VwGH 2011/03/0131

VwGH2011/03/013123.8.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die ursprünglich von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie eingebrachte Beschwerde des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom 15. April 2011, Zl RU6-ST-308/00 1-2011, betreffend Genehmigung für einen beschränkt öffentlichen Verkehr auf der Anschlussbahn "Krems an der Donau - Emmersdorf" (mitbeteiligte Partei: N Vgesellschaft m.b.H. in S), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §68 Abs1;
EisenbahnG 1957 §17b;
EisenbahnG 1957 §29 Abs1;
EisenbahnG 1957 §29 Abs4 idF 2011/I/0124;
EisenbahnG 1957 §29 Abs4;
EisenbahnG 1957 §29 idF 2011/I/124;
EisenbahnG 1957 §29;
EisenbahnG 1957 §31;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

A. Angefochtener Bescheid

1. Mit Bescheid vom 1. April 2011 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Melk nach Herstellung des nach § 4 AVG erforderlichen Einvernehmens mit der Bezirkshauptmannschaft Krems und dem Magistrat der Stadt Krems der mitbeteiligten Partei die Genehmigung für einen beschränkt-öffentlichen Verkehr auf der Anschlussbahnstrecke "Krems-Emmersdorf" von km 0,730 bis km 34,550 (Verwaltungsbezirk Melk km 29,3 bis km 34,550) unter Bedingungen und Auflagen gemäß § 12 Abs 1 Z 1 und § 17b des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl I Nr 60/1957 idF BGBl I Nr 25/2010 (EisbG).

2. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der dagegen gerichteten Berufung der beschwerdeeinbringenden Bundesministerin gemäß § 66 Abs 4 AVG keine Folge gegeben.

Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. Dezember 2010 sei der Ö AG die Bewilligung für die dauernde Einstellung des Eisenbahnbetriebs auf dem Streckenteil von km 0,000 bis km 64,755 (Landesgrenze Niederösterreich - Oberösterreich) der ÖBB-Strecke Krems an der Donau - St. Valentin am 11. Dezember 2010, 24.00 Uhr, erteilt und die Konzession der Ö AG für diesen Streckenteil mit selbem Datum für erloschen erklärt worden.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 9. Dezember 2010 sei der mitbeteiligten Partei nach Herstellung des Einvernehmens gemäß § 4 AVG mit der Bezirkshauptmannschaft Krems und der Stadt Krems die Genehmigung zum Bau und Betrieb von sowie zur Erbringung von Eisenbahnverkehrsdienstleistungen auf der von der ÖBB-Strecke Absdorf/Hippersdorf - Krems an der Donau im Bahnhof Krems an der Donau abzweigenden Anschlussbahn "Krems-Emmersdorf" mit 12. Dezember 2010 erteilt worden. Diese Anschlussbahn erstrecke sich von km 0,730 bis km 34,550 der dauernd betriebseingestellten ehemaligen ÖBB-Strecke Krems an der Donau - St. Valentin, Teilabschnitt Krems an der Donau - Sarmingstein, Streckenteil von km 0,000 bis km 64,755.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Melk vom 1. April sei der mitbeteiligten Partei nach Herstellung des Einvernehmens mit der Bezirkshauptmannschaft Krems und der Stadt Krems an der Donau nach § 4 AVG die Genehmigung für einen beschränkt-öffentlichen Verkehr auf der Anschlussstrecke "Krems - Emmersdorf", von km 0,730 bis km 34,550, erteilt worden. Dies sei unter Zugrundelegung der vorgelegten Projektunterlagen und unter Einhaltung von Auflagen und Bedingungen erfolgt.

Zum Bau und Betrieb einer Eisenbahn sowie zum Betrieb von Eisenbahnverkehrsleistungen bedürfe es neben einer Genehmigung nach § 17 EisbG grundsätzlich auch einer eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung und Betriebsbewilligung (vgl etwa § 17a Abs 4 EisbG). Im vorliegenden Fall handle es sich allerdings um keinen Fall der Neuerrichtung einer Anschlussbahn, sondern um eine im Rahmen des Auflassungsverfahrens gemäß § 29 EisbG gewählte Form der Nachnutzung des dauernd betriebseingestellten Teiles der ÖBB-Strecke Krems an der Donau - St. Valentin, was seine Berücksichtigung auch bei der Auslegung der Bestimmungen des § 17 ff EisbG zu finden habe.

Nach dem (im angefochtenen Bescheid samt einschlägiger früherer Fassungen wiedergegebenen) § 29 EisbG beginne die Auflassung einer dauernd betriebseingestellten Eisenbahn oder eines dauernd betriebseingestellten Teils einer Eisenbahn mit der Anzeige der jeweils für nötig erachteten Vorkehrungen und ende mit dem im § 29 Abs 4 leg cit vorgesehenen behördlichen Feststellungsbescheid. Mit der Auflassung werde sachbezogen das Ende der Objekte einer Eisenbahn als das Ende einer eisenbahngesetzlichen Verantwortung festgestellt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs könne in Fällen, in denen ein Bescheid "dingliche Wirkungen" habe, eine Rechtsnachfolge in die Parteistellung eintreten. Der Rechtsnachfolger trete dann in die Rechte und Pflichten des dinglichen Verwaltungsrechtsverhältnisses ein. Dingliche Wirkungen könnten Bescheiden auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung zukommen, und zwar dann, wenn ein Bescheid zwar an eine bestimmte Person ergehe, sich jedoch derart auf eine Sache beziehe, dass es lediglich auf die Eigenschaften der Sache, nicht aber auf die der Person ankomme, der gegenüber der Bescheid erlassen worden sei. Die aus derartigen dinglichen Bescheiden erfließenden Rechte und Pflichten träfen jeweils denjenigen, der entsprechende Rechte an der betreffenden Sache habe.

Zwar treffe das EisbG keine ausdrückliche Regelung über die dingliche Wirkung von Bescheiden, doch handle es sich bei einem eisenbahnrechtlichen Bauverfahren um ein projekt- und standortbezogenes Genehmigungsverfahren, für welches die Annahme der dinglichen Wirkung liegenschafts- und anlagebezogener Verwaltungsrechtsverhältnisse geboten sei. Auch ein eisenbahnrechtlicher Baugenehmigungsbescheid regle seinem Wesen und seiner Bestimmung nach nicht die Rechtsbeziehungen einer einzelnen Person, sondern die Rechtsbeziehungen der Eisenbahnanlage selbst; er entfalte also dingliche Wirkungen im beschriebenen Sinn.

Unter Heranziehung der historischen Entwicklung des § 29 EisbG und der einschlägigen Literatur (diesbezüglich wird auf Catharin/Gürtlich, Eisenbahngesetz2, 2011, hingewiesen) vertrete die belangte Behörde die Auffassung, dass bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Feststellungsbescheides gemäß § 29 Abs 4 EisbG vom Vorliegen einer Eisenbahnanlage auszugehen sei. Daran vermöge das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Dezember 2008, 2005/03/0219, nichts zu ändern, zumal es auf die Rechtslage vor dem Inkrafttreten der Novelle BGBl I Nr 125/2006 abstelle, auf der § 29 leg cit in seiner derzeit geltenden Fassung beruhe.

Da ein Teil der ÖBB-Strecke Krems an der Donau - St. Valentin mit Wirkung vom 11. Dezember 2010 gemäß § 29 EisbG dauernd betriebseingestellt und der mitbeteiligten Partei die Genehmigung gemäß § 17 leg cit mit Wirkung vom 12. Dezember 2010 erteilt worden sei, sei von einem Eintritt der mitbeteiligten Partei in ein durch Erlassung eines eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsbescheides begründetes dingliches Rechtsverhältnis auszugehen, zumal es im Fall der Nachnutzung der ehemaligen Nebenbahn als Anschlussbahn nicht der Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 29 Abs 4 EisbG bedürfe und der Wechsel von Neben- zur Anschlussbahn ohne zeitliche Unterbrechung erfolge. Die Tatsache, dass es für die (ehemalige) ÖBB-Strecke Krems an der Donau - St. Valentin im hier relevanten Bereich eine eisenbahnrechtliche Baugenehmigung gebe, stehe außer Streit.

Auf Grund der dinglichen Wirkung des für den gegenständlichen Teil der ÖBB-Strecke Krems an der Donau - St. Valentin zweifellos vorliegenden eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsbescheides habe es nicht der neuerlichen Erteilung einer Baugenehmigung und einer Betriebsbewilligung für die in Rede stehende Anschlussbahn bedurft. Daher habe auch die in § 17a Abs 1 EisbG im Rahmen des Genehmigungsverfahrens an sich geforderte Beigabe einer Darstellung des Bauvorhabens sowie der Vorlage eines Bauentwurfs und eines Bauprogramms unterbleiben können. Es sei somit nicht vom Fehlen einer eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung und Betriebsbewilligung für die gegenständliche Anschlussbahn auszugehen.

Die von der mitbeteiligten Partei vorliegend angestrebte Personenbeförderung lasse sich unter Zugrundelegung der im Gegenstand von der beschwerdeführenden Bundesministerin vertretenen Auffassung vom öffentlichen Verkehr klar abgrenzen. Dies sei in der Berufung gegen den Erstbescheid auch nicht thematisiert worden, daher sei vom Vorliegen der ersten Voraussetzung des § 17b Abs 3 EisbG - "sofern der Umfang dieser Beförderung in einer den allgemeinen Verkehr ausschließenden Weise abgegrenzt werden könne" - auszugehen.

Zur zweiten Voraussetzung des § 17b Abs 3 EisbG - sofern "die Ausstattung der Eisenbahn sicherheitsmäßig einer öffentlichen entspricht" - sei zunächst festzuhalten, dass der hier relevante Teil der ÖBB-Strecke Krems - St. Valentin nicht aus Sicherheitsgründen (vgl dazu § 19b EisbG) eingestellt worden sei, sondern wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit gemäß § 28 EisbG. In dem auf Basis des § 39d EisbG für das Jahr 2009 erstellten Sicherheitsbericht der Ö AG scheine die Strecke Krems - St. Valentin nicht negativ auf. Auch seien der belangten Behörde von Amts wegen keine Mängel auf dieser Nebenbahn bekannt geworden, von der beschwerdeführenden Bundesministerin sei auch nicht mitgeteilt worden, dass diese nicht der Eisenbahnbau- und - Betriebsverordnung (EisbBBV) entsprechen würde. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass sich die gegenständliche Nebenbahn jedenfalls bis zum 11. Dezember 2010 sicherheitsmäßig in einem einwandfreien Zustand befunden habe.

Zur Beurteilung der zweiten Voraussetzung des § 17b Abs 3 EisbG sei die Einholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet Eisenbahntechnik und Eisenbahnbetrieb notwendig. Von der Erstbehörde sei eine (nicht datierte, im Erstbescheid wiedergegebene) "Gutächtliche Stellungnahme" des Amtssachverständigen für Eisenbahntechnik und Eisenbahnbetrieb eingeholt worden. Im Fall der Zulassung eines beschränktöffentlichen Verkehrs auf einer neu errichteten Anschlussbahn wären hier wohl die Bestimmungen der EisbBBV sinngemäß heranzuziehen. Da Teile der ehemaligen Nebenbahn Krems - St. Valentin ohne zeitliche Unterbrechung als Anschlussbahn nachgenutzt würden und im Zeitpunkt der dauernden Einstellung keine Bedenken in sicherheitsmäßiger Hinsicht bestanden hätten, habe die im Rahmen des § 17b Abs 3 EisbG von einem Sachverständigen zu beantwortende Frage nicht zu lauten, ob die Ausstattung der Anschlussbahn sicherheitsmäßig der einer öffentlichen entspreche, sondern vielmehr, ob die als Anschlussbahn nachgenutzte Nebenbahn sicherheitsmäßig nicht mehr der einer öffentlichen entspreche, also ob sich hier seit dem 11. Dezember 2010 Verschlechterungen eingestellt hätten. Eine andere Auslegung des § 17b Abs 3 EisbG hätte sonst zur Folge, dass ein Anschlussbahnunternehmen, das eine ehemalige Nebenbahn nachnutze, nunmehr die Bestimmungen der EisbBBV zur Gänze zu erfüllen habe, während auf das frühere Eisenbahnunternehmen, das bis zur dauernden Einstellung die Pflichten des § 17 EisbG wie die Beförderungspflicht getroffen habe, ua die Regelungen des § 2 f EisbBBV sowie die Übergangsbestimmungen des § 41 leg cit Anwendung gefunden hätten. Die Frage, ob sich auf der gegenständlichen als Anschlussbahn nachgenutzten Nebenbahn seit dem 11. Dezember 2010 Verschlechterungen der sicherheitsmäßigen Ausstattung eingestellt hätten, habe der Amtssachverständige für Eisenbahntechnik und Eisenbahnbetrieb (nach Durchführung einer Besichtigung) in der undatierten Gutächtlichen Stellungnahme mit

dem Satz: "Die Anschlussbahn der ... (mitbeteiligten Partei)

'Krems an der Donau - Emmersdorf' ist sicherheitsmäßig wie eine öffentliche Eisenbahn ausgestattet" verneint, sodass weitergehende Ausführungen unterbleiben hätten können. Die vom Amtssachverständigen für erforderlich erachteten "Maßnahmen" erschienen unter dem Gesichtspunkt der Erhöhung der Sicherheit des Eisenbahnbetriebs und des Eisenbahnverkehrs anlässlich der Zulassung des beschränkt-öffentlichen Verkehrs als schlüssig und nachvollziehbar. Jedenfalls sei deren Vorschreibung nicht erfolgt, um damit (in Teilbereichen) der EisbBBV zu entsprechen. Von der Einholung eines weiteren Gutachtens im Rahmen des Berufungsverfahrens habe daher Abstand genommen werden können. Es liege demnach auch die zweite Voraussetzung des § 17b Abs 3 EisbG vor.

B. Beschwerdeverfahren

1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

2. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Auch die mitbeteiligte Partei trat der Beschwerde in einer Gegenschrift entgegen.

3. Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz teilte mit Schreiben vom 4. Juli 2012 mit, dass er nach § 26 Abs 7 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993, BGBl 27, idF des 2. Stabilitätsgesetzes, BGBl Nr 35/2012, an die Stelle der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie mit Wirksamkeit vom 1. Juli 2012 in das vorliegende Beschwerdeverfahren eingetreten sei.

C. Erwägungen

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz seiner Mitteilung entsprechend gemäß § 26 Abs 7 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 idF des 2. Stabilitätsgesetzes, BGBl Nr 35/2012 in das vorliegende Beschwerdeverfahren eingetreten ist.

2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Regelungen des EisbG idF vor der Novelle BGBl I Nr 124/2011 lauten:

"4. Hauptstück

Genehmigung für nicht-öffentliche Eisenbahnen

Erforderlichkeit der Genehmigung

§ 17. Zum Bau und zum Betrieb von sowie zur Erbringung von Eisenbahnverkehrsleistungen auf einer nicht-öffentlichen Eisenbahn ist die Genehmigung erforderlich.

Genehmigungsverfahren

§ 17a. (1) Die Erteilung der Genehmigung ist bei der Behörde zu beantragen. Dem Antrag ist eine Darstellung des Bauvorhabens, ein Bauentwurf und ein Bau- und Betriebsprogramm beizugeben.

(2) Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen oder wenn das öffentliche Interesse an der Erbauung und dem Betrieb der geplanten Eisenbahn die entgegenstehenden Interessen überwiegt (Gemeinnützigkeit der Eisenbahn).

(3) In der Genehmigung ist auf Antrag darüber zu entscheiden, ob, unter welchen Bedingungen und auf welche Dauer auf der Eisenbahn ein Werksverkehr oder ein beschränkt-öffentlicher Verkehr zugelassen ist und welche Erleichterungen von den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gewährt werden.

(4) Die Genehmigung kann mit der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung verbunden werden.

Werksverkehr, beschränkt-öffentlicher Verkehr

§ 17b. (1) Auf nicht-öffentlichen Eisenbahnen kann nach Maßgabe der folgenden Absätze ein Werksverkehr oder ein beschränktöffentlicher Verkehr zugelassen werden, wenn die technische Ausstattung der Eisenbahn hinreichende Sicherheit bietet.

(2) Der Werksverkehr umfasst die unentgeltliche Beförderung von Arbeitskräften, die Tätigkeiten zur Gewährleistung der Sicherheit des Betriebes der Eisenbahn, des Betriebes von Schienenfahrzeugen auf der Eisenbahn und des Verkehrs auf der Eisenbahn ausüben oder dem Unternehmen, dem die Eisenbahn dient, angehören. Die Behörde kann durch Bescheid die unentgeltliche Beförderung von Personen zulassen, deren Beförderung aus öffentlichen Interessen geboten erscheint, sowie von Personen, die das Unternehmen oder dessen Arbeitskräfte zu sich kommen lassen, soweit es sich hiebei nicht um Gäste von Gast- und Schankgewerbebetrieben handelt (erweiterter Werksverkehr).

(3) Der beschränkt-öffentliche Verkehr umfasst über den Verkehr nach Abs 2 hinausgehend die Beförderung - jedoch ohne Beförderungspflicht - von Personen oder Gütern, sofern der Umfang dieser Beförderung in einer den allgemeinen Verkehr ausschließenden Weise abgegrenzt werden kann und die Ausstattung der Eisenbahn sicherheitsmäßig der einer öffentlichen entspricht. Ein Entgelt für die Beförderung kann eingehoben werden.

(4) Die Zulassung eines Werksverkehrs (erweiterten Werksverkehrs) oder eines beschränkt-öffentlichen Verkehrs ist zu entziehen, wenn das Eisenbahnunternehmen die Voraussetzungen, die für die Zulassung maßgebend waren, nicht mehr erfüllt.

Auflassung einer Eisenbahn

§ 29. (1) Dauernd betriebseingestellte Eisenbahnen oder dauernd betriebseingestellte Teile einer Eisenbahn sind aufzulassen. Der Inhaber der aufzulassenden Eisenbahn oder von aufzulassenden Teilen einer Eisenbahn hat der im Abs. 2 angeführten Behörde anzuzeigen, welche Eisenbahnanlagen er zu beseitigen beabsichtigt und die Vorkehrungen anzuzeigen, die er im Hinblick auf die Belange oder öffentlichen Sicherheit und zur Vermeidung von Schäden an öffentlichem oder privatem Gut zu treffen beabsichtigt, die durch die aufzulassende Eisenbahn oder von aufzulassenden Teilen einer Eisenbahn verursacht werden könnten.

(2) Bei dauernder Einstellung des Betriebes einer öffentlichen Eisenbahn oder von Teilen einer öffentlichen Eisenbahn hat der Landeshauptmann, bei dauernder Einstellung des Betriebes einer nicht-öffentlichen Eisenbahn oder von Teilen einer nicht-öffentlichen Eisenbahn hat die Bezirksverwaltungsbehörde, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere auf die Belange der öffentlichen Sicherheit, von Amts wegen zu verfügen, welche Eisenbahnanlagen über die bekannt gegebenen Eisenbahnanlagen hinaus zu beseitigen und welche über die angezeigten Vorkehrungen hinaus gehenden Vorkehrungen zu treffen sind, um Schäden an öffentlichem oder privatem Gut, die durch die aufzulassende Eisenbahn oder von aufzulassenden Teilen einer Eisenbahn verursacht werden könnten, zu vermeiden, insoweit nicht ohnedies der vor dem Bau der aufzulassenden Eisenbahn oder des aufzulassenden Teiles einer Eisenbahn bestandene Zustand hergestellt wird. Ist keine behördliche Verfügung notwendig, ist dies dem Inhaber der aufzulassenden Eisenbahn oder dem Inhaber von aufzulassenden Teilen einer Eisenbahn mitzuteilen.

(3) Der Inhaber der aufzulassenden Eisenbahn oder der Inhaber eines aufzulassenden Teiles einer Eisenbahn hat die durchgeführte Auflassung der dauernd betriebseingestellten Eisenbahn oder von dauernd betriebseingestellten Teilen einer Eisenbahn der Behörde anzuzeigen.

(4) Die dauernd betriebseingestellte Eisenbahn oder der dauernd betriebseingestellte Teil einer Eisenbahn gelten als aufgelassen, wenn der Inhaber der aufzulassenden Eisenbahn oder eines aufzulassenden Teiles einer Eisenbahn diese entsprechend seiner Anzeige, und falls die Behörde eine Verfügung gemäß Abs 2 erlassen hat auch entsprechend dieser Verfügung, aufgelassen hat und die Behörde dies bescheidmäßig festgestellt hat.

(5) Abs 1 bis 4 gelten sinngemäß auch für Anlagen und Bauten, die auf Grundlage einer für erloschen erklärten eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung bereits errichtet worden sind, mit der Maßgabe, dass zuständige Behörde der Landeshauptmann ist, wenn die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung von diesem oder dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie für erloschen erklärt worden ist, und dass zuständige Behörde die Bezirksverwaltungsbehörde ist, wenn die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung von ihr für erloschen erklärt worden ist."

3.1. Unstrittig ist, dass für jene Bahnstrecke, für welche der mitbeteiligten Partei vorliegend die Genehmigung für den beschränkt-öffentlichen Verkehr erteilt wurde, zuvor der Ö AG (offenbar rechtskräftig) die Bewilligung für die dauernde Einstellung des Eisenbahnbetriebes erteilt worden war.

Diese Einstellung hat die belangte Behörde zutreffend dem § 29 EisbG subsumiert, zumal Abs 1 erster Satz dieser Bestimmung auch die Auflassung eines dauernd betriebseingestellten Teils einer Eisenbahn erfasst. Für dauernd betriebseingestellte Eisenbahnen oder dauernd betriebseingestellte Teile einer Eisenbahn ordnet § 29 Abs 1 erster Satz EisbG ausdrücklich an, dass diese aufzulassen sind, ohne dass diesbezüglich eine Ausnahme vorgesehen wäre.

Die in § 29 Abs 4 EisbG getroffene Regelung, wonach die dauernd betriebseingestellte Eisenbahn oder der dauernd betriebseingestellte Teil einer Eisenbahn erst dann als aufgelassen gilt, wenn dies die Behörde bescheidmäßig festgestellt hat, ändert nichts an der sich aus § 29 Abs 1 erster Satz EisbG ergebenden Auflassungsverpflichtung, sondern enthält nur eine Regelung betreffend die Vorgangsweise bei der Auflassung; in diesem Sinn wird in den im bekämpften Bescheid wiedergegebenen Gesetzesmaterialien (vgl RV 1412 BlgNR XXII GP, S 8) ausgeführt, dass in § 29 Abs 4 EisbG (lediglich) das "Auflassungsverfahren" festgelegt wird. (Dies gilt im Übrigen auch für die in der Gegenschrift des belangten Landeshauptmanns genannte - für den vorliegenden Fall noch nicht einschlägige - Novelle BGBl I Nr 124/2011, mit der § 29 Abs 4 EisbG dahin ergänzt wird, dass mit dem Eintritt der Rechtskraft dieses Feststellungsbescheides die Auflassung beendet ist und die eisenbahnrechtliche Baubewilligung für die aufgelassene Eisenbahn oder für den aufgelassenen Teil einer Eisenbahn erlischt).

Die Auflassung einer dauernd betriebseingestellten Eisenbahn oder eines dauernd betriebseingestellten Teils einer Eisenbahn bringt auch eine eisenbahnrechtliche Baugenehmigung für eine solche Eisenbahn bzw einen solchen Teil einer Eisenbahn zum Erlöschen (vgl VwGH vom 3. September 2008, 2005/03/0219, VwSlg 17.505 A/2008; dem folgt im Übrigen auch die Novelle BGBl I Nr 124/2011).

3.2. Angesichts der im § 29 Abs 1 erster Satz EisbG angeordneten Verpflichtung zur Auflassung bleibt (entgegen der von der belangten Behörde vertretenen Ansicht) kein Raum dafür, von der Auflassung einer dauernd betriebseingestellten Eisenbahn oder eines dauernd betriebseingestellten Teils einer Eisenbahn abzusehen und trotz der dauernden Betriebseinstellung der Eisenbahn oder des Teils einer Eisenbahn dafür seinerzeit erteilte eisenbahnrechtliche Baugenehmigungen unter Berufung auf deren dingliche Wirkung zur Grundlage für die Erteilung einer Bewilligung nach § 17b EisbG zu machen.

Die dingliche Wirkung - dass nämlich durch den Bescheid begründete Rechte und Pflichten an der Sache haften und durch einen Wechsel in der Person des Eigentümers nicht berührt werden (vgl etwa VwGH vom 29. Oktober 2009, 2007/03/0050, mwH), zumal solche Bescheide nur auf Eigenschaften der Sache abstellen (vgl etwa VwGH vom 6. September 2011, 2008/05/0088, mwH) - eines Bescheides kann nämlich nur soweit zum Tragen kommen, als dies rechtlich zulässig ist. Der Entfaltung der dinglichen Wirkung einer eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung in der im bekämpften Bescheid vorgenommenen Art steht aber die Auflassungsverpflichtung des § 29 Abs 1 erster Satz EisbG entgegen. Es läuft der besagten Auflassungsverpflichtung zuwider, dieser unter Hinweis auf eine dingliche Wirkung der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung nicht zu folgen und entgegen dieser Verpflichtung die Auflassung nicht durch Erlassung des Feststellungsbescheides iSd § 29 Abs 4 EisbG zu finalisieren.

Im Übrigen ist zu dieser rechtlichen Problematik darauf hinzuweisen, dass das Ausmaß der faktischen Beseitigung einer Eisenbahnanlage für die Frage des Weiterbestands der einst erteilten eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung nicht entscheidend ist (vgl VwGH vom 24. Mai 2012, 2010/03/0030), weshalb nach der im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtslage daraus, dass vorliegend die frühere Eisenbahnanlage offenbar noch besteht, nichts zu gewinnen ist.

3.3. Im Übrigen vermag der Umstand, dass auf dem in Rede stehenden Streckenteil bis zum 11. Dezember 2010 der Betrieb einer öffentlichen Eisenbahn bestand, die Behörde nach der im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtslage nicht davon zu entbinden, im Einzelnen zu prüfen, ob iSd § 17b Abs 3 EisbG die Ausstattung der für den beschränkt-öffentlichen Verkehr vorgesehenen Eisenbahn sicherheitsmäßig der einer öffentlichen Eisenbahn entspricht.

Zu der im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Aussage des Sachverständigen betreffend den Sicherheitsstandard ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hinzuweisen, wonach der Sachverständige neben einer umfassenden Befundaufnahme (wobei er alle Grundlagen und die Art ihrer Beschaffenheit anzuführen hat, die für das auf sich auf den Befund stützende Urteil erforderlich sind) bei seinen Schlussfolgerungen im Gutachten im Einzelnen darzulegen hat, auf welchem Weg er zu diesem gekommen ist, um der Behörde zu ermöglichen, die Schlüssigkeit des Gutachtens zu überprüfen; eine Sachverständigenäußerung, die sich in der Abgabe eines Urteils (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber nicht nachvollziehbar darlegt, welche näheren Erwägungen im Einzelnen dieses Urteil als Schlussfolgerung stützen, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar (vgl VwGH vom 26. April 2005, 2001/03/0454, VwSlg 16.600 A/2005; VwGH vom 21. Dezember 2012, 2012/03/0135).

4. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Wien, am 23. August 2013

Stichworte