OGH 10ObS101/97v (RS0107442)

OGH10ObS101/97v15.4.1997

Rechtssatz

Die dauernde Beaufsichtigung eines Pflegebedürftigen wird vor allem dann erforderlich sein, wenn im Einzelfall besonders häufig und/oder besonders dringend (zum Beispiel wegen sonstiger Selbstgefährdung) ein Bedarf nach fremder Hilfe auftritt; dieser Gesichtspunkt wird auch den Ausschlag für die Einstufung von körperlich Behinderten in Stufe 6 geben müssen, weil dieser Personengruppe ganz offenbar ebenfalls ein Zugang zur zweithöchsten Pflegegeldstufe ermöglicht werden soll. Nach den Richtlinien des Hauptverbandes für die einheitliche Anwendung des BPGG nach § 31 Abs 5 Z 23 ASVG, SoSi 1994, 686 - Amtl Verlautbarung 120/1994, die allerdings für Gerichte nicht bindend sind, wird ein dem Erfordernis dauernder Beaufsichtigung gleichzuachtender Zustand dann angenommen, wenn eine intensive, zeitlich unkoordinierbare Pflegeleistung beim immobilen oder mobilen Pflegebedürftigen zu erbringen ist (§ 17 Abs 2 Z 3 lit b dieser Richtlinien). Diese Umschreibung der Erfordernisse für eine Einstufung in die Stufe 6 deckt sich im wesentlichen mit der Auffassung des Obersten Gerichtshofes.

Bem: Beisätze T6 und T15 nun als eigene Rechtssatzkette in RS0122864.

 

Normen

BPGG §4 Abs2 F1
BPGG §4 Abs2 F2b
RL des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger für die einheitliche Anwendung des BPGG §17 Abs2 Z3 litb

10 ObS 101/97vOGH15.04.1997
10 ObS 86/97pOGH15.04.1997

Beisatz: Lässt sich die Betreuung eines Pflegebedürftigen (zeitlich wie inhaltlich) strukturieren und standardisieren, im Tagesablauf vorausplanen und gelegentlich auch hievon abweichen und kann der Pflegebedürftige über kurze Zeiten allein gelassen werden, fallweise sogar über die Nacht, so ist das Erfordernis einer intensiven, zeitlich unkoordinierbaren Pflegeleistung und damit die Voraussetzung für die Pflegegeldstufe 6 nicht erfüllt. (T1); Beisatz: Hier: Oberösterreichisches Pflegegeldgesetz (T2)

10 ObS 183/97bOGH08.07.1997

Ähnlich; Beisatz: Kann durch Unterbringung im Bett die Gefahr für einen im Rollstuhl sitzenden, einer willentlichen Zustimmungserklärung nicht befähigten Behinderten (hinsichtlich Selbstgefährdung durch Sturz beziehungsweise Umfallen) während der (kurzfristigen) Abwesenheiten seiner Betreuungsperson ausgeschaltet werden, so bestehen keine Bedenken, dass auf diese Weise die körperliche Integrität auch ohne ständige Anwesenheit einer Betreuungsperson sichergestellt werden kann, was im Ergebnis auf eine Abweisung des Erhöhungsbegehrens über die Pflegegeldstufe 5 hinausläuft. (T3) Veröff: SZ 70/130

10 ObS 339/97vOGH04.11.1997

Vgl auch; Beisatz: Reicht es untertags aus, wenn stündlich beim Pflegebedürftigen Nachschau gehalten wird, so ist während des größten Teiles eines 24-Stundentages die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson nicht notwendig. Dass nur während der Nacht ständig jemand im Haus rufbereit sein muß, erfüllt die Voraussetzungen für den Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 6 nicht. (T4)

10 ObS 377/97gOGH20.01.1998

Beis ähnlich wie T1

10 ObS 33/98wOGH27.01.1998

Beis ähnlich wie T1

10 ObS 164/98kOGH19.05.1998
10 ObS 238/98tOGH16.07.1998
10 ObS 372/97xOGH09.02.1999

nur: Die dauernde Beaufsichtigung eines Pflegebedürftigen wird vor allem dann erforderlich sein, wenn im Einzelfall besonders häufig und/oder besonders dringend (zum Beispiel wegen sonstiger Selbstgefährdung) ein Bedarf nach fremder Hilfe auftritt. (T5); Beisatz: Ob das Erfordernis einer dauernden Beaufsichtigung besteht, ist eine Rechtsfrage. (T6); Beisatz: Die Anbringung eines niederen Steckgitters am Bett ist eine zulässige Maßnahme, um eine geistig verwirrte, mobilitätsbehinderte Person am Verlassen des Bettes zu hindern und deren Sturzgefahr hintanzuhalten, und macht das Erfordernis der dauernden Beaufsichtigung durch eine Betreuungsperson entbehrlich. (T7); Veröff: SZ 72/21

10 ObS 420/98gOGH09.02.1999

Beis wie T6

10 ObS 425/98tOGH18.02.1999

Beisatz: Ab 1. 1. 1999 sind die Bestimmungen des BPGG in der novellierten Fassung BGBl I 1998/111 anzuwenden. Die neue Einstufungsverordnung BGBl II 1999/37 ist mit 1. 2. 1999 in Kraft getreten, die alte EinstV wurde mit 31. 1. 1999 aufgehoben (§ 9 EinstV nF). Die gesetzlichen Neudefinitionen erfolgten in Anlehnung an die Judikatur des Obersten Gerichtshofes. (T8)

10 ObS 64/99fOGH01.06.1999

nur T5; Beis wie T6

10 ObS 368/99mOGH25.01.2000

nur T5; Beis wie T8

10 ObS 218/99bOGH18.04.2000

Vgl auch; Beis wie T3 nur: Kann durch Unterbringung im Bett die Gefahr für einen im Rollstuhl sitzenden, Behinderten (hinsichtlich Selbstgefährdung durch Sturz beziehungsweise Umfallen) während der (kurzfristigen) Abwesenheiten seiner Betreuungsperson ausgeschaltet werden, so bestehen keine Bedenken, dass auf diese Weise die körperliche Integrität auch ohne ständige Anwesenheit einer Betreuungsperson sichergestellt werden kann. (T9) Beisatz: § 4 Abs 2 Z 2 BPGG idF BGBl I 1998/111 ("dauernde Anwesenheit ..., weil ... Eigengefährdung oder Fremdgefährdung") entspricht trotz anderer Wortwahl dem Fall der "dauernden Beaufsichtigung oder einem gleichzuhaltenden Pflegeaufwand" nach der alten Rechtslage. (T10)

10 ObS 113/00sOGH23.05.2000

Vgl auch; Beis wie T1

10 ObS 135/00aOGH06.06.2000

nur T5; Beis wie T6; Beisatz: Zeitlich unkoordinierbare Pflegemaßnahmen sind etwa dann zu erbringen, wenn wegen einer Schlucklähmung regelmäßiges Absaugen oder Aufsetzen des Pflegebedürftigen erforderlich ist. Auch das Beruhigen oder Zurückbringen bei nächtlicher Verwirrtheit und Umtriebigkeit wird darunter zu verstehen sein. (T11)

10 ObS 4/01pOGH03.04.2001

nur T5; Beis wie T8; Beis wie T10

10 ObS 80/01iOGH24.04.2001

Vgl auch; nur: Die dauernde Beaufsichtigung eines Pflegebedürftigen wird vor allem dann erforderlich sein, wenn im Einzelfall besonders häufig und/oder besonders dringend (zB wegen sonstiger Selbstgefährdung) ein Bedarf nach fremder Hilfe auftritt; dieser Gesichtspunkt wird auch den Ausschlag für die Einstufung von körperlich Behinderten in Stufe 6 geben müssen, weil dieser Personengruppe ganz offenbar ebenfalls ein Zugang zur zweithöchsten Pflegegeldstufe ermöglicht werden soll. (T12) Beis wie T10; Beisatz: Das Erfordernis der ständigen Beaufsichtigung, kann nicht darauf aufgebaut werden, dass nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, das etwas passiert, gemeint dass etwas nur möglich ist - etwa dass wiederum ein Schlaganfall eintritt. Nicht einmal akute, aber nur seltene auftretende Anfälle, Psychosen etc reichen aus, um einen - ständigen - Bedarf an Betreuung und Hilfe zu rechtfertigen. (T13)

10 ObS 22/02mOGH16.04.2002

Vgl auch; Beisatz: Die bloße Möglichkeit, dass der Kläger wegen der Wirkung eines Medikaments rasch Hilfe für den Toilettengang benötigt, schließt es aber aus, dass diese Hilfestellung regelmäßig, insbesondere während der Nachtstunden, das heißt nahezu jede Nacht, tatsächlich erbracht werden muss, sodass keine zeitliche unkoordinierbaren Betreuungsmaßnahmen im Sinne des § 7 EinstV gegeben sind. (T14)

10 ObS 82/02kOGH28.05.2002

Auch; nur T5; Beis wie T10; Beisatz: Ob das Erfordernis einer dauernden Beaufsichtigung oder eines gleich zu achtenden Pflegeaufwandes besteht, ist keine Tatfrage, sondern eine Rechtsfrage, die ausgehend von den Feststellungen über die Bedürfnisse des Betroffenen im konkreten Fall zu beurteilen ist. (T15) Beisatz: Zeitlich unkoordinierbare Pflegemaßnahmen liegen dann vor, wenn ein im Vorhinein festgelegter Pflegeplan nicht eingehalten werden kann und auch regelmäßig während der Nachtstunden, dh nahezu jede Nacht, tatsächlich (unkoordinierbare) Betreuungsmaßnahmen erbracht werden müssen. (T16); Beis wie T11; Beisatz: Eine dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson ist nur dann notwendig, wenn eine Gefahr der Eigengefährdung oder Fremdgefährdung wahrscheinlich ist. Die alleinige Möglichkeit einer derartigen Situation reicht nicht aus. (T17)

10 ObS 399/01aOGH14.05.2002

Auch; nur T5; Beis wie T3; Beis wie T9; Beisatz: Eine derartige, im Pflegealltag zum Wohl des Betreuten erforderliche kurzfristige Maßnahme wäre damit auch nach geltender Rechtslage nicht als Freiheitsbeschränkung zu qualifizieren. (T18) Beisatz: Die Voraussetzungen liegen dann vor, wenn die weitgehend permanente Anwesenheit einer Pflegeperson im Wohnbereich beziehungsweise in unmittelbarer Nähe des Pflegebedürftigen notwendig ist. (T19) Beis wie T6; Beis wie T10; Beis wie T15

10 ObS 108/02hOGH28.05.2002

Vgl auch; Beisatz: Sowohl § 4 Abs 2 Stufe 5 (iVm § 6 EinstV) als auch § 4 Abs 2 Stufe 6 Z 1 BPGG (iVm 7 EinstV) stellen auf das Fehlen einer Koordinierungsmöglichkeit ab; andernfalls wäre die "dauernde Bereitschaft" einer Pflegeperson im Fall der Stufe5 nicht erforderlich. Von den qualitativen Anforderungen geht jedoch die Stufe 6 insofern über die Stufe 5 hinaus, als bei Stufe 6 ausdrücklich auch auf die Nachtstunden sowie die Unverzüglichkeit der Maßnahme abgestellt wird. (T20)

10 ObS 374/02aOGH26.11.2002

Vgl auch; Beisatz: Die Annahme des Erfordernisses zeitlich unkoordinierbarer Betreuungsmaßnahmen und damit der Notwendigkeit der dauernden Anwesenheit einer Pflegeperson ist nicht gerechtfertigt, wenn die pflegebedürftige Person in der Lage ist, bei Bedarf mit Hilfe einer Rufvorrichtung (Alarmglocke) eine Betreuungsperson herbeizurufen und das (regelmäßige) Umbetten der Klägerin gegen Wundliegen nicht unkoordinierbar ist. (T21)

10 ObS 210/02hOGH22.10.2002

Vgl auch; Beis wie T20 nur: Sowohl § 4 Abs 2 Stufe 5 (iVm § 6 EinstV) als auch § 4 Abs 2 Stufe 6 Z 1 BPGG (iVm § 7 EinstV) stellen auf das Fehlen einer Koordinierungsmöglichkeit ab. (T22); Beis ähnlich wie T13 nur: Das Erfordernis der ständigen Beaufsichtigung, kann nicht darauf aufgebaut werden, dass nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann, das etwas passiert. (T23); Beisatz: Hier: Erfordernis der dauernden Bereitschaft. (T24)

10 ObS 170/04dOGH09.11.2004

Vgl auch; Beis wie T13; Beis wie T23

10 ObS 26/06fOGH07.03.2006

Vgl auch; Beis wie T21; Beisatz: Nun ist verständlich, dass ein Umlagern alle zwei Stunden auch in der Nacht mit einer intensiven Belastung der betreuenden Person einhergeht. Dies rechtfertigt aber nur ein Pflegegeld der Stufe 5 („außergewöhnlicher Pflegeaufwand"), solange die Betreuungsnotwendigkeit in mehr oder minder regelmäßigen Abständen auftritt, die voneinander noch in (hier) Zweistundenintervallen getrennt sind. (T25)

10 ObS 42/06hOGH27.06.2006

Vgl auch; Beis wie T16; Beis wie T23; Beisatz: Das Kriterium der „Regelmäßigkeit" bezieht sich nicht auf genau vorhersehbare Intervalle, bestünde doch sonst ein unüberbrückbarer Widerspruch zur Unkoordinierbarkeit. (T26)

10 ObS 39/06tOGH17.08.2006

Vgl auch; Beisatz: Die Möglichkeit der zeitlichen Koordination der Pflegeleistungen lässt einen Anspruch auf Pflegegeld der Stufe 5 nicht scheitern, wenn eine Nachschau in relativ kurzen Zeitabständen erforderlich ist. (T27)

10 ObS 137/07fOGH27.11.2007

Auch; Beis wie T6; Beis wie T15; Beis wie T17; Veröff: SZ 2007/185

10 ObS 33/16zOGH10.05.2016

Vgl auch; Beis ähnlich wie T14; Beis ähnlich wie T16

Dokumentnummer

JJR_19970415_OGH0002_010OBS00101_97V0000_001

Stichworte