European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:008OBA00059.15G.0524.000
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 2.915,30 EUR (darin 485,88 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Mutter der Kläger (im Folgenden: Betreiberin) führte bis zu ihrem Tod im Jahr 2009 drei Tankstellen der Beklagten in Vorarlberg samt jeweiligem Folgemarktbereich (Shop und Waschanlage). Die erste dieser Tankstellen führte sie seit mehr als fünf Jahren, die zweite seit 2006 und die dritte seit 2007. Der Führung der drei Tankstellen, der Tankstellen-Shops sowie der Waschanlagen lagen von 1999 bis 2006 der Tankstellenvertrag vom 25. Jänner 1989 samt Franchisevereinbarung sowie den Anpassungen zum bestehenden Tankstellenvertrag und seit 2006 der Tankstellen-Hauptvertrag sowie der Tankstellen-Nebenvertrag (Autowaschanlagen) je vom 27. Juni 2006 bzw vom 10. Jänner 2007 zugrunde. Aufgrund dieser Verträge stellte die Beklagte der Betreiberin („Retailerin“) die Nutzung ihres Geschäftskonzepts gegen Entgelt zur Verfügung. Die Betreiberin verpflichtete sich an jeder Station zum Verkauf von Treibstoff und Heizöl im Namen und auf Rechnung der Beklagten sowie zum Verkauf von Waren (im Shop) und Dienstleistungen (in der Waschanlage) im eigenen Namen und auf eigene Rechnung in Übereinstimmung mit dem Vertrag und den Handbüchern.
Für den Bezug der in den Shops zu führenden Drittwaren empfahl die Beklagte ihren Vertragslieferanten L*****. Die Betreiberin bezog rund 90 % der Waren in den Tankstellenshops von diesem, etwa 10 % bei von ihr gewählten Lieferanten. Die Betreiberin hielt sich an die von L***** vorgegebenen, online in ihr Kassasystem eingespielten Verkaufspreise. Auch über die Art und den Umfang des Sortiments, das die Betreiberin in den Shops vertreiben durfte, gab es Vorgaben der Beklagten; teilweise mussten aufgrund von Weisungen des Gebietsleiters Artikel aus dem Sortiment entfernt werden, weil sie nicht „konform“ waren. Die Eckartikel des Sortiments waren abhängig vom Konzept des Shops von der Beklagten vorgegeben. Für die Anordnung der Produkte sowie der Aktionswaren gab es ebenfalls Richtlinien der Beklagten. Beauftragte der Beklagten oder des Lieferanten L***** kamen regelmäßig in die Tankstelle, um die Waren umzuschlichten oder mitzuteilen, dass bestimmte Waren nicht mehr eingeordnet werden sollten. Schon die Erstbestückung der Shops erfolgte durch Beauftragte von L*****, die das Sortiment nach einem vorgegebenen Plan einschlichteten. Sonder- und Werbeaktionen wurden von der Beklagten bestimmt. Die Waren, die dazugehörigen Werbematerialien sowie die Preisstreifen wurden den Pächtern ohne Bestellung oder Einflussmöglichkeit auf die Menge geliefert. Es gab auch Vorgaben der Beklagten darüber, wo die Werbeplakate zu stehen hatten. Es durfte kein Werbematerial angebracht werden, das nicht von der Beklagten stammte. Sonderaktionen der Beklagten konnten ‑ mit Ausnahme eines Angebots einer bestimmten, in Vorarlberg von den Kunden nicht gut angenommenen Biersorte ‑ von den Tanktstellenpächtern nicht abgelehnt werden. Die Beklagte verwendete ein System von gelben und roten Karten, um die Einhaltung ihrer Empfehlungen, Richtlinien, Handbücher und Checklisten sicherzustellen. Eine gelbe Karte stellte eine Abmahnung dar; Verstöße konnten eine fristlose Vertragsbeendigung oder Nichtverlängerung der Verträge nach sich ziehen. Auch die Öffnungszeiten der betriebenen Tankstellen waren von der Beklagten vorgegeben; in diesen Zeiträumen mussten auch die Shops geöffnet sein. Die Shops waren so konzipiert, dass der Treibstoff nur an der Kasse des Shops bezahlt werden konnte. Zu dem von der Beklagten vorgegebenen Konzept der Shops gehörte auch eine für die Mineralölgesellschaft typische Arbeitskleidung; die Einhaltung dieser Vorgaben wurde von den Mitarbeitern der Beklagten kontrolliert. Die Beklagte setzte auch sogenannte Mystery-Shopper ein, um die Einhaltung ihrer Vorgaben zu prüfen; das Ergebnis dieser ohne Wissen der Pächter durchgeführten Überprüfungen wurde an die Beklagte weitergeleitet, die dann Hinweise und Empfehlungen über unbeachtete Einzelheiten gab oder Schulungen des Personals als erforderlich beanstandete. Dadurch übte die Beklagte Druck auf die Pächter aus. Die Betreiberin und andere Tankstellenpächter empfanden dies so, dass den Empfehlungen nachzukommen war, um Probleme mit der Beklagten zu vermeiden. Die Beklagte gab auch die zu akzeptierenden Zahlungsmöglichkeiten (Tankkarten, Kreditkarten ua) vor. Gleiches galt für den Nebenvertrag zum Waschgeschäft, für das die Beklagte die „Rahmenbedingungen“ festlegte. Entgegen dem Wortlaut des Vertrags war die Betreiberin bei der Auswahl der für die Waschanlage zu verwendenden Produkte nicht frei. Die Öffnungszeiten waren auch hier von der Beklagten vorgegeben; Verstöße gegen diese Zeiten waren mit 20 EUR pro Tag des Verstoßes sanktioniert. Die Mitarbeiter der Betreiberin hatten sowohl beim Betrieb der Station als auch beim Betrieb der Waschanlage von der Beklagten ausgewählte Kleidung und Namensschilder zu tragen. Im Rahmen der Club-Karten Aktion war die Betreiberin (wie alle Pächter) verpflichtet, Waren und auch Autowäschen zu reduzierten Preisen abzugeben, auch dann, wenn der Kunde die dafür notwendigen Punkte nicht durch Betankungen an der von ihnen betriebenen Station erworben hatte. Die vorgeschriebenen Zahlungs- und Tankkarten musste die Betreiberin auch für das Waschgeschäft akzeptieren. Regelmäßig fanden verpflichtende Schulungen für die Betreiberin und ihre Mitarbeiter statt, deren Kosten die Betreiberin zumindest teilweise selbst zu tragen hatte. Die Beklagte hatte Bucheinsichtsrechte. Die Betreiberin war verpflichtet, Auskünfte über ihre Vermögens- und Ertragslage zu geben und einen Buchhalter zu beschäftigen, der über das Eurodata-System verfügte. Eine Abschrift des Jahresabschlusses war unverzüglich an die Beklagte zu übersenden.
Die erste der drei Tankstellen wurde von der Betreiberin neu eröffnet. In der Umgebung dieser Tankstation befinden sich vier Tankstellen anderer Unternehmen. Die zweite Tankstelle liegt an einer Straße, die eine Verbindung zwischen Autobahn, Gewerbegebiet und weiteren Gemeinden herstellt. Von der Autobahn kommend befindet sich zunächst eine Tankstelle eines anderen Unternehmens vor der Tankstelle der Betreiberin. Vom Stadtzentrum kommend sind zwei Tankstellen anderer Unternehmen vor der Tankstelle der Betreiberin gelegen. In Bregenz liegen von der Grenze mit der Schweiz kommend vor der (dritten) Station der Betreiberin zwei andere Tankstellen und von der deutschen Grenze kommend bestehen noch zwei weitere andere Tankstellen. Bei Übernahme dieser dritten Tankstelle erhielt die Betreiberin eine Einstandszahlung von 30.086 EUR netto zuzüglich USt. Punkt 3 der bezüglichen Vereinbarung lautet: „ Alle Kunden, die ab Beginn des Tankstellenvertrages Kunden der [dritten] Tankstelle (...) sind, gelten als vom Retailer selbst geworbene Kunden. “
An allen drei Stationen hat die Betreiberin zu einer erheblichen Steigerung der neu zugeführten Stammkunden beigetragen. „Der Stammkundenanteil (neu zugeführte Stammkunden; zumindest vier Betankungen an der jeweiligen Tankstelle pro Kalenderjahr) betrug bei der [ersten] Tankstelle [...] 76 % aller Kunden, bei der [zweiten] 46,55 % und bei der [dritten] 19,51 %.“
Durch den Tod der Betreiberin im August 2009 endete das Vertragsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten.
Der Verwaltungskostenanteil betrug bei allen drei Tankstellen 10 %.
Die maßgebenden Daten und Werte für die drei von der Betreiberin gepachteten Tankstellen (insbesondere die Verkaufsmengen an Treibstoff und Schmiermitteln, die Umsätze und Provision, die variablen und die fixen Kosten, der Pachtaufwand, die Provisionsäquivalente sowie die Umsatzentwicklungen für die jeweiligen Folgemärkte etc) ergeben sich aus den Tabellen S 19 bis 33 des Ersturteils.
Die Beklagte zahlte den Klägern 100.086 EUR abzüglich der Einstandszahlung von 36.102 EUR brutto, daher 63.984 EUR als Abgeltung des Ausgleichsanspruchs nach § 24 Abs 1 HVertrG.
Die Kläger (Rechtsnachfolger der Betreiberin) begehrten 204.000 EUR netto sA. Die Betreiberin sei als Pächterin von drei Tankstationen der Beklagten wie ein Handelsvertreter in die Vertriebsorganisation der Beklagten mit Treibstoffvertrieb, Shop und Waschgeschäft eingebunden gewesen und habe sich in einer arbeitnehmerähnlichen Situation befunden. Sie sei verpflichtet gewesen, die vorgegebenen Öffnungszeiten einzuhalten, die Beklagte habe die Gestaltung der Shops, die Preise und die Verkaufskonditionen vorgegeben. Die Betreiberin habe über Vorgabe der Beklagten 90 % des Warensortiments bei der Firma L***** bezogen; auch beim restlichen Sortiment habe sich die Beklagte Genehmigungsrechte vorbehalten. L***** habe die Endpreise online in das Kassensystem eingespielt; darüber hinaus sei die Betreiberin zur Einhaltung der von der Beklagten erstellten Richtlinien, Handbücher und sonstigen Vertriebsvorgaben verpflichtet gewesen. Sie habe an den von der Beklagten vorgegebenen Werbeaktionen teilnehmen und die vorgegebenen Zahlungsmittel akzeptieren müssen. Mit geringfügigen Modifikationen habe dies auch für den Shop und das Waschgeschäft gegolten. Die Betreiberin habe durch ihre Verkaufsbemühungen zu einer Werterhöhung des Goodwill der Beklagten an den drei Stationen beigetragen und eine Erhöhung der Stammkundenquote in der ersten auf 90 %, in der zweiten auf 80 % und in der dritten auf 60 % erreichen können. Diese Stammkundenanteile habe sie für das Tankstellen- und Schmiermittelgeschäft, das Shop- und das Waschgeschäft erzielt. Nur aufgrund der langjährigen Tätigkeit der Betreiberin sei es zum Aufbau eines kontinuierlichen Kundenstocks gekommen; dabei handle es sich um Stammkunden mit mindestens vier Tankvorgängen pro Jahr. Die Bemühungen der Betreiberin und ihr freundliches Verhalten gegenüber den Kunden hätten dazu geführt, dass maximal von einer Abwanderungsquote von 10 % im Jahresdurchschnitt auszugehen sei. Sie habe mit einem relativ geringen Verwaltungskostenanteil von 10 % gewirtschaftet. Ein Billigkeitsabschlag sei maximal mit 30 % anzusetzen. Einstandszahlungen seien bei der Berechnung nicht zu berücksichtigen. Insgesamt errechne sich der begehrte Ausgleichsanspruch.
Die Beklagte wendete zusammengefasst ein, die Betreiberin sei im Shop und Waschgeschäft Eigenhändlerin gewesen und habe dafür keinen Ausgleichsanspruch. Aus dem Treibstoffvertrieb sei ein Anspruch dem Grunde nach unstrittig, er sei jedoch schon durch die Zahlung von 63.984 EUR abgegolten. Die Betreiberin habe einen großen Teil ihres Warensortiments bei Drittlieferanten beziehen können und dies auch getan. Die Beklagte habe das Erscheinungsbild der Shops nicht vorgegeben; sie habe nur Empfehlungen ausgesprochen und es habe auch keine Kontrollen gegeben. Der von den Klägern angenommene Stammkundenanteil sei überhöht, die unterstellte Abwanderungsquote und der Billigkeitsabschlag seien zu gering.
Das Erstgericht verpflichtete die Beklagte im zweiten Rechtsgang zur Zahlung des begehrten Ausgleichsanspruchs samt Zinsen. Nach dem Sachverhalt sei die Betreiberin auch im Zusammenhang mit dem Shop- und Waschgeschäft in die Verkaufsorganisation der Beklagten derart eingebunden gewesen, dass ihr ein Ausgleichsanspruch zustehe. Die Voraussetzungen des ‑ analog anzuwendenden ‑ § 24 Abs 1 HVertrG seien hier erfüllt und die ‑ nach der Rechtsprechung in solchen Fällen vorzunehmende ‑ zweistufige Berechnung ergebe, dass das Klagebegehren zur Gänze berechtigt sei.
Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Die Betreiberin als Tankstellenpächterin sei nach den Vorgaben der europäischen und der österreichischen Judikatur als arbeitnehmerähnlicher Vertragspartner der Beklagten einzustufen, dessen Rechtsverhältnis dem HVertrG unterfalle. Auch im Folgegeschäft (Shop- und Waschstraßengeschäft) sei die Betreiberin nach den Feststellungen über die Vertragsgrundlagen und die tatsächliche praktische Handhabung der Vertragsbeziehungen in die Vertriebsorganisation der Beklagten handelsvertretergleich eingebunden gewesen. Auch insoweit seien daher die Vorschriften des § 24 HVertrG anzuwenden.
Entgegen der Darstellung der Berufungswerberin fehle es auch nicht an einer hinreichenden Akquisition von Neukunden und ausreichenden weiterwirkenden Vorteilen für die Beklagte. Die in der Berufung vermissten Feststellungen darüber, ob es sich bei den zugeführten Neukunden um neue Kunden für die Beklagte handelte, die nicht schon vorher an anderen Tankstellen der Beklagten Stammkunden waren, seien nicht notwendig. Dabei handle es sich um negative Tatsachen, deren Nachweis vom Pächter billigerweise nicht erwartet werden könne. Dies ergebe sich auch aus der Sphärentheorie: Die Beklagte stehe dem Nachweis der Tatsache, dass ein bestimmter Kunde bereits vorher bei ihrem Unternehmen getankt habe, näher. Unter diesen Umständen sei das Gericht ‑ abweichend von der allgemeinen gesetzlichen Beweislastregelung ‑ legitimiert, das Beweisrisiko zum Vorteil der sonst von Beweisnotstand bedrohten Partei zu verschieben. In diesem Sinn seien zwar die Kläger beweispflichtig dafür, dass die Betreiberin der Beklagten neue Kunden, die zuvor an ihren Stationen nicht Stammkunden waren, zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen zu Stammkunden wesentlich erweitert hat. Dieser Beweispflicht seien die Kläger nachgekommen; dass ein solcher Stammkunde zuvor Stammkunde einer anderen Tankstelle der Beklagten war, hätte die Beklagte behaupten und beweisen müssen. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des BGH zu § 89b dHGB.
Bei der Festsetzung der Ausgleichszahlung sei nach der Rechtsprechung eine zweistufige Berechnung vorzunehmen. Zunächst sei der sogenannte Rohausgleich zu ermitteln. Die Unternehmensvorteile sowie die Billigkeitsgesichtspunkte, insbesondere die Provisionsverluste des Handelsvertreters, seien zu berücksichtigen. Der Unternehmer erspare sich Aufwendungen in Höhe der nicht mehr zu leistenden Provisionen; die Provisionsverluste des Handelsvertreters entsprächen den hypothetischen Provisionseinnahmen, vermindert um eine allfällige jährliche Abwanderungsquote unter Ansetzung einer Abzinsung. Bestehe eine Fluktuation im Rahmen des vorhandenen Kundenstocks, so sei eine Abwanderungsquote für jedes Prognosejahr in Abzug zu bringen. Die um die Abwanderungsquote verminderten fiktiven Provisionseinnahmen seien auf den Barwert abzuzinsen. Der so ermittelte Betrag sei in der Folge auch in Bezug auf die übrigen Billigkeitsgesichtspunkte zu überprüfen. Lägen Umstände vor, die aus Billigkeitsgesichtspunkten eine Minderung des Ausgleichsanspruchs rechtfertigten ‑ zB die Sogwirkung der Marke, der besondere Standort, Investitionen in den Standort, die Vertragsdauer, Eigenverschulden an der Auflösung des Vertrags, besonderer Verwaltungsanteil ‑ so verringere sich der Rohausgleich dementsprechend. Dabei sei grundsätzlich auf das letzte Vertragsjahr abzustellen. Für die Ermittlung des Provisionsäquivalents sei der Anteil am Betrag „Rohertrag minus Eigenhändlerkosten“, der auf die Eigenwaren entfalle, zu berücksichtigen. Bei der Berechnung des Rohausgleichs seien aber nicht nur die Handelsspannen in Bezug auf Eigenwaren, sondern auch jene für Drittwaren zu berücksichtigen, wenn sich auch aus dem Vertrieb dieser Waren für den Geschäftsherrn ein erheblicher verbleibender Vorteil ergebe. Sei der so berechnete Rohausgleich höher als eine durchschnittliche Jahresvergütung, so greife die Höchstgrenze des § 24 Abs 4 HVertrG ein. Wenn der Tankstellenbetreiber ‑ wie hier ‑ keine Provisionen erwirt-schafte, sondern den Gewinn aus der Handelsspanne ziehe, dann sei für seinen Ausgleichsanspruch insoweit ein Provisionsäquivalent (aus der Handelsspanne zuzüglich allfälliger auf die Vermittlungstätigkeit zurückzuführender Sondervergütungen, abzüglich jener Vergütungen, die der Händler für solche Leistungen erhält, die ein Handelsvertreter typischerweise nicht erbringt, abzüglich für Handelsvertreter atypischer Kosten wie zB Pacht, Getränkesteuer, Energiekosten, Sachversicherung, Abfallentsorgung) zu bilden. Weder sei der Sachverständige im Rahmen der Ermittlung der Sachgrundlagen, noch sei das Erstgericht im Rahmen seiner Berechnungen von diesen Vorgaben abgewichen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, mit der sie die Abweisung des Klagebegehrens anstrebt; hilfsweise begehrt die Beklagte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
In der ihnen vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung beantragen die Kläger die Zurückweisung der Revision, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig, weil zur Beweislastverteilung im Zusammenhang mit der Ermittlung der dem Geschäftsherrn neu zugeführten Kunden eine Klarstellung geboten ist.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
1. Die Revisionswerberin versucht mit einem ganz erheblichen Teil ihrer umfangreichen Revisionsausführungen, die Richtigkeit des von den Vorinstanzen ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Sachverständigengutachtens zu bekämpfen. Sie setzt sich sehr eingehend mit den einzelnen Annahmen und Vorgangsweisen des Sachverständigen auseinander und bekämpft diese als unschlüssig, unvollständig und unrichtig.
Die Vollständigkeit und Schlüssigkeit eines Sachverständigengutachtens ist aber eine Frage der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0113643; zuletzt 6 Ob 78/15m). Dasselbe gilt für die Frage, ob das eingeholte Sachverständigengutachten die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen rechtfertigt (RIS-Justiz RS0043163; 6 Ob 78/15m). Dass das Erstgericht diese Feststellungen ‑ dem Gutachten des Sachverständigen folgend ‑ zu einem nicht unbeträchtlichen Teil in Form von Aufstellungen und Tabellen getroffen hat, ändert nichts daran, dass es sich dabei um Tatsachenfeststellungen handelt, die von der zweiten Instanz übernommen wurden und die daher vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüft werden können. Auch die Berufung auf die Unrichtigkeit der vom Sachverständigen angewendeten Methoden vermag daran nichts zu ändern:
Es ist Aufgabe des Sachverständigen, aufgrund seiner einschlägigen Fachkenntnisse jene Methode auszuwählen, die sich zur Klärung der nach dem Gerichtsauftrag jeweils maßgebend strittigen Tatfrage(n) am Besten eignet; andernfalls verhinderte das Gericht, dem es an der notwendigen Fachkunde zur Lösung der durch Sachverständige zu beurteilenden Tatfragen mangelt, die Fruchtbarmachung spezifischen Expertenwissens. Das Gericht hat daher Sachverständigen die im Zuge der Auftragserledigung anzuwendende(n) Methode(n) im Allgemeinen nicht vorzuschreiben, gehört doch die Methodenwahl zum Kern der Sachverständigentätigkeit (RIS‑Justiz RS0119439; zuletzt
16 Ok 9/15g). Besteht für die Gutachtenserstattung ‑ wie hier ‑ keine gesetzlich vorge-schriebene Methode, so unterliegt das von den Tatsacheninstanzen gebilligte Ergebnis eines Gutachtens keiner Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof, weil es um eine Tatfrage geht. Eine Ausnahme bestünde nur dann, wenn eine grundsätzlich inadäquate Methode angewendet wurde. Davon kann im vorliegenden Fall jedoch keine Rede sein (RIS-Justiz RS0118604; zuletzt
Auch mit ihren in verschiedenen Zusammenhängen vorgebrachten Hinweis auf die Unzulässigkeit einer Vorgangsweise nach § 273 ZPO bekämpft die Revisionswerberin in Wahrheit die erstgerichtlichen Feststellungen. Diese sind nämlich gerade nicht das Ergebnis einer solchen Festsetzung; vielmehr haben die Vorinstanzen die Annahmen des Sachverständigen übernommen und zum Gegenstand ihrer Tatsachenfeststellungen gemacht. Diese sind für den Obersten Gerichtshof nicht überprüfbar.
Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin muss in der Erledigung einer Beweisrüge nicht auf jedes einzelne Beweisergebnis und jedes einzelne Argument des Berufungswerbers eingegangen werden (RIS-Justiz RS0042170; RS0043205; RS0043226 uva), sodass die vorliegende, umfassend und eingehend erfolgte Erledigung der Beweisrüge durch das Berufungsgericht den Voraussetzungen einer mängelfreien Entscheidung genügt (RIS-Justiz RS0043150; RS0043371; RS0043268; RS0043185). Ausführungen zur Beweiskraft von Verfahrensergebnissen oder zur Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Sachverhalts stellen eine in dritter Instanz unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung dar (RIS-Justiz RS0043131; RS0043175).
Auch das schon im Berufungsverfahren erfolglos gerügte Unterbleiben der Einholung weiterer Sachverständigengutachten kann in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963).
2. Nach dem Wortlaut des § 24 Abs 1 Z 1 HVertrG gebührt dem Handelsvertreter ein angemessener Ausgleichsanspruch, wenn und soweit (Z 1) „er dem Unternehmer neue Kunden zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen erweitert hat“, (Z 2) „zu erwarten ist, dass der Unternehmer (oder dessen Rechtsnachfolger) aus diesen Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen kann“, und (Z 3) „die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände […] der Billigkeit entspricht“. Gemäß § 24 Abs 2 HVertrG besteht der Ausgleichsanspruch auch dann, wenn ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ das Vertragsverhältnis durch den Tod des Handelsvertreters endet und die genannten Voraussetzungen vorliegen.
Die analoge Anwendbarkeit des § 24 HVertrG auf Vertragsverhältnisse von Tankstellenpächtern, die in die Vertriebsorganisation der jeweiligen Mineralölgesellschaft ebenso eingegliedert sind wie Handelsvertreter (RIS-Justiz RS0109284), ist in Rechtsprechung und Lehre anerkannt (RIS-Justiz RS0020910; 7 Ob 122/06a mwN; Nocker , HVertrG 2 Rz 161 ff mwN). Dass die Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch hinsichtlich des Tankstellengeschäfts hier gegeben sind, blieb unbestritten; strittig ist insoweit nur die Höhe des Anspruchs.
3. Dass dem Tankstellenpächter auch in Bezug auf den Betrieb eines Tankstellen-Shops bzw einer Waschanlage bei Eingliederung (als Eigenhändler oder Vertragshändler) in die Verkaufsorganisation des Mineralölunternehmens ein Ausgleichsanspruch zukommt, ist mittlerweile anerkannt (7 Ob 122/06a; 8 Ob 89/10m; 9 ObA 123/13y). Die analoge Anwendung des Handelsvertreterrechts ist auch in diesem Zusammenhang gerechtfertigt, sofern die konkreten Vertragsbeziehungen so gestaltet sind, dass sie denen zwischen Unternehmer und Handelsvertreter entsprechen (7 Ob 122/06a mwN). Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten führt das Fehlen einzelner Elemente nicht zum Verlust eines Ausgleichsanspruchs, sondern maßgeblich ist ‑ im Sinn eines beweglichen Systems ‑ das Überwiegen der Elemente des Handelsvertretervertrags (RIS-Justiz RS0018335 [T9]).
Hier war die Betreiberin vertraglich verpflichtet, jederzeit einen ausreichenden Lagerbestand zu haben, um den vorhersehbaren Kundenbedarf zu decken (Punkt 4.3 des Tankstellen-Hauptvertrags); die Beklagte konnte bezüglich einzelner Produkte im Lager deren Entfernung verlangen (Punkt 4.4) und sie gab in Handbüchern Vorgaben zur konkreten Lagerung der Produkte (Punkt 4.4 am Ende). Die Beklagte wirkte auf die Einhaltung ihrer Vorgaben hin und übte entsprechenden Druck aus, wobei sie dazu ein bestimmtes System (einschließlich „Mystery Shopper“) verwendete, bei dem neben Abmahnungen auch fristlose Vertragsbeendigungen möglich waren; die Pächter hielten sich daher an die Empfehlungen und Vorgaben, um Probleme mit der Beklagten zu vermeiden. Ob die Betreiberin selbst bestimmten Sanktionen ausgesetzt war, ist ‑ entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ‑ nicht entscheidend. Fest steht, dass sie angehalten wurde, die Empfehlungen einzuhalten und dass sie beispielsweise aus eigenem umgebaute Regalböden wieder zurückbauen musste. Insofern sind auch zu diesem Themenkreis ausreichende Feststellungen vorhanden, aus denen sich ergibt, dass die Nichteinhaltung von „Empfehlungen“ der Beklagten auch sanktioniert wurde.
Die Zwischenschaltung eines von der Beklagten rechtlich nur empfohlenen, faktisch aber verbindlichen (Haupt-)Lieferanten kann der tatsächlichen Eingliederung der Betreiberin in die Absatzorganisation der Beklagten hier nicht entgegen gehalten werden, denn andere Lieferanten mussten einer Überprüfung durch die Beklagte standhalten (Punkt 4.2 des Tankstellen-Hauptvertrags). Beauftragte der Beklagten (neben Mitarbeitern des Hauptlieferanten) kamen regelmäßig zur Betreiberin, um Waren umzuschlichten oder Anweisungen zu geben, dass bestimmte Waren aus dem Sortiment zu nehmen seien. Damit bestand nach dem Sachverhalt aber keine uneingeschränkte Freiheit in der Auswahl der Lieferanten. Auch die Artikelauswahl selbst war in gewissem Umfang vorgegeben, indem die Beklagte ein Kernsortiment vorgab und sich für das restliche Sortiment die Genehmigung vorbehielt (Punkt 4.4). Dies ging so weit, dass die Beklagte konkrete Vorgaben zu Art und Umfang des Sortiments machte und die Betreiberin bestimmte Produkte sogar entfernen musste. Die Beklagte konnte Höchstpreise festsetzen (Punkt 4.5.1) und die Betreiberin war insbesondere beim Waschanlagengeschäft zu bestimmten Preisreduzierungen verpflichtet, weshalb auch nicht gesagt werden kann, sie wäre bei der Preisgestaltung frei gewesen.
Dass einige der in der Entscheidung 7 Ob 122/06a zur Beurteilung des damaligen Falls angeführten Kriterien hier nicht oder nicht im selben Umfang vorlagen wie im Fall der zitierten Vorentscheidung ändert nichts daran, dass insgesamt die Indizien für eine handelsvertreterähnliche Stellung der Betreiberin deutlich überwiegen (vgl RIS‑Justiz RS0018335 [T9]) und die Vorinstanzen daher die Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch nach § 24 HVertrG auch für den Folgemarktbereich zu Recht bejaht haben.
4. Wesentliche Voraussetzung für einen Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters ist gemäß § 24 Abs 1 Z 1 HVertrG die Zuführung neuer Kunden oder die Erweiterung bereits bestehender Geschäftsverbindungen, von denen der Unternehmer auch nach Vertragsende noch profitieren können muss. „Stammkunden“ sind Mehrfachkunden, die in einem überschaubaren Zeitraum mehrmals Geschäfte abschließen (RIS-Justiz RS0124681 [T6]; ebenso BGH NJW-RR 2010, 1550 ff, Rz 20 mwN, wo vier Einkäufe pro Jahr gefordert werden, wobei dies sowohl für das Tankgeschäft als auch für den Shop-Bereich gelte). Diese Bezeichnung impliziert daher eine für das Unternehmen fortwirkende Geschäftsverbindung, weil ‑ mangels anderer Anhaltspunkte ‑ grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass diese Kunden auch weiterhin ihren Bedarf (an Treibstoff oder den im Folgemarktbereich angebotenen Leistungen) in diesem Betrieb decken werden.
4.1 Mit ihrem Einwand, Feststellungen zum Stammkundenanteil im Folgemarktbereich fehlten überhaupt, ist die Revisionswerberin auf die im Urteil des Erstgerichts enthaltenen Tabellen und die darin aufgeschlüsselten Einzelpositionen zu den drei betriebenen Stationen zu verweisen, die auch die Daten für den jeweils betriebenen Folgemarkt (Shop und Waschanlage) einschließlich der jeweils dafür neu geworbenen Stammkundenanteile wiedergeben. Die Revisionswerberin bezieht sich im Übrigen selbst in weiten Teilen des Rechtsmittels auf diese festgestellten Daten. Ob diese Feststellungen richtig sind, ist letztlich eine Frage der im Revisionsverfahren nicht überprüfbaren Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0112242 [T1]; RS0118604 ua).
4.2 In diesem Zusammenhang macht die Revisionswerberin allerdings auch geltend, dass neu zugeführte Stammkunden nur solche seien, die nicht bereits vorher bei einer Tankstelle der Beklagten getankt haben, und dass Feststellungen darüber fehlten, ob bzw in welchem Ausmaß die nach den Feststellungen hier in Rede stehenden Neukunden bereits vorher „Altkunden“ der Beklagten waren.
Mangels gesetzlicher Spezialregeln über die Beweislast im materiellen Recht muss jede Partei die für ihren Rechtsstandpunkt günstigen Normen behaupten und beweisen. In diesem Sinn obliegt der Nachweis der (anspruchsbegründenden) Zuführung neuer Stammkunden dem Tankstellenpächter, der einen Ausgleichsanspruch geltend macht (RIS-Justiz RS0037797). Hingegen obliegt die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass die zugeführten Stammkunden in Wahrheit bereits „Altkunden“ des Unternehmens sind ‑ insofern ist dem Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis beizupflichten ‑ dem Unternehmen:
In der jüngst ergangenen Entscheidung des EuGH vom 7. April 2016, C-315/14 , Marchon , zu Art 17 Abs 2 lit a der Richtlinie 86/653/EWG über Handelsvertreter wird ua ausgeführt, dass die von einem Handelsvertreter (vertragsgemäß) für Waren geworbenen Kunden auch dann als neue Kunden anzusehen sind, wenn sie bereits wegen anderer Waren Geschäftsverbindungen mit dem Unternehmer unterhielten, sofern der Verkauf der erstgenannten Waren durch den Handelsvertreter die Begründung einer speziellen Geschäftsverbindung erfordert hat. Art 17 Abs 2 der RL ‑ so die Entscheidung weiter ‑ ist unter Berücksichtigung des Kontexts, in dem diese Bestimmung steht, und der Ziele, die mit dieser Richtlinie verfolgt werden, auszulegen. Nach ihrem Ziel soll die Richtlinie die Interessen des Handelsvertreters gegenüber dem Unternehmer schützen. Art 17 Abs 2 der Richtlinie ist folglich in einem Sinn auszulegen, der zu diesem Schutz des Handelsvertreters beiträgt und folglich seine Verdienste beim Zustandekommen der ihm anvertrauten Geschäfte vollständig berücksichtigt. Der Begriff „neuer Kunde“ im Sinne dieser Bestimmung darf demnach nicht eng ausgelegt werden.
Vor dem Hintergrund der somit europarechtlich geforderten „handelsvertreterfreundlichsten Normauslegung“ kommt daher der Tankstellenpächter der ihm obliegenden Behauptungs- und Beweispflicht hinreichend nach, wenn er behauptet und beweist, dass und in welchem Ausmaß er der Tankstelle Stammkunden zugeführt hat. Dafür, dass und in welchem Ausmaß diese Kunden bereits vorher Kunden der Mineralölgesellschaft waren und dass sie auch im Sinne der oben wiedergegebenen Entscheidung des EuGH als „Altkunden“ anzusehen sind, ist hingegen das Mineralölunternehmen behauptungs- und beweispflichtig, dem auch eher die Möglichkeit offensteht, etwa anhand von Daten aus Kundenkarten und Informationen aus Verrechnungsvorgängen für die Befundaufnahme und Begutachtung dem Sachverständigen entsprechende Unterlagen zur Verfügung zu stellen, während der Tankstellenpächter nur Unterlagen betreffend die von ihm betriebene(n) Station(en) zur Verfügung hat (in diese Richtung bereits 8 ObA 45/08p; der insofern gegenteiligen Entscheidung 9 ObA 57/14v ist ‑ insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Entscheidung des EuGH ‑ nicht zu folgen).
4.3 Im vorliegenden Fall hat die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren zwar mit zahlreichen Fragen an den Sachverständigen dessen Gutachtensergebnisse (insbesondere auch zu den neu erworbenen Stammkundenanteilen) bezweifelt, sie hat jedoch zu keinem Zeitpunkt konkret vorgebracht, welcher Anteil dieser Stammkunden ihrer Ansicht nach bereits zuvor „Altkunden“ ihres Unternehmens bzw für welchen Anteil dieser neu zugeführten Stammkunden die Tätigkeit der Betreiberin als Pächterin der drei Stationen nicht ursächlich gewesen sein sollte. Demzufolge hat sie dafür auch keine geeigneten Beweisanträge gestellt. Mangels entsprechenden Vorbringens der Beklagten liegt daher der von ihr behauptete Feststellungsmangel nicht vor.
5. Entgegen der Ansicht der Beklagten haben die Kläger sich in ihrem Vorbringen über die Zuführung neuer Kunden an das Unternehmen, über die wesentliche Erweiterung bestehender Geschäftsverbindungen durch die Betreiberin und über die Vorteile der Beklagten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht auf eine Wiedergabe der verba legalia beschränkt, sondern umfangreiches und detailliertes Vorbringen zu ihrem Anspruch erstattet (s bereits ON 5, Seiten 2 bis 23). Dies gilt auch für die Vorteile, die die Beklagte nach Beendigung des Vertragsverhältnisses davon gehabt habe, denn die Kläger haben vorgebracht, die Beklagte habe von den Nachpächtern wiederum die Umsatzpacht erhalten, die im Wesentlichen auf die Stammkunden der Betreiberin zurückzuführen sei.
6. Die in der Revision als überschießend beanstandeten Feststellungen über die erworbenen Neukunden halten sich ‑ wie schon das Berufungsgericht ausgeführt hat ‑ jedenfalls im Rahmen des geltend gemachten Klagsgrundes (RIS-Justiz RS0040318; RS0037972 [T1]; RS0037964 [T1]). Dies gilt auch für die dritte Tankstelle, zumal sich die Kläger dazu nach der Ermittlung der zugeführten Stammkunden durch den Sachverständigen in ihrem Vorbringen die ermittelten Werte zu eigen gemacht haben.
7. Die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass die ihm durch den Handelsvertreter geschaffenen Verdienstchancen im Einzelfall über die Beendigung des Vertragsverhältnisses hinaus keinen Bestand haben oder haben werden, trifft den Unternehmer (RIS-Justiz RS0106003 [insb T3, T6]). Der Ausgleichsanspruch soll das Vertragsverhältnis überdauernde Vorteile, die dem Unternehmer aus der vom Handelsvertreter zugeführten Kundschaft bleiben, abgelten (RIS-Justiz RS0109283). Relevant ist die bloße Möglichkeit, die vom Handelsvertreter neu aufgebauten Geschäftsverbindungen nutzen zu können, nicht jedoch, dass der Unternehmer diese auch wirklich nutzbringend verwendet (9 ObA 21/13y mwN).
Wie bereits erwähnt, haben hier die Vorinstanzen der Berechnung des Ausgleichsanspruchs für den Folgemarktbereich ein vom Sachverständigen ermitteltes Provisionsäquivalent zugrunde gelegt und dabei auch Drittwaren berücksichtigt, weil die Beklagte ‑ unstrittig ‑ hier (neben einer vom Umsatz abhängigen Pacht) eine Rückvergütung vom Lieferanten erhalten hat. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin, die nur die erhaltene Pacht und die Rückvergütung berücksichtigen möchte, steht dieser Berechnungsvorgang mit der Rechtsprechung zum Ausgleichsanspruch (7 Ob 122/06a; 9 ObA 123/13y) im Einklang. Dass sich der Sachverständige im erstinstanzlichen Verfahren mit den Fragen der Beklagten in diesem Punkt nicht auseinandergesetzt oder das Berufungsgericht die Mängelrüge in diesem Zusammenhang nicht behandelt hätte, trifft nicht zu.
8. Wegen der notwendigerweise an den Besonderheiten des Einzelfalls auszurichtenden Ermittlung des Anspruchs nach § 24 HVertrG besteht für pauschale Berechnungsweisen oder die Ermittlung der Höhe des Anspruchs nach festen Formeln grundsätzlich kein Raum (RIS-Justiz RS0116276 [T1]). Allgemein gültige Prozentsätze für die einzelnen als anspruchsmindernd zu berücksichtigenden Faktoren lassen sich daher nicht festsetzen (8 ObA 45/08p = RIS-Justiz RS0116276 [T6]) und auch für die Dauer des Prognosezeitraums können keine allgemein gültigen Prozentsätze festgelegt werden (9 Ob 32/11p).
9. Die ‑ wiederholte ‑ Argumentation der Beklagten, der Sachverständige habe Sondererlöse oder Zuschüsse unrichtig angesetzt oder unrichtig berücksichtigt, entfernt sich insoweit vom festgestellten Sachverhalt, als in den erwähnten, in Tabellenform festgestellten Einzelpositionen „Sondererlöse“ teilweise auch als Abzug oder mit „0“ enthalten sind. Die Frage der in den Berechnungen (unterschiedlich) berücksichtigten „Sondererlöse“ wurde auch mit dem Sachverständigen erörtert, wobei das Berufungsgericht schließlich die ‑ auf das Gutachten gegründeten ‑ Feststellungen des Erstgerichts übernommen hat. Der Hinweis der Revisionswerberin auf ihre Erfahrungswerte aus anderen (ähnlichen) Gerichtsverfahren mit Beteiligung eines anderen Sachverständigen zur Zuordnung der Sondererlöse zielt ebenfalls auf eine ‑ in dritter Instanz unzulässige ‑ Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen. Gleiches gilt für die festgestellten Verwaltungsanteile zu den drei Tankstationen.
Zu den gemäß § 24 Abs 1 Z 3 HVertrG zu berücksichtigenden Billigkeitsaspekten lassen sich keine gültigen Prozentsätze für die einzelnen als anspruchsmindernd anzusetzenden Faktoren festsetzen (8 ObA 45/08p). Hier hat das Erstgericht durch einen Abschlag von (höchstens) 50 % auch die Sogwirkung der Marke, die Werbemaßnahmen und Kundenbindungsprogramme der Beklagten als ausreichend beachtet angesehen, während das Berufungsgericht im Rahmen seiner Billigkeitserwägungen auch auf weitere Kriterien hingewiesen hat. Dass ‑ wie die Revision meint ‑ hier kein ausreichendes Tatsachensubstrat für die ‑ nach § 273 ZPO vorzunehmende (9 ObA 118/15s) ‑ Billigkeitsentscheidung vorhanden wäre, trifft nicht zu.
10. Insgesamt erweist sich damit die Revision der Beklagten als nicht berechtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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