OGH 10Ob11/04x

OGH10Ob11/04x17.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Sara W*****, geboren am *****, vertreten durch die Mutter Mag. Gudrun S*****, diese vertreten durch Dr. Charlotte Böhm, Mag. Marina Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch, Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs und Rekurs des Vaters Mag. Andreas W*****, vertreten durch Maga. Eva Plaz, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. November 2003, GZ 44 R 695/03m-60, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 1. September 2003, GZ 4 P 138/02p-53, teils bestätigt, teils aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht, dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Aufhebungsbeschluss wird teilweise aufgehoben und in der Sache selbst beschlossen, dass der Beschluss des Erstgerichts hinsichtlich der Festsetzung der Unterhaltspflicht des Vaters mit 224 EUR monatlich ab dem 1. 9. 2003 bestätigt wird.

Im Umfang der Aufhebung und Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung hinsichtlich des Unterhaltsbegehrens von 300 EUR monatlich vom 1. 1. 2002 bis 30. 11. 2002, von 314 EUR monatlich vom 1. 12. 2002 bis 31. 8. 2003 und von weiteren 90 EUR monatlich ab 1. 9. 2003 wird der angefochtene Beschluss bestätigt.

Text

Begründung

Die 1994 geborene Minderjährige ist die uneheliche Tochter des Antragsgegners. Ihre Mutter ist alleine obsorgeberechtigt.

Mit gerichtlichem Vergleich vom 28. 8. 2002 wurde dem Vater ein Besuchsrecht zur Minderjährigen an zwei Wochenenden hintereinander von Freitag Nachmittag vom Hort/Schule bis Montag Schulbeginn, beginnend mit 6. 9. 2002, sowie am 13. 9. 2002, dann ein Wochenende ohne Besuchsrecht und anschließend wiederum ein Wochenendbesuchsrecht in der gleichen Reihenfolge, weiters jeden Mittwoch Nachmittag vom Hort bis Donnerstag Früh Schulbeginn und in den Wochen, in denen kein Wochenendbesuchsrecht zusteht, von Mittwoch Nachmittag bis Freitag Früh Schulbeginn eingeräumt. Weiters vereinbarten die Eltern in diesem Vergleich ein Ferienbesuchsrecht, wonach die Minderjährige die erste und zweite Woche der Sommerferien beim Vater, die dritte und vierte Ferienwoche bei der Mutter, die fünfte und sechste Ferienwoche beim Vater, die siebente und achte Ferienwoche bei der Mutter, die neunte Ferienwoche bis Donnerstag 18 Uhr beim Vater und danach bei der Mutter verbringt, und alle übrigen schulfreien Tage in etwa zur Hälfte zwischen den Eltern aufgeteilt werden.

Am 25. 10. 2002 beantragte die durch die Mutter vertretene Minderjährige, den vom Vater zu leistenden Unterhalt festzusetzen, und begehrte zuletzt für den Zeitraum vom 1. 1. 2002 bis 30. 6. 2002 und vom 1. 8. 2002 bis 30. 11. 2002 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von - unter Berücksichtigung des vom Vater geleisteten Beitrags zu den Hortkosten - 300 EUR und ab 1. 12. 2002 - ohne Berücksichtigung des Beitrags des Vaters zu den Hortkosten - einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 392 EUR. Die Lebensgemeinschaft der Eltern sei seit Februar 2001 aufgehoben. Sie lebe überwiegend im Haushalt der Mutter. Zwischen den Eltern sei vereinbart gewesen, dass der Vater die Hälfte sämtlicher Fixkosten für die Minderjährige an die Mutter refundiere. Daran habe sich der Vater nicht gehalten. Er habe seit Jänner 2002 nur die Hälfte der Hortkosten bezahlt. Die übrigen Naturalleistungen des Vaters stellten großteils unnötige Aufwendungen dar, die er nicht im Einvernehmen mit der Mutter getätigt habe.

Der Vater erklärte sich damit einverstanden, entweder einen monatlichen Unterhalt von 50 EUR oder weiterhin die Hälfte der Hortkosten zu bezahlen. Im Übrigen trat er dem Unterhaltsbegehren entgegen, weil er seine Tochter im Rahmen des in zeitlicher Hinsicht äußerst umfangreichen Besuchsrecht ungefähr zur Hälfte betreue. Außerdem erbringe er regelmäßig Naturalleistungen für seine Tochter, welche wertmäßig den von der Mutter begehrten Unterhalt weit überstiegen. Insbesondere mache er anteilige Wohnungskosten für das Zimmer der Tochter in seiner Wohnung, Aufwendungen für die Schule, Spielsachen, Kleidung, Verpflegung, Gesundheits- und Freizeitkosten, Aufwendungen für ein Zwergkaninchen, die Kosten von Urlauben mit seiner Tochter und Taschengeldzuwendungen geltend.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags von 300 EUR für die Zeit vom 1. 1. 2002 bis 30. 11. 2002 und von 314 EUR ab 1. 12. 2002. Das Unterhaltsmehrbegehren von 78 EUR monatlich ab 1. 12. 2002 wies es ab. Neben dem Inhalt des Vergleichs über die Besuchsrechtsregelung stellt es noch fest, die Minderjährige lebe im Haushalt der Mutter und werde hauptsächlich von ihr verpflegt. Ein anrechenbares durchschnittliches Nettoeinkommen des Vaters aus selbstständiger und unselbstständiger Tätigkeit von monatlich 1.910 EUR sei außer Streit gestellt worden. Der Vater habe keine weiteren gesetzlichen Sorgepflichten zu erfüllen. Rechtlich führt es aus, dem Vater stehe zwar ein ausgedehntes Besuchsrecht zu, doch werde das Kind hauptsächlich von der Mutter betreut, weshalb der Vater geldunterhaltspflichtig sei. Bei einer auch nur teilweisen Unterhaltsverletzung habe der Unterhaltsberechtigte das Recht, den gesamten Unterhalt in Geld zu verlangen. Die Aufwendungen des Vaters während der Ausübung des Besuchsrechts könnten den Unterhaltsanspruch des Kinds nicht schmälern, weil dieses nicht einmal 1/3 der Zeit beim Vater verbringe, was sich durchaus noch im Rahmen einer üblichen, großzügigen Besuchsrechtsregelung bewege. Lediglich ein mindestens vierwöchiges ununterbrochenes Besuchsrecht könnte zu einer angemessenen Unterhaltsreduktion führen. Nach der Prozentkomponente von altersbedingt 18 % sei auf Grund der außer Streit stehenden Einkommenshöhe des Vaters von 1.910 EUR ein Unterhaltsbetrag von 345 EUR monatlich angemessen. Nach teilweiser Anrechnung der Familienbeihilfe entsprechend dem vom Obersten Gerichtshof entwickelten Rechenmodell verbleibe ein Unterhaltsbeitrag von 314 EUR monatlich.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters gegen diesen von der Minderjährigen nicht bekämpften Beschluss teilweise Folge. Es bestätigte den angefochtenen, in seinem antragsabweisenden Teil unberührt bleibenden Beschluss hinsichtlich der Festsetzung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags von 180 EUR ab 1. 9. 2003, hob ihn im Übrigen auf und trug dem Erstgericht in diesem Umfang eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Zu Recht werde gerügt, dass das Erstgericht von einer Außerstreitstellung der Unterhaltsbemessungsgrundlage mit 1.910 EUR monatlich ausgegangen sei. Zwar habe der Vater - von der Mutter außer Streit gestellt - vorgebracht, er erziele als Lehrer und Psychotherapeut ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in dieser Höhe. Er habe jedoch am 12. 8. 2003 dem Erstgericht eine Einkommensbestätigung seiner Steuerberaterin vorgelegt, wonach sein Einkommen für das Jahr 2002 mit 1.655 EUR netto im Monatsdurchschnitt neu berechnet worden sei. Diese Urkundenvorlage vor der Fassung des angefochtenen Beschlusses sei ein Widerruf der bisherigen Außerstreitstellung der Einkommenshöhe. Unzutreffend sei die Ansicht des Erstgerichts, das Kind verbringe höchstens 1/3 der Zeit beim Vater, was einem üblichen, wenn auch großzügigen Besuchsrecht entspreche. Nach dem das Besuchsrecht des Vaters regelnden Vergleich vom 28. 8. 2002 verbringe die Minderjährige innerhalb des dreiwöchigen Besuchsturnus außerhalb der Schul- und Hortzeiten insgesamt 10 Tage beim Vater und 11 Tage bei der Mutter, wobei allerdings 4 schulfreie Wochenendtage auf den Vater und nur 2 schulfreie Wochenendtage auf die Mutter entfielen. Auch die Sommerferien und die übrigen schulfreien Tage seien zwischen den Eltern je zur Hälfte aufgeteilt worden, sodass faktisch eine gleichteilige Betreuung des Kinds durch beide Elternteile vorliege, auch wenn die Obsorge allein der Mutter zustehe. Gehe man von einem zugestandenen monatlichen Nettoeinkommen des Vaters von 1.655 EUR aus, so ergebe sich nach der üblichen Prozentkomponente von 18 % ein Unterhaltsbetrag von gerundet 298 EUR monatlich. Berücksichtige man im Sinn der einen vergleichbaren Sachverhalt betreffenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 6 Ob 182/02m die gleichteiligen Betreuungsleistungen des Vaters und seine Sachaufwendungen zur Versorgung des Kinds während der Besuchszeiten mit einem Abschlag von 40 %, so verbleibe ein Unterhaltsbetrag von gerundet 180 EUR monatlich, der für den Unterhaltsbemessungszeitraum ab der Fassung des angefochtenen Beschlusses am 1. 9. 2003 jedenfalls zustehe. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts habe eine amtswegige Anrechnung der Familienbeihilfe nicht stattzufinden; die Anrechnung habe der Vater nicht geltend gemacht. Weitere Geldleistungen des Vaters - etwa Hortkosten - ab dem 1. 9. 2003 könnte er im Fall einer Exekutionsführung in voller Titelhöhe mit Oppositionsklage geltend machen. Weitere Naturalleistungen nach Festsetzung eines gerichtlichen Geldunterhaltstitels müsse sich der Unterhaltsberechtigte nicht aufdrängen lassen. Solche könnten nur mit Zustimmung des obsorgeberechtigten Elternteils angerechnet werden. Hinsichtlich des Unterhaltsmehrbegehrens, soweit es noch nicht rechtskräftig abgewiesen worden sei, sei eine Aufhebung zur Verfahrensergänzung geboten, weil weder die Einkommenshöhe des Vaters noch der Umfang seiner Betreuungsleistungen sowie Geld- und Naturalunterhaltsleistungen in der Vergangenheit ausreichend geklärt seien. Für den Unterhaltsbemessungszeitraum von Jänner bis August 2002 sei das Besuchsrecht des Vaters gerichtlich nicht geregelt gewesen. Somit werde festzustellen sein, in welchem zeitlichen Umfang der Vater von Jänner bis August 2002 ein Besuchsrecht ausgeübt habe. Erst dann könne beurteilt werden, ob auch in diesem Zeitraum der Umfang seiner Betreuungsleistungen eine Unterhaltsreduktion rechtfertige. Weiters werde zu berücksichtigen sein, dass bei der erstmaligen gerichtlichen Festsetzung eines Unterhalts die bis zur erstgerichtlichen Beschlussfassung erbrachten Teilleistungen im Leistungsbefehl als mindernd anzurechnen seien. Daher werde das Erstgericht festzustellen haben, welche Geldleistungen und Naturalleistungen mit Unterhaltscharakter der Vater im Zeitraum von Jänner 2002 bis August 2003 erbracht habe. Es würden jedoch nur jene Sachaufwendungen des Vater anzurechnen sein, die zu einer finanziellen Ersparnis der obsorgeberchtigten Mutter geführt hätten, was auf die anteiligen Wohnungsaufwendungen des Vaters, Kosten für ein Haustier und Urlaubskosten nicht zutreffe. Anrechenbar seien nur längerfristige Anschaffungen wie etwa Kleidung, Schul- und Spielsachen, nicht aber Konsumausgaben zur Versorgung des Kindes während der Besuchszeiten wie etwa Nahrung, Taschengeld und Freizeitaktivitäten, die bereits durch eine pauschale Unterhaltsreduktion während überdurchschnittlich langer Besuchszeiten abgegolten seien. Weiters werde das Erstgericht zu berücksichtigen haben, ob Sachleistungen des Vaters zu einer ausgewogenen Deckung der Gesamtunterhaltsbedürfnisse des Kindes beigetragen hätten. Daher seien Sachleistungen nicht zu berücksichtigen, wenn sie ohne Absprache der Mutter getätigt worden seien und zu einer unnötigen Doppelversorgung des Kindes geführt hätten. Da zur Frage der Unterhaltsbemessung bei einer faktisch gleichteiligen Betreuung durch beide Elternteile noch keine gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege, sei der ordentliche Revisionsrekurs und im Umfang der Aufhebung zur Verfahrensergänzung der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig.

Gegen diesen Beschluss richten sich der Revisionsrekurs und Rekurs des Vaters mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen im Sinn einer Abweisung des Unterhaltsantrags abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt und in eventu weiters beantragt, den monatlichen Unterhaltsbetrag mit einem geringeren Betrag als 180 EUR ab 1. 9. 2003 festzusetzen.

Zum Rechtsmittelschriftsatz des Vaters hat sich die Minderjährige geäußert.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittel sind - wie sich aus dem Folgenden ergeben wird - zulässig. Der Revisionsrekurs ist im Ergebnis nicht, der Rekurs hingegen teilweise - wenn auch in einem anderen Sinn als im Rechtsmittel angestrebt - berechtigt. Die unter Hinweis auf das Vorliegen einer Rechtsfrage im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG 1854, das im vorliegenden Fall noch anzuwenden ist, ausgesprochene Zulassung des Rekurses ermöglicht es nämlich, in der Hauptsache selbst zu entscheiden, wobei das Verschlechterungsverbot nicht gilt (2 Ob 70/00h; 6 Ob 168/98v).

Der Rechtsmittelwerber macht zusammengefasst im Wesentlichen geltend:

Das Rekursgericht habe ebensowenig wie das Erstgericht Feststellungen über die von ihm zur Deckung des Sachaufwands seiner Tochter erbrachten Leistungen getroffen. Er kaufe Kleidung, Sportausrüstung und Schulsachen und zahle die Hälfte der Hortkosten, die Kosten des Klavierunterrichts, die Straßenbahnzusatzkarte, den Elternvereinsbeitrag und Behandlungsbeiträge der BVA für seine Tochter. Es sei von einer völligen Bedarfsdeckung des Kindes durch Naturalleistungen beider Elternteile auszugehen, weil sich diese Betreuung und Sachaufwendungen im gleichen Ausmaß teilten, wodurch der Unterhalt des Kindes entsprechend den Lebensverhältnissen seiner Eltern gesichert sei. Deshalb bestehe keine Geldunterhaltspflicht des Rechtsmittelwerbers. Selbst wenn eine solche Pflicht bestünde, seien die ersparten Aufwendungen der obsorgeberechtigten Mutter zu berücksichtigen. Die umfassende Versorgung des Kindes durch den Rechtsmittelwerber führe tatsächlich zu einer wesentlich größeren Ersparnis als der vom Rekursgericht gewährte Abschlag von 40 % des bemessenen Unterhalts. Bei der Festsetzung des zukünftigen Geldunterhalts seien im vorliegenden Fall die vom Rechtsmittelwerber im Einvernehmen mit der Mutter getragene Hälfte der Hortkosten und die Kosten des Klavierunterrichts als geldunterhaltsmindernd zu berücksichtigen. Die Mutter sei auch grundsätzlich mit dem Klavierunterricht einverstanden. Zu Unrecht habe das Rekursgericht die Anrechnung der Familienbeihilfe abgelehnt. Der Rechtsmittelwerber habe nur mangels Belehrung im erstinstanzlichen Verfahren den Antrag auf Anrechnung der Familienbeihilfe nicht gestellt.

Hiezu wurde erwogen:

1. Zu Recht rügt der Rechtsmittelwerber, dass das Rekursgericht die Anrechnung der Familienbeihilfe ablehnte, die nach der Aktenlage von der Mutter der Minderjährigen bezogen wird (s die Korrespondenz zwischen den Rechtsvertretern der Mutter und des Vaters in der vom Vater zum Protokoll ON 11 vorgelegten „Aufstellung"). Die Anrechnung der Transferleistung von Amts wegen durch das Erstgericht entsprach der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 208/03z ua).

2. Festsetzung des Unterhalts ab 1. 9. 2003:

Für das uneheliche Kind gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, die das eheliche Kind betreffenden Bestimmungen über den Unterhalt (§ 166 Satz 2 ABGB). Gemäß § 140 Abs 2 ABGB leistet der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, dadurch seinen Unterhaltsbeitrag; der andere Elternteil, der mit dem Kind nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, ist geldunterhaltspflichtig (6 Ob 182/02m = JBl 2003, 510). Der im Rechtsmittel relevierte Fall einer gemeinsamen Obsorge liegt nicht vor, weil die Mutter allein obsorgeberechtigt ist. Der Obsorgeberechtigte kann die Betreuung an Dritte übertragen ("außerhäusliche Betreuung"), etwa Kindergarten oder Hort, ohne dadurch selbst geldunterhaltspflichtig zu werden, wenn er in den Restzeiten eigene Betreuungsleistungen erbringt; Dritter in diesem Sinn kann grundsätzlich auch der geldunterhaltspflichtige Elternteil sein (6 Ob 182/02m mwN). Nach den Feststellungen erbringt die Mutter eigene Betreuungsleistungen im Sinn des § 140 Abs 2 ABGB und leistet dadurch ihren Unterhaltsbeitrag. Der Vater ist geldunterhaltspflichtig, auch wenn das zeitliche Ausmaß Betreuung seiner Tochter im Rahmen seines Besuchsrechts fast gleich jenem der Mutter ist:

Zur Frage der Berücksichtigung der verstärkten Betreuung durch den Vater im Rahmen eines ausgedehnteren Besuchsrechts ist auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach Aufwendungen im Rahmen eines üblichen Besuchsrechts auf die Unterhaltsverpflichtung keine Auswirkungen haben, ein über das übliche Ausmaß hinausgehendes Besuchsrecht aber zu einer Reduzierung der Unterhaltspflicht führen kann. Dabei ist nicht von den Aufwendungen des Unterhaltspflichtigen, sondern ausschließlich von den ersparten Aufwendungen des anderen Elternteils auszugehen (2 Ob 293/03g; 4 Ob 4/04y; 8 Ob 62/04g; RIS-Justiz RS0047452; zur Auseinandersetzung mit der Kritik im Schrifttum - insb Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 46, Deixler-Hübner, Zur Anrechnung von Geld- und Naturalunterhalt, ecolex 2001, 110 ff - auch 6 Ob 182/02m). Üblich ist die Betreuung im Rahmen eines Besuchsrechts von zwei Tagen alle zwei Wochen sowie von vier Wochen in den Ferien (6 Ob 20/97b; 10 Ob 2018/96d). Keinesfalls ist der nach der Prozentjudikatur zustehende Unterhaltsanspruch gleich zweimal zu kürzen, einmal durch aliquote Kürzung wegen der teilweisen Betreung und ein zweites Mal durch Anrechnung konkreter Naturalleistungen (3 Ob 222/02x). Auch Kosten des Vaters für Wohnungsraum sind nicht zu berücksichtigen (3 Ob 222/02x).

Das Rekursgericht nahm die Ersparnis der Mutter pauschal mit 40 % des Geldunterhaltsbetrags an. Hiezu kann es sich auf die Entscheidung 6 Ob 182/02m jedoch nicht berufen, weil dort die Ersparnis in einem bestimmten Betrag feststand.

Eine Ermittlung der konkreten Ersparnis ist jedoch nicht notwendig:

Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs billigt nämlich bei fast gleicher Betreungszeit der Eltern eine pauschalierte Anrechnung der Ersparnis durch eine vereinfachende und schematisierende Ermittlung.

In der Entscheidung 3 Ob 222/02x wurde die Auffassung vertreten, es bestehe kein Einwand gegen die Reduzierung des Geldunterhalts auf 4/7 des bei alleiniger Betreuung durch die Mutter zustehenden Geldunterhalts, wenn das Kind zu etwa 3/7 der Zeit vom Vater betreut wird und von ihm Naturalunterhalt bezieht, in der übrigen Zeit aber bei der Mutter wohnt und von ihr betreut wird. Der 7. Senat lehnte die in dieser Entscheidung vertretene Rechtsansicht, wonach die "Ersparnisse des anderen Elternteils" bei einer derartigen zeitlichen Aufteilung der Betreuung (erst) mit einer Reduzierung des Geldunterhalts um 3/7 (mehr als 40 %) vollständig berücksichtigt wären, ab (7 Ob 277/03s). Er billigte jedoch die Rechtsauffassung des Gerichts zweiter Instanz, dass sich der Geldunterhaltsanspruch pro Tag, an dem sich das Kind über das übliche Besuchsrechtsausmaß hinaus beim geldunterhaltspflichtigen Elternteil befinde, um 10 % vermindere, sodass bei einer Betreuung an drei Tagen während der Woche - unter Berücksichtigung eines als unterhaltsneutral anzusehenden "Besuchstags" die Reduktion etwa 20 % betrage. Die Entscheidung 8 Ob 62/04g betont, dass dem Gesetz ein bestimmtes System für die Berechnung eines Unterhaltsanspruchs, insbesondere die Berücksichtigung einer über das übliche Ausmaß hinausgehenden Betreuungsleistung des nicht obsorgeberechtigten Elternteils, nicht zu entnehmen ist und der Oberste Gerichtshof daher nicht allgemein verbindliche Prozentsätze für die Unterhaltsbemessung bzw Abschläge für übermäßige Betreuungsleistungen festzulegen habe, hätten doch solche Werte bei der Bemessung des konkreten Unterhaltsanspruchs nur die Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle zu gewährleisten und Prozentsätze nur den Charakter einer Orientierungshilfe (RIS-Justiz RS0047419). Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage sei eine Reduktion des Unterhaltsanspruchs um 10% pro wöchentlichem Besuchstag, der über ein übliches Ausmaß hinausgehe, nicht zu beanstanden.

Dieser Rechtsprechung des 7. und 8. Senats schließt sich der erkennende Senat an. Im vorliegenden Fall ist die zeitliche Betreuung des Kindes zwischen Mutter und Vater im Verhältnis von ca 11 zu 10, also annährend 4 zu 3 aufgeteilt, sodass auch hier der Geldunterhaltsanspruch lediglich um 20 % zu reduzieren ist. Diese Verschlechterung ist möglich, weil infolge des aufhebenden Teils der Rekursentscheidung der Unterhaltsanspruch für die Zeit ab 1. 9. 2003 auch über 180 EUR hinaus nicht rechtskräftig ist, auch wenn das Kind keinen Revisionsrekurs erhoben hat, und der Aufhebungsbeschluss angefochten wurde.

Das Rekursgericht hat den ungeschmälerten Geldunterhaltsanspruch nach den Grundsätzen der Prozentwertmethode und des - vorläufig - zugundezulegenden Einkommens des Vaters zutreffend mit rund 298 EUR monatlich ermittelt. Nach Abzug von 20 % verbleiben rund 238 EUR rechnerisch an Geldunterhalt. Dieser Betrag ist wegen der verfassungsrechtlich gebotenen steuerlichen Entlastung des geldunterhaltspflichtigen Vaters nach den vom Erstgericht wiedergegeben, in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu entwickelten Grundsätzen (RIS-Justiz RS0117016), auf die verwiesen wird, zu kürzen. Den vom Dienstgeber des Vaters vorgelegten Belegen über dessen Bezüge im Jahr 2002 (ON 23) ist ein zu versteuerndes Jahreseinkommen, auf das der Steuertarif des § 33 Abs 1 EStG - in Hinblick auf den Tag der Beschlussfassung erster Instanz - idF vor der Steuerreform 2005 anzuwenden ist, dh ohne Werbungskosten (§ 16 EStG) und unter Ausklammerung der begünstigt besteuerten Sonderzahlungen in Höhe von zwei Monatsbezügen (zB 7 Ob 26/03d; 3 Ob 40/02g), von rund 15.770 EUR zu entnehmen. Das vom Rekursgericht herangezogene monatliche Nettoeinkommen des Vaters berücksichtigt entsprechend der vom Vater vorgelegten Bestätigung seiner Steuerberaterin (ON 52) ein zu versteuerndes Einkommen aus selbständiger Tätigkeit von 11.892,43 EUR. Der Unterhalt wird daher aus einem Einkommensteil (zwischen 21.801 EUR und 50.870 EUR) geleistet, der dem Grenzsteuersatz von 41 % unterliegt. Diesem Grenzsteuersatz entspricht im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (4 Ob 225/02w uva) ein Kürzungsfaktor von 0,165 (= die Hälfte des um 20 % verminderten Grenzsteuersatzes). Die in der Rechtsprechung entwickelte Berechnung des auf Grund der Anrechnung der Transferleistungen (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag) gekürzten Unterhalts, die das Erstgericht ausführlich darstellte (vgl auch die Formel bei Schwimann³, Unterhaltsrecht 34), ergibt im vorliegenden Fall einen gekürzten Unterhalt von 224 EUR monatlich (238 EUR - 0,165 x 238 EUR + 25,50 EUR [Unterhaltsabsetzbetrag] = 224,23 EUR).

Bei der Bemessung künftigen Geldunterhalts sind regelmäßige Naturalleistungen mit Unterhaltscharakter als Teilunterhalt geldunterhaltsmindernd nur mit Zustimmung des obsorgeberechtigten, für die Naturalversorgung primär verantwortlichen Elternteils anrechenbar (6 Ob 20/97b). Die Mutter ist zwar grundsätzlich mit einem Klavierunterricht des Kinds, nicht aber mit dem vom Vater gewählten einverstanden. Einer Versorgung des Kinds mit Bekleidung etc hat sie nicht zugestimmt (ON 16). Ein Anrechnung kommt daher nicht in Betracht. Nach den Angaben der Mutter hat der Vater bis zuletzt laufend seinen Beitrag zu den Hortkosten geleistet (ON 48). Dass diese eine Unterhaltsleistung darstellen und künftig darstellen würden, hat das Rekursgericht zutreffend erkannt. Zu Unrecht begehrt der Vater deren Berücksichtigung beim Geldunterhalt für die Zukunft, weil der Unterhaltsfestsetzungantrag seinem Inhalt so zu verstehen ist, dass die Mutter künftig eine direkte Zahlung des Vaters an den Hort ablehnt und den geschuldeten Geldunterhalt ungeschmälert will. Im Übrigen fallen die Hortkosten nach der Aktenlage (ON 16, 48) nur zehnmal im Jahr an und variieren jeden Monat. Eine gesonderte betragsmäßige Ausweisung künftiger Zahlungen dieser Art im Spruch der Entscheidung, die zur Bestimmtheit des Exekutionstitels notwendig ist, ist daher nicht möglich. Einfacher ist es, wenn der Vater die Hortkosten nicht direkt an den Hort zahlt, sondern der Mutter den geschuldeten Kindesunterhalt in Geld entrichtet und sie die Hortkosten zur Gänze trägt.

3. Zu den weiteren Darlegungen des Rekursgerichts zur Begründung des Aufhebungsbeschlusses enthält die Rechtsmittelschrift keine Ausführungen.

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