OGH 1Ob210/15m

OGH1Ob210/15m24.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. N***** Gesellschaft mbH und 2. V***** GmbH, beide *****, vertreten durch Dr. Annemarie Stipanitz‑Schreiner und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. V***** D*****, 2. K***** D*****, beide *****, vertreten durch Dr. Richard Benda und andere Rechtsanwälte in Graz, 3. D***** F***** und 4. DI B***** F*****, beide *****, vertreten durch Dr. Michael Kruletz, Rechtsanwalt in Graz, wegen Feststellung (Streitwert 10.000 EUR), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 31. März 2015, GZ 6 R 22/15x‑17, womit das Urteil des Bezirksgerichts Graz‑Ost vom 24. November 2014, GZ 210 C 101/14z‑11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0010OB00210.15M.1124.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Im November 1909 schlossen die damaligen Eigentümer von Grundstücken, auf denen sich eine ergiebige Wasserquelle befand, und die Eigentümerin in der Nachbarschaft befindlicher Grundstücke, auf denen diese eine Heilanstalt betrieb, einen Vertrag, der vorsah, dass die Grundstückseigentümer der Heilanstaltbetreiberin und deren allfälligen Rechtsnachfolgern im Besitz der näher bezeichneten Liegenschaften, auf der die Heilanstalt betrieben wird, für sich und ihre Erben und Rechtsnachfolger ab 1. August 1909 für immerwährende Zeiten und unaufkündbar den Bezug des Wassers aus der Quelle auf den näher bezeichneten Grundparzellen, ferner die Erbauung der hierzu nötigen Förderungsanlage und die Benützung des bereits vorhandenen Reservoirs und des von dieser Quelle über weitere Grundstücke gelegten Rohrstrangs zwecks Leitung des Wassers auf die vorbezeichneten Realitäten (Heilanstalt) bewilligen. Dagegen verpflichtete sich die Heilanstaltbetreiberin, als Entgelt in näher bezeichneter Weise einen bestimmten Betrag zu bezahlen, widrigenfalls eine Vertragsaufkündigung erfolgen könne. Auch verpflichtete sie sich dazu, den Rohrstrang „ausschließlich der Abzweigung desselben zu den jeweils vorhandenen Baulichkeiten“ [auf den Liegenschaften der Eigentümer des Quellengrundstücks] „auf ihre Kosten jederzeit in vollkommen brauchbaren Zustande zu erhalten“ sowie täglich bis zu 3.000 Liter Wasser abzugeben und unter Benützung des Rohrstrangs dies zu den Gebäuden der Quellenbesitzer zu fördern.

Entsprechend diesen vertraglichen Vereinbarungen erklärten die Vertragsparteien ihr Einverständnis zur Einverleibung der Dienstbarkeit des Wasserbezugs zugunsten der Eigentümerin der Kuranstalt und zulasten der Quelleneigentümer sowie der Reallast der näher beschriebenen Wasserlieferung und Geldzahlung zugunsten der Eigentümer des Quellengrundstücks und zulasten der Eigentümerin der Kuranstalt.

Die Erst‑ und die Zweitklägerin sind die Rechtsnachfolger der Heilanstaltbetreiberin.

1974 erwarb eine Ärztekammer das Quellengrundstück von den Rechtsnachfolgern jener Eigentümer, die den Vertrag 1909 geschlossen hatten, wobei die Reallast und das Wasserbezugsrecht ausdrücklich mitübertragen wurden. 1979 verkaufte die Ärztekammer eine Teilfläche der Quellenliegenschaft (ohne die Quelle) an den Erst‑ und die Zweitbeklagte, nun auch Wohnungseigentümer dieser Liegenschaft ebenfalls unter ausdrücklicher Übertragung der Reallast. 2003 erwarben auch der Dritt‑ und die Viertbeklagte daran Anteile, mit denen Mit‑ und Wohnungseigentum verbunden ist. 2007 erwarb die Zweitklägerin, die auch Rechtsnachfolgerin in Ansehung der Grundstücke der Heilanstaltbetreiberin ist, den Restbestand der Quellenliegenschaft (mit der Quelle) mit allen damit verbundenen Pflichten.

Bei der Liegenschaft der Beklagten ist im Grundbuch die „Grunddienstbarkeit Lieferung von tägl 3.000 Lit Wasser ..., Zahlung von ... an ... [Liegenschaften der Kläger]“ im A2‑Blatt ersichtlich gemacht und die „DIENSTBARKEIT Wasserbezug und Wasserleitung für die Heilanstalt ... bzw für ... [drei Liegenschaften der Kläger]“ im C‑Blatt einverleibt. Bei diesen Liegenschaften der Kläger ist im A2‑Blatt die „Grunddienstbarkeit des Wasserbezugs und der Wasserleitung an ... [Liegenschaft mit dem Quellengrundstück]“ ersichtlich gemacht und überdies der Hinweis auf die Liegenschaft der Beklagten „weiter dienend“ eingetragen sowie im C‑Blatt die „REALLAST der Lieferung von täglich 3.000 l Wasser ... und der Zahlung von ... für ... [Liegenschaft mit dem Quellengrundstück]“ einverleibt und ein Hinweis auf die Liegenschaft der Beklagten „weiter herrschend“ eingetragen.

1979 wurde das Wasser aus der Quelle über eine etwa 700 m lange Druckrohrleitung zur Kuranstalt gefördert. Von der Kuranstalt wurde das Wasser über ein Verteilernetz wieder zurückgeführt, und zwar zum Grundstück der Beklagten und zu weiteren Grundstücken. Die von der Kuranstalt zurückführende Leitung war alt (aus dem Anfang des [richtig:] 20. Jahrhunderts) und für die damals noch nicht an die schon bestehende Ortswasserleitung angeschlossene Liegenschaft der Beklagten die einzige Wasserversorgung.

Die Druckrohrleitung von der Quelle bis zur Kuranstalt bestand bis 2003, dann schlug sie leck und rostete durch. Sie war an mehreren Stellen geborsten, die Bruchstellen waren nicht mehr genau auffindbar und auch der genaue Verlauf der Leitung nicht mehr bekannt. Auch die Brunnenanlage selbst wäre zu sanieren gewesen; eine Pumpe im Brunnen war defekt. Es hätte damals mehr als 100.000 EUR gekostet, den alten Brunnen auf den heutigen Stand der Technik zu bringen. Das Quellwasser hatte auch noch 2003 Trinkwasserqualität. Ab einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt im Jahr 2003 wurde aus der Quelle kein Wasser mehr gefördert. Ab diesem Zeitpunkt versorgte zwar die Kuranstalt über die Verteilleitung weiter das Beklagtengrundstück, dabei handelte es sich aber nicht mehr um Quellwasser, sondern um Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung. 2011 versagte auch die etwa 500 m lange Versorgungsleitung für die Beklagten. Auch diese Leitung hätte ausgetauscht werden müssen, was einen Aufwand von etwa 200 EUR pro Laufmeter erfordert. Mangelnde Instandhaltung der Leitung und der Baulichkeiten ist weder den Rechtsvorgängern der Kläger noch diesen selbst vorzuwerfen. In diesem Jahr wurde die Liegenschaft der Beklagten aufgrund eines Ansuchens der Erstklägerin an das öffentliche Wassernetz angeschlossen. Die Anschlussgebühren trug die Erstklägerin ebenso wie sie auch die laufenden Wassergebühren für den Wasserbezug der Beklagten weiter bezahlt.

Die Kläger begehren mit Wirkung gegenüber den Beklagten die Feststellung, dass die zugunsten der Liegenschaft der Beklagten einverleibte Reallast „gleichzeitig mit der wechselbezüglichen“ zulasten der Liegenschaft der Beklagten zugunsten der Kläger einverleibten Dienstbarkeit des Wasserbezugs und der Wasserleitung nicht mehr zu Recht besteht. Die damaligen Eigentümer der Liegenschaft der Beklagten hätten zugunsten der Liegenschaften der Kläger ein Wasserbezugsrecht aus einer Quelle eingeräumt. Als Gegenleistung hätten sich die Rechtsvorgänger der Kläger verpflichtet, Zug um Zug durch die Einspeisung des Wassers an die Eigentümer oder Rechtsnachfolger der Liegenschaften der Beklagten vom bezogenen Wasser 3.000 Liter täglich abzugeben und ein Entgelt von damals 240 Kronen zu bezahlen. Die Dienstbarkeit und die Reallast stünden in einer Wechselbezüglichkeit, die sich auch aus dem Dienstbarkeitsvertrag aus 1909 ergebe. Die Wasserquelle sei bis 2011 in Betrieb gewesen, infolge eines Wasserrohrbruchs sei sie aber defekt geworden. Die Sanierung der Quelle hätte einen wirtschaftlich unzumutbaren Aufwand von 100.000 EUR erfordert. Sowohl die Kläger als auch die Beklagten bezögen Wasser nunmehr aus der Gemeindeleitung, die Dienstbarkeit werde daher nicht mehr ausgeübt. Sie sei zwecklos geworden, weil die Kosten der Wiederherstellung und des Betriebs der Wasserleitung in keinem Verhältnis zu dem bei Vorhandensein einer Gemeindewasserleitung noch in Betracht kommenden Verwendungszweck des Wassers stünden. Auch sei die Erfüllung der Reallast unabhängig davon, dass die Rechtsvorgänger der Kläger ihre Erhaltungspflicht vollinhaltlich erfüllt hätten, unmöglich, weil unerschwinglich im Sinn wirtschaftlicher Unverhältnismäßigkeit, geworden. Die Kläger hätten zudem auf ihre Dienstbarkeit verzichtet, damit sei Zug um Zug auch die Reallast der Wasserlieferung samt Bezahlung entfallen.

Die Beklagten wendeten ein, die Erstklägerin habe als Rechtsnachfolgerin der Heilanstalt auf immerwährende Zeiten die Pflicht übernommen, die Wasserleitungsanlagen in brauchbarem Zustand zu halten, sei dieser aber nicht nachgekommen. Wäre sie ihrer Verpflichtung nachgekommen, wäre kein so hoher Instandhaltungsaufwand entstanden, die Umstellung auf das Ortswassernetz nicht notwendig und der tatsächliche Wasserbezug aus der Quelle nicht unverhältnismäßig geworden. Der Brunnen und die Wasserleitung könnten mit einem einfachen Plastikrohr jederzeit wieder aktiviert werden. Die Beklagten nähmen bis heute den unentgeltlichen Wasserbezug in Anspruch, sodass kein Grund für das Erlöschen der Reallast vorliege. Die Frage, wie die Leistung erbracht werde, ob von der seinerzeit genannten Quelle, von einer anderen oder vom öffentlichen Wassernetz, sei unerheblich. Auch ein Verzicht der Kläger auf die zu ihren Gunsten eingeräumte Dienstbarkeit der Wasserleitung und des Wasserbezugs wirke sich nicht auf die zugunsten der Beklagten bestehende Reallast aus, weil die Dienstbarkeit und die Reallast ‑ wie sich aus dem Vertragstext ergebe ‑ getrennt zu sehen seien und bei entgeltlichen Dienstbarkeiten der Verzicht des Berechtigten nicht ausreiche. Ab dem Erwerb eines Teils der Quellenliegenschaft durch die Beklagten, seien die Begünstigten aus der Reallast und die Eigentümer der Quelle unterschiedliche Rechtssubjekte geworden, sodass eine allfällige Wechselbezüglichkeit spätestens zu diesem Zeitpunkt geendet habe. Für den Fall, dass die Reallast nicht mehr bestehe, sei 2011 zwischen den Parteien eine Novation vereinbart worden, dass die Wasserzufuhr über das öffentliche Wassernetz erfolge. Im Übrigen hätten die Kläger auf Leistung, nämlich auf Löschung, klagen müssen, weil die Voraussetzungen für die Löschung nach dem Vorbringen der Kläger schon länger vorlägen.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren statt. Den Eigentümern einer angeblich herrschenden Liegenschaft stehe eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der Dienstbarkeit zu, ohne dass dafür ein besonderes rechtliches Interesse erforderlich wäre. Die Tatsache, dass ein Wohnhaus eines Wasserbezugsberechtigten an das Wasserleitungsnetz einer Gemeinde angeschlossen werde, lasse das Wasserbezugsrecht nicht enden. Die Dienstbarkeit werde aber zwecklos, wenn die Kosten der Wiederherstellung und des Betriebs der Wasserleitung bei wirtschaftlichen Erwägungen in keinem Verhältnis zu den bei Vorhandensein einer Gemeindewasserleitung noch in Betracht kommenden Verwendungszwecken des Wassers stünde. Da die Kläger zur Aufrechterhaltung des Wasserbezugs insgesamt ca 340.000 EUR investieren müssten, sei von wirtschaftlicher Unzumutbarkeit auszugehen, sodass die Dienstbarkeit des Wasserbezugs und der Wasserleitung und im Gegenzug auch die Entgeltverpflichtung der Kläger in Form der Reallast 2011 erloschen seien.

Das Berufungsgericht wies über Berufung der Beklagten das Feststellungsbegehren mangels rechtlichen Interesses ab, weil die Kläger ein Leistungsbegehren auf Löschung hätten stellen können. Da der Prozessgegenstand keine angemaßte Servitut und/oder Reallast, sondern das (nicht mehr) Bestehen grundbücherlich eingetragener Rechte gewesen sei, sei hier ein rechtliches Interesse zu verlangen. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und erklärte (nachträglich) die ordentliche Revision (doch) für zulässig, weil die Rechtsansicht, den Klägern fehle das erforderliche Feststellungsinteresse, allenfalls korrekturbedürftig sei.

Die Kläger relevieren dies in der Revision, verweisen darauf, dass sich die Bedeutung des Feststellungsurteils nicht in der Verbücherung (des Erlöschens) des Rechts erschöpfe und streben die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Klagestattgebung an.

Erstbeklagter und Zweitbeklagte weisen in ihrer Revisionsbeantwortung darauf hin, dass die Klagsabweisung schon deswegen berechtigt sei, weil die Vereinbarung den Sinn gehabt habe, die den Klägern damit „auf immerwährende Zeiten“ auferlegte Verpflichtung über die unentgeltliche Lieferung von täglich 3.000 Liter Wasser auf Generationen abzusichern, und sie daher unabhängig von einem von den Klägern ‑ aus welchen Gründen auch immer ‑ nicht mehr aufrechterhaltenen Leitungssystem sei. Drittbeklagter und Viertbeklagte unterstreichen, seit der Eigentumsübertragung durch die Ärztekammer seien die Herrschaft über die Quelle und der „Reallastbezug“ auseinandergefallen; der Rechtsgrund für den Wasserbezug sei nunmehr allein die einverleibte Reallast.

Die Revision der Kläger ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig und im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Auf Reallasten sind die für Servituten geltenden Grundsätze zu Begründung, Übertragung, Endigung und Rechtsschutz generell (ohne vertragliche oder sonstige Sonderregelung) anzuwenden ( Koch in KBB 4 § 530 Rz 2 mwN; vgl auch RIS‑Justiz RS0116186).

2. Weder die Klage, mit der die Feststellung begehrt wird, dass die behauptete Servitut nicht besteht, noch die Klage auf Feststellung des Bestehens einer Dienstbarkeit bedarf der Behauptung eines Feststellungsinteresses (RIS‑Justiz RS0112360; RS0012155; RS0011506; RS0012120). Bei diesen materiell‑rechtlichen Feststellungsklagen stellt sich daher das Problem der Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage (vgl RIS‑Justiz RS0038817; RS0038849; RS0039021 [T9, T11 und T20]) nicht (RIS‑Justiz RS0038877).

Dass die Beklagten Prädialreallastberechtigte sind, hindert die Klageführung nach § 523 ABGB nicht, zumal eine solche auch gegen denjenigen zulässig ist, der sich im Besitz eines grundbücherlich eingetragenen Eingriffsrechts befindet, es verschiebt sich lediglich die Beweislast (RIS‑Justiz RS0010164; RS0012186 [T2]). Auf das vom Berufungsgericht geforderte und im konkreten Fall verneinte rechtliche Interesse an der Erhebung der Feststellungsklage ist daher nicht abzustellen, weshalb der vom Berufungsgericht herangezogene Grund eine Klagsabweisung nicht trägt.

3. Die Kläger behaupten die Zwecklosigkeit der sie begünstigenden Dienstbarkeit infolge Unerschwinglichkeit der zur Ausübung erforderlichen Einrichtungen (Quelle und Wasserleitung) und damit verbunden das Erlöschen der zugunsten der jeweiligen Eigentümer bestimmter Liegenschaften eingetragenen „wechselbezüglichen“ Prädialreallast.

4. Während typischer Inhalt einer Servitut die Verpflichtung des Eigentümers der dienenden Sache zu einem Dulden oder Unterlassen ist (vgl 7 Ob 175/13f), belasten Reallasten ein Grundstück mit einer dinglichen Haftung des jeweiligen Eigentümers für bestimmte positive Leistungen ( Koch aaO Rz 1; vgl RIS‑Justiz RS0012180; RS0012185; RS0116184). Reallasten können auch zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines oder mehrerer anderer Grundstücke bestehen (Prädialreallast, Hofmann in Rummel ABGB 3 § 530 Rz 2; Koch aaO; 3 Ob 63/05v). Eine Servitut kann reallastartige Elemente enthalten (vgl RIS‑Justiz RS0011670; 5 Ob 100/15i = RS0130340). Umgekehrt überwiegt beispielsweise beim Ausgedinge, das eine bäuerlichen Übergabsverträgen typische, der Versorgung des (Hof‑)Übergebers und naher Angehöriger dienende und daher auf seine Lebenszeit beschränkte Zusammenfassung verschiedener Leistungspflichten zu einer Einheit ist, das Element der Reallast (6 Ob 85/00v).

5. Im vorliegenden Fall wurde mit dem eingangs auszugsweise wiedergegebenen Vertrag zwischen den jeweiligen Liegenschaftseigentümern der Kuranstalt und der Quelle ein Bündel an wechselseitigen Rechten und Pflichten geschaffen. Die Reallast der Wasserlieferung wurde den Eigentümern des reallastberechtigten Grundstücks als Gegenleistung dafür gewährt, dass den Eigentümern des reallastverpflichteten Grundstücks die Dienstbarkeit des Wasserbezugs aus einer Quelle eingeräumt wurde, die auf einer ebenfalls im Eigentum der Reallastberechtigten stehenden Liegenschaft lag. Offenkundiger wirtschaftlicher Zweck war dabei, die Eigentümer des Quellengrundstücks für den Bezug des Wassers neben der Geldleistung auch dadurch zu entschädigen, dass ihnen ein Teil dieses Wassers zugeleitet werden sollte und die Eigentümer der reallastverpflichteten Liegenschaften zusätzlich die Gestehungs‑ und Erhaltungskosten der Wasserleitung tragen sollten (ausgenommen des Teils ab der Abzweigung zu den jeweils vorhandenen Baulichkeiten auf den Liegenschaften der Reallastberechtigten). Dies ergibt sich bei Auslegung des Vertrags ausgehend vom Wortlaut (RIS‑Justiz RS0017748) unter Berücksichtigung des Geschäftszwecks (RIS‑Justiz RS0017833; RS0017756; RS0000406) nach Ansicht des erkennenden Senats eindeutig. Es sollten nicht etwa 3.000 Liter Wasser „geliefert“ oder „bereitgestellt“, sondern von dem selbst im Rahmen der Dienstbarkeit aus der Quelle bezogenen Wasser „abgegeben“ werden. Weiters spricht die vereinbarte Möglichkeit der Kündigung der Servitut bei Verzug mit der Erbringung der Reallast für die Verknüpfung. Die Verpflichtung zur Zahlung des Entgelts sowie der Abgabe und Zulieferung des Wassers in bestimmtem Ausmaß steht in einem synallagmatischen Verhältnis zum Bezug des Wassers aus der Quelle. Dass dies nicht in allen Details im Hauptbuch des Grundbuchs eingetragen wurde (vgl 7 Ob 175/13f; RIS‑Justiz RS0011527), hindert die Annahme der „Wechselbezüglichkeit“ nicht. Bei der Reallast wurde aber ohnehin die Verpflichtung zur halbjährlichen Zahlung des Entgelts und der Lieferung von täglich 3.000 Liter Wasser gemeinsam eingetragen.

Der sowohl der Dienstbarkeit als auch der Reallast zugrunde liegende Vertrag befindet sich in der Urkundensammlung des Grundbuchs. Die Urkundensammlung ist auch ohne Bezugnahme im Hauptbuch nach § 5 GBG zu berücksichtigen, wenn sich aus der Art der Eintragung die Vermutung ergibt, dass wichtige Nebenbestimmungen zwar in der Urkunde, aber nicht im Hauptbuch erscheinen (RIS‑Justiz RS0060243; RS0060205). Bei einer Grunddienstbarkeit ergibt sich in der Regel aus der Art der Eintragung die Vermutung, dass wichtige Nebenbestimmungen wohl in den Urkunden, nicht aber im Hauptbuch aufscheinen. Daher besteht auch die Pflicht, die Urkundensammlung einzusehen (vgl RIS‑Justiz RS0011545; RS0112155). Da sich die Abhängigkeit der Reallast von der ‑ im C‑Blatt des Grundbuchs bei der Liegenschaft der Beklagten weiterhin eingetragenen ‑ Dienstbarkeit aus dem Vertrag ergibt, der in der Urkundensammlung hinterlegt ist, muss von einer abhängigen Reallast ausgegangen werden (vgl auch 3 Ob 2219/96m; 1 Ob 166/14i).

6. Eine Servitut kann aus vielerlei Gründen erlöschen (vgl § 524 ABGB); so etwa durch Untergang der Sache (§ 525 ABGB) und andere gesetzliche Erlöschungsgründe, aber auch durch Verzicht, Verjährung oder vorzeitige Auflösung aus wichtigem Grund.

Bei der Auflösung aus wichtigem Grund, wofür im Allgemeinen Vertragsverletzungen, der Verlust des Vertrauens in die Person des Schuldners oder schwerwiegende Änderungen der Verhältnisse in Betracht kommen, welche die Fortsetzung nicht zumutbar erscheinen lassen, wird zu den Dienstbarkeiten darauf verwiesen, dass deren Auflösung wegen der stärkeren dinglichen Bindung nur „äußerstes Notventil“ sein könne; die für die Auflösung in Betracht kommenden Gründe müssten ein noch größeres Gewicht haben als jene, die für die Auflösung von Dauerschuldverhältnissen genügen (RIS‑Justiz RS0018813; RS0027780; RS0011519). Zur Auflösung des Vertrags ist überdies nur derjenige berechtigt, der für den Eintritt des Auflösungsgrundes nicht allein oder überwiegend verantwortlich ist (9 Ob 16/08f = SZ 2008/145 mwN).

Der aus einer Dienstbarkeit (nur) Berechtigte kann jederzeit auf sie verzichten ( Hofmann aaO § 524 Rz 2; Koch aaO § 524 Rz 2); bei entgeltlichen Dienstbarkeiten reicht der Verzicht des Berechtigten aber wegen des Synallagmas nicht aus (3 Ob 2219/96m).

Eine Dienstbarkeit kann nur bestehen, wenn sie für das herrschende Grundstück nützlich und bequem ist, und erlischt, wenn sie zwecklos wird (RIS‑Justiz RS0011582), wobei aber jeder auch nur einigermaßen ins Gewicht fallende Vorteil für die Aufrechterhaltung des erworbenen Rechts genügt (RIS‑Justiz RS0011701; zur Reallast RS0116757).

7. Da das Erlöschen einer Servitut wegen Zwecklosigkeit das Recht ex lege beendet (3 Ob 214/14p; RIS‑Justiz RS0011582 [T9]; RS0011589 [T7]), wären die Kläger von ihrer Belastung befreit, wenn ihre Behauptung zuträfe, die Servitut sei zwecklos geworden, weil dann ausgehend von einer synallagmatischen Verknüpfung der Prädialreallast mit der Servitut mit deren Erlöschen auch erstere untergegangen wäre (vgl 1 Ob 166/14i). Das der Klage stattgebende Ersturteil wäre in einem solchen Fall wiederherzustellen.

8. Der Oberste Gerichtshof hat zu 1 Ob 17/79 (= RIS‑Justiz RS0011761) entschieden, dass allein die Tatsache, dass das Wohnhaus des Wasserservitutsberechtigten an das Wasserleitungsnetz einer Gemeinde angeschlossen ist, dessen Wasserbezugsrecht nicht enden lässt, wenn er weiterhin, wenn auch nur vereinzelt, Wasser der Dienstbarkeit entsprechend bezieht.

Allerdings muss eine Dienstbarkeit der Wasserleitung als zwecklos angesehen werden, wenn bei wirtschaftlichen Erwägungen die Kosten der Wiederherstellung und des Betriebs der Wasserleitung in keinem Verhältnis zu den bei Vorhandensein einer Gemeindewasserleitung noch in Betracht kommenden Verwendungszwecken des Wassers stehen (RIS‑Justiz RS0011606) .

9. Im vorliegenden Fall sind alle Streitteile an die Ortswasserleitung angeschlossen. Es müssten die Kläger die Leitungen erneuern und den Brunnen sanieren, um das Wasser aus der Quelle, die heute im Eigentum der Zweitklägerin steht, über die Liegenschaft der Beklagten zu fördern und diesen letztlich davon 3.000 Liter Wasser täglich liefern zu können. Eine etwaige Erneuerung/Sanierung oder Wartung der Leitung ab der im Vertrag genannten Abzweigung des Rohrstrangs zu den jeweils vorhandenen Baulichkeiten auf der Liegenschaft der Beklagten müssten diese selbst und auf eigene Kosten vornehmen. Bei der hier vorliegenden Verknüpfung von wechselseitigen Rechten und Pflichten im Gesamtzusammenhang, wird für die Berechtigung des Feststellungsbegehrens darauf abzustellen sein, ob die Kläger zur Erfüllung der ihnen auferlegten Pflichten, einen wirtschaftlich unzumutbaren Aufwand tragen müssten, also einen solchen der in einem deutlichen Missverhältnis zur ihnen daraus zukommenden Gegenleistung steht, und sich daraus eine Zwecklosigkeit der Servitut ergibt. Die zu diesem Komplex erhobenen Mängel‑ und Beweisrügen hat das Berufungsgericht aber bisher nicht behandelt. Dies wird nachzuholen sein.

10. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 2 ZPO.

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