OGH 2Ob89/13x

OGH2Ob89/13x28.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. J***** M*****, und 2. E***** M*****, vertreten durch Dr. Karl‑Peter Hasch, Rechtsanwalt in Villach, gegen die beklagten Parteien 1. J***** H*****, vertreten durch Dr. Christian Kleinszig und Dr. Christian Puswald, Rechtsanwälte in St. Veit an der Glan, und 2. W***** L*****, wegen 1. (beide beklagte Parteien) Nichtigkeit eines Vertrags (Streitinteresse: 54.500 EUR) und 2. (erstbeklagte Partei) Abgabe einer Willenserklärung (Streitinteresse: 5.500 EUR), über den Rekurs der erstbeklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 6. Dezember 2012, GZ 2 R 209/12s‑42, womit infolge Berufung der erstbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 13. September 2012, GZ 25 Cg 126/10h‑38, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

I. Der angefochtene Beschluss wird hinsichtlich Punkt 1. des Klagebegehrens aufgehoben und in der Sache selbst wird zu Recht erkannt, dass die Entscheidung über das Hauptbegehren einschließlich des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teils als Teilurteil zu lauten hat:

„Das Klagebegehren,

1. der zwischen den beklagten Parteien am 5. 12. 1995 geschlossene, mit dem Titel 'Tauschvertrag' bezeichnete Vertrag sei nichtig, und

2. die erstbeklagte Partei sei schuldig, Zug um Zug gegen Bezahlung eines Betrags von 60.000 EUR in die Einverleibung des Eigentumsrechts der klagenden Parteien ob der Liegenschaft EZ ***** einzuwilligen, wird abgewiesen.“

Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.

II. Im Übrigen, hinsichtlich des Eventualbegehrens, wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Entscheidungsgründe:

Der Erstbeklagte ist grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ *****, die aus einem 1.374 m² großen Grundstück besteht. Im Grundbuch ist seit dem Jahr 1994 unter C-LNr 2a zugunsten beider Kläger und einer weiteren Person das Vorkaufsrecht einverleibt, das ihnen von der Zweitbeklagten, der Voreigentümerin der Liegenschaft, vertraglich eingeräumt worden war.

Der Erstbeklagte hatte im Jahr 1995 bei der Zweitbeklagten Interesse für den Ankauf der Liegenschaft bekundet und ihr ein Kaufanbot gestellt. Die Zweitbeklagte setzte die Kläger davon in Kenntnis, dass sie die Liegenschaft verkaufen wolle; sie habe ein Angebot von 1.600 S (116,28 EUR) pro m². Der Erstkläger bot die Zahlung eines höheren Betrags an, worauf die Zweitbeklagte erklärte, mit dem Erstbeklagten noch Verhandlungen führen zu müssen.

Aufgrund einer Idee des Erstbeklagten, der von dem Vorkaufsrecht wusste, schlossen die beiden Beklagten am 5. 12. 1995 einen Tauschvertrag. Tauschobjekte waren einerseits die mit dem Vorkaufsrecht belastete Liegenschaft, andererseits 849/10.000 Anteile an der Liegenschaft EZ *****, mit welchem untrennbar das Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung verbunden war. Am selben Tag verkaufte die Zweitbeklagte der damaligen Ehefrau des Erstbeklagten die von ihr durch den Tausch erworbenen Liegenschaftsanteile um einen Kaufpreis von 875.000 S (63.588,73 EUR). Die Unterschriften unter den Vertragsurkunden wurden notariell beglaubigt. Der Tauschvertrag wurde nur bei der vom Erstbeklagten erworbenen Liegenschaft, der Kaufvertrag überhaupt nie grundbücherlich durchgeführt.

Als der Erstkläger etwa 14 Tage nach seinem Gespräch mit der Zweitbeklagten im Notariat anfragte, erhielt er die Auskunft, dass die Liegenschaft nicht verkauft, sondern getauscht und der Vorkaufsfall nicht ausgelöst worden sei. Im Jahr 2010 stellte der Klagevertreter aus Anlass eines Servitutsstreits Nachforschungen im Grundbuch an. Danach erklärte er den Klägern, dass der Tauschvertrag „bekämpfbar“ sei.

Mit ihrer am 9. 7. 2010 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrten die Kläger 1. den Ausspruch, dass der zwischen den Beklagten am 5. 12. 1995 geschlossene „Tauschvertrag“ nichtig sei, und 2. den Erstbeklagten schuldig zu erkennen, Zug um Zug gegen Bezahlung von 60.000 EUR, hilfsweise des zum Erwerb der Liegenschaft an die Zweitbeklagte bezahlten Betrags, in die Einverleibung des Eigentumsrechts der Kläger ob der Liegenschaft EZ ***** einzuwilligen.

Sie brachten vor, die Beklagten hätten tatsächlich keinen Tauschvertrag geschlossen, sondern nur diese Vertragsbezeichnung gewählt, um das Vorkaufsrecht der Kläger zu umgehen. Dies hätten sie erst im Jahr 2010 erfahren. Das angebliche Tauschobjekt (die Eigentumswohnung) habe damals maximal einen Wert von rund 825.000 S (60.000 EUR) repräsentiert, während die dem Erstbeklagten übertragene Liegenschaft 2.253.360 S (163.758 EUR) wert gewesen sei. Schon dieser eklatante Wertunterschied zeige, dass es sich beim „Tausch“ nur um ein Umgehungsgeschäft gehandelt habe. Der tatsächliche Preis, den der Erstbeklagte der Zweitbeklagten bezahlt habe, sei den Klägern nicht bekannt. Die Eigentumswohnung sei im Eigentum des Erstbeklagten verblieben. Erst im Zuge der Scheidung von seiner damaligen Ehefrau habe er dieser im Scheidungsfolgenvergleich vom 18. 4. 2000 das Eigentum an der Wohnung übertragen. Infolge Umgehung des Vorkaufsrechts sei der zwischen den Beklagten geschlossene Tauschvertrag sittenwidrig und nichtig, ebenso die Einverleibung des Eigentumsrechts des Erstbeklagten. Der weitere Vorkaufsberechtigte habe auf sein Vorkaufsrecht verzichtet und sei mit der Geltendmachung der daraus erfließenden Rechte durch die Kläger einverstanden.

Der Erstbeklagte wandte ein, wahrer Wille sei der Abschluss eines Tauschvertrags gewesen, weshalb der Vorkaufsfall nicht ausgelöst worden sei. Die Kläger hätten vor dem Tauschvertrag erklärt, auf ihr Vorkaufsrecht zu verzichten und sich diesen Verzicht von der Zweitbeklagten um 150.000 S „abkaufen“ lassen. Die Klage sei auch deshalb nicht berechtigt, weil die Kläger den von ihnen selbst mit 163.758 EUR bezifferten Einlösungspreis nicht erlegt hätten und der weitere Vorkaufsberechtigte nicht ebenfalls als Kläger auftrete.

Der in Griechenland wohnhaften Zweitbeklagten wurde die Klage samt Auftrag zur Klagebeantwortung zugestellt. Eine Klagebeantwortung wurde nicht erstattet. Die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts wurde nicht angezeigt. Das Erstgericht verfügte mehrfach die Ladung der Zweitbeklagten zur Parteienvernehmung (zu der sie nicht erschien), nicht aber ihre Ladung als Partei.

Das Erstgericht gab Punkt 1. des Klagebegehrens (Nichtigkeit des Tauschvertrags) statt und wies das zu Punkt 2. gestellte Hauptbegehren (Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts Zug um Zug gegen Zahlung von 60.000 EUR) ab. Über das Eventualbegehren entschied es wie folgt:

3. Die erstbeklagte Partei ist schuldig, sofern die klagenden Parteien binnen 30 Tagen nach Rechtskraft dieses Urteils die Bezahlung jenes Betrags tatsächlich anbieten, der zum Erwerb des Grundstücks […] an die zweitbeklagte Partei bezahlt wurde, Zug um Zug gegen Bezahlung dieses Betrags in die Einverleibung des Eigentumsrechts der klagenden Parteien ob der Liegenschaft […] einzuwilligen.

4. Das Begehren auf bloßen Zuspruch ohne Einschränkung, dass die Verpflichtung nur bei tatsächlichem Anbot binnen 30 Tagen ab Rechtskraft des Urteils zu erfolgen hat, wird abgewiesen.

Es ging vom eingangs wiedergegebenen Sachverhalt aus und traf noch folgende wesentliche Feststellungen:

Den Klägern wurde ein Kaufvertrag nie zur Einlösung angeboten. Sie wurden auch nicht aufgefordert, einen konkreten Kaufpreis zu zahlen. Die Kläger erklärten nie gegenüber dem Erstbeklagten, auf die Ausübung des Vorkaufsrechts verzichten zu wollen. Der wahre Wille des Erstbeklagten war nicht, die Liegenschaftsanteile zu tauschen, sondern es sollte mit dem Tauschvertrag das Vorkaufsrecht umgangen werden. Wahrer Wille des Erstbeklagten war, das klagsgegenständliche Grundstück von der Zweitbeklagten um den Kaufpreis von 875.000 S zu kaufen, wobei sich die beiden Beklagten darin einig waren. Für beide war klar, dass die Ehefrau des Erstbeklagten die Wohnung zurückkaufen würde. Der weitere Vorkaufsberechtigte hat kein Interesse, das Vorkaufsrecht auszuüben. Er ist der Meinung, dass ihm nach der wirtschaftlichen Trennung von den Klägern ein solches Recht nicht mehr zukommt.

Rechtlich gelangte das Erstgericht zu der Überzeugung, dass die Beklagten den Tauschvertrag nur zur Umgehung des Vorkaufsrechts abgeschlossen hätten. Das dahinterstehende Geschäft sei ein Kaufvertrag, worauf der wahre Wille der Beklagten gerichtet gewesen sei. Das Begehren auf Nichtigerklärung des Tauschvertrags (Punkt 1.) bestehe daher zu Recht. Der Kaufpreis habe allerdings umgerechnet 63.586,73 EUR und nicht bloß 60.000 EUR betragen, weshalb das zu Punkt 2. gestellte Hauptbegehren abgewiesen werden müsse. Das Eventualbegehren bestehe nur mit der aus dem Spruch ersichtlichen Einschränkung zu Recht. Erlange der Berechtigte auf andere Weise als durch ein Einlösungsangebot Kenntnis von allen zur Ausübung des Gestaltungsrechts nötigen Tatsachen, so erlösche zwar der Anspruch auf ein Einlösungsangebot, doch werde die Einlösungsfrist noch nicht in Gang gesetzt. Der Kläger sei hier noch nicht in Kenntnis aller Umstände, nämlich der Kosten und Gebühren im Zusammenhang mit der Errichtung des Kaufvertrags. Die Frist zur Einlösung sei demnach noch nicht in Gang gesetzt worden, sodass ihr Beginn mit Rechtskraft des Urteils festzusetzen gewesen sei. Die Kläger seien vorleistungspflichtig; sie müssten daher sämtliche Leistungen, die der Erstbeklagte beim Erwerb der Liegenschaft erbracht habe (Kaufpreis samt Nebenleistungen), zur Einlösung anbieten. Der weitere Vorkaufsberechtigte habe auf die Ausübung des Vorkaufsrechts verzichtet.

Dieses Urteil blieb in seinem Punkt 2. des Hauptbegehrens abweisenden Ausspruch unbekämpft und ist insoweit rechtskräftig. Das im Übrigen vom Erstbeklagten angerufene Berufungsgericht hob die erstinstanzliche Entscheidung im angefochtenen Umfang auf. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Zum Begehren auf Ausspruch der Nichtigkeit des Tauschvertrags vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, die beiden Beklagten bildeten eine einheitliche Streitpartei iSd § 14 ZPO, käme es doch bei unterschiedlichen Einzelentscheidungen gegen die beiden Beklagten zu jenen unlösbaren Verwicklungen, welche die genannte Gesetzesbestimmung verhindern wolle. Das Erstgericht habe der Zweitbeklagten zwar die Klage mit dem Auftrag zur Klagebeantwortung zugestellt, sie dann aber entgegen § 15 Abs 2 ZPO nicht zu den Tagsatzungen geladen. Eine Nichtigkeit sei nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung nur dann anzunehmen, wenn der gesetzwidrige Vorgang (der Verstoß gegen § 15 Abs 2 ZPO) zum Ausschluss der gesamten einheitlichen Streitpartei vom rechtlichen Gehör geführt hätte. Es handle sich um einen „sekundären Verfahrensmangel“, der aus Anlass einer Rechtsrüge aufzugreifen sei. Aus diesem Grund sei Punkt 1. des angefochtenen Urteils aufzuheben, um der „säumigen“ Zweitbeklagten die Möglichkeit zur Verfahrensbeteiligung zu geben.

Zum (Eventual‑)Begehren auf Abgabe einer Willenserklärung führte das Berufungsgericht aus, werde gleichzeitig mehreren Personen ein Vorkaufsrecht eingeräumt, könne der Abforderungsanspruch nach § 1079 Satz 2 ABGB im Zweifel nur von allen Berechtigten gemeinsam ausgeübt werden. Das Erstgericht habe aus seiner Feststellung über die Meinung und die Interessenlage des weiteren Vorkaufsberechtigten zu Unrecht den Schluss gezogen, dass dieser auf sein Vorkaufsrecht verzichtet habe. Eine entsprechende Willenserklärung sei daraus nicht abzuleiten. Bei einem Verzicht handle es sich nach überwiegender Rechtsprechung um einen Vertrag. Es seien daher ergänzende Feststellungen zur Beurteilung erforderlich, ob der weitere Vorkaufsberechtigte tatsächlich sein Vorkaufsrecht wirksam aufgegeben habe.

Aufgrund der Rechtsgeschäfte vom 5. 12. 1995 hätten die Zweitbeklagte 875.000 S (63.588,73 EUR) und der Erstbeklagte die mit dem Vorkaufsrecht belastete Liegenschaft erlangt. Es liege ein Umgehungsgeschäft vor, mit dem die Ausübung des Vorkaufsrechts vereitelt worden sei. Der Abschluss der beiden „Umweggeschäfte“ sei daher wie eine Bedingungsvereitelung zu beurteilen; die Bedingung für die Ausübung des Vorkaufsrechts ‑ der Vorkaufsfall ‑ gelte damit als eingetreten.

Zur Durchsetzung ihres Abforderungsanspruchs gegen den Erstbeklagten müssten die Kläger eine „Ausübungserklärung“ abgeben, die im Abforderungsverlangen laut Klage liege und auch gegenüber der Zweitbeklagten wirksam sei. Sie müssten ferner den Einlösungspreis leisten oder zumindest real anbieten, um zu verhindern, dass ein zahlungsunfähiger Vorkaufsberechtigter den Vorkaufsverpflichteten um einen leistungsfähigen Drittkäufer bringe. Der Abforderungsberechtigte habe durch Zahlung des Einlösungspreises Zug um Zug gegen Übergabe der mit dem Vorkaufsrecht belasteten Liegenschaft „wirklich einzulösen“. Die dadurch bewirkte Vermögensverschiebung zwischen dem Abforderungsberechtigten und dem Drittkäufer sei zwar nicht durch eine schuldrechtliche Rechtsbeziehung gerechtfertigt, sodass der Zahlungsanspruch (des Drittkäufers) gemäß § 1041 ABGB grundsätzlich am Wert der Sache zu messen sei, doch lasse sich im Sinne der herrschenden Lehre die Zahlung des Drittkäufers an den Vorkaufsverpflichteten nachträglich als Zahlung einer materiell fremden Schuld (jener des Vorkaufsberechtigten) interpretieren, für die der Drittkäufer aus seinem Kaufvertrag hafte. Nach § 1075 ABGB solle nach Ausübung des Vorkaufsrechts der Vorkaufsberechtigte und nicht der Drittkäufer den Kaufpreis zahlen und dafür die Sache erhalten. Das Berufungsgericht ziehe daher § 1358 ABGB als Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch des Drittkäufers gegen den sein Abforderungsrecht ausübenden Vorkaufsberechtigten heran. Der Einlösungspreis bestimme sich deshalb nicht nach dem Verkehrswert der umstrittenen Liegenschaft, sondern nach dem von den Beklagten durch das Umgehungsgeschäft zunächst verschleierten Kaufpreis.

Die Kläger hätten ihr Eventualbegehren als Zug‑um‑Zug‑Begehren formuliert, den von ihnen real anzubietenden oder zu zahlenden Einlösungspreis jedoch bis zuletzt unbestimmt belassen. Das Erstgericht habe die Kläger nicht zur Sanierung des unbestimmten Begehrens aufgefordert, sondern dieses in seinen Urteilsspruch übernommen. Das angefochtene Urteil sei daher auch insoweit aufzuheben, um den Klägern Gelegenheit zu geben, ihre in das Zug-um-Zug-Begehren aufgenommene Zahlungsver-pflichtung ziffernmäßig bestimmt zu formulieren und diesen Einlösungspreis dem Erstbeklagten zumindest real anzubieten.

Seinen Zulassungsausspruch begründete das Berufungsgericht damit, dass zur Frage, ob der vom Abforderungsberechtigten zu zahlende Einlösungspreis dem Verkehrswert der mit dem Vorkaufsrecht belasteten Sache entspreche oder der autonomen Wertbestimmung durch den Vorkaufsverpflichteten und den Drittkäufer unterliege, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung existiere. Es begründe überdies eine erhebliche Frage des Verfahrensrechts, ob die unterlassene Ladung der Zweitbeklagten zu den erstgerichtlichen Tagsatzungen (§ 15 Abs 2 ZPO) den gegen die gesamte einheitliche Streitpartei wirkenden Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 4 ZPO oder einen der rechtlichen Beurteilung zuzuordnenden „sekundären Verfahrensmangel“ verwirklicht habe.

Gegen diesen Aufhebungsbeschluss richtet sich der Rekurs des Erstbeklagten wegen (inhaltlich) Nichtigkeit, und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, in der Sache selbst im Sinne der gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens zu entscheiden. Hilfsweise möge dem Erstgericht die im Rechtsmittel vertretene Rechtsansicht überbunden werden. Mit einem zweiten Eventualantrag wird die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses begehrt.

Den Klägern wurde eine Gleichschrift des Rekurses zugestellt; sie machten von der Möglichkeit einer Rekursbeantwortung keinen Gebrauch.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof zu den hier zu lösenden Fragen des Vorkaufsrechts bisher noch nicht geäußert hat. Er ist auch teilweise berechtigt.

Der Erstbeklagte macht zu Punkt 1. des Klagebegehrens geltend, durch die unterbliebene Ladung der Zweitbeklagten zu den erstgerichtlichen Tagsatzungen sei deren rechtliches Gehör verletzt. Nach den Feststellungen liege kein nichtiges Scheingeschäft, sondern angeblich ‑ was bestritten bleibe ‑ ein Umgehungsgeschäft vor. Dieses sei nach dem Willen der Vertragsparteien zustandegekommen und daher rechtswirksam. Das Begehren auf Feststellung der Nichtigkeit sei schon aus diesem Grund verfehlt. Davon abgesehen hätten die Kläger ihrer Beweislast für das Vorliegen einer Umgehungsabsicht nicht entsprochen. Hinsichtlich der Zweitbeklagten fehle diesbezüglich jegliche Feststellung, sodass eine auf Umgehung gerichtete Willensübereinstimmung der Beklagten ausgeschlossen sei.

Die Rechtskraft der Abweisung des in Punkt 2. gestellten Hauptbegehrens der Kläger umfasse zwingend auch das Eventualbegehren. Insoweit liege res iudicata vor. Das Klagebegehren sei auch deshalb abzuweisen, weil es den Klägern ohne Mitwirkung des weiteren Vorkaufsberechtigten an der Sachlegitimation fehle. Die erstgerichtliche Feststellung, dieser habe auf sein Vorkaufsrecht verzichtet, sei aktenwidrig. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts sei auch nicht der angeblich erzielte Kaufpreis von 875.000 S (63.588,73 EUR) heranzuziehen, sondern ein entsprechend aufgewerteter Einlösungspreis. Maßgeblich sei allein der Verkehrswert der als Gegenleistung für die gegenständliche Liegenschaft gegebenen Eigentumswohnung zum Zeitpunkt der nunmehrigen Einlösung bzw zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz, der nur im Wege der Bewertung der Wohnung durch einen Sachverständigen ermittelt werden könne.

Hiezu wurde erwogen:

I. Zum Begehren auf Ausspruch der Nichtigkeit des Tauschvertrags:

1. Rechtliches Gehör:

1.1 Das Begehren auf (richtig) Feststellung der Nichtigkeit ist gegen beide Beklagte gerichtet. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass bei einem Rechtsstreit auf Feststellung der Nichtigkeit oder auf Nichtigerklärung eines Vertrags sämtliche Vertragsparteien eine notwendige Streitgenossenschaft iSd § 14 ZPO bilden (vgl 1 Ob 537/95; 7 Ob 160/08t; 9 Ob 10/10a; RIS-Justiz RS0083003). In § 15 Abs 2 ZPO wird angeordnet, dass sämtliche Streitgenossen zu jeder Tagsatzung zu laden sind.

1.2 Die Zweitbeklagte wurde vom Erstgericht nicht als Partei zu den Verhandlungen geladen (vgl Gitschthaler in Rechberger, ZPO³ § 131 Rz 2). Das Berufungsgericht hat von Amts wegen die Frage geprüft, ob diese gesetzwidrige Unterlassung den Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs 1 Z 4 ZPO verwirklicht und sie unter Hinweis auf Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs verneint. Diese Frage kann daher nicht mehr an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (2 Ob 117/12p mwN; RIS-Justiz RS0042981, RS0043823). Auf die diesbezüglichen Rechtsmittelausführungen ist nicht einzugehen.

1.3 Der Zweitbeklagten wurden die Entscheidungen der Vorinstanzen ‑ wenn auch erst nachträglich ‑ zugestellt. Ein eigenes Rechtsmittel hat sie weder gegen das erstinstanzliche Urteil noch gegen den zweitinstanzlichen Aufhebungsbeschluss erhoben. Teilrechtskraft ist dennoch nicht eingetreten. Erhob einer der notwendigen Streitgenossen ein Rechtsmittel, wie hier der Erstbeklagte, so wirkt es auch zu Gunsten der Säumigen (10 Ob 47/11a mwN).

2. Umgehungsgeschäft:

2.1 Ein Umgehungsgeschäft liegt im Allgemeinen dann vor, wenn die Parteien die von einer Norm angeordneten Rechtsfolgen dadurch vermeiden, dass sie ein Rechtsgeschäft schließen, das dem Wortlaut nach nicht von dieser Norm betroffen wird, das jedoch den gleichen Zweck erfüllt, wie das verbotene Geschäft (vgl 4 Ob 535/95; RIS-Justiz RS0018173). Im Gegensatz zum Scheingeschäft wird es von den Parteien wirklich gewollt und auch realisiert, wenngleich nicht um dieses Geschäfts willen, sondern zur Sicherstellung des wirtschaftlichen Erfolgs eines anderen, aus Verbotsgründen oder Zweckmäßigkeitsüberlegungen nicht abgeschlossenen Geschäfts (4 Ob 218/10b; RIS-Justiz RS0018078, RS0018192). Es genügt, dass das Umgehungsgeschäft objektiv den Sinn und Zweck der umgangenen Norm vereitelt, auf eine spezielle Umgehungsabsicht der Parteien kommt es nicht an (4 Ob 535/95; 4 Ob 218/10b; RIS-Justiz RS0016780; Bollenberger in KBB³ § 916 Rz 5).

2.2 Diese Grundsätze werden in ständiger Rechtsprechung auch auf jene Fälle angewendet, in denen ein Vorkaufsverpflichteter und ein Dritter durch eine besondere Vertragsgestaltung das Vorkaufsrecht des Berechtigten umgehen (vgl 3 Ob 2136/96f; 2 Ob 40/09k; RIS-Justiz RS0016198). Ist eine Sache mit einem (reinen) Vorkaufsrecht iSd § 1072 ABGB belastet, so bildet nur der Abschluss eines Kaufvertrags den Vorkaufsfall (2 Ob 132/06k mwN; 5 Ob 14/11m). Der Tausch zählt zu den „anderen Veräußerungsarten“ iSd § 1078 ABGB, auf die das Vorkaufsrecht nur aufgrund einer besonderen Vereinbarung ausgedehnt werden kann (2 Ob 132/06k mwN; 5 Ob 14/11m). Ohne derartige Vereinbarung löst ein Tausch den Vorkaufsfall nicht aus (vgl auch RIS-Justiz RS0006754).

2.3 Im vorliegenden Fall hat der Erstbeklagte der Zweitbeklagten zunächst ein Kaufanbot gestellt. Auch die Zweitbeklagte erklärte den Klägern, dass sie die Liegenschaft verkaufen wolle. Ohne nachvollziehbare Gründe (aufgrund einer „Idee“ des Erstbeklagten) änderten die Beklagten dieses Vorhaben jedoch dahin, dass sie in Kenntnis des Vorkaufsrechts unter Einbindung einer dritten Person eine Vertragskonstruktion (Tauschvertrag; sofortiger Rückkauf des Tauschobjekts durch die Ehefrau des Erstbeklagten) wählten, die den Vorkaufsfall nicht eintreten lassen sollte. Als wirtschaftliches Ergebnis dieser Vertragsgestaltung wurde dem Erstbeklagten die Liegenschaft in das Eigentum übertragen, während der Zweitbeklagten der Kaufpreis für die Eigentumswohnung verblieb. Derselbe Effekt wäre eingetreten, wenn die Liegenschaft zu diesem Kaufpreis verkauft worden wäre, zumal auch das Tauschobjekt mangels Verbücherung des „Rückkaufs“ der Wohnung im Eigentum des Erstbeklagten blieb. Der erkennende Senat teilt daher die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass bei dieser Sachlage der Umgehungscharakter der am 5. 12. 1995 abgeschlossenen Rechtsgeschäfte geradezu auf der Hand liegt.

2.4 Dem hält der Erstbeklagte in seinem Rekurs im Wesentlichen nur noch entgegen, dass ein Umgehungswille (auch) der Zweitbeklagten nicht festgestellt worden sei. Damit verkennt er zum einen, dass es nach dem bisher Gesagten auf einen solchen Willen gar nicht ankäme; zum anderen hat aber das Erstgericht ohnedies festgestellt, dass sich die beiden Beklagten über die Vorgangsweise einig waren.

3. Keine Nichtigkeit des Umgehungsgeschäfts:

3.1 Nicht jedes Umgehungsgeschäft ist jedoch nichtig; es unterliegt vielmehr der Rechtsnorm, die auf das in Wahrheit beabsichtigte Rechtsgeschäft anzuwenden ist (4 Ob 535/95; 3 Ob 212/09m; RIS-Justiz RS0016469, RS0045196; Bollenberger aaO § 916 Rz 5). Das Umgehungsgeschäft wäre nur dann ungültig, wenn der Verbotszweck des primär angestrebten Geschäfts auch das Umgehungsgeschäft miterfasst und diese Rechtsfolge erfordert. Umgehungsgeschäfte, die den Normzweck nicht vereiteln, sind dagegen wirksam (2 Ob 354/98t mwN; RIS‑Justiz RS0045196 [T1]; Bollenberger aaO § 916 Rz 5).

3.2 Von letzterem ist hier auszugehen. Die umgangene Norm, die den Vorkaufsberechtigten das Einlösungsrecht gibt (§ 1072 ABGB), ist auf die zur Umgehung dieser Bestimmung gewählte Vertragsgestaltung anzuwenden. Die Zweitbeklagte muss sich als mit dem Vorkaufsrecht Belastete so behandeln lassen, als wäre durch das Umgehungsgeschäft der Kaufvertrag abgeschlossen worden (vgl 3 Ob 2136/96f; RIS-Justiz RS0101995; Bollenberger aaO § 916 Rz 5). Demnach wurde bereits am 5. 12. 1995 der Vorkaufsfall ausgelöst.

3.3 Diese Prämisse legen die Kläger ihrem in Punkt 2. formulierten Klagebegehren selbst zugrunde. Denn auch der Abforderungsanspruch nach § 1079 Satz 2 ABGB setzt den Eintritt des Vorkaufsfalls voraus. Wäre der Tauschvertrag nichtig, fehlte es aber an einem den Vorkaufsfall auslösenden Rechtsgeschäft (vgl 2 Ob 27/13d mwN; auch RIS-Justiz RS0020169; Apathy in KBB³ § 1072 Rz 3). Insoweit sind die beiden Begehren miteinander unvereinbar.

4. Ergebnis:

Rechtliche Konsequenz der vorstehenden Erwägungen ist daher, dass durch die Umgehungsgeschäfte vom 5. 12. 1995 der Vorkaufsfall ausgelöst wurde, das auf die Feststellung der Nichtigkeit des Tauschvertrags gerichtete Klagebegehren jedoch einer tauglichen Rechtsgrundlage entbehrt. Es ist im Sinne einer Abweisung spruchreif, ohne dass es noch der vom Berufungsgericht angeordneten Verfahrensergänzung bedarf. Dies ist in teilweiser Stattgebung des Rekurses mit Teilurteil auszusprechen.

II. Zum (Eventual‑)Begehren auf Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts der Kläger:

1. Keine res iudicata:

Die Kläger boten mit ihrem ‑ rechtskräftig abgewiesenen ‑ Hauptbegehren einen Betrag von 60.000 EUR als Gegenleistung an. Wie sie in ihrem Vorbringen klarstellten, handelte es sich dabei um den von ihnen geschätzten damaligen Verkehrswert des Tauschobjekts. In ihrem Eventualbegehren boten sie hingegen den vom Erstbeklagten tatsächlich an die Zweitbeklagte entrichteten „Kaufpreis“ an, zu dessen Bezifferung sie sich bisher außer Stande sahen, der jedoch nach den Verfahrensergebnissen 60.000 EUR jedenfalls übersteigt. Die rechtskräftige Abweisung des Hauptbegehrens rechtfertigt daher nicht den Einwand der entschiedenen Sache, wenn das Erstgericht gleichzeitig dem Eventualbegehren (mit Einschränkungen) stattgegeben hat. Der relevierte Nichtigkeitsgrund liegt nicht vor.

2. Der Abforderungsanspruch:

2.1 Das Vorkaufsrecht kann gemäß § 1073 ABGB durch Eintragung in das Grundbuch verdinglicht werden und verstärkt damit das Recht des Berechtigten gegenüber Dritten, an welche die Sache gelangt ist; insbesondere steht dem dinglich Vorkaufsberechtigten gemäß § 1079 Satz 2 ABGB ein direktes Abforderungsrecht gegen den Dritten zu (2 Ob 201/99v mwN; Aicher in Rummel, ABGB³ § 1073 Rz 6). Damit wird dem Berechtigten ermöglicht, die Sache vom Dritten herauszuverlangen, wenn der Vorkaufsverpflichtete seiner Anbietungspflicht nicht nachgekommen ist (vgl Aicher aaO § 1079 Rz 7).

2.2 Der Abforderungsanspruch setzt neben dem Eintritt des Vorkaufsfalls die Ausübungserklärung des Berechtigten und die fristgerechte „wirkliche Einlösung“ iSd § 1075 ABGB voraus (Aicher aaO § 1079 Rz 10 f; F. Bydlinski in Klang² IV/2 887), wobei ein möglichst reales Zahlungsangebot genügt (2 Ob 40/09k mwN; 2 Ob 27/13d; RIS-Justiz RS0021984). Ohne gehörige Anbietung wird die Einlösungsfrist nicht in Gang gesetzt, selbst wenn der Berechtigte vom Vorkaufsfall eindeutige Kenntnis erlangt hat (2 Ob 201/99v mwN; RIS-Justiz RS0020186; Aicher aaO § 1075 Rz 13; F. Bydlinski aaO 850 f; Apathy aaO § 1075 Rz 2; aM Binder in Schwimann, ABGB³ IV § 1075 Rz 4). In einem solchen Fall hat der Berechtigte zwar keinen klagbaren Anspruch auf Anbietung, er kann aber dennoch einlösen (vgl 2 Ob 201/99v mwN; Aicher aaO § 1075 Rz 13) oder dem Dritten die Sache abfordern.

2.3 In Punkt I. wurde bereits ausführlich erörtert, dass mit dem Abschluss der Umgehungsgeschäfte am 5. 12. 1995 der Vorkaufsfall eingetreten ist, von dem die Kläger erst 2010 Kenntnis erlangten. Der Erstbeklagte stellt in seinem Rechtsmittel weder die Ausübungserklärung noch das Vorliegen eines ausreichend realen Zahlungsangebots (im Rahmen des Zug-um-Zug-Begehrens) seitens der Kläger in Frage. Seine Ausführungen beschränken sich ‑ neben der gesondert zu behandelnden Frage der Aktivlegitimation ‑ auf das Problem der Bestimmung des Einlösungspreises. Den weiteren Überlegungen ist daher als in dritter Instanz unstrittig zugrundezulegen, dass die allgemeinen Voraussetzungen für die Geltendmachung des Abforderungsanspruchs gegeben sind.

2.4 Der Abforderungsanspruch ist ein Hilfsanspruch zur Durchsetzung der Einlösung, der das Pflichtenverhältnis zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem unberührt lässt (Aicher aaO § 1079 Rz 7 f). Zwischen dem Berechtigten und dem Dritten wird durch die Geltendmachung des Abforderungsrechts, das der Ausübung des Vorkaufsrechts gleichkommt, keine vertragliche Beziehung begründet. Ihr Rechtsverhältnis ist ein rein dingliches, während das Kaufverhältnis nur zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten entsteht (vgl 2 Ob 40/09k; Aicher aaO § 1073 Rz 8; F. Bydlinski aaO 823, 889 und 894).

3. Der Anspruch des Dritten:

3.1 Vor dem Hintergrund der erörterten Rechtslage entwickelte sich die Diskussion in der Lehre, wie der Anspruch des Dritten auf den Einlösungspreis dogmatisch gerechtfertigt werden kann:

3.1.1 F. Bydlinski (aaO 894 f) sah den Tatbestand des § 1041 ABGB verwirklicht: Die Sache des einen werde zum Nutzen des anderen verwendet, indem diesem anderen nunmehr das Eigentum zugewiesen werde, ohne dass dies durch eine schuldrechtliche Grundbeziehung gerechtfertigt wäre. Sei der Verwendungsanspruch nach Sinn und Zweck des dinglichen Vorkaufsrechts daher nicht ausgeschlossen, so werde er durch den vom Berechtigten zu zahlenden Einlösungspreis und die sonst für die Einlösung maßgebenden Bestimmungen doch deutlich begrenzt. Im ‑ auch hier vorliegenden ‑ „Grundfall“ müsse also der Berechtigte dem Dritten den dem Wert der Sache (§ 1041 ABGB) entsprehenden Geldbetrag entrichten, höchstens aber den Einlösungspreis anbieten, um das Vorkaufsrecht durch „wirkliche Einlösung“ wirksam auszuüben und dem Dritten die Sache mit Erfolg abfordern zu können. Sollte der Einlösungspreis den Wert der Sache übersteigen, sei aber vom Berechtigten zu fordern, dass er die Differenz an den Verpflichteten, seinen Vertragsgläubiger, zahlt.

3.1.2 Aicher (aaO § 1079 Rz 11) folgt dem dogmatischen Ansatz F. Bydlinskis, hält an dessen Lösung aber die Beschränkung des Zahlungsanspruchs des Dritten auf den hinter dem Einlösungspreis zurückbleibenden Wert der Vorkaufssache für problematisch. Aufgrund der besonderen Konstellation beim Vorkaufsrecht solle auch für den Verwendungsanspruch des Dritten die in Form des Kaufpreises getroffene Wertbestimmung zwischen Verpflichtetem und Drittkäufer maßgeblich sein.

3.1.3 Auch Apathy (aaO § 1079 Rz 4) erkennt Schwierigkeiten bei der Lösung F. Bydlinskis, wenn der Wert der Sache unter dem Einlösungspreis liegt. Seiner Ansicht nach würde es sich anbieten, den Anspruch des Dritten gegenüber dem Vorkaufsberechtigten auf § 1358 ABGB zu stützen: Da der Einlösungpreis dem vom Dritten geschuldeten Kaufpreis entspreche und der Verkäufer ihn nur einmal erhalten solle, erweise sich die Zahlung des Dritten nachträglich als Zahlung einer materiell fremden Schuld, für die er aus seinem Kaufvertrag hafte. Denn sobald der Berechtigte das Vorkaufsrecht ausgeübt habe, solle zufolge § 1075 ABGB er und nicht der Dritte den Kaufpreis zahlen und dafür die Sache erhalten.

3.1.4 Während sich Binder (aaO § 1079 Rz 6) mit Hinweis auf Aicher und F. Bydlinski auf die Aussage beschränkt, dass der Berechtigte dem Drittkäufer nach § 1041 ABGB Zug um Zug den Einlösungspreis zu erstatten habe, hält Verschraegen (in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.00 § 1079 Rz 4) die Heranziehung des § 1358 ABGB als Rechtsgrundlage für den Anspruch des Dritten gegen den Vorkaufsberechtigten aus den Erwägungen Apathys für überzeugend.

3.2 Einigkeit besteht zwischen den genannten Autoren somit darin, dass der dem Dritten die Sache abfordernde Vorkaufsberechtigte jedenfalls (nur) den Einlösungspreis, also den zwischen Verpflichtetem und Drittem vereinbarten Kaufpreis samt Nebenleistungen (§ 1077 ABGB) zu entrichten hat, mag dieser höher oder geringer als der Wert der Sache sein. Die strittige Frage, ob dem Dritten bei geringerem Wert der Sache nur dieser oder der höhere Einlösungspreis gebührt, muss hier aber entgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht abschließend beantwortet werden, weil die Kläger mit ihrem noch streitverfangenen Eventualbegehren ohnedies nur mehr den ‑ wenngleich noch nicht bezifferten - Einlösungspreis anbieten.

3.3 Auch der Erstbeklagte muss sich als Initiator und Beteiligter des Umgehungsgeschäfts so behandeln lassen, als wäre ein Kaufvertrag abgeschlossen worden (vgl Punkt I.3.2). Der „Kaufpreis“ betrug nach den Feststellungen 875.000 S (63.588,73 EUR), zu den allenfalls zu berücksichtigenden Nebenleistungen (§ 1077 ABGB) liegen bisher noch keine Feststellungen vor.

Der gegenständliche Fall ist nun durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass die Einlösung (bezogen auf den Zeitpunkt der Klagseinbringung) rund 15 Jahre nach dem Vorkaufsfall erfolgt. Soll der Einlösungspreis dem damaligen „Kaufpreis“ entsprechen, ist er im Hinblick auf den seither eingetretenen Geldwertverfall zu valorisieren. Insoweit kann daher auch dem Erstbeklagten gefolgt werden, wenn er einen „aufgewerteten Einlösepreis“ beansprucht.

3.4 Im fortzusetzenden Verfahren wird diese Rechtslage mit den Parteien zu erörtern und die Sachverhaltsgrundlage dahin zu vervollständigen sein, dass die Höhe des Einlösungspreises endgültig beurteilt werden kann.

Keinesfalls bedarf es aber der Ermittlung des aktuellen Verkehrswerts des seinerzeitigen Tauschobjekts durch einen Sachverständigen. Allfällige Wertsteigerungen dieser Wohnung, die sich längst im Eigentum der geschiedenen Ehefrau des Erstbeklagten befindet, sind für die Ermittlung des Einlösungspreises irrelevant.

4. Aktivlegitimation:

4.1 Das Berufungsgericht betonte in Übereinstimmung mit der herrschenden Auffassung, dass ein mehreren Personen gleichzeitig eingeräumtes Vorkaufsrecht im Zweifel von allen gemeinsam auszuüben ist (EvBl 1963/125; 4 Ob 506/91; RIS-Justiz RS0020211; F. Bydlinski aaO 815; Aicher aaO § 1073 Rz 5; Verschraegen aaO § 1073 Rz 6). „Im Zweifel“ bedeutet, dass es an einer Vereinbarung mit dem Vorkaufsverpflichteten mangelt, die das Recht jedes Einzelnen auf bestimmte ideelle oder reale Teile einer Sache bezieht (6 Ob 739/87; 1 Ob 8/00h). Die Berechtigten bilden nach Erfüllung durch den Verpflichteten eine Miteigentümergemeinschaft. Der Verpflichtete hat daher auch sämtlichen Mitberechtigten die betroffene Sache anzubieten. Fällt einer der Berechtigten weg oder lehnt er die Ausübung des Vorkaufsrechts ab, so wächst sein Anteil den Mitberechtigten zu (6 Ob 739/87; RIS-Justiz RS0020257; F. Bydlinski aaO 815; Aicher aaO § 1073 Rz 5).

4.2 Das Berufungsgericht hielt es angesichts der Feststellungen des Erstgerichts für unklar, ob der weitere Vorkaufsberechtigte auf sein Vorkaufsrecht rechtswirksam verzichtet hat. Es ist zu prüfen, ob es der für notwendig erachteten Verfahrensergänzung zu diesem Thema tatsächlich bedarf.

4.2.1 Da das Vorkaufsrecht auch bei Geltendmachung eines Abforderungsanspruchs nach § 1079 Satz 2 ABGB „ausgeübt“ wird, haben nach den dargelegten Grundsätzen auch dabei alle Berechtigten im Zweifel gemeinsam vorzugehen. Verzichtet ein Berechtigter auf die Ausübung des Vorkaufsrechts, ist diese Erklärung grundsätzlich an den Verpflichteten zu richten. Sie kann aber rechtsgültig auch gegenüber dem Dritten erfolgen (RIS-Justiz RS0020179). Dies leuchtet schon deshalb ein, weil nach herrschender Ansicht auch die (schon im Abforderungsverlangen liegende) Ausübungserklärung dem Dritten gegenüber mit Wirkung für den Verpflichteten abgegeben werden kann (vgl Aicher aaO § 1079 Rz 10; F. Bydlinski aaO 887 f). Schließlich muss auch ein Verzichtsvertrag nicht mit dem Begünstigten abgeschlossen werden; der Verzicht kann ebenso durch einen Vertrag zugunsten Dritter vereinbart werden (2 Ob 207/12y mwN; RIS‑Justiz RS0014090).

4.2.2 Nach den Feststellungen hat der weitere Vorkaufsberechtigte kein Interesse, das Vorkaufsrecht auf die klagsgegenständliche Liegenschaft auszuüben. Er ist überdies der Meinung, dass ihm ein solches aufgrund der „wirtschaftlichen Trennung“ von den Klägern gar nicht mehr zukomme.

Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, dass aus diesen festgestellten Äußerungen auf eine wirksame Verzichtserklärung des Berechtigten nicht verlässlich geschlossen werden kann. Wenn es daher die gegenteilige Annahme des Erstgerichts auf der Grundlage des bisherigen Sachverhalts nicht billigte und klarstellende Feststellungen für erforderlich erachtete, ist dem an sich nicht entgegenzutreten. Die eine erstinstanzliche „Aktenwidrigkeit“ behauptenden Rechtsmittelausführungen wenden sich inhaltlich nur gegen die in dritter Instanz nicht überprüfbare Beweiswürdigung.

4.2.3 Für die Aktivlegitimation der Kläger wäre ein Verzicht des weiteren Vorkaufsberechtigten auf die Ausübung des Vorkaufsrechts aber nur dann von Bedeutung, wenn sämtliche Vorkaufsberechtigte in Ansehung des Abforderungsanspruchs eine notwendige Streitgenossenschaft iSd § 14 ZPO bilden würden.

4.2.3.1 Das Vorliegen einer notwendigen Streitgenossenschaft wird nach ständiger Rechtsprechung dann bejaht, wenn wegen Nichterfassung aller Beteiligten die Gefahr unlösbarer Verwicklungen durch divergierende Entscheidungen besteht. Sie ist daher dann gegeben, wenn die Gemeinschaftlichkeit der rechtserzeugenden Tatsachen zwangsläufig zu einer einheitlichen Entscheidung führen muss (vgl 2 Ob 526/95; 10 Ob 76/07k; RIS-Justiz RS0035479, RS0035496).

4.2.3.2 Ob dies zutrifft, kann derzeit noch nicht beantwortet werden. Dazu bedarf es vor allem der Kenntnis der (noch nicht aktenkundigen) vertraglichen Grundlagen, auf denen das den drei Berechtigten eingeräumte Vorkaufsrecht beruht. Erst anhand der relevanten Vertragsbestimmungen wird im Auslegungsweg geklärt werden können, ob bei Eintritt des Vorkaufsfalls tatsächlich nur die gemeinsame Ausübung des Vorkaufsrechts durch alle Vorkaufsberechtigten vorgesehen war, was ja nur „im Zweifel“ gelten soll (vgl auch 4 Ob 1/01b).

Derzeit ist daher auch noch nicht beurteilbar, welche grundbuchsrechtlichen Konsequenzen sich aus einer dem Begehren (nur) der Kläger stattgebenden Entscheidung für die Verbücherung ihres Eigentumsrechts ergeben könnten, falls der weitere Vorkaufsberechtigte (neuerlich) übergangen werden sollte.

4.2.4 Im fortgesetzten Verfahren werden diese Fragen mit den Parteien zu erörtern und nach Ergänzung des Beweisverfahrens Feststellungen im obigen Sinne zu treffen sein. Vom Ergebnis der sich daran knüpfenden Beurteilung wird abhängen, ob die Kläger gemeinsam mit dem weiteren Vorkaufsberechtigten als notwendige Streitgenossenschaft zu qualifizieren sind.

5. Ergebnis:

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es beim Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts zu bleiben hat. Das Verfahren wird im Sinne der Ausführungen zu Punkt 3.4 und 4.2.4 zu ergänzen sein. Der Rekurs muss daher insoweit erfolglos bleiben.

Sollten die Kläger in Entsprechung des (von ihnen nicht gerügten) zweitinstanzlichen Auftrags die angebotene Gegenleistung (wie zu erwarten) mit einem 60.000 EUR übersteigenden Betrag beziffern, wird das Eventualbegehren ungeachtet seiner Bezeichnung bloß als Minus zum Hauptbegehren zu behandeln sein (vgl 2 Ob 173/12y mwN; RIS-Justiz RS0037601). Dem steht die Rechtskraft der abweisenden Entscheidung nicht entgegen, weil diese nach dem eindeutigen Entscheidungswillen des Erstgerichts nur die begehrte Einwilligung Zug um Zug gegen 60.000 EUR oder eine geringere Gegenleistung erfasst.

Es ist dem Gericht auch nicht verwehrt, den Klägern eine höhere als die angebotene Gegenleistung aufzuerlegen (vgl 1 Ob 687/90 mwN = RIS-Justiz RS0021029; Aicher in Rummel, ABGB³ § 1052 Rz 16).

III. Kosten:

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 und 4 ZPO. Ein Kostenzuspruch an die Zweitbeklagte kommt nicht in Betracht.

Stichworte