OGH 4Ob535/95

OGH4Ob535/9527.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Josef G*****, vertreten durch Dr.Grosch & Partner, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wider die beklagten Parteien 1. Dr.Peter S*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der S***** Gesellschaft mbH, ***** 2. Elisabeth Maria K*****, 3. Georg K*****,

4. Franz K*****, die Beklagten zu 2 und 4 in M*****, 5. Barbara S*****, die Beklagten zu 2 bis 5 vertreten durch Dr.Albert Feichtner, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen Feststellung (Streitwert S 99.000,-), infolge Revision der zweit- bis fünfbeklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 28.Februar 1995, 1 R 18/95-42, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 4.August 1994, 41 Cg 45/93y-35, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger die mit S 7.303,68 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin S 1.217,28 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die S***** Gesellschaft mbH, über deren Vermögen mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 28.10.1993, 5 S 233/93, der Konkurs eröffnet wurde, errichtete zu Beginn der Siebzigerjahre in J***** in Tirol Wohnungen, die sie verkaufen wollte. Da nach den grundverkehrsrechtlichen Bestimmungen ein Verkauf der Wohnungen an Ausländer ausgeschlossen war, wurden in den Jahren 1972 bis 1974 Miet-, Options- und Pfandbestellungsverträge geschlossen. Inoffiziell wurde vom Amt der Tiroler Landesregierung mitgeteilt, daß die Angelegenheit ausnahmsweise noch einmal mit den genannten Verträgen abgewickelt werden solle.

Am 28.9.1973 wurde zwischen der Gemeinschuldnerin und dem mittlerweile verstorbenen Franz K***** senior ein Miet-, Options- und Pfandbestellungsvertrag abgeschlossen, der auszugsweise wie folgt lautet:

"I

Festgestellt wird, daß die S***** Gesellschaft mbH grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** mit dem Grundstück ***** Wiese ist, auf der bereits vier Wohnhäuser errichtet sind; ein Hotel wird noch errichtet werden.

Die Mietwertfeststellung (Parifizierung) ist mit Beschluß des Bezirksgerichtes K***** vom 28.6.1973, MSch 9/73, erfolgt. Der Beschluß ist am 26.7.1973 in Rechtskraft erwachsen.

Herr Franz K***** hat mit der S***** Gesellschaft mbH am 10.11.1972 einen Vorvertrag über den Erwerb jener Miteigentumsanteile, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung C-2/1 verbunden werden wird, abgeschlossen. Laut Parifizierungsbeschluß beträgt der Miteigentumsanteil, mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung verbunden ist, 42/7173-stel Anteile an der Liegenschaft 332 II.

Die im Vorvertrag für den Abschluß des Kaufvertrages festgesetzten Voraussetzungen sind erfüllt, der Kaufvertrag wurde jedoch bisher noch nicht geschlossen, da derzeit mit einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Vertrages nicht gerechnet werden kann. Im Hinblick auf diesen Sachverhalt erklären die Vertragsteile wechselseitig, sich an die Verpflichtung, nach den Bestimmungen des Vorvertrages einen Kaufvertrag zu errichten, jedenfalls für den Zeitraum bis zum 31.12.1978 weiter gebunden zu erachten, wobei Herr Franz K***** seine Verpflichtungen auch über diesen Zeitpunkt hinaus weiter aufrecht erhält, solange die Rechte aus dem Miet-, Options- und Pfandbestellungsvertrag ungeschmälert bestehen bleiben.

Festgestellt wird schließlich, daß Herr Franz K***** gleichzeitig mit Abschluß des Vorvertrages einen Betrag von S 493.560,- an die S***** Gesellschaft mbH bezahlt hat. Der auf den vereinbarten Kaufpreis noch fehlende Betrag von S 54.840,- wird von Herrn Franz K***** bis spätestens 15.10.1973 entrichtet. Der Wohnungseigentumsvertrag wurde bereits geschlossen.

........

II.

a) Im Hinblick auf den zu Punkt I. (Präambel) geschilderten Sachverhalt vermietet die S***** Gesellschaft mbH die in der Wohnanlage J*****, gelegene Wohnung C-2/1 an Herrn Franz K***** und dieser mietet und übernimmt die Wohnung von der Vermieterin.

b) Das Mietverhältnis ist für die Dauer von 100 Jahren geschlossen. Da es mit 10.11.1972 zu laufen begann, dauert es sohin bis zum 10.11.2072.

c) Die Vertragsparteien verzichten für die vereinbarte Bestandzeit auf jegliches Kündigungs- und Auflösungsrecht, insbesondere auch gemäß § 1116 a ABGB.

d) Dem Mieter ist jederzeit die gänzliche wie auch teilweise Weitergabe der Wohnung, in welcher Form immer, sei es entgeltlich oder unentgeltlich, möbliert oder unmöbliert, gestattet. Die Vermieterin verpflichtet sich daher, alle zur allfälligen Übertragung der Mietrechte erforderlichen Erklärungen in der gehörigen Form abzugeben, insbesondere die für eine allfällige Eintragung ins Grundbuch erforderlichen Aufsandungserklärungen zu unterfertigen.

e) Der Mieter verzichtet gegenüber der Vermieterin, für sich und seine Rechtsnachfolger schon jetzt auf den Ersatz der von ihm bereits getätigten Investitionen. Es wird weiter vereinbart, daß in Zukunft vom Mieter getätigte Investitionen gleichfalls auf Kosten des Mieters ohne Ersatzanspruch erfolgen.

f) Für die Instandhaltung des Mietobjektes haben die Mieter auf ihre Kosten selbst aufzukommen. Dies gilt auch für alle jene Instandsetzungsarbeiten, die nach dem Mietengesetz oder nach den Bestimmungen des ABGB vom Vermieter zu tragen wären.

g) Der einvernehmlich festgelegte Mietzins beträgt in Anbetracht des unter Punkt I. (Präambel) geschilderten Sachverhaltes jährlich nur S 10,- und gilt für die gesamte Bestandzeit als vorausbezahlt. Es handelt sich um einen Anerkennungszins.

h) Die Rechte aus dem Mietverhältnis gehen auf die beiderseitigen Erben und Rechtsnachfolger über.

...........

III.

Unbeschadet der Verpflichtungen, die sich aus dem zu Punkt I. (Präambel) genannten Vorvertrag ergeben, bietet die S***** Gesellschaft mbH Herrn Franz K***** hiermit nochmals den Erwerb der in Punkt I. genannten Liegenschaftsanteile zum Kaufpreis von S 548.000,- an. Der Kaufpreis wird durch Verrechnung mit den in Punkt I. genannten, im Zuge des Vorvertrages akontierten Beträgen bezahlt.

Die Übertragung des Liegenschaftsanteiles, mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung zu C-2/1 verbunden ist, hat lastenfrei zu erfolgen. Lasten, die nach den getroffenen Vereinbarungen Herrn Franz K***** treffen, sowie Belastungen, die von diesem veranlaßt oder von diesem zu vertreten sind, sind zu übernehmen.

Mit dem Anbot bleibt die S***** Gesellschaft mbH für die Dauer des Mietverhältnisses im Wort.

.........

IV.

Die S***** Gesellschaft mbH räumt Herrn Franz K***** unter Bezugnahme

auf Punkt I. (Präambel) und Punkt III. dieses Vertrages an den

unter Punkt I. bezeichneten Liegenschaftsanteilen, mit denen

untrennbar das Wohnungseigentumsrecht an der Wohnung C-2/1 verbunden

ist, das Vorkaufrecht im Sinne des § 1078 ABGB hinsichtlich jeder

Veräußerungsart ein. Die Frist für die Ausübung wird jedoch mit 60 Tagen vereinbart.

Die S***** Gesellschaft mbH verpflichtet sich, auf Wunsch des Herrn Franz K***** auch anderen Personen ein Vorkaufsrecht einzuräumen, wobei Herr Franz K***** die Reihenfolge zu bestimmen berechtigt ist. Die S***** Gesellschaft mbH hat alle für die grundbücherliche Einverleibung notwendigen Erklärungen in einer gehörigen Form abzugeben. Die Kosten und Gebühren gehen allerdings zu Lasten desjenigen, der ein Recht erhalten soll.

............

V.

Die Ersatzansprüche, die Herrn Franz K***** gegenüber der S***** Gesellschaft mbH wegen Verletzung dieser Vereinbarung in Zukunft zustehen sollten, werden mit S 548.400,- begrenzt, es sei denn, daß der Schaden auf ein grobes Verschulden oder auf Vorsatz der S***** Gesellschaft mbH zurückgeht. Zur Sicherung aller Schadenersatzansprüche, die Herrn Franz K***** gegenüber der S***** Gesellschaft mbH wegen Verletzung dieser Vereinbarung in Zukunft zustehen sollten, verpfändet die S***** Gesellschaft mbH den zu Punkt I. genannten Liegenschaftsanteil, mit dem Wohnungseigentum an der Wohnung C-2/1 verbunden ist, bis zum Höchstbetrag von S 548.400,-.

............"

Aus Punkt VI. geht hervor, daß sämtliche Gebühren und Kosten zu Lasten von Franz K***** gehen, daß beide Vertragsteile darauf verzichten, den Vertrag wegen Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes oder wegen Irrtums anzufechten, und daß österreichisches Recht anzuwenden ist. Ferner enthält der Vertrag Aufsandungserklärungen für die Verbücherung des Bestandrechtes bis 10.11.2072, die Anmerkung der Vorauszahlung des Bestandzinses und des Vorkaufsrechtes sowie des Pfandrechtes für alle Schadenersatzforderungen bis zu einem Höchstbetrag von S 548.400,-. Bedungen wird ferner, daß sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Vertrag beiderseits auf Erben und Rechtsnachfolger übergehen und daß die Unwirksamkeit von Teilen des Vertrages die Gültigkeit der übrigen Vertragsbedingungen nicht berührt.

Ein gleichartiger Vertrag wurde mit gleichem Datum zwischen denselben Parteien über die Wohnung C-2/5 geschlossen, der 44/7173-stel Anteile an der Liegenschaft zugeordnet sind.

Am 22.12.1972 wurden die in den beiden Verträgen vereinbarten Bestandrechte, Vorkaufsrechte und Pfandrechte auf Antrag von Franz K***** senior auf den Anteilen 119 und 122 der Liegenschaft einverleibt; die Vorauszahlung des Bestandzinses wurde angemerkt. Grundbücherliche Eigentümerin blieb die Gemeinschuldnerin.

Franz K***** senior war durch ein Inserat in der "Süddeutschen Zeitung" mit der Gemeinschuldnerin in Kontakt gekommen. Beide Seiten wollten einen Kauf der Wohnungen, konnten ihre Absicht aber wegen der Grundverkehrsgesetze nicht verwirklichen. Die Wohnungen werden von der Familie des Franz K***** genutzt.

Am 23.4.1991 beantragte Franz K***** senior, gemäß § 1 Abs 3

TirGVG 1966 eine Negativbestätigung für die Miet-, Options- und

Pfandbestellungsverträge vom 28.9.1973 auszustellen. Die Grundverkehrsbehörde erster Instanz stellte mit Bescheid vom 3.10.1991 fest, daß für die vorliegenden Verträge und die in diesen beurkundeten, seit 1975 verbücherten Erwerbsvorgänge eine Zustimmung nach dem damals geltenden Grundverkehrsgesetz nicht erforderlich war. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Berufung. Über die Berufung ist noch nicht entschieden.

Der Erstbeklagte wurde im Konkursverfahren über das Vermögen der S***** Gesellschaft mbH zum Masseverwalter bestellt. Die Zweit- bis Fünftbeklagten sind Rechtsnachfolger des Franz K***** senior.

Der Kläger begehrt die Feststellung, daß die Miet-, Options- und

Pfandbestellungsverträge, abgeschlossen zwischen der S*****

Gesellschaft mbH, ***** und Franz *****, vom 10./28.9.1973, auf Grund

welcher in EZ ***** Grundbuch ***** J***** an 42/7173-stel Anteilen

(B-LN 119; Top C-2/1) und 44/7173-stel Anteilen (B-LN 122; Top

C-2/5) das Bestandrecht bis 8.11.2072 und bis 10.11.2072 das Vorkaufrecht und das Pfandrecht zur Sicherung aller Schadenersatzansprüche im Höchstbetrag von S 493.560,- und S 548.400,- einverleibt worden sind, nichtig sind.

Der Kläger sei der bei der Tiroler Landesregierung gemäß § 14 Tiroler Grundverkehrsgesetz (TirGVG) 1983 bestellte Landesgrundverkehrsreferent und aufgrund dieses Gesetzes zur Klage legitimiert. Zu seinen Aufgaben gehöre es, auf Feststellung der Nichtigkeit zu klagen, wenn Grund zur Annahme bestehe, daß ein Schein- oder Umgehungsgeschäft vorliege. Schon im Jahre 1966 seien Regelungen geschaffen worden, um den Ausverkauf von Grund und Boden an Ausländer zu verhindern. 1970 sei das Grundverkehrsgesetz novelliert worden, um durch neue Genehmigungspflichten Umgehungen zurückzudrängen. Damals seien Regelungen geschaffen worden, die jeden originären und derivativen Eigentumserwerb genehmigungspflichtig gemacht hätten. Wegen dieser Gesetzeslage seien die gegenständlichen Verträge geschlossen worden; sie seien Umgehungsgeschäfte und daher nichtig.

Die Beklagten beantragen, das Klagebegehren abzuweisen.

Keiner der Vertragsteile hätte beabsichtigt, gesetzliche Bestimmungen zu umgehen. Bei Vertragsabschluß sei die Einrämung und Verbücherung der gegenständlichen Rechte nicht genehmigungspflichtig gewesen. Mit der gewählten Gestaltung sei nur die Vertragsfreiheit genützt worden.

Nach § 16 TirGVG hätten selbst unzulässige und auf nichtigen Rechtsgeschäften beruhende Grundbuchseintragungen nach Ablauf von drei Jahren nicht mehr gelöscht werden dürfen. Die vom Kläger bekämpften Eintragungen seien daher jedenfalls durch Zeitablauf saniert. Der Kläger versuche, den für die Zeit ab 1.10.1991 geltenden Vorschriften in verfassungswidriger Wiese Rückwirkung zu verschaffen. Vor der Grundverkehrsgesetznovelle 1974 seien den streitgegenständlichen Verträgen gleiche Verträge in großer Zahl geschlossen und verbüchert worden.

Die Novelle zum TirGVG 1983 und das TirGVG 1993 seien nicht gehörig kundgemacht worden. In beiden Gesetzen sie die Mietwirkung der Finanzämter vorgesehen gewesen; die Bundesregierung habe aber die notwendige Zustimmung verweigert. Kundgemacht sei ein Rumpfgesetz worden, ohne daß neuen Landtagsbeschlüsse gefaßt würden. Fehlerhaft kundgemachte Gesetze seien von den Gerichten nicht anzuwenden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Die Novelle zum TirGVG, LGBl 1991/74, sei gehörig kundgemacht. Der

Kläger sei gemäß § 16 a TirGVG 1983 aktiv legitimiert. Der

Verkäufer der gegenständlichen Liegenschaftsanteile an Ausländer

hätte gemäß §§ 3, 4 TirGVG 1973 nicht grundverkehrsrechtlich

genehmigt werden können. Werde die Zustimmung versagt, dann sei das Rechtsgeschäft nichtig. Ein Umgehungsgeschäft sei dann ungültig, wenn das von den Parteien beabsichtigte Geschäft nichtig sei. Franz K***** senior habe durch die gegenständlichen Verträge eine eigentümerähnliche Stellung erhalten; der Abschluß von Kaufverträgen sei beabsichtigt gewesen. Kaufverträge seien aber nicht genehmigungsfähig und wären daher nichtig gewesen; dies treffe auch für die gegenständlichen Verträge zu.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die Revision zulässig sei.

Der Oberste Gerichtshof habe in 6 Ob 608/94 (= ImmZ 1994, 351) zu

§ 16 a TirGVG 1983 Stellung genommen. Danach bestünden gegen die

gehörige Kundmachung der Novelle zum TirGVG 1983, LGBl 1991/74,

keine Bedenken. Gemäß Art 15 Abs 9 B-VG hätten die Länder auch

für Bestimmungen auf dem Gebiet des Zivilrechts

Gesetzgebungskompetenz, wenn diese zur Regelung des Gegenstandes

erforderlich seien. In der zitierten Entscheidung habe der Oberste

Gerichtshof auch den notwendigen Zusammenhang bejaht. Ohne § 16 a

TirGVG wäre die landesgesetzliche Regelung unbefriedigend gewesen.

Trotz der Nichtigkeitssanktion in § 16 Abs 1 TirGVG seien in

großem Umfang Umgehungsgeschäfte an den Grundverkehrsbehörden "vorbeigeleitet" worden. Die Regelung des Grundverkehrs für Ausländer sei nur dann befriedigend, wenn die Nichtigkeit von Rechtserwerben, die nicht dem Verfahren vor den Grundverkehrsbehörden unterzogen wurden, auch von einer von den Vertragsparteien verschiedenen Person geltend gemacht werden könne. Durch die Einschaltung des Landesgrundverkehrsreferenten werde eine von Zufälligkeiten unabhängige Gleichstellung von Umgehungsgeschäften erreicht. Dies entspreche dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz.

§ 16 Abs 2, 3 und 5 TirGVG beziehe sich auf zustimmungspflichtige, jedoch gültige Geschäfte, die den Grundverkehrsbehörden nicht zur Kenntnis gelangt sind. Zweck der zitierten Bestimmungen könne nur sein, der Grundverkehrsbehörde die nachträgliche Beurteilung der Gültigkeit abgeschlossener Geschäfte bezogen auf ihre grundverkehrsrechtliche und verwaltungsrechtliche Seite zu ermöglichen. Nur in diesem Umfang seien das Vertrauen der Beteiligten und die Rechtssicherheit zu schützen. Eine analoge Anwendung dieser Bestimmungen auf die Feststellungsklage, deren Zweck ein ganz anderer sei, sei daher ausgeschlossen.

Das Fehlen einer zeitlichen Beschränkung für die Feststellungsklage sei nicht verfassungswidrig. Der Verfassungsgerichtshof vertrete in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß es keine Bestimmung in der Bundesverfassung gebe, die dem einfachen Gesetzgeber einen Eingriff in wohlerworbene Rechte grundsätzlich verwehre. Die Rückwirkung müsse dem Gleichheitsgebot entsprechen. Die Regelung des § 16 Abs 2 und 3 sei mit der des § 16 a TirGVG nicht vergleichbar, so daß schon aus diesem Grund ein Verweis auf den Gleichheitsgrundsatz ausgeschlossen sei. Rechtmäßigkeit im Sinne der Aufrechterhaltung fundamentaler Rechtsgrundsätze müsse den eher auf Zweckmäßigkeitsgedanken zurückführenden Überlegungen der Übergangsbestimmung vorgehen. Daß die Ungültigkeit von Rechtsgeschäften nach § 879 ABGB zumindest 30 Jahre hindurch geltend gemacht werden könne, sei wohl verfassungskonform. Auf den Grundsatz von Treu und Glauben könne sich im Zusammenhang mit der Rückwirkung von Normen derjenige, der gerade gegen dieses Gebot verstoßen habe, indem er ein gesetzliches Verbot wider Treu und Glauben durch ein Umgehungsgeschäft außer Kraft gesetzt habe, nicht berufen. Eine Verfassungswidrigkeit der anzuwendenden Norm sei daher nicht zu erkennen, soweit sich die Rückabwicklung innerhalb eines Zeitraumes von 30 Jahren bewege.

Bei einem Umgehungsgeschäft müsse grundsätzlich Umgehungsabsicht

vorliegen. Im vorliegenden Fall werde den "Mietern" eine

Rechtsstellung eingeräumt, die jener des Eigentümers entspreche. In

Wahrheit sei daher ein Kaufvertrag beabsichtigt gewesen. Hatten die

Parteien aber einen Kaufvertrag gewollt, so sei der Vertrag vom

damals geltenden § 1 Abs 1 Z 2 a TirGVG (Rechtserwerb an einem

Grundstück durch natürliche Personen, die nicht die österreichische

Staatsbürgerschaft besitzen) und von § 3 Abs 1 lit a TirGVG

(derivativer Eigentumserwerb) erfaßt worden. Auf den Schwebezustand

brauche nicht weiter eingegangen werden, weil dieser die

Rechtsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien und nicht die in §

16 a TirGVG 1983 normierte Nichtigkeitssanktion betreffe. Könnten

sich nämlich die Parteien stets auf den Schwebezustand berufen, so wäre die Feststellungsklage von vornherein sinnlos. Ungeachtet des Umstandes, daß die Vertragsparteien auch hier beabsichtigt hätten, das Geschäft an den zuständigen Behörden vorbeizuleiten, aber dazu die Form eines Umgehungsgeschäftes mit vorläufiger Gültigkeit gewählt hätten, müsse das Umgehungsgeschäft auch ohne oder trotz Befassung der Grundverkehrsbehörden und unabhängig von deren Stellungsnahme, durch Klage des Grundverkehrsreferenten beseitigt werden können.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Beklagten halten an ihrer Auffassung fest, daß der Miet-, Options- und Pfandbestellungsvertrag vom 28.September 1973 kein Umgehungsgeschäft sei. Der Vertrag entspreche der damaligen Rechtslage und habe keiner grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedurft. Die Bestimmung über die Klagebefugnis des Landesgrundverkehrsreferenten sei gesetzessystematsich und verfassungskonform dahin auszulegen, daß nur Rechtsgeschäfte aufgegriffen werden können, die nicht länger als drei Jahre zurückliegen. Jede andere Auslegung machte die Bestimmung verfassungswidrig. Verfassungswidrig sei sie auch mangels gehöriger Kundmachung, wegen Verstoßes gegen Art 15 Abs 9 B-VG und wegen des damit verbundenen Eingriffs in das Eigentumsrecht. Die Grundverkehrsbehörde habe in erster und zweiter Instanz entschieden, daß der klagegegenständliche Vertrag keiner Genehmigung bedurft habe. An diese rechtskräftige Entscheidung seien die Gerichte gebunden. Wäre die Entscheidung noch nicht rechtskräftig, so wäre die Klage des Landesgrundverkehrsreferenten verfrüht, weil dann noch in Schwebe wäre, ob der Vertrag einer Genehmigung bedarf.

Die klagegegenständlichen Verträge wurden 1973 abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war in Tirol das als Grundverkehrsgesetz 1970

(TirGVG 1970, LGBl 1971/4) wiederverlautbarte Grundverkehrsgesetz

1966, LGBl 1966/27, in Kraft. Nach dessen § 3 Abs 1 war (ua)

jeder originäre oder derivative Eigentumserwerb (lit a) genehmigungspflichtig; nicht aber die Einräumung von Bestandrechten oder anderen Benützungsrechten an Wohnungen. Mit 1.1.1974 wurde das Grundverkehrsgesetz 1970 durch das Gesetz vom 28.11.1973, LGBl für Tirol 1974/6, (ua) dahin geändert, daß § 3 Abs 1 folgende Bestimmungen angefügt wurden:

"g) jede Art der Begründung der Dienstbarkeit der Wohnung oder eines Gebrauchsrechtes an Grundstücken sowie die sonstige nicht unter lit.f fallende Überlassung der Benutzung von Grundstücken zugunsten von Personen, die dem Personenkreis nach § 1 Abs 1 Z 2 angehören, sofern dem Benützer durch die Überlassung eine ähnliche rechtliche und tatsächliche Stellung gegeben werden soll wie einem Eigentümer oder Dienstbarkeitsberechtigten;

h) jede Art der Begründung von Pfandrechten an Grundstücken zugunsten von Personen, die dem Personenkreis nach § 1 Abs 1 Z 3 angehören, soweit das Pfandrecht der Besicherung einer Forderung im Zusammenhang mit einem Rechtserwerb dient, der nach diesem Gesetz der Zustimmung der Grundverkehrssbehörde bedarf;

i) der Erwerb von Gesellschaftsanteilen oder von

Genossenschaftsanteilen durch Personen, die dem Personenkreis nach §

1 Abs 1 Z 2 angehören, sofern durch diesen Erwerb ein Wohnzwecken

dienendes Benützungsrecht an einem Grundstück entsteht."

Nach Art II (2) des Gesetzes vom 28.11.1973 finden die Bestimmungen

dieses Gesetzes keine Anwendung auf Rechtserwerbe nach § 3 Abs 1

lit f, g, h und i, über die vor dem 1.Jänner 1974 eine

verbücherungsfähige Urkunde oder ein Notariatsakt errichtet wurde.

§ 16 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1983 (TirGVG 1983), LGBl

1983/69 regelt das Vorgehen der Grundverkehrsbehörde in Fällen, in

denen eine Eintragung im Grundbuch bewilligt wurde, ohne daß die

erforderliche Zustimmung vorlag. Nach § 16 Abs 2 leg cit ist der

Rechtserwerber aufzufordern, binnen einer längstens mit acht Wochen

festzusetzenden Frist um die grundverkehrsbehördliche Genehmigung für

den Rechtserwerb anzusuchen. Wird kein Ansuchen gestellt, dann hat

die Grundverkehrsbehörde von Amts wegen festzustellen, daß die nach §

3 Abs 1 leg cit für den Rechtserwerb erforderliche Zustimmung

nicht vorliegt. Aufgrund eines rechtskräftigen Bescheides, mit dem

die Zustimmung zum Rechtserwerb versagt bzw nachträglich aufgehoben

oder eine Feststellung nach Abs 2 getroffen wurde, hat das

Grundbuchsgericht die Eintragung des Rechtserwerbes im Grundbuch zu

löschen und den früheren Grundbuchsstand wiederherzustellen (§ 16

Abs 3). Nach § 16 Abs 5 ist eine Löschung nicht zulässig, wenn

seit der Eintragung drei Jahre verstrichen sind.

Mit Gesetz vom 3.Juli 1991, LGBl 1991/74, wurde § 16 Abs 5 TirGVG

1983 aufgehoben; gleichzeitig wurde festgesetzt, daß die Bestimmung

auf Rechtserwerbe, die am 1.Oktober 1991 (Zeitpunkt des

Inkrafttretens) bereits im Grundbuch eingetragen sind, weiterhin

anzuwenden ist (Art I 40; Art II Abs 3). Mit demselben Gesetz

wurde § 16 a in das TirGVG 1983 eingefügt:

"Feststellungsklage des Landesgrundverkehrsreferenten

(1) Der Landesgrundverkehrsreferent kann bei Gericht Klage auf Feststellung erheben, ob ein Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn Grund zur Annahme besteht, daß ein Schein- oder Umgehungsgeschäft vorliegt. Die Erhebung der Klage auf Feststellung ist auf Antrag des Landesgrundverkehrsreferenten im Grundbuch anzumerken.

(2) Stellt das Gericht fest, daß ein solches Rechtsgeschäft nichtig ist, so hat das Grundbuchsgericht eine bereits erfolgte Eintragung des Rechtserwerbes im Grundbuch zu löschen und den früheren Grundbuchsstand wiederherzustellen. Der Landesgrundverkehrsreferent hat dem Grundbuchsgericht die Entscheidung des Gerichtes über die Feststellung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäftes unverzüglich mitzuteilen."

Art II Abs 4 des Gesetzes, LGBl 1991/74, setzt fest, daß sich das

Recht des Landesgrundverkehrsreferenten, nach § 16 a Abs 1

Feststellungsklage zu erheben, auch auf die zum Zeitpunkt des

Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehenden Schein- oder

Umgehungsgeschäfte erstreckt.

Mit 1.Jänner 1994 (§ 3 leg cit tritt mit 1.Jänner 1996 in Kraft)

ist das Gesetz über den Verkehr mit Grundstücken in Tirol (Tiroler

Grundverkehrsgesetz), LGBl 1993/82, in Kraft getreten. Es regelt in

§ 35 Schein- und Umgehungsgeschäfte und die Klagebefugnis des

Landesgrundverkehrsreferenten.

1. zu den verfassungsrechtlichen Bedenken der Beklagten

Die Beklagten sind der Auffassung, daß die Novelle zum TirGVG 1983, LGBl 1991/74, nicht gehörig kundgemacht worden sei. Das Gesetz habe die Mitwirkung der Finanzämter vorgesehen; die dafür notwendige Zustimmung der Bundesregierung sei verweigert worden. Das "Rumpfgesetz" hätte nicht kundgemacht werden dürfen. Fehlerhaft kundgemachte Gesetze seien nicht anzuwenden.

Mit dieser Frage hat sich der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung vom 13.7.1994, 6 Ob 608/94 (ImmZ 1994, 351) ausführlich befaßt. In dieser Entscheidung wurde die Ansicht, daß ein vom Landtag gefaßter Gesetzesbeschluß nur vollständig oder gar nicht kundgemacht werden dürfe, abgelehnt:

"Ob sämtliche in einem Landesgesetz zusammengefaßte Regelungen nach

dem Willen des Landtages nur als untrennbare Einheit oder bei einem

teilweise bestehenden Kundmachungshindernis auch bloß teilweise, so

vollständig wie möglich, in Geltung gesetzt werden sollen, ist eine

Frage des erkennbaren Sachzusammenhanges und nicht allgemein im Sinne

eines Ganz- oder Teilkundmachungshindernisses zu beantworten. Die

ständige Praxis des Verfassungsgerichtshofes im Falle von

erfolgreichen Gesetzesprüfungsverfahren, nur die der Prüfung

unterzogenen Gesetzesstellen (und die mit diesem in einem

untrennbaren Sachzusammenhang stehenden Bestimmungen), nicht aber

grundsätzlich das ganze Gesetz aufzuheben, läßt erkennen, daß nicht

grundsätzlich der - auch vom Verfassungsgerichtshof zu beachtende

- Wille des Gesetzgebungsorganes zu unterstellen sei, daß nur alle

in einem Gesetz zusammengefaßten Regelungen als untrennbare Einheit

in Geltung stehen sollen und eine Teilaufhebung daher keine

Verfälschung des Gesetzgeberwillens darstellte ......

§ 16 a TirGVG 1983 ist eine landesgesetzliche Regelung, gegen die

auch der erkennende Senat keine Bedenken wegen Überschreitung der

landesgesetzlichen Kompetenz nach Art 15 Abs 9 B-VG oder wegen

Verstoßes gegen die Kundmachungsvorschriften des Art 38 Abs 7

Tirl-VG hegt." (s auch das Erkenntnis des VfGH vom 28.9.1993, B

517/93, in dem auf die Klagebefugnis des

Landesgrundverkehrsreferenten gemäß § 16 a TirGVG verwiesen wird,

ohne daß Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung geäußert wurden).

Diese Erwägungen gelten auch für den vorliegenden Fall. Den

Ausführungen der Beklagten, daß § 16 a TirGVG 1983 gegen Art 15

Abs 9 B-VG verstoße, ist zu erwidern, daß sich die

Gesetzgebungskompetenz der Länder auf solche Bestimmungen auf dem

Gebiet des Straf- und Zivilrechts erstreckt, die mit der in die

Landeskompetenz fallenden Hauptmaterie in einem unerläßlichen

Zusammenhang stehen (Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen

Bundesverfassungsrechts7 Rz 270 mwN) oder jedenfalls in einem

"rechtstechnischen" Zusammenhang mit der verwaltungsrechtlichen

Regelung stehen (H.Mayer, Kurzkommz B-VG 94; VfSlg 8989, 9580,

9906; OGH EvBl 1989/111). Die Kompetenz ist nich allein schon

deshalb zu verneine, wenn "das allgemeine bürgerliche Recht

vielleicht auch bei Fehlen einer besonderen Bestimmung zu einem

bestimmten Ergebnis führt" (Mayer aaO; VfSlg 10.097). Nach diesen

Voraussetzungen ist die Klagebefugnis des

Landesgrundverkehrsreferenten zu bejahen:

Wegen der im Zivilrecht herrschenden Gestaltungsfreiheit ist es nahezu unmöglich, in den Grundverkehrsgesetzen alle Rechtsgeschäfte zu erfassen, die einen nach den Zielsetzungen dieser Gesetze verpönten Erfolg anstreben. Mit Umgehungs- und Scheingeschäften war daher für die Vergangenheit und ist auch für die Zukunft zu rechnen. Da die Vertragsparteien regelmäßig kein Interesse haben, die Nichtigkeit des von ihnen geschlossenen Vertrages geltend zu machen, kann nur die Klagebefugnis eines Dritten verhindern, daß ein Zustand aufrecht bleibt, der dem öffentlichen Interesse widerspricht. Gleichzeitig stellt, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, die Klagebefugnis des Grundverkehrsreferenten sicher, daß alle nichtigen Rechtsgeschäfte - soweit sie erfaßt werden - gleich behandelt werden. Können nur die Vertragsparteien die Nichtigkeit des Rechtserwerbes geltend machen, so werden sie dies dann tun, wenn sie aus anderen Gründen nicht mehr am Schein- oder Umgehungsgeschäft festhalten wollen. Das führt zu einer Ungleichbehandlung solcher Rechtserwerbe und damit zu einem gleichheitswidrigen Ergebnis.

Verfassungsrechtliche Bedenken haben die Beklagten auch gegen eine Auslegung des TirGVG, die zum Fehlen einer zeitlichen Beschränkung der Klagebefugnis des Landesgrundverkehrsreferenten führt. Eine solche Bestimmung verstieße gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen das rechtsstaatliche Bauprinzip der Bundesverfassung. Es wäre sachlich nicht gerechtfertigt, die Klärung allfälliger Schein- und Umgehungsgeschäfte durch Bescheid auf drei Jahre zu beschränken, die Feststellungsklage aber zeitlich unbegrenzt zuzulassen.

§ 16 TirGVG 1983 idF LGBl 1983/69 setzt fest, welche Folgen es

hat, wenn die für einen Rechtserwerb notwendige Zustimmung

rechtskräftig versagt wird oder wenn trotz Aufforderung nicht um die

grundverkehrsbehördliche Zustimmung angesucht wird. Im zuletzt

genannten Fall hat die Grundverkehrsbehörde mit Bescheid von Amts

wegen festzustellen, daß die nach § 3 Abs 1 leg cit für den

Rechtserwerb erforderliche Zustimmung nicht vorliegt. In beiden

Fällen hat das Grundbuchsgericht eine (ohne Genehmigung bewilligte)

Eintragung des Rechtserwerbes im Grundbuch zu löschen und den füheren

Grundbuchsstand wiederherzustellen (§ 16 Abs 3 leg cit). Die

Löschung war bis zur Aufhebung des § 16 Abs 5 TirGVG durch die

TirGVG-Nov 1991, LGBl 1991/74, nicht zulässig, wenn seit der

Eintragung drei Jahre verstrichen waren.

§ 16 a TirGVG 1983 idF dieser Novelle betrifft hingegen

Rechtsgeschäfte, bei denen Grund zur Annahme besteht, daß ein Schein-

oder Umgehungsgeschäft vorliegt. Diese Bestimmung, auf die sich das

Klagerecht des Landesgrundverkehrsreferenten gründet, regelt daher

einen anderen Fall als § 16 Abs 2 und 3 TirGVG 1983. Während in

dem einen Fall Rechtsgeschäfte betroffen sind, die - auflösend

bedingt - gültig zustandgekommen sind, bei denen es aber

unterlassen wurde, um die - nicht von vornherein ausgeschlossene -

Zustimmung anzusuchen, werden Schein- und Umgehungsgeschäfte

deshalb geschlossen, weil für das in Wahrheit beabsichtigte Geschäft

die grundverkehrsbehördliche Zustimmung nicht erlangt werden kann.

Mag daher der Gesetzgeber in dem einen Fall darauf verzichtet haben, daß die versäumte Zustimmung nach Ablauf einer bestimmten Frist noch nachzuholen ist, weil der Rechtserwerb in der Regel dem öffentlichen Interesse nicht widerspricht, wurde im anderen Fall durch Schein- und Umgehungsgeschäfte ein Zustand geschaffen, den der Gesetzgeber stets verhindern will. Es ist daher sachgerecht, beide Fälle verschieden zu behandeln.

Nach Auffassung von Walzel von Wiesentreu/Sallinger (Die Feststellungsklage nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz 1993, ImmZ 1994, 219) bestehen gegen die Einrämung einer zeitlich unbegrenzten Klagemöglichkeit aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit erhebliche Bedenken. Die Regelung scheine überschießende Tendenz aufzuweisen; nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes seien Bestimmungen, welche die Aufhebung auch rechtskräftiger Entscheidungen ermöglichen, nur insofern verfassungsrechtlich unbedenklich, als sie das öffentliche Interesse an der Gesetzmäßigkeit der Vollziehung zum Ausdruck brächten. Es stelle sich die Frage, ob das legitime öffentliche Interesse an der Einhaltung der grundverkehrsrechtlichen Bestimmungen nach Ablauf eines bestimmten Zeitraumes nicht so stark verdünnt werde, daß es zwangsläufig hinter das fundamentale Prinzip der Rechtssicherheit zurücktreten müsse. So entfalle bei den gerichtlich strafbaren Handlungen das Strafbedürfnis mit zunehmendem Abstand von der Tat. Im Lichte dieser Wertentscheidung handle es sich bei der unbefristeten Klagebefugnis des Landesgrundverkehrsreferenten, die neben ihrer generalpräventiven Wirkung starken pönalen Charakter aufweise, um einen sachwidrigen Exzeß. Diese Unverhältnismäßigkeit könne auch aus den Eigenheiten der grundverkehrsrechtlichen Materie heraus nicht begründet werden; es liege daher ein Verstoß gegen das verfassungsgesetzliche Sachlichkeitsgebot vor (Walzel von Wiesentreu/Sallinger aaO 222 f). Dem ist nicht zu folgen:

Das Sachlichkeitsgebot wird aus dem Gleichheitsgrundsatz abgeleitet; es ist verletzt, wenn der Gesetzgeber zur Zielerreichung völlig ungeeignete Mittel vorsieht oder wenn die vorgesehenen, an sich geeigneten Mittel zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung führen (s Holoubek, Die Sachlichkeitsprüfung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes, ÖZW 1991, 72; s auch Korinek, Gedanken zur Bindung des Gesetzgebers an den Gleichheitsgrundsatz nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, FS Melichar 39).

Der Tiroler Landesgesetzgeber will durch das zeitlich unbeschränkte Klagerecht des Landesgrundverkehrsreferenten die Wirksamkeit der grundverkehrsbehördlichen Beschränkungen sicherstellen. Dieses Ziel kann nicht allein dadurch erreicht werden, daß möglichst umfassend festgelegt wird, welche Rechtsgeschäfte zustimmungspflichtig sind und daß Rechtsgeschäfte, bei denen die Zustimmung zum Rechtserwerb versagt wird, nichtig sind. Schein- und Umgehungsgeschäften kann aber dadurch wirksam begegnet werden, daß einem Dritten die Befugnis eingeräumt wird, auf Feststellung ihrer Nichtigkeit zu klagen. Dadurch kann einerseits der Rechtserwerb im einzelnen Fall rückgängig gemacht werden, anderseits hat die Klagebefugnis abschreckende (präventive) Wirkung. Das setzt voraus, daß die Klagebefugnis keinen, insbesondere keinen zeitlichen Schranken unterliegt. Durch ein Schein- oder Umgehungsgeschäft wird ein Zustand geschaffen, der andauert und dessen Unrechtsgehalt unverändert bleibt. Die zeitlich unbeschränkte Klagebefugnis ist daher weder sachwidrig noch unverhältnismäßig.

Sie ist auch nicht deshalb verfassungsrechtlich bedenklich, weil sich

die Klagebefugnis auch auf Rechtsgeschäfte erstreckt, die vor dem

Inkrafttreten des TirGVG 1983 geschlossen wurden. Es gibt kein

(uneingeschränktes) verfassungsrechtliches Rückwirkungsverbot (VfSlg

2009; VfSlg 5411; JBl 1978, 421 ua). Rückwirkende Gesetze sind

durch den Gleichheitssatz nicht ausgeschlossen, sie bedürfen aber

besonderer, sie rechtfertigende Gründe (Mayer aaO 374; VfSlg

12.241; 12.639; 12.688). Die rechtsstaatlichen Bedenken, die wegen

des Fehlens eines solchen Verbotes erhoben werden, treffen im

vorliegenden Fall nicht zu. Hier geht es nicht darum, daß jemand ein

Gesetz gegen sich gelten lassen muß, nach dem er sich nicht richten

konnte, weil es dieses Gesetz damals nicht gab (s Bydlinski in

Rummel, ABGB2 § 5 Rz 2), also um die Verletzung des

Vertrauensschutzes (vgl Mayer aaO 373 f), sondern darum, daß ein

auch zur Zeit seiner Begehung gesetzwidriges Verhalten verfolgt wird.

Durch die Einräumung der Klagebefugnis an den Landesgrundverkehrsreferenten wird auch niemand im berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht, weil nicht nachträglich an früher verwirklichte Tatbestände belastende Folgen geknüpft werden (s Holoubek aaO ÖZW 1991, 76). Es wird nur die Möglichkeit geschaffen, die Folgen eines schon immer gesetzwidrigen nichtigen Rechtserwerbes auch tatsächlich zu beseitigen. Die zu diesem Zweck eingeräumte Klagebefugnis ist jedenfalls dann verfassungskonform, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, ein Rechtsgeschäft betrifft, das innerhalb der allgemeinen Verjährungszeit von 30 Jahren geschlossen wurde. Absolut nichtige Verträge, deren Ungültigkeit nicht von der Geltendmachung eines hierzu Berechtigten abhängt, bleiben im übrigen auch nach 30 Jahren ungültig und vermitteln niemanden ein Recht (s Krejci in Rummel, ABGB2 § 879 Rz 261).

2/ zu den Einwendungen gegen das Vorliegen eines Umgehungsgeschäftes

Ein Umgehungsgeschäft liegt vor, wenn ein Rechtsgeschäft zwar nicht "dem Buchstaben des Gesetzes nach" gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, im Ergebnis aber doch den Zweck des Gesetzesverbotes vereitelt. Nicht jedes Umgehungsgeschäft ist nichtig; es unterliegt der Rechtsnorm, die auf das in Wahrheit beabsichtigte Rechtsgeschäft anzuwenden ist. Auf eine besondere Umgehungsabsicht der Parteien

kommt es nicht an (Krejci aaO § 879 Rz 37 f mwN; JBl 1988, 250; SZ

62/80 = JBl 1989, 780; JBl 1992, 594).

Nichtig ist demnach etwa die Umgehung der landesgesetzlich normierten

Beschränkung des Ausländer-Liegenschaftsverkehrs durch

gesellschaftsrechtliche Verträge und zwar auch dann, wenn zum

Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge vertragliche

Wohnungsbenützungsrechte noch nicht zustimmungspflichtig waren, es

aber in der Folge wurden (JBl 1980, 430). Das gleiche gilt für

einen Kaufvertrag mit einem inländischen Treuhänder, der dem

Ausländer alle nicht genehmigungsbedürftigen Rechte und Befugnisse an

der Liegenschaft überläßt (JBl 1988, 250; s auch RdW 1984, 10; 5

Ob 508/89; JBl 1989, 780). Nichtig sind auch Vereinbarungen, in

denen dem Ausländer ein Benützungsrecht eingeräumt und die

Liegenschaft durch ein Legat zugewendet wird (JBl 1992, 594; s auch

VfGH vom 28.9.1993, B 517/93, zur Nichtigkeit des Rechtserwerbes

durch ein im Zeitpunkt seines Anfalles noch nicht

genehmigungspflichtiges Legat).

In all diesen Fällen haben die Vertragsparteien eine Vorgangsweise

gewählt, die Sinn und Zweck des jeweiligen Grundverkehrsgesetzes

vereiteln sollte. Daran vermag auch nichts zu ändern, wenn sie, wie

im vorliegenden Fall, offenlegen, daß sie wegen der (derzeitigen)

Unmöglichkeit, eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu erlangen,

keinen Kaufvertrag schließen, den Abschluß eines solchen Vertrages

jedoch nach wie vor beabsichtigen. Ein Umgehungsgeschäft liegt nicht

nur dann vor, wenn die Umgehungsabsicht verschwiegen wird, zumal eine

spezielle Umgehungsabsicht überhaupt nicht erforderlich ist. Es

genügt, daß das Umgehungsgeschäft objektiv den Sinn und Zweck der

umgangenen Norm vereitelt (SZ 63/50 = JBl 1991, 245; SZ 64/66 =

WoBl 1922, 238 ua). Es kommt aber immer nur darauf an, ob die

Parteien ihre Rechtsverhältnisse so gestalten, daß sie den vom Gesetz verpönten Erfolg (weitgehend) erreichen.

Das trifft hier zu: Für die Gemeinschuldnerin und Franz K***** senior war es 1973 ausgeschlossen, für einen Kaufvertrag die grundverkehrsbehördliche Zustimmung zu erhalten. Mit dem klagsgegenständlichen Miet-, Options- und Pfandbestellungsvertrag hat die Gemeinschuldnerin Franz K***** senior eine Rechtsstellung verschafft, die der eines Wohnungseigentümers weitgehend gleich war:

Das Mietverhältnis wurde für 100 Jahre abgeschlossen; die Gemeinschuldnerin verzichtete auf jegliches Kündigungs- und Auflösungsrecht; dem Mieter wurde das Recht eingeräumt, die Wohnung jederzeit gänzlich oder teilweise weiterzugeben; er verzichtete auf den Ersatz seiner Investitionen und verpflichtete sich, für die Instandhaltung der Wohnung aufzukommen; die Mietrechte sollten auf die Rechtsnachfolger übergehen; der als Kaufpreis vereinbarte Betrag wurde bei Abschluß eines Vorvertrages für den Kauf der Miteigentumsanteile bezahlt und ein Anerkennungszins von jährlich S 10,- vereinbart; zur Sicherung der Ersatzansprüche von Franz K***** senior wurde eine Höchstbetragshypothek in Höhe des bezahlten Kaufpreises sichergestellt; Franz K***** senior wurde für die Dauer des Mietvertrages eine Option für den Abschluß des Kaufvertrages und ein Vorkaufsrecht eingeräumt.

Von der Rechtsstellung eines Eigentümers unterschied sich die Franz K***** senior damit eingeräumte Rechtsposition nur dadurch, daß im Grundbuch kein Eigentumsrecht zu seinen Gunsten einverleibt wurde. Damit haben die Vertragsparteien den durch die Gestaltungsfreiheit des Zivilrechtes bestehenden Spielraum genützt, um den vom TirGVG 1970 schon damals - und nicht erst durch das Gesetz LGBl 1974/6 -

verpönten Erfolg zu erreichen: einem Ausländer eine Rechtsstellung zu verschaffen, die der eines Eigentümers gleichkommt (s JBl 1980, 430).

Der mit diesem Rechtsgeschäft umgangene Kaufvertrag war 1973

zustimmungspflichtig. Auch wenn das Umgehungsgeschäft, ebenso wie das

umgangene Geschäft, bis zur Versagung der Zustimmung aufschiebend

bedingt sein sollte (s aber JBl 1992, 594), kann der Schwebezustand

einem Dritten, der keine Möglichkeit zu seiner Beendigung hat,

jedenfalls dann nicht entgegengehalten werden, wenn ein Verfahren zur

Beendigung diese Zustandes gar nicht anhängig ist (JBl 1989, 780).

Vor der Grundverkehrsbehörde ist ein Verfahren zur Erlangung einer

Negativbescheinigung anhängig; es betrifft einen anderen Sachverhalt

als das vorliegende Verfahren und könnte dessen Durchführung daher

selbst dann nicht hindern, wenn bereits eine rechtskräftige

Entscheidung vorläge. Das Feststellungsbegehren des aufgrund des §

16 a TirGVG 1983 idF der Nov LGBl 1991/74, § 35 Abs 2

TirGVG, LGBl 1993/82, aktiv legitimierten Klägers ist daher

berechtigt.

Die Revision mußte erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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