OGH 1Ob158/15i

OGH1Ob158/15i17.9.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj H* H*, vertreten durch Dr. Gudrun Truschner, Rechtsanwältin in Wels, über den Revisionsrekurs des Vaters Mag. T* S*, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und andere Rechtsanwälte in Wels, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 3. Juni 2015, GZ 21 R 141/15g‑38, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Wels vom 20. März 2015, GZ 4 Pu 180/13g‑29, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E112237

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Herabsetzung des monatlichen Unterhalts auf 340 EUR vom 1. 9. 2014 bis zum 7. 9. 2014 unberührt bleiben, werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt lautet:

1. Die von Mag. T* S* im Unterhaltsvergleich vom 6. 6. 2012 für seine minderjährige Tochter H* H* übernommene monatliche Unterhaltsverpflichtung von 700 EUR wird ab 8. 9. 2014 auf 260 EUR herabgesetzt.

Mag. T* S* ist schuldig, H* H* zu Handen ihrer Mutter D* H* vom 1. 9. 2014 bis zum 7. 9. 2014 anteilig 79 EUR, für die Zeit vom 8. 9. 2014 bis zum 30. 9. 2014 199 EUR und ab 1. 10. 2014 bis auf weiteres monatlich 260 EUR zu zahlen.

Die bis zum Eintritt der Rechtskraft fälligen Beträge sind abzüglich bereits geleisteter Zahlungen binnen 14 Tagen, die künftig fällig werdenden Unterhaltsbeträge jeweils am Ersten eines jeden Folgemonats im Voraus zu entrichten.

2. Das Mehrbegehren, die Unterhaltsbeiträge darüber hinaus ab 8. 9. 2014 um weitere 160 EUR pro Monat, also auf monatlich 100 EUR herabzusetzen, wird abgewiesen.

 

Begründung:

Die nunmehr 13‑jährige Minderjährige, die der außerehelichen Beziehung ihrer Eltern entstammt, stand zunächst in alleiniger Obsorge ihrer Mutter. Mit ‑ im Instanzenzug bestätigten (zuletzt 7 Ob 64/15k) ‑ Beschluss des Erstgerichts vom 31. 10. 2014 wurde ausgesprochen, dass die Obsorge für die Minderjährige in Zukunft den Eltern gemeinsam zukommt und sie hauptsächlich im Haushalt der Mutter betreut wird. Die Eltern schlossen im Obsorgeverfahren am 2. 9. 2014 eine Vereinbarung, wonach sich das Kind im gleichen zeitlichen Verhältnis bei ihnen aufhält. Vereinbart wurde, dass sich die Minderjährige ‑ außer zu besonders festgelegten Zeiten und Anlässen ‑ abwechselnd jeweils eine volle Woche bei der Mutter und beim Vater und auch in den Ferien jeweils im gleichen zeitlichen Umfang bei beiden Elternteilen aufhält. Dieses Wechselmodell wird seit Anfang September 2014 auch faktisch umgesetzt.

Die bedarfsdeckenden Naturalleistungen wie etwa Bekleidung, Schulartikel, Sportausrüstung, Elektronik etc werden von beiden Elternteilen „fast“ zu gleichen Teilen erbracht. Die Leistungen an Naturalunterhalt, Pflege und Erziehung werden von den Eltern im gleichen Ausmaß vorgenommen.

Das monatliche durchschnittliche Nettoeinkommen (inklusive anteiliger Sonderzahlungen) des Vaters beträgt (jedenfalls) rund 6.310 EUR und jenes der Mutter (zumindest) rund 1.583 EUR. Die Familienbeihilfe wird zur Gänze von der Mutter bezogen.

Der Vater war zuletzt aufgrund des pflegschaftsgerichtlich genehmigten Unterhaltsvergleichs vom 6. 6. 2012 seit 1. 4. 2012 zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags von 700 EUR an seine Tochter verpflichtet. Dieser Unterhaltsvereinbarung wurde ein überdurchschnittlich hohes Durchschnittseinkommen (deutlich über 60.000 EUR liegendes lohnsteuerpflichtiges Jahresbruttoeinkommen) des Vaters sowie die Anrechnung der Ausübung des über das „ordentliche“ Ausmaß hinausgehenden Besuchsrechts im Ausmaß zwischen 110 und 115 Tagen jährlich mit einem Abzug von 7 % zugrunde gelegt und eine Unterhaltserhöhung bis zum Erreichen des 15. Lebensjahrs der Minderjährigen ausdrücklich ausgeschlossen.

Der Vater beantragte die Herabsetzung des von ihm zu leistenden Unterhalts ab 8. 9. 2014 auf 100 EUR monatlich und brachte dazu im Wesentlichen vor, dass er seit diesem Zeitpunkt für alle Kosten seiner Tochter in den Zeiten, in denen sie sich bei ihm aufhalte, und auch für alle Kosten des ihr von ihm zur Verfügung gestellten Handys aufkomme, ihr ein monatliches Taschengeld von 50 EUR zahle und weiters für die notwendige gesamte Schulausstattung und Sportausrüstung sorge. Ein weiterer Geldunterhaltsanspruch der Minderjährigen bestehe an sich nicht mehr, er werde aber auch in Zukunft einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 100 EUR leisten.

Das durch die Mutter vertretene Kind sprach sich gegen die beantragte Unterhaltsherabsetzung aus und wendete zusammengefasst ein, dass die Leistungsfähigkeit ihrer Mutter weit unter jener des Vaters liege. Die Mutter zahle monatlich für Bekleidung und Schuhe ca 150 EUR und habe für sie weiters diverse Sportartikel gekauft. Die monatlichen Ausgaben der Mutter beliefen sich auf 204 EUR.

Das Erstgericht setzte den vom Vater zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeitrag ab „1. 9. 2014“ auf 340 EUR herab und wies das Herabsetzungsmehrbegehren des Vaters von „300 EUR“ monatlich (richtig wären: 240 EUR) ab. Nach der Prozentkomponente betrage der maßgebliche Unterhaltssatz für ein unterhaltsberechtigtes Kind im Alter zwischen zehn und fünfzehn Jahren 20 % des monatlichen Durchschnittsnettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen. Demnach betrage der Unterhaltsanspruch der Minderjährigen gegenüber dem Vater ‑ unter Anrechnung der Transferleistungen ‑ monatlich 1.073 EUR und gegenüber der Mutter 316 EUR, wobei dieser keine Anrechnung der Transferleistungen erfolge, zumal sie die Familienbeihilfe zur Gänze beziehe. Anrechnen zu lassen habe sich die Minderjährige das Taschengeld von monatlich 50 EUR sowie die Handygrundgebühr von monatlich 30 EUR. Eine Anrechnung von Naturalleistungen gegenüber der Mutter erfolge hingegen nicht, weil die von dieser erbrachten Leistungen keinen Unterhaltscharakter hätten. Folglich errechne sich nach Abzug der anrechenbaren Naturalleistungen ein monatlicher Unterhaltsanspruch gegenüber dem Vater von 993 EUR und unter Abzug des Unterhaltsanspruchs gegenüber der Mutter (316 EUR) ein solcher von 677 EUR und damit letztlich in Höhe von rund 340 EUR, weil die Betreuung jeweils in der Hälfte der Zeit erfolge. Da die Regelung der Doppelresidenz beginnend ab 1. 9. 2014 vereinbart worden sei, sei die Unterhaltsherabsetzung beginnend mit diesem Zeitpunkt vorzunehmen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters mit der Maßgabe nicht Folge, dass das abgewiesene Unterhaltsherabsetzungsmehrbegehren des Vaters 240 EUR (monatlich) betrage. Rechtlich führte es aus, dem Kind komme bei gleichwertigen Betreuungs‑ und Naturalunterhaltsleistungen getrennt lebender Elternteile und unterschiedlichem Einkommen seiner Eltern weiterhin ein Restgeldunterhaltsanspruch gegen den leistungsfähigeren Elternteil zu, der den geringeren Lebensstandard beim anderen Elternteil ausgleiche. Im Hinblick auf das praktizierte Wechselmodell komme nur die Anrechnung der Hälfte der zusätzlichen Leistungen des Vaters (monatlich 50 EUR Taschengeld und 30 EUR Handygrundgebühr), daher von 40 EUR monatlich, in Betracht. Aufgrund der gleichwertigen Betreuungsleistungen der Eltern sei bei der Bemessung der (restlichen) Unterhaltspflicht des Vaters die Hälfte der von der Mutter bezogenen Familienbeihilfe (das seien 68,10 EUR) in Abzug zu bringen. Das Rekursgericht behandelte nicht die Beweisrügen des Kindes betreffend das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Vaters (behauptet ca 10.000 EUR) und des Vaters betreffend das Nettoeinkommen der Mutter (behauptet 1.625 EUR), sondern ging vom festgestellten Einkommen des Vaters und dem von ihm im Rekurs behaupteten Einkommen der Mutter von monatlich 1.625 EUR aus.

Die Höhe des Gesamtunterhaltsbedarfs des Kindes sei im Hinblick auf die festgestellte Einkommenshöhe des Vaters mit dem zweieinhalbfachen Regelbedarf des Kindes (930 EUR) und dem sich aus dem behaupteten Einkommen der Mutter von 1.625 EUR ergebenden fiktiven Prozentunterhaltsanspruch gegenüber der Mutter von 325 EUR mit insgesamt 1.255 EUR (dem 3,37‑fachen des aktuellen Regelbedarfs des Kindes) anzusetzen. Da bei Vorliegen eines „echten Wechselmodells“ bei keinem der Elternteile die Voraussetzungen des § 231 Abs 2 ABGB erfüllt seien, sei die Bemessung des Unterhaltsanspruchs gemäß § 231 Abs 1 ABGB anteilig vorzunehmen und daher bei unterschiedlicher Leistungsfähigkeit von den Unterhaltsbemessungsgrundlagen der Eltern jeweils das niedrigste Unterhaltsexistenzminimum in Höhe von 75 % des allgemeinen Grundbetrags (§ 291b Abs 2 iVm § 291a Abs 1 EO), welches (pro Monat 12 x jährlich) aktuell rund 763 EUR betrage, in Abzug zu bringen. Das für die Aufteilung des Gesamtunterhaltsbedarfs des Kindes auf beide Elternteile maßgebliche Einkommen sei beim Vater mit 5.547 EUR anzusetzen und bei der Mutter mit 862 EUR. Teile man den gesamten Unterhaltsbedarf auf beide Elternteile im Verhältnis dieser Restsummen auf, ergebe sich beim Vater ein anteiliger Betrag von 1.086 EUR (86,5 % von 1.255 EUR) und bei der Mutter ein solcher von 169 EUR (13,5 % von 1.255 EUR). Diese Beträge seien wegen der Betreuungsleistungen beider Elternteile je zur Hälfte auf 543 EUR nach dem Vater und 84,50 EUR nach der Mutter zu halbieren, woraus sich ein Differenzbetrag zu Lasten des Vaters von 458,50 EUR ergebe. Von diesem seien die anrechenbaren halben Naturalleistungen des Vaters für Taschengeld und Handygrundgebühr von 40 EUR und weiters die Hälfte der von der Mutter bezogenen Familienbeihilfe von 68,10 EUR in Abzug zu bringen, sodass sich ein verbleibender Geldunterhaltsanspruch der Minderjährigen gegenüber dem Vater von 350,40 EUR errechne. Die Herabsetzung seiner Geldunterhaltspflicht von 700 EUR auf 340 EUR monatlich lasse daher eine wirtschaftliche Ungleichbehandlung der Eltern zu Lasten des Vaters nicht erkennen. Dass in Überschreitung seines Begehrens dessen Unterhaltsverpflichtung bereits ab 1. 9. 2014 und nicht ‑ wie begehrt ‑ ab 8. 9. 2014 herabgesetzt worden sei, könne mangels der Voraussetzungen für eine Beschlussberichtigung nicht aufgegriffen werden.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil zur Frage, wie der Unterhaltsanspruch des Kindes bei gleichwertiger Betreuung durch beide Elternteile zu bemessen sei, wenn das Einkommen des einen Elternteils ein Vielfaches jenes des anderen betrage und das Einkommen des leistungsfähigeren Elternteils jedenfalls zu einem über der Luxusgrenze liegenden Geldunterhaltsanspruch des Kindes über dem Unterhaltsstopp führen würde, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung existiere.

Der von der Minderjährigen beantwortete Revisionsrekurs des Vaters, in dem er die Stattgebung seines Herabsetzungsantrags auf einen monatlichen Unterhalt von 100 EUR ab „1. 9. 2014“ anstrebt, ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig. Er ist auch teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Soweit der Vater eine „gesetzwidrige“ Vorgangsweise des Erstgerichts im Zusammenhang mit der nach § 102 Abs 2 AußStrG von seinem Dienstgeber eingeholten Gehaltsauskunft moniert, übersieht er, dass er diesen Umstand bereits in seinem Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluss als Verfahrensmangel geltend machte. Das Vorliegen eines solchen Verfahrensmangels verneinte das Gericht zweiter Instanz in der angefochtenen Entscheidung. Nach § 66 Abs 1 Z 2 AußStrG sind nur Verfahrensmängel des Rekursverfahrens Revisions-rekursgründe. Vom Rekursgericht verneinte Mängel des Verfahrens erster Instanz bilden keinen Revisionsrekursgrund (RIS‑Justiz RS0050037; insbesonders 3 Ob 101/07k [zur Anforderung von Steuerakten]).

2. Gesetzliche Unterhaltsansprüche unterliegen der Umstandsklausel. Der Anspruch kann daher im Fall einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse neu festgelegt werden (RIS‑Justiz RS0047471 [T9]). Dem Unterhaltsvergleich vom 6. 6. 2012 lag die Ausübung des Besuchsrechts des Vaters im Ausmaß zwischen 110 und 115 Tagen (30 % bis 31 %) des Jahres zugrunde, während seit September 2014 eine gleichteilige Betreuungssituation der Eltern vorliegt. Dafür, dass bei der Neubemessung des Unterhalts die seinerzeitige Relation zwischen Einkommenshöhe des Vaters und Unterhaltshöhe trotz wesentlicher Änderung der Betreuungsverhältnisse zu beachten wäre, argumentiert (zutreffend) keine der Parteien. Dafür finden sich im Vergleich keine Anhaltspunkte.

3. Gemäß § 231 Abs 2 Satz 1 ABGB ‑ der § 140 Abs 2 ABGB aF entspricht (ErläutRV 2004 BlgNR XXIV. GP  33) ‑ leistet der Elternteil, der das Kind betreut, dadurch seinen Unterhaltsbeitrag, während der andere Elternteil, mit dem das Kind nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, geldunterhaltspflichtig ist. Kinderbetreuung im eigenen Haushalt wird also vom Gesetz grundsätzlich als voller Unterhaltsbeitrag des betreffenden Elternteils gewertet und der Leistung von Geldunterhalt gleichgestellt (5 Ob 2/12y mwN = RIS‑Justiz RS0116443 [T6]).

4. Die Frage der Auswirkung der Obsorge beider Elternteile und/oder der gemeinsamen Betreuung auf die Geldunterhaltsverpflichtungen der Eltern gegenüber dem Kind wird in § 231 ABGB nicht konkret geregelt. Im Zusammenhang mit der Vereinbarung der Obsorge beider Elternteile nach Auflösung der Ehe oder der häuslichen Gemeinschaft (§ 179 Abs 2 ABGB nF) halten die Materialien zum KindNamRÄG 2013 (ErläutRV aaO 26) Folgendes fest: „Derjenige Elternteil, in dessen Haushalt das Kind hauptsächlich betreut wird, erfüllt also beispielsweise seine Unterhaltsverpflichtung gemäß § 231 Abs 2 erster Satz [...] durch die Betreuungsleistungen an das Kind, während der andere Elternteil geldunterhaltspflichtig wird“. Der darin angeführte Hinweis („vgl Gitschthaler, Unterhaltsrecht² [2008] Rz 18“) ist ein irreführendes Fehlzitat, Pfurtscheller (in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang 3 § 177 ABGB Rz 30) erwähnt nur ‑ zwischenzeitlich ‑ überholte Judikatur. Wenn der Gesetzgeber durch seine Aussage, dass der Domizilelternteil seine Unterhaltsverpflichtung durch die Betreuungsleistungen an das Kind erfüllt, allenfalls dem betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodell die theoretische Grundlage entziehen wollte (auf diesen Konflikt hinweisend Neuhauser in Schwimann, ABGB‑TaKom³ § 231 Rz 249 aE), hätte es einer klareren Regelung im Gesetz bedurft. Ein vager Hinweis in den Materialien reicht ‑ bei praktisch unveränderter Gesetzeslage ‑ dazu nicht aus (zutr Gitschthaler, Neuerungen im Kindesunterhaltsrecht, in Gitschthaler [Hrsg], KindNamRÄG 2013 [2013], 257 [261 f]). Damit ist ‑ wie schon wiederholt ausgesprochen wurde (4 Ob 16/13a; 6 Ob 11/13f) ‑ durch das KindNamRÄG 2013 an dieser Rechtslage keine Änderung eingetreten.

5. Betreut und versorgt der geldunterhaltspflichtige Elternteil das Kind im Rahmen des üblichen Kontaktrechts in seinem Haushalt, hat dies keine Auswirkungen auf seine Unterhaltspflicht. Üblich ist nach ständiger Rechtsprechung ein Kontaktrecht von zwei Tagen alle zwei Wochen sowie von vier Wochen in den Ferien, also etwa an 80 Tagen pro Jahr (10 Ob 17/15w mwN; vgl Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht7 103). Es wurde aber auch schon die Ausübung eines vierzehntägigen Wochenendbesuchsrechts samt halbtägiger Betreuung einmal pro Woche noch nicht als eine über das übliche Besuchsrecht gravierend hinausgehende Betreuungsleistung angesehen (1 Ob 209/08d).

6. Teilen die Eltern die Betreuung in einem Ausmaß, das über den Rahmen der üblichen Besuchskontakte des Elternteils hinausgeht, bei dem sich das Kind nicht hauptsächlich aufhält, war nach der Rechtsprechung seine Geldunterhaltsverpflichtung nur insoweit zu reduzieren, als sich der andere Elternteil durch diese Betreuungsleistungen etwas erspart hat (zB durch Lebensmittel, Taschengeld, Wäsche und Freizeitaktivitäten) (vgl RIS‑Justiz RS0047452 [T1, T9]; RS0047460). Welcher Elternteil Hauptbezugsperson und welcher Mitbetreuender ist, ergab sich bei gemeinsamer Obsorge bereits aus der Vereinbarung über den hauptsächlichen Aufenthalt bzw die tatsächliche Betreuung des Kindes. Dies sollte bezogen auf den Besuchszeitraum auch dann gelten, wenn das Kind längere Zeit beim anderen Elternteil aufhältig ist (10 Ob 17/15w mwN).

7.1. Nach der jüngeren Rechtsprechung ist der zu leistende Geldunterhalt aber zu reduzieren, wenn der Geldunterhaltspflichtige ‑ über ein übliches Kontaktrecht hinaus ‑ Naturalunterhalt leistet (RIS‑Justiz RS0047452 [T6]).

7.2. Da Unterhaltsentscheidungen grundsätzlich Ermessensentscheidungen sind (RIS‑Justiz RS0047419 [T23]), ist es nicht möglich, allgemein verbindliche Prozentsätze für Abschläge für übermäßige Betreuungsleistungen des geldunterhaltspflichtigen Elternteils festzulegen. Prozentsätze können nur den Charakter einer Orientierungshilfe haben (5 Ob 2/12y; RIS‑Justiz RS0047460 [T4]; RS0128043; RS0047419). Im Rahmen des Ermessens neigt die Rechtsprechung aber dennoch dazu, in der Regel den Unterhaltsanspruch altersunabhängig um 10 % pro wöchentlichem Betreuungstag zu reduzieren, an dem sich das Kind über das übliche Ausmaß des Kontaktrechts hinaus beim geldunterhaltspflichtigen Elternteil befindet, wobei ein Besuchsrechtstag pro Woche als unterhaltsneutral anzusehen sei. Für jeden weiteren sei eine Minderung von 10 % angemessen (10 Ob 17/15w mwN). Zu 7 Ob 178/06m wurde eine Reduktion der Geldunterhaltspflicht des Vaters um 20 % gebilligt, weil das Kind an jedem zweiten Wochenende von Freitag nach dem Schulbesuch bis Dienstag/Schulbeginn ‑ also an vier zusätzlichen Besuchstagen pro Monat und in erheblichem Ausmaß in den Ferien ‑ insgesamt in etwa einem Drittel der Zeit vom Vater betreut wurde.

8. Es wurde aber auch schon ausgesprochen, dass eine bloße Gegenüberstellung von Besuchs‑ oder Betreuungstagen nicht allein und abschließend maßgeblich sein könne (5 Ob 2/12y). So werde ein 10%iger Abzug pro Tag umso weniger den wechselseitigen Leistungen entsprechen, je mehr sich die Situation einer gemeinsamen gleichwertigen Betreuung des Kindes durch beide Elternteile annähert (RIS‑Justiz RS0128043). In der Entscheidung 5 Ob 2/12y (iFamZ 2012/206, 283 [krit Beclin: zu hoher Abzug] = EF‑Z 2012/163, 272 [krit Gitschthaler: kein Geldunterhaltsanspruch des Kindes]) führte eine Betreuung durch den Vater an 154 Tagen jährlich zu einer Reduktion der Geldunterhaltspflicht um ca 40 %.

9.1. Bei gleichwertigen Betreuungs‑ und Naturalleistungen besteht nach der neueren Judikatur jedenfalls kein Geldunterhaltsanspruch, wenn das Einkommen der Eltern etwa gleich hoch ist (RIS‑Justiz RS0047452 [T13]) oder den Eltern ein solches Einkommen zur Verfügung steht, das jeweils zu über der Luxusgrenze liegenden Unterhaltsansprüchen des Kindes führt (7 Ob 145/04f; 4 Ob 16/13a; 6 Ob 11/13f; 10 Ob 17/15w). Von einer etwa gleichteiligen Betreuung wurde auch dann ausgegangen, wenn kein Elternteil mindestens zwei Drittel der Betreuung durchführt; von einem etwa gleich hohen Einkommen, wenn das Einkommen eines Elternteils das des anderen nicht beträchtlich übersteigt, wobei Unterschiede bis zu einem Drittel hinzunehmen seien (4 Ob 16/13a = EF‑Z 2013/115, 173 [Gitschthaler], dazu krit Schwimann/Kolmasch aaO 104: gegen nivellierende Betrachtung von mehr als bloß geringfügigen Einkommens‑ und Betreuungsunterschieden).

9.2. Ansonsten steht dem Kind weiterhin ein Restgeldunterhaltsanspruch gegen den leistungsfähigeren und/oder weniger betreuenden Elternteil zu, der das unterschiedliche Betreuungsverhältnis oder den geringeren Lebensstandard, an dem das Kind beim anderen Elternteil partizipieren kann, ausgleicht (7 Ob 145/04f; 4 Ob 16/13a; 6 Ob 11/13f; 10 Ob 17/15w; Schwimann/Kolmasch aaO 103).

10. Zum Unterhaltsanspruch eines Kindes bei gleichem Betreuungsausmaß und unterschiedlichem Einkommen der Eltern werden folgende Ansichten vertreten:

10.1. In der Entscheidung 6 Ob 182/02m (= JBl 2003, 510) hat der Oberste Gerichtshof bei gemeinsamer Betreuung des Kindes eine Geldunterhaltsverpflichtung der Mutter bejaht, die erheblich weniger verdiente als der obsorgeberechtigte Vater. Die Betreuung in einem zweiten Haushalt führe nicht zur Reduzierung der außerhalb der Betreuung liegenden weiteren Bedürfnisse. Während der Ausübung des Besuchsrechts habe das Kind keinen Geldunterhaltsanspruch gegenüber dem obsorgeberechtigten Elternteil. Ein Ausgleich zwischen den Eltern habe sich am ersparten Aufwand des Obsorgeberechtigten zu orientieren, dessen Fixkosten (insbesondere die Wohnungskosten) unabhängig von der Anwesenheit des Kindes gleich blieben. Berücksichtigt wurden bei der Ausmittlung der Höhe der Geldunterhaltsverpflichtung der Mutter die ersparten Kosten des Vaters für das Taschen‑ und Jausengeld sowie ihre Aufwendungen für Nahrung, Wäsche und Freizeitaktivitäten im monatlichen Ausmaß von zusammen rund 28 % des Regelbedarfs.

10.2. Zu 3 Ob 222/02x nahm der Oberste Gerichtshof hingegen bei Betreuungsleistungen im Ausmaß von 3:4 eine Reduktion des vom minderbetreuenden Elternteils zu zahlenden Geldunterhalts auf 4/7 vor. Nach dem damals festgestellten Sachverhalt bezog der unterhaltspflichtige Vater ein bedeutend höheres monatliches Einkommen als die hauptsächlich betreuende Mutter.

10.3. In Fällen, in denen die zeitliche Betreuung des Kindes zwischen Mutter und Vater im Verhältnis von 4:3 (7 Ob 277/03s) und 11:10 (10 Ob 11/04x = EF‑Z 2006/11 [Gitschthaler]) aufgeteilt war, reduzierte sich der Geldunterhaltsanspruch des Kindes gegenüber dem Vater lediglich um 20 %. Nach dem in den Entscheidungen wiedergegebenen Sachverhalt kann nicht beurteilt werden, ob eine unterschiedliche Einkommenssituation der Eltern vorlag.

10.4. Nach Deixler‑Hübner (Scheidung, Ehe und Lebensgemeinschaft11 Rz 172a) kommt es nach § 231 ABGB nicht auf die Obsorge, sondern auf die tatsächliche Betreuung des Kindes an. Von den ersparten Aufwendungen, die bloß zu einer relativ bescheidenen Verringerung des Geldunterhalts führten, sei nicht auszugehen. Übernähmen beide Elternteile Betreuungspflichten, so kämen sie ihrer Unterhaltsverpflichtung nach § 231 Abs 1 ABGB dadurch nach, dass sie dem Kind (überwiegend) Naturalunterhalt zuwenden. Zum darüber hinausgehenden „Sonderbedarf“ hätten die gemeinsam betreuenden Eltern nach ihren Kräften anteilig beizutragen. Schwankten die Einkommen beider Elternteile erheblich, so müsse der andere Elternteil die noch zu deckenden Bedürfnisse des Kindes durch einen entsprechenden Geldunterhaltsanteil ausgleichen (§ 231 Abs 2 Satz 2 ABGB). Übersteige das Einkommen des besser verdienenden Elternteils das des anderen Elternteils beträchtlich, so könne dies zuweilen auch dazu führen, dass er die gesamten verbleibenden Geldunterhaltsbedürfnisse des Kindes decken müsse.

10.5. Barth/Neumayr (in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 140 ABGB Rz 125; ähnlich Barth, Zur „Doppelresidenz“ des Kindes nach österreichischem Recht, iFamZ 2009, 181 [182]) führen aus, wenn der besuchsberechtigte Elternteil so viel an Betreuung übernehme, dass der andere Elternteil nicht mehr „Hauptbezugsperson“ des Kindes sei, könne sich niemand auf § 140 Abs 2 ABGB aF (= § 231 Abs 2 ABGB) stützen. Dies sei auch schon dann der Fall, wenn das Kind drei Tage in der Woche beim einen und vier Tage in der Woche beim anderen Elternteil verbringe. Beide hätten dann grundsätzlich Naturalunterhalt zu leisten, denn getrennte Haushaltsführung in dem Sinn, dass der unterhaltspflichtige Elternteil nicht in dem Haushalt lebe, in dem das Kind vom anderen betreut werde, liege nicht vor. Beide Elternteile führten einen Haushalt, in dem das Kind betreut werde. Für die übrigen von den Betreuungsleistungen der Eltern nicht befriedigten Bedürfnisse des Kindes hätten sie anteilig nach ihrer Leistungsfähigkeit aufzukommen. Dazu biete sich die zum Unterhalt in Drittpflege entwickelte Formel an (Näheres bei Barth/Neumayr aaO Rz 118).

10.6. Gitschthaler (Neue Betreuungsmodelle - neue Unterhaltsmodelle, EF‑Z 2010/122, 172 [178]; ders in ÖRPfl 2012 H 2, 22 [28]; ähnlich ders, Unterhaltsrecht3 [2015] Rz 103) argumentiert, dass bei annähernd gleichem Betreuungsausmaß, jedoch unterschiedlichem Einkommen der Eltern ein Differenzunterhalt zu Lasten des besser verdienenden Elternteils festzusetzen sei. Dabei seien die Einkommen jeweils um das Unterhaltsexistenzminimum zu kürzen und der Unterhaltsbedarf des Kindes, der über die Betreuungsleistungen hinausgehe, im Verhältnis der Resteinkommen auf die beiden Elternteile aufzuteilen; beiden seien aber die von ihnen erbrachten (längerlebigen) Naturalunterhaltsleistungen in Abzug zu bringen. Der Restbetrag sei dem Kind zu Handen des schlechter verdienenden Elternteils zuzusprechen. Beim maßgeblichen Unterhaltsbedarf des Kindes sei ‑ zur Vereinfachung und bei durchschnittlichen Verhältnissen ‑ vom doppelten Durchschnittsbedarfssatz des Kindes auszugehen, bei über- oder unterdurchschnittlichen Lebensverhältnissen seien Zu- oder Abschläge vorzunehmen. Diese Beträge seien im Hinblick darauf zu halbieren, dass die variablen Kosten nur die Hälfte betragen. Der Familienbeihilfebezug durch einen Elternteil sei im Verhältnis der Resteinkommen auf die Eltern aufzuteilen.

10.7. Neuhauser (aaO Rz 250 f; ders in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 231 Rz 489 f) führt folgendes Berechnungsbeispiel zur Ausmittlung der Geldunterhaltsleistung an: Betrage die Unterhalts-bemessungsgrundlage des Vaters 2.000 EUR und jene nach der Mutter 1.200 EUR, belaufe sich der Prozentunterhaltsanspruch eines zehnjährigen Kindes nach dem Vater auf monatlich 400 EUR und nach der Mutter auf 240 EUR. Diese seien jeweils wegen der hälftigen Betreuungsleistungen beider Elternteile auf 200 EUR nach dem Vater und auf 120 EUR nach der Mutter zu halbieren, sodass dem Vater der Differenzbetrag von monatlich 80 EUR als Unterhaltsleistung aufzuerlegen sei, wodurch dem Kind auch in Zeiträumen, in denen es bei der Mutter lebe, eine Teilhabe am höheren Einkommen des Vaters ermöglicht werde. Nur das Abstellen auf die Einkommenshöhe der Eltern greife allerdings zu kurz, weil damit sonstige Lebensumstände, insbesondere weitere Sorgepflichten, nicht in die Beurteilung einfließen würden. Träfen den Vater im genannten Beispiel drei weitere Sorgepflichten im Alter von 13, 15 und 17 Jahren, betrage der Prozentunterhaltsanspruch des Zehnjährigen nach dem Vater ebenso wie nach der Mutter nur mehr monatlich 240 EUR, sodass dem Vater hier keine Geldunterhaltsleistung aufzuerlegen wäre. Es komme daher nicht nur auf die Einkommensverhältnisse der Eltern, sondern auch auf den Vergleich der (fiktiv) zu ermittelnden Geldunterhaltsansprüche an, wodurch auch das Einfließen von unterhaltsrechtlich relevanten sonstigen Lebensumständen der Eltern, wie etwa weitere Sorgepflichten oder berücksichtigungswürdige Teile von Zahlungsplanraten, ermöglicht würden.

11. Dazu hat der erkennende Senat erwogen:

11.1. Die Eltern praktizieren seit September 2014 ein Betreuungsmodell, wonach sich das Kind im gleichen zeitlichen Verhältnis bei beiden Elternteilen aufhält (abwechselnd jeweils eine volle Woche bei der Mutter und beim Vater und auch in den Ferien jeweils im gleichen zeitlichen Umfang bei beiden Elternteilen). Damit liegt eine gleichteilige Betreuungssituation der Eltern vor. Der Vater erzielt ein weit überdurchschnittliches Einkommen, das das der Mutter um ein Mehrfaches übersteigt. Außer für die 13‑jährige Minderjährige treffen die Elternteile (nach dem Akteninhalt) keine weiteren Sorgepflichten. Bedarfsdeckende Naturalleistungen wie etwa für Bekleidung, Schulartikel, Tanzkurs, Sportausrüstung, Elektronik etc werden von den Eltern annähernd zu gleichen Teilen erbracht. Die Leistungen an sonstigem Naturalunterhalt, Pflege und Erziehung werden ebenfalls im gleichen Ausmaß vorgenommen. Damit erbringen beide Elternteile die Betreuungs‑ und Versorgungsleistungen gegenüber ihrer Tochter sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch im Leistungsumfang in gleichwertiger Weise.

11.2. Bei der Bedarfsdeckung im Wege der Naturalleistungen durch beide Elternteile ist im Fall von Einkommensdifferenzen zu beachten, dass das Kind lediglich in der Zeit, in der es sich in Betreuung des besser verdienenden Elternteils befindet, an dessen aus dem höheren Einkommen resultierenden gehobenen Lebensstandard teilhaben kann. Hingegen ist ihm in der Zeit, in der es sich beim schlechter verdienenden Elternteil in Betreuung befindet, die Teilnahme am Lebensstandard des höher verdienenden (anders als bei zusammenlebenden Eltern) nicht möglich. In diesem Fall hat das Kind gegenüber dem besser verdienenden Elternteil (hier dem Vater) einen dessen Betreuungsleistungen ergänzenden angemessenen Geldunterhaltsanspruch, der es ermöglichen soll, dass das Kind während der Zeit der Betreuung im Haushalt des schlechter verdienenden Elternteils (hier der Mutter) am Lebensstandard des anderen weiterhin teilnehmen kann (siehe 7 Ob 145/04f), was ein maßstabsgerechter Vater, der mit der Mutter zusammenlebt, gewährleisten würde.

11.3. Bei der Berechnung des Restgeldunterhaltsanspruchs gegen den leistungsfähigeren Elternteil ist die mögliche Teilhabe am Lebensstandard des Vaters, gemessen an dessen Einkommen, der möglichen Teilhabe an jenem der Mutter, gemessen an ihrem Einkommen, gegenüberzustellen. Der Geldausgleich des Vaters für die Zeit, in der das Kind bei der Mutter ist und daher an seinem höheren Lebensstandard nicht teilnehmen kann, kommt jedenfalls nur bis zur Luxusgrenze ‑ in Bezug auf das Einkommen des Vaters ‑ in Betracht (7 Ob 145/04f).

11.4. Unterhaltsbemessungsgrundlage für den (fiktiven) Unterhaltsanspruch der Minderjährigen gegenüber der Mutter bildet rechnerisch deren ‑ vom Rekursgericht ohne Behandlung der Beweisrüge des Vaters zugrunde gelegtes ‑ monatliches Einkommen von 1.625 EUR. Danach hätte die 13‑Jährige gegenüber ihrer Mutter ‑ unter Zugrundelegung eines Prozentsatzes von 20 ‑ einen (fiktiven) monatlichen Unterhaltsanspruch von 325 EUR.

Im Hinblick auf die festgestellte Einkommenshöhe des Vaters von zumindest 6.310 EUR betrüge ein zur Gänze in Geld bemessener Unterhaltsanspruch der Minderjährigen gegenüber dem Vater das zweieinhalbfache des Regelbedarfs (930 EUR = 2,5 x 372 EUR pro Monat; zu den aktuellen Regelbedarfssätzen siehe Zak 2014/532, 287; Schwimann/Kolmasch, aaO 109). Nach der Rechtsprechung kann als Richtwert für die sogenannte Luxusgrenze bei Kindern über 10 Jahren das Zweieinhalbfache des jeweiligen Durchschnittsbedarfssatzes herangezogen werden, wobei es sich dabei nicht um eine starre Grenze handelt (RIS‑Justiz RS0007138 [T15, T23]; 4 Ob 109/14d = RS0047424 [T10, T11]). Zu berücksichtigen ist allerdings ‑ wie vom Vater angestrebt ‑ die von der Mutter bezogene Familienbeihilfe von 136,20 EUR (§ 8 Abs 2 Z 1 lit c FamLAG). Der Geldunterhaltspflichtige hat nach der Rechtsprechung auch dann Anspruch darauf, durch entsprechende Berücksichtigung der Transferzahlungen steuerlich entlastet zu werden, wenn die Prozentkomponente aufgrund des Unterhaltsstopps bei überdurchschnittlichem Einkommen nicht voll ausgeschöpft wird (RIS‑Justiz RS0117017). Beim betreuungsrechtlichen Unterhaltsmodell ist nach Ansicht des erkennenden Senats die Familienbeihilfe im Verhältnis der (fiktiv) zu ermittelnden Geldunterhaltsansprüche des Kindes gegenüber beiden Elternteilen aufzuteilen (vgl zu diesem Ansatz Neuhauser in Schwimann, ABGB‑TaKom3 § 231 Rz 251; in diesem Sinn nunmehr wohl auch Gitschthaler, EF‑Z 2013, 175 [Glosse zu 4 Ob 16/13a]; auf das Verhältnis der Einkommen der Eltern abstellend auch Gitschthaler EF‑Z 2010, 178 und diesem folgend LGZ Wien EFSlg 133.638). Ausgehend vom Verhältnis der fiktiven Unterhaltsansprüche des Kindes gegenüber Vater und Mutter von 3:1 ist die Familienbeihilfe im Umfang von ¾ (102,15 EUR) von 930 EUR abzuziehen, sodass der fiktive Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber dem Vater rund 828 EUR beträgt.

Dieser Betrag ist nun ‑ weil die Betreuung jeweils die Hälfte der Zeit im Haushalt der Mutter und des Vaters erfolgt ‑ zu halbieren und dem halben Unterhaltsanspruch des Kindes gegen die Mutter gegenüberzustellen. Der so ermittelte Differenzbetrag ist Grundlage für die Bemessung des vom Vater zu leistenden Ausgleichsbetrags für die Zeit der Betreuung im Haushalt der Mutter und der damit für das Kind verbundenen verminderten Teilnahme an seinem Lebensstandard.

Das ergibt somit folgende Berechnung:

halber Unterhaltsbeitrag des Vaters 414 EUR

abzüglich halber Unterhaltsbeitrag

der Mutter von rund - 162 EUR

Differenz 252 EUR

 

Der so ermittelte Betrag ergibt den vom Vater zum Ausgleich dafür, dass das Kind in der Zeit der Betreuung der Mutter nicht an seinem höheren Lebensstandard teilhaben kann, zu leistenden „ergänzenden“ Unterhaltsbeitrag. Ein Unterhaltsbeitrag ist jedoch nicht exakt zu berechnen, sondern zu bemessen, weshalb der verbleibende Geldunterhaltsanspruch der Minderjährigen gegenüber dem Vater 260 EUR pro Monat beträgt. Dieser Restgeldunterhaltsanspruch des Kindes wäre der Höhe nach nicht anders, wenn man von dem vom Erstgericht festgestellten monatlichen Einkommen der Mutter von 1.583 EUR ausginge.

11.5. Entgegen der Ansicht des Vaters kann er sich nicht als weitere Naturalunterhaltsleistungen (anteilig) das Taschengeld von monatlich 50 EUR und die monatlichen Handykosten von 30 EUR auf diese Geldunterhalts-verpflichtung anrechnen lassen. Dass seine Tochter von ihm als besser verdienenden Elternteil mehr Taschengeld erhält, entspricht den gegebenen Lebensverhältnissen (Gitschthaler, EF‑Z 2013, 175). Vor allem finden diese Leistungen im während der Betreuung seiner Tochter erbrachten Aufwand, dem immerhin ein auf seine Unterhaltsverpflichtung anzurechnender Wert von 414 EUR als Naturalunterhalt zukommt, Deckung. Jedenfalls was die mit der Betreuung zusammenhängenden Kosten betrifft, kann ein nach der Prozentsatz‑Judikatur zustehender Unterhaltsanspruch nicht zweimal gekürzt werden, einmal wegen der teilweisen Betreuung und ein weiteres Mal durch die Anrechnung dieser Naturalleistungen (3 Ob 222/02x; 10 Ob 17/15w).

12. Dem Revisionsrekurs des Vaters ist daher teilweise Folge zu geben und seine Unterhaltsverpflichtung  ‑ entsprechend seinem erstinstanzlichen Antrag und nicht wie im Revisionsrekurs begehrt ‑ ab 8. 9. 2014 auf 260 EUR herabzusetzen. Das darüber hinausgehende Unterhaltsherabsetzungsbegehren ist demgemäß abzuweisen. Die Überschreitung des Antragsbegehrens durch das Erstgericht, das den Unterhalt bereits ab 1. 9. 2014 auf 340 EUR herabsetzte, erwuchs mangels Anfechtung durch das Kind bereits in Rechtskraft und kann daher nicht aufgegriffen werden.

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