European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00020.16D.0126.000
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Am 17. 8. 2010 ereignete sich auf dem Betriebsgelände einer Zimmerei ein Arbeitsunfall, bei dem der Kläger schwer verletzt wurde. Das abgeschlossene Betriebsgelände besteht aus einer Fertigungshalle und verschiedenen unbebauten Flächen, die teilweise als Lagerplatz auch für in der Halle angefertigte Fertigteilwände genutzt werden. Der Transport der Fertigteilwände aus der Fertigungshalle zum Lagerplatz erfolgte mit einem Elektrohubstapler. Auf dessen Gabel war ein Hebearm montiert, in dessen oberem Bereich zwei Ketten mit Haken befestigt waren. Einer dieser Haken war mit einem Karabiner gesichert, der andere Haken verfügte über keine Sicherung.
Am Unfalltag waren Fertigteilwände an der Außenmauer der Fertigungshalle, abgestellt auf Unterlegern, angelehnt gelagert. Der Vorarbeiter der Zimmerei und der dort als Lehrling tätige Kläger, die bereits am Vormittag in diesem Bereich eine Fertigteilwand abgestellt hatten, transportierten am Nachmittag eine weitere, 6,87 m lange, ca 2,7 m hohe und etwa 20 cm tiefe Fertigteilwand mit einem Gewicht von 645 kg aus der Fertigungshalle zum Lagerplatz. An der Oberseite der Fertigteilwand hatte der Vorarbeiter im Abstand von 1,6 m zueinander zwei Transportschlaufen befestigt. Er lenkte den Hubstapler zu der Fertigteilwand, wo der Kläger jeweils einen Haken des Hebearms an einer der beiden Transportschlaufen befestigte und den Sicherungskarabiner schloss. Danach hob der Vorarbeiter mit dem Hubstapler die Fertigteilwand auf und fuhr mit ihr zum Lagerplatz. Der Kläger ging während der Fahrt seitlich neben der Wand und stabilisierte diese mit den Händen. Die Fertigteilwand sollte neben mehreren bereits abgestellten Wänden in leichter Schrägstellung gelagert werden. Der zum Abstellen einer weiteren Fertigteilwand verbliebene Teil eines Unterlegers betrug allerdings nur mehr wenige Zentimeter und damit weniger als die Tiefe der Fertigteilwand. Weder der Vorarbeiter noch der Kläger bemerkten dies. Der Vorarbeiter setzte die Fertigteilwand neben die bereits abgestellten Fertigteilwände auf die Unterleger ab und kippte sie in eine leichte Schräglage entsprechend den bereits abgestellten Wänden. Anschließend entlastete er die Kette, um das Aushängen der Haken zu ermöglichen. Der Kläger lehnte dazu eine Leiter mittig zwischen den beiden Transportschlaufen an die Wand und stieg hoch. Er löste zunächst den Haken ohne Sicherungskarabiner aus der Transportschlaufe. Zum Lösen des zweiten Hakens mit dem Sicherungskarabiner stützte er sich mit der Hand leicht auf der Oberkante der Fertigteilwand ab, worauf diese vom rechten Unterleger abrutschte. Darauf stieg der Kläger schnell von der Leiter und versuchte, sich zu entfernen, wurde dabei aber von der nach vorne kippenden Fertigteilwand von der Hüfte abwärts begraben und erlitt schwere Verletzungen. Durch das Umfallen der Fertigteilwand riss die Transportschlaufe und blieb an dem mit dem Sicherungskarabiner ausgestatteten Haken der Kette hängen.
Der Grund für das Umfallen der Fertigteilwand konnte nicht festgestellt werden, insbesondere nicht, ob dies auf das Abrutschen der Wand vom rechten Unterleger zurückzuführen war oder darauf, dass der Vorarbeiter bereits begonnen hatte, mit dem Elektrohubstapler zurückzufahren, obwohl der Haken mit Sicherungskarabiner noch nicht von der Transportschlaufe gelöst worden war.
Ob der Elektrohubstapler im Zeitpunkt des Unfalls stillstand oder in Bewegung war, konnte ebenfalls nicht festgestellt werden.
Der Vorarbeiter und der Inhaber der Zimmerei wurden im Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung verurteilt.
Der Kläger begehrt 95.391,12 EUR sA, darunter Schmerzengeld, Verdienstentgang, Verunstaltungsent-schädigung uam, sowie die Feststellung der Haftung des beklagten Verbandes für zukünftige Folgen und Schäden aus dem Unfall. Er stützte dessen Haftung auf § 6 VOEG; beim Elektrohubstapler handle es sich um ein Fahrzeug im Sinne dieser Bestimmung und der Arbeitsunfall habe sich im Zuge eines Entladevorgangs ereignet. Für die Haftung der Beklagten nach § 6 Abs 1 Z 1 VOEG komme es nicht auf die Verwendung des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen an, sondern auf dessen Verwendung schlechthin. Der Sachverhalt habe sich vor der Änderung des § 6 Abs 3 Z 1 VOEG durch die Novelle BGBl I 2013/12 ereignet.
Der beklagte Verband bestritt und wandte ein, der Arbeitsunfall habe sich nach Abschluss des Entladevorgangs ereignet. Im Übrigen sei § 6 VOEG durch die genannte Novelle dahin klargestellt worden, dass die Haftung des Beklagten bei Arbeitsunfällen ausgeschlossen sei. Im Sinn einer teleologischen Reduktion sei auch die Fassung vor der Novelle so auszulegen.
Das Erstgericht , das das Verfahren auf den Grund des Anspruchs eingeschränkt hatte, wies das Klagebegehren ab. Der Elektrohubstapler sei zwar als Transportkarren im Sinne des § 1 Abs 2 lit b KFG dem VOEG zu unterstellen, nach den Feststellungen sei aber nicht ausreichend klar, ob der Schaden überhaupt durch ein fahrzeugtypisches Verkehrsrisiko herbeigeführt worden sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts und gelangte in rechtlicher Hinsicht unter Darstellung der oberstgerichtlichen Judikatur zum Begriff des „Betriebs“ eines Kraftfahrzeugs, insbesondere bei Be‑ und Entladevorgängen, zu dem Ergebnis, dass hier der Grund für das Umfallen der Fertigteilwand nicht festgestellt habe werden können, weshalb nicht ausgeschlossen sei, dass zwischen dem Unfall und jenen Umständen, welche die Gefährlichkeit des Kraftfahrzeugs ausmachten und deretwegen die verschuldensunabhängige Haftung festgesetzt sei, kein adäquat kausaler Zusammenhang bestehe. Im Übrigen wäre das Umstürzen der Wand, sollte es alleine auf das Abrutschen vom Unterleger zurückzuführen sein, nicht mehr dem normalen Transport des Gegenstands zuzurechnen und daher kein dem „Betrieb“ des Kraftfahrzeugs eigentümliches Ereignis, sondern könne auch sonst eintreten. So sei auch der Unfall beim Betrieb eines Hubstaplers, auf den Waren von einem Lastkraftwagen umgeladen worden seien, der sich erst anschließend dadurch ereignet habe, dass die Ladung des Hubstaplers umgekippt sei, nicht mehr als ein solcher beim Betrieb des Lastkraftwagens gewertet worden. Im vorliegenden Fall sei die verbliebene Verbindung zwischen Ladegut und Hubstapler in Form der gelockerten Transportschlaufe nicht feststellbar unfallskausal geworden. Die Negativfeststellung der Unfallsursache schlage hier zu Lasten des Klägers aus, weshalb sich ein Eingehen auf das VOEG vor bzw nach seiner Novellierung 2013 erübrige.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag, die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanzen zurückzuverweisen.
Der Begriff „beim Betrieb“ setze einen inneren Zusammenhang mit einer dem Kraftfahrzeugbetrieb eigentümlichen Gefahr oder einen adäquat ursächlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs voraus. Der Vorgang des Be‑ und Entladens eines Kraftfahrzeugs sei nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs erst abgeschlossen, wenn dieser beendet worden sei. Hier sei der Entladevorgang der Fertigteilwand noch nicht abgeschlossen und seien der Motor und die Hebevorrichtung noch im Betrieb gewesen und habe sich die typische Gefährlichkeit des Hubstaplers, der insbesondere dem Zweck des Transports von Lasten diene, beim Unfall verwirklicht. Auch sei beim Unfall die Hebevorrichtung noch mit dem Transportgut verbunden gewesen. Die Verursachung der Verletzung des Klägers sei daher beim Betrieb des Hubstaplers erfolgt. Wäre die Transportschlaufe nicht gerissen, wäre nach der Lebenserfahrung offenkundig das Umstürzen der Fertigteilwand verhindert und der Kläger nicht verletzt worden. Aber auch das Abrutschen vom Holzunterleger, selbst wenn es die alleinige Ursache für den Unfall gewesen sein sollte, sei noch dem Betrieb des Hubstaplers zuzurechnen. Es habe sich nämlich genau die Gefahr verwirklicht, welche vom Hubstapler als Lastentransporter ausgehe, nämlich das Herab‑ bzw Umstürzen einer von ihm transportierten Last im zeitlich und räumlich unmittelbaren Kontakt mit dem Elektrohubstapler und dessen Betrieb.
Überdies liege auch ein Verschulden des Vorarbeiters an der Verletzung des Klägers vor, was sich bereits aus der strafrechtlichen Verurteilung ergebe.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer freigestellten Revisionsbeantwortung , die Revision zurückzuweisen; in eventu, ihr nicht Folge zu geben. Eine ursächliche Beteiligung des Hubstaplers für das Umstürzen der Fertigteilwand habe nicht festgestellt werden können. Der Entladevorgang sei durch das Abstellen der Fertigteilwand abgeschlossen gewesen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig , weil das Berufungsgericht von der Judikatur des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist; sie ist im Sinne der beantragten Aufhebung auch berechtigt .
1. Haftungsgrundlagen nach dem VOEG:
1.1. Gemäß § 6 Abs 1 Z 1 VOEG hat der Fachverband Entschädigung für Personen‑ und Sachschäden zu leisten, die im Inland unter anderem durch ein Fahrzeug iSd § 1 Abs 2 lit b KFG 1967 verursacht wurden.
1.2. Fahrzeug iSd § 1 Abs 2 lit b KFG 1967:
Zu diesen zählen Transportkarren (§ 2 Z 19), selbstfahrende Arbeitsmaschinen (§ 2 Z 21), Anhänger-Arbeitsmaschinen (§ 2 Z 22) und Sonderkraftfahrzeuge (§ 2 Z 23), mit denen im Rahmen ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung ua Straßen mit öffentlichem Verkehr nur überquert oder auf ganz kurz Strecken befahren werden.
Als solche wurden von der Rechtsprechung auch Elektrohubstapler qualifiziert (7 Ob 199/10f; 2 Ob 89/12w = ZVR 2014/7 [ Kathrein ]; RIS‑Justiz RS0126375).
1.3. Verursachung:
Ursächlich im Sinne der natürlichen Kausalität ist für ein bestimmtes Ereignis jede Bedingung, dh jeder Umstand, der nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Geschehensablauf ein anderer gewesen wäre. Der natürliche Kausalzusammenhang ist notwendige, wenn auch nicht immer ausreichende Voraussetzung der Zurechnung der Folgen eines Ereignisses zum Verantwortungsbereich des Inanspruchgenommenen (RIS‑Justiz RS0022687). Es ist daher zu prüfen, ob der potentiell Haftpflichtige den Schaden durch eigenes Verhalten verursacht hat. Ein positives Verhalten ist für einen Erfolg ursächlich, wenn es ihn herbeigeführt, ihn bewirkt hat. Nach der Formel von der conditio sine qua non ist zu fragen, ob der Erfolg (Schaden) auch ohne das zu prüfende Verhalten (den zu prüfenden Umstand) eingetreten wäre. Ein Verhalten ist ursächlich für einen Erfolg, wenn es nicht weggedacht werden kann, ohne dass dann der Erfolg entfiele (2 Ob 24/12m, 4 Ob 204/13y; RIS‑Justiz RS0128162).
Im vorliegenden Fall konnte zwar nicht genau festgestellt werden, wie sich der Unfall ereignete, insbesondere ob deshalb, weil das rechte Abstellholz zu kurz war und die Fertigteilwand aufgrund dieser instabilen Abstellweise in Bewegung geriet, oder deshalb, weil sich der Hubstapler trotz nicht gelöster zweiter Transportschlaufe von der Fertigteilwand entfernte. Jedenfalls festgestellt wurde aber, dass die Wand abrutschte, nachdem sich der Kläger zum Lösen der zweiten Transportschlaufe leicht auf ihr abstützte und dass sie ihn noch während seines schleunigen Entfernens traf. Wurde die Wand aber vom Hubstapler in eine derart instabile Position gebracht, in der bereits ein leichtes Berühren das Abrutschen bewirkte, und dies oder eine sonstige – nicht feststellbare – Einwirkung zum unmittelbar nachfolgenden Umfallen der immerhin 645 kg schweren Wand führte, ist der konkrete Abstellvorgang als ursächlich anzusehen.
1.4. Die grundsätzliche Haftung der beklagten Partei auch für Unfälle innerhalb von Betriebsarealen vor Inkrafttreten der Novelle des § 6 Abs 3 VOEG idF BGBl I 2013/12 hat der Senat bereits in 2 Ob 89/12w (ZVR 2014/7 [ Kathrein ]) und 2 Ob 69/15h bejaht, ebenso für die Rechtslage nach der Novelle kürzlich in 2 Ob 112/15g (vgl dazu auch die Neufassung dieser Bestimmung durch Art 6 Z 2 MinVersValG 2016 BGBl I 2017/19).
1.5. Der auf das VOEG gestützte Anspruch gleicht grundsätzlich jenem, der gegen einen versicherungspflichtigen bzw haftpflichtversicherten Schädiger bestehen würde. Es ist daher zu fingieren, dass der schadenersatzrechtliche Leistungsanspruch des Opfers durch eine Kfz‑Haftpflichtversicherung im Rahmen der gesetzlichen Versicherungspflicht gedeckt ist (2 Ob 112/15g; 2 Ob 185/12p = ZVR 2014/6; 2 Ob 216/13y = ZVR 2014/135; 2 Ob 89/12w = ZVR 2014/7 [ Kathrein ] unter Verweis auf 2 Ob 283/06s = ZVR 2008/7 [ Danzl ]; RIS‑Justiz RS0029484; 7 Ob 48/11a = ZVR 2012/105 [ W. Reisinger ] sowie Kathrein ZVR 2007, 246; Grubmann KHVG 4 § 5 VOEG Anm 1).
2. Als Haftungsgrundlagen kommen daher ganz allgemein die Verschuldenshaftung nach dem ABGB und die Gefährdungshaftung nach dem EKHG in Frage.
2.1. Für die Beurteilung eines allfälligen Verschuldens des Hubstaplerfahrers – zur fehlenden Bindung der strafgerichtlichen Verurteilung im Haftpflichtbereich vgl 2 Ob 257/97 = SZ 71/66 = ZVR 1998/98 und 2 Ob 119/09b = ZVR 2011/9 – reichen die Feststellungen der Vorinstanzen allerdings nicht aus. Das Erstgericht konnte den genauen Grund für das Umfallen der Wand – wie ausgeführt – nicht feststellen. Zwar rutschte die Wand nach dem leichten Abstützen des Klägers vom rechten Unterleger ab und traf den Kläger nach schnellem Abstieg von der Leiter beim Sich-Entfernen, und steht weiters fest, dass beide Beteiligten bereits am Vormittag in diesem Bereich eine Fertigteilwand gelagert hatten, sowie dass sie den zu kurzen rechten Unterleger nicht bemerkten. Ob der zu kurze Unterleger aber allgemein ausreichend auffällig war oder ob zumindest ein geschulter Hubstaplerfahrer (aus den Akten ergibt sich, dass der Vorarbeiter damals über keinen „Staplerschein“ verfügte: AS 5 des Strafakts; S 6 des Ersturteils) darauf geachtet hätte bzw bemerken hätte können oder müssen, dass ein stabiles Abstellen einer weiteren Fertigteilwand dort problematisch war, steht nicht fest bzw kann aufgrund der bestehenden Feststellungen nicht beurteilt werden.
2.3. Zur Gefährdungshaftung nach dem EKHG:
2.3.1. Gemäß § 1 Abs 1 EKHG ist ein Schaden nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu ersetzen, wenn er durch einen Unfall beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden ist. Im Gegensatz zu den vom Berufungsgericht beispielhaft herangezogenen Fällen 2 Ob 316/97b (ZVR 2000/42) und 2 Ob 251/08p geht es hier aber nicht um die Frage des Betriebs eines LKW während dessen Be‑ und Entladung durch einen Hubstapler, sondern iSd § 6 VOEG um die Frage der Verursachung durch den Hubstapler selbst.
Auch für einen solchen müssen aber die allgemeinen Judikaturgrundsätze gelten, wonach
1. der Begriff „beim Betrieb“ dahin zu bestimmen ist, dass entweder ein innerer Zusammenhang mit einer dem Kraftfahrzeugbetrieb eigentümlichen Gefahr oder, wenn dies nicht der Fall ist,
2. ein adäquat ursächlicher Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs bestehen muss (RIS‑Justiz RS0022592), und
3. das Be‑ und Entladen eines Fahrzeugs dieses noch nicht außer Betrieb setzt, wobei auf einen Gefahrenzusammenhang in dem Sinn abzustellen ist, dass der Unfall aus der spezifischen Gefährlichkeit des Kraftfahrzeugs resultieren muss (RIS‑Justiz RS0124207).
2.3.2. Wie der Revisionswerber darlegt, dient gerade ein Hubstapler dem Transport größerer, allein mit Menschenkraft kaum entsprechend bewegbarer Lasten über kürzere Distanzen wie zB innerhalb einer Betriebseinheit. Bedarf derartiges Transportgut einer Sicherung, ist der Transportvorgang und damit auch der Betrieb des Hubstaplers während dieses Transportvorgangs erst als beendet anzusehen, wenn das zu transportierende Gut aus der Transportsicherung entlassen und stabil abgestellt bzw gelagert wurde. Ein Transportvorgang kann nach der Rechtsprechung nicht einmal als beendet angesehen werden, solange nach dem Abstellen des Transportguts eine – wenn auch „unsichtbare“ –geringfügige Bewegung verbleibt, sodass das Transportgut – ohne weitere Fremdeinwirkung von außen – nach wenigen Sekunden in Bewegung gerät (vgl 2 Ob 47/14x zu einem auf einer abschüssigen Wiese von der an einen Traktor angehängten Silopresse abgelegten und wenige Sekunden später abrollenden Ballen Heu).
Umso mehr muss dies für den vorliegenden Fall gelten. Unabhängig davon, dass die genaue Unfallursache nicht festgestellt werden konnte, war in allen Varianten der intendierte Betriebsvorgang des Hubstaplers, nämlich die (stabile) Lagerung der Fertigteilwand, noch nicht beendet und ereignete sich der Unfall daher jeweils „beim Betrieb“ des Hubstaplers, weshalb die Haftung der beklagten Partei aus diesem Grund nicht verneint werden kann.
2.3.3. Allerdings ist das EKHG nach dessen § 2 Abs 2 nicht auf Kraftfahrzeuge anzuwenden, deren Bauartgeschwindigkeit 10 km/h nicht überschreitet (vgl dazu in Zusammenhang mit § 6 VOEG nochmals 2 Ob 89/12w). Ob dies beim hier verwendeten Hubstapler der Fall ist, steht ebenfalls nicht fest.
3. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren im Sinne der obigen Ausführungen eine Haftungsgrundlage ergeben, wird weiters Folgendes zu beachten sein:
3.1. § 333 Abs 1 und 4 ASVG:
In Bezug auf Personenschäden besteht eine Beschränkung der Schadenersatzpflicht des Dienstgebers gegenüber dem Dienstnehmer gemäß § 333 Abs 1 ASVG, die grundsätzlich die entsprechenden Haftpflichtbestimmungen des ABGB und EKHG verdrängt (vgl Neumayr/Huber in Schwimann/Kodek , ABGB 4 VII § 333 ASVG Rz 1; Danzl , EKHG 9 , § 3 Anm 8 lit b; RIS‑Justiz RS0085234). Dies gilt gemäß Abs 4 leg cit auch für den Aufseher im Betrieb. Seine Haftung wäre daher grundsätzlich auf vorsätzliche Verursachung des Arbeitsunfalls beschränkt.
3.2. § 333 Abs 3 ASVG:
Diese Bestimmung statuiert aber ihrerseits eine Ausnahme vom Dienstgeberhaftungsprivileg in Fällen, in denen der Arbeitsunfall durch ein Verkehrsmittel eingetreten ist, für dessen Betrieb aufgrund gesetzlicher Vorschrift eine erhöhte Haftpflicht besteht. Der Dienstgeber haftet in diesem Fall nur bis zur Höhe der aus einer bestehenden Haftpflichtversicherung zur Verfügung stehenden Versicherungssumme.
Die Regelung schafft keinen neuen Haftungsgrund, sondern schließt die Anwendung des Haftungsprivilegs nur in einem gewissen haftpflicht-versicherungsrechtlich orientierten Bereich aus, in dem entsprechend den allgemeinen Regeln für Verschuldens- und Gefährdungshaftung einzustehen ist (RIS‑Justiz RS0108192). Sie umfasst sämtliche durch einen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer gedeckten Personen-schäden (RIS‑Justiz RS0109871) und setzt voraus, dass der zu ersetzende Schaden durch eine Haftpflichtversicherung gedeckt ist (RIS‑Justiz RS0085140; vgl auch Neumayr/Huber in Schwimann/Kodek , ABGB 4 VII § 333 ASVG Rz 56 f).
3.3. Nun sind Hubstapler als Transportkarren iSd § 1 Abs 2 lit b KFG aber ua auch von den haftpflichtversicherungsrechtlichen Bestimmungen des VI. Abschnitts des KFG ausgenommen, und hier hat niemand das Bestehen einer Kfz‑Haftpflichtversicherung behauptet.
Zwar kam nach der älteren Judikatur (2 Ob 316/97b; vgl auch Neumayr/Huber in Schwimann/Kodek , ABGB 4 VII § 333 ASVG Rz 58 mwN) die Ausnahmebestimmung des § 333 Abs 3 ASVG deshalb nicht zum Tragen. Allerdings haben mittlerweile die Mitgliedstaaten aufgrund der Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 (5. Kraftfahrzeughaftpflichtrichtlinie – 5. KH-RL), nunmehr mit allen früheren RL zusammengefasst in der 6. KH‑RL (vgl 2 Ob 40/15v = ZVR 2016/149, [ Rudolf ]), die Gleichbehandlung gewisser von der Versicherungspflicht ausgenommener Fahrzeuge mit den trotz Versicherungspflicht nicht versicherten Fahrzeugen zu gewährleisten (2 Ob 89/12w = ZVR 2014/7) und dafür zu sorgen, dass auch Opfer von Unfällen, die in dem Mitgliedstaat verursacht wurden, in dem das Fahrzeug seinen gewöhnlichen Standort hat, angemessenen Schadenersatz erhalten. Zu diesem Zweck sollen die Mitgliedstaaten die Opfer von durch diese Fahrzeuge verursachten Unfällen ebenso behandeln wie Opfer von durch nicht versicherte Fahrzeuge verursachten Unfällen (Erwägungsgrund 8 der 5. KH-RL; 2 Ob 112/15g).
3.4. Die 5. KH-RL gab den Mitgliedstaaten die Wahlmöglichkeit, Fahrzeuge, die von der gesetzlichen Haftpflichtversicherung ausgenommen waren, entweder künftig dieser Versicherungspflicht zu unterwerfen oder dafür zu sorgen, dass durch solche Fahrzeuge Geschädigte vom nationalen Garantiefonds entschädigt werden. In Österreich wurde mit § 6 VOEG festgelegt, dass von der Versicherungspflicht ausgenommene Fahrzeuge dem Regime des Garantiefonds unterstellt werden (2 Ob 89/12w; Haupfleisch/Hirtler , Die 5. Kraftfahrzeug-Haft-pflichtversicherungs-Richtlinie [KH-RL], ZVR 2005/115, 388; Pronebner , Die europaweite Umsetzung der 5. Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungs-Richtlinie, ZVR 2010/132, 293 [294]; Baran , Umsetzung der 5. Kfz-Haftpflichtversicherungs-RL im Versicherungs- und Kraftfahrrecht, ZVR 2007/145, 250 [254]; Grubmann , KHVH § 6 VOEG Anm 1).
Hätte sich Österreich aber für eine Versicherungspflicht entschieden, bestünde kein Zweifel, dass § 333 Abs 3 ASVG anwendbar wäre. Angesichts der Tatsache, dass die genannte Richtlinie den Schutz der Opfer verbessern und insbesondere auch jenem innerstaatlicher Opfer von versicherten und nicht versicherten Fahrzeugen angleichen wollte, ist der erkennende Senat der Ansicht, dass in den Fällen, in denen sich der Staat nicht für die Versicherungspflicht, sondern den Garantiefonds entschieden hat, auch darin „auf Grund gesetzlicher Vorschrift eine erhöhte Haftpflicht“ iSd § 333 Abs 3 ASVG insoweit zu sehen ist, als in diesen Fällen – weil das Bestehen einer Haftpflichtversicherung nur fingiert wird (siehe oben P 1.4.) – nur der Fonds (= Verband nach § 6 VOEG) einzustehen hat (2 Ob 89/12w).
4. Mitverschulden:
Sollte sich im fortgesetzten Verfahren eine Haftung der Beklagten ergeben, werden auch geeignete Feststellungen zum eingewandten Mitverschulden des Klägers (Protokoll vom 6. 8. 2014, ON 11, S 16) sowie zur Höhe sämtlicher klägerischer Ansprüche zu treffen sein.
5. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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