die wie Politiker oder Personen des öffentlichen Lebens in einem öffentlichen Kontext handeln. Das Verhalten der Person vor der Veröffentlichung des Berichts ist ein weiterer Faktor. Dabei kann jedoch die bloße Tatsache einer Zusammenarbeit mit der Presse bei früheren Gelegenheiten nicht als Argument dafür verwendet werden, die betroffene Person jeglichen Schutzes vor der Veröffentlichung des umstrittenen Artikels oder Fotos zu berauben. Weitere zu berücksichtigende Faktoren sind die Art und Weise, wie die Informationen erlangt wurden, sowie ihr Wahrheitsgehalt. Die Art und Weise, wie der Bericht veröffentlicht und wie die Person darin dargestellt wird, kann ebenfalls ein relevanter Faktor sein. Schließlich ist auch die Art und Schwere der verhängten Sanktionen bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in die Meinungsäußerungsfreiheit zu berücksichtigen.

Normen

MRK Art10 IV4a
MRK Art10 IV4b
MRK Art8 IV3e

Bsw 39954/08AUSL07.02.2012

Bemerkung: Axel Springer AG gg. Deutschland (T1)<br/>Beisatz: Die Öffentlichkeit hat grundsätzlich ein Interesse daran, über Strafverfahren informiert zu werden, solange die Unschuldsvermutung strikt beachtet wird. Dieses Interesse variiert jedoch insofern, als es sich im Lauf des Prozesses abhängig von verschiedenen Faktoren entwickeln kann, wie dem Bekanntheitsgrad der betroffenen Person, den Umständen des Falls und den weiteren Entwicklungen während des Verfahrens. (T2); Veröff: NL 2012,42

Bsw 40660/08EGMR07.02.2012

Beisatz: Hier: Verhältnismäßigkeit der Berichterstattung über den Gesundheitszustand des regierenden Fürsten von Monaco und den Umgang seiner Kinder mit seiner Krankheit, die sich im Schiurlaub befanden und dort fotografiert wurden. Die betreffenden Fotos trugen zumindest zu einem gewissen Grad zu einer Debatte von allgemeinem Interesse bei, betrafen Personen des öffentlichen Lebens und kamen nicht unter ungünstigen Umständen zustande. Die nationalen Gerichte wogen das Recht der Verlage auf Meinungsäußerungsfreiheit sorgfältig gegen das Recht der Bf. auf Achtung ihres Privatlebens ab. (Von Hannover gg. Deutschland (Nr. 2) (T3)<br/>Veröff: NL 2012,45

Bsw 51151/06EGMR04.12.2012

Auch; Veröff: NL 2012,390

Bsw 8772/10EGMR19.09.2013

Auch; Beisatz: Personen des öffentlichen Lebens können nicht auf die gleiche Weise Anspruch auf einen Schutz ihres Privatlebens erheben wie der Öffentlichkeit unbekannte Privatpersonen. (Von Hannover gg. Deutschland [Nr 3]) (T4)<br/>Veröff: NL 2013,322

Bsw 26547/07EGMR10.10.2013

Auch; Veröff: NL 2013,344

Bsw 73579/10EGMR14.01.2014

Vgl auch; Beis wie T4; Beisatz: Hier: Verurteilung der ehemaligen Geliebten des Premierministers wegen Veröffentlichung eines Buches, in dem Intimitäten enthüllt wurden. (Ruusunen gg. Finnland) (T5)<br/>Veröff: NL 2014,48

Bsw 40454/07EGMR12.06.2014

Auch; Beis wie T4; Beisatz: Hier: Verurteilung einer Zeitung zur Zahlung einer Entschädigung wegen Bericht über uneheliches Kind des Prinzen von Monaco. (Couderc und Hachette Filipacchi Associés gg. Frankreich) (T6)<br/>Veröff: NL 2014,230

Bsw 48311/10EGMR10.07.2014

Auch; Beisatz: Hier: Untersagung der Weiterverbreitung eines Artikels, in dem über die Bestellung des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Gerhard Schröder zum Aufsichtsratsvorsitzenden eines deutsch-russischen Gaskonsortiums berichtet und diese mit während seiner Amtszeit getroffenen Entscheidungen in Verbindung gebracht wurde. (Axel Springer AG gg. Deutschland [Nr 2]) (T7)<br/>Veröff: NL 2014,318

Bsw 53495/09EGMR19.02.2015

Veröff: NL 2015,53

Bsw 21830/09EGMR24.02.2015

Auch; Veröff: NL 2015,57

4 Ob 69/18bOGH23.08.2018

Vgl

6 Ob 98/18gOGH31.08.2018
Bsw 40454/07EGMR10.11.2015

Auch; Bei swie T4; Beis wie T6<br/>Veröff: NL 2015,537

Bsw 55495/08EGMR12.01.2016

Auch; Veröff: NL 2016,50

Bsw 22947/13EGMR02.02.2016

Vgl auch; Veröff: NL 2016,62

Bsw 16313/10EGMR17.03.2016

Vgl auch; Beisatz: Hier: Veröffentlichung von Fotos der Kinder eines bekannten Fußballspielers im Zusammenhang mit Berichterstattung über dessen Eheprobleme. (Kahn gg. Deutschland) (T8)<br/>Veröff: NL 2016,134

Bsw 56925/08EGMR29.03.2016

Auch; Veröff: NL 2016,152

Bsw 60818/10EGMR25.10.2016

Auch; Beis wie T2<br/>Veröff: NL 2016,449

6 Ob 52/20wOGH18.02.2021

Vgl

Bsw 55537/10EGMR02.05.2017

Vgl auch; Veröff: NL 2017,235

Bsw 22998/13EGMR06.06.2017

Ähnlich; Beisatz: Im Fall der Veröffentlichung von Informationen, die sich auch auf andere Personen wie insbesondere die Opfer einer Straftat beziehen, muss als zusätzliches Kriterium der Eingriff in das Privatleben dieser anderen Verfahrensparteien berücksichtigt werden. (Y. gg. die Schweiz) (T9)<br/>Beisatz: Hier: Veröffentlichung von vertraulichen Informationen aus einem gerichtlichen Untersuchungsakt über ein Strafverfahren wegen Pädophilie. (T10); Veröff: NL 2017,246

Bsw 17224/11EGMR27.06.2017

Vgl auch; nur: Wo die Meinungsäußerungsfreiheit gegen das Recht auf Achtung des Privatlebens abzuwägen ist, sind folgende Kriterien ausschlaggebend: der Beitrag, den die Fotos oder Artikel zu einer Debatte von allgemeinem Interesse leisten; die Rolle oder Funktion der betroffenen Person und die Art der Aktivitäten, über die berichtet wird; die Art und Weise, wie die Informationen erlangt wurden, sowie ihr Wahrheitsgehalt. Schließlich ist auch die Art und Schwere der verhängten Sanktionen bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs in die Meinungsäußerungsfreiheit zu berücksichtigen. (T11); Veröff: NL 2017,257

Bsw 931/13EGMR27.06.2017

Vgl auch; Beisatz: Die Veröffentlichung von allgemein zugänglichen Steuerdaten aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Katalogform sowie deren Verbreitung in SMS-Form auf Anfrage leistet keinen Beitrag zu einer Debatte von öffentlichem Interesse. (Satakunnan Markkinapörssi Oy und Satamedia Oy gg. Finnland [GK]) (T12); Veröff: 2017,264

Bsw 71233/13EGMR19.10.2017

nur: Wo die Meinungsäußerungsfreiheit gegen das Recht auf Achtung des Privatlebens abzuwägen ist, sind folgende Kriterien ausschlaggebend: Zunächst ist nach dem Beitrag zu fragen, den die Fotos oder Artikel zu einer Debatte von allgemeinem Interesse leisten. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Rolle oder Funktion der betroffenen Person und die Art der Aktivitäten, über die berichtet wird. Das Verhalten der Person vor der Veröffentlichung des Berichts ist ein weiterer Faktor. Weitere zu berücksichtigende Faktoren sind die Art und Weise, wie die Informationen erlangt wurden, sowie ihr Wahrheitsgehalt. Die Art und Weise, wie der Bericht veröffentlicht und wie die Person darin dargestellt wird, kann ebenfalls ein relevanter Faktor sein. (T13)<br/>Beis wie T4; Veröff: NL 2017,442

Bsw 51405/12EGMR21.09.2017

nur: Wo die Meinungsäußerungsfreiheit gegen das Recht auf Achtung des Privatlebens abzuwägen ist, sind folgende Kriterien ausschlaggebend: Zunächst ist nach dem Beitrag zu fragen, den die Fotos oder Artikel zu einer Debatte von allgemeinem Interesse leisten. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Rolle oder Funktion der betroffenen Person. Weitere zu berücksichtigende Faktoren sind die Art und Weise, wie die Informationen erlangt wurden. Die Art und Weise, wie der Bericht veröffentlicht und wie die Person darin dargestellt wird, kann ebenfalls ein relevanter Faktor sein. (T14)<br/>Beisatz: Im Fall der Berichterstattung über ein Strafverfahren sind auch der mögliche Einfluss auf dieses sowie die Umstände zu berücksichtigen, unter denen die veröffentlichten Fotos gemacht wurden. (Axel Springer SE und RTL Television GmbH gg. Deutschland) (T15); Veröff: NL 2017,445

Bsw 35030/13EGMR19.10.2017

nur T13; Beis wie T4; Veröff: NL 2017,453

Bsw 24703/15EGMR07.11.2017

nur: Wo die Meinungsäußerungsfreiheit gegen das Recht auf Achtung des Privatlebens abzuwägen ist, sind folgende Kriterien ausschlaggebend: Zunächst ist nach dem Beitrag zu fragen, den die Fotos oder Artikel zu einer Debatte von allgemeinem Interesse leisten. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist die Rolle oder Funktion der betroffenen Person und die Art der Aktivitäten, über die berichtet wird. Weitere zu berücksichtigende Faktoren sind die Art und Weise, wie die Informationen erlangt wurden, sowie ihr Wahrheitsgehalt. (T16), Veröff: NL 2017,546

Bsw 18597/13EGMR09.01.2018

Auch

15 Os 109/21zOGH22.06.2022

Vgl

15 Os 41/22aOGH18.10.2022

Vgl

Bsw 60798/10EGMR28.06.2018

Auch; Beis wie T2; nur: Die Öffentlichkeit hat grundsätzlich ein Interesse daran, über Strafverfahren informiert zu werden. (T17); Veröff: NL 2018,257<br/>

15 Os 18/23wOGH19.04.2023

vgl; Beisatz: Im Fall konfligierender Grundrechte, hier des Rechts des Antragstellers auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art 8 Abs 1 MRK einerseits und des Rechts der Antragsgegnerin auf Freiheit der Meinungsäußerung nach Art 10 Abs 1 MRK andererseits, ist eine Interessenabwägung nach den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte dazu entwickelten Kriterien vorzunehmen: Maßgeblich sind demnach der Beitrag der Veröffentlichung zu einer Debatte von allgemeinem Interesse, die Rolle oder Funktion der betroffenen Person, der Gegenstand der Berichterstattung, das frühere Verhalten der Person, Inhalt und Form der Veröffentlichung, die Art und Weise, wie die Information erlangt wurde, sowie deren Wahrheitsgehalt. (T18)

Bsw 26922/14AUSL20.11.2018

vgl<br/>Anm: Veröff: NL 2018,537

Bsw 37898/17AUSL23.04.2019

vgl<br/>Anm: Veröff: NL 2019,213

Bsw 11436/06AUSL07.05.2019

vgl

Dokumentnummer

JJR_20120207_AUSL000_000BSW39954_0800000_003