OGH 5Ob249/12x

OGH5Ob249/12x14.2.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1. E*****, vertreten durch Dr. Anton Hintermeier, Mag. Michael Pfleger, Mag. Jürgen Brandstätter, Rechtsanwälte in St. Pölten, 2. C*****, 3. I*****, 4. Mag. J*****, 5. Mag. A*****, 6. Dr. R*****, 7. W*****, 8. W*****, 9. K*****, 10. M*****, 11. A*****, 12. F*****, 13. E*****, gegen sämtliche übrigen Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** (laut angeschlossenem Grundbuchsauszug) als Antragsgegner, darunter der 42. Antragsgegner F*****, vertreten durch Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwalt in Wien, der 108. Antragsgegner Dr. E***** und der 161. Antragsgegner Dr. G*****, 108. und 161. Antragsgegner vertreten durch DDr. Ernst Gramm, Rechtsanwalt in Neulengbach, wegen § 838a ABGB iVm § 836 ABGB, über den Revisionsrekurs der Erstantragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 8. August 2012, GZ 7 R 41/12b‑127, womit über Rekurs der Erstantragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Tulln vom 24. Jänner 2012, GZ 2 Msch 1/10w‑118, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00249.12X.0214.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Erstantragstellerin ist schuldig, dem 42. Antragsgegner die mit 670,90 EUR (darin enthalten 111,82 EUR USt) sowie dem 108. Antragsgegner und dem 161. Antragsgegner die mit 670,90 EUR (darin enthalten 111,82 EUR USt) bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Parteien sind schlichte (Minderheits‑)Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** mit der Adresse „*****“. Die Liegenschaft besteht ‑ neben Garten‑ und Grundstücksflächen ‑ aus 96.517m² Wasserfläche („Seegrundstück“).

Im Revisionsrekursverfahren ist nicht mehr strittig, dass sich die Miteigentümer spätestens ab 1999 auf eine Fremdverwaltung der Liegenschaft einigten. Der 161. Antragsgegner (früher: 175. Antragsgegner), der damals noch nicht Miteigentümer der Liegenschaft war, verwaltete zwischen 1. 1. 1999 und 31. 5. 2005.

Ab Juni 2005 übernahm die Erstantragstellerin, die zu 2990/44880 Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft ist, die Verwaltung.

Bei einer Eigentümerversammlung am 25. 4. 2009 legte die Erstantragstellerin die Verwaltung unerwartet zurück.

Bei einer weiteren Eigentümerversammlung am 4. 7. 2009 wurde die Neubestellung eines Verwalters thematisiert.

Ebenfalls nicht mehr strittig ist, dass die Dr. G***** GmbH (in der Folge immer: GmbH) bei der Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung am 4. 7. 2009 über die Auswahl des neuen Verwalters unter Berücksichtigung der Stimme des 161. Antragsgegners, der zum Zeitpunkt der Abstimmung zu 40/170 Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft war, eine Anteilsmehrheit von 93/170 erhielt.

Der 161. Antragsgegner ist Alleingesellschafter und Geschäftsführer der GmbH.

Die Antragsteller ‑ dem ursprünglich von der Erstantragstellerin allein gestellten Antrag vom 2. 2. 2010 schlossen sich im Zuge des vor dem Erstgericht durchgeführten Verfahrens die nunmehrigen 2. bis 13. Antragsteller an ‑ begehren die Feststellung, dass die GmbH nicht gültig zur Verwalterin der Miteigentümergemeinschaft gewählt worden sei.

Soweit für das Revisionsrekursverfahren noch wesentlich, begründen die Antragsteller ihren Antrag damit, dass „ein Mehrheitseigentümer“ (tatsächlich ist der 161. Antragsgegner Minderheitseigentümer) bei der Wahl des Verwalters nicht stimmberechtigt sei, wenn Gegenstand der Abstimmung ein Rechtsverhältnis oder Rechtsgeschäft des Mehrheitseigentümers mit der Gemeinschaft sei. Die Verwalterbestellung der GmbH sei ‑ wegen der personellen Verflechtung des 161. Antragsgegners mit dieser Gesellschaft ‑ ein solches Rechtsgeschäft bzw Rechtsverhältnis. Es bestehe ein Interessenkonflikt, weshalb bei der Abstimmung die Anteile des 161. Antragsgegners nicht berücksichtigt werden dürften. Damit habe aber die Bestellung der GmbH zur Verwalterin keine Mehrheit gefunden. Die Bestimmungen des WEG seien analog anzuwenden.

Jene Antragsgegner, die sich aktiv am Verfahren beteiligten, darunter insbesondere der 42. Antragsgegner (ursprünglich: 48. Antragsgegner), der 108. Antragsgegner (ursprünglich: 115. Antragsgegner) und der 161. Antragsgegner, wenden ein, dass der Mehrheitsbeschluss über die Bestellung der GmbH zur Verwalterin rechtswirksam sei. Beschlussgegenstand sei nur die Auswahl des zu bestellenden Verwalters iSd § 836 ABGB gewesen. Der in § 24 WEG geregelte Stimmrechtsausschluss sei auf die schlichte Miteigentümergemeinschaft nicht anwendbar. Abgesehen davon, dass der 161. Antragsgegner nicht mit der GmbH ident sei, könne bei schlichten Miteigentümergemeinschaften auch derjenige Miteigentümer, über dessen Verwalterbestellung abzustimmen sei, an der Abstimmung teilnehmen.

Der 108. und der 161. Antragsgegner (vgl S 3 in ON 30 in Band I) erhoben im Übrigen im erstinstanzlichen Verfahren den Einwand der Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs.

Nach Aufhebung der erstgerichtlichen Sachentscheidung im ersten Rechtsgang (die deshalb erfolgte, weil das Erstgericht nicht sämtliche Miteigentümer der Liegenschaft ordnungsgemäß beigezogen hatte) stellte das Erstgericht im zweiten Rechtsgang fest, dass die GmbH rechtsgültig zur Verwalterin der Miteigentümergemeinschaft gewählt worden sei. Bestehe ‑ wie hier ‑ Einigkeit darüber, dass ein gemeinschaftlicher Verwalter zu bestellen sei, entscheide über dessen Auswahl gemäß § 836 ABGB die Anteilsmehrheit. Es handle sich auch dann um eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung, wenn ein Miteigentümer zum Verwalter bestellt werde. Auch der von der Maßnahme betroffene Teilhaber stimme mit.

Das Rekursgericht gab dem dagegen von der Erstantragstellerin erhobenen Rekurs nicht Folge und bestätigte den Beschluss des Erstgerichts mit der Maßgabe, dass der Antrag, es möge festgestellt werden, dass die GmbH nicht gültig zur Verwalterin der Miteigentümer gewählt worden sei, abgewiesen wurde.

Das Rekursgericht billigte im Wesentlichen die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Ergänzend führte es aus, dass § 24 Abs 3 WEG nicht analog auf schlichte Miteigentümergemeinschaften anzuwenden sei. Infolge des Mehrheitsprinzips könne die ordentliche Verwaltung von der Mehrheit ‑ und damit auch vom Mehrheitseigen-tümer ‑ jederzeit an sich gezogen werden. Sei aber ein einzelner Mehrheitseigentümer in der Lage, die ordentliche Verwaltung an sich zu ziehen, könne nicht angenommen werden, dass bei einer Abstimmung über die Auswahl des Verwalters ein Miteigentümer analog § 24 Abs 3 WEG vom Stimmrecht ausgeschlossen sei.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR nicht übersteigt. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht mit der Begründung für zulässig, dass zur Frage der analogen Anwendung des § 24 Abs 3 WEG auf schlichte Miteigentümergemeinschaften höchstgerichtliche Recht-sprechung fehle.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichts wendet sich der aus dem Revisionsrekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revisionsrekurs der Erstantragstellerin mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer Antragsstattgebung. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der 42., 108. und 161. Antragsgegner beantragen, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Die übrigen Parteien beteiligten sich am Revisionsrekursverfahren nicht.

Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Im Revisionsrekurs vertritt die Erstantragstellerin die Auffassung, dass § 24 Abs 3 WEG auf schlichte Miteigentümergemeinschaften analog anzuwenden sei, wenn Gegenstand der beabsichtigten Beschlussfassung ein Rechtsgeschäft oder Rechtsverhältnis mit einem Miteigentümer oder einer Person sei, die mit diesem durch ein familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis verbunden sei. Dieser Miteigentümer habe kein Stimmrecht. Die analoge Anwendung des § 24 Abs 3 WEG sei zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen geboten.

Dazu wurde erwogen:

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Anwendbarkeit des § 838a ABGB

1.1 Über die Zulässigkeit des von den Antragstellern gewählten außerstreitigen Rechtswegs liegt keine bindende Entscheidung vor. Da auch die Zulässigkeit des Rechtswegs, soweit er den Verfahrenstyp betrifft, eine Prozessvoraussetzung darstellt, bedarf es einer Prüfung des Vorliegens dieser Prozessvoraussetzung (5 Ob 40/11k wobl 2012/23).

1.2 Der am 1. 5. 2005 in Kraft getretene § 838a ABGB sieht vor, dass über alle Streitigkeiten zwischen Miteigentümern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten im Verfahren Außerstreitsachen zu entscheiden ist.

1.3 Schon aus dem Wortlaut des § 838a ABGB, aber auch aus den Materialien (ErlRV 471 BlgNR 22. GP 33) geht klar hervor, dass gerade Streitigkeiten, die mit der Verwaltung der Liegenschaft in Zusammenhang stehen, in das Außerstreitverfahren verwiesen werden.

1.4 Gegenstand des Sachantrags ist ein Feststellungsbegehren der Antragsteller, das damit begründet wird, dass ein wirksamer Mehrheitsbeschluss nicht vorliege, weil die Stimme des 161. Antragsgegners bei der Beschlussfassung nicht zu zählen sei.

1.5 Die Frage, ob überhaupt ein wirksamer Mehrheitsbeschluss gefasst wurde, berührt den Kernbereich der in § 838a ABGB angesprochenen Verwaltung, nämlich die für die Verwaltung zentrale Frage der Willensbildung (vgl auch 8 Ob 111/11y immolex 2012/70 [ Prader ]).

1.6 Fraglich könnte allenfalls sein, ob Streitigkeiten zwischen den Teilhabern auch Feststellungsbegehren sein können. Das ist ‑ weil es einen Grundsatz der generellen „Feststellungsfeindlichkeit“ des Außerstreitverfahrens nicht gibt ‑ zu bejahen ( H. Böhm in ABGB‑ON § 838a ABGB Rz 8; s auch 1 Ob 117/10b JBl 2011/188; 6 Ob 233/10y).

1.7 Die Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs ist somit gegeben.

1.8 Zutreffend hat das Rekursgericht bereits im ersten Rechtsgang darauf verwiesen, dass die für das wohnungseigentumsrechtliche Außerstreitverfahren geltenden Sonderbestimmungen, die ‑ neben einem Verweis auf bestimmte Regelungen des mietrechtlichen Außerstreitverfahrens ‑ in § 52 Abs 2 WEG geregelt sind, auf das Verfahren nach § 838a ABGB nicht anzuwenden sind. Daraus ergibt sich insbesondere die Unanwendbarkeit der erleichterten Zustellvorschriften (§ 52 Abs 2 Z 4 WEG). Die daraus resultierende Gehörverletzung einzelner, zunächst nicht beigezogener Antragsgegner wurde im zweiten Rechtsgang saniert.

2. Zur Abgrenzung der Selbst- von der Eigenverwaltung

2.1 Aus § 833 Satz 1 ABGB ist abzuleiten, dass das Gesetz die Selbstverwaltung durch die Teilhaber als den Normalfall, die Verwaltung durch einen hiezu bestellten Verwalter hingegen als Ausnahme betrachtet. Selbstverwaltung bedeutet die gemeinsame Verwaltung durch alle Teilhaber (RIS‑Justiz RS0013394; Jensik , Miteigentum [1962] 25; Gamerith in Rummel ³ § 833 ABGB Rz 3).

2.2 § 836 ABGB ermöglicht es, von dem Grundprinzip der Selbstverwaltung abzugehen und einen Fremdverwalter zu bestellen. Darunter ist sowohl die Bestellung eines Miteigentümers als auch die Bestellung eines außenstehenden Dritten („Drittverwalter“) zu verstehen ( H. Böhm in ABGB‑ON 1.00 § 836 Rz 2).

2.3 Im Anlassfall ist unstrittig, dass sich die Miteigentümer darüber einigten, vom Selbstverwaltungs-prinzip abzugehen und einen Fremdverwalter zu bestellen.

2.4 Übereinstimmend gehen Lehre und Rechtsprechung ‑ dem klaren Wortlaut des § 836 ABGB entsprechend ‑ davon aus, dass über die Auswahl der Person des zu bestellenden Verwalters die Anteilsmehrheit entscheidet, wenn feststeht, dass ein Verwalter zu bestellen ist (RIS‑Justiz RS0013689; RS0013662; Jensik , Miteigentum 28; Gamerith in Rummel ³ § 836 ABGB Rz 1 Gruber/Sprohar‑Heimlich in Schwimann/Kodek , ABGB 4 III § 836 Rz 6).

3. Zur Stimmberechtigung des 161. Antragsgegners

Verfahrensentscheidend ist somit die Frage, ob der 161. Antragsgegner vom Stimmrecht an der Beschlussfassung über die (Fremd‑)Verwalterbestellung der GmbH, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer er ist, ausgeschlossen war. Ist das zu bejahen, läge kein wirksamer Mehrheitsbeschluss vor.

3.1 Das ABGB, dessen  §§ 825 ff nach der Rechtsprechung (Nachweise bei Sailer in KBB³ § 825 Rz 6) auch auf bestimmte andere Gemeinschaften anzuwenden sind und dessen §§ 833 bis 842 infolge des ausdrücklichen Verweises in § 1188 ABGB auch für die Willensbildung über die gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gelten, sofern keine abweichenden gesellschaftsvertraglichen Regelungen bestehen, kennt kein gesetzliches Stimmverbot eines Miteigentümers bei Vorliegen bestimmter Interessenkonflikte.

3.2 Zur Frage, ob und unter welchen Umständen Miteigentümer von der Beschlussfassung in Fragen der ordentlichen oder außerordentlichen Verwaltung ausgeschlossen sind, finden sich in der Literatur nur vereinzelt Stellungnahmen:

3.2.1  Gamerith (in Rummel ³ § 833 ABGB Rz 10) geht zwar grundsätzlich davon aus, dass auch der von einer Maßnahme betroffene Teilhaber stimmberechtigt ist, nimmt aber an, dass „nun wohl § 13b Abs 1a WEG“ (jetzt: § 24 Abs 3 WEG 2002) analog anzuwenden sei, wenn Gegenstand der beabsichtigten Beschlussfassung ein Rechtsgeschäft, Rechtsverhältnis oder Rechtsstreit mit einem Miteigentümer oder mit einer Person sei, die mit diesem durch ein familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis verbunden sei. Dieser Miteigentümer habe kein Stimmrecht.

3.2.2  Sailer (in KBB³ § 833 Rz 5) vertritt unter Hinweis auf die Entscheidungen 5 Ob 147/97x und 5 Ob 230/99f die Auffassung, dass der von einer Maßnahme direkt Betroffene nicht mitstimmen („nicht Richter in eigener Sache sein“) könne (dem folgend Gruber/Sprohar‑Heimlich in Schwimann/Kodek , ABGB 4 III § 833 Rz 32).

3.2.3  H. Böhm (in ABGB‑ON 1.00 § 825 Rz 2 und § 833 Rz 20) meint, dass zur Begründung des fehlenden Stimmrechts eines von einer Abstimmungsmaßnahme betroffenen Teilhabers keine Analogie zum WEG erforderlich sei: diese Analogie greife zu kurz; das fehlende Stimmrecht des betroffenen Teilhabers folge für Maßnahmen, von denen der Teilhaber selbst betroffen sei, schon aus dem allgemeinen Grundsatz, „dass niemand in eigener Sache Richter sein könne“.

3.2.4  Hausmann (Wohnrechtsnovelle 1999 - Änderungen des MRG und WEG, ecolex 1999, 674; ferner zu 5 Ob 230/99f in wobl 2000/60) hält im Zusammenhang mit der Schaffung von Stimmrechtsausschlüssen in § 13b Abs 1a WEG 1975 durch die WRN 1999 (BGBl 25/2009) fest, dass sich bereits aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ableiten lasse, dass einem Miteigentümer in bestimmten Kollisionsfällen kein Stimmrecht zustehe.

3.3 Die Aussagen der Rechtsprechung zum Stimmrecht des Miteigentümers lassen sich wie folgt zusammenfassen:

3.3.1 Der Oberste Gerichtshof ist in den Entscheidungen 4 Ob 562/87 und 1 Ob 682/88 ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit der Frage eines Stimmrechtsausschlusses davon ausgegangen, dass auch dem Teilhaber, dessen Verwalterbestellung Beschlussgegenstand ist, ein Stimmrecht zukommt. Das ergibt sich daraus, dass die in beiden Entscheidungen für wirksam erkannte Verwalterbestellung nur unter Berücksichtigung der Stimme des betroffenen Teilhabers auf einem Mehrheitsbeschluss beruhte.

3.3.2 Unter Berufung auf den Grundsatz, dass „niemand in eigener Sache Richter sein könne“, sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass bei der Beschlussfassung über die Erhebung von Gewährleistungsansprüchen einer Miteigentümergemeinschaft gegen einen Miteigentümer dessen Beteiligung an der Willensbildung zu entfallen habe (5 Ob 60/82 MietSlg 35.072 mH auf 5 Ob 554/81).

In 5 Ob 147/97x (wobl 1998/32 [ Hausmann ]) wurde ebenfalls betont, dass dem Beklagten, der im Anlassfall gewährleistungspflichtiger Bauträger und Mehrheitseigentümer war, kein Recht auf Beteiligung an der Willensbildung zur Frage, ob gegen ihn vorzugehen sei, zukomme.

Auch die Entscheidung 5 Ob 230/99f (wobl 2000/60 [ Hausmann ] = EvBl 2000/30) verneinte ein Stimmrecht des Minderheitseigentümers (und gewährleistungspflichtigen Bauträgers) bei der Abstimmung, ob gegen ihn Schadenersatzansprüche geltend zu machen seien.

3.3.3 Ist hingegen eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung zu beurteilen, wozu nach der trotz Kritik eines Teils der Lehre ( Hoyer , Aufkündigung von Bestandverhältnissen bei Miteigentum, WoBl 1991, 152; diesem folgend Sailer in KBB³ § 834 Rz 6) bis zuletzt aufrecht erhaltenen Rechtsprechung der Abschluss und die Aufkündigung jedes Bestandvertrags mit einem Miteigentümer zählt (RIS‑Justiz RS0013594; 9 Ob 6/11i wobl 2012/141 [ Etzelsdorfer ]), wird dem betroffenen Miteigentümer bei der Abstimmung, ob sein Vertrag zu kündigen ist, ausdrücklich ein Stimmrecht zugebilligt. Stimmt er gegen seine eigene Aufkündigung, muss seine Zustimmung zu dem Beschluss der übrigen Miteigentümer durch den Außerstreitrichter ersetzt werden (7 Ob 691/79 SZ 53/18; 9 Ob 6/11i wobl 2012/141 [ Etzelsdorfer ]; RIS‑Justiz RS0013680). Ein Stimmrechtsausschluss des betroffenen Miteigentümers bei dieser Konstellation wurde bisher in der Rechtsprechung nicht thematisiert.

3.4 Die Beantwortung der Frage, ob bestimmte Interessenkonflikte zu einem Stimmrechtsausschluss eines Miteigentümers bei Beschlussfassung über Verwaltungsmaßnahmen führen, hängt zunächst davon ab, ob die fehlende gesetzliche Regelung überhaupt auf einer ‑ allenfalls „nachträglichen“ ( F. Bydlinski in Rummel ³ § 7 ABGB Rz 2) ‑ Gesetzeslücke beruht.

3.4.1 Die Miteigentümer bilden einerseits eine sachenrechtliche (Miteigentümer‑)Gemeinschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit; sie sind andererseits durch ein gesetzliches Dauerschuldverhältnis miteinander verbunden. Anerkannt ist, dass zwischen den Miteigentümern eine ‑ freilich nicht zu überspannende ( H. Böhm in ABGB‑ON 1.00 § 825 Rz 7) ‑ wechselseitige Treuepflicht besteht, die weiter geht als jene zwischen Vertragspartnern (3 Ob 2032/96m SZ 70/114; 5 Ob 82/03z wobl 2005/87 [ Schauer ] = JBl 2004, 239 [ Rummel ]; Gamerith in Rummel ³ § 825 ABGB Rz 11; Sailer in KBB³ § 825 mwN).

3.4.2 Insoweit daher die Gefahr besteht, dass ein „befangener“ Miteigentümer durch die Ausübung seines Stimmrechts zugleich gegen Treuepflichten verstößt, die ihn gegenüber den übrigen Miteigentümern treffen, ist eine planwidrige Gesetzeslücke zu bejahen: Dem Gesetzgeber ist nicht zu unterstellen, dass er die Zuerkennung eines Stimmrechts auch beabsichtigt hätte, wenn damit wegen einer Interessenkollision eine den Gemeinschaftsinteressen schädliche Stimmrechtsausübung verbunden ist.

3.4.3 Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das 16. Hauptstück des ABGB über die Gemeinschaft des Eigentums und anderer dinglicher Rechte (§§ 825 bis 858 ABGB) von wenigen, hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen in seiner Stammfassung gilt. Insbesondere die Regeln über die Beschlussfassung in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft sind seit Inkrafttreten des ABGB, somit über 200 Jahre, unverändert geblieben. Dem Umstand, dass die ‑ an sich knappen ‑ Bestimmungen des ABGB über die Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft keine gesetzlichen Regeln über Stimmrechtsausschlüsse enthalten, kommt daher keine entscheidende Bedeutung zu.

3.5 Schwieriger ist die Beantwortung der Frage, welche konkreten Interessenkonflikte so schwer wiegen, dass die Interessen der übrigen Miteigentümer einen Stimmrechtsausschluss gebieten.

Methodisch ist vorauszuschicken, dass nach Auffassung des Senats gegen eine ausschließlich „flexible“ Lösung Bedenken bestehen: Dabei müsste ex post geprüft werden, ob im konkreten Fall mit der Stimmrechtsausübung tatsächlich eine Interessenbeeinträchtigung verbunden war (vgl Enzinger in K. Schmidt , MünchKommHGB [2011] § 119 Rz 33 zur OG; für § 24 Abs 3 WEG ferner Vonkilch zu 5 Ob 246/03t in immolex 2005/21, wobei die für seinen Standpunkt ins Treffen geführte Entscheidung 5 Ob 288/74 SZ 47/143 allerdings den in § 39 Abs 4 Satz 1 GmbHG ausdrücklich geregelten Sonderfall eines Stimmrechtsausschlusses eines Gesellschafters einer GmbH betrifft, dem durch eine Beschlussfassung ein Vorteil zugewendet werden soll).

Diese Lösung hätte zwar den Vorteil eines an den konkreten Umständen des Einzelfalls orientierten Ergebnisses. Die Rechtssicherheit würde allerdings mangels voraussehbarer und determinierter Parameter, welche Interessenkonflikte zu einem Stimmrechtsausschluss führen, erheblich leiden (s auch Koppensteiner/Rüffler , GmbHG³ [2007] § 39 Rz 31 und 42; ferner 6 Ob 169/09k mwN).

Die Effizienz der Verwaltung einer Liegenschaft setzt voraus, dass rasch, verlässlich und möglichst ex ante geklärt ist, ob ein bestimmter Beschluss der Eigentümergemeinschaft wirksam und in Vollzug zu setzen ist. Diesem Bedürfnis entsprechen abstrakt typisierte ‑ ihrerseits bei zureichendem Eindeutigkeitsgrad durchaus analogiefähige (6 Ob 139/06v SZ 2006/149) ‑ Stimmverbote, die an das Vorliegen konkreter formeller Interessenkollisionen anknüpfen, besser.

3.6 Einzugehen ist zunächst darauf, ob ‑ wie von der Revisionsrekurswerberin gewünscht ‑ § 24 Abs 3 WEG unmittelbar analog anzuwenden ist.

3.6.1 § 24 Abs 3 WEG entspricht im Wesentlichen dem durch die WRN 1999 (BGBl 25/2009) geschaffenen § 13b Abs 1a WEG 1975 und sieht vor, dass einem Wohnungseigentümer kein Stimmrecht zusteht, wenn Gegenstand der Beschlussfassung ein Rechtsgeschäft, Rechtsverhältnis oder Rechtsstreit mit diesem Wohnungseigentümer oder mit einer Person ist, mit der er durch ein wirtschaftliches oder familiäres Naheverhältnis verbunden ist (vgl Stabentheiner , Die miet‑ und wohnungseigentumsrechtlichen Teile der Wonhnrechts-novelle 1999, wobl 1999, 285 [302]).

3.6.2 Der Ausschussbericht zu § 13b Abs 1a WEG (abgedruckt bei Würth‑Zingher , Wohnrecht 99, 272 f) verweist auf die gewünschte Stärkung der Position des einzelnen Miteigentümers. Es handle sich um eine spezifische Ausgestaltung des in §§ 271 und 272 ABGB normierten Grundgedankens, dass in Fällen einer Interessenkollision einer möglichen Benachteiligung der vom Handeln des Vertreters Betroffenen entgegengewirkt werden soll.

3.6.3 Gegen eine analoge Anwendung von Bestimmungen des WEG auf die Miteigentümergemeinschaft nach ABGB sprechen im Allgemeinen systematische und teleologische Erwägungen: Das WEG ist Spezialgesetz (vgl auch H. Böhm in ABGB‑ON 1.00 § 825 Rz 2 und § 833 Rz 20). Überdies ist die Stärkung der Rechtsstellung, insbesondere des Minderheitseigentümers, zentrales Anliegen des WEG, das in einer ganzen Reihe spezieller Schutzvorschriften zum Ausdruck kommt. Demgegenüber sind die Rechte des Minderheitseigentümers nach ABGB im Rahmen der ordentlichen Verwaltung im Wesentlichen darauf beschränkt, dass ihm Gehör zu gewähren ist; das Fehlen besonderer Minderheitenrechte bei der ordentlichen Verwaltung ist Grundsatz des Miteigentumsrechts des ABGB. Eine Ausnahme besteht naturgemäß dann, wenn die beschlossene Maßnahme in Wahrheit nicht zur ordentlichen Verwaltung gehört ( H. Böhm in ABGB‑ON 1.00 § 833 Rz 17).

3.6.4 Der Umstand, dass § 24 Abs 3 WEG Stimmverbote vorsieht, ist daher allein nicht ausreichend, die Regelung im Weg einer Einzelanalogie auf die schlichte Miteigentümergemeinschaft zu übertragen.

3.7 Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesetzgeber nicht nur im WEG, sondern insbesondere auch in gesellschaftsrechtlichen Vorschriften Stimmrechtsausschlüsse normiert.

3.7.1 Gemäß § 39 Abs 4 GmbHG hat der Gesellschafter, der durch die Beschlussfassung von einer Verpflichtung befreit, oder dem ein Vorteil zugewendet werden soll, weder im eigenen noch im fremden Namen ein Stimmrecht. Das gilt auch für eine Beschlussfassung, welche die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit einem Gesellschafter oder die Einleitung oder die Erledigung eines Rechtsstreits zwischen ihm und der Gesellschaft betrifft.

Obwohl das Gesetz ‑ anders als § 24 Abs 3 WEG ‑ keinen ausdrücklichen Stimmrechtsausschluss des Gesellschafters bei der Beschlussfassung über den Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit einer Person kennt, zu der ein wirtschaftliches oder familiäres Naheverhältnis besteht, ist unstrittig, dass das Stimmverbot jedenfalls dann eingreift, wenn ein Gesellschafter alle Anteile einer Drittgesellschaft hält ( Koppensteiner/Rüffler , GmbHG³ § 39 Rz 36 mwN).

Gemäß § 39 Abs 5 GmbHG ist jedoch ein Gesellschafter, der selbst zum Geschäftsführer oder Aufsichtsrat oder Liquidator bestellt oder als solcher abberufen werden soll, bei der Beschlussfassung in der Ausübung seines Stimmrechts nicht beschränkt.

3.7.2 § 125 AktG normiert, dass niemand für sich oder für einen anderen das Stimmrecht ausüben kann, wenn darüber Beschluss gefasst wird, ob er zu entlasten oder von einer Verbindlichkeit zu befreien ist oder ob die Gesellschaft gegen ihn einen Anspruch geltend machen soll.

3.7.3 Bei der OG ist ein Stimmrechtsausschluss nur vereinzelt für bestimmte Fälle massiver Interessenkollision geregelt, etwa für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Wettbewerbsverbot (§ 113 Abs 2 UGB), für die Verfahrenseinleitung zur Entziehung von Geschäftsführung und Vertretung (§§ 117, 127 UGB) und den Ausschluss aus wichtigem Grund (§ 140 UGB).

Nach überwiegender Auffassung ist auf die OG § 39 Abs 4 GmbHG analog anzuwenden ( Schauer in Kalss/Nowotny/Schauer , Gesellschaftsrecht [2008] Rz 2/268; Schäfer in Großkomm, HGB 5 [2009] § 119 Rz 64 je mwN; Harrer , Die Personengesellschaft als Trägerin eines Unternehmens [2010] 197 ff ebenso für die Beschlussfassung darüber, ob die Gesellschaft gegen einen Gesellschafter Ansprüche geltend machen soll Enzinger in K. Schmidt , MünchKommHGB § 119 Rz 32 mH auf die Rechtsprechung des BGH).

3.8 Nach Auffassung des Senats ist in der Frage des Stimmrechtsausschlusses eines Miteigentümers wie folgt zu differenzieren:

3.8.1 Die Teilnahme an der Abstimmung über die Geltendmachung von Ansprüchen gegen einen Miteigentümer bewirkt für den Betroffenen typischerweise einen Interessenkonflikt, der von vornherein abstrakt als schwerwiegend zu beurteilen ist. Es handelt sich im Kern um einen klassischen Fall der Befangenheit („Richten in eigener Sache“). Aus den dargestellten Einzelvorschriften, die nach herrschender Auffassung auch für die OG analog anzuwenden sind, ist daher im Wege einer Gesamtanalogie für diesen Fall ein Stimmrechtsausschluss abzuleiten. Diese Auffassung steht auch im Einklang mit den Entscheidungen 5 Ob 60/82, 5 Ob 147/97x und 5 Ob 230/99f und den zu 3.2.2 bis 3.2.4 dargestellten Lehrmeinungen (vgl auch 8 Ob 90/08f GesRZ 2009, 231 [ Riedler ] zum Stimmrechtsausschluss des Gesellschafters einer GesbR bei Beschlussfassung über seine Ausschließung).

Ob unter diesem Gesichtspunkt dem betroffenen Miteigentümer nicht auch bei Maßnahmen außerordentlicher Verwaltung ‑ entgegen der zu 3.3.3 wiedergegebenen Rechtsprechung ‑ das Stimmrecht abzuerkennen wäre, wenn etwa über die beabsichtigte Beendigung eines mit ihm eingegangenen Bestandverhältnisses abzustimmen ist, bedarf hier keiner Beantwortung.

3.8.2 Auch bei beabsichtigtem Abschluss eines Rechtsgeschäfts mit einem Miteigentümer oder mit einer diesem durch ein familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis verbundenen Person besteht eine Interessenkollision, die nicht nur gemäß § 24 Abs 3 WEG, sondern auch gemäß § 39 Abs 4 GmbHG, der nach überwiegender Auffassung auf die OG analog anzuwenden ist, zu einem Stimmrechtsausschluss führt. Dieser Stimmrechtsausschluss stellt sich als Variation der Regeln über das In‑sich‑Geschäft dar (6 Ob 49/09p GesRZ 2010, 57 [ Pachinger ]; Koppensteiner/Rüffler , GmbHG³ § 39 Rz 31; Stabentheiner , wobl 1999, 302 spricht im Zusammenhang mit der Regelung in § 24 Abs 3 WEG vom „partiellen“ In‑sich‑Geschäft).

Ob dieser Grundsatz generell auch für die schlichte Miteigentümergemeinschaft gilt, bedarf hier jedoch keiner Beantwortung:

3.8.3 Anders ist nämlich jedenfalls die Frage der Stimmberechtigung eines Miteigentümers bei der Verwalterbestellung zu beurteilen:

a.) Die „Wahl“ der GmbH, deren Alleineigentümer und Geschäftsführer der 161. Antragsgegner ist, zur Verwalterin der Liegenschaft, also die interne Abstimmung darüber, wer zum Fremdverwalter der Liegenschaft zu bestellen ist, steht in engem Zusammenhang mit dem beabsichtigten Abschluss eines Verwaltervertrags (vgl auch das im Akt erliegende Vertragsanbot der GmbH Blg ./J) und fällt damit an sich unter den Tatbestand des beabsichtigten Rechtsgeschäfts mit einem Miteigentümer (bzw hier: mit einer einem Miteigentümer wirtschaftlich verbundenen Gesellschaft).

b.) Nun statuiert § 833 Satz 2 ABGB für Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung das Mehrheitsprinzip. Daher kann die Mehrheit ‑ und somit auch der einzelne Mehrheitseigentümer, der bei Offenlegung des Vertretungsverhältnisses ( H. Böhm in ABGB‑ON 1.00 § 833 Rz 25) im Namen aller Teilhaber handelt (RIS‑Justiz RS0013715) ‑, die ordentliche Verwaltung „jederzeit an sich ziehen“ (7 Ob 506/82 MietSlg 34.105; 1 Ob 682/88 mwN; Gamerith in Rummel ³ § 833 ABGB Rz 9; H. Böhm in ABGB‑ON 1.00 § 836 Rz 1).

c.) Der Umstand, dass der Mehrheitseigentümer die ordentliche Verwaltung, sofern keine Einigung auf Fremdverwaltung erzielt wurde, „jederzeit an sich ziehen kann“, führt dazu, dass sich in diesem Fall der Unterschied zwischen dem gesetzlich vorgesehenen Regelfall der Selbstverwaltung (vgl 2.1) und der fremdbestimmten Verwaltung darauf reduziert, dass nur in letzterem Fall ein formeller Beschluss über die (Fremd‑)Verwalterbestellung des Miteigentümers gefasst wird (RIS‑Justiz RS0103298).

d.) Mit dem Rekursgericht ist daher davon auszugehen, dass der Stimmrechtsausschluss des betroffenen Miteigentümers bei der Abstimmung über seine Fremdverwalterbestellung in einem Wertungswiderspruch dazu stünde, dass die Mehrheit die ordentliche Verwaltung ohne Einschränkung dominieren kann. Im ABGB scheidet überdies ‑ anders als im WEG, das in seinem § 30 Abs 1 Z 6 ein Minderheitsrecht jedes Wohnungseigentümers auf Bestellung eines Verwalters vorsieht ‑ ohne Zustimmung des Mehrheitseigentümers eine Fremdverwalterbestellung von vornherein aus. Auch eine dem § 30 Abs 2 WEG („Dominatorregelung“) vergleichbare Bestimmung zum Schutz der Minderheit vor der Dominanz des Mehrheitseigentümers kennt das ABGB nicht.

e.) Die für das WEG vertretene Auffassung, dass die Beschlussfassung über die Verwalterbestellung des Wohnungseigentümers (oder einer ihm wirtschaftlich oder familiär verbundenen Person) typischerweise den Tatbestand des § 24 Abs 3 WEG verwirklicht (5 Ob 246/03t wobl 2004/76 [ Call ] = immolex 2005/21 [ Vonkilch ]; Würth , Die Wohnrechtsnovelle 1999 ‑ kritisch betrachtet [Teil II Wohnungseigentumsrecht], wobl 2000, 133 [135]), lässt sich daher auf die schlichte Miteigentümergemeinschaft nicht ohne weiteres übertragen.

Im Übrigen geht ein Teil der Lehre ( Vonkilch zu 5 Ob 246/03t in immolex 2005/21; Löcker in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht, § 24 WEG Rz 37b und 37c) auch im Anwendungsbereich des § 24 Abs 3 WEG davon aus, dass ein Miteigentümer bei der Beschlussfassung über die Verwalterbestellung dann vom Stimmrecht ausgeschlossen sei, wenn die Begleitumstände der Verwalterbestellung eine Gefährdung von Gemeinschaftsinteressen plausibel erscheinen lasse. Das gelte insbesondere auch für die Abstimmung über eine ‑ möglicherweise grundlose ‑ Abberufung des Verwalters.

f.) Nur dann, wenn die Fremdverwalterbestellung eines Miteigentümers oder einer ihm wirtschaftlich oder familiär verbundenen Person gegenüber der „faktischen“ Selbstverwaltung durch die Mehrheit als Vertreter sämtlicher Miteigentümer das Potential für eine Gefährdung von Gemeinschaftsinteressen deutlich erhöhen würde, wäre ein genereller Stimmrechtsausschluss gerechtfertigt.

g.) Allerdings ist ein solcherart a priori erhöhtes Gefährdungspotential nicht zu erkennen:

Wie die Mehrheit bei Selbstverwaltung ist der Fremdverwalter als Machthaber der Gemeinschaft grundsätzlich nur zu Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung „geschäftsführungs“‑ und vertretungsbefugt (stRsp; RIS‑Justiz RS0013743; RS0109224; H. Böhm in ABGB‑ON 1.00 § 837 Rz 3 mwN).

Auch darin unterscheidet sich der Verwalter nach § 837 ABGB ganz grundsätzlich vom Verwalter nach WEG, dessen Verwaltervollmacht als nach außen unbeschränkbare Formalvollmacht gemäß § 20 Abs 1 WEG grundsätzlich alle mit der ‑ auch außerordentlichen ‑ Verwaltung zusammen-hängenden Maßnahmen abdeckt ( Würth/Zingher/Kovanyi , Miet‑ und Wohnrecht 22 § 20 WEG Rz 7 mwN).

h.) In Einklang mit den Entscheidungen 4 Ob 562/87 und 1 Ob 682/88 ist daher davon auszugehen, dass der Miteigentümer bei der Abstimmung über seine Verwalterbestellung im Regelfall vom Stimmrecht nicht ausgeschlossen ist. Aufgrund eines Größenschlusses gilt das auch für den Fall der Beschlussfassung über die Bestellung eines Verwalters, zu dem ein Miteigentümer eine wirtschaftliche oder familiäre Nahebeziehung aufweist (ebenso zu § 39 Abs 5 GmbHG 8 Ob 515/86 SZ 59/43).

i.) Ist hingegen beabsichtigt, dem Verwalter vertraglich unüblich günstige Konditionen ‑ etwa ein nicht ortsübliches Entgelt ‑ zu gewähren und/oder ihm auch Vertretungsmacht für alle oder bestimmte Agenden der außerordentlichen Verwaltung einzuräumen, wäre zwar grundsätzlich ein Gefährdungspotential für die Gemeinschaftsinteressen denkbar. Ein Vorbringen in diese Richtung erstatteten die Antragsteller nicht. Entsprechende Anhaltspunkte ergeben sich auch nicht aus dem im Akt erliegenden Offert der GmbH (Blg ./J), das die Übernahme der ordentlichen Verwaltung zu einem monatlichen Honorar von 300 EUR anbietet.

Ob im Fall der Einräumung unüblicher Sondervorteile an den Verwalter oder seiner Betrauung auch mit Agenden der außerordentlichen Verwaltung ein Stimmrechtsausschluss des betroffenen Miteigentümers gerechtfertigt wäre oder ob der Schutz der überstimmten Minderheit in diesem Fall ausreichend dadurch gewahrt ist, dass diese Beschlussfassung dem § 834 ABGB zu unterstellende Angelegenheiten beträfe, die bei fehlender Einstimmigkeit nach der ‑ wenngleich von einem Teil der Lehre kritisierten ‑ Rechtsprechung ohnedies der Genehmigung des Außerstreitrichters bedürfen (vgl zum Meinungsstand H. Böhm in ABGB‑ON 1.00 §§ 834, 835 Rz 3, 28), bedarf daher hier keiner Erörterung.

4. Zusammengefasst folgt

Betrifft die Beschlussfassung die Frage, ob ein schlichter Miteigentümer (oder eine ihm wirtschaftlich oder familiär verbundene Person) zum Fremdverwalter der Liegenschaft zu bestellen ist, ist jedenfalls dann, wenn der beabsichtigte Verwaltervertrag ortsübliche Konditionen enthält und dem Verwalter keine über die gesetzliche Regelung hinausgehenden Befugnisse eingeräumt werden sollen, auch der betroffene Miteigentümer stimmberechtigt.

5. Dem unberechtigten Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 78 Abs 2 Satz 1 AußStrG.

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