LVwG Niederösterreich LVwG-AV-123/004-2019

LVwG NiederösterreichLVwG-AV-123/004-20198.7.2021

EisenbahnG 1957 §48 Abs3
EisenbahnG 1957 §49
VwGVG 2014 §28 Abs3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.123.004.2019

 

 

 

BESCHLUSS

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerden 1. der A AG, vertreten durch die B Rechtsanwälte OG, ***, ***, sowie 2. der Marktgemeinde C, vertreten durch die D Rechtsanwälte OG, ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 19. Dezember 2018, Zl. ***, betreffend eine Kostenentscheidung nach dem Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) beschlossen:

 

I. Der Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom

19. Dezember 2018, Zl. ***, wird aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Landeshauptfrau von Niederösterreich zurückverwiesen.

 

II. Gegen diesen Beschluss ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 48 Abs. 2 bis 4, 49 Abs. 2 EisbG (Eisenbahngesetz 1957, BGBl. Nr. 60/1957 idgF)

§§ 24, 27, 28 Abs. 1 bis 3 und 31 Abs. 1 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrens-gesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF)

§§ 37, 39 Abs. 2, 52, 58 Abs. 2, 60 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrens- gesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 i.d.g.F.)

 

§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idgF)

Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundesverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF)

Begründung

 

1. Sachverhalt

 

1.1. Mit Bescheid vom 27. September 2013, ***, ordnete der Landeshauptmann von Niederösterreich gemäß § 49 Abs. 2 EisbG an, dass die Eisenbahnkreuzung im Kilometer *** der ***-Strecke *** –*** mit einer Gemeindestraße unter der Bedingung, dass das elektronische Stellwerk in ***/*** errichtet wird und die örtlich zulässige Geschwindigkeit auf der Bahn in beiden Richtungen von 120 km/h auf 140 km/h erhöht wird, nach Maßgabe näher bezeichneter Planunterlagen gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 durch Lichtzeichen mit Schranken zu sichern wäre, wobei die Sicherungsanlage als Lichtzeichen mit Vollschranken mit gleichzeitigem Schließen der Schrankenbäume auszuführen sei. Die so festgelegte Sicherung sei bis spätestens 30. September 2015 auszuführen. Dieser Bescheid ist auch gegenüber der Marktgemeinde ***, welche ihn vergeblich im Rechtsweg bekämpfte, in Rechtskraft erwachsen.

 

1.2. In der Folge stellte die A AG (in der Folge: die A) eine entsprechende Lichtzeichenanlage mit Vollschranken her und errichtete ein Stellwerk im Sinne des angeführten Bescheides, beließ jedoch die örtlich zulässige Geschwindigkeit bei 120 km/h.

 

1.3. Mit Antrag vom 19. September 2016 begehrte die A unter Bezugnahme auf den vorgenannten Bescheid und unter Nennung ziffermäßig exakt bezeichneter Herstellungs- und Erhaltungs/Inbetriebhaltungskosten die Entscheidung der Behörde, dass die Marktgemeinde *** (in der Folge: die Gemeinde) als Trägerin der Straßenbaulast 50 % der Kosten für die Errichtung und Erhaltung/Inbetriebhaltung der in Rede stehenden Eisenbahnkreuzung mit einer Gemeindestraße zu tragen hätte.

 

1.4. Daraufhin ersuchte die Landeshauptfrau von Niederösterreich (in der Folge: die belangte Behörde) die Sachverständigenkommission im Sinne des § 48 Abs. 4 EisbG

um ein Gutachten zu folgender Fragestellung:

 

„1. welche Kosten infolge des gegenständlichen Ausspruches gemäß § 49 Abs. 2 EisbG in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen sind und

2. in welchem Ausmaß das Eisenbahnunternehmen (= A AG) und der Träger der Straßenbaulast (= Gemeinde ***) die dadurch erwachsenen Kosten zu tragen haben.“

 

Das daraufhin erstattet „Gutachten“ beschränkt sich auf die Wiedergabe von Rechtsgrundlagen, einen „Befund“, in dem lediglich die gegenwärtige und die vorangegangene Sicherungsart (samt Motivation für die Änderung) sowie Zug- und Straßenfrequenz im Jahr 2013 angegeben werden, und einen Punkt „Kostenauf-teilungsmasse“, welche sich „daher“ folgendermaßen berechne (angegeben werden jeweils ein Betrag für Planung, Bau und Erhaltung/Instandhaltung sowie die daraus errechnete Gesamtsumme). Dazu heißt es lediglich, dass die Sachverständigen für Eisenbahnwesen feststellten, dass die von der A vorgelegten Kosten (…) „der Höhe nach plausibel und angemessen“ erschienen.

In einem Punkt „Kostenaufteilung“ wird ausgeführt, dass „unter Bedachtnahme auf die Aktenlage und die spezielle Sachkunde der in der SVK vertretenen Sachver-ständigen die oben festgestellte Kostenaufteilungsmasse im Verhältnis 70/30 auf Eisenbahnunternehmen/Straßenbaulastträger aufgeteilt werde.

Unter dem Titel „Begründung“ wird wörtlich ausgeführt:

„V.1 Aufteilungskriterien

§ 48 Abs. 3 EisbG misst den Aufteilunqskriterien keine unterschiedliche Gewichtunq bei. Klarzustellen ist auch. dass die im Gesetz genannten Aufteilungskriterien schon per se nicht Gegenstand exakter wissenschaftlicher Messung sein können, sondern nur einer entsprechend begründeten sachverständigen Einschätzung, wobei aber die diesbezüglichen Begründungspflichten der Sachverständigenkommission nicht überspannt werden dürfen.

 

Zum Kriterium der erzielten allfälligen Ersparnisse ist grundsätzlich festzuhalten, dass damit die infolge der technischen Anpassung der baulichen Umgestaltung anfallenden Kosten angesprochen sind, aber der Systematik des § 48 Abs 3 EisbG gemäß solche Ersparnisse keinen Abzugsposten von der Kostenaufteilungs-masse, sondern ein Aufteilungskriterium darstellen.

 

Weitere ist festzuhalten, dass die Sachverständigenkommission ihr Gutachten nur auf Feststellungen gründen kann, die sich aus den ihr vorliegenden Unterlagen und erteilten Informationen in Verbindung mit der speziellen Sachkunde der in der Sachverständigenkommission vertretenen Sachverständigen ergeben. Sollten nach Ansicht der Behörde die Befundgrundlagen nicht ausreichen, um ihren Bescheid auf das Gutachten stützen zu können, ist sie selbst gehalten, die

Beweisaufnahme zu ergänzen.

 

V.2 Zur Aufteilung konkret

Verbesserungen der Abwicklung des Verkehrs

Als wesentliche Verbesserung ist die bahnseitige Erhöhung der örtlich zulässigen Geschwindigkeit auf der Bahn in beiden Richtungen von 120 km/h auf 140 km/h festzustellen.

Als weitere Verbesserung ist für den Straßenverkehr die Erhöhung der Sicherheit durch den Ersatz einer Halbschrankenanlage durch eine Vollschrankenanlage anzuführen. Durch die Errichtung der Vollschrankenanlage wird die Verkehrs-sicherheit vor allem dadurch erhöht, dass nunmehr ein Umfahren der Schranken-anlage ausgeschlossen ist.

 

Ersparnisse

Durch Errichtung eines elektronischen Stellwerkes an der Strecke *** — *** ist der Betrieb dieser Strecke grundsätzlich rationeller und mit verringertem Personalaufwand zu führen, wodurch den A eine Kostenersparnis entsteht. In Ansehung des Anteils von 2,54 % der gegenständlichen Eisenbahnkreuzung an den Gesamtkosten kann auch von einem Anteil in diesem Ausmaß an den Ersparnissen ausgegangen werden.

 

Sonderinteressen

Im gegenständlichen Fall können aufgrund der Aktenlage keine im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers aufgewendete Mehrkosten‘ (§ 48 Abs. 3 EisbG) festgestellt werden.“

 

In ihrer Äußerung dazu brachte die Gemeinde – neben Gründen für die ihrer Meinung nach bestehende generelle Unzulässigkeit einer neuerlichen bzw. wie hier erstmaligen behördlichen Kostenentscheidung – vor, dass die Ermittlung der Kostenteilungsmasse eine nähere Überprüfung der Höhe der von der A beanspruchten Kosten erfordere. In diesem Zusammenhang wird geltend gemacht, dass Planungs- und Errichtungskosten des Stellwerks nicht Teil der Kostenteilungs-masse sein könnten, Projektierungskosten weit überhöht wären und – wie auch viele andere – als Eigenleistungen (vor allem für Personal) auch ohne die technische Aufrüstung angefallen wären. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb hier die „Vollkosten“ verrechnet werden. Es könnten allenfalls nur die Kosten für die technische Ergänzung der Schrankenanlage berücksichtigt werden, dh nur die Differenz zwischen den Kosten für eine Lichtzeichenanlage mit Halbschranken und jenen für eine Lichtzeichenanlage mit Vollschranken. Weiters erfolgen Ausführungen zu den Aufteilungskriterien, wobei die Feststellungen im Gutachten als nicht nachvollziehbar bezeichnet werden, wenn die Erhöhung der Verkehrssicherheit lediglich dem Straßenverkehr angerechnet werde. Betont wird schließlich auch, dass die zuvor bestehende Sicherungsanlage bereits längst ihre technische Nutzungs-dauer überschritten hätte und die Erneuerungskosten allein von der A zu tragen gewesen wären.

 

Die A bemängelt in ihrer Stellungnahme zum „Gutachten“, dass auf das Kriterium der „Änderung des Verkehrs“ nicht eingegangen worden sei, tatsächlich nur 120 (und nicht 140) km/h gefahren werde, der von der Sachverständigenkommission herangezogene Prozentsatz von 2,54% wie auch die vorgenommene Kostenteilung nicht nachvollziehbar sei. Ebensowenig sei erklärbar, weshalb die Sachverständigen-kommission keine weiteren Unterlagen einfordern oder Beweise aufnehmen könne. Die nicht stattgefundene Geschwindigkeitserhöhung sei nicht als „wesentliche Verbesserung“ zu werten, die Berücksichtigung der Verhinderung möglichen Fehlverhaltens von Straßenverkehrsteilnehmern kein maßgebliches Kriterium sowie die Ersparnisse durch Synergieeffekte bereits in den geringeren Umsetzungskosten berücksichtigt.

 

1.5. Ohne weitere Ermittlungsschritte erließ daraufhin die Landeshauptfrau von Niederösterreich (in der Folge: die belangte Behörde) den nun in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 19. Dezember 2018, ***. Mit diesem wurden die mit der Errichtung der in Rede stehenden Sicherungsanlage verbundenen Gesamtkosten ziffernmäßig festgesetzt und entschieden, dass diese zu 70 % von der A AG und zu 30 % von der Marktgemeinde *** zu tragen seien. Weiters wurden die Kosten der Erhaltung und Inbetriebhaltung der Sicherungsanlage (auch in Form eines Barwertes) bestimmt und im selben Verhältnis auf die Beteiligten verteilt. Schließlich wurden die von der Marktgemeinde *** konkret zu bezahlenden Beträge unter Bestimmung einer Leistungsfrist festgelegt.

 

Begründend wird zunächst der Verfahrensverlauf dargestellt, wobei im wesentlichen der Antrag der A vom 19. September 2016, das Gutachten der Sachverständigen-kommission sowie die Äußerungen der Parteien dazu wörtlich wiedergegen werden.

Eigene Sachverhaltsfeststellungen (über die Wiedergabe des Inhalts der Schriftstücke hinaus) sowie beweiswürdigende Überlegungen fehlen in diesem Zusammenhang zur Gänze.

Es folgt die Wiedergabe von Rechtsgrundlagen sowie eine kursorische Auseinander-setzung mit dem Parteivorbringen. Im Zusammenhang mit dem Vorbringen der A heißt es, dass diese das Sicherungsverfahren initiiert hätte und „daher“ dem Gutachten hinsichtlich des Aufteilungsschlüssels der Kostenteilungsmasse zu folgen gewesen sei.

Mit Bezug auf das Vorbringen der Gemeinde beschränkt sich die Behörde auf die Auseinandersetzung mit der Frage der Zulässigkeit der Kostenentscheidung dem Grunde nach.

Im übrigen setzt sich die belangte Behörde kurz mit den Leistungsfristen auseinander, wobei betreffend die Instandhaltungskosten eine Aufteilung der geltend gemachten Summe auf 25 Jahre vorzunehmen gewesen sei, da es ansonsten zu einer Vorauszahlung durch die Gemeinde kommen würde.

 

 

1.7. Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl die Gemeinde als auch die A Be-schwerde. Während jene – wie schon im Verfahrensverlauf davor - die Unzulässigkeit des Antrags mangels Anwendbarkeit der Bestimmungen des § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG auf die konkrete Sachverhaltskonstellation geltend macht und mit weiteren Gründen das Bestehen einer Verpflichtung der Gemeinde zur Leistung eines Kostenbeitrags dem Grunde und der Höhe nach bestreitet, wendet sich die A ausschließlich gegen die Entscheidung hinsichtlich der Kosten für Erhaltung und Inbetriebhaltung der Sicherungsanlage. Konkret macht die A die unrichtige Umlegung bzw. Berechnung des jährlich zu entrichtenden Beitrags geltend (Barwertmethode mit Abzinsung, Anpassung des Jahresbeitrags an den VPI).

Mit Bezug zur Kostenfestsetzung kritisiert die Gemeinde fehlende Sachverhalts-feststellungen und die mangelnde (beweiswürdigende) Auseinandersetzung mit ihrem Vorbringen, insbesondere die unzutreffende Berücksichtigung von Kosten für ein elektronisches Stellwerk sowie sogenannter „Sowieso-Kosten“ bzw. der über das Ausmaß der allenfalls in Betracht kommender Differenzkosten hinausgehenden Aufwendungen. Weiters werden die unrichtige Anwendung der Kriterien des § 48 Abs. 3 EisbG bzw. die fehlenden Feststellungen und Auseinandersetzungen mit ihrem Vorbringen dazu mit näherer Begründung moniert. Dabei wird auch auf die fehlende Begründung und die nicht gegebene Nachvollziehbarkeit des von der belangten Behörde herangezogenen Gutachtens hingewiesen.

 

1.8. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte in der Angelegenheit – nachdem die Beschwerdeführerinnen wechselseitig Äußerungen abgegeben hatten -am 11. Juli 2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, bei welcher die Gemeinde unter anderem vorbrachte, dass die mit Bescheid vom 27. September 2013 festgelegte Bedingung der Erhöhung der Geschwindigkeit nicht erfüllt worden sei. Die A legte eine Übersicht mit Kostenpositionen vor.

Außer Streit wurde von den Parteien gestellt, dass die Gemeinde bisher keinen Kostenbeitrag im Zusammenhang mit Errichtung und Betrieb der zuvor bestehenden Sicherungsanlage der Eisenbahnkreuzung geleistet hatte und dass es dort seit der Sicherungsanordnung im Jahre 1979 zu keinem relevanten Unfallgeschehen gekommen sei. Unbestritten ist auch, dass die aufgrund der Anordnung 1979 errichtete Sicherungsanlage längst ihre technische Nutzungsdauer überschritten hatte.

 

Über Aufforderung des Gerichts teilte die A mit Schriftsatz vom 25. Juli 2019 unter anderem mit, dass die örtliche Zulässigkeit der Geschwindigkeit im Bereich der Eisenbahnkreuzung im Kilometer *** der ***-Strecke *** –*** 120 km/h betrage und legte diesbezüglich das Verzeichnis der örtlich zulässigen Geschwindigkeit vor.

 

1.9. Mit Erkenntnis vom 24. September 2019, LVwG-AV-123/001-2019, änderte das Landesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass der Antrag der A zurückgewiesen wurde. Das Gericht begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die zugrundeliegende Sicherungsentscheidung unter (aufschiebenden) Bedingungen ergangen sei, von denen eine, nämlich die Erhöhung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, bislang nicht erfüllt worden sei, weshalb die Antragsfrist gemäß § 48 Abs. 3 vorletzter Satz EisbG noch gar nicht zu laufen begonnen habe und deshalb die Antragstellung verfrüht und damit unzulässig gewesen sei.

 

1.10. Aufgrund von Revisionen der A und der belangten Behörde hob der Ver-waltungsgerichtshof (in der Folge: der VwGH; E. vom 24.09.2020, *** und /***) das Erkenntnis im Wesentlichen mit der Begründung auf, das die im gegenständlichen Fall in Frage stehende Wendung im Spruch des Bescheides vom 27. September 2013, ***, nicht als Bedingung zu verstehen sei; vielmehr sei es – so der VwGH - darum gegangen, „dass die geänderte Sicherungsart `unter Berücksichtigung der Erhöhung der örtlich zulässigen Geschwindigkeit` festgelegt werden sollte. Mit anderen Worten: die zuvor bestehende Sicherungsart erwies sich nach der Beurteilung durch die Eisenbahnbehörde für den Fall der Erhöhung der örtlich zulässigen Geschwindigkeit als nicht mehr ausreichend und die Sicherungsart sollte daher so geändert werden, dass die Eisenbahnkreuzung auch unter Zugrundelegung einer örtlich zulässigen Geschwindigkeit von 140 km/h sicher befahren werden kann.“ Der Antrag der A sei somit fristgerecht eingebracht worden.

Weiters wies der VwGH darauf hin, dass eine Entscheidung über die durch die Umgestaltung (Änderung der Sicherungsart der Eisenbahnkreuzung) erwachsenden Kosten bereits vor dem Abschluss der Umgestaltung getroffen werden könne (VwGH 26.6.2019, Ra 2019/03/0012, 0015).

 

1.11. Beim Landesverwaltungsgericht NÖ wurden seit Einführung der mehrstufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit zahlreiche Beschwerden in eisenbahnrechtlichen Angelegenheiten anhängig, welche sich gegen Bescheide der belangten Behörde richten. Diesen ist gehäuft eine nur rudimentäre Ermittlungstätigkeit der belangten Behörde zu entnehmen, wobei Sachverhaltsfeststellungen grob lückenhaft bleiben und aufwendigere Ermittlungen gerade zu den schwierigeren Tatsachenfrage (sowie das kritische Hinterfragen von Gutachten, was uU weitere Ermittlungen nach sich ziehen könnte) regelmäßig unterlassen werden. Das Gericht hat sich daher – signifikant öfter als in anderen Materien - veranlasst gesehen, die betreffenden Entscheidungen gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufzuheben, vgl. etwa (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) die Beschlüsse vom 14.03.2018, LVwG-AV-1136/001-2017, 22.02.2018, LVwG-AV-985/001-2017, 18.02.2019, LVwG-AV-1130/001-2018, 18.02.2019, LVwG-AV-1131/001-2018, 14.05.2019, LVwG-AV-1158/001-2018, 19.04.2019, LVwG-AV-50/001-2019, 02.06.2020, LVwG-AV-1392/001-2019, 21.08.2019, LVwG-AV-292/001-2019, 18.07.2020, LVwG-AV-716/001-2020, 27.11.2020, LVwG-AV-659/001-2019, 03.03.2021, LVwG-AV-30/001-2021).

Regelmäßig erhebt die belangte Behörde gegen derartige gerichtliche Entscheidungen – wie auch gegen andere, mit deren Umsetzung für sie offenkundig weiterer erheblicher Ermittlungsaufwand verbunden sein könnte – Revisionen.

 

2. Beweiswürdigung

 

Diese Feststellungen (1.) beruhen auf den unbedenklichen Akten der belangten Behörde sowie des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich. Soweit Tatsachen als unstrittig festgestellt wurden, ergibt sich dies aus dem insoweit überein-stimmenden Vorbringen bzw. der ausdrücklich erfolgten Außerstreitstellung von Gemeinde und A. Die Feststellungen zu 1.11. resultieren aus den zahlreichen Aktenunterlagen des Gerichtes und der belangten Behörde und können aus den oben zitierten Entscheidungen nachvollzogen werden, welche sämtliche im RIS publiziert sind.

 

3. Erwägungen des Gerichts

 

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen:

 

3.1. Anzuwendende Rechtsvorschriften

 

EisbG

 

§§ 48. (…)

(2) Sofern kein Einvernehmen über die Regelung der Kostentragung zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast erzielt wird, sind die Kosten für die bauliche Umgestaltung der bestehenden Kreuzung, für die im Zusammenhang mit der Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder allenfalls erforderliche Durchführung sonstiger Ersatzmaßnahmen, deren künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung je zur Hälfte vom Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu tragen. Die Kosten für die im Zusammenhang mit der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erforderlichen Abtragungen und allenfalls erforderlichen Absperrungen beiderseits der Eisenbahn sind zur Gänze vom Eisenbahnunternehmen zu tragen. Die Festlegung der Art und Weise allenfalls erforderlicher Absperrungen beiderseits der Eisenbahn hat im Einvernehmen zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu erfolgen.

(3) Falls es das Eisenbahnunternehmen oder der Träger der Straßenbaulast beantragen, hat die Behörde ohne Berücksichtigung der im Abs. 2 festgelegten Kostentragungsregelung zu entscheiden,

1. welche Kosten infolge der technischen Anpassung der baulichen Umgestaltung (Abs. 1 Z 1) im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der Kreuzung erwachsen, oder

2. welche Kosten für eine allfällige Umgestaltung des Wegenetzes oder für die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der verbleibenden oder baulich umzugestaltenden Kreuzungen zwischen Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits infolge der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erwachsen,

und demgemäß in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen sind und in welchem Ausmaß das Eisenbahnunternehmen und der Träger der Straßenbaulast die durch die bauliche Umgestaltung oder durch die Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges und die durch die künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung der umgestalteten Anlagen oder durchgeführten Ersatzmaßnahmen erwachsenden Kosten zu tragen haben. Diese Festsetzung ist nach Maßgabe der seit der Erteilung der Baugenehmigung für die Kreuzung eingetretenen Änderung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der durch die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, der durch die nach Auflassung verbleibenden oder im Zusammenhang mit der Auflassung baulich umgestalteten Kreuzungen, des umgestalteten Wegenetzes und der durchgeführten Ersatzmaßnahmen erzielten Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der hierdurch erzielten allfälligen Ersparnisse und der im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers aufgewendeten Mehrkosten zu treffen. Eine derartige Antragstellung ist nur innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Rechtskraft einer Anordnung nach Abs. 1 zulässig. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die vom Eisenbahnunternehmen und vom Träger der Straßenbaulast zu tragenden Kosten gilt die im Abs. 2 festgelegte Kostentragungsregelung.

(4) Die Behörde hat sich bei der Kostenfestsetzung des Gutachtens einer Sachverständigenkommission zu bedienen. Die Geschäftsführung der Sachverständigenkommission obliegt der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH. Die Sachverständigenkommission besteht aus einem Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern. Für jedes Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu bestellen. Die Mitglieder und die Ersatzmitglieder sind vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu bestellen. Der Vorsitzende (Ersatzmitglied) muss rechtskundig sein. Von den weiteren Mitgliedern muss eines eine technische Fachperson des Eisenbahnwesens sowie eines eine technische Fachperson des Straßenwesens sein. Bei Kreuzungen mit Straßen, die nicht Bundesstraßen sind, soll die Fachperson des Straßenwesens mit dem Straßenwesen des in Betracht kommenden Landes besonders vertraut sein. Die Mitglieder der Sachverständigenkommission haben Anspruch auf Ersatz der angemessenen Reisekosten und Barauslagen sowie auf ein Sitzungsgeld. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen unter Bedachtnahme auf den Umfang der von der Sachverständigenkommission wahrzunehmenden Gutachtenstätigkeit durch Verordnung pauschalierte Beträge für das Sitzungsgeld der Mitglieder festlegen.

 

§ 49. (…)

(2) Über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung hat die Behörde nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse zu entscheiden, wobei die Bestimmungen des § 48 Abs. 2 bis 4 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden sind, dass die Kosten der Sicherungseinrichtungen für Materialbahnen, ausgenommen solche mit beschränkt-öffentlichem Verkehr, vom Eisenbahnunternehmen alleine zu tragen sind, sofern nicht eine andere Vereinbarung besteht oder getroffen wird.

(…)

 

VwGVG

 

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

 

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

(…)

 

 

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

(…)

 

AVG

 

§ 37. Zweck des Ermittlungsverfahrens ist, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Nach einer Antragsänderung (§ 13 Abs. 8) hat die Behörde das Ermittlungsverfahren insoweit zu ergänzen, als dies im Hinblick auf seinen Zweck notwendig ist.

 

§ 39. (…)

 

(2) Soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, hat die Behörde von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Sie kann insbesondere von Amts wegen oder auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchführen und mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden oder sie wieder trennen. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfahrensanordnungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.

(…)

 

§ 52. (1) Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen.

(…)

 

§ 58. (1) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.

(2) Bescheide sind zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird.

(…)

 

§ 60. In der Begründung sind die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

VwGG

 

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

 

 

 

B-VG

 

Artikel 133. (…)

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(…)

 

 

3.2. Rechtliche Beurteilung

 

3.2.1. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde, nachdem eine Einigung über die Regelung der Kostentragung für Errichtung und Betrieb einer Sicherungsanlage für die Eisenbahnkreuzung im Kilometer *** der ***-Strecke *** –*** zwischen dem Eisenbahnunternehmen und der Trägerin der Straßenbaulast nicht erzielt wurde, auf Grund eines Antrags des Eisenbahn-unternehmens eine Entscheidung im Sinne des § 48 Abs. 3 EisbG getroffen.

 

3.2.2. In Bezug auf die Frage der „bedingten“ Anordnung der Sicherung ist auf das unter 1.10. angeführte Erkenntnis des VwGH zu verweisen, welches für das weitere Verfahren Bindungswirkung entfaltet. Soweit die Gemeinde geltend machte, der Antrag der A sei deshalb unzulässig, weil sich die Sicherungsart seit der vorangegangenen Sicherungsanordnung aus dem Jahre 1979 nicht geändert hätte, ist ihr entgegenzuhalten, dass immer dann, wenn nach § 49 Abs. 2 EisbG ein Ausspruch über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung erfolgt, die Bestimmungen des § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG (sinngemäß) anzuwenden sind und es in einem solchen Fall auch dem Eisenbahnunternehmen (oder dem Träger der Straßenbaulast) offen steht, eine behördliche Entscheidung über die Kostentragung herbeizuführen (vgl. VwGH 21.05.2019, Ro 2018/03/0050). Diese Sichtweise hat der VwGH mittlerweile neuerlich bekräftigt (vgl. VwGH 02.04.2020, Ra 2019/03/0161). Der gegenständliche Fall ist dabei durchaus mit den beiden in den zuletzt genannten Entscheidungen vergleichbar: es wurde eine (neue) Entscheidung über die Ausgestaltung der Art und Weise der Sicherung und damit deren inhaltlich gestaltende Festlegung im Einzelfall getroffen (und nicht etwa ausgesprochen, dass die bestehende Sicherung im Wesentlichen unverändert weiterbelassen werden könnte, deren technische Nutzungsdauer überdies auch nach dem Vorbringen der Gemeinde längst abgelaufen war). Dass dabei letztlich eine Sicherungsart festgelegt wurde, die mit der früher angeordneten vergleichbar war, spielt dabei keine Rolle (wiederum VwGH 02.04.2020, Ra 2019/03/0161).

 

3.2.3. Die belangte Behörde hatte daher in sinngemäßer Anwendung des § 48 Abs. 3 EisbG eine Kostenentscheidung zu treffen.

Dazu reichen die von der belangten Behörde getätigten Ermittlungen und auf deren Basis getroffenen Feststellungen jedoch – offensichtlich - bei weitem nicht aus.

 

3.2.4. Der Erlassung eines Bescheides wie im gegenständlichen Fall hat ein Ermittlungsverfahren nach den Vorschriften des AVG vorauszugehen. Dessen Zweck ist es in erster Linie, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebend Sachverhalt festzustellen (§ 37 AVG); welcher Sachverhalt „maßgebend“ im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung ist, hängt von den für die zu treffende Entscheidung relevanten Rechtsvorschriften ab. Das heißt, die Behörde hat sich im Zuge des Ermittlungsverfahrens im Klaren zu sein, unter dem Gesichtspunkt welcher Rechtsvorschrift(en) eine Verwaltungsangelegenheit zu prüfen ist, und danach ihre Ermittlungstätigkeit auszurichten. Dabei hat sie vom Amts wegen vorzugehen.

 

Im vorliegenden Fall hatte die belangte Behörde die maßgebliche „Kostenteilungs-masse“, also die zur Umsetzung der angeordneten Sicherungsmaßnahmen erforderlichen Aufwendungen (auch) der Höhe nach zu ermitteln und anschließend unter sinngemäßer Heranziehung der Kriterien des § 48 Abs. 3 EisbG unter Festsetzung eines Aufteilungsverhältnisses auf die nunmehrigen beiden Beschwerdeführinnen zu verteilen. Das gilt auch für die laufend erwachsenden Kosten der Erhaltung und Inbetriebhaltung.

Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26.02.2020, G179/2019, zum Ausdruck gebracht hat, folgt aus der in § 49 Abs. 2 EisbG vorgesehenen "sinngemäßen" Anwendung des § 48 Abs. 2 bis Abs. 4 EisbG, dass nur jene Regelungen über die Kostenteilung auch auf die Entscheidung über die Kosten-tragung für Sicherungen Anwendung finden, die im Hinblick auf deren Unterschiede zu Anordnungen nach § 48 Abs.1 leg. cit. in Betracht kommen. Sofern die in § 48 Abs. 3 leg. cit. genannten Kriterien für die Festlegung des Teilungsverhältnisses der seitens der Behörde ermittelten Kostenmasse für die gemäß § 49 Abs. 2 erster Halbsatz leg. cit. im Einzelfall angeordnete Sicherung des Eisenbahnüberganges allesamt nicht in Betracht kommen, gilt der in § 48 Abs. 2 leg. cit. aufgestellte generelle Kostenteilungsgrundsatz der Tragung der Kosten je zur Hälfte.

 

3.2.5. Sofern es zur Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes besonderer Fachkunde bedarf, hat sich die Behörde entsprechender Sachver-ständiger im Sinne des § 52 AVG zu bedienen. Dass dies in einer Angelegenheit wie der gegenständlichen zutrifft, ergibt sich schon aus der Natur der Sache und wird durch die explizite (zwingende) Regelung in § 48 Abs. 4 EisbG bestätigt.

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss ein Sachver-ständigengutachten einen Befund und das eigentliche Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund ist die vom Sachverständigen - unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar. Gleiches gilt, wenn der Sachverständige nicht darlegt, auf welchem Weg er zu seinen Schlussfolgerungen gekommen ist (vgl. zB VwGH 21.05.2019, Ro 2018/03/0050, mit Hinweis auf VwGH 23.8.2013, 2011/03/0131, VwSlg. 18.673 A; VwGH 20.9.2018, Ra 2017/11/0284, mwH). Eine Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrunde legt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts nicht gerecht (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 52 Rz 59 und die dort zitierte Judikatur). Entscheidend für die Brauchbarkeit eines Gutachtens ist somit dessen Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit. Sein Wert als Beweismittel bemisst sich somit an dessen inhaltlichen Qualität, welche auch nicht durch eine Berufung des Gutachters auf seine – nach Eigeneinschätzung – „besondere Fachkunde“ ersetzt werden kann.

 

Im gegenständlichen Fall ist evident, dass das vorliegende Gutachten als einziges maßgebliches Beweismittel, auf welches sich die belangte Behörde stützt, den eben dargestellten Anforderungen an ein Gutachten in keiner Weise genügt. In Bezug auf die Kostenteilungsmasse haben die Gutachter offenbar allein die von der A angegeben Teilsummen für Planung, Bau und Erhaltung übernommen, ohne sie einer nachvollziehbaren Prüfung auf Erforderlichkeit und Angemessenheit zu unterziehen (wovon sie mangels vorliegender konkreter Unterlagen nicht einfach Abstand nehmen hätten dürfen, vielmehr hätten sie sich solche im Rahmen der Befundaufnahme beschaffen müssen). Die belangte Behörde hätte – schon zumal die Kostenansätze von der Gemeinde auch massiv in Frage gestellt wurden – sich nicht mit dem lapidaren, in keiner Weise nachprüfbaren Urteil der Sachverständigen-kommission zufrieden geben dürfen, sondern hätte diese (oder, sofern sie sich als dazu ungeeignet erwies, andere taugliche Sachverständige) zur Ergänzung ihres Gutachtens (bzw. in Wahrheit erstmalige Abgabe eines dem AVG entsprechenden Gutachtens) auffordern müssen. Abgesehen von dem genannten augenfälligen Mangel hätten der Behörde auch gravierende Bedenken angesichts des Vorbehaltes hinsichtlich der „Überspannung von Begründungspflichten“ sowie des Hinweises der Sachverständigenkommission kommen müssen, die Behörde möge bei ihrer Ansicht nach nicht ausreichender Befundgrundlagen doch selbst die Beweisaufnahme ergänzen. Darauf wurde von den Parteien auch mit Recht hingewiesen.

Indem die belangte Behörde das schon in Bezug auf Kostenteilungsmasse un-brauchbare Gutachten ihrer Entscheidung zugrunde legte, hat sie den maßgeblichen Sachverhalt in diesem zentralen Punkt nicht einmal ansatzweise ermittelt. Auch in Bezug auf die Aufteilungskriterien erscheint das Gutachten unschlüssig und ergänzungsbedürftig (dazu noch später).

 

3.2.6. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (zB jüngst wiederum 24.02.2021, Ra 2020/03/0126) haben behördliche (wie auch verwaltungs-gerichtliche) Entscheidungen eine Begründung zu enthalten, in der die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind. Es ist daher in einer eindeutigen (die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und gegebenenfalls einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen) Weise darzutun, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen zur Ansicht gelangt wurde, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege, und aus welchen Gründen die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtet wurde (vgl. VwGH 02.09.2019, Ra 2019/03/0093, mwN). Hingegen entspricht die bloße Wiedergabe von Beweisergebnissen diesen Anforderungen nicht (vgl. VwGH 25.5.2016, Ra 2016/11/0038, mwN). Es liegt auf der Hand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid der belangten Behörde diesen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung (§§ 58 und 60 AVG) nicht genügt.

 

3.2.7. Aufgrund der unzulänglichen Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde hat das Gericht zu prüfen, ob es die erforderliche Ermittlung des Sachverhaltes selbst durchzuführen hat oder ob eine Aufhebung des Bescheides und die Zurückverweisung zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde erfolgen soll. Vorauszuschicken ist, dass der Umstand, dass das Gericht bereits eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat, einer Vorgehensweise nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG nicht entgegensteht (vgl. VwGH 27.01.2016

Ra 2015/08/0171). In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass für das Gericht zunächst die Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit der Kostenentscheidung zu klären war und eine Zurückverweisung wegen mangelhafter Ermittlungen zu nicht als entscheidungswesentlich angesehenen Sachverhaltsfragen nicht in Betracht käme.

 

Es gibt – schon im Hinblick auf die Nähe der Behörde zur Sache und ihre Vorkenntnisse aus dem vorangegangenen Verfahren – keinen Grund zur Annahme, dass die notwendige Ermittlung des Sachverhaltes durch die Verwaltungsbehörde mit höheren Kosten oder mit einer längeren Verfahrensdauer verbunden wäre, als wenn das Gericht dies selbst durchführte. Im Gegenteil ist davon auszugehen, dass die belangte Behörde im Hinblick auf weitere bei ihr anhängige bzw. anhängig werdende Verfahren Synergieeffekte, etwa in Zusammenhang mit der Beiziehung weiterer, allenfalls auch nichtamtlicher Sachverständiger nutzen wird können.

Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG für eine obligatorische Sachentscheidung durch das Gericht scheinen daher nicht erfüllt.

 

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem grundsätzlichen Erkenntnis vom 26. Juni 2014, Ro 2014/03/0063, zum Ausdruck gebracht (und seither in zahlreichen Entscheidungen bekräftigt), dass im System des § 28 VwGVG die meritorische Entscheidung durch das Verwaltungsgericht Vorrang haben muss und die Kassation im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg.cit. nur die Ausnahme darstellen soll.

 

Demnach soll von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Dazu gehört, wenn die Verwaltungsbehörde zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt, gar nicht oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltpunkte darauf schließen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann vom Gericht vorgenommen würden.

 

Ein derartiger Ausnahmefall liegt im entscheidungsgegenständlichen Zusammen-hang in mehrfacher Hinsicht vor, ist doch einerseits der entscheidungswesentliche Sachverhalt bestenfalls ansatzweise ermittelt, wobei die Einholung eines Gutachtens in der vorliegenden Form einem ungeeigneten Ermittlungsschritt gleichzuhalten ist, und liegen andererseits deutliche Hinweise darauf vor, dass die belangte Behörde im konkreten Fall die Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes dem Gericht zu überantworten gedachte.

 

Das Gericht übersieht keineswegs, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungs-gerichtshofes nicht schon jede Ergänzungsbedürftigkeit oder das Fehlen eines weiteren Gutachtens zu einem Vorgehen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG berechtigt (zB VwGH 21.11.2017, Ra 2016/05/0025). Vielmehr kommt es auf eine Gesamtbetrachtung an, wonach zu beurteilen ist, ob die festgestellte Ermittlungs-lücke so gravierend ist, dass mit Aufhebung und Zurückverweisung vorgegangen werden kann. Dies ist vorliegend zu bejahen.

 

Wie bereits oben näher dargelegt, liegen überhaupt keine tragfähigen Feststellungen zur Kostenteilungsmasse vor, begnügte sich die Sachverständigenkommission und mit ihr die belangte Behörde doch mit der unkritischen Übernahme der von der A genannten Summen, obgleich seitens der Gemeinde Einwände dagegen erhoben wurden. Es hätte demgegenüber einer konkreten Prüfung der zur Umsetzung der Sicherungsentscheidung tatsächlich erforderlichen Anlagenteile und Arbeiten und der Ermittlung der jeweils dafür angemessenen Kosten bedurft. Soweit dabei von den Ansätzen der A ausgegangen wird (dies ist nicht zwingend, da nach der oben – 1.10. – zitierten Judikatur die Kostenentscheidung auch bereits vor Umsetzung der Maßnahmen erfolgen kann, was bedingt, dass nicht notwendigerweise Abrechnungs-unterlagen vorliegen und herangezogen werden müssen), wären diese jeweils im einzelnen hinsichtlich Erforderlichkeit und Angemessenheit zu überprüfen.

Dies gilt in gleicher Weise für die Planungskosten, wobei hier vor allem das Verhältnis zu jenen für das elektronische Stellwerk aufklärungsbedürftig erscheint. Der von der Sachverständigenkommission angenommene Prozentwert kann in diesem Zusammenhang schlechthin nicht nachvollzogen werden.

Der Kritik der Gemeinde in Bezug auf die Berücksichtigung von Eigenleistungen vermag das Gericht dem Grunde nach allerdings nicht beizutreten, ist doch nicht zu sehen, weshalb zwischen „zugekauften“ und unternehmensintern erbrachten Leistungen unterschieden werden sollte. Freilich bedarf es auch hier einer Überprüfung von Erforderlichkeit und Angemessenheit der angesetzten Gegen-leistung, was nur von einem dazu Sachkundigen geleistet werden kann.

Nichts Anderes gilt für die zukünftig zu erwartenden Kosten. Dazu kommt noch die Frage der Methode der Ermittlung. Dabei ist auf die Entscheidung des VwGH vom 21.05.2019, Ro 2018/03/0050, zu verweisen, wo es heißt:

„Die Abzinsung von Zahlungen erlaubt es, Beträge, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten anfallen, auf den maßgebenden (hier: heutigen) Beurteilungszeitpunkt umzurechnen und damit vergleichbar zu machen. Um eine solche Berechnung durchzuführen, sind zwingend ein gewisses Maß an Sachverständnis für den Finanzmarkt und darauf bezugnehmende Rechenoperationen von Nöten.“

Auch diesbezüglich fehlt es an nachvollziehbaren Feststellungen auf dafür sachkundiger Basis völlig.

 

Ebenso fehlt eine nachvollziehbare Begründung der den Parteien konkret zuge-wiesenen Anteile zur Gänze.

In bezug auf die von der Sachverständigenkommission näher genannten Aspekte für die Kostenteilung scheint dem Gericht lediglich die auf der Seite der A gelegene Verbesserung der Verkehrsverhältnisse durch Ermöglichung einer höheren Fahrgeschwindigkeit stichhaltig. Im Lichte der Entscheidung des VwGH (1.10.) spielt es dafür keine Rolle, dass die A von dieser Möglichkeit bislang keinen Gebrauch gemacht hat. Demgegenüber kommt die Verbesserung der Verkehrssicherheit beiden Teilen gleichermaßen zugute, wobei das Gericht nicht finden kann, dass für das Teilungsverhältnis es eine Rolle spielte, dass damit auch möglichem bewussten Fehlverhalten von Straßenverkehrsteilnehmern begegnet wird (auch zumal ein relevantes Unfallgeschehen bislang nicht beobachtet worden ist). Nicht nachvoll-ziehbar (wie auch von den Parteien bemängelt) – und daher aufklärungsbedürftig – sind die Ausführungen der Sachverständigenkommission zu den Ersparnissen im Zusammenhang mit dem Stellwerk. Da dieses unbestrittenermaßen nicht Teil der Sicherungsanlage ist, erhebt sich die Frage, inwiefern die daraus resultierende Kostenersparnis beim Betrieb der Eisenbahn auf die Kostenanteile Einfluss haben sollte und weshalb hiefür der (überdies nicht näher begründete) angenommenen Planungskostenanteil maßgeblich sein sollte.

 

Diese Überlegungen zeigen, dass im vorliegenden Fall so gut wie keine tragfähigen Feststellungen vorliegen, auf deren Basis die von der Antragstellerin begehrte Kostenentscheidung getroffen werden könnte. Der Sachverhalt ist daher so lücken-haft (und der Lückenschluss überdies, wie die Erfahrungen des Gerichtes in einem vergleichbaren Fall, LVwG-AV-925/001-2019, gezeigt haben, mit zu erwartenden erheblichem Aufwand verbunden), dass bereits dies die Aufhebung des Bescheides und die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde rechtfertigt.

 

Dazu kommt jedoch noch ein weiterer Grund:

Angesichts der oben (1.11.) aufgezeigten Praxis der belangten Behörde hat sich beim Gericht der Eindruck verdichtet, dass jene systematisch schwierige Ermittlungen vermeidet, um sie in einem absehbaren Beschwerdeverfahren dem Gericht zu überlassen. Besonders augenfällig ist dies im vorliegenden Fall. Der Umstand, dass die belangte Behörde ohne weiteres ein völlig unzureichendes Gutachten ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, obwohl von beiden nun beschwerdeführenden Parteien mit weitestgehend nachvollziehbarer Begründung die Unzulänglichkeit des Gutachtens gelten gemacht worden und die Unbrauchbarkeit des Gutachtens als Basis tragfähiger Feststellungen offensichtlich war, lässt bei verständiger Würdigung nur den Schluss zu, dass die belangte Behörde weitere Ermittlungen bewusst unterlassen hat, damit diese sodann aufgrund der nach Lage des Falles praktisch zwangsläufig zu erwartenden Beschwerde(n) vom Gericht vorgenommen würden, was gleichsam darauf hinausliefe, dass nahezu der gesamte maßgebliche Sachverhalt erstmals vom Gericht festgestellt würde.

 

3.2.8. Zusammenfassend ergibt sich sohin, dass der gegenständliche Bescheid in Anwendung der Bestimmung des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zurückzuverweisen war.

 

Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde die oben beschriebenen Fragen zu klären und die dazu erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen unter Heranziehung geeigneter Sachverständiger zu treffen haben. Auf die Anforderungen an ein Sachverständigengutachten im Sinne des § 52 Abs. 1 AVG, insbesondere was die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit anbelangt, sei nochmals hingewiesen.

 

3.2.9. Da im vorliegenden Fall keine Sachentscheidung zu treffen war, erübrigt sich die Durchführung einer (weiteren) mündlichen Verhandlung im Sinne des § 24 VwGVG.

 

3.2.10. Die ordentliche Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gegen diese Entscheidung ist nicht zulässig, da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht zu klären war, handelt es sich doch um die Anwendung einer eindeutigen bzw. durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die zitierten Entscheidungen) hinreichend geklärten Rechtslage auf den Einzelfall.

 

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