VwGH 2008/05/0088

VwGH2008/05/00886.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über die Beschwerde 1. des P R und 2. der D R, beide in Wien, beide vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schubertring 6, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 4. März 2008, Zl. MA 64-23/2008, betreffend Kostenersatz nach der Bauordnung für Wien, zu Recht erkannt:

Normen

Auswertung in Arbeit!
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Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

A) Zum angefochtenen Bescheid

1. Aufgrund einer mit Bescheid vom 11. Juni 1993 erfolgten Abteilungsbewilligung wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 64, vom 4. August 1995 der Eigentümer - damals ein Gemeinschuldner -

des Bauplatzes I, Grundstück Nr. 311/10, inneliegend in EZ. nn8 des Grundbuches der Katastralgemeinde Z, und des Bauplatzes K, Grundstück Nr. 212/11, inneliegend in EZ. nn0 desselben Grundbuches, verpflichtet, der Gemeinde für die nach Maßgabe der Bestimmungen des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes aus Anlaß der Grundabteilung nach bestimmten Teilungsplänen vom 18. März 1991, genehmigt mit Bescheid vom 11. Juni 1993, gemäß § 17 Abs. 1 und 4 der Bauordnung für Wien (BO) unentgeltlich in das öffentliche Gut abzutretenden Grundflächen, die jedoch bereits im öffentlichen Gut lagen, einen Kostenersatz für 238 m2 (Bauplatz I) und für 77 m2 (Bauplatz K), insgesamt für 315 m2, in der Höhe des vollen Grundwertes, das waren S 1.800,-- pro Quadratmeter, insgesamt daher S 567.000,--, zu leisten.

Mit hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/05/0101, wurde die Beschwerde des Masseverwalters des besagten Gemeinschuldners gegen den maßgeblich auf § 50 BO gestützten Berufungsbescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 15. Dezember 1995 als unbegründet abgewiesen.

2. Über Betreiben des Masseverwalters wurden der Bauplatz I und der Bauplatz K im September 1997 gerichtlich versteigert; den Zuschlag erhielt die G GmbH, deren Eigentumsrecht in das Grundbuch einverleibt wurde.

Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien (MA 64) vom 26. April 1999 wurde die Abteilung der Grundstücke Nr. 212/11 sowie 311/10 genehmigt und damit die gegenständlichen Grundflächen neu parzelliert. Aus den zwei Bauplätzen I und K wurden vier Bauplätze (A, B, C, D) gebildet.

Mit Kaufvertrag vom 24. Juli 1999 wurden von den Beschwerdeführern die Bauplätze C und D erworben; die Beschwerdeführer erwarben ferner mit Kaufvertrag vom 19. März 2002 auch die Bauplätze A und B von den Personen, die diese zunächst von der G GmbH erworben hatten.

3. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2001 wies der Magistrat der Stadt Wien die Beschwerdeführer darauf hin, dass der mit Bescheid vom 4. August 1995 (der Erstbescheid im Verfahren Zl. 96/05/0101) zur Vorschreibung gebrachte Kostenersatz noch immer unberichtigt aushafte, die Beschwerdeführer wurden ersucht, den für ihre Bauplätze (gemeint: A bis D) aushaftenden Anteil zu begleichen.

Mit Schreiben vom 9. August 2004 vertrat der Magistrat der Stadt Wien (MA 69) gegenüber den Beschwerdeführern die Auffassung, dass die Verpflichtung zur Kostenersatzleistung den jeweiligen Eigentümern einer mit der seinerzeitigen Abtretungsverpflichtung belasteten Grundfläche obliege, die gegenständliche Grundfläche mit Bescheid vom 26. April 1999 parzelliert worden sei, und deshalb die Verpflichtung zur unentgeltlichen Straßengrundabtretung nunmehr ausschließlich für die Eigentümer des an der Gstraße gelegenen Bauplatzes A (bestehend aus dem Grundstück 212/11 inneliegend der EZ 1804 der KG S) gelte. Die Beschwerdeführer hätten daher als neue Eigentümer dieser Liegenschaft den aushaftenden Betrag von EUR 41.205,49 zu begleichen.

4. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 17. November 2006 wurde auf Grund der Klage der Beschwerdeführer vom 31. Mai 2005 festgestellt, dass der Rechtsnachfolger der G GmbH für sämtliche Nachteile, die sich aus der nicht lastenfreien Übergabe der mit Kaufvertrag mit 24. Juli 1999 erworbenen Grundstücke ergeben (insbesondere für allfällige Kostenersatzforderungen der Stadt Wien an diesen Grundstücken) hafte. Allerdings habe sich - so die Beschwerde - in der Folge herausgestellt, dass die Rechtsnachfolgerin vermögenslos gewesen sei.

5. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 27. April 2007 wurde die Zwangsversteigerung des Bauplatzes auf Grund des mit dinglicher Wirkung nach § 129b Abs. 1 BO ausgestatteten Bescheids des Magistrats der Stadt Wien vom 4. August 1995 - bezüglich dessen sich die zu Zl. 96/05/0101 protokollierte Beschwerde als nicht zielführend erwiesen hatte - bewilligt.

6.1. Mit "Oppositionsantrag" vom 7. September 2007 begehrten die Beschwerdeführer, der Magistrat der Stadt Wien möge beim Bezirksgericht Floridsdorf die Einstellung der mit Beschluss vom 27. April 2007 bewilligten Exekution beantragen bzw. in eventu festzustellen, dass der Anspruch aus dem Bescheid vom 4. August 1995, zu dessen Hereinbringung die Exekution bewilligt wurde, erloschen ist. Mit bezirksgerichtlichem Beschluss vom 17. September 2007 wurde die Exekution durch Zwangsversteigerung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag aufgeschoben.

6.2. Der Magistrat der Stadt Wien (MA 64) wies mit Bescheid vom 29. Oktober 2007 das Ansuchen der Beschwerdeführer um Feststellung, dass der Anspruch aus dem Bescheid vom 4. August 1995 erloschen ist, gemäß § 129b Abs. 1 BO ab.

6.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 4. März 2008 wurde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes festgehalten:

Entgegen der Meinung der Beschwerdeführer ergebe sich die Zuständigkeit der Wiener Landesregierung zur Berufungsentscheidung aus §§ 3 Abs. 2 iVm § 10 Abs. 3 VVG. In § 3 Abs. 2 letzter Satz VVG seien Einwendungen gegen den Anspruch im Sinn des § 35 EO, sogenannte Oppositionseinwendungen, wie sie von den Beschwerdeführern erhoben worden seien, angesprochen. Wie aus Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, 2000, Anmerkung 19 zu § 3 VVG, hervorgehe, sei "die Entscheidung über eine solche Oppositionseinwendung keine Vollstreckungsverfügung iSd § 10 Abs. 2 VVG, sondern ein verfahrensrechtlicher Bescheid; auf dessen Erlassung sind - mit Ausnahme des § 10 Abs. 3 VVG - nicht die Bestimmungen des VVG, sondern jene Verfahrensbestimmungen anzuwenden, die für die betreffende Behörde gelten". Nach § 10 Abs. 3 VVG habe die Berufung keine aufschiebende Wirkung; sie gehe an den Landeshauptmann, sofern es sich um eine Angelegenheit im selbständigen Wirkungsbereich des Landes handle, an die Landesregierung. Die demnach zuständige Behörde entscheide endgültig. Da Angelegenheiten der Grundabteilung dem selbständigen Wirkungsbereich der Länder zugehörten (Art. 15 B-VG), habe über die Berufung gegen den Bescheid vom 29. Oktober 2007 die Landesregierung zu entscheiden. Gemäß Verordnung der Wiener Landesregierung, mit der einige Geschäfte dem Amt der Wiener Landesregierung überlassen werden (LGBl. Nr. 35/2000), zuletzt geändert mit LGBl. Nr. 19/2005), würden alle Angelegenheiten, die der Landesregierung als Berufungsbehörde oder als sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde obliegen, dem Amt der Wiener Landesregierung zur Erledigung überlassen.

Zu den weiteren Einwendungen sei festzuhalten, dass Grundabtretungsverpflichtungen sachbezogene, öffentlichrechtliche, durch zivilrechtliche Vereinbarungen nicht veränderbare und daher nicht personenbezogene Ansprüche seien. Nach § 129b Abs. 1 BO komme Bescheiden nach der BO dingliche Wirkung zu; dies bedeute, dass Bescheide gegenüber dem jeweiligen Eigentümer gelten würden, auch wenn diese gegenüber einem Rechtsvorgänger erlassen worden seien. Diese Rechtswirkung sei von den Beschwerdeführern nicht bestritten, sondern ausdrücklich eingeräumt worden.

Zum Vorbringen der Beschwerdeführer, es würde nach der erfolgten Neuparzellierung gemäß dem Abteilungsbescheid vom 26. April 1999 eine "andere Sache" gegenüber der mit Bescheid vom 4. April 1995 erfolgten Vorschreibung des Kostenersatzes vorliegen, seien zunächst die maßgeblichen Charakteristika der gegenständlichen "Sache" zu beleuchten. Nach § 17 Abs. 1 BO sei der Grundeigentümer im Zuge einer Grundabtretung verpflichtet, nach Maßgabe der Baulinien zu den Verkehrsflächen entfallende Grundflächen satz- und lastenfrei in das öffentliche Gut zu übertragen. In dem Fall, dass die vor der Baulinie gelegene Fläche von der Gemeinde gegen Entgelt erworben worden sei, um sie ins öffentliche Gut zu übertragen, habe der an sich abtretungsverpflichtete Grundeigentümer der Gemeinde Kostenersatz gemäß § 50 BO als Äquivalent zu leisten. Erst im Zeitpunkt des tatsächlich geleisteten Kostenersatzes könne somit die Abtretungsverpflichtung als erfüllt angesehen werden. Der Abtretungsverpflichtung stünden die in § 5 Abs. 6 lit. a BO aufgezählten, aus der Baulinie für den Grundeigentümer erfließenden Rechte, wie beispielsweise Ein- und Ausgänge oder Ein- und Ausfahrten herzustellen, die sogenannten Frontrechte, gegenüber. So stelle die Verpflichtung zur unentgeltlichen Abtretung einer Grundfläche an das öffentliche Gut zwar nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine Enteignung dar, doch sei § 17 BO regelmäßig als verfassungskonform angesehen worden, weil eine gewisse Schadloshaltung in der Natur der Sache liege: Dem Wert des abzutretenden Grundes stünden die sogenannten "Aufschließungsvorteile" ("Frontrechte" iSd § 5 Abs. 6 lit. a und b BO) gegenüber, die jede Neuanalage einer Verkehrsfläche für die angrenzenden Grundstücke mit sich bringe; dazu gehörten insbesondere die Werterhöhungen, die diese Grundstücke durch die Neuanlage von Verkehrsflächen erführen.

Die Aufschließungsvorteile (Frontrechte), die gleichsam als Gegenleistung für die Verpflichtung zur unentgeltlichen Straßengrundabtretung anzusehen seien, kämen ausschließlich den Eigentümern des an der Straße gelegenen Bauplatzes zugute, sodass die jeweiligen Eigentümer dieses Bauplatzes den Kostenersatz zu leisten hätten. Folglich blieben diese Rechte und Verpflichtungen unberührt, auch wenn sich an der Größe oder Konfiguration der Grundstücke etwas ändere bzw. geändert habe.

Zur Betrachtung des Vorbringens betreffend eine etwaige Änderung der "Sache" sei nun festzuhalten, dass nach einem mehrmaligen Eigentümerwechsel im gegenständlichen Fall eine neuerliche Grundabteilung der Bauplätze I und K auf vier Bauplätze (A bis D) mit Bescheid vom 26. April 1999 genehmigt worden sei. Dabei sei eine neue Einteilung der Parzellen erfolgt, wobei die Baulinie an der Gstraße - dabei handle es sich um die Front, an der die Übertragung der gegenständlichen Grundflächen ins öffentliche Gut erfolgt sei - nunmehr den in der EZ 1804 der KG S einliegenden Bauplatz A allein gegen das öffentliche Gut abgrenze. Eine Änderung der äußeren Grundgrenzen durch weitere Grundabtretungen oder Einbeziehungen von der bzw. in die von den ursprünglichen beiden Bauplätzen umfasste Grundfläche sei im Zug dieser Grundabtretung nicht erfolgt.

Die Kostenvorschreibung mit Bescheid vom 4. April 1999 sei nach Maßgabe der Größe der vor dem Anteil an der Baulinie liegenden Flächen der Bauplätze I und K erfolgt und sei dementsprechend aufgeteilt worden.

Die mit der Anbindung eines Bauplatzes an die öffentliche Verkehrsfläche verbundenen Aufschließungsvorteil (Frontrechte) kämen somit nunmehr ausschließlich den Eigentümern des an der Gstraße gelegenen Bauplatzes A zugute. Gleichfalls seien ausschließlich die an der Straße gelegenen Liegenschaften zur Abtretung verpflichtet. Da für diese Rechte und Verpflichtungen, wie ausgeführt, etwaige Änderungen an der Größe oder Konfiguration der Grundstücke unbeachtlich seien, würden die Frontrechte und die Abtretungsverpflichtung somit weiterhin "an den Liegenschaften" der Beschwerdeführer haften. Folglich könne auch nicht vom Vorliegen einer "anderen Sache" ausgegangen werden. Es habe sich weder die Sach- noch die Rechtslage geändert. Damit könnten die Beschwerdeführer aus dem von ihnen zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 20. September 2000, Zl. 97/03/0385, nichts gewinnen. Weiters werde auf dem Boden der angesprochenen Judikatur des Verfassungsgerichtshofs der wesentliche Sachverhalt der gegenständlichen "Sache" durch die mit der Anbindung eines Bauplatzes an die öffentliche Verkehrsfläche verbundenen Ausschließungsvorteile (Frontrechte) gebildet. In diesem wesentlichen Sachverhalt sei durch die Grundabteilung mit Bescheid vom 26. April 1999 keine Änderung eingetreten. Auch hätten sich in der Rechtslage keine wesentlichen Änderungen ergeben. Folglich seien weder in den entscheidungswesentlichen Fakten noch in den die Entscheidung tragenden Normen wesentliche, d.h. die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Änderungen eingetreten.

Das Berufungsvorbringen erweise sich zudem als unschlüssig und widersprüchlich. So blieben einerseits die Aspekte der Rechtsnachfolge und der dinglichen Wirkung sowie der grundlegende Fortbestand der Straßenfront der betroffenen Liegenschaften nach der Neuparzellierung unbestritten. Bei (konsequenter) Fortführung der argumentativen Linie der Berufung würde letztlich die bloße Änderung der Bezeichnung von Grundflächen zu der Qualifikation einer grundlegenden Änderung der Sachlage führen. Dies könne auf dem Boden des Gesagten nicht nachvollzogen werden.

Demnach ließen sich aus dem Berufungsvorbringen keinerlei Umstände und Gründe erschließen, die den Fortbestand der Rechtswirkung des Bescheides vom 8. April 1995, mit dem der damalige Eigentümer der Bauplätze I und K zur Leistung eines Kostenersatzes gemäß § 50 BO (in der Höhe von S 567.000,--) verpflichtet worden sei, in Zweifel ziehen könnten.

Im Hinblick auf den Fortbestand der Rechtswirkung zur Leistung des Kostenersatzes und der daraus resultierenden weiterbestehenden Leistungsverpflichtung der Beschwerdeführer sei auf das weitere exekutionsbezogene Berufungsvorbringen nicht weiter einzugehen gewesen.

B) Zum Beschwerdeverfahren

1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, diesen wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, in eventu wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

2. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, zu der die Beschwerdeführer auf ihr bisheriges Vorbringen verwiesen.

C) Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Mit dem Einwand, die belangte Behörde sei zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zuständig gewesen, ist die Beschwerde (im Ergebnis) im Recht.

1.1. Dem angefochtenen Bescheid liegt eine nach § 50 BO ausgesprochene Verpflichtung zum Kostenersatz zugrunde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem die vorliegende Konstellation betreffenden Erkenntnis Zl. 96/05/0101 aufgezeigt, dass zur Erlassung des damals in Beschwerde gezogenen Bescheides vom 15. Dezember 1995 die Bauoberbehörde für Wien (das ist der Berufungsbescheid zum Erstbescheid vom 4. August 1995, auf den gestützt das vorliegende Exekutionsverfahren beantragt wurde) zuständig war. Dort wurde ausgeführt, dass gemäß § 139 Abs. 1 BO (in der vorliegend maßgeblichen Fassung vor der Techniknovelle 2007, LGBl. Nr 24/2008) eine Angelegenheit gemäß Abschnitt V dieses Gesetzes (unter anderem § 50) eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde darstellt. Sofern das Gesetz nichts anderes bestimmt, obliegt gemäß § 132 Abs. 1 BO dem Magistrat die Handhabung dieses Gesetzes als Behörde erster Instanz. Nach § 136 Abs. 1 BO steht gegen Bescheide des Magistrats und der Bauausschüsse der örtlich zuständigen Bezirksvertretungen, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, den Parteien das Recht der Berufung an die Bauoberbehörde zu, die endgültig entscheidet.

Nach § 3 Abs. 1 VVG ist "die Verpflichtung zu einer Geldleistung … in der Weise zu vollstrecken, dass die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlaßt. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist."

Gemäß § 3 Abs. 2 VVG sind "Bescheide und Rückstandsausweise, die von der erkennenden oder verfügenden Stelle oder von der Vollstreckungsbehörde mit der Bestätigung versehen sind, dass sie einem die Vollstreckung hemmenden Rechtszug nicht unterliegen, … Exekutionstitel im Sinn des § 1 EO. Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 EO sind bei der Stelle einzubringen, von der der Exekutionstitel ausgegangen ist."

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung erstreckt sich die Zuständigkeitsnorm des § 3 Abs. 2 VVG in Ermangelung einer anderen für die Entscheidung bestehenden Kompetenzvorschrift nicht nur auf die Entgegennahme der Einwendungen, sondern auch auf deren materielle Erledigung (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 25. Juni 1996, Zl. 95/09/0215, sowie - unter Hinweis auf die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, 2000, S 1304, unter E 39, 41 und 42 wiedergegebene hg. Rechtsprechung - das Erkenntnis vom 29. September 2000, Zl. 2000/02/0193; zur Zuständigkeit der Titelbehörde zur Entscheidung über Anträge auf Aufhebung einer Bestätigung der Vollstreckbarkeit eines Exekutionstitels vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. März 2000, Zl. 99/05/0254, mwH).

Im vorliegenden Fall ist - wie sich auch aus dem hg. Erkenntnis Zl. 96/05/0101 ergibt - der Exekutionstitel von der Bauoberbehörde für Wien ausgegangen. Dass sich der Magistrat der Stadt Wien bei der Betreibung der Exekution auf den diesbezüglichen erstinstanzlichen Bescheid stützte, vermag daran nichts zu ändern. Auf dem Boden der dargestellten Rechtslage war daher gemäß § 132 Abs. 1 BO der Magistrat der Stadt Wien als Erstbehörde und nach § 136 Abs. 1 BO die Bauoberbehörde für Wien als Berufungsbehörde zur Erledigung von Einwendungen gegen den Anspruch iSd § 35 EO zuständig (zum Bestehen eines Instanzenzuges vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. Februar 2000, Zl. 99/03/0307, und vom 18. November 2004, Zl. 2003/07/0124, Slg.Nr. 16.496 A). Dies hat die belangte Behörde verkannt.

Zur dargestellten Rechtslage wird im Übrigen - was im angefochtenen Bescheid übersehen wird - auch in der dort herangezogenen Anmerkung 19 zu § 3 VVG bei Walter/Thienel, Verfahrensgesetzes II2, 2000, S 1293 (oben unmittelbar nach der Wiedergabe von Bestimmungen in § 35 EO), im Einklang mit der hg. Rechtsprechung ausgeführt, dass "im Fall der Exekution auf Grund eines Bescheides (Rückstandsausweises) … bei Einwendungen dieser Art (Oppositionseinwendungen) - ebenso wie im Fall von Einwendungen gegen die Vollstreckbarkeitsbestätigung - jene Stelle zu entscheiden (hat), die den Bescheid (Rückstandsausweis) erlassen hat." Die von der belangten Behörde herangezogene Stelle findet sich in der Anmerkung 19 weiter unten und bezieht sich offenbar lediglich darauf, dass für Berufungen über Entscheidungen betreffend Oppositionseinwendungen lediglich der letzte Satz des § 10 Abs. 3 VVG zum Tragen kommt; eine solche Präzisierung findet sich in Anmerkung 3 zu § 10 VVG bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze17, 2008, S 375 f.

1.2. Allerdings ist angesichts der dargestellten Rechtslage noch (der Vollständigkeit halber) anzumerken, dass für die Beschwerde mit dem Hinweis, das Exekutionsverfahren werde gerichtlich geführt, woraus sich keine Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde betreffend Einwendungen nach § 35 EO ergeben könnte, nichts gewonnen werden kann.

2. Ungeachtet dessen ist vorliegend noch Folgendes festzuhalten:

2.1. Nach § 129b Abs. 1 BO kommt Bewilligungen und Bescheiden nach der BO - somit auch dem Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 15. Dezember 1995, auf den sich das Erkenntnis Zl. 96/05/0101 bezog und der dem in Rede stehenden Exekutionsverfahren zugrunde liegt - dingliche Wirkung zu. Bei Bescheiden mit dinglicher Wirkung handelt es sich um solche, die zwar an Personen ergehen, ihrer Rechtsnatur nach aber - ungeachtet der persönlichen Eigenschaften des Bescheidadressaten - nur auf Eigenschaften der Sache abstellen; die Entscheidung bezieht sich derart auf eine bestimmte Sache, dass es lediglich auf die Eigenschaft der Sache, nicht auf eine solche der Person ankommt; dingliche Bescheide wirken gegenüber jedem, der entsprechende Rechte an der betroffenen Sache hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, Zl. 2000/05/0020, mwH, sowie unter Hinweis darauf - das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 2007, Zl. 2006/03/0151).

Im vorliegenden Fall verhält es sich nun so, dass die Grundflächen, auf die sich der Bescheid der Bauoberbehörde vom 15. Dezember 1995 bezog, sukzessive von den Beschwerdeführern erworben wurden und nunmehr zur Gänze in deren Eigentum stehen. Damit können die Beschwerdeführer aber dadurch, dass sie auf der Grundlage der dinglichen Wirkung des Bescheides vom 15. Dezember 1995 zur Leistung der den damaligen Eigentümer dieser Grundflächen aufgetragenen Kostenersatz herangezogen werden, in keinem Recht verletzt werden. Dass die in Rede stehenden Grundflächen (wie ausgeführt) im Jahr 1999 neu parzelliert wurden, vermag am Umstand, dass die Beschwerdeführer dieselben Grundflächen eignen wie der Adressat des Bescheides vom 15. Dezember 1995, nichts zu ändern.

Bei dieser Sachlage kann die Frage dahinstehen, ob - wie im vorliegend angefochtenen Bescheid angenommen - die dingliche Wirkung des Bescheides vom 15. Dezember 1995 lediglich die neue Parzelle erfasst, der die Aufschließungsvorteile (Frontrechte) zu Gute kommen, oder alle Grundflächen betrifft, die die Bauplätze I und K seinerzeit in sich schlossen.

2.2. Zu den Hinweisen in der Beschwerde, die Verpflichtung zum Kostenersatz sei aus dem Grundbuch nicht ersichtlich gewesen, ist auf das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 2001, Zl. 99/05/0280 (mwN), zu verweisen, wonach der Gesetzgeber bei Ausgestaltung der dinglichen Wirkung ("Wirkung in rem") von Bescheiden in Inhalt und Umfang disponibel ist. Dingliche Bescheide erzeugen grundsätzlich Wirkung über die Bescheidadressaten hinaus; dies gilt auch (wie dargestellt) nach § 129b Abs. 1 BO für dingliche Bescheide nach diesem Gesetz. Dem Rechtsnachfolger ist dadurch jede Überprüfung zufolge der Rechtskraft des Bescheides genommen. Er wird von den Pflichten eines dinglichen Verwaltungsrechtsverhältnisses unabhängig von dessen Kenntnis betroffen. Es besteht (auch nach § 129b Abs. 1 BO für die in Rede stehende dingliche Wirkung) keine gesetzliche Verpflichtung, öffentlich-rechtliche Belastungen von Grundstücken im Grundbuch einzutragen; die Belastungen bestehen auch ohne solche Eintragungen. Schon vor diesem Hintergrund gehen die besagten Beschwerdehinweise fehl.

3. Der angefochtene Bescheid war wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am 6. September 2011

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