EisbKrV 2012 §4
EisbKrV 2012 §102 Abs1
EisbKrV 2012 §102 Abs3
AVG 1991 §59 Abs1
VwGVG 2014 §28 Abs3
European Case Law Identifier: ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1136.001.2017
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch Dr. Flendrovsky als Einzelrichter über die Beschwerde des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (Verkehrs-Arbeitsinspektorat; nunmehr Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz) gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 25. August 2017, Zl. RU6‑E‑3111/001‑2017, betreffend Sicherung einer Eisenbahnkreuzung auf der ÖBB-Strecke *** – ***, den
BESCHLUSS
1. Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG wird der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Landeshauptfrau von Niederösterreich zurückverwiesen.
2. Gegen diesen Beschluss ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 und 9 B-VG iVm § 25a VwGG zulässig.
Begründung:
I. Sachverhalt und Verfahrensgang
1. Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass die Eisenbahnkreuzung in km *** der von der Ö AG betriebenen Eisenbahnstrecke *** – *** mit der Gemeindestraße „***“ gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV) durch Lichtzeichen zu sichern sei. Für die Inbetriebnahme der Sicherung wurde eine Frist von zwei Jahren ab Rechtskraft des Bescheides festgelegt.
Dieses Ergebnis stütze die belangte Behörde maßgeblich auf das Gutachten eines Amtssachverständigen für Eisenbahntechnik und -betrieb, das dieser im Rahmen einer am 3. Juli 2017 in *** abgehaltenen Ortsverhandlung erstattet hatte. Dieses Gutachten lautet:
„Befund
Die Eisenbahnkreuzung in km *** der ÖBB-Strecke *** – *** mit einer Gemeindestraße (‚***´) ist aufgrund des Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 28. Juni 2002, RU6‑E‑2303/005, gemäß § 9 EKVO 1961 durch eine Lichtzeichenanlage zu sichern.
Die Eisenbahnkreuzung in km *** der ÖBB-Strecke *** – *** befindet sich innerhalb des kundgemachten Ortsgebietes von ***. Die *** dient – von der *** kommend – als Erschließungsstraße für das Siedlungsgebiet nördlich der Bahn.
Im Bereich der Eisenbahnkreuzung ist die Bahnstrecke eingleisig.
Nördlich der Bahn befindet sich ein v-förmiger Einmündungsbereich der Gemeindestraßen *** und ***.
Auf allen zuführenden Straßenzügen sind beidseits der Bahn die Gefahrenzeichen ‚Bahnübergang ohne Schranken‘ kundgemacht. Die asphaltierte Fahrbahnbreite der Gemeindestraße beträgt ca. 4 m. In der Strauchgasse sind auf den jeweils zuführenden Fahrstreifen vor den rechtsseitigen Signalgebern Haltelinien markiert.
Die Fahrzeugfrequenz auf der querenden Gemeindestraße beträgt ca. 100 Fahrzeuge/Tag.
Der Kreuzungswinkel beträgt 89°.
Auf der ÖBB-Strecke ist von einer Fahrzeugfrequenz von durchschnittlich 47 Zügen/Tag auszugehen.
Die örtlich zulässige Geschwindigkeit auf der Bahn beträgt für beide Richtungen 80 km/h.
Aufgrund des Bestandes ist derzeit unter Berücksichtigung der Lage der Signalgeber von einer Sperrstrecke für Fußgänger sowie für Kraftfahrzeuge und Fuhrwerke von 7,2 m auszugehen.
Aufgrund des Standes der Technik der Sicherungsanlage ist eine Technikzeit von einer Sekunde zu berücksichtigen.
Gutachten
Unter Zugrundelegung einer Sperrstrecke für Fußgänger sowie für Kraftfahrzeuge und Fuhrwerke von 7,2 m ergibt sich unter Berücksichtigung einer Technikzeit von einer Sekunde bei der bestehenden Sicherung mittels Lichtzeichen an eingleisigen Eisenbahnkreuzungen eine erforderliche Annäherungszeit für Kraftfahrzeuge und Fuhrwerke von 17 Sekunden und für Fußgänger von 13 Sekunden. Für die Beurteilung ist daher die erforderliche Annäherungszeit für Kraftfahrzeuge und Fuhrwerke von 17 Sekunden ausschlaggebend.
Für beide Richtungen erfolgt die Ein- und Ausschaltung der Sicherungsanlage fahrtbewirkt.
Aufgrund der örtlich zulässigen Geschwindigkeiten resultiert (für beide Richtungen) bei einer erforderlichen Annäherungszeit für Kraftfahrzeuge und Fuhrwerke von 17 Sekunden eine Schaltstreckenlänge von 378 m.
Unter Berücksichtigung der erforderlichen Schaltstreckenlänge und der fahrtbewirkten Ein- und Ausschaltung ergeben sich in der Regel zwischen dem Einschalten der Lichtzeichen und dem Eintreffen des Schienenfahrzeuges an der Eisenbahnkreuzung Zeiten, die weniger als 60 Sekunden betragen.
Die gegenständliche Eisenbahnkreuzung ist somit unter Zugrundelegung der örtlich zulässigen Geschwindigkeiten und der Fahrzeugfrequenzen auf der Straße und der Schiene sowie der vorhandenen örtlichen Gegebenheiten und der Anlagenverhältnisse gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 EisbKrV durch Lichtzeichen zu sichern.
Bei Beibehaltung der derzeit vorhandenen Einschaltstellen ergeben sich für beide Richtungen um ca. drei Sekunden längere Sperrzeiten. Dies wird als vernachlässigbar angesehen.
Bei der Beurteilung ist davon auszugehen, dass sich die gegenständliche Eisenbahnkreuzung innerhalb des kundgemachten Ortsgebietes von *** befindet. Angesichts des innerhalb des Ortsgebietes zu erwartenden Fußgängerverkehrs sind an der westlichen Straßenseite der Strauchgasse nach der letzten Schiene Lichtzeichen (Rücklichter) anzubringen. Die Anbringung eines Läutewerkes wird hier in Anbetracht der angrenzenden Bebauung für ungeeignet angesehen.
Unter Berücksichtigung des Einführungserlasses zur EisbKrV 2012 vom 27. August 2012 wird eine 2jährige Ausführungsfrist für die Umsetzung als angemessen erachtet.
Die Anwendung der Maßnahmen im Störungsfall gemäß § 95 EisbKrV wird als ausreichend beurteilt.“
Dazu merkte ein Vertreter der Ö AG in der Verhandlung an, aus den vorgelegten Unterlagen gehe hervor, dass bei Neuberechnung gemäß EisbKrV die erforderliche Annäherungszeit kürzer werde und sich daher die Zeit zwischen dem Einschalten der Lichtzeichen und dem Eintreffen des Schienenfahrzeugs auf der Eisenbahnkreuzung bei Anpassung der bestehenden Lichtzeichenanlagen nicht verlängere. Daher seien die Voraussetzung für die Anwendung der Übergangsbestimmung des § 102 Abs. 3 EisbKrV gegeben. Der beschwerdeführende Bundesminister vertrat in einer schriftlichen Stellungnahme vom 4. August 2017 ebenfalls die Ansicht, dass auf die Sicherung der Eisenbahnkreuzung § 102 Abs. 3 Eisenbahnkreuzungsverordnung anzuwenden sei.
Dennoch vertrat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung, dass dem Gutachten des Amtssachverständigen nicht ausdrücklich entnommen werden könne, dass die Voraussetzungen des § 102 Abs. 3 EisbKrV im vorliegenden Fall zutreffen würden. Sie sehe daher keine Veranlassung, davon abzuweichen. Bei der Anbringung der vom Amtssachverständigen für erforderlich erachteten Signalgeber bzw. Rücklichter bei der Eisenbahnkreuzung handle es sich um genehmigungsfreie Vorhaben gemäß § 36 Eisenbahngesetz, die nicht im Rahmen des Ausspruches gemäß § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetz zu berücksichtigen seien.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der beschwerdeführende Bundesminister einerseits vorbringt, die belangte Behörde habe § 102 Abs. 3 EisbKrV zu Unrecht unangewendet gelassen und andererseits, dass die vom Amtssachverständigen als erforderlich erachteten Rücklichter vorzuschreiben gewesen wären. Der beschwerdeführende Bundesminister begehrt – auf Grundlage eines ergänzten Ermittlungsverfahrens – eine Ergänzung des angefochtenen Bescheides in diesem Sinne.
3. Am 28. November 2017 ersuchte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich den von der belangten Behörde beigezogenen Amtssachverständigen um Ergänzung seines im Verwaltungsverfahren erstatteten Gutachtens hinsichtlich der folgenden Fragen:
„1. Genügen die an den beiden Eisenbahnkreuzungen bestehenden Lichtzeichenanlagen bereits den technischen Anforderungen der EisbKrV 2012, insbesondere den §§ 62, 63 und 65?
Was genau ist mit den „längeren Sperrzeiten“, die sich bei der Beibehaltung der bestehenden Einschaltstellen ergeben, gemeint? Befinden sich diese Einschaltstellen (in Fahrtrichtung gesehen) vor der Kreuzung, betreffen also tatsächlich nur das Einschalten, oder nach der Kreuzung, betreffen also auch das Ausschalten?
Wie lang sind die erforderlichen Einschaltstrecken iSd § 75 Abs. 1 EisbKrV und wie lang sind die Einschaltstrecken der bestehenden Anlage?
2. Falls die Kreuzungen noch nicht den technischen Anforderungen der EisbKrV 2012 genügen: Liegen die technischen Voraussetzungen für eine Anwendung der Übergangsbestimmung des § 102 Abs. 3 EisbKrV 2012 vor, dh ist es möglich, diese bloß unter Anwendung von in § 36 EisbG genannten Maßnahmen an die technischen Anforderungen der §§ 65 und 75 EisbKrV anzupassen, ohne dass sich die Zeit zwischen dem Einschalten der Lichtzeichen und dem Eintreffen des Schienenfahrzeuges auf der Kreuzung auf über 60 s erhöht (§ 37 Z 2 EisbKrV 2012)?
3. Wenn § 103 Abs. 2 EisbKrV 2012 grundsätzlich anwendbar ist: Liegt ein Fall des ersten oder des zweiten Satzes vor?“
Mit Schreiben vom selben Tag teilte der Amtssachverständige dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich dazu Folgendes mit:
„Zu 1)
Die Einschaltstellen befinden sich in Fahrtrichtung gesehen vor der Kreuzung, ansonsten wäre eine wesentliche Gefährdung gegeben.
Für die Beurteilung der weiteren aufgezeigten Fragen stellen die örtlichen Gegebenheiten und die Anlageverhältnisse an den gegenständlichen Eisenbahnkreuzungen einen wesentlichen Bestandteil dar.
Es wird somit für die Beantwortung dieser Fragen die Durchführung einer örtlichen Verhandlung für erforderlich angesehen.
Zu 2) und 3):
Für die Beurteilung der aufgezeigten Fragen stellen die örtlichen Gegebenheiten und die Anlageverhältnisse an den gegenständlichen Eisenbahnkreuzungen einen wesentlichen Bestandteil dar.
Es wird somit für die Beantwortung dieser Fragen die Durchführung einer örtlichen Verhandlung für erforderlich angesehen.“
4. Mit Schreiben vom 14. Dezember 2017 teilte der beschwerdeführende Bundesminister dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit, dass er der Äußerung des Amtssachverständigen grundsätzlich nicht entgegentrete. Da jedoch bei Berücksichtigung dieser Äußerung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich werde, werde vorgeschlagen zu prüfen, ob dadurch die Voraussetzungen für die Zurückverweisung der Angelegenheiten an die belangte Behörde erfüllt seien.
5. Die Ö AG nahm am 22. Dezember 2017 zur Äußerung des Sachverständigen dahingehend Stellung, dass die Lichtzeichenlage § 65 EisbKrV noch nicht genüge, jedoch angepasst werden könne. Damit wäre auch § 62 EisbKrV erfüllt. Die dem § 65 nicht entsprechenden längeren Sperrzeiten seien aber vom Amtssachverständigen als vernachlässigbar angesehen worden. § 63 EisbKrV sei immer erfüllt, ansonsten sei eine Gefahr gegeben. Mit den „längeren Sperrzeiten“ sei eine längere als die nach § 65 EisbKrV berechnete Zeit vom Beginn des Anhaltegebotes bis zum Eintreffen des Schienenfahrzeuges am Kreuzungsmittelpunkt gemeint. Ausschaltstellen würden sich immer unmittelbar nach der Eisenbahnkreuzung befinden und seien von der Neuberechnung nie betroffen. Sowohl aus dem angefochtenen Bescheid als auch aus dem Gutachten der Verhandlungsschrift gingen die erforderliche Annäherungszeit von 17 Sekunden und die erforderliche Einschaltstrecke von 378 m hervor. Die vorhandene Annäherungszeit betrage 20 Sekunden; die bestehenden Einschaltstrecken seien für die Fahrtrichtung *** 445 m und für die Fahrtrichtung *** 440 m. Die technischen Voraussetzungen der Anpassbarkeit würden durch die Möglichkeit der Versetzung der Einschaltstellen vorliegen, wobei sich die erforderliche Annäherungszeit nicht über 60 Sekunden erhöhen würde.
6. Die belangte Behörde hat trotz der ihr vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingeräumten Möglichkeit zu den Ergebnissen des Beschwerdeverfahrens keine Äußerung erstattet.
7. Dieser Sachverhalt bzw. Verfahrensgang ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, dessen Inhalt insoweit in den Beschwerden nicht bestritten wird, und darüber hinaus aus den wiedergegebenen, im Laufe des Beschwerdeverfahrens erstatteten Äußerungen, denen die belangte Behörde insoweit nicht entgegengetreten ist.
II. Rechtsvorschriften
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrens-gesetzes (VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 24/2017, lauten:
„[…]
Anzuwendendes Recht
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B‑VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
[…]
Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. […] bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben […] ist
[…]
Prüfungsumfang
§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid […] auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
[…]“
2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl. 51/1991 idF BGBl. I 161/2013, lauten:
„[…]
Allgemeine Grundsätze
§ 37. Zweck des Ermittlungsverfahrens ist, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Nach einer Antragsänderung (§ 13 Abs. 8) hat die Behörde das Ermittlungsverfahren insoweit zu ergänzen, als dies im Hinblick auf seinen Zweck notwendig ist.
[…]
§ 39. (1) Für die Durchführung des Ermittlungsverfahrens sind die Verwaltungsvorschriften maßgebend.
(2) Soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, hat die Behörde von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Sie kann insbesondere von Amts wegen oder auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchführen und mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden oder sie wieder trennen. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfahrensanordnungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.
[…]
Allgemeine Grundsätze über den Beweis
§ 45. (1) Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.
(2) Im übrigen hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
[…]
Sachverständige
§ 52. (1) Wird die Aufnahme eines Beweises durch Sachverständige notwendig, so sind die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen.
(2) Wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten ist, kann die Behörde aber ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige (nichtamtliche Sachverständige) heranziehen.
[…]
§ 59. (1) Der Spruch hat die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteianträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Mit Erledigung des verfahrenseinleitenden Antrages gelten Einwendungen als miterledigt. Läßt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden.
(2) Wird die Verbindlichkeit zu einer Leistung oder zur Herstellung eines bestimmten Zustandes ausgesprochen, so ist im Spruch zugleich auch eine angemessene Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung zu bestimmen.
[…]“
3. § 49 Abs. 2 des Eisenbahngesetzes 1957 (EisbG), BGBl. 60 idF BGBl. I 25/2010, lautet:
„Sicherung und Verhalten bei Annäherung und Übersetzung
§ 49. (1) […]
(2) Über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung hat die Behörde nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse zu entscheiden, wobei die Bestimmungen des § 48 Abs. 2 bis 4 mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden sind, dass die Kosten der Sicherungseinrichtungen für Materialbahnen, ausgenommen solche mit beschränkt-öffentlichem Verkehr, vom Eisenbahnunternehmen alleine zu tragen sind, sofern nicht eine andere Vereinbarung besteht oder getroffen wird.
[…]“
4. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV), BGBl. II 216, lauten:
„[…]
Arten der Sicherung
§ 4. (1) Die Sicherung einer Eisenbahnkreuzung kann vorgenommen werden durch
1. Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes;
2. Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus;
3. Lichtzeichen;
4. Lichtzeichen mit Schranken oder
5. Bewachung.
(2) Lichtzeichen mit Schranken gemäß Abs. 1 Z 4 können als Lichtzeichen mit Halbschranken, als Lichtzeichen mit Vollschranken mit gleichzeitigem Schließen der Schrankenbäume oder als Lichtzeichen mit Vollschranken mit versetztem Schließen der Schrankenbäume ausgeführt werden.
(3) Bei Lichtzeichen mit Halbschranken wird nach dem Anhaltegebot durch Lichtzeichen vor dem Schrankenschließen jeweils die rechte Fahrbahnhälfte beziehungsweise jeweils die rechte Straßenhälfte vor der Eisenbahnkreuzung durch Schrankenbäume gesperrt. Bei Lichtzeichen mit Vollschranken mit gleichzeitigem Schließen der Schrankenbäume wird nach dem Anhaltegebot durch Lichtzeichen vor dem Schrankenschließen jeweils die gesamte Fahrbahn oder die gesamte Straße vor der Eisenbahnkreuzung durch Schrankenbäume gesperrt. Bei Lichtzeichen mit Vollschranken mit versetztem Schließen der Schrankenbäume wird nach dem Anhaltegebot durch Lichtzeichen vor dem Schrankenschließen vorerst jeweils die rechte Fahrbahnhälfte beziehungsweise jeweils die rechte Straßenhälfte vor der Eisenbahnkreuzung durch Schrankenbäume gesperrt und werden nach Ablauf einer Zwischenzeit die übrigen Schrankenbäume geschlossen.
(3) Die Behörde kann im Einzelfall zur Erprobung innerhalb eines zu bestimmenden Zeitraumes eine dem Stand der Technik entsprechende, andere als die in Abs. 1 genannten Arten der Sicherung zulassen, wenn damit keine Änderung der Verhaltensbestimmungen für die Straßenbenützer bei der Annäherung und beim Übersetzen von Eisenbahnkreuzungen verbunden ist.
Entscheidung über die Art der Sicherung
§ 5. (1) Über die zur Anwendung kommende Sicherung einer Eisenbahnkreuzung hat die Behörde im Einzelfall nach Maßgabe der Zulässigkeit der einzelnen Arten der Sicherung gemäß den §§ 35 bis 39 sowie nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse zu entscheiden. Hierbei ist insbesondere auf die Sicherheit und Ordnung des Eisenbahnbetriebes und Eisenbahnverkehrs einerseits und auf die Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs auf der Straße andererseits Bedacht zu nehmen. Bei der Entscheidung ist auf den festgestellten Zustand und auf die absehbare Entwicklung des Verkehrs auf der Bahn und auf der Straße abzustellen.
(2) Die für die Entscheidung gemäß Abs. 1 erforderlichen Grundlagen sind der Behörde vom jeweiligen Verkehrsträger zur Verfügung zu stellen.
[…]
Andreaskreuze allgemein
§ 22. […]
(4) An Eisenbahnkreuzungen mit Straßen, bei denen im Bereich von jeweils 80 m beiderseits der Bahn ein ungehindertes aneinander Vorbeifahren mehrspuriger Straßenfahrzeuge nicht möglich ist, genügt die Anbringung eines Andreaskreuzes auf der rechten Straßenseite. Zusätzlich können Andreaskreuze auch an anderer geeigneter Stelle vor der Eisenbahnkreuzung angebracht werden.
[…]
Andreaskreuze und Lichtzeichen bei der Sicherung durch Lichtzeichen
Sicherung durch Lichtzeichen
§ 28. […]
[…]
(2) Im Fall des § 22 Abs. 4 ist ein Lichtzeichen auf der linken Straßenseite nach der letzten Schiene (Rücklicht) anzubringen. Erforderlichenfalls können Lichtzeichen zusätzlich auch an anderer geeigneter Stelle nach der letzten Schiene angebracht werden.
(3) Sind bei Eisenbahnkreuzungen mit einem Gehweg, mit einem Radweg und mit einem für Fußgänger und Radfahrer gemeinsam zu benützenden Geh- und Radweg keine zusätzlichen akustischen Zeichen vorgesehen, ist an geeigneter Stelle ein Lichtzeichen nach der letzten Schiene (Rücklicht) anzubringen.
[…]
§ 37. Eine Eisenbahnkreuzung kann durch Lichtzeichen gesichert werden, wenn
1. die örtlich zulässige Geschwindigkeit auf der Bahn im Bereich der Eisenbahnkreuzung nicht mehr als 140 km/h beträgt,
2. die Zeit zwischen dem Einschalten der Lichtzeichen und dem Eintreffen des Schienenfahrzeuges auf der Eisenbahnkreuzung in der Regel nicht mehr als 60 Sekunden beträgt und
3. dem die Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs auf der Straße, die Beschaffenheit des sich kreuzenden Verkehrs oder die örtlichen Verhältnisse nicht entgegenstehen.
Sicherung durch Lichtzeichen mit Schranken
§ 38. Eine Eisenbahnkreuzung ist durch Lichtzeichen mit Schranken zu sichern, wenn
1. die Eisenbahnkreuzung nicht durch Lichtzeichen allein gemäß § 37 gesichert werden kann oder
2. die örtlich zulässige Geschwindigkeit auf der Bahn im Bereich der Eisenbahnkreuzung mehr als 140 km/h, jedoch nicht mehr als 160 km/h, beträgt.
[…]
Sicherung durch Lichtzeichen
Dauer des Anhaltegebotes
§ 62. Das Anhaltegebot für die Straßenbenützer bei Lichtzeichen ist auf den für die Annäherung und das Befahren der Eisenbahnkreuzung durch Schienenfahrzeuge notwendigen Zeitraum zu beschränken. Die Lichtzeichen haben dann zu erlöschen, wenn die Eisenbahnkreuzung frei von Schienenfahrzeugen ist.
Anschaltung der Lichtzeichen; erforderliche Annäherungszeit des Schienenfahrzeuges
§ 63. Erfolgt die Anschaltung der Lichtzeichen fahrtbewirkt, ist der Zeitpunkt der Anschaltung der Lichtzeichen so zu bemessen, dass Straßenbenützer, die sich zum Zeitpunkt der Anschaltung der Lichtzeichen auf der Eisenbahnkreuzung befinden, diese noch gefahrlos verlassen können (erforderliche Annäherungszeit des Schienenfahrzeuges).
[…]
Erforderliche Annäherungszeit des Schienenfahrzeuges bei fahrtbewirkter Einschaltung der Lichtzeichen und Fernüberwachung
§ 65. Bei der Ermittlung der erforderlichen Annäherungszeit des Schienenfahrzeuges an die Eisenbahnkreuzung bei fahrtbewirkter Anschaltung der Lichtzeichen gemäß § 63 und Fernüberwachung ist davon auszugehen, dass Straßenfahrzeuge vor der Eisenbahnkreuzung anhalten. Für das Anfahren bis zum Erreichen der Mindestgeschwindigkeit gemäß § 45 innerhalb der gemäß Anlage 1 zu ermittelnden Sperrstrecke d von Fahrzeugen gemäß § 45 Abs. 2 Z. 2 ist eine Anfahrbeschleunigung von 1,0 m/s2, für das Anfahren von Fahrzeugen gemäß § 45 Abs. 2 Z. 3 und 4 ist eine Anfahrbeschleunigung von 0,5 m/s2 und für Radfahrer gemäß § 45 Abs. 2 Z 5 eine Anfahrbeschleunigung von 0,5 m/s2 anzunehmen. Für Fußgänger ist die gemäß Anlage 1 zu ermittelnde Sperrstrecke dF zugrunde zu legen. Zusätzlich sind ab dem Ende des Räumvorganges der Eisenbahnkreuzung durch die Straßenbenützer bis zum Eintreffen des Schienenfahrzeuges auf der Eisenbahnkreuzung eine Zeit von drei Sekunden (Restzeit) sowie die für die sicherungstechnischen Schaltfolgen und dazugehörigen Abfragen diesbezüglicher Daten aus elektronischen Systemen erforderlichen Zeiten (Technikzeiten) zu berücksichtigen. Das Ergebnis der so ermittelten erforderlichen Annäherungszeit des Schienenfahrzeuges ist mathematisch auf ganze Zahlen zu runden.
Erforderliche Annäherungszeit des Schienenfahrzeuges bei fahrtbewirkter Einschaltung der Lichtzeichen und Triebfahrzeugführerüberwachung
§ 66. (1) Die erforderliche Annäherungszeit des Schienenfahrzeuges bei fahrtbewirkter Einschaltung der Lichtzeichen gemäß § 63 und Triebfahrzeugführerüberwachung, mit der die ordnungsgemäße Funktion der Lichtzeichen überwacht wird, setzt sich zusammen
1. aus dem für die örtlich zulässige Geschwindigkeit auf der Bahn zwischen dem Überwachungssignal und der Eisenbahnkreuzung erforderlichen Bremsweg für das Schienenfahrzeug und
2. aus der Wegstrecke, die vom Schienenfahrzeug innerhalb einer Zeit von 13 Sekunden mit der örtlich zulässigen Geschwindigkeit zwischen Einschaltstelle und dem Überwachungssignal durchfahren wird und
3.aus den für die sicherungstechnischen Schaltfolgen und dazugehörigen Abfragen diesbezüglicher Daten aus elektronischen Systemen erforderlichen Zeiten (Technikzeiten).
Darüber hinaus ist die erforderliche Annäherungszeit des Schienenfahrzeuges wie bei Lichtzeichen und Fernüberwachung gemäß § 65 zu ermitteln. Der größere der sich hierbei ergebenden Werte ist maßgebend.
(2) Die erforderliche Annäherungszeit des Schienenfahrzeuges bei fahrtbewirkter Einschaltung der Lichtzeichen gemäß § 63 und Triebfahrzeugführerüberwachung, mit der der ordnungsgemäße Zustand der Lichtzeichen überwacht wird, ist wie für Lichtzeichen und Fernüberwachung zu ermitteln.
[…]
Gemeinsame Bestimmungen für die Sicherung durch Lichtzeichen und Lichtzeichen mit Schranken
[…]
Erforderliche Länge der Einschaltstrecke bei fahrtbewirkter Anschaltung der Lichtzeichen und der Lichtzeichen mit Schranken
§ 75. (1) Die erforderliche Länge der Einschaltstrecke vor der Eisenbahnkreuzung ist bei fahrtbewirkter Anschaltung der Lichtzeichen und der Lichtzeichen mit Schranken aus der erforderlichen Annäherungszeit des Schienenfahrzeuges zu ermitteln. Das Ergebnis der so ermittelten erforderlichen Länge der Einschaltstrecke vor der Eisenbahnkreuzung ist mathematisch auf ganze Zahlen zu runden.
(2) Der Ermittlung der erforderlichen Länge der Einschaltstrecke bei fahrtbewirkter Anschaltung der Lichtzeichen und der Lichtzeichen mit Schranken ist grundsätzlich die örtlich zulässige Geschwindigkeit im Bereich der Eisenbahnkreuzung zugrunde zu legen. Dauerhafte Einschränkungen der örtlich zulässigen Geschwindigkeit im Bereich der Eisenbahnkreuzung dürfen dabei berücksichtigt werden. Eine geplante örtlich zulässige Geschwindigkeit darf dann zugrunde gelegt werden, wenn diese gleichzeitig mit der Inbetriebnahme der Lichtzeichen oder der Lichtzeichen mit Schranken wirksam wird oder durch die Zugrundelegung der geplanten örtlichen Geschwindigkeit die erforderliche Annäherungszeit des Schienenfahrzeuges von 60 Sekunden bei Lichtzeichen und von 120 Sekunden bei Lichtzeichen mit Halbschranken bis zum Wirksamwerden der geplanten örtlich zulässigen Geschwindigkeit nicht überschritten wird.
(3) Die Einschaltstrecke ist grundsätzlich in der erforderlichen Länge auszuführen. Sie darf nur in begründeten Fällen im unbedingt notwendigen Ausmaß verlängert werden.
(4) Erfolgt über die Eisenbahnkreuzung nur Verschub, kann die erforderliche Länge der Einschaltstrecke nach Maßgabe der Bestimmungen für die erforderliche Annäherungszeit auf der Bahn bei fahrtbewirkter Einschaltung der Lichtzeichen mit Fernüberwachung, der Lichtzeichen mit Halbschranken mit Fernüberwachung, der Lichtzeichen mit Vollschranken mit Fernüberwachung oder der Lichtzeichen mit vierteiligen Vollschranken mit versetztem Schließen der Schrankenbäume mit Fernüberwachung gemäß §§ 70 bis 72 ermittelt werden, wobei sicherzustellen ist, dass das Schienenfahrzeug unter Wahrung der Signalbeobachtungszeit gemäß § 89 Abs. 4 und 5 für ein vor der Eisenbahnkreuzung aufzustellendes Überwachungssignal erforderlichenfalls vor der Eisenbahnkreuzung anhalten kann.
[…]
Übergangsbestimmungen
§ 102. (1) Schrankenanlagen gemäß § 8 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 und Lichtzeichenanlagen gemäß § 9 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961, die auf der Grundlage einer behördlichen Entscheidung gemäß § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetzes 1957 errichtet und in Betrieb genommen wurden, sind innerhalb von 12 Jahren ab Inkrafttreten dieser Verordnung von der Behörde gemäß § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetzes 1957 zu überprüfen. Diese hat über die erforderliche Art der Sicherung gemäß dieser Verordnung unter Festsetzung einer angemessenen Ausführungsfrist, die spätestens 17 Jahre ab Inkrafttreten dieser Verordnung endet, zu entscheiden beziehungsweise darüber zu entscheiden, ob die bestehende Art der Sicherung nach Maßgabe des Abs. 3 bis 5 beibehalten werden kann.
[…]
(3) Bestehende Schrankenanlagen gemäß § 8 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 und bestehende Lichtzeichenanlagen gemäß § 9 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 gemäß Abs. 1 können unter der Voraussetzung, dass sie unter Anwendung der Bestimmungen des § 36 Eisenbahngesetz 1957 innerhalb von 14 Jahren ab Inkrafttreten dieser Verordnung an die Bestimmungen der §§ 65, 66, 67, 70 bis 73 und 75 dieser Verordnung angepasst werden können, bis zum Ablauf der technischen Nutzungsdauer der bestehenden Schrankenanlage oder Lichtzeichenanlage beibehalten werden. Bestehende Schrankenanlagen gemäß § 8 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 und bestehende Lichtzeichenanlagen gemäß § 9 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961, bei denen den Straßenbenützern durch rotes blinkendes Licht Halt geboten wird oder bei denen den Straßenbenützern mit rotierenden Warnsignalen oder mit Läutewerk allein oder durch das Schließen der Schrankenbäume allein Halt geboten wird, dürfen, sofern sie an die Bestimmungen der §§ 65, 66, 67, 70 bis 73 und 75 dieser Verordnung angepasst werden können, längstens 17 Jahre ab Inkrafttreten dieser Verordnung beibehalten werden. Die Bestimmungen des § 37 Z 2 und des § 38 Abs. 2 betreffend die Zeit zwischen dem Einschalten der Lichtzeichen und dem Eintreffen des Schienenfahrzeuges auf der Eisenbahnkreuzung sind in diesem Fall dann nicht anzuwenden, wenn sich durch diese Anpassung die Zeit zwischen dem Einschalten der Lichtzeichen und dem Eintreffen des Schienenfahrzeuges auf der Eisenbahnkreuzung nicht verlängert.
[…]“
III. Rechtliche Beurteilung
1. Die belangte Behörde hat die Rechtslage in zweifacher Hinsicht unrichtig beurteilt und dadurch den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet:
1.1 Die belangte Behörde hat verkannt, dass die Übergangsbestimmung des § 102 Abs. 1 und 3 EisbKrV bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des Abs. 3 (Möglichkeit der Anpassung der Eisenbahnkreuzung unter Anwendung der Bestimmungen des § 36 EisbG innerhalb von 14 Jahren ab Inkrafttreten der Verordnung an die Bestimmungen der §§ 65, 66, 67, 70 bis 73 und 75 EisbKrV) zwingend anzuwenden ist. Eine Nichtanwendung kommt nur dann in Betracht, wenn feststeht, dass die bestehende Schrankenanlage bereits allen Anforderungen der EisbKrV für Lichtzeichenanlagen mit Schranken erfüllt, darüber hinaus allenfalls auch dann, wenn das Eisenbahnunternehmen auf die Anwendung verzichtet und anstatt einer Anpassung nach § 102 Abs. 3 EisbKrV der Errichtung einer zur Gänze den Bestimmungen der EisbKrV entsprechenden Sicherungsanlage den Vorzug gibt.
1.2 Somit ist in dem Fall, dass an der Eisenbahnkreuzung bereits eine der Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 entsprechende Schranken- oder Lichtzeichenanlage besteht, eine gegenüber dem gewöhnlichen Verfahren nach § 49 Abs. 2 EisbG iVm den §§ 4 f EisbKrV, in dem nach den näheren Determinanten des 6. Abschnitts nur über die zulässige Art der Sicherung abzusprechen ist, eine vertiefte Prüfung erforderlich: Als erster Schritt ist zu prüfen, ob die bestehende Anlage schon gänzlich den Bestimmungen der EisbKrV entspricht. In diese Fall ist weder die Festlegung einer Leistungsfrist noch ein Ausspruch nach § 102 Abs. 1 und 3 EisbKrV erforderlich. Der Ausspruch über die Art der Sicherung hat in diese Fall vielmehr nur feststellenden Charakter.
Entspricht die bestehende Anlage aber nicht gänzlich der EisbKrV, so ist – sofern das Eisenbahnunternehmen nicht darauf verzichtet – das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 102 Abs. 3 EisbKrV für eine Beibehaltung bis zum Ablauf der technischen Nutzungsdauer zu prüfen. Liegen diese vor, so tritt nach § 102 Abs. 1 zweiter Satz leg.cit. die bescheidmäßige Feststellung der Zulässigkeit der Beibehaltung an die Stelle der Festlegung einer angemessenen Ausführungsfrist. Spätestens nach Ablauf der technischen Nutzungsdauer ist die bestehende Anlage durch eine gänzlich der EisbKrV entsprechende Anlage zu ersetzen. Liegen die Voraussetzungen für die Beibehaltung nicht vor, so ist die Sicherung der Eisenbahnkreuzung entsprechend der nach dem 6. Abschnitt gebotenen Sicherungsart unter Setzung einer angemessenen Ausführungsfrist aufzutragen. Eine solche Sicherung muss sogleich allen dafür geltenden Bestimmungen der EisbKrV entsprechen, wobei aber nur über die Art der Sicherung mit Bescheid abzusprechen ist.
1.3. Außerdem kann die Behörde neben dem Ausspruch nach den §§ 4 ff EisbKrV nach § 12 Abs. 1 EisbKrV Zusatzeinrichtungen anordnen, wobei aber die vom beschwerdeführenden Bundesminister begehrten (und auch vom Amtssachverständigen vorgeschlagenen) Rücklichter in der taxativen Aufzählung des § 12 Abs. 1 EisbKrV nicht enthalten sind und daher nicht in Betracht kommt. Die Fälle einer Verpflichtung des Eisenbahnunternehmens zur Anbringung von Rücklichtern sind vielmehr in § 28 zweiter Abs. 2 (die Absatzbezeichnung „2“ wurde offenbar versehentlich doppelt vergeben) iVm § 22 Abs. 4 sowie in § 28 Abs. 3 EisbKrV für Fälle einer Sicherung durch Lichtzeichen abschließend geregelt. Diese Anforderungen sind vom Unternehmen bei Vorliegen der verordnungsmäßigen Voraussetzungen ohne bescheidmäßige Vorschreibung unmittelbar umzusetzen.
Ergibt die Überprüfung nach § 102 Abs. 1 EisbKrV bei einer bestehenden Lichtzeichenanlage, dass nunmehr nach der EisbKrV die Sicherung durch Lichtzeichen geboten ist, so sind in dem Fall, dass nach den soeben genannten Regelungen (noch nicht vorhandene) Rücklichter erforderlich sind, jedenfalls die Voraussetzungen des § 102 Abs. 3 EisbKrV zu prüfen, weil wegen des Fehlens der Rücklichter die bestehende Anlage jedenfalls noch nicht vollständig der EisbKrV entspricht.
Wenngleich eine gesonderte Anordnung im Rahmen des Ausspruches über die Art der Sicherung nach den §§ 4 ff EisbKrV nicht in Betracht kam, wäre also die Frage, ob Rücklichter erforderlich sind, bei der Prüfung der Voraussetzungen der Anwendbarkeit des § 102 Abs. 3 EisbKrV (oben 1.2.) zu prüfen gewesen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass nach § 28 zweiter Abs. 2 und Abs. 3 EisbKrV alleine ein erwarteter Fußgängerverkehr eine Verpflichtung zur Errichtung von Rücklichtern nicht zu begründen vermag.
2. Dadurch, dass die belangte Behörde im vorliegenden Fall den Inhalt des § 102 Abs. 1 und 3 EisbKrV verkannt hat, hat sie auch den für die Anwendung dieser Bestimmungen maßgeblichen Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt. Der maßgebliche Sachverhalt im Sinne des § 37 AVG bzw. des § 28 Abs. 2 VwGVG steht somit nicht fest. Daher stellt sich nach § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG die Frage, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist, oder ob der Raschheit oder Kostenersparnis besser durch eine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG gedient ist.
2.1. Nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 2 Z 2 iVm § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG ist in § 28 VwGVG ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg.cit. vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden; eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, rechtfertigen keine Zurückverweisung der Sache, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden Verhandlung zu vervollständigen sind. Auch wenn das Verwaltungsgericht die beweiswürdigenden Erwägungen einer Verwaltungsbehörde nicht teilt, führt dies allein noch nicht dazu, dass von einem Unterlassen gebotener Ermittlungsschritte im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGVG gesprochen werden könnte (vgl. etwa VwGH 22.06.2017, Ra 2017/20/0011 mWN, insbesondere auf VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).
2.2. Bei der Beurteilung, ob die festgestellten Ermittlungslücken als „krass“ iSd vorzitierten Rechtsprechung einzustufen sind, ist vom Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens auszugehen. Dieser bestand einerseits in der Festlegung einer Sicherungsart nach den §§ 4 ff EisbKrV und andererseits – im Hinblick darauf, dass an der Eisenbahnkreuzung unbestritten eine dem § 9 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 entsprechende Lichtzeichenanlage vorhanden ist – in der Prüfung, ob ein Ausspruch nach § 102 Abs. 3 EisbKrV, dass die bestehende Lichtzeichenanlage bis zum Ablauf ihrer technischen Nutzungsdauer beibehalten werden kann, zu erfolgen hat.
2.3. Diese beiden Teile des Verfahrensgegenstandes sind insofern nicht iSd § 59 Abs. 1 zweiter Satz AVG voneinander trennbar, als bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Beibehaltung der bestehenden Anlage die Verpflichtung zur Herstellung der Sicherung nach dem §§ 4 ff EisbKrV bis zum Ablauf der technischen Nutzungsdauer der bestehenden Anlage aufgeschoben ist, weshalb in diesem Fall auch die Festlegung einer angemessenen Ausführungsfrist gemäß § 102 Abs. 1 EisbKrV (vgl. auch § 59 Abs. 2 AVG) zu unterbleiben hat (s. schon oben 1.2.).
Die Verpflichtung zur Herstellung der Sicherung nach den § 4 ff EisbKrV ist in diesem Fall also aufschiebend bedingt. Voraussetzung für die Inanspruchnahme des Aufschubes ist die Vornahme der in § 102 Abs. 3 leg.cit. als Tatbestandsvoraussetzung normierten Anpassungen. Durch diese Verknüpfung des Ausspruches nach § 102 Abs. 3 EisbKrV mit der Bestimmung einer Sicherungsart nach §§ 4 ff EisbKrV will der Verordnungsgeber offenbar zeitliche „Sicherheitslücken“ vermeiden, die entstünden, wenn sogleich die Herstellung der neuen Sicherungsart aufgetragen würde, weil dann bis zum Ablauf der Ausführungsfrist möglicherweise gar keine Sicherung auf der Eisenbahnkreuzung bestünde. Gleichzeitig werden auf diese Art und Weise Investitionen des Eisenbahnunternehmens in eine der alten Rechtslage entsprechende Sicherheitseinrichtung geschützt. Daher kommt eine separate Entscheidung nur hinsichtlich des Leistungsbefehls zur Herstellung einer der EisbKrV entsprechenden Sicherung durch Lichtzeichen bzw. nur hinsichtlich der Prüfung der Voraussetzungen des § 102 Abs. 3 EisbKrV nicht in Betracht. Ist letztere rechtswidrig unterblieben, ist wegen der dargelegten Untrennbarkeit der beiden Aussprüche auch die Festlegung der Sicherungsart des §§ 4 ff EisbKrV rechtswidrig, selbst wenn dagegen – wie im vorliegenden Fall – keine Bedenken bestehen.
2.4. Ausgehend von diesem untrennbaren Verfahrensgegenstand erreichen die nachzuholenden Ermittlungen ein Ausmaß, bei dem nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Aufhebung und Zurückverweisung als mehr im Interesse der Raschheit und Kostenersparnis zu qualifizieren ist, als eine Sachentscheidung durch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich. Während es für die Festlegung der Sicherungsart nach den §§ 4 ff EisbKrV keiner weiteren Ermittlungen bedürfte, sind für die Prüfung der Voraussetzungen des § 102 Abs. 3 leg.cit. umfangreiche Ermittlungen über die technische Ausgestaltung der bestehenden Lichtzeichenanlage notwendig.
Die belangte Behörde hat dazu wegen ihrer verfehlten Rechtsauffassung bisher gar keine Ermittlungsschritte gesetzt. Wie es auch die Stellungnahme des Amtssachverständigen vom 28. November 2017 nahelegt, werden daher wohl neuerliche Untersuchungen an Ort und Stelle erforderlich sein. Die Schlüssigkeit des Vorbringens der Ö AG vom 22. Dezember 2017 wird nach § 52 AVG durch einen entsprechenden Sachverständigen zu überprüfen sein, um die nach den §§ 37 und 45 AVG gebotenen Feststellungen treffen zu können. Ein entsprechender Amtssachverständiger steht der belangten Behörde zur Verfügung. Sie verfügt außerdem über eine auf Verkehrsrecht spezialisierte Abteilung, die regelmäßig mit Verfahren zur Sicherung von Eisenbahnkreuzungen befasst ist.
2.5. Insgesamt vertritt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich daher die Auffassung, dass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG vorliegen.
2.6. Daher war der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Landeshauptfrau von Niederösterreich zurückzuverweisen.
3. Der Sachverhalt erscheint hinsichtlich der Umstände, die zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen (unzureichende Ermittlungen durch die belangte Behörde), geklärt, das Beschwerdevorbringen weicht in den entscheidungswesentlichen Punkten davon nicht ab. Die fehlenden Sachverhaltselemente sind von der belangten Behörde im fortgesetzten Verwaltungsverfahren zu ermitteln. Im Hinblick darauf unterbleibt eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG.
IV. Zur Zulässigkeit der Revision
Das vorliegende Verfahren wirft eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf: Im Hinblick auf das Wort „beziehungsweise“ in § 102 Abs. 1 EisbKrV könnte das Verhältnis zwischen den § 4 ff EisbKrV und § 102 Abs. 1 und 3 leg.cit. anders ausgelegt werden, als es hier geschehen ist. § 102 Abs. 1 2. Satz könnte auch so verstanden werden, dass im Falle des Vorliegens der Voraussetzungen des § 102 Abs. 3 EisbKrV ein Ausspruch nach den §§ 4 ff EisbKrV zunächst zu unterbleiben hat oder zumindest unterbleiben kann und erst nach Ablauf der technischen Nutzungsdauer der bestehenden Schrankenanlage nachzuholen ist. Hätte der Ausspruch nach § 102 Abs. 3 EisbKrV selbständig zu erfolgen, wäre der angefochtene Bescheid nicht nach § 28 Abs. 3 VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen, sondern nach § 28 Abs. 1 VwGVG ersatzlos zu beheben gewesen, weil im Hinblick auf die Trennbarkeit des Ausspruches nach § 102 Abs. 3 von jenem nach den §§ 4 ff EisbKrV der Verfahrensgegenstand dann ein anderer wäre. Diese Rechtsfrage betrifft nicht nur eine, sondern kann sich bei einer erheblichen Zahl von Eisenbahnkreuzungen stellen (vgl. bloß den Beschluss des Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vom 22. Februar 2018, LVwG‑AV‑985/001-2017 sowie den Beschluss vom heutigen Tag, LVwG‑AV‑1138/001-2017). Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage liegt nicht vor.
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