OGH 3Ob63/05v

OGH3Ob63/05v30.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef P*****, vertreten durch Dr. Christoph Schneider und Dr. Thomas Zelger, Rechtsanwälte in Kufstein, wider die beklagte Georg B*****, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unzulässigerklärung einer Exekution nach § 35 EO (Streitwert 7.270 EUR), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 29. Oktober 2004, GZ 4 R 388/04v-11, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 26. Jänner 2005, AZ 4 R 388/04, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Kufstein vom 21. Juni 2004, GZ 2 C 1286/03d-7, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 499,39 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 83,23 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit gerichtlichem Vergleich vom 15. Juli 1999, berichtigt durch Anerkenntnisurteil des Bezirksgerichts Kufstein vom 30. Juni 2000 (im Folgenden nur kurz Vergleich), verpflichtete sich der Kläger eine bestimmte Grundstücksteilfläche („Trennstück 1", im Folgenden nur Teilfläche), die ihm zuvor vom Beklagten übergeben und in sein Eigentum übertragen werden sollte, in näher beschriebener Weise abzuzäunen bzw. eine Grenze mit einer Kette abzusichern. Mit Kaufvertrag vom 1. September 1999 verkaufte der Kläger seine Liegenschaft und damit auch die vom Beklagten erlangte Teilfläche an einen Dritten (Erwerber und Einzelrechtsnachfolger des Klägers, im Folgenden nur Dritter). Dieser Dritte wurde bei der vom Beklagten erworbenen Liegenschaft als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen, nicht jedoch bei der erwähnten Teilfläche. Der Dritte erhielt sie zwar vom Kläger übergeben und nahm sie in Besitz, die Verbücherung des Eigentumsrechts des Dritten scheiterte aber bisher daran, dass die Ansprüche des Klägers auf Übergabe der Teilfläche aufgrund des Vergleichs erst am 8. Jänner 2004 vollstreckbar wurden (hg. 3 Ob 188/02x) und mittlerweile der für die Verbücherung erforderliche Teilungsplan infolge Zeitablaufs als Verbücherungsgrundlage untauglich geworden war.

Der Dritte brachte zwar im Grenzbereich eine Gliederkette an, die aber nicht gespannt wurde, weshalb keine Abzäunung vorliegt. In einem weiteren strittigen Grenzbereich errichtete er eine Betonziegelmauer und im Anschluss daran eine drei Meter hohe Holzwand. In einem weiteren strittigen Grenzbereich legte er einen Holzpfahl auf den Boden und darüber noch einen weiteren Pfahl, die - bereits mit Gras überwachsen - eine Höhe von etwa 20-30 cm aufweisen.

Am 8. September 2003 bewilligte das Erstgericht über Antrag des Beklagten die Exekution durch Ersatzvornahme gemäß § 353 EO zur Erzwingung des vollstreckbaren Anspruchs des Beklagten auf Abzäunung der Teilfläche, Absicherung eines bestimmten Grenzverlaufs mit einer Kette und auf Abzäunung eines Grundstücks gegenüber der Wegparzelle des Nachbarn mit einer Kette.

Der Kläger begehrte gegenüber dem Beklagten die Unzulässigerklärung der Exekution, weil er sämtliche von den genannten Exekutionstiteln betroffene Grundstücke nach Titelschaffung und vor Exekutionsbewilligung an einen Dritten verkauft habe. Damit seien sämtliche Ansprüche des Beklagten auf den Erwerber der Liegenschaft übergegangen und gegenüber dem Kläger erloschen; denn im Kaufvertrag zwischen dem Kläger und dem dritten Erwerber sei vereinbart worden, dass dieser alle Rechte und Pflichten aus dem Vergleich übernehme. Die zu übertragende Teilfläche sei deshalb noch nicht verbüchert worden, weil der Beklagte nach Vergleichsabschluss mit allen Mitteln versucht habe, die Verbücherung zu verhindern. Das Teilstück stehe daher unverändert im Eigentum des Beklagten. Da in diesem Bereich die genaue Grenze nicht feststehe, sei überdies eine Abzäunung nicht möglich. Überdies habe der Dritte die in Exekution gezogenen Verpflichtungen ohnedies zur Gänze, an der Südostgrenze des Teilstücks bestmöglich, erfüllt.

Der Beklagte wendete ein, zu einer vertraglichen Überbindung der Pflichten des Klägers an den Dritten sei es nicht gekommen und daher seien die vom Kläger übernommenen Verpflichtungen nicht erloschen. Der Dritte habe überdies nicht für eine ordnungsgemäße Abzäunung der Grundparzellen gesorgt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und erklärte den der Exekution zugrunde liegenden Anspruch zur Gänze für erloschen. Der Dritte habe die Pflichten des Klägers zur Gänze übernommen, weshalb allfällige Ansprüche des Beklagten nur noch gegenüber dem Dritter als Erwerber der Liegenschaften bestünden. Dem Kläger sei es nicht mehr möglich, den im Vergleich übernommenen Verpflichtungen nachzukommen. Außerdem habe der Beklagte die Durchführung des Vergleichs nachhaltig vereitelt; ausschließlich wegen seines Verhaltens sei eine Vermarkung der Südostgrenze nicht möglich gewesen. Der Dritte habe die auf ihn übergegangenen Pflichten zur Gänze (bestmöglich) erfüllt.

Das Berufungsgericht bestätigte - unangefochten - die Klagestattgebung in Ansehung eines Teils des zu sichernden Grenzverlaufs, wies aber das Oppositionsklagebegehren in Ansehung der Südostgrenze der Teilfläche sowie auf Abzäunung eines weiteren Grundstücks gegenüber der Wegparzelle des Nachbarn mit einer Kette ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, aber nicht 20.000 EUR übersteige und ließ nachträglich im Verfahren nach § 508 ZPO die ordentliche Revision zusammengefasst mit der Begründung zu, es sei nicht auszuschließen, „dass sich das berufungsgerichtliche Urteil möglicherweise im Widerspruch zu bereits ergangener höchstgerichtlicher Judikatur befinde".

Übergegangen iSd § 9 EO sei eine Verpflichtung nur, wenn der frühere Schuldner aus dem Rechtsverhältnis ausgeschieden sei, weil andernfalls nicht von einem Übergang der Schuld gesprochen werden könne. Zu einem derartigen Übergang komme es auf Seiten des Verpflichteten nur bei Gesamtrechtsnachfolge oder im Fall einer Einzelrechtsnachfolge bei privativer Schuldübernahme oder Vertragsübernahme. Für die ausschließliche Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers und für das Erlöschen der Pflichten des ursprünglichen Eigentümers bedürfe es einer vom Erwerber tatsächlich übernommenen Verpflichtung. Damit sich die Rechtskraftwirkung eines Urteils oder eines Vergleichs auf den Erwerber der betroffenen Sache erstrecke, müsse den Erwerber nach materiellem Recht eine idente Verpflichtung wie den Veräußerer treffen. Aus dem vom Kläger mit dem Dritten als seinem (Einzel-)Rechtsnachfolger abgeschlossenen Kaufvertrag lasse sich die Übertragung der Zäunungspflichten nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen. Es existiere keine unbedenkliche öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde, auf deren Basis der Beklagte gegen den Dritten Exekution führen könnte. Der für das Erlöschen der Pflichten des Klägers notwendige Rechtsübergang liege in Wahrheit nicht vor. Lediglich in Ansehung der Nordwestgrenze (Betonziegelmauer) sei die Abgrenzungsverpflichtung des Klägers erfüllt und der Anspruch des Beklagten daher erloschen. Da eine nicht gespannte Gliederkette dem Abzäunungserfordernis nicht entspreche, bleibe insoweit der Abzäunungsanspruch aufrecht. Da die Parteien des Kaufvertrags überdies weder eine Vorleistungspflicht des Beklagten noch eine Zug-um-Zug-Verpflichtung vereinbart hätten, hätten allfällige Vereitelungshandlungen des Beklagten im Zusammenhang mit der Übertragung und Verbücherung der Teilfläche keinen Einfluss auf die Abzäunungspflichten. Auch könne nicht gesagt werden, dass dem Kläger die Erfüllung der von ihm übernommenen Pflichten dauerhaft unmöglich geworden sei. Schließlich wäre dieser Umstand nicht als Oppositionsgrund, sondern im Exekutionsverfahren geltend zu machen.

Die Revision des Klägers ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruchs des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass gegen einen anderen als den im Exekutionstitel benannten Verpflichteten die Exekution nur soweit stattfinden kann, als durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden bewiesen ist, dass die im Exekutionstitel festgestellte Verpflichtung auf diejenige Person übergegangen ist, gegen welche die Exekution beantragt wird. Dies ist nur dann der Fall, wenn der frühere Gläubiger oder Schuldner aus dem Rechtsverhältnis ausgeschieden ist (3 Ob 202/00b = SZ 74/30 = NZ 2002, 178 mwN). Wenn das Berufungsgericht im vorliegenden Fall mangels privativer Schuldübernahme oder einer Vertragsübernahme das Ausscheiden des Klägers aus dem durch Vergleich und Anerkenntnisurteil begründeten Verpflichtungsverhältnis gegenüber dem Beklagten verneint hat, widerspricht dies - entgegen der vom Kläger in seinem Rechtsmittel vertretenen Ansicht - nicht der Rsp des Obersten Gerichtshofs.

Die Auslegung der vom Kläger im Exekutionstitel übernommenen Abzäunungs-/Abgrenzungspflichten im Einzelfall sowie die Beantwortung der Frage, ob diese Verpflichtungen aufgrund des vom Kläger mit dem Dritten abgeschlossenen Vertrags nach den konkreten Umständen des zu beurteilenden Falls in einer Weise auf den Dritten übergingen, dass nur mehr die ausschließliche Inanspruchnahme des Dritten offen bleibt, ein Rechtsübergang iSd § 9 EO also tatsächlich stattgefunden hat, geht in ihrer Bedeutung aber über den konkret beurteilten Einzelfall nicht hinaus. Vom - hier nicht vorliegenden - Fall einer im Interesse der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Fehlbeurteilung abgesehen liegt daher keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO vor. Dass der den Exekutionstitel bildende Vergleich aufgrund übereinstimmender Parteienabsicht - ungeachtet seines Wortlauts - lediglich eine dahin beschränkte Verpflichtung des Klägers enthalten sollte, dass ihn die Zaunerhaltungs- und Abgrenzungspflichten nur solange treffen sollten, als er Eigentümer bestimmter Grundstücke ist, hat der Kläger im Verfahren erster Instanz nicht vorgebracht.

Dass eine Reallast als sogenannte Prädialreallast auch zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines oder mehrerer anderer Grundstücke bestehen kann, ist in der Lehre unbestritten (Hofmann in Rummel3 § 530 ABGB Rz 2). Allerdings weisen die hier zu beurteilenden Zäunungsverpflichtungen die wesentlichen Charakteristika einer Reallast nicht auf. Diese bestehen darin, dass sie eine "dinglich wirkende" Belastung des Grundstücks mit der Haftung für wiederkehrende, positive Leistungen des jeweiligen Eigentümers bewirken (6 Ob 30/02h = SZ 2002/36 = immolex 2002, 246 = MietSlg 54/12 mwN aus Lehre und Rsp; Hofmann aaO § 530 ABGB Rz 2; vgl. dazu auch Kiendl/Wendner in Schwimann3 § 530 ABGB Rz 2 mwN). Diese fehlen hier ebenso gänzlich wie der einer Reallast regelmäßig zuzuordnende Versorgungszweck (5 Ob 81/97s = RdW 1997, 654; 6 Ob 30/02h, 5 Ob 218/02y, je mwN). Eine weder periodisch zu erbringende noch mit dem Ertrag der Liegenschaft im Zusammenhang stehende Leistung kann mangels Subsumierbarkeit unter andere historisch gewachsene, von der Rsp anerkannte Reallasten nur dann einer typischen Reallastverpflichtung zugeordnet werden, wenn ihr Versorgungszweck außer Zweifel steht (5 Ob 218/02y = bbl 2003, 34 = NZ 2003, 239 [Hoyer 253] = immolex 2003, 280 mwN). Abgesehen davon fehlt es hier vor allem auch an der Verbücherung der Verpflichtung, was zu deren Begründung aber notwendig wäre (1 Ob 146/67 = RZ 1967, 202 = JBl 1969, 91; Kiendl/Wendner aaO Rz 4).

Zwar verweist der Revisionswerber zu Recht darauf, der Oberste Gerichtshof habe wiederholt ausgesprochen, dass die Unmöglichkeit für den Verpflichteten, die nach dem Exekutionstitel geschuldete Leistung zu erbringen, mit Klage nach § 35 EO geltend gemacht werden kann (RIS-Justiz RS0001233, RS0001177); die Unmöglichkeit für den Kläger, die nach dem Exekutionstitel geschuldete Leistung zu erbringen (Abzäunung/Abgrenzung) haben die Vorinstanzen aber nicht festgestellt, die Eigentumsübertragung an sich bildet ohne weitere Umstände noch kein Hindernis für den durch einen Exekutionstitel Verpflichteten, zuvor übernommene Pflichten zu erfüllen. Ob die sich aus dem Exekutionstitel ergebende Verpflichtung bezüglich der Südostgrenze des abzutretenden Grenzstücks aufgrund der festgestellten Sachlage als erfüllt anzusehen ist, bildet wegen der Einzelfallbezogenheit gleichfalls keine erhebliche Rechtsfrage.

Die Revision ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung fußt auf §§ 41 und 50 ZPO; der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der gegenerischen Revision hingewiesen.

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