OGH 7Ob176/13b

OGH7Ob176/13b11.12.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** registrierte Genossenschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und andere Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagte Partei R***** G*****, vertreten durch Dr. Waltraud Künstl, Rechtsanwältin in Wien, wegen Feststellung (in eventu: Unterlassung), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24. Juli 2013, GZ 11 R 122/13m‑19, mit dem das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 8. April 2013, GZ 6 Cg 165/12t‑10, abgeändert wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

I. Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.

II. Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird hinsichtlich der Abweisung des Hauptbegehrens, des ersten Eventualbegehrens und des (bereits vom Erstgericht unangefochten abgewiesenen) zweiten Eventualbegehrens als Teilurteil bestätigt.

Im Übrigen (hinsichtlich des dritten Eventualbegehrens [Unterlassungsbegehren] und der Kostenentscheidung) wird das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Entscheidungsgründe:

Die Eltern des Beklagten sind Eigentümer einer näher genannten Liegenschaft. Zu Gunsten der Klägerin ist im Lastenblatt dieser Liegenschaft aufgrund der Pfandvereinbarung (vom 6. 8. 2002) zu TZ 10970/2002 ein Pfandrecht einverleibt. Die Eltern des Beklagten wurden mit erstinstanzlichem Urteil (vom 13. 10. 2011) zur Zurückzahlung eines Kredits von 36.340 EUR samt Zinsen und Kosten an die Klägerin verpflichtet.

Die Rechtsvertreter der Klägerin ersuchten den Beklagten mit Schreiben vom 16. 4. 2012 um Unterfertigung einer Erklärung, dass zu seinen Gunsten an der Liegenschaft weder ein Mietrecht noch eine Dienstbarkeit bestehe. Eine solche Erklärung wurde vom Beklagten verweigert.

Das Erstgericht stellte abhängig davon, ob ein (von den Eltern des Beklagten unterfertigter) Aktenvermerk vom 27. 8. 2002 an diesem Tag oder zeitnah dazu verfasst wurde oder nicht (was es offen ließ), zwei gegensätzliche Alternativsachverhalte zu Vereinbarungen des Beklagten mit seinen Eltern über seine Nutzung des Hauses fest.

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass an der Liegenschaft und dem darauf befindlichen Gebäude zu Gunsten des Beklagten keine Wohnungsdienstbarkeit, kein Bestandrecht und keine sonstigen Nutzungsrechte bestünden. Hilfsweise erhebt sie als erstes Eventualbegehren das Feststellungsbegehren, dass an der Liegenschaft und dem darauf befindlichen Gebäude zu Gunsten des Beklagten keine solchen Rechte bestünden, die ihrem Pfandrecht im Rang vorgingen und die von einem Erwerber im Zwangsversteigerungsverfahren über diese Liegenschaft zu übernehmen wären. Im zweiten Eventualbegehren fordert sie vom Beklagten, das zwischen ihm und seinen Eltern begründete Benützungsverhältnis (Bestand‑ und/oder Wohnrecht) am Erdgeschoss des Hauses der Liegenschaft zu beenden. Mit dem dritten Eventualbegehren begehrt sie vom Beklagten, die Begründung von Rechten, insbesondere von Bestand‑ und/oder Wohnrechten an der Liegenschaft, zu unterlassen, die von einem Erwerber im Zwangsversteigerungsverfahren über diese Liegenschaft zu übernehmen wären. Dazu brachte sie vor, dass zu ihren Gunsten seit August 2002 auf der Liegenschaft ein Pfandrecht im Höchstbetrag von 192.000 EUR zur Besicherung einer Kreditforderung gegen die Eltern des Beklagten einverleibt sei. Der Beklagte habe in einer E‑Mail vom 30. 12. 2011 behauptet, dass ihm seine Eltern im Februar 2002 mündlich ein Mietrecht und später das uneingeschränkte lebenslängliche Wohnrecht eingeräumt hätten. Mit Schreiben vom 4. 5. 2012 habe die Rechtsvertreterin des Beklagten mitgeteilt, dass auf der Pfandliegenschaft ein Mietrecht und/oder eine Wohnungsdienstbarkeit des Beklagten bestehe. Diese Behauptungen seien falsch, sie seien vom Beklagten im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit seinen Eltern nur aufgestellt worden, um den Wert der Liegenschaft zu vermindern und deren Verwertung zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung zu vereiteln. Der Beklagte benütze die Liegenschaft aufgrund eines im Familienverband gründenden Wohnverhältnisses. Er habe gewusst oder wissen müssen, dass sich seine Eltern den Pfandgläubigern gegenüber verpflichteten, ohne deren Zustimmung Dritten keine Rechte am Pfandobjekt einzuräumen. Weder die Klägerin noch andere Pfandgläubiger hätten eine solche Zustimmung gegeben. Der Kredit der Klägerin habe der Umschuldung und Befriedigung vorrangiger Pfandgläubiger gedient. Mangels Gutgläubigkeit könnten zu Gunsten des Beklagten keine Rechte auf der Liegenschaft begründet werden. Ein Nutzungsrecht des Beklagten mindere den Wert der Liegenschaft und setze die Befriedigungsaussichten der Klägerin empfindlich herab. Der Beklagte nehme es in Kauf, dass die Klägerin um ihren Anspruch auf Zurückzahlung des Kredits gebracht werde. Sie habe daher ein rechtliches Interesse an den begehrten Feststellungen.

Der Beklagte wendet ein, er habe zunächst im Februar 2002 ein Mietrecht im Haus seiner Eltern erhalten. Zur Abgeltung seines Arbeits‑ und Mitteleinsatzes bei der Aufräumung und Sanierung des nach dem Hochwasser im August 2002 schwer beschädigten Hauses hätten ihm seine Eltern ein lebenslängliches Wohnrecht eingeräumt. Sein Bestandrecht sei bereits vor der Begründung des Pfandrechts der Klägerin begründet worden. Seine Eltern hätten dazu nicht die Zustimmung der Klägerin einholen müssen. Er habe es nicht zu vertreten, wenn sein Bestandrecht oder Wohnrecht die Verwertung des Pfandrechts beeinträchtige. Eine solche Beeinträchtigung liege nicht vor, weil er durch unentgeltlich erbrachte Sanierungsarbeiten die Verwertbarkeit verbessert habe.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren (Hauptbegehren) statt, soweit es eine Wohnungsdienstbarkeit, ein Bestandrecht und sonstige Nutzungsrechte betreffe, die von einem Erwerber in einer Zwangsversteigerung der Liegenschaft zu übernehmen wären. Unbekämpft (und damit rechtskräftig) wies es das Feststellungsmehrbegehren, dass auch darüber hinaus zu Gunsten des Beklagten keine Nutzungsrechte an der Liegenschaft bestünden, sowie das zweite Eventualbegehren ab. Rechtlich kam es zum Ergebnis, dass dem Beklagten selbst nach der allenfalls im August 2002 getroffenen Vereinbarung mit seinen Eltern weder ein Mietrecht noch ein dingliches Wohnrecht zukomme. Die bloß symbolische Beteiligung an den Kosten eines Hauses sei kein Mietzins; sie stehe der Annahme eines Mietverhältnisses entgegen. Eine Einverleibung des Wohnrechts sei nicht beabsichtigt gewesen. Dem Beklagten stehe daher weder ein Mietrecht noch ein dingliches Wohnrecht an der Liegenschaft zu. Ein rechtliches Interesse der Klägerin bestehe aber, soweit sich der Beklagte solcher Rechte rühme, die von einem Ersteher in einem Zwangsversteigerungsverfahren zu übernehmen wären, die daher das erzielbare Meistbot empfindlich mindern oder eine Versteigerung überhaupt zum Scheitern bringen könnten, weil nur dadurch in das Pfandrecht der Klägerin eingegriffen werde. Dies gelte nur für Bestandrechte und verbücherte sowie allenfalls nicht verbücherte, aber offenkundige Wohnungsdienstbarkeiten. Soweit es um Rechte gehe, die ein Erwerber in der Zwangsversteigerung keinesfalls übernehmen müsse, fehle es am Feststellungsinteresse. Insoweit sei das Hauptbegehren, aber auch das zweite Eventualbegehren auf Auflösung einer solche Rechte gewährenden Vereinbarung abzuweisen. Das erste Eventualbegehren sei im Hauptbegehren als „Minus“ bereits enthalten und deshalb durch die Entscheidung über das Hauptbegehren „erledigt“.

Über Berufung des Beklagten wies das Berufungsgericht die Klagebegehren zur Gänze ab. Auf die Beweis‑ und Verfahrensrügen ging es nicht ein. Rechtlich führte es aus, die Klägerin erhebe in erster Linie eine Eigentumsfreiheitsklage im Sinn des § 523 ABGB. Diese Klage stehe allerdings nicht dem Pfandgläubiger zu. Auch § 228 ZPO biete keine Grundlage für einen Feststellungsanspruch der Klägerin, weil ihr das rechtliche Interesse fehle. Benützungsrechte des Beklagten an der Liegenschaft berührten nicht die Rechtsposition der Klägerin als Pfandgläubigerin an sich; diese hätten allenfalls Auswirkungen auf eine Verwertung der Liegenschaft, könnten also das Ergebnis eines Zwangsversteigerungsverfahrens beeinflussen. Diese Möglichkeit begründe aber kein rechtliches, sondern nur ein wirtschaftliches Interesse der Klägerin an den begehrten Feststellungen. Soweit es um die Abwehr eines aus einer wahrheitswidrigen Behauptung des Beklagten drohenden Vermögensschadens der Klägerin gehe, könne ihr ebenfalls kein selbständiges Interesse an der Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens des ‑ zu Unrecht ‑ behaupteten Rechts zugebilligt werden. Sie hätte in diesem Fall vielmehr gegen den Beklagten einen Schadenersatz‑ oder Unterlassungsanspruch, etwa im Sinn des § 1330 Abs 2 ABGB. Ersterer könnte auch, solange noch kein Schaden eingetreten sei, mit einer Feststellungsklage verfolgt werden. Ansprüche „dieser Art“ mache die Klägerin nicht geltend. Ein Feststellungsinteresse könne schließlich auch nicht im Hinblick auf ein ‑ mögliches ‑ Zwangsversteigerungsverfahren bejaht werden, weil ein hier ergangenes Feststellungsurteil für ein solches Exekutionsverfahren, an dem andere Parteien beteiligt seien, keine bindende Wirkung entfalten könne. Das erste Eventualbegehren sei zudem unbestimmt und schon deswegen nicht erfolgreich. Die Wendung „Rechte, die dem Pfandrecht der Klägerin im Rang vorgehen und die der Erwerber in einem Zwangsversteigerungsverfahren zu übernehmen hätte“, ließen auch im Zusammenhang mit der Anspruchs‑ und Urteilsbegründung nicht erkennen, welche Rechte damit, abgesehen von einem Bestandrecht und einer ‑ verbücherten oder nicht verbücherten, aber offenkundigen ‑ Dienstbarkeit des Wohnrechts, über die gesondert abgesprochen worden sei, gemeint seien. Ein Feststellungsausspruch mit diesem Wortlaut wäre erneut einer Auslegung zu unterziehen, was der hilfsweise beantragten Feststellung entgegenstehe. Worauf ein privatrechtlicher Anspruch der Klägerin gegen den ihr vertraglich gar nicht verbundenen Beklagten gegründet werden könnte, der darauf gerichtet sei, dass dieser ein mit seinen Eltern bereits begründetes Benützungsverhältnis betreffend die Liegenschaft beende oder die Begründung solcher Benützungsverhältnisse in Zukunft unterlasse, sei nicht zu ersehen. Daher seien auch die weiteren Eventualbegehren, soweit sie nicht ohnedies schon vom Erstgericht rechtskräftig abgewiesen worden seien, abzuweisen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und ließ die ordentliche Revision nicht zu, weil die Frage des Feststellungsinteresses keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung habe.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin mit dem Abänderungsantrag, das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen, hilfsweise einem der Eventualbegehren stattzugeben. Weiters wird hilfsweise ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

I. Die dem Beklagten freigestellte Revisionsbeantwortung ist verspätet. Die Mitteilung, dass ihm die Beantwortung der Revision freistehe (§ 508a Abs 2 ZPO), wurde dem Beklagten (seiner Vertreterin) am 7. 10. 2013 zugestellt. Er brachte die Revisionsbeantwortung im elektronischen Rechtsverkehr am 4. 11. 2013 beim Erstgericht ein, das die Weiterleitung an den Obersten Gerichtshof verfügte, wo der Schriftsatz am 11. 11. 2013 einlangte. Die Revisionsbeantwortung wäre beim Obersten Gerichtshof einzubringen gewesen (§ 507a Abs 3 Z 2 ZPO). Bei diesem langte sie erst nach Ablauf der für die Überreichung des Schriftsatzes offenstehenden Notfrist von vier Wochen (§ 507a Abs 1 und Abs 2 Z 3 ZPO) ein.

Wird ein Rechtsmittel (eine Rechtsmittelbeantwortung) bei einem funktionell nicht zuständigen Gericht eingebracht, ist für den Zeitpunkt der Rechtzeitigkeit der Zeitpunkt des Einlangens beim zuständigen Gericht maßgebend (RIS-Justiz RS0043678). Eine entgegen § 507a Abs 3 Z 2 ZPO beim Erstgericht eingebrachte Revisionsbeantwortung ist daher verspätet, wenn sie beim Obersten Gerichtshof erst nach Ablauf der vierwöchigen Frist einlangt (RIS-Justiz RS0043678 [T3]).

II. Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und teilweise im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Durch die Verpfändung einer Liegenschaft an die Klägerin sind die Liegenschaftseigentümer (Eltern des Beklagten) an sich nicht gehindert, die Liegenschaft in Bestand zu geben. Allerdings kann die Pfandgläubigerin auch schädigende Einwirkungen eines Dritten auf das Pfand mit einer dinglichen Klage abwehren, weil der aus dem § 458 ABGB sich ergebende Unterlassungsanspruch nicht aus dem Schuldverhältnis, sondern aus dem dinglichen Pfandrecht entspringt, wobei die Klage, soweit Unterlassung und Wiederherstellung begehrt werden, auch gegen jeden Dritten gerichtet werden kann (3 Ob 610/86 = SZ 59/206 = ÖBA 1987/36, 415 [ Rummel ] = RIS‑Justiz RS0011436). Zur Durchsetzung des Anspruchs der Pfandgläubigerin auf Unterlassung und Beseitigung pfandverschlechternder Eingriffe steht ihr sowohl gegen den Pfandbesteller als auch gegen einen Dritten die sogenannte „Devastationsklage“ offen. Das Begehren dieser Klage ist auf Unterlassung und gegebenenfalls auf Beseitigung des rechtswidrig herbeigeführten Zustands gerichtet ( Angst , Hypothekarische Besicherung und nachträgliche Abtretung von Bestandzinsforderungen, ÖBA 2007, 444 [448]; Hinteregger in Schwimann/Kodek , ABGB 4 § 458 ABGB Rz 5 f; Koch in KBB³ § 458 ABGB Rz 4 f; Hofmann in Rummel ³, § 458 ABGB Rz 6, jeweils mwN zur Judikatur). Das Berufungsgericht übergeht daher § 458 ABGB als Anspruchsgrundlage, indem es einen privatrechtlichen Anspruch der Klägerin gegen den ihr vertraglich nicht verbundenen Beklagten verneint.

2. Die klagende Hypothekargläubigerin erhebt sowohl im Hauptbegehren als auch im ersten Eventualbegehren jeweils Feststellungsbegehren, die darauf gerichtet sind, dass zu Gunsten des Beklagten keine Nutzungsrechte an der Liegenschaft bestünden. Sie geht selbst davon aus, dass sie ‑ gestützt auf § 458 ABGB ‑ gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung, gegebenenfalls auch auf Beseitigung geltend machen könnte, erachtet jedoch die Erhebung der negativen Feststellungsklage gegen den Beklagten als zulässig. Ihr rechtliches Interesse an der Feststellung ergebe sich schon daraus, dass sich der Beklagte des Bestehens eines ihr Pfandrecht schädigenden Rechts berühme. Hätte der Beklagte Benützungsrechte an der Pfandsache, die deren Verschlechterung bewirkten, so würde er in ihre Rechtsposition eingreifen. Überdies sei der sich aus § 458 ABGB ergebende Anspruch eines Pfandgläubigers gegen Dritte durchaus einer Qualifikation als materieller Feststellungsanspruch zugänglich, sodass der Nachweis des rechtlichen Interesses entfallen könne.

Damit zeigt die Klägerin die Zulässigkeit der Feststellungsbegehren nicht auf.

2.1. Zu den allgemeinen Voraussetzungen, unter denen eine Feststellungsklage nach § 228 ZPO erhoben werden kann, gehört das rechtliche Interesse. Bei der Feststellung von Drittrechtsverhältnissen ist das rechtliche Interesse genau zu prüfen, weil das Feststellungsurteil einem am Verfahren nicht beteiligten Dritten gegenüber keine Rechtskraftwirkung äußert (7 Ob 91/12a mwN). Das rechtliche Interesse wird dann allgemein anerkannt, wenn das begehrte Urteil zwischen den Streitparteien über einen allfälligen Leistungsanspruch hinaus geeignet ist, Grundlage für die weiteren Beziehungen der Parteien untereinander zu sein (vgl dazu Rechberger/Klicka in Rechberger , ZPO³ § 228 Rz 11), wenn also durch den möglichen Leistungsanspruch der Feststellungsanspruch nicht voll ausgeschöpft wird ( Fasching in Fasching/Konecny ² § 228 ZPO Rz 108 mwN; vgl RIS‑Justiz RS0039202 [T8]). Dabei ist allerdings auch gleichgültig, ob die mögliche Leistungsklage eine Klage auf Leistung oder Unterlassung ist (9 ObA 35/08z mwN; RIS‑Justiz RS0039088). Die Klägerin könnte jedenfalls eine Leistungsklage im Sinn eines Unterlassungsbegehrens hinsichtlich der Unterlassung verbotener und damit rechtswidriger Einwirkungen des allein belangten Beklagten auf die Pfandsache erheben (vgl 3 Ob 610/86 = SZ 59/206 [Unterlassungsbegehren]). Dass mit dem Begehren auf Unterlassung und gegebenenfalls auf Beseitigung des rechtswidrig herbeigeführten Zustands das Feststellungsbegehren noch nicht voll ausgeschöpft ist und die Klägerin auch ein darüber hinausgehendes rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung hat, legt sie nicht dar. Die Behauptungs‑ und Beweislast für das Vorliegen eines rechtlichen Interesses, wenn dieses ‑ wie hier ‑ nicht offensichtlich oder erwiesen ist, liegt bei der die Feststellung begehrenden Partei (9 ObA 35/08z mwN). Kann aber die Klägerin mit einer möglichen Leistungsklage auf Unterlassung all das erreichen, was sie mit der negativen Feststellungsklage (Haupt‑ und erstes Eventualbegehren) bezweckt, fehlt ihr das rechtliche Interesse, wenn ihr ein einfacherer Weg zur Verfügung steht, um ihr Ziel zu erreichen (RIS‑Justiz RS0038849 [T5]; Rechberger/Klicka aaO § 228 ZPO Rz 11; Fasching aaO § 228 ZPO Rz 88).

Zwar wird die Devastationsklage nach § 458 ABGB als Anwendungsfall der aus § 523 ABGB abgeleiteten actio negatoria gesehen (6 Ob 261/01b unter Verweis auf Hinteregger , Rechte des Pfandgläubigers bei Entwertung der Pfandliegenschaft durch Vermietung, ÖBA 2001, 448 [450]). Zur letztgenannten Bestimmung lässt die Rechtsprechung gegen den Eigentümer der (angeblich) herrschenden Liegenschaft eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens einer angemaßten Dienstbarkeit zu, ohne dass dafür ein (besonderes) rechtliches Interesse erforderlich wäre (RIS‑Justiz RS0112360; RS0012155; RS0112687). Hingegen ist gegen einen anderen Störer eine negative Feststellungsklage nur unter den Voraussetzungen des § 228 ZPO möglich (RIS‑Justiz RS0112360). Es sind damit keine Gründe erkennbar und werden von der Klägerin auch nicht aufgezeigt, warum die genannte Ausnahme von § 228 ZPO auch für die auf § 458 ABGB gestützte Klage des Pfandgläubigers gegen den störenden Nichteigentümer (Beklagter) gelten sollte. Ein besonderes rechtliches Interesse, das über die Durchsetzung eines bereits möglichen Unterlassungsanspruchs (oder Wiederherstellungsanspruchs) hinausginge, hat die Klägerin nicht behauptet.

Seit der Exekutionsordnungs‑Novelle 2000, BGBl I 2000/59, bestimmt § 138 Abs 2 EO, dass ab dem Zeitpunkt der Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens Rechtshandlungen des Verpflichteten, die die in Exekution gezogene Liegenschaft betreffen und die nicht zur ordentlichen Verwaltung gehören, den Gläubigern und dem Ersteher gegenüber unwirksam sind. Auf die in § 138 Abs 2 EO angeordnete (relative) Unwirksamkeit beispielsweise eines Mietvertragsabschlusses nach Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens ist hier nicht einzugehen, weil die Einleitung des Versteigerungsverfahrens weder behauptet noch festgestellt wurde.

Aus § 458 ABGB wird ‑ wie dargelegt ‑ unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch des Pfandgläubigers auf Erhaltung der vertragsmäßigen Sicherheit einerseits und die Pflicht des Pfandgebers zur Unterlassung einer Verschlechterung der Pfandsache durch eigenes willkürliches Verhalten andererseits abgeleitet (RIS‑Justiz RS0011434). Die Klägerin nimmt die Eltern des Beklagten (Pfandschuldner) als Vertragspartner der vom Beklagten behaupteten Benützungsrechte an der Liegenschaft nicht in Anspruch. Es erübrigt sich daher darauf einzugehen, ob der Beseitigungsanspruch zweckmäßigerweise dadurch geltend gemacht wird, dass begehrt wird, die Parteien des Bestandvertrags seien zur einvernehmlichen Auflösung des Mietvertrags verpflichtet (3 Ob 532/93; 8 Ob 254/99g = SZ 73/40; 9 Ob 189/00k; Hofmann aaO § 458 ABGB Rz 6) und dass vom Dritten die Räumung der in Besitz genommenen Liegenschaft begehrt wird (vgl 9 Ob 189/00k), oder ob auch eine Feststellungsklage einer Pfandgläubigerin betreffend das Nichtbestehen eines Bestandverhältnisses zwischen den zugleich geklagten Parteien zulässig ist (so 2 Ob 197/05t).

Der Klägerin fehlt infolge der Möglichkeit der Erhebung eines Unterlassungs‑ und allenfalls eines Beseitigungsbegehrens somit das rechtliche Interesse an den Feststellungsbegehren.

2.2. Die Klägerin macht als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens geltend, die Abweisung des Hauptbegehrens mangels Feststellungsinteresses sei für sie überraschend, weil weder das Erstgericht noch die Beklagte Zweifel am Vorliegen eines rechtlichen Interesses an der Feststellung gehabt hätten. Das Berufungsgericht hätte im Sinn der §§ 182, 182a ZPO die Frage des Feststellungsinteresses erörtern müssen. Diesfalls hätte sie vorgebracht, dass das Klagebegehren gegen den Beklagten auf § 458 ABGB gestützt werde und das Bestehen jenes Rechtsverhältnisses, das der Beklagte behaupte, den Wert der Pfandsache vermindere; dazu hätte sie einen Sachverständigenbeweis beantragt.

Bei der gerügten Verletzung des Überraschungsverbots handelt es sich um eine nach den Umständen des Einzelfalls zu lösende Rechtsfrage (vgl RIS‑Justiz RS0037300 [T31]). Die Unterlassung der Erörterung eines bisher unbeachtlich gebliebenen rechtlichen Gesichtspunkts kann nach ständiger Rechtsprechung nur dann einen Verfahrensmangel darstellen, wenn dadurch einer Partei die Möglichkeit genommen wurde, zur bisher unbeachtet gebliebenen Rechtslage entsprechendes Tatsachenvorbringen zu erstatten. Werden hingegen nur dieselben Tatsachen, wie sie schon der bisher erörterten Rechtslage zugrunde lagen, rechtlich anders gewertet, kann die Verletzung des § 182a ZPO keine Rechtsfolgen haben. In einer Verfahrensrüge wegen Verletzung der Pflichten des § 182a ZPO hat die Rechtsmittelwerberin darzulegen, welches zusätzliche oder andere Vorbringen sie auf Grund der von ihr nicht beachteten neuen Rechtsansicht erstattet hätte (10 ObS 53/13m mwN).

Die Klägerin beharrt weiterhin darauf, dass die (nur gegen einen der behaupteten Vertragspartner gerichteten) Feststellungsbegehren zulässig seien. Sie beschränkt sich darauf, ihre rechtlichen Schlussfolgerungen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts entgegenzuhalten, womit sie die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht aufzeigt.

3. Was den Vorwurf betrifft, im Fall des Fehlens eines Rechtsschutzinteresses an den erhobenen Feststellungsbegehren (Haupt‑ und erstes Eventualbegehren) wäre zumindest dem zweiten Eventualbegehren stattzugeben gewesen, übersieht die Klägerin offenbar, dass die Abweisung des zweiten Eventualbegehrens durch das Erstgericht mangels Anfechtung bereits in Rechtskraft erwachsen ist (vgl 1 Ob 2/11t).

4. Mit dem dritten Eventualbegehren begehrt die Klägerin vom Beklagten die Unterlassung der Begründung von Rechten, insbesondere von Bestand‑ und/oder Wohnrechten an der Liegenschaft, die von einem Erwerber im Zwangsversteigerungsverfahren über diese Liegenschaft zu übernehmen wären. Sie macht ihren Anspruch auf Unterlassung künftiger rechtswidriger Einwirkungen zulässig mit einer vorbeugenden Unterlassungsklage geltend ( Angst aaO 447). Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, das einen privatrechtlichen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten, die Begründung von Benützungsverhältnissen in Zukunft zu unterlassen, verneinte, steht dem Pfandgläubiger bei Pfandverschlechterung im Sinn des § 458 ZPO sowohl gegen den Pfandgeber als auch gegen den Dritten ein Anspruch auf Unterlassung der schädigenden Handlung zu. Diesem vorbeugenden Unterlassungsbegehren könnte Berechtigung zukommen, stellte doch das Erstgericht im zweiten Alternativsachverhalt fest, dass der Beklagte und seine Eltern die „behaupteten Vereinbarungen“ nicht getroffen haben, sondern diese gemeinsam nur deshalb vortäuschen, um den Eltern des Beklagten durch Vereitelung oder Erschwerung eines Zwangsversteigerungsverfahrens die Wohnmöglichkeit in ihrem Haus zu erhalten. Sowohl diese Feststellungen als auch der anderslautende erste Alternativsachverhalt wurden von den Parteien in der Berufung und der Berufungsbeantwortung bekämpft. Das Berufungsgericht ging darauf und auf die von beiden Parteien im Berufungsverfahren erhobenen Verfahrensrügen nicht ein. Das Berufungsverfahren ist insofern mangelhaft geblieben. Im fortzusetzenden Verfahren wird sich das Berufungsgericht daher mit den bekämpften Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts und den entsprechenden Beweis‑ und Verfahrensrügen näher auseinanderzusetzen haben.

Im Umfang der Abweisung des Unterlassungsbegehrens (drittes Eventualbegehren) und deshalb auch hinsichtlich der Kostenentscheidung ist das angefochtene Urteil daher aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt hinsichtlich des Teilurteils beruht auf § 52 Abs 4 ZPO; jener im Aufhebungsbeschluss gründet sich auf §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.

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