BVwG W123 2234806-1

BVwGW123 2234806-129.3.2022

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §11
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
VwGVG §28 Abs2

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2022:W123.2234806.1.00

 

Spruch:

 

W123 2234806-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

 

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Sierra Leone, vertreten durch Ra Mag. Susanne SINGER, gegen den Bescheid Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.07.2020, Zl. 1159879500-191218965, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 21.07.2017 nach unberechtigter Einreise in das Bundesgebiet seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der am 22.07.2017 durchgeführten Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund Folgendes an:

„Mein Vater war ein Prediger. Ich habe ihn manchmal bei seinen Predigten begleitet. Im Jänner 2014 hat mein Vater gegen die Kultgruppen, die Menschen bei ihren Ritualen opfern gepredigt. Er wollte den Zuhörern erklären, dass diese Opferungen nicht von Gott gewollt sind. Daraufhin wurde er von einer Gruppe, die sich „ XXXX “ nennt angegriffen und festgehalten. Er wurde aufgefordert, dass er sich ihnen anschließt. Als er sich weigerte, wurde er umgebracht. Danach wurde mein jüngerer Bruder von ihnen getötet. Sie kamen auch zu mir nach Hause, weil sie mich umbringen wollten. Ein Freund hat mich rechtzeitig davor gewarnt, und ich konnte flüchten. Ich habe mich einige Zeit versteckt, aber dann beschlossen aus Angst um mein Leben, mein Land zu verlassen.“

2. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: belangte Behörde) vom 11.10.2017 gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 13 Abs. 1 b Dublin III VO zuständig ist.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.03.2018 als unbegründet abgewiesen.

3. Der Beschwerdeführer stellte am 28.11.2019 neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Im Rahmen der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, er habe sich ab November 2017 in Italien aufgehalten und sei am 14.11.2019 wieder nach Österreich gereist, wo er eine Freundin habe, die er heiraten wolle.

4. Am 26.02.2020 fand die Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde statt. Die Niederschrift lautet auszugsweise wie folgt:

„[…]

LA: Hatten Sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.)

VP: Ich hatte Probleme mit Personen aus meinem Dorf. Sie gehören zu einer Geheimgesellschaft namens XXXX .

LA: Kann es sein, dass Sie die XXXX meinen? Also nicht XXXX sondern XXXX .

VP: Ja, richtig.

LA: Können Sie den Namen der Geheimgesellschaft buchstabieren oder auf ein Blatt Papier aufschreiben?

VP: Ich weiß nicht wie man den Namen schreibt und weiß auch nicht wie man den Namen buchstabiert.

[…]

LA: Schildern Sie nun die Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag gestellt haben, detailliert, von sich aus, vollständig und wahrheitsgemäß. Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen, die daran beteiligt waren.

VP: Es begann alles mit meinem Vater, er predigte bei einem Gottesdienst an einem Freitag. Er sprach dabei über Geheimgesellschaften und lehrte, dass es schlecht sei einer Geheimgesellschaft beizutreten. Vor dem Zeitpunkt dieser Predigt hörte mein Vater schon öfter, dass Leute gezwungen worden waren, der Geheimgesellschaft beizutreten. Beim besagten Tag war ich dann der Übersetzer der Predigt meines Vaters. Mein Vater sprach in Arabisch und ich übersetzte in Krio. Er sprach also über die Geheimgesellschaft und sagte es wäre nicht gut. Nach dem Gottesdienst gingen alle wieder nach Hause. Am Abend kamen dann ältere Leute der Geheimgesellschaft zu unserem Haus und nahmen meinen Vater mit. Sie sagten wenn jemand gegen die Gesellschaft ist dann wird er gezwungen ein Mitglied der Gesellschaft zu werden. Jemand informierte mich dann, dass sie meinen Vater dann in den Busch mitnahmen. Ich begab mich dann mit zwei Freunden an den geheimen Platz im Busch und ich sah wie mein Vater mit den Leuten der Geheimgesellschaft kämpfte. Als ich angekommen bin habe ich dann gegen die Leute gekämpft. Dabei wurde ich auch verletzt. Durch den Kampf wurde mein Vater auch halbseitig gelähmt. Wir haben lange gekämpft aber sie wollten trotzdem, dass mein Vater ein Mitglied der Geheimgesellschaft wird. Ich wurde an der Innenseite meines rechten Beines auch verletzt (VP zeigt eine scheinbar früher verletzte Hautstelle an der Innenseite des rechten Beines). Meine Freunde haben mich dann vom Kampf weggezogen und sagten es wären zu viele Leute, wir können nicht gegen alle Personen kämpfen. Ich ging dann nochmal zurück und sah, wie sie meinen Vater festgebunden hatten und er auch voller Blut war. Ich hörte, dass mein Vater immer wieder ein islamisches Gebet wiederholt. Ich holte dann Kerosin und Streichhölzer und zündete dann den Schrein der Geheimgesellschaft an. Dann sind die Leute auf mich losgegangen und schlugen mich. Ich wurde dann festgehalten und zu ihrem Dorfältesten gebracht. Sie haben mich dann einen Tag lang in einen Käfig eingesperrt. Als sie mich dorthin gebracht haben war der Dorfchef nicht zu Hause, ich glaube er war auf einer Reise, deswegen haben sie mich einen Tag lang eingesperrt. Als ich bereits eine Nacht dort war kamen dann am Abend des nächsten Tages zwei meiner Freunde und sprachen mit meinen Bewachern. Ich glaube meine Freunde haben den Wachmännern Geld und daraufhin wurde ich freigelassen. Meine Freunde sagten dann ich soll sofort weglaufen, weil sie wüssten ich hätte in den Augen der Geheimgesellschaft etwas schlimmes getan und ich würde dafür getötet werden. Weil ich verletzt war hat dann einer meiner Freunde einen Motorradfahrer gestoppt und ihm gesagt, er soll mich nach XXXX bringen. So verließ ich das Land und kam dann nach XXXX .

LA: Gibt es noch andere Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen haben?

VP: Nein.

[…]

LA: Was würde Sie jetzt konkret erwarten, wenn Sie in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren würden?

VP: Zwei Dinge. Entweder ich würde von der Geheimgesellschaft getötet werden oder weil ich Feuer im Wald gemacht habe, könnte ich verurteilt und inhaftiert werden.

[…]

LA: Wurde die Polizei über die Auseinandersetzung mit der Geheimgesellschaft informiert?

VP: Ich weiß es nicht.

LA: Haben Sie je Schutz bei den staatlichen Behörden in Sierra Leone gesucht?

VP: Nein. Nachgefragt hätten sie möglicherweise inhaftiert, weil ich Feuer im Busch gelegt habe und den Schrein angezündet habe.

[…]

LA: Warum haben Sie sich nicht in einem anderen Landesteil Sierra Leones niedergelassen?

VP: Wenn ich in Sierra Leone erwischt werden würde, würde ich inhaftiert werden. Wegen der Brandlegung.

[…]“

5. Der Beschwerdeführer legte der belangten Behörde zwei Zeitungsausschnitte vor. Diesbezüglich sowie betreffend die behauptete Verfolgung durch die „ XXXX Society“ wurden zwei Anfragen an die Staatendokumentation gerichtet.

6. Am 14.07.2020 fand eine weitere Einvernahme des Beschwerdeführers statt. Diese verlief im Wesentlichen folgendermaßen:

„[…]

Anm.: Herr XXXX kommt in Begleitung einer Dame, welche angibt, die Freundin der Verlobten des Antragstellers zu sein. Sie sagte, sie würde sich als Auskunftsperson anbieten. Es wird im Anschluss an die Einvernahme eine Zeugeneinvernahme vereinbart.

[…]

F.: Bestehen gegen Sie aktuelle staatliche Fahndungsmaßnahmen wie Aufenthaltsermittlung, Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief, etc.

A.: Nein.

[…]

F.: Hatten Sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.)

A.: Nein.

[…]

F.: Schildern Sie die Gründe, warum sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag gestellt haben, von sich aus vollständig und wahrheitsgemäß.

Sie werden darauf hingewiesen, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit Ihres Vorbringens beeinträchtigen können.

Sollten Sie zu irgendeinem Zeitpunkt vor österreichischen Behörden falsche Angaben gemacht haben oder sollte es zu sonstigen Ungereimtheiten gekommen sein, so werden Sie aufgefordert, dies jetzt bekannt zu geben.

Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen, die daran beteiligt waren.

A.: Ich werde im Heimatland von der Gruppe XXXX verfolgt. Am 07.04.2017 hatte ich ein Problem.

Mein Vater war ein Prediger. Mein Vater predigte in Mandingo und ich übersetzte seine Predigt in die Sprache Krio. Nach dem Freitagsgebet am 07.04.2017 hat mein Vater festgestellt, dass er durch seine Predigt die Menschen beleidigt hat. Eine Gruppe von mir unbekannten Personen hat dann meinen Vater in seinem Haus in XXXX aufgesucht. Diese Leute sagten, dass mein Vater sich nunmehr der XXXX Gesellschaft anschließen müsse, da er sich gegen diese Gesellschaft ausgesprochen hätte.

Mein Vater hat dann gegen die unbekannten Leute einen Kampf begonnen. Im Fortgang des Kampfes, an dem mein Vater teilnahm, wurde mein Vater gefesselt und in den Busch verschleppt. Ich selbst suchte meinen Vater. Mein Vater hatte durch den Kampf mit den unbekannten Personen einige blutende Wunden. Ich selbst habe dann auch gekämpft.

Da mein Vater sehr stark geschlagen wurde, hat er auch am 07.04.2017 den Schlaganfall erlitten, von dem ich eingangs sprach. Ich ließ meinen Vater zurück, da ich dachte, er sei tot. Ich habe dann das Waldstück, in dem der Kampf stattgefunden hat mit Kerosin in Brand gesteckt. Ich wurde dann von den XXXX -Leuten wegen Brandstiftung festgehalten und zum Dorfältesten gebracht. Ich habe mich bis in die Nachtstunden des 07.04.2017 im Gewahrsam der XXXX -Leute befunden.

Zwei mir unbekannte Personen haben den Wächter bestochen. Ich lief davon und begab mich in der Folge ins Ausland, da ich Angst hatte von den Angehörigen der Gruppe XXXX getötet zu werden.

Ein Freund hat mich noch in derselben Nacht mit dem Motorrad zu Grenze nach XXXX gebracht.

Das sind meine Ausreisegründe.

[…]

F.: Gibt es noch andere Gründe, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben.

A.: Nein.

F.: Haben Sie sämtliche Gründe, warum Sie die Heimat verlassen haben, vollständig geschildert.

A.: Ja.

F.: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten.

A.: Ich könnte wegen Brandstiftung festgenommen werden und im Gefängnis landen. Ich könnte auch mein Leben verlieren.

F.: Gibt es aus Ihrer Sicht Gründe, die gegen eine Ausweisung sprechen? Haben Sie familiäre Interessen in Österreich?

A.: Ich habe meine Verlobte und sie erwartet ein Kind.

[…]“

7. Am 14.07.2020 wurde ferner die Vertrauensperson, welche den Beschwerdeführer zur Einvernahme begleitete als Zeugin einvernommen. Die dabei aufgenommene Niederschrift stellte sich auszugsweise folgendermaßen dar:

„[…]

Ich kenne Herrn XXXX seit Dezember 2019, seine Lebensgefährtin, also Frau XXXX , kenne ich seit 2014. Ich unterstütze sie beim Verstehen der deutschen Sprache. Zu dieser Zeit starb auch der Sohn von XXXX . Nachdem ich auch dereinst mit einem Nigerianer verheiratet war, kenne ich die Schwierigkeiten, welche der Eheschließung der beiden entgegenstehen. Nun sind aber die Botschaften geschlossen. Herr XXXX bemüht sich die deutsche Sprache zu lernen und ich unterstütze ihn als zertifizierte Deutschtrainerin beim Verstehen und Erlernen der deutschen Sprache.

F.: Sie geben an, XXXX , Was können Sie über Frau XXXX berichten.

A.: Ich kenne XXXX seit 2014, mein Ex-Mann ist auch aus XXXX . Wir sind seither immer wieder in Kontakt und ich unterstütze sie. Als sie vom Heiraten sprach und um meine Unterstützung ersuchte, half ich ihr.

F.: Wissen Sie, wieviele Kinder XXXX hat.

A.: Sie hat vier Kinder in Nigeria.

[…]

F.: Seit wann sind die beiden verlobt.

A.: Sie haben eine traditionell Fernheirat in Nigeria gemacht. Das war im Jänner 2020 oder Februar 2020.

F.: Herr XXXX gab an, seine Verlobte würde ein Kind erwarten. Wissen Sie für wann der Geburtstermin errechnet wurde.

A.: Ich kann das nicht bestätigen. Ich kann nicht bestätigen, dass XXXX von Herrn XXXX ein Kind erwartet. Das höre ich heute zum ersten Mal.

[…]“

8. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) als auch betreffend die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Sierra Leone (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), und gemäß § 52 Abs. 9 FPG bzw. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Sierra Leone zulässig sei (Spruchpunkt V.) die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

9. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde vom 25.08.2020, in welcher der Beschwerdeführer sein gesamtes bisheriges Vorbringen zum integrierenden Bestandteil des Beschwerdeschriftsatzes erhob und zusammengefasst vorgebracht wurde, die Beschwerde richte sich wesentlich gegen die Beweiswürdigung der erstinstanzlichen Behörde. Dem Hinweis auf das Rechercheergebnis im angefochtenen Bescheid sei entgegenzuhalten, dass dieser zu pauschal gehalten sei, um als inhaltliche Beweiswürdigung herangezogen werden zu können. Die Anfragebeantwortung, wonach nach der Verfassung jedem Bürger der Schutz seiner grundlegenden Menschenrechte und Freiheiten garantiert werde und die Verantwortung der Polizei obliege, sei äußerst allgemein gehalten und gebe keine Auskunft darüber, ob Einzelpersonen tatsächlich staatlichen Schutz erhalten würden. Die Brandstiftung des Schreins sei ferner unter eine sehr hohe Strafe gestellt und der Beschwerdeführer fürchte, dass ihm sein Vorgehen nicht als Nothilfe gegenüber seinem Vater und damit als Rechtfertigungsgrund angerechnet würde. Bezüglich des vorgelegten Zeitungsartikels gehe außerdem aus der Anfragebeantwortung nicht definitiv hervor, dass es sich um eine Fälschung handle. Aufgrund der Divergenzen zwischen der Printausgabe und dem Online-Artikel hätte eine direkte Anfrage an die Zeitung sowie die Redakteurin getätigt werden müssen.

10. Mit Parteiengehör vom 24.02.2022 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, angeführte Fragen binnen 3 Wochen ab Zustellung des Schreibens zu beantworten.

11. In der Stellungnahme vom 17.03.2022 brachte der Beschwerdeführer vor, er sei gesund, habe keine Kinder und lebe in einem Haushalt mit seiner Verlobten, welche über eine Rot-Weiß-Rot – Karte plus verfüge. Er besuchte einen Deutschkurs auf A1-Niveau und arbeitet als Zeitungsverkäufer, weshalb er keine Leistungen aus der Grundversorgung mehr in Anspruch nimmt und selbst krankenversichert ist. Der Beschwerdeführer sei in Kontakt mit seinem jüngeren Bruder, seiner älteren Schwester sowie Onkeln im Herkunftsstaat „Nigeria“. Weiters wurden diverse Urkunden zur Bestätigung seines Vorbringens übermittelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Sierra Leone und Moslem. Er gehört der Volksgruppe der Mandingo an und spricht Mandingo, Englisch sowie Krio.

Der Beschwerdeführer stammt aus einem Dorf in der Nähe von XXXX . Er verfügt über eine mehrjährige Schulbildung und half bereits als Kind seinem Vater beim Verkauf von Baumaterialien. Seit dem Jahr 2005 oder 2006 arbeitete er Vollzeit mit seinem Vater.

1.2. Der Beschwerdeführer steht derzeit in Kontakt mit diesem jüngeren Bruder sowie seinen älteren Schwestern und seinen Onkeln, welche alle in seinem Herkunftsstaat leben.

Die Eltern des Beschwerdeführers sind bereits verstorben. Der jüngere Bruder des Beschwerdeführers ist Schweißer und lebt in XXXX , Sierra Leone. Dort wohnen außerdem seine Stiefmutter mit deren Kindern und ein Onkel des Beschwerdeführers, welche im Gold- bzw. Diamantenhandel tätig sind. Ferner verfügt der Beschwerdeführer über weitere Verwandte in Sierra Leone.

1.3. Der Beschwerdeführer reiste spätestens am 21.07.2017 erstmals unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein.

Sein erster Antrag auf internationalen Schutz wurde wegen Unzuständigkeit nach der Dublin III VO rechtskräftig zurückgewiesen, wobei eine zwangsweise Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien mangels Auffindbarkeit des Beschwerdeführers nicht erfolgen konnte. Am 28.11.2019 stellte der Beschwerdeführer gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Der Beschwerdeführer war zwischen 24.11.2017 und 28.11.2019 nicht im Bundesgebiet gemeldet (vgl. AS 361).

1.4. In Österreich lebt er in einem Haushalt mit seiner Verlobten, welche über eine Rot-Weiß-Rot – Karte plus verfügt. Sonstige Verwandte oder maßgebliche privaten und familiäre Beziehungen bestehen nicht im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer hat keine Kinder und ist für niemanden sorgepflichtig.

Der Beschwerdeführer besucht einen Deutschkurs auf A1-Niveau und verfügt über kein Deutschzertifikat. Er arbeitet seit 2019 als selbständiger Zeitungsverkäufer und kommt mit finanzieller Unterstützung seiner Lebensgefährtin für seinen Unterhalt auf, weshalb er keine Leistungen aus der Grundversorgung mehr bezieht. Ferner ist er bei der ÖGK krankenversichert. In Österreich hat er sich nicht ehrenamtlich engagiert.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Zum Fluchtvorbringen/Zur Rückkehr des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Sierra Leone aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war.

Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass er in Sierra Leona von der Geheimgesellschaft „ XXXX “ bedroht werde oder einer Gefährdung durch die staatlichen Behörden ausgesetzt sei.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht auch nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

Der Beschwerdeführer wird im Falle seiner Rückkehr in sein Heimatland mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

Nicht festgestellt werden kann auch, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Sierra Leone die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre, darüber hinaus verfügt er dort noch über vielfältige familiäre Anknüpfungspunkte.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen lebensbedrohlichen körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen, die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegenstünden und ist jung und arbeitsfähig.

Auch die aktuell vorherrschende COVID-19-Pandemie bildet kein Rückkehrhindernis. Der Beschwerdeführer ist gesund und gehört mit Blick auf sein Alter und das Fehlen physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 an. Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Sierra Leone eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde.

Zur Lage im Herkunftsstaat:

1.2.1. Auszug Länderinformation der Staatendokumentation vom 04.09.20181. Politische Lage

Sierra Leone ist eine Präsidialdemokratie mit einem Mehrparteiensystem. Der Präsident wird direkt vom Volk gewählt und ist zugleich Staatsoberhaupt und Regierungschef. Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen finden gleichzeitig alle fünf Jahre statt (GIZ 6.2018a; vgl. AA 3 .2017a). Die Verfassung aus dem Jahre 1991 gilt noch heute und setzt sich aus britischen und amerikanischen Elementen zusammen. Es gibt eine horizontale Gewaltenteilung mit Legislative, Exekutive und Judikative. Das Parlament als legislative Gewalt hat eine Kammer mit 144 Sitzen, von denen 132 Sitze für direkt gewählte Abgeordnete bestimmt sind (GIZ 6.2018a), zwölf Sitze sind für die Vertretung der Paramount Chiefs reserviert (GIZ 6.2018a; vgl. AA 3 .2017a). Diese zwölf Abgeordneten vertreten die Paramount Chiefs der 190 Chiefdoms, wobei die Paramount Chiefs in den einzelnen Chiefdoms wiederum vom Volk auf Lebenszeit gewählt werden (GIZ 6.2018a).

Die Präsidentschaftswahl gewann 2018 Julius Maada Bio von der Sierra Leone People's Party (SLPP) im 2. Wahlgang. Er wurde am 4. April 2018 zum neuen Präsidenten Sierra Leones ernannt. Er löst Ernest Bai Koroma vom All People's Congress (APC) ab, der nach zwei Amtszeiten nicht noch einmal kandidieren durfte. Parteipolitisch ist Sierra Leone hauptsächlich in zwei Lager geteilt. Während der APC tendenziell als Partei der Temne im Norden gilt, hat die SLPP ihr Wählerklientel vorwiegend bei den Mende im Süden und Südosten des Landes. Beide Parteien sind politisch vorbelastet. Das Einparteiensystem und die Misswirtschaft der APC haben letztlich zum Bürgerkrieg geführt. Die SLPP stand danach zunächst für eine Erneuerung und den Frieden. Allerdings wird auch ihr vorgeworfen, dass sich ihre Führung während der Regierungszeit hemmungslos bereichert hat (GIZ 6.2018a).

[…]2. Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist im ganzen Land stabil (AA 3 .2017a). Das französische Außenministerium bewertet lediglich die Lage im direkten Grenzgebiet zu Liberia als instabil (FD 27.6.2018). Das deutsche Auswärtige Amt nennt keine relevanten Sicherheitsprobleme (AA 26.6.2018). Laut österreichischem Außenministerium herrscht im ganzen Land ein hohes Sicherheitsrisiko (BMEIA 27.6.2018). Armee und Polizei sind landesweit stationiert und haben nach dem vollständigen Abzug der UN-Friedenstruppen die Verantwortung für die innere und äußere Sicherheit übernommen (AA 3 .2017a; vgl. EDA 27.6.2018).

[…]3. Rechtsschutz / Justizwesen

Die Verfassung gewährleistet eine unabhängige Justiz, diese ist jedoch zeitweise der Einflussnahme seitens der Exekutive ausgesetzt (USDOS 20.4.2018; vgl. GIZ 6.2018a). Bei Gerichtsverfahren kommt es immer wieder zu Einmischungsversuchen durch die Politik (GIZ 6.2018a).

Das Rechtssystem Sierra Leones ist im Wesentlichen geprägt von der Koexistenz dreier Systeme: dem staatlichen (Ebene der Distrikte); dem traditionellen (Ebene der Chiefdoms); und vereinzelt dem islamischen Recht. Das staatliche Justizsystem basiert auf dem britischen Common Law und besteht aus einem mehrstufigen Instanzenzug. Die Richter für die drei höchsten Gerichte werden vom Präsidenten ernannt, müssen aber vom Parlament bestätigt werden. Die Gerichte auf der Ebene der Chiefdoms sind mit Laienrichtern besetzt. Gegen Urteile kann Berufung eingelegt werden (GIZ 6.2018a). Die traditionelle Justiz funktioniert – v.a. in ländlichen Gebieten. Die dort geführten Prozesse sind generell fair, es kommt aber in vielen Fällen zu Bestechung und Korruption (USDOS 20.4.2018).

Die Judikative befindet sich seit dem Ende des Bürgerkrieges in einer Reform. Sie leidet unter zu wenig Personal und materiellen Ressourcen. Außerdem sind Korruption und Vetternwirtschaft auf allen politischen Ebenen weit verbreitet (GIZ 6.2018a).

Gesetzlich ist ein faires Verfahren vorgesehen. Gerichtsverfahren sind öffentlich. Für Angeklagte gilt generell die Unschuldsvermutung. Sie haben das Recht auf Vertretung durch und rechtzeitige Konsultation mit einem Anwalt. Gesetzlich müssen Anwälte auf Staatskosten zur Verfügung gestellt werden, sofern sich der Angeklagte keinen Anwalt leisten kann. In der Praxis funktionierte dies nicht durchwegs. Angeklagte haben üblicherweise nicht die Möglichkeit, ihre Verteidigung angemessen vorzubereiten (USDOS 20.4.2018). Der Zugang der Bevölkerung zu den Justizbehörden wird generell durch einen Mangel an Richtern, langwierige Verfahren und allgemein zu geringe Kapazitäten im Bereich der Strafverfolgung und der örtlichen Gerichte behindert (GIZ 6.2018a).

[…]4. Sicherheitsbehörden

Die Polizei (SLP/Sierra Leone Police) unter dem Ministry of Internal Affairs ist für die innere Sicherheit zuständig (GIZ 6.2018a; vgl. USDOS 20.4.2018). Allerdings herrschen auch hier korrupte Strukturen vor (GIZ 6.2018a). Die Polizei ist schlecht ausgerüstet, und es mangelt ihr an ausreichenden investigativen und kriminalistischen Kapazitäten sowie der Fähigkeit zur Eindämmung von Unruhen (USDOS 20.4.2018).

Für die äußere Sicherheit ist die Armee (RSLAF/Republic of Sierra Leone Armed Forces) unter dem Ministry of Defence and National Security zuständig (GIZ 6.2018a; vgl. USDOS 20.4.2018 ). Sie hat aber auch einige Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit durch das Programm "Military Aid to Civil Power", welches auf Anfrage die Unterstützung der Polizei unter außergewöhnlichen Umständen genehmigt. Zivile Behörden kontrollieren SLP und RSLAF und die Regierung verfügt über Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Korruption und Misshandlungen. Trotzdem ist Straffreiheit weiterhin ein Problem (USDOS 20.4.2018).

[…]5. Folter und unmenschliche Behandlung

Verfassung und Gesetze verbieten Folter und unmenschliche Behandlung, es gibt allerdings Berichte, wonach Polizei und andere Sicherheitskräfte exzessive Gewalt anwenden. Es gibt Berichte, wonach Beamte für mehrere willkürliche oder extralegale Tötungen verantwortlich ist. Die Regierung unternahm Schritte, um die Verantwortlichkeit der Polizei zu stärken. In der Praxis werden jedoch seitens der Regierung Polizeibeamte nicht zur Verantwortung gezogen, so willkürlich oder übermäßig diese Gewalt anwenden (USDOS 20.4.2018).

[…]6. Korruption

Gesetzlich sind Strafen für behördliche Korruption vorgesehen. Die Regierung schafft es jedoch nicht, das Gesetz wirksam umzusetzen. Trotz einiger gut dokumentierter Korruptionsfälle sind Beamte häufig korrupt und gehen straffrei aus. Korruption bleibt somit weiterhin ein ernstes Problem (USDOS 20.4.2018).

Die Anti-Corruption Commission (ACC) beschuldigte im August 2016 zwei Beamte wegen Verschwörung, der Begehung eines Korruptionsdeliktes und der Unterschlagung von öffentlichem Eigentum. Einer der Beamten wurde verurteilt und mit einer Geldstrafe von 30 Millionen Leones (4.000 Dollar) belegt, und der andere Fall wurde fortgeführt. Am 31. August 2017 beschuldigte die ACC auch Beamte der NGOs PLAN International Sierra Leone und The Needy Today mit der Unterschlagung von Geldern für Ebola-Überlebende (USDOS 20.4.2018). Auf dem Index von Transparency International befand sich Sierra Leone im Jahr 2016 auf Rang 130 von 180 untersuchten Ländern (TI 2017).

[…]7. NGOs und Menschenrechtsaktivisten

In Sierra Leone entwickelte sich eine umfangreiche Szene zivilgesellschaftlich aktiver Gruppen. NGOs bemühten sich schon während des Bürgerkrieges um die Wiederherstellung des Friedens. Auch bei der kritischen Begleitung des darauffolgenden Versöhnungsprozesses spielte die Zivilgesellschaft spielte eine wichtige Rolle. Die Zivilgesellschaft in Sierra Leone beinhaltet zum einen spezifische, historisch gewachsene Strukturen wie Geheimbünde, zum anderen neuere Strukturen wie die oben angesprochenen NGOs (GIZ 6.2018a). Eine Reihe von inländischen und internationalen Menschenrechtsgruppen arbeitet im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkungen, untersuchen Menschenrechtsfälle und veröffentlichen ihre Ergebnisse. Beamte sind oft kooperativ, gehen auf Ansichten lokaler und internationaler NGOs ein und erkennen angesprochene Probleme an (USDOS 20.4.2018).

[…]8. Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechtelage hat sich nach dem Ende des Bürgerkriegs in vielen Bereichen deutlich verbessert. Die Regierung Sierra Leones hat 2006 die "Human Rights Commission of Sierra Leone" ins Leben gerufen. Eine Ausnahme im Hinblick auf die insgesamt positive Menschenrechtsentwicklung ist vor allem die in Gesellschaft und Rechtsordnung verankerte, in Religion und Tradition wurzelnde, Benachteiligung von Frauen und Kindern (AA 3 .2017a). Zu den schwerwiegendsten Menschenrechtsproblemen zählen unter anderem: rechtswidrige Tötungen und Misshandlungen durch die Polizei; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; weitverbreitete behördliche Korruption auf allen Ebenen. . Weitere Probleme sind: mangelnde Rechenschaftspflicht in Fällen sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen, einschließlich FGM; Zwangsheirat; behördliche und gesellschaftliche Diskriminierung von Homosexuellen und Kinderarbeit (USDOS 20.4.2018).

[…]9. Haftbedingungen

Gefängnis- und Haftbedingungen sind hart und manchmal lebensbedrohlich (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2018). Überbelegung ist eines der größten Probleme (USDOS 20.4.2018), neben unhygienischen Lebensbedingungen und ungenügender medizinischer Versorgung (USDOS 20.4.2018). Zudem äußerten NGOs Bedenken hinsichtlich des verzögerten Zugangs zu medizinischer Versorgung für Häftlinge, unzureichender Nahrung und Grundausstattung, schlechter Bedingungen in den Polizeizellen, einschließlich unzureichender sanitärer Einrichtungen, und längerer Haftzeiten, die die verfassungsmäßigen Rechte der Häftlinge verletzen (AI 22.2.2018). Die Menschenrechtskommission von Sierra Leone (HRCSL) berichtet, dass seit Oktober 2016 Männer und Frauen in Gefängnissen separat untergebracht werden. Minderjährige werden allerdings häufig mit Erwachsenen inhaftiert (USDOS 20.4.2018).

Strafvollzugsgruppen berichteten, dass die Behörden im Allgemeinen Vorwürfe der Misshandlung von Gefangenen untersuchten. Die Regierung erlaubte zudem auch die Überwachung durch unabhängige, nichtstaatliche Beobachter. Internationale Beobachter hatten uneingeschränkten Zugang zu den Gefängnissen, Haftanstalten und Polizeizellen. Die Menschenrechtskommission von Sierra Leone (HRCSL) überwacht monatlich die Gefängnisse (USDOS 20.4.2018).

[…]10. Bewegungsfreiheit

In der Verfassung sind uneingeschränkte Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr verankert. Die Regierung respektiert diese Rechte üblicherweise. Jedoch gibt es Berichte, wonach Sicherheitskräfte bei Straßensperren außerhalb der Hauptstadt Bestechungsgelder von Fahrzeuglenkern verlangen. Auch Polizei, Zöllner und Militär verlangen Bestechungsgelder (USDOS 20.2018).

Trotz des offiziellen Kriegsendes 2002 ist das Land von den Jahren des Bürgerkrieges noch schwer gezeichnet. Die Infrastruktur ist in vielen Gebieten im Landesinneren weiterhin zerstört und erholt sich nur langsam (BMEIA 28.4.2017).

[…]11. IDPs und Flüchtlinge

Die Regierung arbeitete mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Binnenvertriebenen, Flüchtlingen, Rückkehrern, Asylsuchenden, Staatenlosen und anderen Betroffenen Schutz und Unterstützung zu gewähren. Im August 2017 beherbergte Sierra Leone ca. 700 anerkannte Flüchtlinge (USDOS 20.4.2018).

[…]12. Grundversorgung

Die Wirtschaft Sierra Leones ist geprägt von der Landwirtschaft (überwiegend kleinbäuerliche Subsistenzwirtschaft) und der Rohstoffgewinnung (GIZ 6.2018c; vgl. AA 3 .2017b). Rund 51,4 Prozent des BIP werden vom landwirtschaftlichen Sektor erwirtschaftet. Der Dienstleistungssektor trägt 26,6 Prozent und der Industriesektor 22,1 Prozent zum BIP bei (GIZ 6.2018c).

Sierra Leone ist mit einem Bruttoinlandsprodukt von ca. 4,5 Milliarden US-Dollar und einem Pro-Kopf-Einkommen von ca. 700 US-Dollar im Jahr 2015 eines der ärmsten Länder der Welt (AA 3 .2017b) und belegt auf dem Human Development Index von 2016 Rang 179 der 188 untersuchten Ländern. Ein Großteil der Bevölkerung (ca. 77 Prozent) lebt in absoluter Armut und hat weniger als 2 US-Dollar pro Tag zur Verfügung (GIZ 6.2018c).

Ein schwach strukturierter privater Sektor, schlecht ausgebildete Arbeitskräfte, Korruption und wenig Rechtssicherheit behindern ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Die kaum ausgebaute Infrastruktur behindert zudem den Handel außerhalb der größeren Städte. Während der Regenzeit sind viele Straßen unpassierbar und die Erreichbarkeit ländlicher Gebiete ist schwierig. Die wirtschaftliche Entwicklung unterscheidet sich jedoch auch zwischen Stadt und Land. Zudem beeinflussen die Nachwirkungen des Bürgerkrieges (1991 bis 2002), die weit verbreitete Korruption und die unzureichend ausgebaute Infrastruktur die Wirtschaftslage Sierra Leones (GIZ 6.2018c).

In Sierra Leone gibt es einen extremen Mangel an formaler Beschäftigung, wobei bisher keine verlässlichen statistischen Daten erhoben wurden. Die Mehrheit versucht mit Gelegenheitsjobs oder als Händler ein Auskommen zu erwirtschaften. Die Subsistenzwirtschaft wird in Familien oft parallel oder alternativ genutzt, um den Lebensunterhalt zu sichern. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit stellt ein besonders gravierendes soziales Problem dar. Dabei gibt es einige wenige Projekte, die versuchen, die Jugendlichen in die Gesellschaft zu integrieren. Es gibt Projekte, die sich auf lokaler Ebene direkt an Kinder und Jugendliche wenden, die kein zu Hause haben und auf der Straße leben müssen (GIZ 6.2018b).

Der Bürgerkrieg brachte die wirtschaftlichen Aktivitäten vollkommen zum Erliegen. Seitdem ist es noch nicht im notwendigen Umfang gelungen, einen beschäftigungswirksamen Aufschwung zu erzeugen (GIZ 6.2018b).

Im Jahr 2016 ist die Wirtschaft dank anziehender Rohstoffpreise und hierdurch belebter Wirtschaftsaktivität wieder um knapp 5 Prozent gewachsen. Schwerpunkt der Wirtschaftspolitik des ehemaligen Präsident Koroma war die Förderung großer ausländischer Investitionen mit dem Ziel, rasch neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Staatseinnahmen deutlich zu steigern, insbesondere in den Bereichen Tourismus, Bergbau, Agrobusiness, Fischereiwirtschaft, Energiewirtschaft (auch erneuerbare Energien) und Ausbau der Infrastruktur (Häfen, Flughäfen, Straßen, Telekommunikation). Sierra Leone ist reich an Bodenschätzen und mit seinen schönen Stränden ein potentielles Ziel für Touristen in Westafrika (AA 3 .2017b).

Das Entwicklungsprogramm "Agenda for Prosperity" für den Zeitraum 2013 bis 2018 soll dazu beitragen, dass Sierra Leone bis 2035 das Niveau eines Landes mit mittlerem Einkommen erreicht (AA 3 .2017b).

[…]13. Rückkehr

Ein vom United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) initiiertes Repatriierungsprogramm für Bürgerkriegsflüchtlinge wurde im Juli 2004 abgeschlossen: Insgesamt 270.000 Flüchtlinge aus Sierra Leone konnten so in ihre Heimat zurückkehren. Auch die Menschen, die nach Liberia geflüchtet waren, wurden in ihre Heimat repatriiert (GIZ 6.2018a).

[…]

 

1.2.2. Auszug Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 18.06.2020

- Überprüfung der Echtheit des vom Antragsteller vorgelegten Zeitungsartikel. Sind genannte Medien dafür bekannt, gegen entsprechende Gegenleistungen Artikel jeglichen Inhalts zu veröffentlichen?

[…]

Zusammenfassung:

Um den Wahrheitsgehalt des Artikels zu prüfen, wurde auf der Webseite von „Awko Newspaper“ mittels der Suchfunktion (Lupe oben rechts) der Artikel „Destroying secret hut… Traditionalist declares war on XXXX “ gesucht und gefunden. Dieser konnte zudem auch auf einem weiteren Nachrichtenportal der Zeitung, The Calabash Newspaper gefunden werden.

Im Großen und Ganzen, konnten keine Unstimmigkeiten gefunden werden. Auch der Name der Autorin wurde in den Recherchen auf dem Onlineportal der Awoko Newspaper gefunden. Auffallend war, dass der Artikel ausführliche und sehr persönliche Informationen über den Antragsteller angibt, wogegen die Autorin in den weiteren Artikeln auf der Seite von Awoko vorwiegend politische oder gesellschaftspolitische Berichte verfasst. Die Vorgehensweise der Überprüfung des Artikels wird unten detailliert beschrieben.

Nach Versand der Anfrage an die ÖB in Dakar wurde der VA beauftragt die Ausgabe der Zeitung Awoko Newspaper vom 10.4.2017 genauer unter Betracht zu nehmen, vor allem die Seite 4. Der VA hat Fotos dieser Ausgabe gemacht. Auf Seite 4 sind 2 Artikel: „Africa Notebook“ und „Is packaging important?“. Der vorgelegte Artikel des Antragstellers, „Destroying secret hut… Traditionalist declares war on XXXX “, konnte in dieser Ausgabe nicht gefunden werden.

Einzelquellen:

ad.1.:

Die Medienorganisation „Awko Newspaper“ ist eine unparteiische, unabhängige und objektive Zeitung in Sierra Leone. Durch die Angabe der Internetseite wurde zunächst die Webseite geöffnet und die Suchfunktion mit den unterschiedlichen Begriffen durchsucht:

- mit dem Titel des Artikels: „Destroying secret hut… Traditionalist declares war on XXXX “ – der Artikel konnte gefunden werden (siehe unten).

Da auch eine weiterer Artikel, „Is packaging important?“ auf dieser Seite zum Vergleich herangezogen werden konnte, wurde dieser ebenfalls online gesucht, konnte aber nicht gefunden werden. Des Weiteren konnte auch das Horoskop vom 10.4.2017 nicht auf dem Onlinpartal gefunden werden.

- dem Namen der Autorin des Artikels: Betty Milton - die Suche zeigte unterschiedliche Artikel der Autorin, im Zeitraum zwischen 2008 und 2018 an. Der Artikel des Antragstellers wurde auf Seite 29/105 gefunden. Interessant ist allerdings, dass dieser der einzige Artikel ist, der in der Suchfunktion mit Bild angezeigt wurde:

Awoko Newspaper (18.6.2020): Suchfunktion mit dem Suchwort: „Betty Milton“, Seite 29 von 105, Zugriff 18.6.2020

Des Weiteren wurde der vorgelegte Artikel (Zeitung) genauer untersucht und auf Auffälligkeiten, sowie Rechtschreibfehler und Grammatikfehler geprüft. Auch das Layout des Artikels wurde näher untersucht. Das Original des Zeitungsartikels, welchen der Antragsteller in der Einvernahme vorgelegt hat, wurde zudem mit dem Artikel auf der Webseite verglichen. Es konnten kleine Abweichungen (s.u.) gefunden werden (Inhalt und Form ident). Im Vergleich mit den anderen Artikeln der Autorin, Betty Milton, auf der Seite konnte festgestellt werden, dass die Autorin vorwiegend über politische oder gesellschaftspolitische Themen schreibt:

 

 

Awoko Newspaper (10.4.2017): Destroying secret hut… Traditionalist declares war on XXXX , vorgelegt vom AW und übermittel via Mail von der RD OÖ am 21.4.2020

Druckgröße:

Beim Schriftbild gibt es keine Auffälligkeiten. Schriftart und Schriftgröße des Artikels stimmen mit dem zweiten Artikel der Zeitung überein. Es konnten keine Indizien dafür gefunden werden, dass der Artikel nachträglich eingefügt bzw. kopiert wurde.

Auch inhaltlich konnten lediglich kleine „Mängel“ erkannt werden. Im Onlineartikel fiel gleich im ersten Satz, das Fehle der (runden) Klammer nach dem Wortlaut local society auf, welcher allerdings in der vorgelegten Fotokopie vorhanden ist.

 

 

 

 

Awoko Newspaper (10.4.2017): Destroying secret hut… Traditionalist declares war on XXXX https://awokonewspaper.com/destroying-secret-society-hut-traditionalist-declares-war-on - XXXX /, Zugriff 18.6.2020

Rechtschreibfehler:

Es konnten keine Rechtschreibfehler oder Grammatikfehler im Artikel gefunden werden.

Sprachlicher Stil + Inhalt:

Auch wenn keine offensichtlichen, inhaltlichen Mängel festgestellt werden konnten, sollte angemerkt werden, dass der Artikel viele persönliche Informationen über den Antragsteller beinhaltet. Somit ist ein stilistischer Unterschied zu den anderen Artikeln der Autorin in der Zeitung gegeben.

Jedoch konnte mittels dieser Online Recherche nicht festgestellt werden ob der vorgelegte Artikel tatsächlich in der Ausgabe der Zeitung Awoko Newspaper vom 10.4.2017 erschienen ist. Somit wurde die Anfrage an die ÖB in Dakar zur weiteren Recherche gesendet.

Um personenbezogene Daten zu schützen, wurde der VA gebeten, Bilder der Zeitung Awoko Newspaper vom 10.4.2017 an die ÖB weiter zu leiten. Vor allem die Seite 4 war für die Untersuchung wichtig um den Wahrheitsgehalt zu prüfen.

Der VA konnte folgendes auf der Seite 4 der Zeitung Awoko Newspaper vom 10.4.2017 via Foto weiterleiten. Wie gesehen werden kann, entspricht die vom Antragsteller vorgelegte Fotokopie, nicht dem Original der Zeitung. Der bereits erwähnte Artikel „Is packaging important?“ stimmt mit der Vorlage überein, wie auch das Horoskop „Your daily stars“ auf derselben Seite, der auf den AW bezogene Artikel ist allerdings nicht vorhanden, an dessen Stelle findet sich ein Artikel mit dem Titel „Africa Notebook“:

 

VA des CH HGK in Freetown (10.6.2020): Antwort des VA übermittelt von der ÖB Dakar am 16.6.2020

 

Auf die Frage, ob die Awoko Zeitung dafür bekannt ist, gegen Bezahlung, „falsche“ Inhalte zu veröffentlichen, kann dem Antwortschreiben des VAs folgendes entnommen werden:

Es ist nicht möglich zu überprüfen, ob die Zeitung Zahlungen für den Druck eines Zeitungsartikels entgegennehmen oder nicht.

Nach Einschätzung des VA, ist die besagte Zeitung eine vertrauenswürdige Zeitung. Der Chefredakteur der Zeitung ist auch der Beauftragte für das Medienportal Voice of America in Sierra Leone und der Präsident der Sierra Leone Association of Journalists.

What I understand from your request is that the authorities in Vienna want to know if the Awoko Newspaper is known for receiving payment to print a particular story from an individual or an organization. If that is indeed the question, we cannot verify whether or not they do accept payments for the printing of an article in the newspaper.

 

However, in our estimation, we know the said newspaper to be a credible newspaper and that the chief editor of the said newspaper was the stringer for Voice of America in Sierra Leone and was the president of the Sierra Leone Association of Journalists.

VA des CH HGK in Freetown (17.6.2020): Antwort des VA übermittelet von der ÖB Dakar am 17.6.2020

- Kann der Antragsteller (bei tatsächlichen Konflikten mit der XXXX -Gesellschaft) Schutz durch die staatlichen Behörden erwarten?

- Wie gehen die Behörden in Sierra Leone mit öffentlichen Morddrohungen um bzw. geht die Polizei in solchen Fällen gegen die XXXX -Gesellschaft vor?

- Gibt es Berichte darüber, dass die XXXX -Gesellschaft schwere Straftaten wie z.B. Morde verübt (ohne dafür von der Polizei verfolgt zu werden)?

- Welchen Strafrahmen sieht das Strafgesetzbuch Sierra Leones bei Brandstiftung vor?

[…]

Zusammenfassung:

ad.2.:

Auf die Frage, ob der Antragsteller Schutz durch die staatlichen Behörden erhält, antwortete der VA, dass gemäß Verfassung (1991), jedem Bürger Sierra Leones, der Schutz seiner grundlegenden Menschenrechte und seiner Freiheiten garantiert wird [Kapitel 3 des Gesetzes Nr. 6]. Die Verantwortung obliegt der Polizei von Sierra Leone.

Daher kann jede Einzelperson oder Personengruppe in Sierra Leone, die davon ausgeht, dass eine Bedrohung für ihr Leben oder ihr Eigentum besteht, bei einer Polizeidienststelle eine formelle Beschwerde einreichen. Die Polizei ist laut Gesetz verpflichtet, der Beschwerde nachzugehen und gegebenenfalls, je nach den vorliegenden Beweisen, den Fall vor Gericht zu bringen.

Wie jeder Einzelne oder jede Gruppe von Einzelpersonen in Sierra Leone stehen die Mitglieder der XXXX -Gesellschaft nicht über dem Gesetz. Wenn gegen sie bei der Polizei Anzeige erstattet wird und diese Anzeige nach Ansicht der Polizei begründet ist, ist die Polizei als Institution gesetzlich verpflichtet, die gegen das Mitglied der XXXX -Gesellschaft vorgebrachten Beschwerden zu prüfen und sie vor Gericht zu verfolgen. Gegenwärtig besteht, aufgrund der Covid-19-Pandemie, ein Verbot der Aktivitäten der Geheimgesellschaft in Sierra Leone.

Every Sierra Leonean under the 1991 Constitution of Sierra Leone is guaranteed protection of his/her fundamental human rights and freedoms as stated in Chapter 3 of the 1991 Constitution of Sierra Leone, Act No.6. The Sierra Leone Police is the institution charged with the responsibility of protecting the lives and properties of all persons within the jurisdiction of Sierra Leone.

 

Therefore, any individual or group of individuals within Sierra Leone that reasonably believes that there is a threat to his/her life or property may make a formal complaint at a Police Station, and the Police are obligated under the law to investigate the complaint and as the case may be, depending on the evidence available, charge the matter to Court.

 

The XXXX Society is a male traditional secret society found in predominantly rural areas in Sierra Leone; they are largely known for initiating young male adults and teaching them various aspects of life and livelihood. Upon graduation, they are recognised as men in the society. Like any individual or group of individuals in Sierra Leone, members of the XXXX society are not above the law and as such if reports are made against them to the Police, and which reports the Police believe are substantiated, the Police as an institution is by law mandated to look into the complaints made against the XXXX society member and prosecute them in Court. At the moment, there is a ban on the activities of a secret societies in Sierra Leone due to the Covid 19 Pandemic.

VA des CH HGK in Freetown (19.5.2020): Antwort des VA übermittelt von der ÖB Dakar am 5.6.2020

 

ad.3.:

Auf die Frage, ob der Antragsteller wegen eines Konflikts mit der XXXX -Gesellschaft, Schutz durch die staatlichen Behörden erhält, informiert der VA, dass die Bedrohung des Lebens ein Kapitalverbrechen ist, da wie bereits erwähnt, das Recht auf Leben ein grundlegendes Menschenrecht ist, das von der Verfassung Sierra Leones garantiert wird.

Weiters, steht die XXXX -Gesellschaft nicht über dem Gesetz. Wenn also eine Anzeige gegen diese Gesellschaft erstattet wird und die Polizei davon ausgeht, dass diese Anzeige begründet ist, ist sie verpflichtet, gegen die Täter zu ermitteln und sie strafrechtlich zu verfolgen. In den letzten Jahren gab es jedoch nur wenige Vorfälle von Gewalt im Zusammenhang mit einer gewaltsamen Aufnahme in die XXXX -Gesellschaft, die von der Polizei untersucht wurden.

The Right to life is a fundamental human right guaranteed under the Constitution of Sierra Leone and any threat to interfere with such a fundamental right is usually not taken lightly when it is made to the Police. Threat to life is a felony.

As mentioned earlier, the XXXX society is not above the law, so if a complaint is made against them, and which complaint the Police reasonably believe can be substantiated, they are obliged to investigate and prosecute the perpetrators. However, over the past few years there have been few incidents of violence relating to forcible initiation into the XXXX Society, which the Police are investigating.

VA des CH HGK in Freetown (19.5.2020): Antwort des VA übermittelt von der ÖB Dakar am 5.6.2020

 

ad.4.:

Auf die Frage, wie die Polizei mit öffentlichen Morddrohungen umgeht, bzw. wie diese in solchen Fällen vorgeht, antwortet der VA, dass es nicht möglich ist zu überprüfen, ob Mitglieder der XXXX -Gesellschaft Verbrechen wie Mord begehen, ohne dass gegen sie ermittelt wird, weil ihre Aktivitäten äußerst verdeckt und vertraulich sind. Ihre Mitglieder verraten nicht, was in den Heiligtümern und im Busch geschieht. In der jüngsten Vergangenheit wurde berichtet, dass Politiker und andere traditionelle Führer die XXXX -Gesellschaft benutzen, um ihre politischen Gegner einzuschüchtern. Im Zusammenhang mit diesen Berichten, verbunden mit Berichten über Entführung und der gewaltsamen Aufnahme von Mitgliedern in die XXXX -Gesellschaft, verhängte die Regierung im Jänner dieses Jahres, ein Verbot der Aktivitäten aller Geheimgesellschaften wegen "unbefriedigender Berichte über den Missbrauch von Geheimgesellschaften in Teilen des Landes", wie der damalige Minister der Kommunalverwaltung es nannte.

Das Verbot kam zustande, nachdem die Polizei Ermittlungen wegen der mutmaßlichen Entführung und Ermordung von zwei Jungen durch Mitglieder der XXXX -Gesellschaft aufgenommen hatte. Es kam zu mehreren Verhaftungen und die Polizei von Sierra Leone untersucht derzeit die Angelegenheit. Im vergangenen Monat erließ das Ministerium für Kommunalverwaltung 13 Richtlinien, an die sich die Geheimgesellschaften halten müssen, damit sie operieren dürfen. Das Ministerium für lokale Verwaltung und die Polizei haben auf die strikte Einhaltung der genannten Richtlinien hingewiesen.

 

I cannot verify whether or not members of the XXXX society commit crimes like murder without being investigated because their activities are extremely covert and confidential. Its members do not reveal what operates in the shrines and bushes. In the recent past, reports were made that politicians and other traditional leaders use the XXXX society to intimidate their political opponents. In the wake of those reports, coupled with reports of kidnapping and forcible initiation of members into the XXXX Society, the government in January of this year as noted above, imposed a ban on the activities of all secret societies for what the then Minister of Local Government referred to as “unsatisfactory reports of misuse of Secret Societies in parts of the country".

The ban came about after Police opened investigations into alleged kidnapping and murder of two boys by members of the XXXX society. Several arrests were made and the matter is being investigated by the Sierra Leone Police. Last month, the Ministry of Local Government issued 13 Guidelines, which the Secret Societies must obey in order for them to operate. The Local Government Ministry and the Police have emphasized strict adherence to the said Guidelines.

VA des CH HGK in Freetown (19.5.2020): Antwort des VA übermittelt von der ÖB Dakar am 5.6.2020

 

ad.5.:

Letztlich berichtet der VA, dass Brandstiftung ein Kapitalverbrechen ist. Weiters gilt nach den Gesetzen Sierra Leones (Malicious Damage Act von 1861), Brandstiftung als Straftat. In den Abschnitten 1-6 des Malicious Damage Act, werden verschiedene Straftatbestände der Brandstiftung definiert, je nachdem, auf welche Art von Eigentum das Feuer gelegt wurde (z.B.: das Inbrandsetzen einer Kirche oder Kapelle, eines Wohnhauses, in dem sich eine Person aufhält, eines Hauses, eines Nebengebäudes, eines Wirtschaftsgebäudes, eines Bahnhofs, eines öffentlichen Gebäudes oder anderer Gebäude).

Unter all den genannten Umständen ist nach den Gesetzen von Sierra Leone der Straftatbestand bei Brandstiftung ein Kapitalverbrechen. Und wenn ein Angeklagter nach seiner Überführung dem Anklagepunkt der Brandstiftung für schuldig befunden wird, ist er nach Ermessen des Gerichts lebenslang in Strafhaft zu nehmen oder er wird zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe im Höchstmaß verurteilt.

Arson as a criminal offence under the Laws of Sierra Leone is provided for in the Malicious Damage Act of 1861. Sections 1-6 of the Malicious Damage Act, 1861 create various offences of arson depending on the type of Property that fire was set on. It provides, among others, for the offence of arson by setting fire to a church or chapel, a dwelling house with a person being in it, a house, outhouse, farm building, any railway station, any public building, or other buildings. […]

In all of the circumstances mentioned, the offence of arson is a felony under the Laws of Sierra Leone and if an accused is found guilty of any of the charges of arson upon conviction, he shall be liable, at the discretion of the court, to be kept in penal servitude for life, or to a maximum sentence of life imprisonment.

VA des CH HGK in Freetown (19.5.2020): Antwort des VA übermittelt von der ÖB Dakar am 5.6.2020

 

1.2.3. Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet.

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

Mit Stichtag vom 23.03.2022 werden von der World Health Organization (WHO) in Sierra Leone 7.674 bestätigte Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 125 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden. Mit Stand vom 15.03.2022 wurden 2.134.324 Impfdosen zum Schutz vor einer COVID-19-Erkrankung verabreicht.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid, in die Beschwerde und in die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 17.03.2022.

2.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zur Herkunft des Beschwerdeführers, seiner Staatsangehörigkeit, Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit, seinen Sprachkenntnissen, seine Schulbildung und Berufserfahrung sowie seinen familiären und privaten gründen sich auf seine Angaben im Verfahren, welche auch von der belangten Behörde den Feststellungen zugrunde gelegt und in der Beschwerde nicht bestritten wurden.

In der Stellungnahme vom 17.03.2022 bestätigte der Beschwerdeführer insbesondere, dass er keine Kinder hat, weiterhin gesund ist und auch aktuell in Kontakt mit seinen Verwandten in Sierra Leone steht.

Die Feststellung zur erstmaligen Einreise, der Zurückweisung seines ersten Asylantrags und der nicht möglichen Überstellung nach Italien ergibt sich aus dem von der belangten Behörde wiedergegebenen Verfahrensgang, den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid sowie den Angaben des Beschwerdeführers in Zusammenschau mit der im Akt befindlichen ZMR-Abfrage (vgl. AS 362).

2.2. Zum Fluchtvorbringen/ Zur Rückkehr des Beschwerdeführers:

2.2.1. Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid:

„Bezüglich Ihres Sachvortrages, dass Sie Ihre Heimat deswegen verlassen haben, da Sie von der Gruppe XXXX verfolgt würden, wird dieses Vorbringen als nicht glaubwürdig erachtet.

Es ist kein Grund ersichtlich, welcher die Länderinformationen und das Ergebnis der Recherche im Heimatstaat in Zweifel ziehen könnte, wohingegen Ihr Vorbringen konsequenterweise das subjektive Interesse der Asylgewährung verfolgt. Es wird in diesem Zusammenhang auf nachstehende Ausführungen verwiesen.

Bezüglich Ihres Sachvortrages, dass Sie wegen der Predigten des Vaters gegen die Gruppe Pogo im Falle der Rückkehr in die Heimat einer privaten Verfolgung ausgesetzt wären, wird dieses Vorbringen als nicht glaubwürdig erachtet.

Es darf hier auf das Rechercheergebnis der Staatendokumentation, an deren Objektivität kein Zweifel besteht, hingewiesen werden.

Sie geben an, Ihr Vater wäre am 26.02.2019 an einer Krankheit verstorben. Ihr Vater wäre schwer behindert gewesen Ihr Vater hätte vor vielen Jahren (glaublich 10 Jahren) einen Schlaganfall erlitten und säße seither im Rollstuhl. Er wäre seit dem Schlaganfall halbseitig gelähmt und auf Pflege angewiesen und könne auch nicht sprechen.

Folgt man Ihren Ausführungen, ist es unglaubhaft, dass Ihr Vater trotz seiner schweren Behinderung als Prediger aufgetreten wäre und es ist unglaubhaft, dass sowohl Sie als auch Ihr Vater von der XXXX Gruppe verfolgt würden, denn wäre dem so, dann wäre wohl Ihr Vater in den letzten Jahren nicht von seinen Verfolgern verschont geblieben.

Auch, dass Sie dem BFA gefälschte Zeitungsartikel vorlegen, weist darauf hin, dass es sich bei Ihrem Vorbringen um ein Konstrukt handelt.

Dass diese sich in einer existenzbedrohend schlechten Lebenslage befinden würden, war Ihren Ausführungen nicht zu entnehmen.

Warum ausgerechnet Sie (und nicht Ihre zahlreichen Verwandten) Verfolgung durch die XXXX -Gruppierung zu befürchten haben, konnten Sie nicht glaubhaft und nachvollziehbar darlegen.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass Sie Ihren Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten haben. Weiters lagen keine stichhaltigen Gründe vor, dass Sie konkret Gefahr laufen würden, in Ihrem Herkunftsstaat der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Die Behörden in Sierra Leoni sind willens und fähig die Bevölkerung vor Übergriffen Dritter ausreichend zu schützen. Eine staatliche oder staatliche geduldete Verfolgung der Gegner der XXXX Gruppe geht aus den Länderberichten und der aktuellen Anfragebeantwortung nicht hervor und wurde von Ihnen auch nicht durch entsprechende Berichte nachgewiesen. Ihnen würde daher weder aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität noch der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe der staatliche Schutz verweigert. Dass Sie sich im Fall einer tatsächlich vorliegenden Bedrohung per se nicht an die Polizei wenden könnten, wurde von Ihnen nicht plausibel dargelegt.

Vor Ihrer Ausreise aus Ihrem Heimatland haben Sie offenbar keine Probleme mit den Behörden in Ihrem Heimatland gehabt.

Alle Erhebungen im Herkunftssaat wurden unter der Zusicherung der Vertraulichkeit geführt. Zudem wurden personenbezogene Daten an Behörden im Heimatland nicht weitergegeben und sämtliche Recherchen unter Wahrung der Anonymität durchgeführt.

Aus den dargestellten Gründen ist es dem Ihnen nicht gelungen, eine für den Fall der Rückkehr nach Sierra Leone aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem GFK-relevantem Grund glaubhaft zu machen.“

2.2.2. Die belangte Behörde zeigte angesichts dieser Argumentation überzeugend auf, dass der Fluchtgrund des Beschwerdeführers nicht glaubhaft ist. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffenen Entscheidungen in Frage zu stellen. Der Beschwerdeführer bestreitet den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert und erstattete in der Beschwerde auch kein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt und somit entscheidungsreif ansieht und sich der von der belangten Behörde vorgenommenen, nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

2.2.3. In der Beschwerde wird zwar behauptet, dass der Hinweis auf das Rechercheergebnis der Staatendokumentation zu pauschal sei, um als inhaltliche Beweiswürdigung herangezogen werden zu können. Der Begründung, dass sein Vater trotz der schweren Behinderung als Prediger aufgetreten sei und dieser zwar auch von der XXXX -Gruppe verfolgt werde, aber in den letzten Jahren von diesen verschont worden sei, wurde seitens des Beschwerdeführers jedoch nicht entgegengetreten. Außerdem wurde im angefochtenen Bescheid bereits festgehalten, dass nicht nachvollziehbar ist, weshalb ausgerechnet der Beschwerdeführer und nicht seine zahlreichen Verwandten eine Verfolgung durch die XXXX -Gruppe zu befürchten habe. Auch dagegen wird kein Vorbringen in der Beschwerde erstattet und ist der belangten Behörde insbesondere vor dem Hintergrund beizupflichten, dass der jüngere Bruder des Beschwerdeführers auch bei Kämpfen mit der Geheimgesellschaft dabei gewesen wäre, aber jetzt in XXXX wohne und keine Probleme habe (vgl. AS 176). Angesichts dessen ist jedenfalls davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer – bei Wahrunterstellung seines Vorbringens – zumindest in XXXX keiner Gefährdung ausgesetzt ist.

2.2.4. Betreffend die Zeitungsartikel wurde im Beschwerdeschriftsatz im Wesentlichen bloß vorgebracht, dass aus der Anfragebeantwortung nicht definitiv hervorgehe, dass es sich tatsächlich um eine Fälschung handle, und dass die aufgezeigten Divergenzen einer näheren Klärung durch eine direkte Anfrage an die besagte Zeitung sowie die Redakteurin bedurft hätten. Ausgehend von dem Umstand, dass die vorgelegte Zeitungskopie nicht mit dem Original der Zeitung übereinstimmt und statt des sich auf den Beschwerdeführer beziehenden Artikels im Original ein anderer zu finden ist (vgl. AS 246 ff.), kann der Einschätzung der belangten Behörde, dass der vorgelegte Zeitungsartikel gefälscht ist, nicht entgegengetreten werden. Auch in der Beschwerde wurde keine mögliche Aufklärung für diese Divergenzen genannt. Zudem bestritt der Beschwerdeführer dieses Ergebnis der Staatendokumentation auf Vorhalt nicht einmal, sondern meinte nur, dass dies sein könne. Weiters verwies er darauf, dass sich der Artikel im Web befunden habe und er demnächst weitere Artikel erhalte (vgl. AS 300). Zusätzliche Zeitungsausschnitte wurden im Verfahren jedoch nicht vorgelegt. Es wird auch nicht verkannt, dass der Artikel gemäß der Anfragebeantwortung tatsächlich im Internet auffindbar war. Dabei fiel aber einerseits auf, dass dieser der einzige Artikel der Autorin war, welcher in der Suchfunktion mit einem Bild angezeigt wurde. Andererseits schreibt die Autorin vorwiegend über politische oder gesellschaftspolitische Themen und enthält der Artikel viele persönliche Informationen über den Antragsteller, womit ein stilistischer Unterschied zu den anderen Artikeln der Autorin in der Zeitung gegeben ist. Auch diesen Ausführungen wurde vom Beschwerdeführer nicht entgegengetreten, weshalb in diesem Zusammenhang – entgegen der Behauptung in der Beschwerde – kein Ermittlungsmangel erblickt werden kann, zumal aus der bloßen Auffindbarkeit im Internet nicht auf deren inhaltliche Richtigkeit geschlossen werden kann, insbesondere da die vorgelegte Kopie der Printausgabe nicht mit dem Original übereinstimmt. Nach der Einschätzung des Vertrauensanwalts sei die Zeitung zwar vertrauenswürdig, jedoch konnte nicht überprüft – und damit auch nicht ausgeschlossen – werden, ob die Zeitung Zahlungen für den Druck eines Zeitungsartikels entgegennimmt.

2.2.5. In der Beschwerde wird weiters angeführt, dass die Brandstiftung des Beschwerdeführers unter sehr hohe Strafe gestellt sei, wobei er befürchte, eine unverhältnismäßige Strafe zu erhalten, da ihm sein Handeln nicht als Nothilfe gegenüber seinem Vater angerechnet werden würde. Entsprechend dem angefochtenen Bescheid konnte die belangte Behörde allerdings keine staatliche Verfolgung feststellen. Das ist bereits vor dem Hintergrund nachvollziehbar, als ausgehend von der – durch den Beschwerdeführer nicht substantiiert bestrittenen – fehlenden Glaubhaftmachung des Vorbringens bezüglich der Gefährdung durch die Geheimgesellschaft auch die Brandstiftung des Beschwerdeführers nicht glaubhaft ist, da diese im Zuge der Auseinandersetzungen mit der XXXX -Gruppierung erfolgt sei. Ferner sind die Schilderungen des Beschwerdeführers auch in diesem Zusammenhang widersprüchlich (siehe dazu weiter unten). Sofern der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang eine Bestrafung befürchtet, ist außerdem darauf hinzuweisen, dass hinsichtlich einer etwaigen strafrechtlichen Verfolgung keine Anknüpfung an einen Konventionsgrund ersichtlich ist.

2.2.6. Soweit in der Beschwerde außerdem ausgeführt wird, die Anfragebeantwortung sei zu allgemein gehalten, um einen effektiven staatlichen Schutz gegen Übergriffe der XXXX -Gesellschaft daraus abzuleiten, kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Diesbezüglich wurde im Beschwerdeschriftsatz darauf hingewiesen, dass laut dem Bericht zwei Jungen von Mitgliedern der Gesellschaft mutmaßlich entführt und ermordet worden seien. Es hätten zwar Ermittlungen stattgefunden, jedoch würden die Ausführungen zeigen, dass der Staat von Sierra Leone gegen die kriminellen Übergriffe keinen hinreichenden Schutz bieten könne. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass es entsprechend der Anfragebeantwortung vom 18.06.2020 in der Folge des beschriebenen Vorfalls zu mehreren Verhaftungen kam und die Polizei zum damaligen Zeitpunkt die Angelegenheit noch untersuchte. Zudem verhängte die Regierung im Jänner 2020 in Folge dieses Falles ein Verbot der Aktivitäten aller Geheimgesellschaften und wurden vom Ministerium für Kommunalverwaltung 13 Richtlinien erlassen, an die sich Geheimgesellschaften halten müssen, damit sie operieren dürfen. Ferner wird ausgeführt, dass die Polizei gesetzlich verpflichtet ist, begründeten Anzeigen nachzugehen und die Täter strafrechtlich vor Gericht zu verfolgen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Polizei dieser Pflicht nicht nachkommen würde, können der Anfragebeantwortung nicht entnommen werden. Der Beschwerdeführer legte auch keine Berichte vor, aufgrund derer Gegenteiliges angenommen werden könnte. Zudem werden in der Anfragebeantwortung vom 06.09.2018 (vgl. AS 229 ff.), auf welche im Verfahrensgang des angefochtenen Bescheides Bezug genommen wird, Beispiele genannt, in welchen die staatlichen Behörden gegen Mitglieder der XXXX -Gesellschaft vorgingen. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann auch nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Somit kann alleine aufgrund der mutmaßlichen Ermordung der zwei Jungen nicht auf ein Fehlen eines hinreichenden staatlichen Schutzes geschlossen werden. Außerdem verneinte der Beschwerdeführer, Schutz bei den staatlichen Behörden gesucht (vgl. AS 177) sowie Probleme mit den Behörden in seiner Heimat gehabt zu haben (vgl. AS 173 und 297). Ausgehend davon ist – wie schon im angefochtenen Bescheid argumentiert – von einer ausreichenden Schutzfähigkeit und -willigkeit der staatlichen Behörden auszugehen.

2.2.7. Ergänzend zu den beweiswürdigenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid sind außerdem folgende Widersprüche in den Angaben des Beschwerdeführers hervorzuheben, welche zusätzlich zu den von der belangten Behörde dargelegten Gründen gegen die Glaubhaftmachung des behaupteten Fluchtgrundes sprechen:

Während der Beschwerdeführer etwa zunächst behauptet, sein Vater habe vor vielen (glaublich 10) Jahren einen Schlaganfall erlitten und sei seither im Rollstuhl gesessen (vgl. AS 296), meinte er später demgegenüber die Ursache für den Schlaganfall seien die starken Schläge durch Mitglieder der XXXX -Gesellschaft im April 2017 gewesen (vgl. AS 298).

Auch bestehen Unterschieden zwischen den Angaben in der Erstbefragung im Juli 2017 und jenen gegenüber der belangten Behörde. Während der Beschwerdeführer in der Erstbefragung meinte, sein Vater habe im Jänner 2014 gegen die „ XXXX “ gepredigt und in weiter Folge seien zunächst sein Vater sowie später sein jüngerer Bruder getötet worden (vgl. AS 367), schilderte der Beschwerdeführer in der Einvernahme am 26.02.2020, dass sein Vater im Jahr 2019 aufgrund seiner Lähmung verstorben sei (vgl. AS 172 und 177) und sein jüngerer Bruder in XXXX , Sierra Leone, lebe (vgl. AS 171, 176). Außerdem sei der Vater erst am 04.07.2017 – am Tag der Predigt (vgl. AS 174) – von der Geheimgesellschaft entführt worden (vgl. AS 175). Eine überzeugende Begründung für diese augenscheinlichen Widersprüche konnte der Beschwerdeführer nicht nennen (vgl. AS 175 und 177).

Außerdem widerspricht sich der Beschwerdeführer bei der freien Erzählung seines Fluchtgrundes in den beiden Einvernahmen vor der belangten Behörde. In der Einvernahme vom 14.07.2020 beschrieb er, dass er seinen Vater im Wald zurückgelassen habe, weil er dachte, dass dieser tot sei, und anschließend das Waldstück in Brand gesetzt habe (vgl. AS 298). Demgegenüber schilderte der Beschwerdeführer in seiner vorherigen Einvernahme am 26.02.2020, dass er seinen Vater ein islamisches Gebet wiederholen hörte und dann den Schrein angezündet habe (vgl. AS 174). Es geht jedoch nicht hervor, dass er seinen Vater für Tod geglaubt habe und ist dies angesichts der beschriebenen Gebete nicht anzunehmen. Ferner sei der Beschwerdeführer – nach den Angaben in dieser Befragung – zu dem Dorfältesten der XXXX gebracht worden und am Abend des nächsten Tages freigelassen worden, nachdem zwei Freunde mit den Bewachern gesprochen hätten (vgl. AS 175). In der anderen Einvernahme vor der belangten Behörde meinte der Beschwerdeführer aber im Gegensatz dazu, er habe sich bis in die Nachtstunden des 07.04.2017 (dem Tag der Predigt) in Gewahrsam der Geheimgesellschaft befunden und zwei ihm unbekannte Personen hätten den Wächter bestochen (vgl. AS 298). Im Übrigen hätte der Beschwerdeführer die Predigt des Vaters nach der einen Darstellung aus dem Arabischen (vgl. AS 174), nach der anderen jedoch aus der Sprache Mandingo (vgl. AS 298) übersetzt.

Zudem verneinte der Beschwerdeführer zwar einerseits, dass gegen ihn staatliche Fahndungsmaßnahme wie eine Strafanzeige bestünde und er Probleme mit den Behörden in seiner Heimat gehabt habe (vgl. AS 173 und 297). Später behauptete er jedoch, dass Mitglieder der Geheimgesellschaft gegen ihn eine Anzeige erstattet hätten (vgl. AS 179). Weiter legte der Beschwerdeführer dar, die Polizei hätte im Jahr 2017 zwar einmal bei seinem jüngeren Bruder nach ihm gefragt, seitdem sei jedoch niemand mehr gekommen, um nach ihm zu sehen (vgl. AS 178). Folglich besteht auch kein hinreichender Anhaltspunkt, dass – bei einer Wahrunterstellung des Vorbringens – weiterhin gegen den Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang ermittelt werde. Der Beschwerdeführer gab außerdem anschließend wiederum an, dass seit der Anzeige gegen ihn (und der seines Vaters gegen die XXXX -Mitglieder) niemand mehr etwas von der Polizei gehört habe (vgl. AS 179). Auf Vorhalt, dass er zuvor angegeben habe, dass die Polizei an seiner früheren Adresse gesucht habe, gab der Beschwerdeführer keine nachvollziehbare Begründung für seine unterschiedlichen Angaben, sondern meinte bloß, nach ihm werde schon gesucht, weil er angezeigt worden sei (vgl. AS 179). Darüber hinaus konnte der Beschwerdeführer auf Vorhalt den Widerspruch, weshalb er zuvor verneinte, von der Polizei gesucht zu werden, nicht aufklären, sondern verwies nur darauf, dass ihm sein Bruder das alles bei einem Telefonat erzählt habe (vgl. AS 178). Der Beschwerdeführer konnte auch nicht erklären, wo sich der in Brand gesetzte Busch befunden habe, oder sonst nähere Details diesbezüglich nennen (vgl. AS 178).

Der Beschwerdeführer behauptete auf die Frage, weshalb sein Vater nicht staatlichen Schutz gesucht habe, dass er keinen Kampf mit diesen „Leuten“ gehabt, sondern nur gepredigt habe, weshalb es nicht notwendig gewesen sei. Auf den darauffolgenden Vorhalt, dass der Vater nach den vorherigen Aussagen zumindest entführt, schwer verletzt und der Freiheit beraubt worden sei, meinte der Beschwerdeführer demgegenüber, dass der Vater bei der Polizei in Bo eine Anzeige erstattet habe (vgl. AS 179).

Zusätzlich fällt auf, dass der Beschwerdeführer die Geheimgesellschaft „ XXXX “ nannte. Auf Nachfrage, ob er die „ XXXX “ meine, bestätigte er dies zwar (vgl. AS 174). In der zweiten Einvernahme durch die belangte Behörde bezeichnete er diese aber wiederum als „ XXXX “ (vgl. AS 298 ff.). Außerdem war er nicht in der Lage den Namen der Geheimgesellschaft zu buchstabieren oder aufzuschreiben, obwohl er nach eigenen Angaben über eine mehrjährige Schulbildung verfügt (vgl. AS 170 und 174).

2.2.8. Abschließend ist festzustellen, dass die belangte Behörde im zuvor angeführten Bescheid der gegenständlichen Entscheidung ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren zugrunde gelegt hat und dass in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar dargestellt sind.

2.2.9. Zusammengefasst wird vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde kein konkretes Vorbringen, welches über sein Vorbringen im behördlichen Verfahren hinausgeht erstattet. Er moniert allgemein die unrichtige Beweiswürdigung ohne substantiiert darauf einzugehen, warum das Fluchtvorbringen entgegen der Ansicht der belangten Behörde subjektiv einen asylrechtlichen Tatbestand erfüllen würde. Auch das Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte eine direkte Anfrage an die Zeitung sowie die Autorin richten müssen, ist vor dem Hintergrund der eingeholten Anfragebeantwortung sowie der Tatsache, dass der Beschwerdeführer die fehlende Glaubhaftmachung der behaupteten Verfolgung nicht substantiiert bestritt, nicht nachvollziehbar. Insgesamt gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, sein Vorbringen glaubhaft erscheinen zu lassen, weshalb für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund besteht, an der Würdigung der belangten Behörde zu zweifeln.

Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie in Zusammenschau der Angaben des Beschwerdeführers letztlich davon ausgeht, dass dem Beschwerdeführer keine Verfolgung im Sinne der GFK droht, bzw. dass er nicht glaubhaft machen konnte, dass er in seinem Heimatstaat einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war.

2.2.10. Des Weiteren kann nicht davon ausgegangen werden, dass der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland in Bezug auf existentielle Grundbedürfnisse in eine ausweglose Situation geraten würde, zumal er in Sierra Leone noch über ein familiäres Netzwerk verfügt, eine mehrjährige Schulbildung genoss und Arbeitserfahrung vorweisen kann. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht. Aus dem gesamten Akteninhalt und dem Beschwerdevorbringen ergeben sich damit keinerlei Hinweise auf Umstände, die einer Rückkehr entgegenstehen könnte.

2.3. Zum Herkunftsstaat:

Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 20.07.2020 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Sierra Leone vom 04.07.2018 und die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 18.06.2020 angeführt. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Ausführungen zu zweifeln. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wurden diese nicht bestritten und ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt.

Die festgestellte – notorische – Lage in Sierra Leone betreffend die aktuell vorliegende COVID-19-Pandemie sowie die Definition von Risikogruppen erschließen sich aus allgemein zugänglichen, wissenschaftsbasierten Informationen von WHO (https://www.who.int ) und CDC (https://www.cdc.gov/ ), sowie auf Basis von Informationen der österreichischen Bundesregierung https://www.oesterreich.gv.at/?gclid=EAIaIQobChMI0ZWfp52a6QIVRaqaCh2o2gR4EAAYASAAEgL9NfD_BwE ) und aus unbedenklichen tagesaktuellen Berichten.

 

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg.cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der RL 2004/83/EG des Rates verweist).

Im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder in Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde (vgl. VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, so liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der GFK. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, ist auf die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen. Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung setzt positiv getroffene Feststellungen der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 11.06.1997, 95/01/0627).

„Glaubhaftmachung" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden. Zudem ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (vgl. VwGH 09.05.1996, 95/20/0380). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema (vgl. VwGH 30.09.2004, 2001/20/0006, betreffend Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten (vgl. VwGH 28.05.2009, 2007/19/1248; 23.01.1997, 95/20/0303) reichen für sich alleine nicht aus, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten (vgl. VwGH 26.11.2003, 2001/20/0457).

3.2. Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellt (vgl. oben, 2.2.), kommt dem Beschwerdeführer hinsichtlich seines Vorbringens zur Verfolgungsgefahr keine Glaubwürdigkeit zu. Zudem konnte entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden, dass dieser nach einer allfälligen Rückkehr nach Sierra Leone Verfolgungshandlungen bzw. Bedrohungssituationen ausgesetzt wäre.

Auch von Amts wegen waren keine Anhaltspunkte für eine asylrelevante Gefährdung im Herkunftsstaat ableitbar. Dem Beschwerdeführer ist es sohin nicht gelungen, eine Furcht vor Verfolgung aus den Gründen, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannt sind, darzulegen. Für den Beschwerdeführer war dementsprechend auch keine Furcht vor Verfolgung aus den Gründen, die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannt sind, fassbar.

Es entspricht der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, dass das Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative iSd § 11 Abs. 1 AsylG 2005 nur dann zu prüfen ist, wenn glaubhaft ist, dass einem Asylwerber in der Herkunftsregion seines Herkunftsstaats Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht bzw. die Voraussetzungen für die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten iSd § 8 Abs. 1 AsylG 2005 vorliegen (siehe VwGH 6.11.2018, Zl. Ra 2018/01/0106-12). Diesen Anforderungen konnte der Beschwerdeführer wie oben dargelegt jedoch nicht gerecht werden.

Selbst unter der rein hypothetischen Annahme, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Bedrohung und Verfolgung durch den Geheimbund „ XXXX “ als glaubhaft zu werten gewesen wäre, ist dem entgegenzuhalten, dass die staatlichen Behörden in Sierra Leone grundsätzlich schutzfähig und schutzwillig sind (vgl. dazu exemplarisch für die dortige ständige Rechtsprechung das Urteil des Schweizerischen Bundesverwaltungsgerichtes vom 4. Mai 2015, Zl. E-2000/2015).

Vor allem aber würde dem Beschwerdeführer eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stehen (zu diesem Erfordernis vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. März 2011, Zl. 2008/01/0047). Im Fall einer tatsächlichen lokalen Privatverfolgung durch den Geheimbund „ XXXX “, wäre es dem Beschwerdeführer nämlich zumutbar gewesen, innerhalb Sierra Leones Schutz vor der von ihm behaupteten Gefahr zu suchen, da es sich bei ihm um einen gesunden Erwachsenen handelt, dem ein Ortswechsel ohne weiteres möglich gewesen wäre. Dies auch insbesondere unter Zugrundelegung der Tatsache, dass nach wie vor sein jüngerer Bruder in Sierra Leone unbehelligt leben kann und auch sein Vater problemlos im Herkunftsstaat leben konnte, bis er aus gesundheitlichen Gründen verstarb.

Es entspricht der höchstgerichtlichen Judikatur, dass wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, sie nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen (VwGH 15.03.2001, 99/20/0036; 15.03.2001, 99/20/0134). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 09.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 29.03.2001, 2000/20/0539; 17.03.2009, 2007/19/0459).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 17.09.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann aber nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinn ist die Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat nicht gewillt oder nicht in der Lage sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793).

3.4. Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl nicht gegeben sind, war die Beschwerde gemäß Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides:

3.5. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG führt jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art 2. Art. EMRK, 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten.

Nach § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 AsylG 2005 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

3.6. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Prüfung betreffend die Zuerkennung von subsidiärem Schutz eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (VwGH, 30.01.2018, Ra 2017/20/0406). Der Verwaltungsgerichtshof stellt daher für die Gewährung von subsidiärem Schutz insbesondere auf den Maßstab des Art. 3 EMRK ab (vgl. etwa VwGH, 25.04.2017, Ra 2016/01/0307, zuletzt VwGH 21.05.2019, Ro 2019/19/006). Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen. Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein sowie ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Art 3 EMRK zu fallen (siehe VwGH 30.5.2001, 97/21/0560). Nach der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK auch sonst gültigen Maßstab des „real risk“, wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. VwGH 31.5.2005, 2005/20/0095).

Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (VwGH 23.1.2018, Ra 2017/20/0361, mit Verweis auf VwGH 25.5.2016, Ra 2016/19/0036, und 8.9.2016, Ra 2016/20/0063, jeweils mwN).

Soweit es die Beurteilung betrifft, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass die Frage der Sicherheit des Asylwerbers in dem als innerstaatliche Fluchtalternative geprüften Gebiet des Herkunftsstaates wesentliche Bedeutung hat. Es muss mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden können, dass der Asylwerber in diesem Gebiet Schutz vor asylrechtlich relevanter Verfolgung und vor Bedingungen, die nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigten, findet. Sind diese Voraussetzungen zu bejahen, so wird dem Asylwerber unter dem Aspekt der Sicherheit regelmäßig auch die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative zuzumuten sein. Um von einer zumutbaren innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, reicht es aber nicht aus, dem Asylwerber entgegen zu halten, dass er in diesem Gebiet keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erwarten hat. Es muss ihm vielmehr möglich sein, im Gebiet der innerstaatlichen Fluchtalternative nach allfälligen anfänglichen Schwierigkeiten Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können. Es handelt sich letztlich um eine Entscheidung im Einzelfall, die auf der Grundlage ausreichender Feststellungen über die zu erwartende Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet sowie dessen sichere und legale Erreichbarkeit getroffen werden muss (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001; 29.5.2019, Ra 2019/20/0208, mwN).

Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen (vgl. VwGH 27.5.2019, Ra 2019/14/0153, Rn. 123, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR obliegt es – abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde – grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (Beschluss des VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden Nr. 61204/09; sowie Erkenntnis des VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/19/0036 sowie vom 13.09.2016, Ra 2016/01/0096-3). Derartige Beweise wurden nicht vorgelegt.

3.7. Dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Sierra Leone die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikel 3 EMRK überschritten wäre (zur „Schwelle“ des Artikel 3 EMRK vergleiche VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, jung, gesund und arbeitsfähig und hat laut eigenen Angaben eine mehrjährige Schulbildung genossen. Weiters verfügt er über Berufserfahrung sowie familiäre Anknüpfungen in seiner Heimat. Es ist daher kein Grund ersichtlich, weshalb er seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht durch die Aufnahme einer Tätigkeit bestreiten können sollte.

Das Vorliegen akuter und schwerwiegender Erkrankungen, welche in Sierra Leone nicht behandelbar wären und im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat allenfalls zu einer Überschreitung der hohen Eingriffsschwelle des Art. 3 EMRK führen könnten, wurde weder behauptet noch bot sich dafür im Beschwerdefall ein Anhaltspunkt.

Es ist dem Beschwerdeführer darüber hinaus auch unbenommen, gegebenenfalls Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen. Aufgrund der zuvor genannten Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass auch der Ausspruch in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

Die Beschwerde war daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides:

3.8. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

„1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.“

Der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wurde mit dem vorliegenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch jenem des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz in Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 und es ist auch keine Aberkennung gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 ergangen.

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Sierra Leone kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist nicht geduldet; er ist kein Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor.

3.9. § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.“

3.10. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK vorliegt, hängt jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes, fand. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Unter dem „Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen. In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu (vgl. Sisojeva ua/Lettland, EuGRZ 2006, 554).

3.11. Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich ein und stellte in weiterer Folge im Juli 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mangels Zuständigkeit nach der Dublin III VO rechtskräftig zurückgewiesen wurde. Der Beschwerdeführer war von November 2017 bis zur Stellung des gegenständlichen Asylantrags im November 2019 nicht im Bundesgebiet gemeldet und konnte mangels Auffindbarkeit nicht zwangsweise nach Italien überstellt werden. Er verfügte nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts in seinem Asylverfahren (vgl. dazu EGMR 08.04.2008, 21878/06, Nnyanzi/Vereinigte Königreich, demzufolge der Gerichtshof es nicht erforderlich erachtete, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des fast zehnjährigen Aufenthalts des betreffenden Beschwerdeführers ein Privatleben im Sinne des Art. 8 EMRK entstanden ist).

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass der Beschwerdeführer in Österreich mit seiner Verlobten, welche über eine Rot-Weiß-Rot – Karte Plus verfügt, in einem Haushalt wohnt. Es besteht jedoch keine gegenseitige finanzielle oder sonstige Abhängigkeit. Außerdem musste dem Beschwerdeführer die Unsicherheit der Fortsetzung der Beziehung in Österreich von Anfang an bewusst sein.

Der Beschwerdeführer nimmt in Österreich keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch und ist krankenversichert. Er arbeitet als Zeitungsverkäufer und bestreitet mit Unterstützung seiner Verlobten seinen Unterhalt. Er hat in Österreich nicht ehrenamtlich gearbeitet. Er verfügt über kein Deutschzertifikat, besucht einen A1-Deutschkurs und ist nicht Mitglied eines nennenswerten Vereins.

Es ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer seine Integrationsschritte bereits setzte, als er sich seines unsicheren Aufenthalts bereits bewusst war.

Es kann auch nach wie vor von einem Bestehen von Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Heimatstaat Sierra Leone ausgegangen werden, zumal er dort den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat und dort sozialisiert wurde, er nach wie vor die dortige Sprache spricht, weiterhin familiäre Bindungen zu seiner Heimat hat und durchaus mit den regionalen Sitten und Gebräuchen vertraut ist – und kann im gegenständlichen Fall, unter Berücksichtigung des zuvor erwähnten nicht von einer vollkommenen Entwurzelung des Beschwerdeführers gesprochen werden.

Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers fällt bei der vorzunehmenden Abwägung nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ins Gewicht. Laut Judikatur bewirkt die strafrechtliche Unbescholtenheit weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen (vgl. VwGH 21.01.1999, 98/18/0424). Der Verwaltungsgerichtshof geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Aufgrund der genannten Umstände überwiegen in einer Gesamtabwägung derzeit die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet. Insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne eines geordneten Fremdenwesens wiegt in diesem Fall schwerer als die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet.

3.12. Daher sind die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 55 AsylG 2005 (nicht) gegeben.

3.13. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 leg.cit. in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des § 50 FPG ergeben würde.

3.14. Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer von der belangten Behörde vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

3.15. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss.

Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.

Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung – ungeachtet des Antrages im Beschwerdeschriftsatz – abgesehen werden.

 

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die unter A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

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