OGH 8Ob109/23x

OGH8Ob109/23x13.12.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn und die Hofräte Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A* S*, und 2. J* S*, beide vertreten durch die Poduschka Partner Anwaltsgesellschaft mbH in Linz, gegen die beklagte Partei F* S.p.A, *, vertreten durch die bpv Hügel Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 31.431 EUR sA und Feststellung, über die Revisionen der klagenden Parteien und der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 13. Juli 2023, GZ 1 R 99/23v‑26.1, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 21. April 2023, GZ 36 Cg 91/22t‑21, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0080OB00109.23X.1213.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 1.260,49 EUR (darin  227,30 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 1.863,53 EUR (darin 310,53 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Die Kläger schlossen am 29. 9. 2017 mit der C* GmbH einen Kaufvertrag über ein Wohnmobil der Marke C*. Der vereinbarte Kaufpreis betrug 109.218 EUR. Die Verkäuferin gewährte den Klägern einen Sondernachlass von 8.920 EUR, sodass sich der „Barzahlungspreis“ auf 100.298 EUR belief. Als Anzahlung waren 15.699 EUR vereinbart. Der Kaufpreisrest von 84.599 EUR sollte bei Übergabe des Fahrzeugs fällig werden. Als unverbindlichen Liefertermin hielten die Vertragsparteien Ende April/Anfang Mai 2018 fest.

[2] Bereits vor Unterfertigung des Kaufvertrags stand für die Kläger fest, dass die Finanzierung des Fahrzeugs durch einen Leasingvertrag mit der W* GmbH erfolgen sollte. Da der Erstkläger Versicherungsmakler ist, erhielt er nämlich günstige „Mitarbeiterkonditionen“. Nur weil für den Leasingvertrag die genauen Fahrzeugdaten und der Kaufpreis bekannt sein mussten, schlossen die Kläger den Leasingvertrag erst nach dem Kaufvertrag. Der mittels Leasings finanzierte Kaufpreis betrug 104.770 EUR.

[3] Die Beklagte ist die Herstellerin von Fahrzeugen der Marke F* D*. Ein solches Fahrzeug ist das „Basisfahrzeug“ des Wohnmobils. Darin ist ein Dieselmotor mit der Typ‑Bezeichnung F1* verbaut. Dieser hat eine Leistung von 110 kW und ein Hubraumvolumen von 2,3 Litern. Er unterliegt der Abgasnorm Euro 6b.

[4] Die Kläger begehrten mit ihrer Schadenersatzklage Zahlung von 31.431 EUR samt näher genannter Zinsen und die Feststellung, dass die Beklagte für jeden Schaden hafte, welcher ihnen „aus dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung im Motor des Typs F1* des Wohnmobils C* mit der Fahrgestellnummer Z* zukünftig entsteht“. Es liege eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der Verordnung (EU) 715/2007 vor. Hätten sie bereits zum Zeitpunkt des Ankaufs davon gewusst, hätten sie um den Klagebetrag (30 % von 104.770 EUR) weniger bezahlt. Dieser Betrag entspreche dem Verkehrswert bei Kenntnis der unzulässigen Abschalteinrichtung und dem damit verbundenem Risiko eines möglichen Verlusts der Typengenehmigung.

[5] Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Sie bestritt insbesondere das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung. Jedenfalls sei ihr Standpunkt bei der Fahrzeugherstellung, die vorliegende Abschalteinrichtung (Thermofenster) sei zulässig gewesen, ein nicht schuldhafter Rechtsirrtum gewesen. Weiters wandte sie Verjährung ein und dass die Kläger erst 2022 das Fahrzeug in Kenntnis des Mangels kauften, weshalb die Klage unschlüssig sei.

[6] Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte im Wesentlichen den eingangs wiedergegebenen sowie den folgenden Sachverhalt fest:

[7] Die im Leasingvertrag vereinbarte Kaution in Höhe von 30.000 EUR zahlte der Kläger in zwei Raten direkt an den Verkäufer des Fahrzeugs, eine Rate bei Abschluss des Kaufvertrags und eine Rate bei Abholung des Fahrzeugs. Tatsächlich wurde das Fahrzeug im Juni 2018 ausgeliefert. Seither legten die Kläger mit dem Fahrzeug rund 28.000 km zurück. Im November 2022 beendeten sie den Leasingvertrag aufgrund des Anstiegs des Euribor‑Zinssatzes, der zu einer Verteuerung der monatlichen Leasingraten führte. Zu diesem Zeitpunkt waren ihnen bereits sämtliche Vorwürfe gegen die Beklagte im Zusammenhang mit allfälligen unzulässigen Abschalteinrichtungen bekannt. Dennoch kauften sie das Fahrzeug, ohne hiezu aufgrund des geschlossenen Leasingvertrags dazu verpflichtet zu sein; der Kaufpreis belief sich auf 46.000 EUR.

[8] Das streitgegenständliche Fahrzeug der Marke F* D* hält den EU 6b‑Grenzwert von 125 mg NOx/km beim NEFZ‑Test ein, den überwiegenden Zeitraum eines Jahres jedoch nicht. Er ist mit einer temperaturabhängig gesteuerten Abgasrückführung ausgestattet, welche die Abgasrückführung unter 20 °C Umgebungs‑ bzw Außentemperatur reduziert.

[9] Wäre am 29. 9. 2017 bekannt gewesen, dass im Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist, so wäre die fiktive Wertminderung bei etwa 10 % gelegen, aber nur unter der Voraussetzung, dass es binnen einer angemessenen Frist ein geprüftes, verordnungskonforms Softwareupdate geben wird. Ohne ein solches wäre die fiktive Wertminderung bei 20 bis 30 % anzusetzen, bei Entzug der Typengenehmigung mit 50 %.

[10] Rechtlich begründete das Erstgericht die Klageabweisung damit, die Kläger seien mangels Modus vor November 2022 nie Eigentümer des Fahrzeugs geworden. Vielmehr hätten sie nach Punkt 3 der Allgemeinen Vertragsbedingungen das Fahrzeug im Namen der Leasinggeberin zum Zweck deren Eigentumserwerbs übernommen. Es erschließe sich daher nicht, inwieweit sie aus Nichtkenntnis des behaupteten Mangels des Fahrzeugs einen Schaden gehabt hätten. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags und erstmaligen Eigentumserwerbs im Herbst 2022 hätten sie von den Vorwürfen gegen die Beklagte bereits gewusst. Inwieweit ein Schaden infolge überhöhter Leasingraten oder auch wegen eines überhöhten Kaufpreises im Zeitpunkt 29. 9. 2017 vorgelegen sein soll, bleibe im Dunkeln.

[11] Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es die Beklagte zu einem Schadenersatz in Höhe von 20.954 EUR (= 20 % von 104.770 EUR) samt näher genannter Zinsen verpflichtete, im Übrigen – somit in Hinsicht auf das Zahlungsmehrbegehren von 10.477 EUR samt Zinsen und das (mit 2.000 EUR bewertete) Feststellungsbegehren – aber die Klageabweisung bestätigte. Rechtlich führte das Berufungsgericht unter Verweis auf die Entscheidung 2 Ob 172/22s aus, dass die Kläger – sei es aufgrund der Annahme einer bloßen Schadensverlagerung oder eines originären Anspruchs – schon aufgrund des Leasingvertrags grundsätzlich zur Geltendmachung eines aus einem Substanzeingriff resultierenden Schadens („Substanzschadens“) aktiv klagslegitimiert wären. Vor diesem Hintergrund hätten sie mit ihrem Vorbringen, sie hätten bei Kenntnis der behaupteten „Manipulationen“ um 30 % weniger bezahlt, einen Schaden schlüssig dargestellt. Einen solchen bejahte das Berufungsgericht wegen Vorliegens einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne der Verordnung (EG) 715/2007 . Eine solche sei nämlich sowohl unter Zugrundelegung der von der Beklagten in der Berufungsbeantwortung angestrebten Feststellung „Der streitgegenständliche F* D* hält den EU 6b Grenzwert von 125 mg/km NOx beim NEFZ‑Test ein, ab welcher Temperatur (Umgebungstemperatur) genau ausgerampt wird, kann nicht festgestellt werden.“ als auch der damit bekämpften Feststellungen des Erstgerichts, dass das Fahrzeug zwar beim NEFZ‑Test, nicht aber den überwiegenden Zeitraum eines Jahres den EU 6b Grenzwert von 125 mg/km NOx einhalte und es mit einer temperaturabhängig gesteuerten Abgasrückführung ausgestattet sei, welche die Abgasrückführung unter 20 °C Umgebungs‑ bzw Außentemperatur reduziere, zu bejahen. Die von der Beklagten angestrebte Negativfeststellung führe nämlich in rechtlicher Hinsicht dazu, dass nicht beurteilt werden könne, ob die Abschalteinrichtung den überwiegenden Teil des Jahres aktiv sei oder nicht. Damit sei ihr der Beweis, dass das unstrittig vorliegende Thermofenster nicht schon aus diesem Grund unzulässig sei, misslungen, sodass von einer unzulässigen Abschalteinrichtung auszugehen sei. Dass in Österreich den überwiegenden Teil des Jahres Temperaturen von weniger als 20 °C herrschten, sei offenkundig.

[12] Das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung sei nicht nur rechtswidrig, der Beklagten falle hier auch Fahrlässigkeit zur Last. Einem Motorenhersteller, an den der Maßstab des § 1299 ABGB anzulegen sei, müsse aufgrund der unionsrechtlichen Normen von vornherein klar sein, dass eine nur ausnahmsweise zulässige Abschalteinrichtung nicht den überwiegenden Teil des Jahres aktiv sein dürfe. Es komme diesbezüglich weder darauf an, ob die zuständige Behörde von der Zulässigkeit der Abschalteinrichtung ausgegangen sei bzw nach wie vor ausgehe und bislang keinen Rückruf zur Beseitigung einer unzulässigen Emissionsstrategie angeordnet habe, noch dass ein sogenanntes „Thermofenster“ aus technischen Gründen von faktisch allen Fahrzeugherstellern verwendet werde. Aufgrund der insoweit eindeutigen unionsrechtlichen Vorgaben spiele es für das Verschulden auch keine Rolle, ob die Emissionsstrategie gegenüber der Behörde offengelegt und von dieser gebilligt worden sei.

[13] Dass ein mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattetes Fahrzeug nicht dem Willen der Kläger entsprochen habe, sei unstrittig. Deren Schaden liege im Erwerb einer nicht gewünschten Sache, die latent mit der Unsicherheit hinsichtlich der rechtlichen Nutzungsmöglichkeit behaftet sei. Weil auch noch keine Verjährung eingetreten sei – die Beklagte habe keine ausreichende Kenntnis der Kläger von Schaden und Schädiger mehr als drei Jahre vor der Einbringung der Klage am 16. 12. 2022 nachweisen können – hafte die Beklagte wegen schuldhafter Verletzung eines Schutzgesetzes, nämlich der VO 715/2007/EG , für den Schaden in Form des Erwerbs eines (ursprünglich) „überteuerten“ Fahrzeugs. Den Klägern sei aber nur der Beweis gelungen, dass sie 20 % des Kaufpreises weniger gezahlt hätten, sodass das Zahlungmehrbegehren abzuweisen sei, ebenso das Feststellungsbegehren, weil der Entzug der EG‑Typengenehmigung mit dem Abzug der Wertminderung bereits umfassend eingepreist sei.

[14] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, der Oberste Gerichtshof habe in der Entscheidung 1 Ob 146/22k die Beweislast für das Vorliegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung dem Kläger zugewiesen, aus der Entscheidung 10 Ob 44/19x ergebe sich jedoch, dass die Behauptungslast für Umstände, durch die eine Ausnahme vom Verbot der Abschalteinrichtung im Sinn des Art 5 Abs 2 VO (EG) 715/2007 in Betracht käme, den Hersteller treffe. Da sich die Behauptungs‑ und die Beweislast in aller Regel deckten, sei eine Klarstellung durch das Höchstgericht geboten.

[15] Gegen das Berufungsurteil richtet sich sowohl die Revision der Kläger als auch jene der Beklagten, mit denen jeweils die Abänderung in eine gänzliche Klagestattgebung bzw Klageabweisung angestrebt und hilfsweise ein Aufhebungs‑ und Zurückverweisungsantrag gestellt wird.

[16] In der jeweiligen Revisionsbeantwortung wird die Zurückweisung, hilfsweise die Abweisung des gegnerischen Rechtsmittels beantragt.

[17] Die Revisionen sind mangels einer Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

[18] Vorauszuschicken ist, dass das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen ist. Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt weg, wenn sie durch eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärt wurde (8 Ob 80/22f [Rz 18] mwN). Soweit im Zeitpunkt der Fällung dieser Entscheidung bereits durch Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eine Rechtsfrage geklärt ist, kann aus ihr die Zulässigkeit der Revision folglich nicht mehr abgeleitet werden.

I. Zur Revision der Kläger:

[19] I.1. Die Kläger schließen sich in ihrer Revision der bereits referierten Begründung des Berufungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision an.

[20] Der vom Berufungsgericht angenommene Widerspruch innerhalb der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs liegt nicht vor. In den Entscheidungen 1 Ob 149/22a (Rz 42 bis 46) und 6 Ob 155/22w (Rz 64 bis 68) wurde die Behauptungs‑ und Beweislast für das Vorliegen bzw Nichtvorliegen und die Zulässigkeit bzw Unzulässigkeit einer Abschalteinrichtung bereits erläutert: Auszugehen ist davon, dass nach Art 5 Abs 2 Satz 1 VO 715/2007/EG die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, grundsätzlich unzulässig ist, und dass davon Art 5 Abs 2 Satz 2 leg cit drei Ausnahmetatbestände normiert. Steht fest oder ist unstrittig, dass im Fahrzeug des Übernehmers eine (grundsätzlich verbotene) Abschalteinrichtung (hier: Thermofenster) verbaut ist, so trifft den Übergeber die Beweislast dafür, dass eine solche Einrichtung unter eine Verbotsausnahme fällt. Die sich in 1 Ob 146/22k (Rz 23) und 9 Ob 17/22y (Rz 15) findende Aussage, es treffe den Kläger (Fahrzeugerwerber) die Beweislast dafür, dass eine unzulässige Abschalteinrichtung vorliegt, ist lediglich eine komprimierte Kurzfassung.

[21] I.2. Die Kläger relevieren als ihres Erachtens weitere erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, „inwiefern der Zuspruch eines 20 prozentigen Minderwerts den Anforderungen der EuGH Judikatur (insbesondere EuGH C‑100/21 Rz 90) entspricht, wonach der Schadenersatzanspruch bei Verletzung der einschlägigen emissionsrechtlichen Vorschriften wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein muss“.

[22] Aufgrund der unionsrechtlichen Vorgaben, wonach die Sanktionen für Verstöße gegen die Vorschriften der VO 715/2007/EG wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen und nationale Vorschriften dem Erwerber die Erlangung eines angemessenen Schadenersatzes nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (EuGH C‑100/21 , QB gegen Mercedes-Benz Group AG, Rn 90, 93), ist jedenfalls ein angemessener Schadenersatzbetrag zu gewähren. Wie bereits vom Obersten Gerichtshof wiederholt entschieden, kann der zu ersetzende Betrag in Übereinstimmung mit dem unionsrechtlichen Effektivitätsgebot im Sinn des § 273 Abs 1 ZPO vom Gericht nach freier Überzeugung – selbst mit Übergehung eines von der Partei angebotenen (etwa: Sachverständigen‑)Beweises – innerhalb einer Bandbreite von 5 % und 15 % des vom Kläger gezahlten und dem Wert des Fahrzeugs angemessenen Kaufpreises festgesetzt werden (10 Ob 27/23b [Rz 39 f]; 8 Ob 88/22g [Rz 25] ua). Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Wertminderung exakt festgestellt wird und der Käufer Ersatz derselben verlangt (8 Ob 70/23m [Rz 26]). Der Zuspruch von 20 % aus der Erwägung, das hier den Klägern lediglich in diesem Ausmaß der Nachweis einer Wertminderung gelang, ist aus Sicht des unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatzes nicht zu beanstanden.

[23] I.3. Nach Ansicht der Kläger stellt es weiters eine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar, ob bei Bestehen einer latenten Gefahr des Zulassungsentzugs durch Verbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung neben dem Anspruch auf Wertminderung auch ein Feststellungsanspruch besteht, welcher Schäden umfasst, die sich durch den tatsächlichen Entzug der EG‑Typengenehmigung in der Zukunft ergeben.

[24] Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass bei Geltendmachung einer Wertminderung (Preisminderung) aufgrund Ankaufs eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs das theoretische Risiko eines Zulassungsentzugs bereits in die Bemessung des Schadenersatzes einfließt und demnach ein diesbezügliches Feststellungsbegehren nicht berechtigt ist (zB 8 Ob 90/22a [Rz 29]; 8 Ob 70/23m [Rz 30]).

II. Zur Revision der Beklagten:

[25] II.1. Die Beklagte begründet die Zulässigkeit ihrer Revision ebenso wie die Kläger primär mit der Richtigkeit der berufungsgerichtlichen Zulassungsbegründung. Zur Vermeidung von Wiederholungen ist auf die Ausführungen in Punkt I.1. zu verweisen.

[26] II.2. Die Beklagte releviert in ihrer Revision als erhebliche Rechtsfrage weiters, dass die Begründung des Berufungsgerichts dafür, dass die Beklagte schuldhaft angenommen habe, dass das in dem von ihr hergestellten Fahrzeug enthaltene Thermofenster keine unzulässige Abschalteinrichtung sei, sich nicht auf höchstgerichtliche Rechtsprechung zu stützen vermöge. Diesem Aspekt kommt aber keine Entscheidungsrelevanz zu, weil bereits das entsprechende Tatsachenvorbringen der Beklagten unzureichend war:

[27] II.2.1. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung 10 Ob 27/23b zur Frage des Verschuldens eines Fahrzeugherstellers für das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung Folgendes ausgeführt:

„6.1.1. Eine Haftung wegen einer Schutzgesetzverletzung setzt ein 'Verschulden' im Sinn (zumindest) einer vorzuwerfenden Sorgfaltswidrigkeit voraus (RS0026351), es kommt aber zu einer Beweislastumkehr (RS0026351 [T7]): Der Schädiger hat nachzuweisen, dass ihn an der Übertretung kein 'Verschulden' trifft (RS0112234 [T1]; RS0026351 [T1]). Allfällige Negativfeststellungen gehen daher zu Lasten der Beklagten.

6.1.2. Die Beklagte stützte sich in diesem Zusammenhang darauf, dass sie unverschuldet von der Zulässigkeit der Abschalteinrichtung ausgegangen sei, weil sie auf die Richtigkeit der Vorgangsweise des zuständigen deutschen Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) vertrauen habe dürfen; eine spätere gerichtliche Interpretation der einschlägigen Vorschrift durch den EuGH vermöge an der zum Genehmigungszeitpunkt vertretbaren Einschätzung der beklagten Partei nichts zu ändern.

Nach § 2 ABGB kann sich niemand damit entschuldigen, dass ihm ein gehörig kundgemachtes Gesetz nicht bekannt sei. Das Gesetz ist daher ohne Rücksicht auf die Kenntnis der davon Betroffenen anzuwenden. Daraus ist aber nicht zu folgern, dass eine solche Unkenntnis für sich allein schon ein Verschulden bedeuten muss. Die Unkenntnis verwaltungsrechtlicher Vorschriften begründet ein Schadenersatzansprüche auslösendes Verschulden nur dann, wenn die im besonderen Fall gebotene Aufmerksamkeit außer Acht gelassen wurde (RS0008651). Zwar ist jedermann verpflichtet, sich Kenntnis von den ihn nach seinem Lebenskreis betreffenden Gesetzesvorschriften zu verschaffen. Die Verletzung dieser Pflicht führt aber nur dann zu einem Verschuldensvorwurf, wenn mindestens leichte Fahrlässigkeit vorliegt, wenn also bei Anwendung gehöriger Sorgfalt eines Durchschnittsmenschen die Rechtskenntnis in zumutbarer Weise erlangt hätte werden können (RS0013253). Ein Rechtsirrtum ist nach der Rechtsprechung dann nicht vorwerfbar, wenn eine Behörde demselben Rechtsirrtum unterlag und die Beteiligten auf Richtigkeit dieser Entscheidung vertrauen durften (RS0008651 [T9]). Im gegebenen Zusammenhang wäre überdies erforderlich, dass der relevante Sachverhalt (hier: die konkrete Abschalteinrichtung) der Behörde – aus der Sicht der Beklagten – bekannt war (vgl 2 Ob 152/21y Rz 57), und zwar ungeachtet allfälliger Offenlegungspflichten vor ihrer Entscheidung, weil nur dann ein schutzwürdiges Vertrauen auf die Richtigkeit ihrer Entscheidung bestehen kann.

6.1.3. Zur Beurteilung, ob diese Voraussetzungen hier erfüllt sind, bedarf es somit Feststellungen darüber, zu welchem Zeitpunkt (bis zum Inverkehrbringen des gegenständlichen Fahrzeugs) aufgrund welcher konkreten Prüfschritte und/oder Ereignisse welche der Beklagten zurechenbare Person [en] darauf vertrauen durften und auch konkret darauf vertraut haben, dass und warum die verbaute Abschalteinrichtung nach den unionsrechtlichen Normen ausnahmsweise zulässig war.

6.1.4. Sollte sich dabei ergeben, dass die Beklagte einem Rechtsirrtum unterlag, der nicht durch ein Vertrauen auf eine behördliche Entscheidung gerechtfertigt war (etwa weil bis zum maßgeblichen Zeitpunkt keine Entscheidung ergangen ist oder der Behörde nicht die konkrete Abschalteinrichtung mit sämtlichen zur Beurteilung erforderlichen Parametern offengelegt worden war), wäre weiters zu prüfen, ob die Beklagte – wie sie außerdem behauptete (ON 21 Seite 5) – die Kenntnis der (richtigen) Rechtslage bei Anwendung gehöriger Sorgfalt überhaupt in zumutbarer Weise erlangen hätte können (vgl RS0013253). Das wäre etwa zu verneinen, wenn sie einem Rechtsirrtum unterlag und dieser auch bei hypothetischer Einholung einer behördlichen Entscheidung unter vollständiger und wahrheitsgemäßer Offenlegung des maßgeblichen Sachverhalts nicht ausgeräumt worden wäre, weil die Behörde die unrichtige Rechtsansicht der Beklagten geteilt hätte.“

 

[28] Diese Ausführungen gelten uneingeschränkt auch für den hier zu beurteilenden Fall.

[29] II.2.2. Es kommt also darauf an (Pkt 6.1.3. in 10 Ob 27/23b), zu welchem Zeitpunkt (bis zum Inverkehrbringen des gegenständlichen Fahrzeugs) „aufgrund welcher konkreten Prüfschritte und/oder Ereignisse welche der Beklagten zurechenbare Person[en] darauf vertrauen durften und auch konkret darauf vertraut haben, dass und warum die verbaute Abschalteinrichtung nach den unionsrechtlichen Normen ausnahmsweise zulässig war“.

[30] Die dafür erforderlichen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die dafür geeigneten Beweismittel zu nennen, wäre Sache der Beklagten gewesen. Nach allgemeiner Ansicht trägt die Partei, die sich auf das Vorliegen eines Rechtsirrtums und dessen mangelnde subjektive Vorwerfbarkeit stützt, die Behauptungs‑ und Beweislast (RS0008651 [T10]). Mit anderen Worten hat der Übertreter einer Schutznorm seine Schuldlosigkeit zu beweisen (RS0008651 [T5]). Es liegt also an dem einen entschuldbaren Rechtsirrtum Behauptenden, die besonderen, zu seiner Entschuldigung dienenden Umstände darzutun. Dies ergibt sich nach allgemeiner Ansicht aus dem Grundgedanken einer umfassenden Informationspflicht, dem Regel‑Ausnahmeverhältnis und bei inneren Fehleinschätzungen zusätzlich aus der Beweisnähe (Kodek in Rummel/Lukas, ABGB4 [2015] § 2 Rz 14; iglS Kehrer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 [2014] § 2 Rz 12; siehe auch Schauer in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.02 [2017] § 2 Rz 7).

[31] II.2.3. Die Kläger haben bereits in erster Instanzhinreichend darauf hingewiesen, dass die Beklagte kein entsprechendes Tatsachenvorbringen erstattete, sondern nur pauschal die (rechtliche) Behauptung aufstellte, ihre Emissionsstrategie sei zulässig. Auch in ihrem letzten Schriftsatz beschränkte sich die Beklagte darauf, pauschal ein Verschulden an der übertretenen Schutznorm in Abrede zu stellen und generalisierend zu behaupten, sie habe an der Richtigkeit ihres Rechtsstandpunkts im Zeitpunkt der EG‑Typengenehmigung des Basisfahrzeugs nicht zweifeln können und alle Fahrzeughersteller wie auch nationale Typengenehmigungsbehörden seien vom selben Standpunkt ausgegangen. Unkonkret blieb auch, wenn die Beklagte ins Treffen führte, dass es „Anhaltspunkte“, wie bzw dass die Ausnahmebestimmungen des Art 5 VO (EG) 715/2017 tendenziell eher eng auszulegen seien, im Zeitpunkt der Entwicklung bzw der EG‑Typengenehmigung des streitgegenständlichen Fahrzeugs „nicht im Geringsten“ gegeben habe. Die Beklagte unterließ damit stets konkret darzutun, welche ihr zurechenbare (und maßgebliche) Person den unrichtigen Standpunkt (aufgrund ganz bestimmter Umstände) einnahm.

[32] Einer richterlichen Erörterung dessen bedurfte es nicht, weil die Prozessgegner bereits auf das Fehlen eines geeigneten Tatsachenvorbringens hinwiesen (RS0122365).

[33] II.3. Entgegen dem Standpunkt der Beklagten liegt keine Unschlüssigkeit der Klage (bzw des ihr zum Teil stattgebenden Urteils) vor:

[34] II.3.1. Der erkennende Senat hat bereits in dem im Verfahren 8 Ob 22/22a, in dem es ebenso um den Erwerb eines vom sogenannten „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeugs ging, wobei der Käufer eine Anzahlung geleistet und einen Gebrauchtwagen eingetauscht und daraufhin einen Leasingvertrag abgeschlossen hatte, am 22. 4. 2022 gefassten Unterbrechungsbeschluss ausgeführt, dass Kläger durch ihr Vorbringen, sie hätten bei Kenntnis der behaupteten Manipulationen für ein Fahrzeug 30 % weniger bezahlt, einen eigenen Schaden behaupten, der Grundlage eines Ersatzanspruchs sein kann, auch wenn der Kaufpreis über einen Leasingvertrag finanziert wurde (Rz 11). Der erkennende Senat wiederholte diese Ansicht in seinem am 27. 6. 2023 im Verfahren 8 Ob 22/22a gefällten Urteil (Rz 15).

[35] II.3.2. Der fünfte Senat erkannte in seiner zu 5 Ob 100/22z ergangenen Entscheidung eine Klage für schlüssig, in welcher der Käufer behauptet hatte, er hätte bei Kenntnis der Betroffenheit des Fahrzeugs vom Abgasskandal um 30 % weniger gezahlt, wobei er später (unstrittig) das Fahrzeug weiterverkauft hatte. Der fünfte Senat führte unter anderem aus, dass der Schadenersatzanspruch allgemein und so auch hier objektiv‑abstrakt berechnet werden könne (Rz 14 ff) und dass es bei dieser Berechnungsart unerheblich sei, ob der Geschädigte die Sache nach Eintritt des Schadens veräußert und welchen Erlös er dadurch erzielt hat. Nach der überwiegenden Rechtsprechung wäre der objektiv‑abstrakt berechnete Schaden nämlich selbst dann zuzusprechen, wenn das subjektiv berechnete Interesse geringer wäre. Bei objektiv‑abstrakter Schadensberechnung sei nur ein am beschädigten Gut selbst entstandener Vorteil anrechenbar (Rz 22).

[36] II.3.3. Der siebente Senat wies demgegenüber in 7 Ob 88/23a eine gegen einen Fahrzeughersteller wegen des Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung eingebrachte Klage, mit der die Zahlung eines Schadenersatzes in Höhe einer Wertminderung von 30 % des Kaufpreises begehrt wurde, als unschlüssig ab. Der siebente Senat hob hervor, dass die Klägerin von Anfang an beabsichtigt hatte, den Erwerb des Fahrzeugs über Leasing zu finanzieren und dass der von ihr mit einem Fahrzeughändler 2015 abgeschlossene Kaufvertrag „damit ausschließlich der Spezifikation des Fahrzeugs [diente], das letztlich die Leasinggeberin erwerben und der Klägerin zum Gebrauch überlassen sollte“ (Rz 11). Ob es allenfalls aufgrund des Leasingvertrags zu einer Schadensverlagerung gekommen, also ein Mangel des Fahrzeugs, der typischerweise beim unmittelbar Geschädigten eintritt, im besonderen Fall durch ein Rechtsverhältnis auf einen Dritten überwälzt worden sei, hänge von der konkreten Vertragsgestaltung ab. Weil die Klägerin dazu keine Behauptungen aufgestellt habe, lasse sich dies nicht beurteilen (Rz 13). Zu 8 Ob 22/22a merkte der siebente Senat an, jenem Fall sei ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde gelegen, weil dort die Klägerin ein Fahrzeug erworben und eine Anzahlung geleistet sowie ihren Gebrauchtwagen eingetauscht und danach den restlichen Kaufpreis über Leasing finanziert habe (Rz 17).

[37] II.3.4. In seiner (am selben Tag wie 7 Ob 88/23a getroffenen) Entscheidung 7 Ob 128/23h führte der siebente Senat in einem ähnlichen Fall aus, der Kläger habe zwar den Kaufvertrag 2015 unterfertigt, dieser „aber – bei einem wie hier von Anfang an beabsichtigten Finanzierungsleasing – ausschließlich der Spezifikation des Fahrzeugs, das letztlich die Leasinggeberin erwarb und dem Kläger zum Gebrauch überlassen hat [, gedient]“. Der Kläger habe „daher aufgrund der gewählten Vertragskonstruktion das Fahrzeug im Jahr 2015 gerade nicht gekauft und ist nicht Eigentümer geworden“ (Rz 12). Dass es aufgrund des Leasingvertrags zu einer Schadensverlagerung gekommen sei, habe der Kläger nicht behauptet (Rz 14). Der Entscheidung 8 Ob 22/22a sei ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen (Rz 15).

[38] II.3.5. Auch in seinem bereits vor den beiden soeben referierten Entscheidungen (kürzer) gefassten Beschluss 7 Ob 74/23t, welcher gleichfalls zu einem Fall erging, in dem ein Kläger als Leasingnehmer eines Fahrzeugs von der beklagten Herstellerin die Zahlung eines Schadenersatzes wegen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Ausmaß einer Wertminderung von 30 % des Kaufpreises begehrte, teilte der siebente Senat die Beurteilung der Vorinstanz, das Klagebegehren sei unschlüssig, und verwies darauf, dass die Entscheidung 8 Ob 22/22a auf Sachverhaltsebene nicht vergleichbar sei.

[39] II.3.6. Der fünfte Senat führte in seiner Entscheidung 5 Ob 118/23y in einem 7 Ob 88/23a vergleichbaren Fall aus, es lasse sich mangels näheren Vorbringens zur „Leasingkonstruktion“ gar nicht beurteilen, ob der abgeschlossene Kaufvertrag ausschließlich der Spezifikation des Fahrzeugs gedient habe, das letztlich die Leasinggeberin erwerben und der Klägerin zum Gebrauch überlassen sollte. Die Entscheidung 8 Ob 22/22a betreffe einen nicht vergleichbaren Sachverhalt (Rz 10 f).

[40] II.3.7. Anders als in Fällen, in denen der Kaufvertrag ausschließlich der Spezifikation des Fahrzeugs für den Abschluss eines (Finanzierungs‑)Leasingvertrags gedient haben mag und in welchen keine Anzahlung erfolgte (sich ausdrücklich nur auf solche Fälle beziehend: 7 Ob 88/23a [Rz 11 und 17]; 7 Ob 128/23h [Rz 12 und 15]; 5 Ob 118/23y [Rz 10 f]), schlossen hier die Kläger einen zivilrechtlich voll wirksamen Kaufvertrag (mit der C* GmbH) zu einem (wie das Verfahren ergab) um 20 % überhöhten Preis ab und leisteten auch eine Anzahlung. Aus den zuvor in Pkt II.3.3. bis II.3.6. referierten Entscheidungen kann daher die Unschlüssigkeit der hier vorliegenden Klage nicht abgeleitet werden.

[41] II.3.8. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Schaden entstanden ist, sind zwei Lagen miteinander zu vergleichen: Die wirkliche, die durch das in Frage stehende Ereignis eingetreten ist, und die, welche ohne dieses Ereignis bestanden hätte – eine gedachte hypothetische Lage. Ist die wirkliche Lage gegenüber der gedachten zum Nachteil des Betroffenen, dann liegt ein Schaden im Rechtssinn vor (RS0022477). Ein Vermögensschaden tritt dabei nicht nur dann ein, wenn Aktiva eingebüßt werden, sondern auch dann, wenn die Passiva anwachsen (RS0022568). Der Schaden tritt dabei im Allgemeinen schon mit dem Entstehen einer Verbindlichkeit ein, nicht erst, wenn diese fällig wird oder beglichen wird (RS0022568 [T15, T26]). Wäre zwar auch ohne das schädigende Verhalten eine Zahlungspflicht entstanden, ist diese aber durch das schädigende Verhalten höher, so liegt der Schaden in der Differenz (idS 8 Ob 33/87; 8 Ob 6/10f ua; aus der Lit zB Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I4 [2020] Rz B‑1/48). Mit anderen Worten ist der „überhöhte Preis“ hier der Schaden (Wagner in Schwimann/Kodek, ABGB4 VI [2016] § 1293 Rz 4o), und für den „zuviel gezahlten“ Kaufpreis Wertersatz zu leisten (Hinteregger in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.06 [2022] § 1323 Rz 3).

[42] Bereits durch den überteuerten Kauf (das Eingehen der Pflicht zur Zahlung des überhöhten Kaufpreises) erlitten die Kläger demnach einen Schaden in Höhe von 20.954 EUR (= 20 % von 104.770 EUR; vgl auch 10 Ob 17/23g Rz 34: „… Fahrzeuge zu einem unangemessen überhöhten Preis verkauft [...] läge der dadurch verursachte Schaden im Abschluss des vorliegenden Kaufvertrags“).

[43] II.3.9. Die Kläger schlossen erst rund einen Monat später mit einer Leasinggesellschaft einen Leasingvertrag ab. Mit ihm verpflichteten sie sich dazu, im Namen der Leasinggesellschaft zum Zweck deren Eigentumserwerbs das Fahrzeug vom Verkäufer („Lieferanten“) zu übernehmen (Pkt 3.2. der AGB in Beilage ./C). Dies impliziert die Abtretung des Eigentumsverschaffungsanspruchs der Kläger gegenüber der C* GmbH aus dem Kaufvertrag an die Leasinggesellschaft (die dafür die Kaufpreiszahlungspflicht übernahm und den Klägern gegen Zahlung eines monatlichen Leasingentgelts das Fahrzeug zum Gebrauch überließ).

[44] Der Abschluss des Leasingvertrags, mit dem die Kläger inhaltlich betrachtet durch Abtretung ihres Eigentumsverschaffungsanspruchs an die Leasinggesellschaft dieser das Fahrzeug verkauften, ändert nichts daran, dass den Klägern bereits durch ihren Kauf des Fahrzeugs zu einem überhöhten Preis ein Schaden entstand.

[45] II.3.10. Ohne Belang ist aufgrund des Umstands, dass hier der Kauf des Fahrzeugs vom Fahrzeughändler und der Leasingvertrag gerade keine vertragliche Einheit bildeten, dass die Kläger nach den Feststellungen von Anfang an das Fahrzeug leasen wollten. Gleiches gilt für den Jahre später vorgenommenen (Rück‑)Kauf des Fahrzeugs von der Leasinggesellschaft, weshalb auch der Wissenstand der Kläger zu jenem Zeitpunkt ohne Bedeutung ist.

[46] II.3.11. Weil die Kläger als Erstkäufer in Kenntnis der unzulässigen Abschalteinrichtung den Wagen nicht zum überhöhten Preis gekauft hätten, haben sie zusammengefasst wegen der der Beklagten zur Last fallenden Schutzgesetzverletzung Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens (vgl 3 Ob 121/23z [Rz 21]). Zumal bei Schutzgesetzverletzung auch reine Vermögensschäden zu ersetzen sind (RS0022813; RS0023122 [T1, T2, T7, T9]; 8 Ob 64/21a [Rz 7]), ist es ohne Bedeutung, dass die Kläger selbst erst Eigentümer des Fahrzeugs wurden, als sie dieses von der Leasinggesellschaft (zurück‑)kauften.

[47] II.3.12. Das Berufungsurteil steht demnach (auch) in Hinsicht auf die bejahte Schlüssigkeit des Zahlungsbegehrens (bzw der insofern erfolgten teilweisen Klagestattgebung) mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung im Einklang.

[48] II.4. Die Beklagte begründet die Zulässigkeit ihrer Revision ferner damit, dass ohne Feststellung der Funktionsweise des Thermofensters nicht auf dessen Unzulässigkeit erkannt werden könne und dass insofern die Beklagte auch keine Beweislast treffe.

[49] Wie bereits unter Punkt I.1. ausgeführt, liegt, wenn – wie hier – das Vorliegen einer Abschalteinrichtung (hier: Thermofenster) feststeht oder unstrittig ist, der Nachweis von dessen Zulässigkeit bei der Beklagten. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass sowohl ausgehend von den erstgerichtlichen Feststellungen „Der streitgegenständliche F* D* hält den EU 6b Grenzwert von 125 mg/km NOx beim NEFZ‑Test ein, den überwiegenden Zeitraum eines Jahres jedoch nicht. Er ist mit einer temperaturabhängig gesteuerten Abgasrückführung ausgestattet, welche die Abgasrückführung unter 20 °C Umgebungs‑ bzw. Außentemperatur reduziert.“ als auch von der von der Beklagten angestrebten Ersatzfeststellung „Der streitgegenständliche F* D* hält den EU 6b Grenzwert von 125 mg/km NOx beim NEFZ‑Test ein, ab welcher Temperatur (Umgebungstemperatur) genau ausgerampt wird, kann nicht festgestellt werden.“ dieser Nachweis nicht erbracht wurde, ist nicht zu beanstanden. Es führte doch (auch) die von der Beklagten angestrebte Negativfeststellung rechtlich dazu, dass nicht beurteilt werden könne, ob die Abschalteinrichtung den überwiegenden Teil des Jahres aktiv ist oder nicht.

[50] II.5. Das Erstgericht stellte fest, dass ohne ein verordnungskonforms Softwareupdate – ein solches ist nicht ersichtlich – „die fiktive Wertminderung bei 20 bis 30 % anzusetzen [wäre]“. Entgegen der Ansicht der Beklagten bedarf es keiner höchstgerichtlichen Korrektur, dass das Berufungsgericht hier die Wertminderung mit 20 % annahm, noch ist dem Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision hinsichtlich jener erstgerichtlichen Feststellung eine Aktenwidrigkeit unterlaufen.

[51] II.6. Auf den Einwand der Verjährung kommt die Beklagte in ihrer Revision nicht zurück.

[52] III. Weil die Parteien in ihrer jeweiligen Revision keine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität ansprechen noch eine solche ersichtlich ist, waren die Revisionen zurückzuweisen. Die Zurückweisung kann sich nach § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

[53] Der jeweilige Prozessgegner hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen und damit Anspruch auf den Ersatz der Kosten seines Schriftsatzes (§§ 41, 50 ZPO). Das Revisionsinteresse der Kläger betrug 12.477 EUR. Insoweit waren die in der Revisionsbeantwortung der Beklagten verzeichneten Kosten zu berichtigen. Von einer Kompensation der gegenseitigen Kostenersatzansprüche war Abstand zu nehmen weil für die Kläger und die Beklagte als Mandanten ihrer jeweiligen rechtsfreundlichen Vertretung ein anderer Umsatzsteuersatz gilt.

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