OGH 4Ob68/15a

OGH4Ob68/15a16.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** AG, *****, vertreten durch Ebert Huber Swoboda Oswald & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei 1. P***** GmbH, *****, 2. A***** W*****, vertreten durch Dr. Fabian Alexander Maschke, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 34.900 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 100 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Parteien und die außerordentlichen Revisionen beider Streitteile gegen das Urteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungs‑ und Rekursgericht vom 12. Februar 2015, GZ 5 R 14/15s‑17, womit das Urteil und der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 28. November 2014, GZ 39 Cg 61/14s‑11, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung

I. den Beschluss gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00068.15A.0616.000

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung über den Sicherungsantrag ‑ einschließlich der in Rechtskraft erwachsenen Teile -insgesamt zu lauten hat:

„Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird den beklagten Parteien ab sofort bis zur Rechtskraft des beantragten Urteils geboten, es zu unterlassen, Geräte für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu betreiben oder einem Dritten den Betrieb von Geräten für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu ermöglichen, insbesondere durch Aufstellung und/oder Zugänglichmachung solcher Geräte, insbesondere im Lokal Pub H*****, M*****, G*****straße *****, oder E*****, T*****straße *****, solange sie oder der Dritte, dem sie die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung ermöglicht, nicht über die dafür erforderliche Konzession oder behördliche Bewilligung verfügt.“

Die klagende Partei hat ihre Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen vorläufig, die beklagten Parteien haben ihre Kosten des Sicherungsverfahrens endgültig selbst zu tragen.

II. zu Recht erkannt und beschlossen:

Der außerordentlichen Revision der beklagten Parteien wird Folge gegeben.

Der außerordentlichen Revision der klagenden Partei wird teilweise Folge gegeben.

Das Berufungsurteil wird, soweit das Veröffentlichungsbegehren abgewiesen wurde, als Teilurteil bestätigt.

Die Entscheidung über die auf diesen Teil des Streitgegenstands entfallenden Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen wird dem Endurteil vorbehalten.

Im Übrigen, somit in Bezug auf das Unterlassungsbegehren, werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben, und die Rechtssache wird insofern zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die auf diesen Teil des Streitgegenstands entfallenden Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei verfügt über eine Bewilligung zur Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung mittels Automaten nach dem niederösterreichischen Spielautomatengesetz.

Die Pub H***** GmbH betreibt an zwei in Niederösterreich gelegenen Standorten, in E***** und M*****, das Lokal Pub H*****. In beiden Lokalen sind Geräte aufgestellt, auf denen Glücksspiele gegen einen Geldeinsatz gespielt werden können. Der erstbeklagten Partei wird von der Betreiberin der Lokale gegen eine monatliche Provision Raum für die Geräte zur Verfügung gestellt. Beim Banknoteneinzug wird mit einem Aufkleber darauf hingewiesen, dass dieser samt Inhalt Eigentum der erstbeklagten Partei sei und nicht im Zusammenhang mit dem Inhaber des Monitors stehe.

Mit einer DFÜ (Datenfernübertragungs)-Verbindung werden die Spieldaten (Art des Spiels, Anzahl, Einsatz) zu einem Server der erstbeklagten Partei geleitet und von ihr an die C***** weitergeleitet, an deren Standort in Graz das Spiel abgehalten wird. Gewinn oder Verlust hängen ausschließlich vom Zufall ab. Der Spielebetreiber stellt das Ergebnis über die Online-Auftragsannahme der erstbeklagten Partei zum Abrufen bereit. Von dort wird es an den Terminal im Pub H***** weitergeleitet, wo das Spielergebnis aufscheint. Die Entscheidung über Gewinn und Verlust geschieht weder an den Geräten im Lokal noch durch die Verbindung zum Server der erstbeklagten Partei, sondern wird von einem externen Automaten generiert, wobei die Geräte in den beiden Lokalen das Ergebnis nur visualisieren. Gewinne bis 80 EUR werden von der Pub H***** GmbH ausbezahlt, höhere Beträge von der erstbeklagten Partei. Bei einem Gewinn können die Spieler am Automaten einen „Gewinngutschein“ ausdrucken, auf dessen Kopf Firmenwortlaut und Adresse der erstbeklagten Partei aufgedruckt sind.

Weder die beklagten Parteien noch die Pub H***** GmbH oder die C***** AG verfügen über eine Glücksspiellizenz in Niederösterreich oder über eine vom Bundesminister für Finanzen erteilte Konzession zur Durchführung der Ausspielung nach den §§ 6 bis 12b GSpG. Die Zweitbeklagte ist die Geschäftsführerin der erstbeklagten Partei und wirkt an den festgestellten Handlungen der erstbeklagten Partei zumindest mit. Es kann nicht festgestellt werden, dass die beklagten Parteien Betreiberinnen oder Aufstellerinnen der Geräte im Pub H***** sind. Der Sachverhalt weist keinen Auslandsbezug auf.

Die klagende Partei beantragte, den beklagten Parteien mit Urteil und einstweiliger Verfügung zu verbieten,

Geräte für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu betreiben oder einem Dritten den Betrieb von Geräten für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu ermöglichen, insbesondere durch Aufstellung und/oder Zugänglichmachung solcher Geräte, insbesondere im Pub H***** in E***** oder M*****, solange sie oder der Dritte, dem er die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung ermöglicht, nicht über die dafür erforderliche Konzession oder behördliche Bewilligung verfügt.

Mit dem Unterlassungsbegehren verband sie einen Antrag auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung. Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten dürfe nur mit behördlicher Bewilligung erfolgen. Die beklagten Parteien verstießen durch den Betrieb oder die Ermöglichung des Betriebs durch Aufstellen und/oder Zugänglichmachung von Geräten für die Durchführung von Glücksspielen mangels entsprechender Bewilligungen gegen § 1 Abs 1 Z 1 UWG (Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch).

Die beklagten Parteien wandten ein, die Verbotsbestimmungen des Glücksspielgesetzes seien unanwendbar, weil das Glücksspielmonopol unionsrechtswidrig sei. Nach der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C‑390/12, Pfleger, stehe Art 56 AEUV einer nationalen Beschränkung des Glücksspiels entgegen, sofern diese nicht wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolge und nicht tatsächlich dem Anliegen entspreche, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen. Diese Voraussetzungen seien in Österreich nicht erfüllt, worauf auch sie sich wegen der verfassungsrechtlich unzulässigen Inländerdiskriminierung berufen könnten. Eine Ungleichbehandlung von Inländern und Angehörigen anderer Mitgliedstaaten bedürfe einer hier nicht erkennbaren sachlichen Rechtfertigung. Die erstbeklagte Partei stehe in keinem Zusammenhang mit dem Betreiber der Glücksspiele oder dem Aufsteller. Sie sei weder die Eigentümerin noch die Aufstellerin der Geräte oder an den Ausspielungen beteiligt. Sie vermittle nur ein Signal über eine Datenleitung zu einem Server, das wiederum an den Glücksspielbetreiber weitergeleitet werde.

Das Erstgericht gab dem Klage- und dem Verfügungsbegehren insoweit statt, als es den beklagten Parteien verbot, einem Dritten den Betrieb von Geräten für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu ermöglichen. Hingegen wies es das auf die Unterlassung der Betreibung von Glücksspielen gerichtete Klage- und Verfügungsbegehren ebenso ab wie das Urteilsveröffentlichungsbegehren. Bei den Spielen handle es sich um eine elektronische Lotterie iSd § 12a GSpG, die mangels Konzession rechtswidrig abgehalten würden. Die beklagten Parteien leisteten einen Beitrag zu einem rechtswidrigen Verhalten, das geeignet sei, den Wettbewerb zum Nachteil der klagenden Partei zu beeinflussen. Den unionsrechtlichen Überlegungen der beklagten Parteien hielt das Erstgericht den Umstand entgegen, dass ausschließlich ein innerstaatlicher Sachverhalt vorliege. Beim Unterlassungsgebot sei zu berücksichtigen, dass die Betreiber‑ und Aufstellereigenschaft der beklagten Parteien nicht erwiesen sei. Ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung des stattgebenden Urteilsspruchs liege nicht vor.

Das Gericht zweiter Instanz gab den gegen diese Entscheidungen gerichteten Rechtsmitteln beider Streitteile nicht Folge. Es sprach für das Sicherungs- und Berufungsverfahren jeweils aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig seien.

Zur Entscheidung über den Verfügungsantrag führte es aus, dass das Sicherungsverfahren nicht geeignet sei, eine allfällige Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols zu beurteilen, weil dazu auch Feststellungen zu den tatsächlichen Wirkungen der österreichischen Regelung zu treffen wären. Das Erstgericht habe allerdings den Verfügungsantrag hinsichtlich des Aufstellens und des Betriebs von illegalen Spielautomaten zutreffend abgewiesen. Die beklagten Parteien könnten nicht zur Unterlassung eines Verhaltens verpflichtet werden, das sie nicht gesetzt haben.

Zum Hauptverfahren verwies es darauf, dass die beklagten Parteien die Unionsrechtswidrigkeit nur pauschal und unsubstantiiert behauptet, aber kein ausreichend konkretes Vorbringen zu den notwendigen empirischen Feststellungen erstattet hätten. Die Teilabweisung des Unterlassungsbegehrens begründete es wie im Sicherungsverfahren. Mangels berechtigten Interesse an der Information des Publikums des Lokals über die Beteiligung der beklagten Parteien am illegalen Glücksspiel habe das Erstgericht das Urteilsveröffentlichungsbegehren zutreffend abgewiesen.

Die ordentliche Revision und der ordentliche Revisionsrekurs seien mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig.

Gegen den abweisenden Teil der Entscheidung über den Sicherungsantrag richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei. Die klagende Partei beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass ihrem Sicherungsantrag zur Gänze stattgegeben wird. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Der stattgebende Teil blieb unbekämpft und erwuchs in Rechtskraft.

Gegen das Berufungsurteil richten sich die außerordentlichen Revisionen beider Parteien. Die klagende Partei bekämpft den abweisenden Teil und beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass ihrem Sicherungsantrag und der Klage zur Gänze stattgegeben wird. Die beklagten Parteien fechten den stattgebenden Teil der Entscheidung an und beantragen die Abänderung im zur Gänze abweisenden Sinn; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt, weil die Vorinstanzen hinsichtlich der Fassung des Unterlassungsbegehrens von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen sind. Aus diesem Grund ist auch die Revision der klagenden Partei zulässig und teilweise berechtigt.

Die Revision der beklagten Parteien ist zulässig und berechtigt, weil die Vorinstanzen zur Prüfung der Unionsrechtswidrigkeit von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen sind.

A. Zum Revisionsrekurs der klagenden Partei:

1.1 Ein mit dem hier zu prüfenden Unterlassungsbegehren geradezu identes Begehren lag bereits zahlreichen Parallelverfahren zugrunde, bei denen die hier klagende Partei ebenfalls als Klägerin aufgetreten ist. Die entsprechende Formulierung des Unterlassungsbegehrens führte jeweils nicht dazu, dass die Begehren deshalb (zum Teil) abgewiesen wurden. Exemplarisch ist auf die Entscheidungen 4 Ob 222/13w bzw 4 Ob 10/15x zu verweisen, die ebenfalls das Pub H***** betrafen (vgl auch 4 Ob 230/14y, 4 Ob 243/14k uva).

1.2 Zu einer vergleichbaren Konstellation setzte sich der Senat in der Entscheidung 4 Ob 169/14b ausdrücklich mit einer (weiten) Fassung des Begehrens auseinander. Demnach trägt ein derartiges Begehren auch dann einen entsprechenden Unterlassungstitel, wenn unklar bleibt, ob die beklagten Parteien Spielautomaten selbst aufstellen und betreiben oder nur einem Dritten die Betreibung ermöglicht. Dazu wurde ausgeführt:

Es macht daher keinen Unterschied, ob die Beklagten die nicht genehmigten Spielautomaten selbst aufstellen und betreiben oder zu diesem Zweck den entsprechenden Raum in ihrem Geschäftslokal vermieten. Auch das entsprechend weit gefasste Unterlassungsbegehren ist daher nicht zu beanstanden, zumal bei entsprechend eingeschränkter Fassung mit sofortigen Umgehungshandlungen zu rechnen wäre (Rückgängigmachung der Zwischenschaltung, Änderung oder zusätzliche Verschleierungsmaßnahmen). Nach der Rechtsprechung ist bei Unterlassungsansprüchen eine gewisse allgemeine Fassung des Begehrens in Verbindung mit Einzelverboten meist schon deshalb erforderlich, um nicht die Umgehung des erwähnten Verbots all zu leicht zu machen (RIS-Justiz RS0037607).

2. Daran ist auch in der hier vorliegenden Konstellation festzuhalten.

Bereits die gewählte Konstruktion spricht für eine gewisse Verschleierungs‑ und Umgehungsabsicht und dafür, dass die beklagten Parteien das Glücksspiel (mit‑)betreiben. So wird die Gewinnauszahlung ‑ abhängig vom erzielten Betrag ‑ zwischen den Betreibern des Pubs und der erstbeklagten Partei geteilt, wobei höhere Gewinne (nur) von der erstbeklagten Partei ausbezahlt werden. Auch der Umstand, dass die erstbeklagte Partei ihr Eigentum an Teilen des Spielmonitors („am eingebauten Banknoteneinzug samt Inhalt“) mit einem Aufkleber deklariert, spricht ebenfalls für eine unmittelbare Beteiligung, dies ungeachtet der Frage, inwieweit hier eine derartige Sonderrechtsfähigkeit von Teilen des Monitors überhaupt möglich ist.

Auch die Beteiligung einer dritten Gesellschaft und die damit verbundene Auslagerung von Spielbestandteilen in ein anderes Bundesland sollte offenbar den Beitrag der beklagten Parteien ebenfalls verschleiern. Das ändert nichts daran, dass die Ausspielungen am Aufenthaltsort des Spielers stattfinden (VwGH 2011/17/0150 und 2011/17/0155 sowie 2011/17/0246). Zudem diente der Server der erstbeklagten Partei nach den Feststellungen ausschließlich zum Empfang bzw zur Weiterleitung der Daten und ist damit Teil jenes elektronischen Netzwerks, das die Spielteilnahme ermöglicht. (4 Ob 222/13w [ebenfalls zum Pub H*****]).

Damit ist die erstbeklagte Partei aber unmittelbar an der Durchführung des Glücksspiels beteiligt. Daraus folgt ihre Unternehmereigenschaft idS § 2 Abs 2 GSpG, weil diese hinsichtlich aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen ua auch dann vorliegt, wenn nur eine Beteiligung an der Veranstaltung, der Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels vorliegt.

3. Auch unter Berücksichtigung dieser Umstände ist in der hier zu prüfenden Konstellation die weite Fassung des Begehrens jedenfalls berechtigt. Dem Revisionsrekurs ist somit Folge zu geben und der angefochtene Beschluss im Sinne der gänzlichen Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung abzuändern.

Im Spruch über das Unterlassungsgebot hatte die Verpflichtung „zur ungeteilten Hand“ zu entfallen, weil mehrere Unterlassungsverpflichtete nicht zur ungeteilten Hand haften (4 Ob 173/97p; RIS‑Justiz RS0079591).

B. Zur Revision der beklagten Parteien:

1. Die beklagten Parteien rügen zu Recht, dass die Vorinstanzen zu den tatsächlichen Auswirkungen der Regelungen des Glücksspielrechts keine Feststellungen getroffen haben, um die Unionsrechtswidrigkeit als Vorfrage für die Inländerdiskriminierung (vgl zB 4 Ob 145/14y; 4 Ob 200/14m; RIS‑Justiz RS0129945) zu beurteilen. Damit haben sich die Vorinstanzen in Widerspruch zur nunmehr ständigen Rechtsprechung gesetzt.

2. Bereits in der vom Berufungsgericht zitierten und ein Sicherungsverfahren betreffenden Entscheidung 4 Ob 145/14y hat der erkennende Senat ausdrücklich festgehalten, dass die in der Entscheidung zur Rechtssache C‑390/12, Pfleger, vom EuGH angeführten tatsächlichen Umstände, von deren Vorliegen die Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols abhängt, im Hauptverfahren zu prüfen sind. Im Rahmen des Hauptprozesses sind daher Feststellungen darüber zu treffen, ob die konkrete Ausgestaltung des Glücksspielmonopols „wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und [...] tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen“. Nach 4 Ob 145/14y kann die mögliche Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols allenfalls eine verfassungsrechtlich unzulässige Inländerdiskriminierung bewirken.

3. In zahlreichen jeweils im Hauptverfahren ergangenen Entscheidungen (4 Ob 200/14m, 4 Ob 231/14w, 4 Ob 244/14g, 4 Ob 32/15g) wurde diese Rechtsansicht bestätigt und zur hier interessierenden Frage jeweils ua Folgendes ausgeführt:

Grundsätzlich ist die Vereinbarkeit von nationalem Recht mit Unionsrecht [...] als Rechtsfrage von Amts wegen zu prüfen, sodass sich Fragen zu einer [...] Darlegungspflicht (Behauptungslast) nicht stellen. Können aber bei Regelungen, bei denen - wie hier - sowohl der Wortlaut als auch die erklärte Zielsetzung des Gesetzgebers [...] gegen die Annahme eines Unionsrechtsverstoßes sprechen, ausnahmsweise tatsächliche Umstände zu einem anderen Ergebnis führen, so hat sich diese Prüfung grundsätzlich an diesbezüglichen Parteienbehauptungen zu orientieren. Dabei trifft hier die Beklagten die Verpflichtung zur Behauptung entsprechender Tatsachen, weil es sich beim Einwand der Unionsrechtswidrigkeit um eine anspruchs-vernichtende Einwendung handelt (vgl RIS‑Justiz RS0106638; RS0109287). Da allerdings die Geltung oder Anwendbarkeit eines Gesetzes letztlich nicht von Behauptungen oder Beweisanboten einer Partei abhängen kann, wird das Erstgericht dann, wenn es aufgrund konkreter Anhaltspunkte Zweifel an der Unionsrechtskonformität des Glücksspielrechts haben sollte, auch von Amts wegen entsprechende Beweise aufnehmen und Feststellungen treffen müssen. Verbleiben letztendlich Zweifel über die zu prüfenden Tatsachen, liegt also ein non liquet vor, geht das zu Lasten der damit beweisbelasteten Beklagten (RIS‑Justiz RS0037797).

Erweisen sich die Regelungen des Glücksspielrechts aufgrund von deren tatsächlichen Auswirkungen als unionsrechtswidrig, bestünden wegen der dann drohenden Inländerdiskriminierung Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Glücksspielmonopols. Dies müsste zu einer Anfechtung der relevanten Bestimmungen [...] beim Verfassungsgerichtshof führen. Nach einer stattgebenden Entscheidung des Erstgerichts stünde den Beklagten zudem ein Parteiantrag auf Normenkontrolle iSv Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B‑VG offen. [...]“

4. An diesen Grundsätzen ist auch im hier zu prüfenden Fall festzuhalten.

4.1 Insoweit das Berufungsgericht seine Entscheidung damit begründet, dass die beklagten Parteien im Verfahren erster Instanz kein konkretes, mit einem Beweisanbot verbundenes Vorbringen erstattet hätten, nimmt es offensichtlich auf Formulierungen des Senats Bezug (zB 4 Ob 200/14m; 4 Ob 231/14w, 4 Ob 244/14g), wonach „die Parteien in erster Instanz ein konkretes, mit Beweisanboten belegtes Vorbringen zu erstatten haben [werden]“. Dies wurde im Zusammenhang mit aufhebenden Entscheidungen festgehalten, gleichsam als Teil einer „Anleitung“ für den weiteren Verfahrensablauf, in dem die ‑ eine Vorfrage für eine allfällige Verfassungswidrigkeit bildende ‑ Unionsrechts-konformität von der Prüfung der tatsächlichen Umstände abhängt. Dabei hat der Senat in diesen Entscheidungen gleichzeitig auch ‑ wie zuvor bereits ausgeführt ‑ die amtswegige Prüfungspflicht betont und klargestellt, dass die Geltung oder Anwendbarkeit eines Gesetzes letztlich nicht von Behauptungen oder Beweisanboten einer Partei abhängen kann.

4.2 Im Gegensatz zur Rechtsansicht des Berufungsgerichts ist ein sekundärer Verfahrensmangel nach § 496 Abs 1 Z 3 ZPO hier schon mangels Erstattung von ausreichendem Vorbringen durch die beklagten Parteien zu verneinen. Vom Senat wurde bereits in mehreren vergleichbaren Fällen auf der Grundlage eines nahezu identen Vorbringens der dort beklagten Partei die Ansicht vertreten, dass Feststellungen im Zusammenhang mit der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit bzw Inländerdiskriminierung zu treffen sind (zB 4 Ob 229/14a, 4 Ob 230/14y, 4 Ob 243/14k, 4 Ob 6/15h uvm). Teilweise wurde dabei ausdrücklich ausgesprochen, dass „ein umfassendes Vorbringen der Beklagten zur Unionsrechtswidrigkeit bzw zur Inländerdiskriminierung vorliegt“ (vgl zB 4 Ob 6/15h; 4 Ob 32/15g oder 4 Ob 35/15y).

4.3 Auch ein Vorbringen ohne ausreichendes Beweisanbot befreit die Tatsacheninstanzen nicht von der Pflicht, die nötigen Feststellungen über rechtlich relevante Fragen zu treffen. Dabei ist zu beachten, dass eine Feststellung nicht nur dann vorliegt, wenn das Erstgericht einen bestimmten Sachverhalt als erwiesen annimmt (Variante 1), sondern auch dann, wenn das Erstgericht einen bestimmten Sachverhalt ausschließt (Variante 2) oder eine Feststellung darüber nicht treffen kann (Variante 3; Negativfeststellung [„es kann nicht festgestellt werden, ob ...“]). In allen diesen Fällen liegt kein Feststellungsmangel auf Grund unrichtiger rechtlicher Beurteilung vor ( Pimmer in Fasching/Konecny2 § 496 ZPO Rz 53). Werden von den Parteien keine ausreichenden Beweise angeboten, kann das dazu führen, dass die Tatsacheninstanzen wegen Beweislosigkeit (non liquet) nur Negativfeststellungen treffen können ( Rechberger/Klicka in Rechberger 4 § 226 ZPO Rz 9), was zu Lasten der beweisbelasteten beklagten Parteien gehen würde (vgl jüngst 4 Ob 66/15g im Zusammenhang mit der zu prüfenden Unionsrechtswidrigkeit).

4.4 Im Anlassfall haben die Vorinstanzen aber keine Feststellungen zur relevanten Frage der tatsächlichen Auswirkungen der Regelungen des Glücksspielrechts getroffen. Durch dieses Unterbleiben jeglicher (auch negativer) Feststellungen liegt damit ‑ auch unter Berücksichtigung des bisher zur Unionsrechswidrigkeit bzw Inländerdiskriminierung von den beklagten Parteien erstatteten Vorbringens ‑ ein Feststellungsmangel aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung vor.

5. Auch die Argumente in der Revisionsbeantwortung der klagenden Partei bieten keinen Anlass, von der Spruchreife des Hauptverfahrens auszugehen.

5.1 Die klagende Partei argumentiert, den beklagten Parteien stehe der Einwand der Inländerdiskriminierung nur dann offen, wenn sie sich selbst oder die von der klagenden Partei als „Veranstalter“ qualifizierte C***** AG auf eine glücksspielrechtliche Bewilligung berufen könnten. Dieser Forderung liegt aber ein Zirkelschluss zugrunde, weil die Inländerdiskriminierung gerade auf den Ausschluss einer glücksspielrechtlichen Bewilligung gestützt wird.

Die Argumentation der klagenden Partei widerspricht in diesem Punkt zudem einer Reihe von höchstgerichtlichen Entscheidungen, in denen der Senat ungeachtet des rein innerstaatlichen Sachverhalts und der fehlenden glücksspielrechtlichen Bewilligung der dort Beklagten vertrat, dass die behauptete Unionsrechtswidrigkeit als Vorfrage für eine allfällige Inländerdiskriminierung zu prüfen ist (4 Ob 145/14y; 4 Ob 200/14m; 4 Ob 229/14a; 4 Ob 231/14w; 4 Ob 244/14g). Von diesen Grundsätzen ist der Senat auch in der Entscheidung 4 Ob 251/14m nicht abgegangen, zumal dort Fragen zur Inländerdiskriminierung gar nicht zu prüfen waren.

5.2 Die klagende Partei hat erstmals in der Revisionsbeantwortung behauptet, dass weder die (erst‑)beklagte Partei noch die C***** AG die für eine Konzession erforderlichen Mindestkapitalvorschriften nach § 14 Abs 2 Z 1 und 3 GSpG erfüllte, weshalb die unions‑ und verfassungsrechtlichen Fragen auch deshalb nicht zu prüfen seien. Darauf ist wegen des im Rechtsmittelverfahren geltenden Neuerungsverbots nicht einzugehen.

5.3 Auch der Hinweis der klagenden Partei auf einen angeblichen Übersetzungsfehler des EuGH in der Entscheidung C‑390/12, Pfleger, (es sei unter Bedachtnahme auf andere Sprachfassungen nicht zu entnehmen, dass die ‑ mögliche ‑ Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspiel-monopols auch von tatsächlichen Umständen abhänge) spricht nicht gegen die Berechtigung der Revision.

Die Klägerin bezieht sich dabei nämlich allein auf die (vom Senat ua in 4 Ob 145/14y und 4 Ob 200/14m zitierte) Rz 56 dieses Urteils, vernachlässigt aber, dass der EuGH (auch) in anderen Teilen der Begründung eindeutig nicht nur auf die Regelung als solche, sondern auch auf deren praktische Umsetzung abgestellt hat (zB Rz 49, 52). Der Senat hat bereits in den Entscheidungen 4 Ob 44/15x und 4 Ob 43/15z (auch im Zusammenhang mit der Erörterung eines angeblichen Übersetzungsfehlers des EuGH) verdeutlicht, dass die tatsächlichen Umstände maßgebend sind und sich das auch aus der Entscheidung C‑347/09, Dickinger/Ömer,ergibt. Demnach hat das nationale Gericht ua zu prüfen, ob

„im entscheidungserheblichen Zeitraum die kriminellen und betrügerischen Aktivitäten im Zusammenhang mit den Spielen und die Spielsucht in Österreich ein Problem waren (Rz 66), und ob die Geschäftspolitik des Inhabers des Monopols sowohl hinsichtlich des Umfangs der Werbung als auch hinsichtlich der Schaffung neuer Spiele als Teil einer Politik der kontrollierten Expansion im Glücksspielsektor zur wirksamen Lenkung der Spiellust in rechtmäßige Bahnen angesehen werden kann“ (Rz 65).

6. Der Revision der beklagten Parteien ist somit Folge zu geben, der von ihr angefochtene Teil der Entscheidungen aufzuheben und die Rechtssache insofern zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

C. Zur Revision der klagenden Partei:

1. Die Revision ist insoweit berechtigt, als die Vorinstanzen das Unterlassungsbegehren teilweise abgewiesen haben. Dazu ist auf die Ausführungen zu Abschnitt A zu verweisen. Mangels Spruchreife in der Hauptsache (vgl Abschnitt B) sind die Urteile der Vorinstanzen bezüglich des Unterlassungsbegehrens in diesem Umfang aufzuheben und die Rechtssache insofern zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

2. Hingegen trifft die Beurteilung des Berufungsgerichts zum Urteilsveröffentlichungsbegehren uneingeschränkt zu (§ 510 Abs 3 ZPO). Ein Veröffentlichungsbedürfnis besteht in aller Regel nicht, wenn nicht wahrscheinlich ist, dass wettbewerbswidrige Handlungen über einen eingeschränkten Personenkreis hinaus bekannt geworden sind (RIS‑Justiz RS0078824; RS0079584; RS0079685). Der konkrete Wettbewerbsverstoß der beklagten Parteien war auf die Teilnehmer am Glücksspiel in zwei Pubs in kleinen Ortschaften beschränkt, die keine eigenen Gemeinden sind. Ein „breites Publikum“ wurde somit nicht angesprochen. Ungeachtet des Aufklebers der erstbeklagten Partei an den Geräten erreichten die Rechtsverletzungen der beklagten Parteien auch aufgrund der im Anlassfall gewählten (verschleiernden) Konstruktion mit mehreren beteiligten Unternehmen nicht die nötige Publizität, die es rechtfertigen würde, das Urteil in einer Zeitung zu veröffentlichen, deren Reichweite sich weit über die beiden Ortschaften hinaus erstreckt. In einem vergleichbaren Fall hat der Oberste Gerichtshof bei einem ähnlich eng eingeschränkten Personenkreis (Gäste eines Lokals, die ein bestimmtes Getränk konsumierten oder die Hinweise in einem Schaukasten lasen) ein Interesse an der Veröffentlichung in einer Zeitung oder einem Fachmagazin ebenfalls verneint (17 Ob 11/07b). Die Abweisung des Urteils-veröffentlichungsbegehrens war deshalb als Teilurteil zu bestätigen.

D. Kosten:

Die Kostenentscheidung im Sicherungsverfahren beruht für die Klägerin auf § 393 Abs 1 EO, für die beklagten Parteien auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO. Die Kostenentscheidung im Revisionsverfahren gründet sich auf § 52 ZPO.

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